Vokale Tics

Werbung
Quelle: Leo/bmp
von
Ulrich Kraft
Vokale Tics sind
nichts anderes als
motorische Tics in
einem bestimmten
muskulären Bereich.
Bis weit in das 20.
Jahrhundert hielt
sich die Vorstellung,
dass das TouretteSyndrom rein psychisch bedingt ist.
Zehn Jahre spielte Mahmoud Abdul-Rauf in der
härtesten Basketball-Liga der Welt, der amerikanischen NBA. Allein schon das ist eine außergewöhnliche Leistung, doch für den heute
36-Jährigen gilt das in ganz besonderem Maße.
Auf dem Spielfeld fiel vor allem seine enorme
Wurfpräzision auf. Doch dann war das Match
zu Ende, und Mahmoud fing plötzlich an, laut
zu schreien. Sein Kopf zuckte drei-, viermal
blitzartig von vorne nach hinten, kurz darauf
kreisten seine Arme windmühlenartig in alle
Richtungen und gleichzeitig stampfte er mit
den Füßen heftig auf den Boden. Es wirkte so,
also hätte der NBA-Star mit dem Schlusspfiff
jegliche Kontrolle über seinen durchtrainierten
Körper verloren.
Und so war es auch. Mahmoud Abdul-Rauf
hat das Tourette-Syndrom, eine Krankheit, die
sich durch multiple motorische und vokale
Tics äußert und meistens bereits im Kindesalter beginnt. Nach Angaben der Tourette-Gesellschaft sind hierzulande rund 40 000 Menschen
betroffen. „Ich halte diese Zahl für zu niedrig
gegriffen“, meint Kirsten Müller-Vahl, Leiterin
der Tourette-Ambulanz an der Medizinischen
Hochschule Hannover. „Exakte epidemiologischen Daten gibt es in Deutschland nicht.“ Fest
steht: Jungen sind drei- bis viermal so oft betroffen wie Mädchen.
Vokale Tics
Unter dem Symptom, das der Krankheit einen
gewissen Bekanntheitsgrad verschafft hat, leidet Mahmoud Abdul-Rauf nicht: der Koprolalie, also dem Herausschleudern von Flüchen
und obszönen Worten. Zugegebenermaßen ist
es höchst auffällig, wenn Menschen mit Tourette-Syndrom ohne erkennbaren Anlass plötzlich
lauthals losschimpfen und die Menschen in ihrer Umgebung mit wenig freundlichen Ausdrücken wie „Scheiße“ oder „Arschloch“ belegen.
Doch dieses Symptom wird zu Unrecht immer
in den Mittelpunkt der Erkrankung gestellt. Tatsächlich hat nur jeder dritte Betroffene eine Koprolalie und bei gerade einmal zehn Prozent ist
sie so ausgeprägt, dass andere Personen es im
normalen Umgang überhaupt bemerken. „Das
auch in der Öffentlichkeit deutlich zu machen,
ist den Patienten sehr wichtig“, meint Kirsten
Müller-Vahl. „Viele trauen sich nicht zuzugeben, dass sie ein Tourette-Syndrom haben – weil
dann jeder gleich denkt, sie würden die ganze
Zeit mit Obszönitäten um sich werfen.“
Ein vokaler Tic gehört zu den diagnostischen Kriterien (siehe Kasten S. 22), doch er
äußert sich meistens auf andere Art und Weise.
Ständiges Räuspern, Hüsteln, Niesen und Nasehochziehen sind sehr viel typischer als eine
21
Gehirn von Tourette-Patienten Veränderungen
gibt. Die neurobiologischen Mechanismen sind
zwar noch nicht bis ins letzte Detail geklärt,
doch eine entscheidende Rolle spielen wohl die
Basalganglien.
Die aus mehreren Kernen bestehenden, tief
im Inneren des Gehirns liegenden Basalganglien gehören zu den Zentren für die Bewegungssteuerung und -kontrolle. Vereinfacht gesagt,
besteht ihre Aufgabe darin, zu „entscheiden“,
ob aus dem prämotorischen Cortex entstammende Bewegungsentwürfe zur motorischen
Hirnrinde weitergeleitet werden oder nicht.
Abb. 1:
Voxel-basierte MTI
(magnetization
transfer imaging):
Verminderung des
Magnetisierungstransfers bei TS
(medialer frontaler
Gyrus, anteriores
Cingulum bds)
Suche nach der Ursache
Das Tourette-Syndrom beginnt aber in aller Regel sehr subtil. „Am Anfang steht meistens ein
kleiner Tic, beispielsweise Augenblinzeln, das
oft nach kurzer Zeit wieder weg geht“, erklärt
Kirsten Müller-Vahl. Dann zuckt es eine Weile
an einer anderen Stelle, vielleicht kommt noch
ein zweiter Tic hinzu und beide verschwinden
wieder. Doch die Pausen werden immer kürzer und die motorischen Auffälligkeiten immer
zahlreicher, bis die Eltern Hilfe suchen. „Rein
statistisch betrachtet beginnen die Tics bei Tourette-Kindern mit sechs bis acht Jahren“, so die
Neurologin. „Durch den langsam progredienten Verlauf vergeht aber oft einige Zeit, bis die
Krankheit festgestellt wird.“
Namensgeber George Gilles de la Tourette
(1857-1904), ein französischer Neurologe, interpretierte die seltsam anmutende Störung als
Resultat der Hysterie, unter der seinerzeit „diejenigen krankhaften Erscheinungen, die allein
durch Vorstellungen verursacht sind“ subsummiert wurden. Was nichts anderes besagte, als
dass das Tourette-Syndrom rein psychisch bedingt sei. Eine Vorstellung, die sich bis weit in
das 20. Jahrhundert hielt und sicherlich dazu
beitrug, dass die Betroffenen eher als Verrückte
abgestempelt, denn als Kranke akzeptiert wurden.
„Heute steht fest, dass diese Erklärung falsch
ist“, sagt Kirsten Müller-Vahl. „Das TouretteSyndrom ist keine psychische Erkrankung, sondern ganz eindeutig eine organische Störung.“
Bildgebende Verfahren wie die Kernspintomografie haben zweifelsfrei gezeigt, dass es im
Tourette-Syndrom
Koprolalie. Treten sprachliche Phänomene auf,
hört man wesentlich häufiger unartikulierte
Laute oder Wortfetzen als klar verständliche
Schimpfworte. Und selbst wenn tatsächlich
unflätige Dinge aus dem Mund eines TourettePatienten kommen, ist das weder böse Absicht
noch das Resultat schlechter Erziehung, wie die
Umgebung leider viel zu oft denkt. Die Betroffenen können den Drang, sich so zu äußern,
einfach nicht beherrschen. Denn genau darin
besteht ja das Charakteristikum der Tics, die
als abrupt einsetzende, kurz dauernde unwillkürliche Bewegungen definiert sind, die sich,
wenn überhaupt, nur kurzfristig unterdrücken
lassen. Betreffen sie die Muskulatur von Mund,
Rachen oder Kehlkopf, kann es zu Lautäußerungen kommen. Vokale Tics sind also nichts
anderes als motorische Tics in einem bestimmten muskulären Bereich.
Dementsprechend kommt die Bewegung dann
zustande oder eben nicht. Man vermutet, dass
es im Gehirn von Tourette-Patienten mit der
hemmenden Funktion dieser Kontrollstation
hapert. Bestimmte Bewegungsmuster werden
nicht wie bei Gesunden automatisch unterdrückt, sondern ungebremst durchgelassen
und treten dann in Form eines Tics zu Tage.
Kirsten Müller-Vahls Arbeitsgruppe an der Medizinischen Hochschule Hannover fand aber
bei Kernspinuntersuchungen neben Auffälligkeiten in den Basalganglien auch Veränderungen in verschiedenen anderen Hirnregionen.
Die Forscherin glaubt, dass die Hauptursache
im Frontalhirn liegt, der wohl höchsten Kontrollinstanz des Gehirns. „Wir haben Hinweise auf eine unzureichende Hemmfunktion des
Stirnhirns“, erläutert sie. „Dadurch bekommen
die Basalganglien eine gewisse Eigenständigkeit und unterdrücken die motorischen Tics
nicht mehr.“
Zu dieser Hypothese passt, dass viele
Tourette-Kranke gleichzeitig unter Zwangsstörungen leiden, für die nach dem Stand
des Wissens ebenfalls Störungen im Frontalhirn verantwortlich sind. „Meistens sind die
Zwangsphänomene leicht und deshalb nicht
behandlungsbedürftig“, so Müller-Vahl.
Die MRT-Bilder
basieren auf einem
Vergleich zwischen
TS-Patienten und
gesunden Kontrollen.
Die farblich markierten Areale demonstrieren die Hirnregionen,
in denen Unterschiede
im Vergleich der
Gruppen gefunden
wurden.
Quelle:
PD Dr. Müller-Vahl,
Dr. Thomas Peschel,
Abteilung für Klinische Psychiatrie und
Psychotherapie,
Medizinische Hochschule Hannover
Die neurobiologischen Mechanismen
sind zwar noch nicht
bis ins letzte Detail
geklärt, doch eine
entscheidende Rolle
spielen wohl die
Basalganglien. Auch
auf eine Beteiligung
des Stirnhirns gibt
es Hinweise.
22
Tourette-Syndrom
Diagnosekriterien
Die Diagnose Tourette-Syndrom ist eine rein klinische;
apparative Untersuchungen können nur dabei helfen,
andere, ebenfalls mit Tics einhergehende Erkrankungen auszuschließen. Nach dem Klassifikationssystem DSMIII-R von 1987 müssen folgende Kriterien erfüllt sein:
1. Sowohl multiple motorische Tics als auch mindestens ein vokaler Tic traten im Verlauf der Krankheit,
jedoch nicht unbedingt gleichzeitig, auf.
2. Die Tics treten mehrmals täglich (meistens anfallartig), fast jeden Tag oder intermittierend über einen
Zeitraum von mehr als einem Jahr auf.
3. Der betroffene Körperteil, die Anzahl, die Häufigkeit, die Komplexität und der Schweregrad der Tics
ändern sich mit der Zeit.
4. Beginn vor Vollendung des 21. Lebensjahres.
5. Die Störung tritt nicht ausschließlich während einer
Intoxikation mit psychotropen Substanzen oder einer
bekannten Störung im Zentralnervensystem wie Chorea Huntington und postviraler Enzephalitis auf.
Im DSM-IV von 1994 wurde das Kriterium „die Ticstörung führt zu starker innerer Anspannung oder
signifikanten Beeinträchtigungen auf sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsgebieten“
eingeführt. Weil dies aber nicht mit den klinischen
Erfahrungen übereinstimmt (d.h. viele Tourette-Kinder keine derartigen Beeinträchtigungen haben), strich
man diesen Punkt wieder in der Überarbeitung von
2000. Auch die ebenfalls im DSM-IV erfolgte Herabsetzung des Erkrankungsalters auf das vollendete 18.
Lebensjahr ist nicht unumstritten. In Deutschland beziehen sich die meisten Experten nach wie vor auf die
Kriterien des DSM-III-R. Punkt 5 wird oft etwas weiter
definiert, im Sinne von: Die Tics sind durch keine andere klinische Konstellation erklärbar.
Weitere Puzzleteile
Stichwort Behandlung: In den 1960er Jahren
entdeckte man eher zufällig, dass die Tics unter
einer Dauertherapie mit dem Neuroleptikum
Haloperidol seltener und schwächer werden.
Das weckte damals in Fachkreisen ernste Zweifel daran, dass die Krankheit rein psychischer
Natur ist und gab der Wissenschaft einen wertAbb. 2 bis 5:
Klinische Symptome
des Tourette-Syndroms – Eine Untersuchung von 360
Patienten an der Med.
Hochschule Hannover
oben: Patientenkollektiv
Mitte u.: Häufigkeiten
der verschiedenen Tics
rechts u.: Schweregrad der Tics nach
der Shapiro Tourette
Severity Scale (STSS);
Tic-Schwere im Alter ist
unabhängig vom Alter
beim Beginn der Tics
Quelle: mod. nach PD
Dr. Kirsten Müller-Vahl
vollen Hinweis zur Pathophysiologie. Denn
wenn sich die Symptome durch die Behandlung mit Substanzen, die Dopaminrezeptoren
blockieren, bessern, musste Dopamin eine Rolle
spielen. „Weil Neuroleptika wirken, gehen wir
davon aus, dass im Gehirn der Betroffenen eine
Überfunktion des Dopaminsystems besteht“,
erklärt Müller-Vahl. Bis heute wurden alle
möglichen Bereiche des Systems unter die Lupe
genommen. Forscher fanden eine erhöhte Zahl
dopaminerger Neurone in den Basalganglien
von Tourette-Patienten und auch Veränderungen im Bereich der Dopamintransporter. Nur
konnte keine der Studien klären, ob die Auffälligkeiten das Tourette-Syndrom ursächlich
bedingen oder nur Folgeerscheinungen eines
bis dato unbekannten Problems sind. Kirsten
Müller-Vahl glaubt eher an die zweite Variante. Denn letztes Jahr stießen die Hannoveraner
im Gehirn ihrer Tourette-Probanden auf eine
verringerte Bindungskapazität des SerotoninTransporters. „Deshalb ist es gut vorstellbar,
dass es eine übergeordnete Störung gibt, die
sich sekundär auf verschiedene Neurotransmittersysteme auswirkt.“
Genetischer Anteil und Umweltfaktoren
Einig sind sich die Experten, dass die Erkrankung genetisch bedingt ist, Zwillings- und Familienstudien lassen daran keinen Zweifel. Die
Hoffnung, den einen schuldigen Erbgutschnipsel zu finden, hat sich trotz intensiver Suche bisher nicht erfüllt und wird sich wohl auch nicht
erfüllen. „Entweder gibt es Veränderungen
auf verschiedenen Genen, die alle zum selben
Krankheitsbild führen, oder ein Mosaik von
kleinen Gendefekten, die einzeln kein Problem
verursachen, in der Summe aber das klinische
Bild Tourette hervorrufen“, fasst Müller-Vahl
den Stand der Forschung zusammen.
Aber auch das ist nur ein Teil der Wahrheit.
Denn bei eineiigen Zwillingen, die ja identische
Gene besitzen, entwickeln zwar in 80 Prozent
23
Hilfe durch das Umfeld
Wie sehr Kinder mit Tourette-Syndrom leiden,
hängt sicherlich sehr davon ab, wie ausgeprägt
ihre Symptomatik ist. Ihre Erfahrung zeigt Kirsten Müller-Vahl jedoch immer wieder, dass vor
allem die Akzeptanz des Umfelds über Wohl
und Wehe der jungen Patienten entscheidet. So
kennt die Expertin Kinder mit extremen Tics,
die in der Schule vollständig integriert sind.
„Manchmal wundere ich mich wirklich, wie
gut das klappt. Die Kinder sagen dann: „Wo
liegt das Problem, die kennen mich doch alle.“
Leider stoßen die meisten jedoch gegen eine
Mauer aus Unverständnis und Intoleranz. Weil
Tourette-Kinder so komisch mit den Armen
fuchteln oder plötzlich laut schreien, werden
sie von ihren Mitschülern ständig gehänselt,
aufgezogen und ausgegrenzt. Oft versuchen die
Lehrer, die permanenten Störenfriede aus der
Klasse zu entfernen und auf eine Sonderschule
zu verfrachten. Und nicht selten kommen die
an den ständigen Widerständen verzweifelnden Eltern diesem Wunsch dann nach. Dabei
besteht dazu keinerlei Anlass, denn Kinder
mit Tourette besitzen die gleiche geistige Leistungsfähigkeit wie ihre gesunden Altersgenossen. Wenn sie Lernschwierigkeiten haben, liegt
es vor allem daran, dass sie nicht nur mit dem
Stoff, sondern auch mit den Tics kämpfen müssen. Doch dafür gibt es Lösungen, man muss sie
nur finden – beziehungsweise finden wollen.
Je eher die geeigneten Schritte in die Wege
geleitet werden, desto besser. Deshalb legt Kirsten Müller-Vahl Pädiatern, die den Verdacht auf
Tourette hegen, ans Herz, diesen frühzeitig auszusprechen. „Zu wissen, woran man ist, entlastet alle Beteiligten enorm.“ Die Eltern haben
Klarheit und die Kinder können auf die ständig
wiederkehrende Frage, warum sie so seltsam
zucken, endlich eine Antwort geben. „Das ist
sehr viel weniger schlimm, als immer sagen zu
müssen, dass man auch nicht weiß, wieso man
das macht“, berichtet die Neurologin.
Eine weitere Information ist mindestens
ebenso wertvoll: Zwar nehmen die Tics bis zur
Pubertät eher zu, doch danach lassen sie an
Häufigkeit und Intensität oft deutlich nach. Das
heißt, -vielen Betroffenen geht es im Erwachsenen- besser als im Kindesalter. „Deshalb lohnt
sich eine gute Ausbildung immer“, sagt Kirsten
Müller-Vahl. Mahmoud Abdul-Rauf ist vielleicht das beste Beispiel. Der Basketballstar mit
dem Tourette-Syndrom ist längst Millionär.
Literatur
• Deutsche Gesellschaft für Neurologie: Leitlinien
Tics, www.dgn.org
• Olson S: Making Sense of Tourette’s. Science 2004;
305 (5689): 1390-1392
• Cheon KA et al.: Dopamine transporter density of
the basal ganglia assessed with [123I]IPT SPECT in
drug-naive children with Tourette‘s disorder. Psychiatry Res. 2004; 130(1): 85-95
• Albin RL et al.: Recent adavances in Tourette syndrom research. Trends Nuerosci 2006; 29(3): 175-182
• Mueller-Vahl K et al.: Serotonin transporter binding in
Tourette Syndrome. Neurosci Lett. 2005; 385(2): 120-125.
Tourette-Syndrom
der Fälle beide Kinder ein Tourette-Syndrom,
doch bei den übrigen 20 Prozent bleibt ein
Zwilling gesund. „Genetische Defekte allein
genügen nicht, um krank zu werden“, erklärt
die Neurologin. „Um das Syndrom auszulösen, müssen Umweltfaktoren hinzukommen.“
Einen glaubte man vor gut zehn Jahren identifiziert zu haben: Infektionen mit Streptokokken beziehungsweise eine dadurch induzierte
Autoimmunreaktion. Die entsprechenden Antikörper wurden im Gehirn von zahlreichen Tourette-Kindern nachgewiesen und der Auslöser
des rheumatischen Fiebers rasch auch in diesem Zusammenhang schuldig gesprochen. Der
Haken: Viele Menschen haben Streptokokkeninfektionen, damit auch Antikörper, aber keine
Tic-Störung. „Der Zusammenhang zwischen
Ursache und Wirkung konnte nicht bewiesen
werden und auch neuere Studien sprechen eher
gegen die Infektionshypothese“, sagt MüllerVahl. „Deshalb dürfen nach den Empfehlungen
der amerikanischen Tourette-Gesellschaft die
Patienten nicht beziehungsweise nur im Rahmen wissenschaftlicher Studien mit Antibiotika oder Immunsuppressiva therapiert werden,
was ja die logische Konsequenz wäre.“
Damit bleiben Neuroleptika vorerst die
wirksamste Behandlungsmöglichkeit. Wegen
der starken Nebenwirkungen lehnen aber viele Patienten diese Option ab – insbesondere die
mit leichter Symptomatik –, weil sie die Folgeerscheinungen der Medikamente belastender
finden als die Tic-Störung selbst. Müller-Vahl
rät den behandelnden Ärzten, die Betroffenen dann nicht zu drängen. „Es gibt keinerlei
Hinweise, dass die Neuroleptika den Verlauf
in irgendeiner Weise beeinflussen.“ Nicht zu
therapieren sei daher kein Fehler. Werden die
Beschwerden schlimmer, kann man jederzeit
mit der Behandlung beginnen. „Wenn der Leidensdruck zu groß ist, können wir den Patienten helfen, zumal die modernen Neuroleptika
ähnlich wirksam sind wie Haloperidol, aber
sehr viel besser verträglich.“
Eine Behandlung
ist nicht immer
zwingend. „Es gibt
keinerlei Hinweise,
dass die Neuroleptika den Verlauf in
irgendeiner Weise
beeinflussen“, so
Kirsten Müller-Vahl.
PD Dr. med.
Kirsten Müller-Vahl
Quelle: privat
Infos und
Selbsthilfegruppen:
www.tourette.de
Umfassende und
sehr informative
Homepage der Tourette-Gesellschaft
zum TouretteSyndrom:
http://www.tourettegesellschaft.de
Herunterladen