Kurzinterview mit PD Dr. Andrej Trampuz

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Kurzinterview mit PD Dr. Andrej Trampuz
„Schmerzen, Versteifung, Amputation: Jede Infektion kann verheerende
Folgen haben“
Drei Fragen an Dr. Andrej Trampuz, Oberarzt, Sektionsleiter Infektiologie und septische Chirurgie,
Charité Berlin.
Ein hoher Anteil nosokomialer Infektionen sind postoperative Wundinfektionen. Wo liegen Ihrer
Erfahrung nach die größten Risikofaktoren?
Dr. Andrej Trampuz: Rund jede vierte nosokomiale Infektion ist eine postoperative Wundinfektion.
Die Risikofaktoren sind hier sehr vielfältig. Zum einen spielt der Gesundheitszustand des Patienten
selbst eine große Rolle: Faktoren wie Diabetes, Übergewicht, bestehende Infektionen sowie
Medikation mit Zytostatika können eine Infektion begünstigen. Zum anderen sind natürlich auch
perioperative Faktoren, wie die Dauer des Krankenhausaufenthalts, Antibiotikaprophylaxe, Narkose
und die postoperative Wundversorgung relevant für das Infektionsrisiko. Hier sehen sich die
Patienten zahlreichen Erregern ausgesetzt, zunehmend auch multiresistenten Keimen. Das Risiko an
zusätzlichen Infektionen und anderen Komplikationen ist so erhöht. Fundierte Konzepte zur
Infektionsprävention sind daher ebenso nötig, wie einheitliche Behandlungspläne, um die
medizinische Versorgung zu verbessern und den Patientenschutz voranzutreiben.
Die Implantation von Gelenkprothesen gehört zu den häufigsten Operationen, die in Deutschland
durchgeführt werden. Wo sehen Sie hier die größten Herausforderungen, wenn es zu einer
Infektion mit multiresistenten Erregern kommt?
Dr. Andrej Trampuz: Antibiotika sind keine Wundermittel – besonders, wenn man es mit resistenten
Erregern zu tun hat. Dennoch können sie bei Infektionen und Biofilmen bei Endoprothesen viel
bewirken – wenn sie gezielt und rational eingesetzt und mit der richtigen Operationstechnik
kombiniert werden. Multiresistente Erreger sind hier besonders problematisch. Mehr als zwei Drittel
der Infektionen werden durch Staphylokokken hervorgerufen. Zwar sind die MRSA-Raten in
Deutschland leicht rückläufig, doch die Therapiemöglichkeiten sind im Fall einer Infektion mit den
multiresistenten Bakterien stark limitiert, insbesondere beim Einsatz von Implantaten. Umso
wichtiger ist es, anhand von verbesserten Diagnostiktests genau zu bestimmen, um welchen Erreger
und welche Empfindlichkeit es sich bei der Infektion handelt. Nur so kann eine individuell auf den
Patienten abgestimmte Antibiotika-Therapie eingeleitet werden. Ein solch rationaler AntibiotikaEinsatz beugt langfristig auch neuen Antibiotikaresistenzen vor.
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Welche Folgen können Infektionen ganz konkret für die Patienten haben?
Dr. Andrej Trampuz: Jede Infektion kann verheerende Folgen für den Patienten haben – besonders
wenn diese nicht erkannt wird. Anstatt dem Patienten zu neuer Bewegungsfreiheit und
Lebensqualität zu verhelfen, können Erreger, die sich beispielsweise in künstlichen Gelenken
ausbreiten und als Biofilm auf der Prothese ablagern, dem Betroffenen nachhaltig schaden: Manchen
Patienten müssen die Gelenke versteift werden, teilweise ist sogar eine Amputation indiziert. Das ist
ein drastischer Einschnitt.
Eine meiner Patientinnen, Mitte 30 und Polizistin, hatte sich bereits darauf eingestellt, ihr Bein zu
verlieren. Nach mehreren Unfällen waren Knieersatzteile nötig geworden und sie klagte nach den
OPs über chronische Schmerzen. Die behandelnden Ärzte waren ratlos – rieten sogar zur
Amputation. Ein endgültiger Schritt, der eine massive Einschränkung von Freiheit und Lebensqualität
nach sich gezogen hätte. Mit einem neuen Behandlungskonzept, das ich in der Schweiz entwickelt
habe und bei septischen endoprothetischen Komplikationen einsetze, konnten wir der Patientin
helfen. Dieses Konzept fußt auf der präzisen Diagnostik der involvierten Keime und einer gezielten
Antibiotikatherapie, um die Infektion wirksam zu bekämpfen. Hierzu wird die Endoprothese
entnommen und mittels Sonikation vom Biofilm befreit. Dieser wird dann unmittelbar auf die
enthaltenen Bakterien analysiert und eventuelle Resistenzen ermittelt. Mit neuen, sehr
empfindlichen Molekularmethoden kann das Erbmaterial von Bakterien nachgewiesen werden. So ist
eine intelligente Antibiotika-Therapie möglich, nach der die Endoprothese erneut eingesetzt werden
kann. Auf diese Art erkannten wir bei der Patientin eine MRSA-Infektion, die wir glücklicherweise
noch rechtzeitig behandeln konnten. So retteten wir das Bein und setzten den chronischen
Schmerzen der jungen Frau ein Ende.
Quelle
„Operation gelungen – Patient infiziert. Antibiotikaresistenzen aus Patientensicht“ Vortrag gehalten von
Dr. Andrej Trampuz, Oberarzt, Sektionsleiter Infektiologie und septische Chirurgie, Charité Berlin, Mittags-Symposium:
Antibiotikaresistente Erreger: Neue Hygienestrategien entlang der Patient Journey, Berlin, 17. November 2016, veranstaltet
vom BODE SCIENCE CENTER, Hamburg, wissenschaftliches Kompetenzzentrum der PAUL HARTMANN AG, Heidenheim.
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