DOPPELADLER ODER HAKENKREUZ?

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Doppeladler oder Hakenkreuz?
Das „Heeresarchiv Wien“ 1938–1945
Michael Hochedlinger
Rainer Egger (1935–2009) zum Gedenken
Das Jahr 1938 markiert in der Geschichte des Wiener Kriegsarchivs einen
entscheidenden Wendepunkt: nicht so sehr durch personelle Säuberungen
oder dramatische Archivalienverluste als vielmehr durch eine von den neuen
Machthabern dekretierte Abkehr von seinem ursprünglichen Gründungsauftrag:
Aus einem selbstbewussten Institut für Kriegsgeschichte und (k. u. k.)
„Traditionspflege“ sollte eine nachgeordnete Aktensammelstelle ohne eigene
Forschungstätigkeit werden.
Die Herabstufung war – wenn auch sehr widerwillig – bereits weitgehend
vollzogen, als ein alliierter Luftangriff am 14. April 1945 mit dem Heeresarchiv
Potsdam zugleich das archivalische Fundament der preußisch-deutschen
Militärgeschichte auslöschte. Das relativ glimpflich aus dem Krieg entkommene
Wiener Kriegsarchiv war damit das mit Abstand bedeutendste militärhistorische
Quellenlager im deutschen Sprachraum. Ein (gar remilitarisiertes) Forschungs­
institut ließ sich aber in der Wiener Stiftkaserne (Wien VII), von 1905 bis
1992 Standort des Kriegsarchivs, nicht mehr etablieren. Die verständliche
„Entmilitarisierung“ der österreichischen Geschichtswissenschaft nach 1945
und die bis weit in die 1960er Jahre erdrückenden administrativen Aufgaben
des Kriegsarchivs im Dienste des Sozialversicherungswesens schoben allen
Ambitionen in diese Richtung einen Riegel vor.
1. Vorgeschichte
1.1. Das Trauma des Zusammenbruchs 1918
Erzherzog Karl hatte das Kriegsarchiv 1801 nicht eigentlich als Archiv, sondern
als historisch-kriegswissenschaftliche Forschungsanstalt der bewaffneten Macht
gegründet. Für ihre applikatorische, also auf militärische Nutzanwendung
bedachte und zunächst nicht zur Veröffentlichung bestimmte Kriegsgeschichts­
schreibung schufen sich die k. k. Offiziersarchivare die dokumentarische
Grund­lage durch rücksichtslose Plünderungszüge in einschlägigen Behörden­
Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs Band 54/2010
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registraturen kurzerhand selbst. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts wuchs
das Wiener Kriegsarchiv durch Übernahme von archivreifem Behördenschriftgut
allmählich auch in die Rolle eines echten militärischen Zentralarchivs hinein.1
Dem Monopol auf das Quellenmaterial entsprach die unangefochtene
Dominanz des k. (u.) k. Kriegsarchivs auf dem Gebiet der Militär- oder besser:
Kriegsgeschichtsschreibung. Hier wurde von den ab Ende des 19. Jahrhunderts
in einem verkürzten Lehrprogramm am Institut für Österreichische
Geschichtsforschung hilfswissenschaftlich geschulten 2 Offiziersarchivaren
Beträchtliches geleistet. Waren die ersten ab 1850 im Druck veröffentlichten
„Generalstabswerke“ noch primär amtlich-propagandistische Beiträge zur
militärischen Zeitgeschichte, vergleichbar den „Farbbüchern“ auf außen­
politischem Gebiet, so wandte man sich ab den 1870er Jahren den Waffentaten
der Frühen Neuzeit und – jubiläumsbedingt – den Revolutionskriegen, dem
Kriegsjahr 1809 sowie dem „Zeitalter der Befreiungskriege“ zu.
Der Erste Weltkrieg unterbrach diese erfolgreiche Entwicklung; das Kriegsarchiv
wurde zu einer auch personell stark aufgeblähten Propagandastelle der k. u. k.
Armee. Nicht zufällig war der Direktor des Kriegsarchivs, FeldmarschallLeutnant Maximilian von Hoen (1867–1940) 1914–1917 auch Leiter des
Kriegspressequartiers, nicht umsonst schrieben und dichteten berühmte Literaten
wie Stefan Zweig, Franz Theodor Csokor, Alfred Polgar oder Rainer Maria Rilke
1
2
Den solidesten Überblick zur frühen Institutionengeschichte des Kriegsarchivs vermittelt:
Das k. und k. Kriegs-Archiv von seiner Gründung bis zum Jahre
1 9 0 0 (2. Auf l. Wien 1900). Zu den kriegsgeschichtlichen Arbeiten des Kriegsarchivs
vgl. Z i t t e r h o f e r , Karl: Die literarische Tätigkeit des Kriegsarchivs 1784 –1909. In:
Österreichische Militärische Zeitschrift 1909/2, S. 1 7 17–1 7 26; R e g e l e , Oskar: Die
Geschichtsschreibung im Wiener Kriegsarchiv von 1779 (Kaiser Joseph II.) bis zum Ende
des ersten Weltkrieges (1918). In: Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs (in
Hinkunft: MÖSt A) Erg.-Bd. 2 (1949), S. 732-743; A l l m a y e r - B e c k , Johann Christoph:
Die Militärgeschichtsschreibung in Österreich von ihren Anfängen bis zum Jahre 1918.
In: Militärgeschichte in Deutschland und Österreich vom 18. Jahrhundert bis in die
Gegenwart (Vorträge zur Militärgeschichte 6), Herford-Bonn 1985, S. 70-86; P e b a l l ,
Kurt: Militärwissenschaft, Kriegsgeschichts- und Militärgeschichtsschreibung. In:
Broucek, Peter – Peball, Kurt: Geschichte der österreichischen Militärhistoriographie,
Köln-Weimar-Wien 2000, S. 11-73. A llgemein H o c h e d l i n g e r , Michael: Bella gerant
alii...?“ On the State of Early Modern Military History in Austria. In: Austrian History
Yearbook 30 (1999), S. 237-277.
Zu den Sonderschulungen für Off iziere des Kriegsarchivs vgl. G a s s e r , Peter: Die
Ausbildung der Archivare in Österreich. In: Archivum 4 (1954), S. 7-24, hier S. 2123 und auch L h o t s k y , A lphons: Geschichte des Instituts für Österreichische
Geschichtsforschung 1854 –1954 (Mitteilungen des Instituts für Österreichische
Geschichtsforschung (in Hinkunft: MIÖG) Erg.-Bd. 17), Graz-Köln 1954, S. 200 f.
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Heeresarchiv
in einer beim Kriegsarchiv eingerichteten „Literarischen Gruppe“ zum höheren
Ruhm des zerzausten Doppeladlers. 3
Die traumatisierende Niederlage und die politische Zäsur von 1918 trafen das
Kriegsarchiv und seine Offiziersarchivare hart, deutlich härter als die zivilen
Kollegen in anderen Archiven. Die k. u. k. Armee löste sich auf, und mit ihr das
stolze Offizierskorps, dessen Angehörige über Nacht soziales Prestige und oft
auch jede materielle Absicherung verloren. 4
Der gewaltige Personalstand des Kriegsarchivs – 429 Personen bei Kriegsende,
darunter alleine 90 Offiziere (Dezember 1918) – musste vor diesem Hintergrund
möglichst rasch abgebaut werden. Zu Jahresbeginn 1920 stand man bei 177
Beschäftigten, im Sommer 1923 bei immerhin noch 81 Bediensteten. 5
Zu gleicher Zeit wuchsen die eigentlich archivischen Aufgaben dramatisch an;
mit einem Mal sah sich das Archiv mit dem Problem der Massenschriftgut­ver­
waltung konfrontiert und musste auch erstmals Verwaltungsaufgaben übernehmen, denn die militärischen Personalunterlagen bildeten jetzt vielfach die einzig
brauchbare Grundlage für Dienstzeitbestätigungen, Staatsbürgerschaftsnachweise
usw.
Die nur mehr in Eisenbahnwaggons zu quantifizierenden Papiermassen der
höheren Frontkommanden hatten schon während des Kriegs die Speicher des
Kriegsarchivs zu überfluten begonnen. Mit dem Zusammenbruch 1918 kamen
außerdem schlagartig verwaiste, zum Teil besonders „sensible“ Registraturen wie
jene des Armeeoberkommandos (1914–1918) oder der Militärkanzlei des Kaisers
hinzu. 6
Die Archivalienabtretungen an die Sieger- und Nachfolgestaaten fielen im
Kriegsarchiv bei weitem nicht so schmerzlich aus wie im Haus-, Hof- und
Staatsarchiv oder im Staatsarchiv des Innern und der Justiz. Nur Ungarn durfte
sich – noch vor dem Badener Abkommen von 1926 – in den Kernbeständen
3
4
5
6
P e b a l l , Kurt: Literarische Publikationen des Kriegsarchivs im Weltkrieg 1914 bis 1918.
In: MÖSt A 14 (1961), S. 240-260.
E g g e r , Rainer: Das Kriegsarchiv vom Ersten zum Zweiten Weltkrieg. In: MÖSt A 49
(2001), S. 13-39 und die sehr materialreiche Arbeit von E l m e r , A lexandra: „Der Bohemien
unter den Generälen“. Maximilian R itter von Hoen 1867–1940. Ein österreichischer
Historiker und Militärjournalist, ungedr. phil. Diss. Wien 1992. Die Archivgeschichte
im Inventar des Kriegsarchivs Wien 2 Bde. in 1 (Inventare österreichischer Archive 8),
Wien 1953, hier Bd. 1, S. 1-73, ist leider unergiebig und wird nur punktuell zu zitieren
sein.
Inventar 1, S. 33 f.
Für ihre Verwahrung und die geplante Auswertung in Gestalt einer A ktenpublikation
bestand zunächst eine eigene „Abteilung für militärische Staatsakten“: B r o u c e k , Peter:
Die „Abteilung für militärische Staatsakten“ 1918 –1920. In: Scrinium 28 (1983), S. 324332.
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Michael Hochedlinger
des Kriegsarchivs recht ausgiebig bedienen, um in Budapest das Hadtörténelmi
Levéltár aufzubauen.
Als oft problematisch erwies sich hingegen die Einrichtung ausländischer
Delegationen in der Stiftkaserne, am langlebigsten waren die tschechoslowakische
(bis 1937) und die italienische (bis 1940/1943); eine ungarische Archivdelegation
besteht bis heute. Alte Kameraden und langjährige Archivmitarbeiter wurden, wie
auch bei anderen Wiener Zentralarchiven, gleichsam über Nacht zu Vertretern
einer fremden Macht: der Leiter der Kartensammlung Oberst Josef Paldus
(1863–1937) war plötzlich tschechoslowakischer Archivdelegierter. Oberst Alois
Veltzé (1864–1927), einer der talentiertesten Militärhistoriker aus den Reihen des
Kriegsarchivs, stellte sich 1924 zur großen Empörung seiner ehemaligen Kollegen
ausgerechnet den verhassten Italienern zur Verfügung, ebenso FeldmarschallLeutnant Albert Freiherr von Margutti (1869–1940), 1917–1918 Vizedirektor des
Kriegsarchivs. Oberst Oskar Criste (1858 – nach 1941), ein besonders produktiver
Offizier-Historiker des k. u. k. Kriegsarchivs, verbrachte unautorisiert wertvolle
Akten des 18. Jahrhunderts in seine neue rumänische Heimat; 1937 wurde der
letzte tschechoslowakische Archivdelegierte Václav Zelený bei der unbefugten
Mitnahme von Archivalien ertappt. 7
Der tiefste Einschnitt lag nach 1918 aber wohl im Bereich der von den
Betroffenen als Statusverlust empfundenen Statusveränderung der ehemaligen
Offiziersarchivare und der Institution insgesamt. Zwar kam es zu keiner
personellen Säuberung (auch Direktor Hoen blieb nach 1918 an der Spitze
des Archivs), immerhin aber im August 1920 zu einer Überführung des
Kriegsarchivs in ein ziviles Institut in Unterordnung unter die Staatskanzlei
(Bundeskanzleramt).
Für die Überstellung der Offiziere in den höheren (akademischen) Dienst
wären damit eigentlich ein abgeschlossenes Studium der Geschichte sowie
die Absolvierung des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung
verpflichtend gewesen. Man fand eine gangbare Sonderregelung, indem man
einigen ehemaligen Generalstabsoffizieren auch ohne Studium und Institutskurs
die A-Qualifikation zubilligte. Truppenoffiziere wurden dagegen nur als
„militärische Fachberater“ in den gehobenen Dienst (B) übernommen, wo man
7
W i n t e r , Otto Friedrich: Die italienische Kriegsarchivdelegation nach dem Ersten
Weltkrieg In: MÖSt A 31 (1978), S. 442-450; E g g e r , Rainer: Die ungarische
Kriegsarchivdelegation in Wien vom Ersten bis zum Zweiten Weltkrieg. In: Das
Institutionserbe der Monarchie. Das Fortleben der gemeinsamen Vergangenheit in den
Archiven (MÖSt A Sonderband 4), Wien 1998, S. 65-73. K i s z l i n g , Rudolf: Meine
Direktionsführung im Kriegsarchiv vom 1.9.1936 bis zur Eingliederung Österreichs
in das Deutsche Reich: Österreichisches Staatsarchiv, Kriegsarchiv (in Hinkunft:
K A), Manuskripte zur Geschichte des Kriegsarchivs (in Hinkunft: MS/K A) 13 (I);
Direktionsakten Zl. 5 745/1937.
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Heeresarchiv
sie zu ihrem großen Missvergnügen mit dem „mittleren Fachdienst“, ehemaligen
Unteroffizieren, in einer Verwendungsgruppe zusammenführte.
Zu den Nutznießern der selektiven Nachsicht von der Hochschulbildung
zählte auch der journalistisch begabte und gesellschaftlich bestens vernetzte
ehemalige Pressereferent im Armeeoberkommando Major im Generalstab
Edmund (von) Glaise-Horstenau (1882–1946), der erst 1919 dem Kriegsarchiv
(Staatsaktenabteilung) zugeteilt worden war. Er konnte sein im Wintersemester
1920/1921 begonnenes Studium nach nur vier Semestern ohne Abschluss auslaufen
lassen und musste auch zur Aufnahmeprüfung in den widerwillig begonnenen
Institutskurs nicht antreten, als sich abzeichnete, dass er in jedem Fall im höheren
Dienst Verwendung finden würde. Immerhin war auch Kriegsarchiv-Direktor
Hoen der Ansicht, dass der Kurs dem Dienst im Kriegsarchiv nicht viel bringe.
„Die Maiuskeln und Minuskeln des braven Professors Ottenthaler von Ottenthal
gingen mir zu stark auf die Nerven“, notierte Glaise-Horstenau später spöttisch
in seinen Lebenserinnerungen. 8
Der Generalstabsoffizier Viktor Meduna (1881–1942) und der schon 1915
wegen Kriegsuntauglichkeit als Hauptmann pensionierte Josef Mündl (1887–
1950) hatten weniger Glück und mussten trotz vorgerückten Alters den von Glaise
eilig abgebrochenen Institutskurs (1921–1923) an der Seite später so prominenter
Kollegen wie Otto Brunner, Heinz Zatschek und Friedrich Walter absolvieren.
Wenigstens war Meduna und Mündl gestattet, ihre Staatsprüfungsarbeiten der
Fortsetzung des 1914 unvollendet stecken gebliebenen „Generalstabswerks“ über
den Österreichischen Erbfolgekrieg (Italienfeldzug 1745/1746) zu widmen. Sogar
der dem Kriegsarchiv dienstzugeteilte Bundesheeroffizier Dr. Eduard Czegka
(1887–1953) drückte 1925–1927 die Kursbank, gemeinsam mit Ferdinand Stöller
(1891–1968), der – schwer kriegsbeschädigt – seit 1916 im Archiv arbeitete. Beide
wählten für ihre Institutsarbeiten konventionsgemäß mediävistische Themen.
Die Zukunft gehörte indes dem Aufsteiger Glaise-Horstenau, der durch
seinen Protektor Generaloberst Alois (Fürst) Schönburg-Hartenstein (1858–
1944) über nützliche Kontakte zum Obmann der Christlich-Sozialen Partei
und Bundeskanzler Ignaz Seipel (1876–1932) verfügte. Schon 1923 war Glaise
zum Direktor-Stellvertreter aufgestiegen; im Februar 1925 wurde er mit der
8
Über Glaise-Horstenau vgl. die ausführliche biographische Einleitung von B r o u c e k ,
Peter: Ein General im Zwielicht. Die Erinnerungen Edmund Glaises von Horstenau 1
(Veröffentlichungen der Kommission für neuere Geschichte Österreichs 67), Wien 1980,
S. 15-62, 2 (e b e n d a 70), Wien 1983, S. 11-44, 3 (e b e n d a 76), Wien 1988, S. 13-58,
das Zitat aus Erinnerungen Bd. 1, S. 538. L h o t s k y : Institut, S. 369, vermerkt die
„Desertion“ Glaise-Horstenaus lapidar.
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Pensionierung Hoens auch dessen Nachfolger als Direktor. 9 Eine ganze Reihe
dienstälterer Kollegen trat aus Protest in den Ruhestand.
1.2. Im Felde unbesiegt? Militärische Vergangenheitsbewältigung
„Kriegsschuldfrage“ und „Dolchstoßlegende“ waren nicht nur politische
Reizthemen, sie bestimmten nach 1918 auch die zeit- und militärgeschichtliche
Forschung. Dem Kriegsarchiv war größere publizistische Aktivität in den
ersten Jahren nach dem Krieg verwehrt. Der zur Sozialdemokratie bekehrte
ehemalige k. u. k. Generalstabsoberst Theodor Körner (1873–1957) blockierte
in seiner Eigenschaft als Amtsleiter (Präsidialchef ) im Heeresministerium und
Heeresinspektor die kriegsgeschichtliche Forschung ebenso wie jede k. u. k.nostalgische Traditionspflege.10
Die Offiziere des Kriegsarchivs hatten umso freudiger an deutschen
Publikationsvorhaben mitgearbeitet, etwa jenem des preußischen General­
leutnants Max Schwarte (1860–1945).11 Glaise-Horstenau kooperierte auch von
Anfang an eng mit dem eben neugegründeten Reichsarchiv in Potsdam, das
u. a. das deutsche Weltkriegswerk herausgeben sollte. Die Torso gebliebenen
Erinnerungen des österreichisch-ungarischen Generalstabschefs Franz Conrad
von Hötzendorf (1852–1925) „Aus meiner Dienstzeit“ (publiziert 1921–1925),
A ls aussichtsreiche (zivile) Konkurrenten hatten Theodor Mayer (1883 –1972) aus dem
Archiv für Niederösterreich und aus dem Hof kammerarchiv Franz Wilhelm (1870 –1942)
gegolten. E l m e r : Hoen, S. 736 f.
10
Zum Folgenden P e b a l l , Kurt: Österreichische militärhistorische Forschung zum Ersten
Weltkrieg zwischen 1918 und 1968. In: Ursula von Gersdorff (Hg.): Geschichte und
Militärgeschichte. Wege der Forschung, Frankfurt-Main 1974, S. 89-98; B r o u c e k ,
Peter: Militärgeschichte in Österreich von 1918 bis 1938/45. In: Militärgeschichte,
S. 87-107; J e ř á b e k , Rudolf: Die österreichische Weltkriegsforschung. In: Wolfgang
Michalka (Hg.): Der Erste Weltkrieg. Wirkung-Wahrnehmung-Analyse, MünchenZürich 1994, S. 953-971; B r o u c e k , Peter: Österreichische Militärgeschichtsschreibung
1918 –1938 und Militärgeschichtsschreibung in Österreich 1938 –1945. In: Broucek
– Peball: Geschichte, S. 75-105 und besonders ausführlich Ü b e r e g g e r , Oswald:
Vom militärischen Paradigma zur ‚Kulturgeschichte des Krieges‘? Entwicklungslinien
der österreichischen Weltkriegsgeschichtsschreibung im Spannungsfeld militärischpolitischer Instrumentalisierung und universitärer Verwissenschaftlichung. In: Derselbe
(Hg.): Zwischen Nation und Region. Weltkriegsforschung im interregionalen Vergleich.
Ergebnisse und Perspektiven (Tirol im Ersten Weltkrieg 4), Innsbruck 2004, S. 63-122.
Zum allgemeinen Hintergrund auch M e l i c h a r , Peter: Die Kämpfe merkwürdiger
Untoter. K. u. k. Offiziere in der Ersten Republik. In: Österreichische Zeitschrift für
Geschichtswissenschaften 9 (1998), S. 51-84.
11
S c h w a r t e , Max (Hg.): Der große Krieg 1914 –1918. 10 Bde., Leipzig 1921–1925,
hier Band 5 (1922): Der österreichisch-ungarische Krieg, bearbeitet von hohen k. u. k.
Offizieren unter Federführung Max Hoens.
9
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Heeresarchiv
das dieser mit tatkräftiger Unterstützung des Kriegsarchivs erarbeitete, 12 mussten
einstweilen das Fehlen eines veritablen österreichischen „Generalstabswerks“
einigermaßen kompensieren, wie überhaupt eine Vielzahl von Generälen und
Offizieren aus fast psychohygienisch zu nennenden Gründen ihre Kriegs­
erinnerungen zu Papier, manchmal auch zum Druck brachten.
Erst nach der Pensionierung Körners 1924 zeichnete sich eine Wende im
„Kampf um die Erinnerung“ ab. In den „Militärwissenschaftlichen (und
technischen) Mitteilungen“ erschienen Beiträge zur Geschichte des Weltkriegs.
Das Bundesministerium für Heerwesen konnte für die Abordnung aktiver
Bundesheeroffiziere an das Kriegsarchiv gewonnen werden, wo 1925/26 eine neue
kriegsgeschichtliche Abteilung unter der Leitung des ehemaligen Oberstleutnants
im Generalstab Rudolf Kiszling (1882–1976) entstand. Die kriegsgeschichtliche
Forschung alten Stils wurde wiederbelebt.
Hauptaufgabe sollte die Erarbeitung einer militärischen Geschichte des Ersten
Weltkriegs aus österreichischer Sicht sein, wozu Bundeskanzler Seipel 1926 seine
Zustimmung erteilte. 1929–1938 erschien trotz großer finanzieller Probleme in
sieben Darstellungs- und sieben Beilagenbänden samt einem Registerband und
zehn Ergänzungsheften unter dem wehmütigen Titel „Österreich-Ungarns letzter
Krieg“ das letzte „Generalstabswerk“ des Wiener Kriegsarchivs und das einzige
europaweit, das bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs vollendet vorlag.13
Die großangelegte publizistische „Ehrenrettung der alten Armee“ schuf die Basis
für ein starkes Wiederanknüpfen an k. u. k. Traditionen durch das Bundesheer,
das 1933 in der Wiedereinführung der alten „österreichischen“ Uniformierung
gipfelte. Die „Offiziersgeschichtsschreibung“ (O. Überegger) hatte den „Kampf
um die Erinnerung“ gewonnen.
Unschönes konnte dabei unschön unter den Teppich gekehrt werden, und
zwar auch im archivischen Bereich. So ließ Kiszling – selbst Generalstabsoffizier
– später als Archivleiter einen Sammelakt zur berüchtigten „Affäre Redl“
B r o u c e k , Peter: Der Nachlaß Feldmarschall Conrads von Hötzendorf und das
Kriegsarchivs. In: MÖSt A 28 (1975), S. 164-182. Eigentlich war das Erinnerungswerk
bloß eine kommentierte A ktenedition.
13
Das militärische Pendant, wenn man so will, zu dem 1930 erschienenen A kten­
werk „Österreich-Ungarns Außenpolitik 1908 –1914“, das von den Archivaren des
Haus-, Hof- und Staatsarchivs erarbeitet wurde. Der ehemalige k. u. k. Seeoff izier Hans
Hugo Sokol (1892–1982) behandelte zu gleicher Zeit die Kriegsereignisse auf hoher
See: Ö s t e r r e i c h - U n g a r n s S e e k r i e g (Wien 1933). Die Wirtschaftsgeschichte des
Weltkriegs wollte die Carnegie-Stiftung behandeln. Der Redaktion gehörten auch Hoen
und Glaise-Horstenau an, als Autoren erscheinen u. a. Emil Ratzenhofer (1877–1964)
und Hugo Kerchnawe (1872–1949): W i r t s c h a f t s - u n d S o z i a l g e s c h i c h t e d e s
W e l t k r i e g e s . Österreichische und ungarische Serie 15 Bde. (Wien 1923 –1932). Vgl.
auch K A, MS Carnegie-Stiftung.
12
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Edmund Glaise-Horstenau (1882–1946) in deutscher Generalsuniform
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Heeresarchiv
(1913) in einem versiegelten Kuvert falsch ablegen und damit für die Forschung
verschwinden. Erst 1994 wurde das lange vermisste Konvolut durch Zufall wieder
aufgefunden.14
Offiziell figurierte zwar der glänzende Selbstdarsteller Glaise-Horstenau als
Herausgeber von „Österreich-Ungarns letzter Krieg“, er erntete auch – obwohl
er ab Band 2 kaum noch wirklich Anteil daran nahm und sich mehr und
mehr auf militärhistorischen bzw. militärpolitischen Journalismus, eine rege
Vortragstätigkeit und schließlich auf seine zunehmend steile politische Karriere
konzentrierte – die meisten Lorbeeren, darunter 1932 sogar die philosophische
Ehrendoktorwürde der Universität München: für sein mutiges Ankämpfen gegen
die „Kriegsschuldlüge“, wie es zur Begründung hieß.15
Die tatsächliche Arbeit leistete freilich Rudolf Kiszling, der auch den Großteil
der Beiträge selbst schrieb. Als ewiger Zweiter entwickelte er beträchtliche
Ressentiments gegen seinen eitlen Vorgesetzten und betrachtete Glaise – wohl zu
Recht – nur als „historisierenden Journalisten“. Für den fehlenden äußeren Erfolg
im Schatten eines übermächtigen Vorgesetzten revanchierte sich der nicht minder
selbstgefällige Kiszling, indem er sich als eifriger Chronist des Kriegsarchivs
für die Zeit zwischen 1925 und 1945 die Deutungshoheit über die Geschichte
der Institution zu sichern suchte. Auch im Bereich der Selbstdarstellung lief
ihm allerdings Glaise-Horstenau mit seinen 1980–1988 von Peter Broucek
postum veröffentlichten Erinnerungen langfristig den Rang ab. Kiszlings
autobiographische Beiträge zur Geschichte des Kriegs- bzw. Heeresarchivs
blieben hingegen ungedruckt.16
1.3. K. u. k. Nazis?
Glaise-Horstenau war seit 1925 im österreichisch-deutschen Volksbund aktiv
und gehörte auch dem „Deutschen Club“ an, dem Vereinigungspunkt der
Deutschnationalen in Österreich, dessen Geschicke lange Jahre der ehemalige
k. u. k. Feldmarschall-Leutnant Carl (Freiherr von) Bardolff (1865–1953) lenkte.
Glaise gab trotz des Engagements im deutschnationalen Lager seine publizistische
Tätigkeit im katholisch-restaurativen Sinne nicht auf, war auch Vorsitzender
der „Katholischen Akademikergemeinschaft“, galt also als „Katholisch U n t e r Ö s t e r r e i c h s F a h n e n . Militärhistorische Kostbarkeiten aus sechs
Jahrhunderten. Katalog zur Ausstellung „200 Jahre Kriegsarchiv“, Wien 2001, S. 31.
15
B r o u c e k : Glaise, Bd. 1, S. 51.
16
Für die Zeit der Direktion Glaises vgl. K i s z l i n g , Rudolf: „Beitrag zur Chronik des
Österreichischen Kriegsarchivs für die Zeit der Direktionsführung durch Hofrat
Generalstaatsarchivar Dr. h. c. Edmund Glaise-Horstenau“: K A, MS/K A 8. Seine
autobiographischen Aufzeichnungen spendete Kiszling 1956 dem Kriegsarchiv. Zur
Direktion Glaise-Horstenau vgl. auch B r o u c e k : Glaise, Bd. 1, S. 43-52.
14
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Michael Hochedlinger
Nationaler“. Diese merkwürdige Verbindung von unterschiedlich radikalisiertem
großdeutschem Gedankengut und tief verinnerlichter altösterreichischer
Traditionspflege kennzeichnet auch so manch anderen Offiziers- und
Archivkameraden. Kiszling selbst sprach nach dem Krieg von „k. u. k. Nazis“.17
Das Kriegsarchiv war zwar nicht wie das Haus-, Hof- und Staatsarchiv am
Minoritenplatz ein Bollwerk des illegalen Nationalsozialismus – der habsburg­
nostalgische Legitimismus wird wohl unter den ehemaligen Offizieren deutlich
stärker gewesen sein. Aber es fehlte auch in der Stiftkaserne, wo sich im höheren
und im gehobenen Dienst sehr viele Sudetendeutsche, ein Ungarndeutscher und
ein Gottscheer fanden, nicht an NS-Sympathisanten. Kiszling war als Banater
Deutscher bekannt „nationalbetont“ eingestellt und im Übrigen wie GlaiseHorstenau der Meinung, dass die k. u. k. „Offiziere deutscher Nationalität“ am
treuesten zu Kaiser und Reich gestanden hatten.
Schon 1932 entstand im Kriegsarchiv eine über die „Deutsche Beamten­
vereinigung“ getarnte nationalsozialistische „Betriebszelle“, der u. a. die
ehemaligen k. u. k. Offiziere und nunmehrigen „militärischen Fachberater“
Franz Fink (1887–1969), Gustav Reichert (1880–1961), Ludwig Schnagl (1888–
1945), Maximilian Raubal (1886–1954) und – als „Leiter“ – Friedrich Hof (1881–
1973), seit 1. Juli 1932 NSDAP-Mitglied und SA-Sturmmann, angehörten. Die
Initiative ging nach Aussage Hofs vom Kriegsarchivdirektor Glaise-Horstenau
aus, der dadurch „die nationale Bewegung im Institute in akademischen Bahnen
vor Radikalismus geschützt wissen wollte“. Nach Hausdurchsuchungen und
kriminalpolizeilichen Untersuchungen stellte die Betriebszelle auf explizite
Weisung Glaise-Horstenaus ihre Arbeit nach dem Verbot der Partei, spätestens
aber im August 1934 ein.18
E g g e r : Kriegsarchiv, S. 37 Anm. 80. Besonders exponierte deutschnationale Off iziere
waren die nach 1918 allerdings bereits im Ruhestand bef indlichen Generäle A lfred
Krauss (1862–1938), der mit dem Kriegsarchiv im Streit lag, weil er seine Rolle im
Serbienfeldzug 1914 im „Generalstabswerk “ nicht hinreichend gewürdigt glaubte, und
Hugo Kerchnawe, der sich in der Zwischenkriegszeit Hoffnungen auf die Direktion des
Kriegsarchivs machte (1902–1909 als Generalstabshauptmann im Kriegsarchiv). Vgl. dazu
auch S c h ö c k l , Marianne: Der Militärhistoriker Hugo Kerchnawe, Lehramtshausarbeit
Wien 1982, S. 43 f. Dem bald nach dem Anschluss verstorbenen Krauss bewilligte Hitler
ein Staatsbegräbnis.
18
K A, Direktionsakten Zl. 4 164/1938. K A, MS/K A 163 (Fink), 164 (Hof ). Wiener Stadt- und
Landesarchiv (in Hinkunft: WStL A), Volksgericht A 1 – VgVr Strafakten Vg2Vr 4 185/45
(Verfahren gegen Friedrich Hof ), besonders die Erklärung Hofs vom 15. November 1945.
Nach dem „Anschluß“ gab Hof natürlich an, Parteiarbeit und politische Tätigkeit – die
ihm sein Vorgesetzter Kiszling 1940 gerne bescheinigte – erst nach Hausdurchsuchungen
und Schikanen im Jahre 1934 eingestellt zu haben. Reichert und Fink, die sich wie
die anderen Truppenoffiziere bei der Überstellung in den Zivilstaatsdienst nach 1920
zurückgesetzt sahen, waren es auch, die 1937 in einer sehr deutlichen Denkschrift an die
Direktion vehement für eine Remilitarisierung des Archivs eintraten. Kiszling erklärte
17
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Heeresarchiv
Ernst Wisshaupt (1890–1971) war bis 1934 Mitglied der sozialdemokratischen
Partei gewesen und soll deswegen vom Langzeit-Heeresminister Carl Vaugoin
kaltgestellt und ins Kriegsarchiv abgeschoben worden sein. Ob er dort zum
Nationalsozialismus bekehrt wurde, bleibt offen. Er galt jedenfalls ab Juli 1934
als NSDAP-Mitglied.19
Angelpunkt der Nationalen im Kriegsarchiv mag Kurt von Regenauer (1888–
1945) gewesen sein, der seit 1928 als Verbindungsmann des Reichsarchivs
Potsdam bzw. der Forschungsanstalt für Kriegs- und Heeresgeschichte in der
Stiftkaserne amtierte. 20
Auch Bohemien-Existenzen wie der Leutnant a. D. der ukrainischen Armee
und Theaterjournalist Hermann (Freiherr von) Rüling (1899–1944) aus alter
Offiziersfamilie fanden im Kriegsarchiv unter Glaise-Horstenau Zuflucht. Dass
Rüling mehrere Jahre als Sekretär für Generaloberst Schönburg-Hartenstein,
unter Dollfuß 1934 Landesverteidigungsminister, gearbeitet hatte, wird der
Anstellung und weiteren Förderung nicht geschadet haben. 21
1933/34 stand Glaise-Horstenau in engem Kontakt zum deutschen Militär­
attaché in Wien, später auch zum deutschen Gesandten von Papen, war aber
in den Juliputsch der Nationalsozialisten nicht direkt verwickelt. Kurt von
Schuschnigg suchte ihn jedenfalls als „Vorzeigenationalen“ zu gewinnen und
berief ihn im November 1934 in den Staatsrat und sogar zum Vorsitzenden des
Außenpolitischen Ausschusses.
Heinrich Ritter von Srbik ermöglichte Glaise, der ja nur Dr. h. c. der Universität
München war, 1934 sogar die Habilitation für Kriegs- und Heeresgeschichte an
der Universität Wien. Seine Lehrtätigkeit beschränkte sich schließlich aber auf
sich zwar mit dem Anliegen grundsätzlich einverstanden, gab die Projektschrift aber
dennoch nicht weiter. Vgl. MS/K A 11: Geschichte des Kriegsarchivs vom 1. September
1936 bis März 1938.
19
K A, MS/K A 170. Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik (in Hinkunft: AdR),
Bundesministerium für Inneres (in Hinkunft: BMI) Gauakt Nr. 261 5 72. Wisshaupt war
wie Mündl in die Affäre um die „SA-Brigade Jäger“ verwickelt. Vgl. Anm. 104.
20
K A, MS/K A 51: Erinnerungen Dr. Walther Heydendorffs (1971); Direktionsakten
Zl. 358/1928. Regenauer galt als Balkanexperte und beschäftigte sich mit den
Balkanfeldzügen des Ersten Weltkriegs. Sein bescheidener wissenschaftlicher Nachlass
befindet sich heute im K A, Nachlass B/405 (bis 1970 im Haus-, Hof- und Staatsarchiv).
Sein Versorgungsakt K A, Versorgungsaktensammlung R 118 454 (14 8 62) gibt leider
biographisch nichts her.
21
Rüling erarbeitete gemeinsam mit dem Münchener Professor für Heeres- und
Kriegsgeschichte Eugen von Frauenholz (1882–1949) die Fortsetzungsbibliographie
„Weltkriegsliteratur“ (1933 –1940). Dem NS-Regime war er natürlich suspekt: „während
der Verbotszeit vaterländisch-legitimistisch eingestellt, Mitglied der Heimwehr, eifriger
Anhänger der Systemregierung und entschiedener Gegner unserer Bewegung“: AdR, BMI
Gauakt Nr. 123 0 95.
231
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Michael Hochedlinger
die Geschichte des Ersten Weltkriegs und die „Kriegsschuldfrage“ in militärischer
Sicht. Mittlere und neuere Kriegs- und Heeresgeschichte musste ein Untergebener
Glaise-Horstenaus vermitteln, Staatsarchivar Ferdinand Stöller, der ebenfalls
1934 habilitiert wurde. 22 Der institutsgeprüfte Stöller galt vor allem als Spezialist
für mittelalterliche (Kriegs-)Geschichte, die Wilhelm Erben (1864–1933) Ende
der 1920er Jahre zum würdigen Gegenstand der Mediävistik erhoben hatte. 23
Die Etablierung der Militär- bzw. Kriegsgeschichte im universitären Betrieb der
Zwischenkriegszeit entsprach einem allgemeinen Trend, der der fortschreitenden
Militarisierung von Staat und Gesellschaft in autoritär geführten Ländern
Rechnung trug. Im Deutschen Reich wurden in Berlin, Heidelberg und München
sogar eigene Lehrstühle bzw. Dozenturen für Kriegs- oder Wehrgeschichte
geschaffen. Hohe Militärs erhielten häufig die Ehrendoktorwürde verliehen.
Srbik war es auch, dem Glaise die Aufnahme in die Kommission für
Neuere Geschichte Österreichs (1931) und später in die Wiener Akademie der
Wissenschaften zu danken hatte. 24 Glaise publizierte selbstverständlich im
Renommierband der österreichischen Deutschnationalen „Österreich. Erbe
und Sendung im deutschen Raum“25 und in offiziösen militärhistorischen
Publikationen Nazi-Deutschlands. 26
B r o u c e k : Militärgeschichte, S. 90 f. Dabei hatte sich Srbiks Zwillingsbruder
Oberstleutnant im Generalstab Robert von Srbik (1878 –1948) 1922 nach nur
kurzem Dienst im Kriegsarchiv in einem aufsehenerregenden Eklat verabschiedet.
Er war als „Protektionskind“ auf Intervention des Archivbevollmächtigten Oswald
Redlich und natürlich seines Bruders Heinrich im Kriegsarchiv als Leiter der „Neuen
Kriegsaktengruppe“ untergebracht worden – unter Präterierung zahlreicher ältergedienter
Offiziersarchivare. Vgl. besonders E l m e r : Hoen, S. 730-736.
23
E r b e n , Wilhelm: Kriegsgeschichte des Mittelalters, München-Berlin 1929.
24
1944 wurde auch Kiszling in die Kommission für Neuere Geschichte des zu diesem
Zeitpunkt schon „ehemaligen“ Österreich kooptiert. Das angestrebte Ehrendoktorat
erhielt er nicht mehr. Dem „militärischen Geist“ der Zeit entsprach es, dass zugleich
auch der Direktor des Heeresmuseums A lfred Mell (1880 –1962), 1920 –1934 Leiter der
Bibliothek des Kriegsarchivs, in die Kommission aufgenommen wurde. Vgl. F e l l n e r ,
Fritz: „… ein wahrhaft patriotisches Werk “. Die Kommission für neuere Geschichte
Österreichs 1897–2000 (Veröffentlichungen der Kommission für neuere Geschichte
Österreichs 91), Wien-Köln-Weimar 2001, S. 104, 119. Srbik wollte sich während
des Kriegs auch für eine Universitätsdozentur für Seekriegsgeschichte einsetzen, für
die der österreichische Marinehistoriker Peter von Handel-Mazzetti (1893 –1981),
Korvettenkapitän bei der Kriegswissenschaftlichen Abteilung des Oberkommandos der
Kriegsmarine in Berlin, vorgesehen war: K A, Nachlass Bayer-Bayersburg B/388 Nr. 10.
25
Ö s t e r r e i c h s W e h r m a c h t i m d e u t s c h e n S c h i c k s a l . In: Nadler, Josef – Srbik,
Heinrich von (Hg.): Österreich. Erbe und Sendung im deutschen Raum (3. Auf l.),
Salzburg-Leipzig 1936, S. 207-222.
26
Vgl. seine Beiträge „A lt-Österreichs Heer in der deutschen Geschichte“ und „ÖsterreichUngarns Völkerheer 1866 –1918 im deutschen Schicksal“ in dem von Karl L i n n e b a c h
(1879–1961) herausgegebenen Band Deutsche Heeresgeschichte, Hamburg 1936.
22
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Heeresarchiv
Nach dem Stillhalteabkommen
zwischen
Schuschnigg
und
Hitler vom Juli 1936 trat GlaiseHorstenau als „Garant“ dieses Vertrags und Vertreter der
deutschnationalen Opposition in
die österreichische Regierung ein
(Minister ohne Portefeuille, später
Innenminister) und setzte Rudolf
Kiszling als „einstweiligen“ Leiter
des Kriegsarchivs ein (Oktober
1936). Dafür musste der stellvertretende Direktor und Leiter der
Kartensammlung, der bekannte
Althistoriker Dr. Erich Nischer
von Falkenhof (1879–1961), unter Zusicherung der Beförderung
zum Generalstaatsarchivar in
den Ruhestand gedrängt werden.
Kiszling war in Wahrheit nur
Audienz beim „Führer“ 1937
eine Art Direktor auf Abruf, denn
(rechts: Glaise-Horstenau – im
Hintergrund: Kiszling)
Glaise trug ihm auf, in grundsätzlichen Fragen stets mit ihm
Rücksprache zu halten, und behielt sich auch die Repräsentation nach außen vor.
Erst 1937 räumte Glaise das Direktionszimmer, das er nach dem Wechsel in die
Politik in kritischen Stunden gerne als Refugium nutzte. 27
Nur vordergründig zu den angesprochenen reservaten Repräsentationsaufgaben
zählte die Vertretung Österreichs bei der feierlichen Amtseinführung des Chefs
der deutschen Heeresarchive im April 1937. In Wahrheit hatte Schuschnigg Glaise
damit betraut, Hitlers Absichten auf Österreich zu sondieren, und musste dabei
in Kauf nehmen, dass ein österreichisches Regierungsmitglied den Diktator bei
der Audienz in der Reichskanzlei mit „Mein Führer!“ ansprach und sich auch des
27
Vgl. K i s z l i n g , Rudolf von: „Geschichte des Kriegsarchivs vom 1.9.1936 bis März 1938“
(K A, MS/K A 11) bzw. „Meine Direktionsführung im Kriegsarchiv vom 1.9.1936 bis
zur Eingliederung Österreichs in das deutsche Reich“ (K A, MS/K A 13-I). B r o u c e k :
Glaise, 2, S. 88: Kiszling war wie sehr viele Mitarbeiter des Kriegsarchivs in dieser Zeit
evangelisch, was Glaise-Horstenau, der seinen Freund und Jahrgangskameraden Meduna
als Leiter eigentlich für geeigneter hielt, vor Bundeskanzler Schuschnigg geheim halten
zu sollen glaubte. Nischer-Falkenhof versuchte nach 1945 verzweifelt (bis hinauf zum
Verwaltungsgerichtshof ), sich als erstes Opfer der NS-Willkür (vor 1938!) darzustellen.
Vgl. K A, Nachlass Nischer-Falkenhof B/1 0 55 Nr. 23 und 24.
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Michael Hochedlinger
„deutschen Grußes“ bediente. Dass der wenig geschmeidige Kiszling, der Glaise
nach Berlin begleiten durfte, Hitler damals in einem Gespräch mit deutschen
Generälen als „Hysteriker“ bezeichnete, blieb hingegen ein sorgsam gehütetes
Geheimnis. 28
2. Das Kriegsarchiv als Teil der deutschen Heeresarchivverwaltung 29
Nach dem „Anschluß“ im März 1938 trennten sich die Wege der bis dahin
nur lose zusammengefassten Wiener Zentralarchive: die „zivilen“ Abteilungen
wurden zum Reichsarchiv Wien unter der Leitung des Direktors des Haus-,
Hof- und Staatsarchivs Ludwig Bittner (1877–1945) zusammengefasst, das
Kriegsarchiv erreichte seine Remilitarisierung.
2.1. Die Überführung in das deutsche System
Wenige Tage nach der Besetzung Österreichs beantragte Kiszling als
geschäftsführender Direktor des Wiener Kriegsarchivs die Übernahme seiner
Anstalt mit 38 Beamten (darunter acht Mitarbeiter des wissenschaftlichen
Dienstes und neun „militärische Fachberater“) und 25 sonstigen Bediensteten in
die deutsche Heeresarchivorganisation (18. März 1938).
Im Reich war es ab 1934 zu einer Remilitarisierung der Kriegsgeschichts­
schreibung und schließlich auch des Militärarchivwesens gekommen. Durch
Verselbständigung der historischen Abteilung des Reichsarchivs Potsdam
entstand 1934 die Forschungsanstalt für Kriegs- und Heeresgeschichte
28
29
K i s z l i n g : Beitrag (wie Anm. 16): K A, MS/K A 8; B r o u c e k : Glaise, 2, S. 167-177.
Die zentrale Überlieferung für die Geschichte des Kriegs- bzw. Heeresarchivs ist
natürlich die Registratur der Anstalt selbst (K A, Direktionsakten); sie ist gerade für die
NS-Zeit sehr umfangreich, inhaltlich aber oft enttäuschend. Reiches Material, Zweitund Drittschriften von Stücken aus den Direktionsakten, Sammelakten aus originalen
Dienststücken und sehr viel Ergänzendes enthalten die „Manuskripte zur Geschichte des
Kriegsarchivs“, die aus dem Schriftgut der Abteilungskanzleien, Schreibtischnachlässen
und bewusster chronikaler Überlieferung zusammengestoppelt wurden. Eingehend,
wenn auch stark subjektiv-rechtfertigend gefärbt und daher gerade für diesen kritischen
Zeitabschnitt mit der gebührenden Vorsicht zu gebrauchen: K i s z l i n g , Rudolf: Die
Übernahme des österreichischen Kriegsarchivs in die deutsche Wehrmacht (K A, MS/
K A 12, masch.) und Die Überleitung des österreichischen Kriegsarchivs in die deutsche
Wehrmacht (K A, MS/K A 13 [III], handschriftlich, abweichend). Beilagensammlung dazu
in MS/K A 14. Die archivalische Überlieferung der Dienststelle „Chef der Heeresarchive“
(R H 18) im Bundesarchiv/Militärarchiv, Freiburg im Breisgau, konnte im vorliegenden
Rahmen nicht ausgewertet werden. Ein Teil bef indet sich noch im Sonderarchiv Moskau.
Die NS-Zeit behandeln die Arbeiten von B r o u c e k : Militärgeschichte, S. 100-102;
B r o u c e k – P e b a l l : Geschichte, S. 99-105 (mit vorigem weitgehend deckungsgleich)
und E g g e r : Kriegsarchiv, S. 36-39.
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Heeresarchiv
( 1 9 3 7 : K r i e g s g e s c h i c h t l i c h e
Forschungs­a nstalt des Heeres). 30 Im
April 1937 wurde aus der Abteilung II
des Reichsarchivs (Militaria), den
Reichs­a rchivzweigstellen in Dresden
und Stuttgart und dem Kriegs­a rchiv
München eine separate Heeres­
archivorganisation gebildet. Diese
war wie die Forschungsanstalt dem
Chef des Generalstabes (Ober­quartier­
meister V) unterstellt. An der Spitze
stand der „Chef der Heeres­a rchive“
Generalmajor (später General der
Artillerie) Friedrich von Rabenau
(1884–1945), Dr. phil. h.c. der Uni­
versität Breslau.
Luftwaffe und Marine hatten oder
schufen sich jeweils eigene Kriegs­
wissenschaftliche Abteilungen und
gesonderte Archivstrukturen. Auch
Rudolf Kiszling (1882–1976) in
wenn letztere keinem Vergleich mit dem
deutscher Generalsuniform
Bereich des Chefs der Heeresarchive
mit in Summe 735 Bediensteten (1943) stand­h ielten: die heillose Zersplitterung
des Militärarchivwesens war durch die Segmentierung nach Waffengattung –
1942 entstand sogar ein eigenes Archiv der Waffen-SS – vorprogrammiert. 31
Bereits Anfang April 1938 besuchte der Chef der Heeresarchive General
Rabenau das Wiener Kriegsarchiv, das mit 1. Juli 1938 im Einvernehmen
mit dem Reichskommissar für die Wiedervereinigung Österreichs mit dem
Deutschen Reich wunschgemäß als „Heeresarchiv Wien“ in die deutsche
Organisationsstruktur eingepasst wurde. Die Bediensteten wurden zu
uniformierten Wehrmachtsbeamten. Selbst der „beurlaubte Direktor“ GlaiseU m b r e i t , Hans: Von der preußisch-deutschen Militärgeschichtsschreibung zur
heutigen Militärgeschichte. Teilstreitkraft Heer. In: G e r s d o r f f : Geschichte, S. 17-54;
H i l l e r v o n G ä r t r i n g e n , Friedrich Freiherr: Militärgeschichte in Deutschland von
1918 bis 1945. In: Militärgeschichte, S. 108-133.
31
S t a h l , Friedrich-Christian: Die Organisation des Heeresarchiv wesens in Deutschland
1936 –1945. In: Heinz Boberach – Hans Booms (Hg.): Aus der Arbeit des Bundesarchivs.
Beiträge zum Archiv wesen, zur Quellenkunde und Zeitgeschichte (Schriften des
Bundesarchivs 25), Boppard-R hein 1978, S. 69-101 und D e v a n t i e r , Sven Uwe: Das
Heeresarchiv Potsdam. Die Bestandsaufnahme in der Abteilung Militärarchiv des
Bundesarchivs. In: Der Archivar 61 (2008), S. 361-369.
30
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Michael Hochedlinger
Horstenau beeilte sich, die monarchisierte Bundesheeruniform gegen den
deutschen Generalsrock umzutauschen … und im neuen Gewand auch das
Kriegsarchiv aufzusuchen. Sein Amtsvorgänger, Feldmarschall-Leutnant Hoen,
konnte sich dabei den Ausruf nicht verkneifen: „Nun ist Königgrätz endgültig
verloren!“32
2.2. Personalia
Personelle Säuberungen hielten sich im Kriegsarchiv 1938 in sehr engen
Grenzen. Der nominelle Direktor Glaise-Horstenau war seit vielen Jahren ein
„Parade-Ostmärker“ im Blickpunkt der Öffentlichkeit; im Kabinett SeyssInquart fungierte er im März 1938 für wenige Tage sogar als Vizekanzler. Das
Kriegsarchiv galt insgesamt, wie man sich nach dem „Anschluß“ gerne rühmte,
als „braunes Haus“ und „Nazinest“; deshalb hatte man angeblich auch seitens der
Polizei einiges zu erdulden gehabt und fühlte sich bei Belohnungsanträgen vom
Ständestaat systematisch zurückgesetzt. „Dessen ungeachtet“, schrieb Kiszling
1939 stolz nach Potsdam, „wurde bei uns die Idee des Anschlusses nicht nur
illegal, sondern ganz offen hochgehalten.“33
Der Chef der Heeresarchive Rabenau hatte bei seinem Besuch im Zwiegespräch
mit Kiszling rasch durchblicken lassen, dass er selbst durchaus kein National­
sozialist, sondern altpreußischer Monarchist war … für Kiszling nach eigener
Aussage ein Signal, ebenfalls keine Parteimitgliedschaft anzustreben. 34 Die übrigen
Mitarbeiter des Heeresarchivs mussten hingegen einen ganz anderen Eindruck
gewinnen, erklärte ihnen Rabenau doch in seiner Vorstellungsansprache, es sei
erwünscht, dass jeder Bedienstete der Partei beitrete.
Entfernt wurde sofort nach dem „Anschluß“ der 1920 mit dem Militär­
gerichtsarchiv übernommene einzige jüdische Mitarbeiter des Kriegsarchivs,
Amtsrat Paul Panzierer (1882–1961), der nach Venezuela auswanderte und hier
einen Exilösterreicher-Verband auf baute. 35
B r o u c e k : Glaise, Bd. 2, S. 306.
Kiszling an Heeresarchivdirektor Georg Strutz (1893 –1963), die rechte Hand Rabenaus
(26. August 1939): K A, MS/K A 14, Beilage 6.
34
Kiszling stellte in Wahrheit am 11. Mai 1938 einen Antrag auf Aufnahme in die Partei. Das
Gaupersonalamt beurteilte ihn sehr kritisch und als nicht für die nationalsozialistische
Idee zu gewinnen. Kiszling sei eine ehrsüchtige Strebernatur und überhaupt „der Typus
jenes altösterreichischen Beamtentums […], dass [!] sich jedem herrschenden Regime
anzupassen versteht“ und außerdem „ein gewisses Gefühl für Konjunktur“ besitze: AdR,
BMI Gauakt Nr. 495.
35
In Entsprechung des Erlasses vom 8. April 1938 betreffend die Dienstentlassung von
Juden: K A, Direktionsakten Zl. 1 9 02/1938. Von Venezuela aus engagierte sich Panzierer
nach dem Krieg mit Spendenaktionen für den Wiederauf bau Österreichs. Im Oktober
1946 ersuchte er vergeblich um Wiederanstellung im Kriegsarchiv. 1947 wollte er vom
32
33
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05.08.2010 10:33:25
Heeresarchiv
Glaise-Horstenau (links außen in Zivil) auf dem Obersalzberg 1938
In den (unfreiwilligen) Ruhestand versetzte man nach längerer Untersuchung
Ende 1939 die „militärischen Fachberater“ Amtsrat Ludwig Schnagl, immerhin
NS-Sympathisant, und Dr. phil. Albin Hausknecht (1888–1961). Sie hatten 1935
Informationen über deutsche Sabotageakte in Nordamerika während des Ersten
Weltkriegs weitergegeben, die in weiterer Folge zu Reparationsforderungen der
USA führten, und waren schon damals auf Intervention der deutschen Vertretung
in Wien gemaßregelt worden. 36
Entlassen wurde mit 1. März 1939 Staatsarchivar (Heeresarchivrat) Dr. Joseph
Sokoll (1898–1966), und zwar auf Grundlage der Verordnung zur Neuordnung
des österreichischen Berufsbeamtentums (seine Frau war „Mischling ersten
Bundespräsidenten zumindest mit dem Titel „Regierungsrat“ belohnt werden: K A,
Direktionsakten Zl. 1 187/1946, 6, 362 und 432/1947. Panzierer starb 1961 in Salzburg.
36
K i s z l i n g : Beitrag (wie Anm. 16): MS/K A 8; Direktionsakten Zl. 5 5 81/1938. Die
kriegsarchiveigenen Personalunterlagen der beiden wurden 1939 zu Untersuchungszwecken
an die Reichsstatthalterei ausgefolgt und sind nicht zurückgekehrt. Hausknecht
erreichte nach 1945 seine Rehabilitierung: AdR, Bundeskanzleramt (in Hinkunft: BK A)
Personalakten (in Hinkunft: PA) II. Republik Personalakt Hausknecht A lbin.
237
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05.08.2010 10:33:27
Michael Hochedlinger
Grades“, Vater, Onkel und Tante wurden später verschleppt). 37 Sokoll ließ sich im
Einvernehmen mit seiner Gattin scheiden, lebte aber weiterhin mit ihr zusammen
(1946 heiratete er sie zum zweiten Mal) und wurde dafür im Dezember 1939
wieder eingestellt.
Glimpflich kam der in legitimistischen Kreisen gut vernetzte Meduna davon: Er
wurde nur aufgefordert, seine engen Kontakte zur Familie Habsburg-Lothringen
abzubrechen, und bemühte sich nun umso engagierter um die Aufnahme in die
NSDAP. Dass er die „richtige“ Einstellung hatte, bewies er schon 1934, als er sich
während des „marxistischen Putsches“ sogar zum Dienst mit der Waffe meldete. 38
Die Hochstimmung unter den Anschlussbefürwortern wurde bald dadurch
gedämpft, dass das komplexe österreichische Personal- und Entlohnungsschema
bei der Übernahme der Bediensteten als Wehrmachtsbeamte nicht abgebildet
werden konnte. Die meisten fielen in der Hierarchie deutlich zurück,
die A-Beamten um einen Rang, die B-Beamten sogar um zwei Stufen.
Die Regierungs- und Amtsräte unter den „militärischen Fachberatern“
(Oberstleutnants) sahen sich so zu „Verwaltungsamtmännern“, bestenfalls zu
„Regierungsoberinspektoren“ im Hauptmannsrang degradiert. Es bedurfte
engagierter Korrespondenzen mit der Zentrale in Potsdam, um die Wogen zu
glätten. In der Zwischenzeit sollte das Zugeständnis beruhigend wirken, dass die
Betroffenen auf ihrer Wehrmachtsuniform (mit Kriegsausbruch im September
1939 bestand Uniformpflicht!) die Rangabzeichen ihrer höheren österreichischen
Einstufung tragen durften. Auch der Archivleiter Kiszling war betroffen: Als
österreichischer Generalstaatsarchivar rangierte er nach dem Anschluss zunächst
nur als Heeresoberarchivrat (Oberstleutnant), im April 1939 wurde er dann (mit
Wirkung vom 1. Oktober 1938) immerhin als Oberst höherer Gebühr mit dem
Titel „Heeresarchivdirektor“ und dem Recht, die Rang- und Dienstgradabzeichen
eines Generalmajors zu führen, eingestuft.
Für die Nicht-Generalstabsoffiziere, die nach 1920 den Sprung in den höheren
Dienst nicht geschafft hatten, ergab sich mit 1. Oktober 1939 sogar eine
unverhoffte Wendung zum Besseren: Sie wurden endlich ihren akademischen
bzw. akademisch eingestuften Kollegen gleichgestellt und zu „Heeresarchivräten“
ernannt. Trotzdem sollten nach 1945 viele Mitarbeiter des Heeresarchivs, auch
Parteimitglieder, ihre (einstweilige) hierarchische Rückstufung benützen, um
auch sich selbst ein wenig als Opfer des NS-Regimes in ein besseres Licht rücken
zu können.
Kiszling setzte sich unter Hinweis auf Sokolls Verdienste vergeblich für seine Belassung
ein: K A, Direktionsakten Zl. 2 8 25/1938.
38
K A, MS/K A 166: Personalfragebogen Meduna (15. November 1938).
37
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Heeresarchiv
Josef Mündl
(1887–1950)
Viktor Meduna
(1881–1942)
Dr. Eduard Czegka
(1887–1953)
Dr. Josef Sokoll
(1898–1966)
Dr. Walter Nemetz
(1910–1958)
Heinrich Bayer
(1889–1980)
239
Moesta 54.indb 239
05.08.2010 10:34:39
Michael Hochedlinger
Karl Martinez
(1879–1961)
Gustav Reichert
(1880–1961)
Friedrich Hof
(1881–1973)
Franz Fink
(1887–1969)
Ernst Wisshaupt
(1890–1971)
Hermann Rüling
(1899–1944)
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Moesta 54.indb 240
05.08.2010 10:35:26
Heeresarchiv
An der seit 1936 de jure recht unklaren Situation in der Führungsetage des
Kriegsarchivs änderte sich nach dem Anschluss im März 1938 nicht viel. Glaise
wurde zwar Mitglied des Reichstages und SA-Brigadeführer und war schließlich
sogar als Präsident einer erst zu schaffenden reichsweiten Verwaltung der
zivilen Reichsarchive im Gespräch. Dem ungeduldigen Kiszling bedeutete man
trotzdem, dass auch die deutsche Heeresarchivverwaltung Glaise-Horstenau ein
Rückkehrrecht zugesichert hatte. Die reale Gefahr war freilich spätestens dann
gebannt, als Glaise im April 1941 zum „Deutschen General in Agram“ ernannt
wurde und so dem Kriegsarchiv auch physisch ferne stand.
Der Gesamtpersonalstand wuchs indes an und erreichte 1942–43 mit 87
Personen (darunter konstant acht Mitarbeiter des höheren Dienstes) den Maximal­
stand. 39 Wiederholte Kommandierungen in militärarchivischen Belangen oder
die Einberufung tauglicher Männer zur Kriegsdienstleistung rissen aber seit
Kriegsbeginn böse Lücken in die Reihen der Mitarbeiter. Viktor Meduna starb
1942 nach längerem Herzleiden in einem schlesischen Kur­lazarett, Rüling, seit
1939 dauernd im Felde, 1944 an Tuberkulose.
Durch Reaktivierung pensionierter Kollegen konnte man einige Lücken
notdürftig schließen. So kehrten etwa 1939–1944 Hofrat Oberst Maximilian
Ehnl (1875–1954), der 1925 aus Enttäuschung über Glaises Bestellung zum
Direktor in den Ruhestand getreten war, 1940–1944 Hofrat Oberst Blasius
Schuster (1878–1949) und 1940–1946 auch Hofrat Jakob Gallent (1877–1950)
als wissenschaftliche Angestellte an ihre alte Dienststelle zurück. 40
Feldmarschall-Leutnant i. R. (Generalleutnant z. V.) Rudolf Schneider
(1879–1967) erarbeitete im Auftrag des Oberkommandos des Heeres zunächst
„Richtlinien für die Gebirgsbefestigung“, dann ein sehr umfangreiches Manus­
kript über das Fortifikationswesen Österreich-Ungarns 41 und sollte sich schließlich
als Vertragsangestellter (1942–1945) ordnend und verzeichnend der technisch
und fortifikatorisch relevanten Bestände des Heeresarchivs annehmen, die man
zu einer eigenen Sachgebietsgruppe „Technische Akten“ unter seiner Leitung
zusammenzog (Geniehauptamt/Generalgeniedirektion, Artilleriehauptzeugamt/
Generalartilleriedirektion, Technisches Militärkomitee usw.). Generalmajor
Inventar 1, S. 34 f.
Der Mayerling-Forscher Oberstleutant Dr. Hermann Zerzaw y (1880 –1976), 1919–1932
(1937) im Wiener Kriegsarchiv, hatte weniger Glück, als er sich um Aufnahme in die
Prager Heeresarchivzweigstelle bemühte. Kiszling bezeichnete ihn auf Befragen der
Prager Kollegen als Wichtigtuer, Mitglied der Paneuropa-Bewegung und mutmaßlichen
Freimaurer: K A, MS/K A 14.
41
Das Manuskript blieb ungedruckt, heute K A, Manuskripte zur Geschichte der
Reichsbefestigung Nr. 1 ff. Insgesamt vgl. B r o u c e k , Peter: Bemerkungen zu den
Manuskripte-Sammlungen des Kriegsarchivs. In: MÖSt A 49 (2001), S. 117-130, hier
S. 127.
39
40
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(des Bundesheeres) Adolf Staab (1882–1970) betreute 1941–1945 den Bestand
Territorialkommanden.
Die technische Ausstattung des Archivs verbesserte sich: Erstmals erhielt
das Kriegsarchiv eine eigene Lichtbildstelle. Bis dahin hatte man Privatfirmen
beauftragen oder aber die besser ausgerüstete Ungarische Archivdelegation um
Hilfe bitten müssen.
2.3. Die „verlorenen Söhne“: Kriegsmarinearchiv, Heeresbücherei,
Luft(fahrt)archiv
Die Überführung in reichsdeutsche Organisationsstrukturen implizierte
eine Zerschlagung des Archivs in seiner bisherigen Form: Marine und
Luftwaffe forderten ihre Anteil. Auch Glaise zeigte sich über die „preußische
Unifizierungswut“ entsetzt. 42
Auf Weisung des Marineoberkommandierenden Admiral Raeder (20. Mai
1938) wurde zunächst das Marinearchiv ausgegliedert und dem Marine­ober­
kommando (Kriegswissenschaftliche Abteilung der Marine) unterstellt. 43
An der Spitze des „neuen“ Kriegsmarinearchivs Wien blieb der bisherige
Leiter des Marinearchivs Titular-Korvettenkapitän Maximilian Raubal, „ein
übermäßig genauer und dienstfordernder Kanzlei-Fuchs“ (H. Bayer-Bayersburg).
Er hatte im Ersten Weltkrieg als k. u. k. Linienschiffsleutnant gedient. Wegen
spinaler Kinderlähmung galt er als zu 75 Prozent erwerbsunfähig, führte aber
dennoch ab 1920 als Amtsrat-Regierungsrat („militärischer Fachberater“) das
dem Kriegsarchiv einverleibte Marinearchiv. 1939 als Seeoffizier reaktiviert, stieg
er in der deutschen Kriegsmarine noch bis zum Kapitän zur See (1944) auf. 44
Sein bloß mit Personal- und Verwaltungsangelegenheiten befasster Stellvertreter
war Korvettenkapitän Dipl. Ing. Rudolf Pfeffer (1897–1945), der es im Krieg
zum Fregattenleutnant gebracht und danach als Ingenieur bei AEG gearbeitet
hatte. 1938, noch kurz vor dem „Anschluß“, entkam er der Arbeitslosigkeit durch
Aufnahme in das Kriegsarchiv. Die Marinebibliothek führte ab Jänner 1944 der
B r o u c e k : Glaise, 2, S. 307.
K A, Direktionsakten Zl. 2 814/1938. Nur ganz wenige organisationsgeschichtliche
Bemerkungen leider bei W a g n e r , Walter: Das Archiv der k. u. k. Kriegsmarine im
Kriegsarchiv Wien. In: Österreich zur See (Schriften des Heeresgeschichtlichen Museums
in Wien 8), Wien 1980, S. 91-107. Die reichsdeutsche Organisationsstruktur erläutert
S a n d h o f e r , Gert: Von der preußisch-deutschen Militärgeschichtsschreibung zur
heutigen Militärgeschichte. Teilstreitkraft Marine. In: G e r s d o r f f : Geschichte, S. 5566. Die Überlieferung der Kriegswissenschaftlichen Abteilung und des Marinearchivs
erliegt heute im deutschen Bundesarchiv R M 8.
44
K A, MS/K A 168.
42
43
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Heeresarchiv
als kriegsversehrt aus dem aktiven Marinedienst ausgeschiedene Korvettenkapitän
Franz Nejebsy (1884–1953).
„Referent für historische Angelegenheiten“ im Marinearchiv war der später als
Marinehistoriker hervorgetretene ehemalige k. u. k. Korvettenkapitän Heinrich
Bayer von Bayersburg (1889–1980), der 1921–1938 im Bundesministerium für
Inneres bzw. im Bundeskanzleramt, ab 1938 im Amt des Reichsstatthalters
gearbeitet hatte, ehe ihn die deutsche Kriegsmarine reaktivierte und er im
Dezember 1940 als Offizier z. V. ins Marinearchiv kam. 45 Insgesamt verfügte
Raubal gegen Kriegsende über zwölf Mitarbeiter.
Maximilian Raubal
(1886–1954)
Jaromir Diakow
(1882–1970)
Dr. Ferdinand Stöller
(1891–1968)
Die Bibliothek des Kriegsarchivs ordnete man 1938 als Zweigstelle der Berliner
Heeresbücherei nach, 1941 wurde sie als Heeresbücherei Wien verselbständigt
(1945: 350 0 00 Bände). Zu ihrem Aufgabenbereich gehörten auch die Bibliothek
der Theresianischen Militärakademie und die zu Kriegsende großteils vernichtete
Wehrkreisbücherei XVII. Leiter blieb Ferdinand Stöller mit (1945) neun Mit­
arbeitern.
Für eine besonders schillernde Figur der 1930er und 1940er Jahre, Jaromir
Diakow (1882–1970), richtete die Luftwaffe noch im Sommer 1938 in Wien eine
Zweigstelle ihrer „Kriegswissenschaftlichen Abteilung“ (1943: Generalstab der
Luftwaffe, 8. Abteilung, Teilkommando Wien) mit einem eigenen Luft(fahrt)
45
K A, MS/K A 161; K A, Personalkartothek des Kriegsarchivs (AB 32); AdR, BK A PA
II. Republik PA Bayer Heinrich. B r o u c e k – P e b a l l : Geschichte, S. 292 f. Bayers
Lebenserinnerungen liefern z. T. interessante Beiträge zur Geschichte des Marinearchivs:
K A, Nachlass Bayer-Bayersburg B/388 Nr. 20-21 (Kopien). Im Marinearchiv arbeitete
außerdem Linienschiffskapitän d. R. Erno K lein († 1948). Etwas Material zur Geschichte
des Marinearchivs 1938 –1945 f indet sich in K A, MS/K A 159.
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Michael Hochedlinger
archiv ein, die dem Chef des Generalstabs der Luftwaffe in Berlin unterstand.
Für das neue „Archiv“ entnahm man den entsprechenden Beständen des
Kriegsarchivs (insbesondere Kriegsministerium und Ministerium für Heerwesen
bzw. Landesverteidigung) kurzerhand die auf die militärische Luftfahrt des Ersten
Weltkriegs und des Österreichischen Bundesheeres bezüglichen Registraturteile,
mit allen Problemen und Inkonsequenzen, die mit solch willkürlich geschaffenen
Auslesearchiven verbunden sind. Hinzu kamen später Schriftgut der deutschen
Luftwaffe, nämlich der Luftflotte 4, und Beutematerial aus Jugoslawien und der
Tschechoslowakei. 46
Diakow hatte die Theresianische Militärakademie und die Kriegsschule
absolviert. Nach Kriegsdienstleistung im Generalstabsdienst schied er 1920
als Major aus, um in der Privatwirtschaft zu arbeiten. 1927–1930 war Diakow
Stabsleiter beim Österreichischen Heimatschutz, 1933–1935 Leiter des
freiwilligen und des staatlichen Arbeitsdienstes. 1930–1936 gehörte er – mit
Unterbrechungen – als Mitarbeiter am Generalstabswerk dem Personalstand
des Kriegsarchivs an. 1936 holte ihn sein Freund General Alexander Löhr, der
Kommandant der österreichischen Luftstreitkräfte, in seinen Kommandobereich.
1939 wurde Diakow, der sich nach 1938 als illegaler Nationalsozialist und
Mitwisser des Juli-Putsches 1934 darzustellen suchte, in den Dienststand der
deutschen Luftwaffe übernommen und brachte es hier noch bis zum Oberst. 47
Das wissenschaftliche Personal Diakows – der Dienststand insgesamt betrug
maximal 19 Köpfe – bestand aus Angehörigen der Luftwaffe, aber auch
Ruhestandsoffizieren, die in der k. u. k. Luftfahrtruppe gedient hatten und jetzt
als freiwillige wissenschaftliche Mitarbeiter zur Geschichte ihrer Waffengattung
sammeln und „forschen“ wollten; einige Manuskriptbände zur österreichischungarischen Luftkriegsgeschichte 1914–1918 konnten fertig gestellt werden,
gedruckt wurde fast nichts. 48 Denn die Luftwaffe erwartete sich in erster Linie
Inventar 2, S. 69-75. K A, Direktionsakten Zl. 2 554/1938, Zl. 3 3 81/1938, Zl. 3 7 89/1938,
Zl. 1 9 61/1945 (Erich Kahlen, Beitrag zum Werdegang in der Entwicklungsgeschichte des
österreichischen Luftfahrtarchivs in Wien). Splitterüberlieferung in K A, MS/K A 60. Teile
der Registratur des Luftfahrtarchivs K A, MS/K A 366-378. Personalia von Angehörigen
der Zweigstelle Wien in MS/K A 37 und 255. Zu den reichsdeutschen Strukturen
insgesamt K ö h l e r , Karl: Von der preußisch-deutschen Militärgeschichtsschreibung
zur heutigen Militärgeschichte. Teilstreitkraft Luftwaffe. In: G e r s d o r f f : Geschichte,
S. 67-73. Im Bundesarchiv, Militärarchiv, Freiburg, erliegt der Bestand R L 2-IV
Kriegswissenschaftliche Abteilung des Generalstabes der Luftwaffe.
47
Zur Person Diakows vgl. K A, MS/K A 26; MS/K A 162; Personalkartothek des
Kriegsarchivs (AB 32); Nachlass B/727 und auf dieser Grundlage B l a s i , Walter: Vom
Fin de siècle bis zur Ära Kreisky. Erlebte österreichische Geschichte am Beispiel des
Jaromir Diakow (Beiträge zur neueren Geschichte Österreichs 5), Wien 1996.
48
K A, MS/K A Manuskripte zur Geschichte der militärischen Luftfahrt. Vgl. die Liste der
Arbeiten des Luftfahrtarchivs im Inventar 2, S. 72.
46
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Heeresarchiv
applikatorische, im Wesentlichen militärgeographische Forschung, etwa zu
den Kriegsschauplätzen des Ersten Weltkriegs, die mit Ausbruch des Zweiten
Weltkriegs wieder aktuell wurden.
Im Luftarchiv fand auch ein Mann Zuflucht, der in der Geschichte des
Kriegsarchivs nach 1945 noch eine große Rolle spielen und – nach erheblichen
Anfangsschwierigkeiten – sogar zum Direktor aufsteigen sollte: Dr. rer. pol.
Oskar Regele (1890–1969). Als Sohn eines k. u. k. Offiziers besuchte er die
Theresianische Militärakademie, kämpfte im Ersten Weltkrieg als Hauptmann
und machte nach dem Zusammenbruch im Österreichischen Bundesheer eine
steile Karriere bis zum Pressereferenten und Ministeradjutanten, 1933 zum
Militärattaché für Ungarn und Rumänien und Oberst. 1938 war Regeles
Ernennung zum Kommandanten der Theresianischen Militärakademie
vorgesehen. Der Anschluss verhinderte dies, Regele wurde als überzeugter
Anhänger des Ständestaates zwangspensioniert und lebte bald in bedrängten
materiellen Verhältnissen. Sein Versuch einer Reaktivierung als Offizier scheiterte
1940 am Einspruch der NS-Parteistellen. Im November 1941 verschaffte ihm
Diakow ein Unterkommen als freiwilliger Mitarbeiter seiner Abteilung, wo er zur
Geschichte der k. u. k. Fliegertruppe im Ersten Weltkrieg arbeitete. 49
Räumlich und praktisch hatten die Ausgliederungen keine tiefgreifenden
Folgen; sie konnten daher 1945 ohne Mühe rückgängig gemacht werden. Das
Marinearchiv mit seinem erst 1930 vollständig in die Stiftkaserne eingesiedelten
Bestand und die Heeresbücherei Wien blieben auch nach 1938 in ihrem
angestammten Gebäude. Nur das winzige Luftarchiv bezog 1940/1941 eigene
Räumlichkeiten in der ehemaligen Leibgardeinfanterie-Kaserne in der KarlSchweighofergasse 3 unweit der Stiftkaserne.50
K A, MS/K A 168; K A, Personalkartothek des Kriegsarchivs (AB 32); K A, Nachlass B/656;
K A, Direktionsakten Zl. 1 6 40/1945; AdR, BK A PA II. Republik Personalakt Regele
Oskar; BMI Gauakt Nr. 169 0 81. Generaldirektion des Österreichischen Staatsarchivs
Personalakt Regele Oskar. Nachruf von Johann Christoph A l l m a y e r - B e c k . In:
MÖSt A 22 (1969), S. 532-540; B r o u c e k – P e b a l l : Geschichte, S. 566-574. Andere
hielten die Zwangspensionierung 1938 für eine nicht unverdiente „Retourkutsche“
des NS-Regimes, da Regele, wie es hieß, 1936 seinen Militärattaché-Kollegen Lothar
Rendulic (1887–1971), später deutscher Generaloberst, wegen seiner NS-Sympathien
denunziert und damit dessen vorzeitige Ruhestandsversetzung provoziert hatte. Die NSOrtsgruppenleitung beurteilte Regele 1940 natürlich sehr kritisch. Er sei „groß, schlank “,
habe „ein hochnasiges elegantes Benehmen. […] Sein Auftreten im Beruf ist nach unten
scharf und herrisch, gegen Gleichgestellte arrogant, gegen Höhergestellte sehr ergeben“
(Gauakt Regele).
50
K A, Direktionsakten Zl. 7 6 94/1940.
49
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2.4. Von der Forschungsanstalt zur Aktensammelstelle
Kiszling versuchte sich nach 1945 gerne als unbeugsamer Hüter (alt-)
österreichischer Traditionen gegen die „Prussifizierungsabsichten“ der Heeres­
archivverwaltung darzustellen – nicht ganz zu Unrecht. Seine Form des
„Widerstands“ galt etwa dem preußisch-deutschen Aktenplan, der sich mit der
österreichischen Kanzleitradition der Einzelfallakten nicht vertrug, oder der
Einführung der für ihn lächerlichen deutschen Archivterminologie (Aktenbund
statt Faszikel, Aktenbuch statt Protokoll, „hinterlegter Bestand“ statt Nachlass
usw.).
Am meisten erbitterte den Schriftleiter von „Österreich-Ungarns letzter
Krieg“ aber die bald aus Potsdam einlangende Direktive, das Heeresarchiv habe
möglichst nur die amtliche Fremdforschung (durch die kriegsgeschichtliche
Forschungsanstalt) zu unterstützen und im übrigen „nicht totes Aktenmaterial
zu sammeln, sondern Quellen lebendiger soldatischer Geistesbildung zu erhalten
und zu erschließen“.51
Kaum war „Österreich-Ungarns letzter Krieg“ 1938 mit dem letzten
Band abgeschlossen, da machte auch schon der „Anschluß“ das ganze
traditionspflegerische Unternehmen zum Produkt einer anderen, überlebten
Zeit. Die Mitarbeiter kamen dadurch weitgehend um die erhoffte breitere
Anerkennung, sieht man von einem Belobigungsschreiben des Oberbefehlshabers
des Heeres ab. Bei Kiszling, der sich kaum als „Archivar“ gefühlt haben kann,
verstärkte gerade die Knebelung der wissenschaftlichen Betätigung eine latente
Aversion gegen das „Altreich“ und seine als arrogant und herrisch empfundenen
Exponenten in der Ostmark. Auch dem Luft(fahrt)archiv Diakows untersagte
Berlin Ende 1942 jede weitere Forschung über die k. u. k. Fliegertruppe. Als
das Südosteuropa-Institut Leipzig für die Vierteljahrsschrift für Südosteuropa
1941/1942 um eine dreiseitige Vorstellung des Heeresarchivs Wien bat, verbot
der Chef der Heeresarchive für die Dauer des Kriegs die Einsendung des
gewünschten Textes.52
Dafür wurde das Heeresarchiv rasch in die rassenideologisch
motivierte „Sippenforschung“ hineingezogen, die das NS-Regime seinen
Rechtsunterworfenen aufzwang. Zum einen hatten die Bediensteten für sich
und den Ehepartner bis Juli 1938 ihre arische Abstimmung durch Vorlage der
entsprechenden Urkunden zu dokumentieren. Friedrich Hof war der zentrale
Prüfer der Abstammungsnachweise seiner Kollegen.
51
52
Schreiben Rabenaus an Kiszling (28. Juni 1938): K A, Direktionsakten Zl. 1 168/1938.
K A, Direktionsakten Zl. 10 8 56/1941.
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Heeresarchiv
Zum anderen provozierten die im Heeresarchiv verwahrten Personalakten
militärischer Provenienz insbesondere aus der Zeit nach Einführung
der Allgemeinen Wehrpflicht 1867 einen Massenansturm der amtlichen
„Ahnenforschung“ und der dadurch angestoßenen Populargenealogie, der nur
durch Einrichtung eines eigenen „Referats für Sippenforschung“ samt Kanzlei
abgefedert werden konnte. 5 500 Erhebungsansuchen wurden hier unter Leitung
von Karl Martinec (1879–1961) zwischen 1938 und 1940 erledigt.53
Auch die private Forschung hatte es nach 1938 nicht leicht – das begann schon
bei der schwerfälligen Erteilung der Benützungsbewilligung, die (nominell)
dem Chef der Heeresarchive in Potsdam vorbehalten war, und endete bei der
zensurartigen Vorlagepflicht des Manuskripts; sie fand sichtlich auch nur
in relativ beschränktem und kontinuierlich abnehmendem Maße statt. Es
galten die Bestimmungen betreffend „Ausleihen und Benützen von Akten der
Heeresarchive“ von 1937 und die Benützungsgrenze 1890.54
Auch schriftstellerische Privatarbeiten von Heeresarchivbediensteten waren
zu melden. Im dienstlichen Rahmen gewonnene Erkenntnis durften für nichtdienstliche Publikationen nicht verwendet werden.55 Mit der von Postdam
angeordneten Inventarisierung bzw. Repertorisierung der Bestände im deutschen
Stil hatte man in Wien ebenfalls wenig Freude.
Lediglich im Rahmen der „Deutschen Gesellschaft für Wehrpolitik und
Wehrwissenschaften“ ließ sich eine bescheidene öffentlichkeitswirksame
Aktivität entfalten. Bald nach dem Anschluss war der Präsident der Gesellschaft,
General Friedrich von Cochenhausen (1879–1946), in Wien erschienen und
hatte die Gründung einer Zweigstelle unter Kiszlings Leitung angeregt. Der
Heeresarchivdirektor überließ einem österreichischen Offizierskameraden,
Generalmajor (des Bundesheeres) August von Pitreich (1881–1960), die
Führung der Wiener Filiale, stellte der Gesellschaft aber Räumlichkeiten im
Archiv zur Verfügung und übernahm die Leitung der „Arbeitsgemeinschaft
Kriegsgeschichte“. Ehrenvorsitzender der Ende 1938 mit reichlich Marsch­
musik, Sieg-Heil-Rufen und Bier eröffneten Zweigstelle Wien wurde niemand
Geringerer als Feldmarschall-Leutnant Bardolff.56
K A, Direktionsakten Zl. 2 3 75/1938; Inventar 1, S. 38. Die „Erledigungen des Referats
für Sippenforschung“ finden sich heute in K A, MS/K A 695-701, die Kanzleimittel ebenda
unter MS/K A 653-657 bzw. unter den Archivbehelfen des Kriegsarchivs AB 31/15a und
31/15b.
54
Inventar 1, S. 49. K A, Direktionsakten Zl. 2 9 61/1938. Meldungen über Archivbenützung
K A, MS/K A 14, MS/K A 56.
55
Wahrscheinlich eine Nachwirkung der Affäre Schnagl-Hausknecht: K A, Direktionsakten
Zl. 2 3 67/1939.
56
E r ö f f nu n g d e r „ Zw e i g s t e l l e W i e n“ d e r D e u t s c h e n G e s e l l s c h a f t
f ü r W e h r p o l i t i k u n d W e h r w i s s e n s c h a f t e n . In: Militärwissenschaftliche
53
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Michael Hochedlinger
Der von Kiszling initiierte Vortragszyklus „Österreichische Heerführer und ihre
Beziehungen zum Deutschtum“ ließ auch Mitarbeiter des Kriegsarchivs zu Wort
kommen. Ehnl sprach zu Erzherzog Karl, Czegka über Fürst Schwarzenberg,
Kiszling selbst behandelte Conrad von Hötzendorf. Die Vorträge erschienen 1941
im Verlag der „Militärwissenschaftlichen Mitteilungen“, dem Organ der Wiener
Zweigstelle der „Gesellschaft für Wehrpolitik und Wehrwissenschaften“.57 Hier
konnte Kiszling während des Kriegs auch kleinere Aufsätze platzieren.
Die Beiträge zu einer Vortragsreihe über die Nationalitäten der österreichischungarischen Monarchie („Das Völkerbild der ehemaligen österreichischungarischen Monarchie“, Dezember 1944) wurden nur mehr hektographiert
vervielfältigt.58 Ein Buchprojekt über „kroatisches Soldatentum“ – ein Beitrag
zur Untermauerung der Waffenbrüderschaft mit dem faschistischen UstaschaRegime – scheiterte, obwohl alle Manuskripte eingingen.59
Wenig Glück hatte Kiszling auch mit geplanten Beiträgen für das Organ
der kriegswissenschaftlichen Abteilung des Generalstabs, die „Militärwissen­
schaftliche Rundschau“. Ein Aufsatz über Durchbruchsschlachten an der
italienischen Front während des Ersten Weltkriegs durfte aus Rücksicht auf den
italienischen Verbündeten nicht gedruckt werden, 60 eine alternativ angebotene
Studie über die russische Front endete ebenfalls in Berliner Schubladen, angeblich
wegen ihres zu großen Aktualitätswertes.
Ferdinand Stöller, der als Leiter der Heeresbücherei Wien nicht mehr dem
Personalstand des Archivs angehörte und auch Universitätslehrer war, hatte mehr
Glück und publizierte immerhin zwei größere biographische Arbeiten. 61
An kriegsgeschichtlichen Publikationen alten Stils kam aus österreichischer
Feder nur eine Studie über den Kärntner „Abwehrkampf “ heraus. Autor war aller­
dings kein Mitarbeiter des Kriegsarchivs, sondern der ehemalige Heeresinspektor
des Österreichischen Bundesheeres, General der Infanterie Siegmund Knaus
57
58
59
60
61
Mitteilungen 70 (1939), S. 3 f. Material zur Zweigstelle Wien auch im Nachlass Kiszling:
K A, B/800 Nr. 24.
K i s z l i n g , Rudolf (Hg.): Österreichische Feldherren und ihre Beziehungen zum
Deutschtum, Wien 1941. Dabei vergaß Kiszling (S. 132) nicht „der unübertreff lichen
Staatskunst unseres Führers und Reichskanzlers Adolf Hitler“ seinen Tribut zu zollen.
Peter von Handel-Mazzetti, Glaise-Horstenau, Reinhold Lorenz, Oskar Wolf-SchneiderArno und Hugo Kerchnawe steuerten „österreichische Beiträge“ zu dem Sammelband
D e u t s c h e S o l d a t e n . Bildnisse und Lebensbeschreibungen, Berlin 1943 bei, für den
Srbik ein pathetisches Vorwort schrieb.
Die Materialien sind im K A, Nachlass Kiszling B/C/800 gesammelt (Nr. 218-220).
Kiszling wärmte sein Interesse für Kroatien nach dem Krieg wieder auf und publizierte:
Die Kroaten. Der Schicksalsweg eines Südslawenvolkes, Graz-Köln 1956.
K A, MS/K A 13 (III): Überleitung (wie Anm. 29); Direktionsakten Zl. 3 4 42/1938.
Feldmarschall Franz Graf Conrad von Hötzendorf, Leipzig 1942; General Carl von
Clausewitz. Der Lehrmeister der Kriegskunst, Leipzig 1944.
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Heeresarchiv
(1879–1971). 62 Das Marinearchiv konnte 1942 einen Fortsetzungsband zur
Geschichte der k. k. Kriegsmarine (1802–1814) publizieren. 63
Mehrere geplante Tagungsteilnahmen Kiszlings – 1927 und 1928 hatte er
Glaise-Horstenau noch zu den deutschen Archivtagen nach Speyer und Kiel
begleiten dürfen – zerschlugen sich durch Verkettung unglücklicher Umstände;
mehr als Vortragsreisen nach Kroatien und Rumänien, die eher Urlaubscharakter
hatten, vermochte Kiszling beim Versuch einer wissenschaftlichen Bilanz nicht
aufzuweisen. 64
Heeresarchivrat Ernst Wisshaupt, der 1937–1938 an der Theresianischen Militär­
akademie Kriegsgeschichte unterrichtet hatte und „ein ziemlich dialektfreies
Deutsch“ sprach, durfte immerhin Vorträge an deutschen Kriegsschulen halten. 65
1942 übernahm der mit der Glorifizierung Hitlers als „militärischer Führer“
betraute „Beauftragte für die militärische Geschichtsschreibung“ Oberst
d. G. (später Generalmajor) Walter Scherff (1898–1945) auch die bisher
vom Generalstab (Oberquartiermeister V) geübte Oberaufsicht über die
Heeresarchive, die Heeresbüchereien und die Forschungsanstalt des Heeres.
Rabenau wurde enthoben und dann in den Ruhestand versetzt. 66 Die Geschäfte
des Chefs der Heeresarchive führte der Vorstand des Heeresarchivs Potsdam
Karl Ruppert (1886–1953) in Personalunion. Mit ihm arbeitete Kiszling
entspannter zusammen als mit dem allzu preußischen Rabenau, obwohl er sich
– von Rang- und Hierarchiefragen geradezu besessen – als dienstälterer Kollege
K n a u s , Siegmund: Freiheitskämpfe in Deutschösterreich. Kärntner Freiheitskampf
(Darstellungen aus den Nachkriegskämpfen deutscher Truppen und Freikorps 7/8),
Berlin 1941/1942. Über Knaus B r o u c e k – P e b a l l : Geschichte, S. 475 f.
63
Autor war der pensionierte k. u. k. Konteradmiral Arthur (von) K huepach (1869–1951).
Die Fortsetzung (1814 –1847) erschien erst 1966 in der Bearbeitung von Heinrich Bayer.
Korrespondenzen zwischen K huepach und Mitarbeitern des Marinearchivs während
der NS-Zeit in seinem Nachlass: K A, Nachlass B/200 Nr. 3-6. Vgl. auch Nachlass
Bayer-Bayersburg B/388 Nr. 17. Fregattenkapitän Theodor Braun (1877–1946), 1919–
1924 Mitarbeiter des Kriegsarchivs, erarbeitete während des Kriegs eine (ungedruckt
gebliebene) Neufassung des ersten Bandes der k. (u.) k. Marinegeschichte (1500 –1797).
64
K i s z l i n g , Rudolf: „Meine Auslandsreisen während des Zweiten Weltkrieges und
damit verbundene A ktenerwerbungen“. In: Die Vermehrung des A ktenbestandes
des österreichischen Kriegsarchivs (K A, MS/K A 13 [V ]). Eine Übersicht über seine
wissenschaftliche Tätigkeit auch in „Aufzeichnungen über meine militärwissenschaftliche
Tätigkeit“: K A, MS/K A 15.
65
K A, Direktionsakten Zl. 4 8 36/1938.
66
General Rabenau studierte nach seiner Ablöse 1943 Theologie und stand dem Widerstand
nahe. 1944 verhaftet, wurde er im April 1945 im K Z Flossenbürg (Zellengenosse
von Dietrich Bonhoeffer) ermordet. Vgl. den etwas hagiographischen Aufsatz von
M ü h l e i s e n , Horst: Friedrich von Rabenau. Soldat, Archivar und Gelehrter. In:
Archivalische Zeitschrift 79 (1996), S. 127-140. Rabenaus engster Mitarbeiter, Georg
Strutz, wurde in die Heeresarchivzweigstelle Danzig abgeschoben.
62
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Michael Hochedlinger
durch Rupperts Berufung eigentlich übergangen und als „Ostmärker“ ohnedies
permanent diskriminiert fühlte.
Scherff signalisierte kurzfristig Interesse an den Erfahrungen der Wiener
Kollegen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Generalstabswerk
„Österreich-Ungarns letzter Krieg“. Kiszling legte mit stolzgeschwellter Brust
eine entsprechende Denkschrift vor, in der er auch nochmals klarstellte, dass
er und nicht Glaise-Horstenau die Federführung gehabt hatte; Hoffnungen auf
eine Trendwende erwiesen sich aber als unberechtigt. 67
3. Bestandserweiterung
Im Laufe des Kriegs vergrößerte das Heeresarchiv seinen Bestand gegenüber
1938 um 25 Prozent. 1944 zählte man insgesamt 200 0 00 Faszikel und 62 0 00
Geschäftsbücher – ohne die ausgegliederten Abteilungen Marine und Luftfahrt. 68
3.1. Erwerbungen innerhalb der „Ostmark“
Die sehr beachtliche Vermehrung des archivalischen Besitzstandes erfolgte
zunächst noch „auf natürlichem Wege“, etwa dadurch, dass 1938 mit einem
Schlag – nur 20 Jahre nach dem Bruch von 1918 – neuerlich das militärische
Schriftgut eines untergegangenen Staates „archivreif “ wurde.
Diesmal waren es die Geschäftsbücher und Akten des Bundesministeriums
für Heerwesen bzw. (ab 1933) Landesverteidigung sowie der Bundesheerdienst­
stellen und -kommanden, die in der ersten Zeit nach dem „Anschluß“ ein eigener
„Archivstab des Ministeriums für Landesverteidigung“ betreut hatte. Nach dessen
Auflösung 1940 kam das Archivgut (immerhin 15 0 49 Faszikel und 5 9 00 Bände
Geschäftsbücher) mit dem Personal des „Archivstabs“ in das Kriegsarchiv. 69
Hier bereiteten die Bundesheerakten nicht nur erhebliche Platzprobleme, in
Scherff an den Chef der Heeresarchive und Heeresarchivdirektor Kiszling (10. März
1944): K A, MS/K A 165. K i s z l i n g , Rudolf: Entstehung des amtlichen österreichischen
Kriegswerkes. Die dabei angewandten Forschungsmethoden und gewonnenen
Erfahrungen: K A, MS/K A 13 (II) und MS/K A 115.
68
Inventar 1, S. 14. Zum Folgenden insbesondere K A, MS/K A 13 (V ): K i s z l i n g , Rudolf:
Die Vermehrung des A ktenbestandes des österr. Kriegsarchivs in der Zeit von 1936 bis
1945. Detaillierte Übersichten auch über kleinere Zuwächse u. a. in K A, MS/K A 407
(gesammelte Vierteljahresberichte für Potsdam 1938 –1945).
69
Inventar 2, S. 41-52. Der Archivbestand „Erstes Österreichisches Bundesheer“ steht
heute in Verwahrung des Archivs der Republik. Das Heeresarchiv Wien war nicht
zur Übernahme von Wehrmachtsunterlagen bestimmt. Vgl. A r t l , Gerhard: Die
Bestandsgruppen Landesverteidigung und Deutsche Wehrmacht im Archiv der Republik.
In: MÖSt A 49 (2001), S. 221-236.
67
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Heeresarchiv
organisatorischer Hinsicht musste eine neue Abteilung gebildet werden, deren
Leitung Dr. Czegka, bis 1934 selbst aktiver Offizier des Bundesheeres, übernahm.
Die kurrenten Bundesheerpersonalangelegenheiten
bearbeitete wie schon beim „Archivstab“ der
pensionierte Generalmajor (des Bundesheeres)
Heinrich Klein (1881–1953) als wissenschaftlicher
Angestellter; er entfaltete auch eine rege
Sammeltätigkeit in Hinblick auf eine – politisch
natürlich wenig genehme – Geschichte des
österreichischen Bundesheeres.
Die schon in den beiden letzten Lebensjahrzehnten
der Monarchie verfolgte Tendenz, das Kriegsarchiv
zu einem militärischen Zentralarchiv und
Dokumentationszentrum
auszubauen,
wurde
nach 1938 offensiv aufgegriffen. Interesse zeigte
Heinrich Klein
Kiszling für alles, was den Dokumentationsgrad zur
(1881–1953)
Geschichte des Ersten Weltkriegs verbesserte, und
für die Schriftgutüberlieferung der nach 1918 nur zu einem geringen Teil nach
Wien gelangten militärischen Territorialkommanden.
1940 plante das Reichsgauarchiv Inns­bruck Teile der dort deponierten Regis­
tra­t ur des XIV. Korps (1869–1924) im Rahmen einer Altpapieraktion zu ent­
sorgen, ehe das Heeresarchiv sein Interesse bekundete und ab August 1940 9 270
Faszikel und 1 506 Geschäftsbücher über­nehmen durfte. Im April 1941 sicherte
sich Kiszling vom Staatsarchiv des Innern und der Justiz die 4 857 Faszikel und
1 204 Kanzlei­bücher umfassende Registratur des k. k . Ministeriums für Landes­
ver­teidigung (1868–1918), wenig später aus dem Finanzarchiv 1 748 Faszikel und
558 Bücher des Militärliquidierungsamtes (1919–1931). Aus dem Reichsgauarchiv
Graz kamen 1943 nicht weniger als fünf Eisenbahnwaggons mit der gewaltigen
Registratur des III. Korpskommandos (6 739 Faszikel und 1 201 Bücher) und
einigen kleineren Draufgaben.70 Im gleichen Jahr trat das Haus-, Hof- und
Staatsarchiv die Militärkanzlei (1898–1914) des Erzherzog-Thronfolgers Franz
Ferdinand an das Heeresarchiv ab.71 Gerade die quantitativ sehr bedeutenden
K A, Direktionsakten Zl. 4 3 82/1942. AB 418/2. Inventar 1, S. 162, 168. K A,
Direktionsakten Zl. 2 0 07/1943 (= MS/K A 188). Die Testamentsreihe des Grazer
Judicium delegatum militare mixtum war zur Zeit der Abtretung aus Graz bereits nach
Schloss Herberstein ausgelagert. Zur Übernahme der Registratur des Ministeriums für
Landesverteidigung vgl. auch AdR, Reichsarchiv Wien Karton 16: Heeresarchiv Wien
1940 (Zl. 478/1940) und Heeresarchiv Wien 1941 (Zl. 431/1941).
71
K A, Direktionsakten Zl. 8 197/1943. AdR, Reichsarchiv Wien Karton 16: Heeresarchiv
Wien 1943 (Zl. 1 5 78/1943). Inventar 1, S. 128 f.; E g g e r , Rainer: Die Militärkanzlei
des Erzherzog-Thronfolgers Franz Ferdinand und ihr Archiv im Kriegsarchiv Wien.
70
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Michael Hochedlinger
Zugewinne aus Innsbruck und Graz erlitten bei der Auslagerung ab 1944 in
ihren Ausweichquartieren schwere Verluste in Substanz und Ordnungszustand.
Das Heeresarchiv interessierte sich auf Weisung aus Potsdam auch erstmals
für die archivalischen Hinterlassenschaften von Regimentern, deren Archive
beim Zusammenbruch 1918 großteils am Garnisonsort zurückgeblieben, an
„Regiments­museen“ gekommen oder überhaupt vernichtet worden waren, denn
das Kriegsarchiv besaß während des Ersten Weltkriegs keinerlei Über­n ahme­
auftrag für Schriftgut militärischer Verbände unterhalb der Brigadeebene. 72
Vom Reichsgauarchiv Graz erhielt man 1943 – neben kleineren Splitter­
überlieferungen – das „Archiv“ des Infanterieregiments Nr. 27, von der
Regimentskameradschaft „Erzherzog Rainer“ jenes des Infanterieregiments
Nr. 59. 73 Am Innsbrucker Kaiserjägermuseum biss man sich indes die Zähne
aus: Trotz förmlichen Abgabebefehls aus Berlin verweigerte das Museum die
Herausgabe der Feldakten und Grundbuchblätter der Tiroler Kaiserjäger, die
heute im Tiroler Landesarchiv verwahrt werden. 74
3.2. Archivraub im besetzten Ausland
Das rege Bemühen um archivalischen Rück- bzw. Zugewinn machte nicht
an den Grenzen des ehemaligen Österreich halt, sondern richtete sich nach
Kriegsausbruch 1939 auch und vor allem gegen besiegte Gegner. Die verhassten
und bekämpften Archivverträge Österreichs mit anderen Nachfolgestaaten
wollte die deutsche Reichsregierung nicht mehr anerkennen, wo nötig
immerhin – auf Drängen des Auswärtigen Amtes – Entgegenkommen zeigen,
insbesondere gegenüber dem befreundeten Ungarn. Insgesamt spiegelte sich
bald der politische Revanchismus und Triumphalismus auch in großangelegten
In: MÖSt A 28 (1975), S. 141-163. Der private Teil verblieb als Depot der Familie
Hohenberg im Haus-, Hof- und Staatsarchiv: B i t t n e r , Ludwig (Hg.): Gesamtinventar
des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs Bd. 2, Wien 1937, S. 50 f.; K i s z l i n g ,
Rudolf: Das Erzherzog Franz Ferdinand Archiv. In: MÖSt A 6 (1953), S. 407-410. Der
Schriftennachlass Franz Ferdinands lagerte seit 1917 im Haus-, Hof- und Staatsarchiv
und wurde 1920 erstmals geöffnet (übrigens in Gegenwart Glaise-Horstenaus als
Vertreter des Kriegsarchivs), der Forschung aber nicht zugänglich gemacht.
72
K A, Direktionsakten Zl. 3 5 03/1938; MS/K A 650 (Handakt). Die Potsdamer Zentrale
hatte den Wert der Regimentsarchive für den Bereich der „Kriegserfahrungen“ erkannt.
73
Inventar 1, S. 170. K A, Direktionsakten Zl. 5 592/1940, Zl. 7 359/1940. Auch aus dem
Ausland, z. B. aus Polen wurden A kten ehemaliger k. u. k. Formationen verschleppt, die
sich aus Galizien und der Bukowina ergänzt hatten. Vgl. die Spezif izierung im Inventar 1,
S. 170 Anm. 4. 1946 wurden diese Splitter an Polen restituiert.
74
K ö f l e r , Werner: Militaria im Tiroler Landesarchiv. In: MÖSt A 49 (2001), S. 391-400,
hier S. 395-397; S c h e n n a c h , Martin: Militärhistorisch relevantes Archivgut für die
Zeit des Ersten Weltkrieges im Tiroler Landesarchiv. In: Überegger: Zwischen Nation,
S. 199-208, hier S. 204 f.
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Heeresarchiv
archivalischen Beutezügen wider, die in jüngerer Zeit auf verstärktes Interesse
der archivgeschichtlichen Forschung stoßen. 75
Die im Unterschied zur zivilen Reichsarchivverwaltung vollkommen
zentralisierte Heeresarchivverwaltung beteiligte sich am deutschen Archivraub
mit besonderem Aufwand und entsandte eigene „Beauftragte des Chefs der
Heeresarchive“ zu den Militärbefehlshabern in den besetzten Gebieten: von Oslo
bis Athen, von Kiew bis Paris. Das Heeresarchiv Wien spielte dabei, beflügelt
von Kiszlings Bemühen, verlorengegangenes oder vermeintlich „entfremdetes“
k. u. k. Militärschriftgut – durchaus auch gegen das „Provenienzprinzip“ –
heimzuholen, eine nicht geringe Rolle.
Von September 1939 bis Mai 1940 war Josef Mündl als Beauftragter des
Chefs der Heeresarchive nach Krakau kommandiert. Eduard Czegka und (nach
dessen Ablöse wegen zu geringen Engagements) Ernst Wisshaupt gingen nach
Warschau. 76 An geschlossenen Beständen übernahm man aus Polen die Akten
des XI. Korpskommandos (Galizisches Generalkommando, Lemberg) und
des Militärgeneralgouvernements Lublin, nur Splitter der Korpskommanden
Krakau (I) und Przemysl (X). 77 Der Rest des polnischen Kriegsarchivs wurde nach
Danzig verbracht, wo die Aktensammelstelle (später: Heeresarchiv-Zweigstelle)
Danzig entstand. Sie hatte ab 1941 auch die im Zuge des Rußlandfeldzuges
erbeuteten Akten aufzunehmen.
Nicht alles, was man an Austriaca „erbeutete“, kam in das Heeresarchiv. Die im
fürstbischöflichen Ordinariat Krakau auf bewahrten k. (u.) k. Militär­m atriken
(Militärkirchenbücher) wurden 1942 dem Zentralnachweisamt für Kriegs­
verluste und Kriegergräber, Zweigstelle Wien (vormals: Militärmatrikenamt)
übergeben. Die mit besonderem Eifer gesammelten Militärgrundbuchblätter der
k. u. k. Militärdienstpflichtigen, die bis 1918 bei den lokalen Ergänzungsbezirks­
behörden angefallen waren, verschleppte man massenweise aus Warschau und
vor allem aus Prag nach Wien. Jene der Geburtsjahrgänge vor 1865 kamen in das
Heeresarchiv, das jüngere Material ging an die Vereinigten Wehrevidenz­stellen
Zahlreiche Beiträge auf dem 75. Deutschen Archivtag: K r e t z s c h m a r , Robert (Hg.):
Das deutsche Archiv wesen und der Nationalsozialismus (Tagungsdokumentationen
zum Deutschen Archivtag 10), Essen 2007, S. 166-271. Hinweise auch bei M u s i a l ,
Torsten: Staatsarchive im Dritten Reich. Zur Geschichte des staatlichen Archiv wesens in
Deutschland 1933 –1945 (Potsdamer Studien 2), Potsdam 1996.
76
Wisshaupt war auch Bearbeiter der Kriegsjubelschrift „Der große deutsche Feldzug gegen
Polen. Eine Chronik des Kriegs in Wort und Bild“, Wien 1939.
77
A ktenverzeichnisse K A, Direktionsakten Zl. 10 3 06/1939 und 10 6 95/1939. Vgl. auch
Inventar 2, S. 26.
75
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Michael Hochedlinger
(VWest) in Wien, die für die Erhebung anrechenbarer Militärdienstzeiten,
Rentenansprüche usw. zuständig waren. 78
Friedrich Hof ging im Sommer 1940
nach Brüssel. Hier amtierte er von
November 1941 bis 1944 als Beauftragter
des Chefs der Heeresarchive beim
Militärischen Befehlshaber in Belgien
und Nordfrankreich mit Sitz in Brüssel
(1943: elf Mitarbeiter). Er sandte eher
Lebens­m ittel und Genusswaren nach
Hause als Archivalien, sieht man von
den sogenannten „Nivelles-Akten“ ab,
der einst im Stadtarchiv von Nivelles
gestrandeten Registratur des späteren Infanterieregiments Nr. 42 aus seiner belgischen Garnisonszeit in den
1740er Jahren. Wohlmeinende deutsche
Waffenbrüder hatten diese Akten schon
während des Ersten Weltkriegs aus dem
besetzten Belgien nach Wien geschickt.
Direktor Kiszling (rechts) und
Nach Kriegsende mussten die ungeöffFriedrich Hof (links) in Brüssel
net geblieben Kisten wieder an Belgien
restituiert werden, im Herbst 1940 kamen die immer noch ungeöffneten Transportbehältnisse ein zweites Mal nach
Wien. Kiszling zeigte sich nach einer Stichprobe tief enttäuscht. 1948 gingen die
„Nivelles-Akten“ neuerlich zurück nach Belgien. 79
Hof arbeitete in Brüssel an einer Aufstellung jener belgischen Archivalien, die
man bei Friedens- und Archivverhandlungen zu fordern gedachte, 80 und ließ viel
photographieren, allerdings für die Potsdamer Zentrale.
K A, MS/K A 80. Nach dem Zweiten Weltkrieg erklärte man eine „Herauslösung“
der in die alten Wiener Bestände eingeordneten Stücke für nicht durchführbar und
wollte die Tschechoslowakei auffordern, auf die Rückstellung der mehr als 800 0 00
Grundbuchblätter zu verzichten.
79
K A, Direktionsakten Zl. 10 2 63/1940. Inventar 1, S. 12 f., 75. Das Desinteresse ist
kaum verständlich, immerhin enthielten die „Nivelles-A kten“ auch die Musterlisten des
Regiments aus der Zeit von 1703 bis 1742.
80
Vgl. z. B. K A, MS/K A 187: „Verzeichnis … über jene Archivalien deutscher oder
österreichischer Provenienz in den Staatsarchiven Belgiens, die beim Abschluß
von Verhandlungen gestellt werden müssen oder können“ (25. Februar 1942); K A,
Direktionsakten Zl. 855/1944.
78
254
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05.08.2010 10:35:58
Heeresarchiv
Viel rücksichtsloser verfuhr man natürlich auf dem Balkan. Nach der
erfolgreichen Besetzung Jugoslawiens wurde der 1932 pensionierte General­
staatsarchivar und Vizedirektor des Kriegsarchivs Oberst Rudolf (Edler von)
Hödl (1876–1967) als Oberst z. V. der Deutschen Wehrmacht nach Kroatien
und Serbien entsandt. Im Staatsarchiv Zagreb wurde ein Großteil der 1918
nach dem Zusammenbruch liegen gebliebenen und ins Kroatische Landesarchiv
verbrachten Registratur des Heeresgruppenkommandos an der Isonzofront
(„Boroević-Akten“) sichergestellt und mit persönlicher Zustimmung des
Poglavnik Ante Pavelić im Sommer 1941 nach Wien gesandt, wo man sie in die
Feldakten einteilte. Aus der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des jugoslawischen
Heeres- und Marineministeriums in Belgrad, wohin 1935 Teile der „BoroevićAkten“ gelangt waren, kamen bald Ergänzungen. In Zagreb tauchten auch die
Akten des 2. Armeegeneralkommandos aus der Zeit der Okkupation Bosniens
und der Herzegowina (1878) auf, die nach dem Feldzug nicht nach Wien
eingeliefert worden waren. Dafür erhielten die Kroaten 1944 nicht weniger als
1 966 Faszikel Standes- und Verpflegsakten der Grenzinfanterieregimenter 1-11
für das im Auf bau befindliche Kroatische Kriegsarchiv geschenkt. 81
Im restlichen Jugoslawien war man aus Kiszlings Blickwinkel trotz äußerst
umfangreicher Archivalienverschickungen weniger erfolgreich. Hödl erklärte
nach einer bis nach Bosnien führenden Inspektionsreise die hauptsächlich
interessierenden Registraturen des Korpskommandos XV (Sarajewo) für vernichtet
und schickte dafür über 300 Kisten mit Akten des 12. Grenzinfanterieregiments
und des Tschaikistenbataillons nach Wien, wo sie Kiszling nach enttäuschenden
Probesondierungen kurzerhand einstampfen ließ.
In dem bombenzerstörten Gebäude der serbischen Akademie der Wissenschaften
entdeckte Hödl Anfang Mai 1941 die nach dem Ersten Weltkrieg aus dem Haus-,
Hof- und Staatsarchiv an Jugoslawien abgetretene archivalische Hinterlassenschaft
der Republik Ragusa sowie Urkunden der bosnischen Fürsten und Könige.
Nach Beginn der Offensive gegen die Sowjetunion wechselte Hödl nach
Galizien bzw. in die Ukraine, wo er als Beauftragter des Chefs der Heeresarchive
in Kiew eine Archivdienststelle auf baute (Ende 1943 aufgelöst). 82
Zur Abgabe der Standes- und Verpf legsakten der ehemaligen Grenzinfanterieregimenter:
MS/K A 32. Inventar 1, S. 171. Die Initiative ging vom Heeresarchiv aus, das an akuter
Raumnot litt und das weniger wertvolle Material abstoßen wollte.
82
Hödl war 1918 mit dem X V II. Korps in die Ukraine eingerückt und dann beim Gouverneur
von Odessa stellvertretender Generalstabschef gewesen, durfte also als Ukraine-Fachmann
gelten. Vgl. auch den Nachruf von Rainer Egger MÖSt A 21 (1968), S. 527-531. K A,
Nachlass B/460. L e h r , Stefan: Ein fast vergessener „Osteinsatz“. Deutsche Archivare im
Generalgouvernement und im Reichskommissariat Ukraine (Schriften des Bundesarchivs
68), Düsseldorf 2007, S. 184 erwähnt kurz die Einziehungstätigkeit Hödls in Kiew. Die
interessante privatdienstliche Korrespondenz zwischen Kiszling und den kommandierten
81
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Michael Hochedlinger
Major z. V. Kurt von Regenauer amtierte von Mai 1941 bis Dezember 1943 als
Beauftragter des Chefs der Heeresarchive für den Südosten mit Sitz in Belgrad.
Kroatien, Bosnien und die Herzegowina hatte er bis zum Sommer 1941 Hödl zu
überlassen.
In Wien bestand für Beuteakten aus dem südöstlichen Kriegsschauplatz als
Zweigstelle des Beauftragten Belgrad eine eigene „Aktensammelstelle Südost“.
Mit 1. Jänner 1945 wurde die „Aktensammelstelle Südost“ als „Sichtungsstelle
Wien“ unter der Aufsicht von Heeresoberarchivrat Martinec in das Heeresarchiv
eingegliedert. Regenauer selbst konnte dem Personalstand des Kriegsarchivs nicht
mehr gutgeschrieben werden, da er im März 1945 anstelle von Joseph Sokoll als
Kriegstagebuchführer zur Heeresgruppe E abberufen wurde und in Peterwardein
Anfang Juli 1945 ums Leben kam. Das Verhältnis der ostmärkischen Kollegen
zu Regenauer hatte sich ohnedies in dem Maße verschlechtert, in dem er
„nordische Allüren“ (R. Kiszling) annahm und angeblich sogar den Posten des
Heeresarchivleiters in Wien anstrebte.
Heeresarchivrat Dr. Walter Nemetz (1910–1958) wurde, da von bekannt
fragiler Gesundheit, nach seiner Einziehung zum Kriegsdienst über Intervention
beim Beauftragten des Führers für die militärische Geschichtsschreibung im
September 1943 dem Stab des Oberbefehlshabers Süd als Beauftragter des Chefs
der Heeresarchive in Italien zugeteilt. Hier sollte er sich um die Rückführung allen­
falls entfremdeten k. u. k. Aktenmaterials kümmern und zugleich italienisches
Archivgut auf Relevanz für die deutsche Kriegsgeschichtsschreibung prüfen. 83
Nach dem Übertritt des ehemaligen italienischen Verbündeten auf die Seite der
Alliierten musste man sich keinen Zwang mehr auferlegen. Nemetz durchstöberte
ohne großen Erfolg das verlassene Archiv des italienischen Generalstabs (Ufficio
storico) in Rom; der größte Teil war nach Orvieto ausgelagert worden. Was er
Richtung Österreich verfrachtete, war überwiegend ganz rezentes italienisches
Material. Dabei hatte man sich Großes erhofft, immerhin hatte die italienische
Waffenstillstandskommission 1919 aus Graz ansehnliche Mengen militärischen
Schriftguts (k. k. Territorialkommanden in Norditalien) abgeführt. 84
Mitarbeitern des Kriegsarchivs, insbesondere Friedrich Hof, Rudolf Hödl oder Walter
Nemetz erliegen bei MS/K A 13 (V ). Zu den schon vor dem Balkankrieg Ende 1939
begonnenen Verhandlungen mit Jugoslawien MS/K A 184-190 (u. a. auch Korrespondenz
Hödl-Kiszling MS/K A 186).
83
Kopien wichtiger Dienststücke, insbesondere der Berichte der Beauftragten Nemetz und
Sokoll aus der Überlieferung des „Chefs der Heeresarchive“ (R H 18) im BundesarchivMilitärarchiv, Freiburg, f inden sich unter MS/K A 193 (hauptsächlich Material zu
Jugoslawien).
84
T h i e l , Viktor: Das Steiermärkische Landesregierungsarchiv 1906 –1928. In: Archiva­
lische Zeitschrift 37 (1928), S. 208-224, hier S. 215 f.
256
Moesta 54.indb 256
05.08.2010 10:35:59
Heeresarchiv
Bei einem Sturz vom Zug brach sich Nemetz im Mai 1944 in Verona das rechte
Bein, das im Juni nach Knocheneiterung amputiert werden musste. Im September
1944 prüfte Dr. Sokoll als sein Nachfolger die nun von Orvieto in die Gegend
von Bergamo geflüchteten Unterlagen des Ufficio storico, konnte aber keinerlei
k. u. k. Beuteakten feststellen. Nemetz’ Frau kam einen Tag vor seiner Rückkehr
aus dem Lazarett im September 1944 in Wien bei einem Bombenangriff ums
Leben, er selbst trat im März 1945 wieder seinen Dienst im Archiv an.
Das Marinearchiv war in Italien erfolgreicher. Bayer-Bayersburg reiste in den
Jahren 1943 und 1944 nach Italien, um hier wie die Kollegen des Heeresarchivs
nach k. u. k. Aktenbeständen und vor allem nach 1919 aus Pola verschleppten
Musealgegenständen für ein geplantes Marinemuseum zu suchen. Mehr als die
fünf Kisten Archivmaterial, die Bayer in Rom sicherstellen konnte, beeindruckte
ihn die fast einstündige Privataudienz bei Pius XII., die er 1944 durch Zufall
erhielt.
Wirklich bedeutend war aber die Sicherstellung der „Pola-Bibliothek“. Schon
kurz nach dem Ersten Weltkrieg hatte Österreich die in Pola befindliche
Marinebibliothek beansprucht, Italien diese Forderung 1924 auch akzeptiert,
ohne dass es tatsächlich zu einer Überführung nach Wien gekommen wäre. Erst
nach der Besetzung Polas durch die Wehrmacht wurde die Bibliothek wirklich
Richtung Wien abtransportiert (April 1944). Nach dem Zweiten Weltkrieg
reklamierte Jugoslawien die Bibliothek als „deutsches Beutegut“ und erhielt sie
1975 ohne Anerkennung des geltend gemachten Rechtsanspruchs als Zeichen des
guten Willens ausgefolgt. 85
3.3. Militärarchivischer Kolonialismus: Die Heeresarchivzweigstelle Prag
Mit der Besetzung der Sudetengebiete im Oktober 1938 stellte sich auch
die Frage hinsichtlich der nunmehr von der zerfallenden Tschechoslowakei
abzutretenden Archivalien. Das betraf für den militärarchivischen Bereich in
erster Linie „wehrdienstliches Schriftgut“, also für aktuelle Verwaltungszwecke
(„Ariernachweise“, Dienstzeitbestätigungen usw.) benötigte Personaldokumente
und Akten von Ergänzungsbezirkskommanden, Dienststellen, Truppenkörpern
und sonstigen Militärbehörden, die 1918 in den sudetendeutschen Gebieten
gelegen waren. Auch auf die Militärmatriken (Militärkirchenbücher) wurde
85
Sie ist heute wieder in Pola zugänglich. K A, MS/K A 191 (Splitter). J u n g , Peter:
„Archivalien auf Tauchstation“. Tatsächliche und vermeintliche A ktenverluste der
k. u. k. Kriegsmarine nach 1918. In: MÖSt A 49 (2001), S. 161-182, hier S. 176. A llgemein
W a g n e r , Walter: Zur Geschichte der k. und k. Marinebibliothek. In: MÖSt A 15 (1962),
S. 336-389. Zu Bayers Archiveinziehungsreisen vgl. dessen Lebenserinnerungen in
seinem Nachlass K A, Nachlass B/388 Nr. 20-21.
257
Moesta 54.indb 257
05.08.2010 10:36:00
Michael Hochedlinger
nicht vergessen. Erst in einem zweiten Schritt sollten militärhistorisch relevante
Bestände gefordert werden. 86
Nach der Errichtung eines völlig entrechteten „Protektorats Böhmen und
Mähren“ unter NS-Kuratel schien eine systematische Verschleppung des mit der
Auflösung der tschechoslowakischen Armee „herrenlos“ gewordenen militärischen
Archivguts aus dem „Zentralarchiv der tschechoslowakischen Revolution“
nicht sinnvoll. Kiszling schlug daher noch im März 1939 die Errichtung eines
Heeresarchivs Prag vor, das er natürlich von Wien aus zu steuern gedachte. 87
Zunächst wurde im November 1939 ein „Referat Heeresarchivwesen“ beim
Wehrmachtsbevollmächtigten in Prag eingerichtet, dessen Leitung Generalmajor
Pitreich, der Präsident der Wiener Zweigstelle der Gesellschaft für Wehrpolitik
und Wehrwissenschaften, übernahm. Es war als Dienststelle im Bereich des
Oberkommandos der Wehrmacht dem Zugriff der Heeresarchivverwaltung
entzogen; fortwährende Reibereien und Animositäten, institutionell wie per­
sönlich, hemmten die Arbeit.
Im Juli 1940 bereinigte man die Lage durch Gründung einer HeeresarchivZweigstelle Prag, zu deren Auf bau Kiszling von August bis November 1940 in
die böhmische Hauptstadt abkommandiert wurde. Bei seiner Ankunft fand der
Wiener Heeresarchivdirektor bereits einen Personalstand von nicht weniger als 42
Köpfen vor, darunter den späteren Leiter der Waffensammlung des Historischen
Museums der Stadt Wien Dr. Walter Hummelberger (1913–1995). 88 Das
Kommando über die Archivzweigstelle übernahm zur Enttäuschung Kiszlings
im November 1940 allerdings niemand aus seinem Einflussbereich, sondern mit
Generalleutnant Hans Lieber (1882–1952) ein enger Freund und Mitarbeiter
Rabenaus. Kiszling hatte sich durch recht selbständiges Vorgehen in Prag den
wiederholten Tadel des Chefs der Heeresarchive zugezogen.
Die Akten der österreichisch-ungarischen Armee blieben mit dem Schriftgut
der untergegangenen tschechoslowakischen Streitkräfte in der böhmischen
K A, Direktionsakten Zl. 5 745/1938; MS/K A 180 (Archiv verhandlungen mit der
Tschechoslowakei). Im Überblick K i s z l i n g , Rudolf: Die militär-archivalischen
Beziehungen zwischen Wien und Prag 1939–1944 (K A, MS/K A 13 [IV ]). Zur
Archivsituation in der Tschechoslowakei der Zwischenkriegszeit vgl. H u m m e l b e r g e r ,
Walter: Über die tschechoslowakischen Archive in der Ersten Republik 1918 –1939
und nach 1945. In: Scrinium 12 (1975), S. 33-44. Auf den zivilen Sektor beschränkt:
L e h r , Stefan: „Den deutschen Einf luß beträchtlich steigern“. Archivare und Archive im
Protektorat Böhmen und Mähren 1935 –1945. In: Der Archivar 61 (2008), S. 370-376.
87
Kiszling an Rabenau (22. März 1939): K A, Direktionsakten Zl. 302/1939 (= MS/
K A 180).
88
Hummelberger musste 1945 seine böhmische Heimat verlassen und arbeitete 1945/1946
als Volontär im Wiener Kriegsarchiv. Bis 1973 leitete er dann die Waffensammlung
des Historischen Museums der Stadt Wien. Vgl. K A, Direktionsakten Zl. 1 9 84/1945;
B r o u c e k – P e b a l l : Geschichte, S. 411-420 (mit Werkverzeichnis).
86
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Heeresarchiv
Hauptstadt. Kiszling musste aber nicht ganz ohne Trophäen abziehen: Eine
beträchtliche Zahl militärische Grundbuchblätter, k. u. k. Militärgerichtsakten
und Feldakten des Ersten Weltkriegs wurde in Marsch gesetzt. 89
Mit besonderem Stolz erfüllte Kiszling die „Heimholung“ der „Wallenstein­
akten“, womit die im 17. Jahrhundert zerrissene (Feld-)Kanzlei des
Generalissimus gemeint war. Ein Teil lag von jeher in den Alten Feldakten des
Wiener Kriegsarchivs und konnte auch 1926 vor einem Schiedsgericht gegen
tschechische Forderungen behauptet werden. Ein zweiter Teil war ins Haus-,
Hof- und Staatsarchiv gelangt und wurde nach dem Ersten Weltkrieg an die
Tschechoslowakei ausgeliefert, um im Archiv des Ministeriums des Innern in
Prag mit einem dritten Überlieferungssegment zusammengeführt zu werden.
Mit der Verbringung der Prager Wallensteiniana nach Wien 1941 wurde in den
1630er Jahren Zerrissenes erstmals wieder zusammengeführt. Der österreichische
Wallensteinexperte Srbik signalisierte zwar Interesse, doch ist die nun für kurze
Zeit optimale Überlieferungslage von der Forschung, wie es scheint, nicht genützt
worden.90
1944 setzte Kiszling gegen die ursprüngliche Linie in Potsdam durch, dass
auch das Schriftgut der ehemaligen General- bzw. Korpskommanden VIII (Prag),
IX (Josefstadt bzw. Leitmeritz) und X (Brünn) einschließlich des abgesprengt
im Landesarchiv Brünn lagernden Judicium delegatum militare mixtum dem
Heeresarchiv Wien zugesprochen wurde und nur für die Dauer des Bombenkriegs
im Protektorat verblieb. Zu einer tatsächlichen Überstellung des Archivguts ist es
natürlich nicht mehr gekommen.
Im Zuge einer Sondierung in Rumänien besuchte Kiszling nicht nur
Verwandte, sondern auch Oskar Criste, um Näheres über den Verbleib der
von diesem verschleppten Hofkriegsratsakten zur Annexion der Bukowina zu
erfahren. Umsonst: Criste war bereits so senil, dass er keinerlei Auskunft mehr
geben konnte.91
K A, MS/K A 180.
Im Heeresarchiv Wien bearbeitete Oberst Blasius Schuster die „Wallensteinakten“. Der
Autor plant eine eingehendere archivgeschichtlich-quellenkundliche Behandlung der
„Wallensteinakten“. Siehe einstweilen R o u b í k , František: Osudy registratury A lbrechta
z Valdštejna a jeho Jičinské Komory. In: Sborník archivu ministerstva vnitra 2 (1929),
S. 117-150 und auch H u m m e l b e r g e r , Walter: Das österreichisch-tschechoslowakische
Archivübereinkommen vom 18. Mai 1920. In: Scrinium 32 (1985), S. 43-63, hier S. 57 f.
91
Zu Kiszlings „Vortragsreisen“ vgl. Anm. 64. Auch spätere Bemühungen, das Schicksal der
von Criste „entwendeten“ Hof kriegsratsakten aufzuklären, blieben erfolglos. Im April
2006 waren dann einige Stücke im Rahmen der Ausstellung „Österreichische Dokumente
in rumänischen Archiven“ zu sehen und auch im Katalog Iaşi 2006 abgebildet.
89
90
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Michael Hochedlinger
4. Die Bedrohung durch den Luftkrieg
Der Zweite Weltkrieg war nicht nur eine humane Katastrophe, auch wertvollstes
Kulturgut ging, insbesondere im Bombenkrieg, in nie dagewesener Menge
zugrunde. Auch die deutsche Archivlandschaft wurde schwer getroffen.
Spätestens im Laufe des Jahres 1942 musste selbst Skeptikern klar werden, dass
mittelfristig nur die möglichst weitgehende Auslagerung der Archivbestände in
Ausweichquartiere auf dem platten Land Archivkatastrophen größeren Ausmaßes
verhindern konnte. Im Juli 1942 wurde der Generaldirektor der preußischen
Staatsarchive Dr. Ernst Zipfel (1891–1966), ehemals königlich sächsischer
Offizier, vom Reichsministerium des Innern als Kommissar für den Archivschutz
mit der Koordinierung der Luftschutzmaßnahmen für die (zivilen) Archive im
gesamten Reichsgebiet beauftragt.92
Die Heeresarchive fielen grundsätzlich nicht in Zipfels Arbeitsbereich … mit
katastrophalen Folgen, wie die Vernichtung des nicht evakuierten Heeresarchivs
Potsdam bei einem einzigen Luftangriff im April 1945 zeigt. Dass das Heeres­a rchiv
Wien demgegenüber in den Genuss einer besonders intensiven Betreuung durch
Zipfel kam, war einem prolongierten Wutausbruch des Reichsinnenministers
und Reichsführers SS Heinrich Himmler zu „danken“, dem im Februar 1944
aus SS-Kreisen von angeblich ungenügenden Schutzmaßnahmen im Bereich der
Wiener Archive berichtet wurde. Das Reichsinnenministerium entsandte darauf
Zipfel als „Kommissar für die Räumung der Wiener Archive“. Dieser fand die
vom Reichsarchiv Wien sowie vom Reichsgauarchiv Niederdonau ergriffenen
Maßnahmen durchaus befriedigend, nur beim Heeresarchiv Wien war wenig
geschehen.
Kiszling hatte sich vor allem mit der Umschichtung der Bestände innerhalb
des Hauses, also mit der Evakuierung der oberen Lagerstockwerke (bei
Kriegsende waren nur mehr das Parterre und die Keller belegt), und der
Ausquartierung der wertvollsten und ältesten Bestände in einen Tresorraum des
Wehrmachtsfürsorgeamtes in der Hohenstaufengasse in Wien beschäftigt und
– natürlich vergeblich – gegen den Bau eines mächtigen Flakturmes im Hof
der Stiftkaserne angekämpft, der das unmittelbar benachbarte Archivgebäude
natürlich in den Brennpunkt des Luftkriegs rücken musste. 93
Sogar unter Androhung des Konzentrationslagers im Falle des Versagens
hetzte Himmler Generaldirektor Zipfel mehrfach nach Wien, um – Eingriff in
Vgl. R o h r , Wilhelm: Die zentrale Lenkung deutscher Archivschutzmaßnahmen im
Zweiten Weltkrieg. In: Der Archivar 3 (1950), Sp. 105-122.
93
Aufzeichnungen Kiszlings über den Bau des Flakturmes und Evakuierung des
Heeresarchivs: K A, MS/K A 13 (V I) und MS/K A 16 (masch.). Zipfels Tätigkeit in Wien
aufgrund der Einmischung Himmlers sehr ausführlich bei R o h r : Lenkung, Sp. 115 f.
92
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Heeresarchiv
ein fremdes Ressort hin oder her – die Räumung des Heeresarchivs gemeinsam
mit Kiszling umzusetzen. Dazu mussten, was bisher auf große Schwierigkeiten
gestoßen war, erst passende Ausweichquartiere ausgewählt und besichtigt und
die knapp gewordenen Transportmittel organisiert werden. Täglich sollte dem
Reichsinnenminister berichtet werden, wie viele Waggons und Lastkraftwagen
in die Ausweichquartiere abfuhren.
Von einem Gesamtbestand von geschätzten 150 Eisenbahnwaggons gingen
zwischen Jänner und Juni 1944 tatsächlich 60 Eisenbahnwagen mit Archivalien
in die bewachten Ausweichlager. Alleine zwischen März und Mai 1944 waren
416 Tonnen Archivgut verlagert worden. 1949 veranschlagte das Kriegsarchiv die
Gesamtmenge an ausgelagerten Archivalien auf 917 Tonnen.94
Als Notquartiere dienten:
1. die Conrad-von-Hötzendorf-Kaserne (ehem. Nonnenkloster) in Retz, die
zwölf Eisenbahnwaggons oder 144 Tonnen Militärgerichtsakten mit einem
bis zum Vorstoß der Sowjetarmee im April 1945 dauernd vor Ort eingeteilten
Beamten aufzunehmen hatte.
2. das Stammersdorfer Reservelazarett XIVa, in das 165 Tonnen Korps­
kommanden Wien (neuer Teil), Graz und Innsbruck sowie Bundesheerakten
kamen (10 179 Faszikel und 4 942 Bücher).
3. Klosterbruck bei Znaim, wo man die Registraturen der Quartier­
meisterabteilungen aus dem Ersten Weltkrieg, das Generalkommando
(2. Korpskommando) Wien (älterer Teil) und die polnischen Beuteakten unter­
brachte (8 500, Faszikel, 108 Tonnen), und schließlich
4. Stift Göttweig für 144 Tonnen des Bestandes Hofkriegsrat (jüngerer Teil)
und angeschlossener kleinerer Fonds. Ursprünglich hatte man an die großen
Prunkräume des Klosters gedacht, das allerdings von einer Nationalsozialistischen
Erziehungsanstalt (Napola) genützt wurde, so dass man am Ende in die Krypta
auswich.
Besondere Pretiosa wie die Militärkanzlei des Kaisers, die josephinische und
die franziszeische Landesaufnahme, die Alten Feldakten oder den alten Teil samt
94
Zu den Verlagerungen (und Rückführungen) insgesamt vgl. Inventar 1, S. 13, 42, K r a u s ,
Wilhelm: Das erste Jahrzehnt des Österreichischen Staatsarchivs 1945 –1955. In: MÖSt A
8 (1955), S. 236-301, hier S. 249, 251 f. K A, MS/K A 13 (V I); MS/K A 17 (Tagebuch
der Kriegsarchivdirektion 28. Dezember 1945-2. Jänner 1947); MS/K A 61; MS/K A 171
(Sammelmappe); MS/K A 225; MS/K A 524; Direktionsakten Zl. 1 520/1945 (= MS/
K A 120) – Bericht Mündls, Beilage I; Zl. 496/1944 (= MS/K A 189); Direktionsakten
Zl. 1 5 60/1945. – Dass Verluste, Zuwächse und Skartierungen in den 1940er und 1950er
Jahren nur mehr in wenig aussagekräftigen Tonnen (!) und nicht etwa in archivalischen
Einheiten gemessen wurden, lässt keine besonders enge Bindung an das Archivgut
erkennen.
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Michael Hochedlinger
Sonderreihen des Hofkriegsrates konnte man in Wien in der Hohenstaufengasse
deponieren.
Das Marinearchiv, die Marinebibliothek und das in statu nascendi begriffene
Marinemuseum erhielten Stift Dürnstein (Kapitelsaal) und die liechtensteinischen
Schlösser Eisgrub (Lednice) und Feldsberg (Valtice) als Bergeorte zugewiesen,
die sie mit fast 170 Tonnen Archiv- und Bibliotheksgut, aber auch mit wertvollen
Museumsstücken aus Pola belegten.
5. Der Zusammenbruch
5.1. Chaos
Die letzten Kriegswochen über konnte in dem weitgehend leer geräumten
Heeresarchiv Wien kaum noch gearbeitet werden; 95 laufende Bombenangriffe
reduzierten die Arbeitszeit auf die Vormittagsstunden. Die Detonationen des
Flakturm-Dauerfeuers im Endkampf um Wien zerstörten fast alle Fenster des
Gebäudes.
Angesichts des raschen Vorrückens der Sowjetarmee bat Direktor Kiszling
seinen Generalstabskameraden Theodor Körner, für den Ernstfall den Schutz des
Kriegs­a rchivs zu übernehmen, da dieser Sozialdemokrat war und 1934 in der Haft
zudem russisch gelernt hatte. Kiszling hatte den pensionierten Körner, der von
k. u. k. Offizierskameraden als „roter Hund“ beschimpft und beleidigt worden
war, ab 1939 im Heeresarchiv an russischen Übersetzungen arbeiten lassen, ehe
der Leiter des Reichssicherheitshauptamtes Ernst Kaltenbrunner persönlich 1943
95
K i s z l i n g , Rudolf: Meine letzten Wochen im Kriegsarchiv ( Juli 1945): K A, MS/K A 13
(V II), eine handschriftliche Fassung mit (originalen Beilagen) im Nachlass Kiszling B/800
Nr. 19. H e y d e n d o r f f , Walther: Die Sturm- und Drangjahre des Kriegsarchivs Wien
1945/46 –1947: MS/K A 50 (handschr.) sowie Bericht des Regierungsrates (Dr.) Walther
Heydendorff über seine Tätigkeit im Kriegsarchiv (1971): MS/K A 51, auch Nachlass
Heydendorff B/844 Nr. 35. (Vertrauliches) Material zur Entnazif izierung in K A, MS/
K A 26; zur personellen Umstrukturierung AdR, BK A Liquidator der Einrichtungen des
Deutschen Reiches in der Republik Österreich – Heeresarchiv. Nützlich ist auch die
Sammlung von Jahresberichten 1946 ff. im Nachlass Regele B/656 Nr. 18 d. Für die
unmittelbare Nachkriegsgeschichte des Kriegsarchivs gibt die Schriftgutüberlieferung
der Generaldirektion des Österreichischen Staatsarchivs nur wenig her. In die
unerfreulichen Interna des Kriegsarchivs gewährte schon R a u c h e n s t e i n e r , Manfried:
Die Militärgeschichtsschreibung in Österreich nach 1945. In: Militärgeschichte, S. 134161, Einblicke. Vgl. weiters B r o u c e k – P e b a l l : Geschichte („Strömungen und Ziele
seit 1945“), S. 107-180 und fokussierter H i l l b r a n d , Erich: Das Kriegsarchiv von 1945
bis zur Jahrtausendwende. In: MÖSt A 49 (2001), S. 41-58.
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05.08.2010 10:36:01
Heeresarchiv
ein Hausverbot für Körner erwirkte, das man dem General in schonendster Form
über den mit ihm befreundeten Josef Mündl ausrichten ließ.96
Am 13. April 1945 war der Kampf um Wien zu Ende. Theodor Körner
wurde als Wiener Bürgermeister eingesetzt. Die Bediensteten des Heeres- und
des Marinearchivs – die männliche Belegschaft war ursprünglich trotz ganz
mangelhafter Bewaffnung zur militärischen Verteidigung des Areals eingeteilt
und von 1. bis 10. April kaserniert – hatten das Gebäude am 10. April geräumt und
blieben fürs erste zuhause. Währenddessen war es in der leerstehenden Kaserne
zu Plünderungen durch die österreichische Zivilbevölkerung gekommen, die
sich freilich nicht für das Archivgut interessierte. Ab dem 11. April 1945 hatten
sowjetische Truppen begonnen, sich im Areal der Stiftkaserne einzuquartieren;
sie drangen auch in das Archivgebäude ein und vandalisierten insbesondere die
Kanzleien und Dienstzimmer. Die im Hause verbliebenen Archivalien kamen
relativ glimpflich davon, allerdings wurden einige Kartotheken und Akten des
Kriegsministeriums (Armeeoberkommando) aus den 1850er Jahren verheizt. Am
15. April 1945 sammelte sich das Personal erstmals wieder im Archiv.97
Am 17. April 1945 verhafteten die Sowjets Kiszling und Mündl, nicht gezielt,
sondern eher durch Zufall. Czegka hatte sich bei einer Personenkontrolle auf der
Straße drei Tage zuvor mit einem Dokument ausgewiesen, das ihn in deutscher
Uniform zeigte, und war daraufhin festgenommen worden. Seine Arretierung zog
jene Kiszlings und Mündls nach sich. Die anschließenden Verhöre galten möglicher
Spionage gegen die Sowjetunion, russischen Beuteakten und Akten der Deutschen
Wehrmacht. Da das Heeresarchiv kein Schriftgut von Wehrmachtsverbänden
übernommen hatte, fanden sich bei einem Lokalaugenschein in der Stiftkaserne
in der Tat nur vier vorübergehend untergestellte Kisten mit Kriegstagebüchern
der 13. deutschen Panzerdivision, die Kiszling den Russen übergab. 98 Aber erst
am 26. April 1945 kamen die Archivare dank einer von der Ehefrau Mündls
initiierten Intervention Theodor Körners frei. Den Sowjets zur Orientierung
übergebene genaue Bestandsverzeichnisse blieben verloren.99
K i s z l i n g , Rudolf: General Körner und das Kriegsarchiv: K A, MS/K A 10. Vgl. auch
Kiszling an Ludwig Jedlicka (2. August 1959): K A, Nachlass Kiszling B/800 Nr. 230
(Kopie). Josef Mündl stellte Körner dafür sein Dienstzimmer zur Verfügung. Im
Heeresarchiv arbeitete während des Kriegs mancher pensionierte Off izier, auch der
Geheimdienstspezialist Generalmajor (des Bundesheeres) Maximilian Ronge (1874 –
1953). Brief wechsel zwischen Körner und Kiszling bzw. Mündl im Nachlass Körners:
K A, B/201 Nr. 13 und 17. Mündl und Körner stammten beide aus Komorn.
97
K A, Direktionsakten Zl. 1 5 85/1945.
98
Die Amerikaner beschlagnahmten Ende 1945 die im Luftfahrtarchiv bef indlichen A kten
der deutschen Luftf lotte 4, im April 1946 u. a. Schriftgut des Luftgaues X V II. K A,
Direktionsakten Zl. 2 0 08/1945 (mit umfangreichen Beilagen); MS/K A 17; MS/K A 120:
Staatskanzlei, Heeresamt, an Kriegsarchiv (15. November 1945). MS/K A 376.
99
K A, Direktionsakten Zl. 1 6 23/1945.
96
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Michael Hochedlinger
5.2. Der Kampf um die Direktion
Eine viel bösere Überraschung erwartete Kiszling aber seitens des wieder­
erstandenen österreichischen Staates. Er selbst ging naiverweise davon aus,
den politischen Bruch überleben zu können. In Wahrheit aber war bereits
unmittelbar nach der Befreiung Wiens der Kampf um die Archivdirektion
ausgebrochen – ohne ihn, und natürlich ohne Glaise-Horstenau. Dieser war vor
dem siegreichen Vordringen der Sowjets nach Salzburg geflohen und geriet hier
in Kriegsgefangenschaft, wo er 1946 durch Selbstmord endete.
Es gab bedeutendere Herausforderer. Dem ehrgeizigen Oskar Regele wurde
sein Exil im Luft(fahrt)archiv von Diakows Gnaden zu eng. Zunächst bemühte
er sich, von Kiszling in den Dienststand des Kriegsarchivs aufgenommen
zu werden – vergeblich. Dann verkündete er von der Widerstandsgruppe O5
mit der kommissariatischen Leitung des Heeresarchivs, der Heeresbücherei,
des Kriegsmarinearchivs und des Luft(fahrt)archivs betraut worden zu sein.
Tatsächlich übernahm Regele am 17. April 1945 – Kiszling, Mündl und Czegka
saßen ja in sowjetischer Haft – vom Luft(fahrt)archiv aus das Kommando.
Kiszling und Raubal wollte er weiterhin als Leiter des Heeres- bzw. Marinearchivs
dulden.100
Das Führungschaos wurde am 8. Mai 1945 durch die Staatskanzlei (Abteilung
Heerwesen) behoben, der bisherige Stellvertreter Josef Mündl zum provisorischen
Leiter des „österreichischen Heeresarchivs“ ernannt und die Dienststelle, der
auch das Marine- und Luft(fahrt)archiv einzuverleiben waren, dem im Auf bau
befindlichen „österreichischen Zentralarchiv“ (Österreichisches Staatsarchiv)
eingegliedert. An die Spitze dieser neuen, der Staatskanzlei (Bundeskanzleramt)
zugeordneten „Dachorganisation“ aller Wiener Zentralarchive trat der Direktor
des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung Univ. Prof. Dr. Leo
Santifaller (1890–1974).101
Mündl hatte diesen unverhofften Aufstieg seinen bekannt guten Beziehungen
zu Theodor Körner, aber auch zu Walther Heydendorff (1888–1974) zu
verdanken.102 Heydendorff (eigentlich Auspitz) war Sohn eines Generalmajors,
K A, Direktionsakten Zl. 1 8 39/1945; MS/K A 159 (Besprechung mit den Angehörigen
des Luftfahrtarchivs 17. April 1945); Nachlass Regele B/656 Nr. 18. Aufzeichnung
Bayer-Bayersburgs über ein Gespräch mit Regele ([1]7. April 1945): K A, Nachlass BayerBayersburg B/388 Nr. 10. H i l l b r a n d : Kriegsarchiv, S. 43.
101
K A, Direktionsakten Zl. 1 4 90/1945. Behördenüberleitungsgesetz 28. Juli 1945:
Staatsgesetzblatt Nr. 94/1945. Die Ungarische Kriegsarchivdelegation nahm schon Ende
Mai 1945 wieder ihre Tätigkeit auf: K A, Direktionsakten Zl. 1 532/1945.
102
K A, MS/K A 164; Personalkartothek des Kriegsarchivs (AB 32); K A, Nachlass B/C 844.
B r o u c e k – P e b a l l : Geschichte, S. 390-394. Nachruf von Rudolf Neck in MÖSt A 27
(1974), S. 573-575.
100
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Heeresarchiv
Jahrgangskamerad Mündls an der Theresianischen Militärakademie, 1933–1934
kurzzeitig unbezahlter Mitarbeiter an „Österreich-Ungarns letzter Krieg“ gewesen
und politisch der Heimwehrbewegung sehr nahegestanden. Bis 1945 arbeitete er
in der Privatwirtschaft; der Verfolgung aus rassischen Gründen entging er durch
den schon 1921 vollzogenen Namenswechsel. Im Mai 1945 wurde der in der
Widerstandsbewegung O5 tätige Heydendorff als Major und Präsidialchef im
Heeresamt (Staatskanzlei – Heerwesen) aktiviert, das in den Akten der Zeit als
unmittelbar vorgesetzte Behörde des Kriegsarchivs-Heeresarchivs erscheint.
Kiszling fühlte sich von Mündl hintergegangen, den er jetzt, seine stets
vorzüglichen Dienstbeschreibungen Lügen strafend, als faul und wissenschaftlich
unambitioniert kritisierte und nur deshalb gehalten habe, weil er fürchtete,
dem auf die Heeresarchivdirektion lauernden Major Regenauer sonst die
Türe zu öffnen. Seinen Vorgänger Glaise-Horstenau gleichsam kopierend,
okkupierte Kiszling noch bis Juli 1945 das Direktionszimmer, zumal er auch
seine Privatbibliothek dort untergebracht hatte. Er unterfertigte sogar weiterhin
interne Verlautbarungen des Heeresarchivs, bis die Staatskanzlei (Heerwesen)
eingriff, ihn rückwirkend mit 27. April 1945 suspendierte und seine Forschungen
für beendet erklärte. Danach arbeitete Kiszling in einem ruhig gelegenen Raum
an seinen autobiographischen Beiträgen zur Chronik des Kriegsarchivs.
Der etwas zu voreilige Regele wurde im Mai 1945 ebenfalls kaltgestellt und,
da ihm auch der Wunsch nach einer Stelle in der Nationalbibliothek nicht erfüllt
werden konnte, mit der Funktion eines Generalsekretärs der Österreichischen
Gesellschaft vom Roten Kreuz abgefunden. Erst als die ÖVP mit Leopold
Figl als Bundeskanzler Ende 1945 die provisorische Regierung Renner ablöste,
begann Regeles Aufstieg. Anfang 1946 erfolgte die Wiedereinstellung in den
aktiven Bundesdienst mit dem Titel eines Generalmajors d. R., und am 17. Mai
1946 übernahm Regele aus den Händen Mündls endlich die Direktion des
Kriegsarchivs, aus dem er einen „Weihetempel der österreichischen Geschichte“
zu machen gedachte – freilich der altösterreichischen.103
Die Ablöse Mündls sollte eigentlich mit größtmöglicher Schonung und im
Einvernehmen mit diesem stattfinden, aber schon im Sommer 1946 – Regele
mag seine Hand im Spiel gehabt haben – verdichteten sich Hinweise, wonach
nicht nur Glaise-Horstenau, Kiszling und der bereits enthobene Ernst Wisshaupt,
sondern auch der eben noch mit dem Hofrats-Titel ausgezeichnete Mündl der
illegalen Wiener SA-Brigade 6 („Brigade Jäger“) angehört hätten. Theodor
Körner höchstpersönlich entlastete seinen Freund Mündl, indem er ihm u. a. für
103
Dazu und zu Regeles Interventionen eingehend mit Verweisen auf das entsprechende
Archivmaterial H i l l b r a n d : Kriegsarchiv, S. 45.
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Michael Hochedlinger
die Zeit nach 1918 sozialdemokratische Gesinnung attestierte, und ermöglichte
ihm so 1947 eine problemlose Ruhestandsversetzung.104
Der Beginn einer neuen Ära: Dr. Oskar Regele (1890–1969)
104
AdR, BK A, PA II. Republik Personalakt Mündl Josef. Zum Verhängnis wurde Mündl
die Broschüre des angeblichen SA-Brigadeführers Emil Jäger (1892–1946/47): Illegale
SA-Brigade 6. Ein Schicksalsbeitrag aus der Kampfzeit der NSDAP in Österreich von
1933 bis 1938, Oels 1939. Die „SA-Brigade Jäger“ dürfte ein Hirngespinst gewesen sein.
Jäger, Absolvent der Theresianischen Militärakademie, Off izier im Ersten Weltkrieg,
anschließend im Österreichischen Bundesheer, nach 1938 in der Deutschen Wehrmacht,
zuletzt Oberst und Inselkommandant auf Korfu, verschaffte vielen „Konjunkturrittern“
nach dem Anschluss eine „illegale Vergangenheit“, von der sie sich einen Karriereschub
versprachen. Nach 1945 ließ sich dann das Gegenteil schwer beweisen. Neben Mündl
erwähnt Jäger noch rühmend Ernst Wisshaupt, beide allerdings nicht in führenden
Positionen, und einzelne Mitarbeiter des Generalstabswerks. Die wichtigsten Unterlagen
seiner SA-Brigade seien im Kriegsarchiv ebenso versteckt worden wie (nicht benützte)
Waffen für den Juli-Putsch 1934. Zu Jägers kurioser „Illegalenwerkstätte“ nunmehr
erschöpfend E c c h e r , Roman: Die SA-Brigade Jäger, ungedr. Diplomarbeit Wien 2008,
zum Kriegsarchiv speziell S. 52 f., S. 137-142. Knappe Bemerkungen bei M o r i t z ,
Verena – L e i d i n g e r , Hannes – J a g s c h i t z , Gerhard: Im Zentrum der Macht. Die
vielen Gesichter des Geheimdienstchefs Maximilian Ronge, Sankt Pölten-Salzburg 2007,
S. 325 ff. Wie Kiszling, Wisshaupt, Hof und Regenauer war auch Mündl (angeblich durch
einen Irrtum) Träger der „Ostmarkmedaille“ (Medaille zur Erinnerung an den 13. März
1938). Die entsprechenden A ktenstücke der Kriegsarchivregistratur waren 1946 bereits
verschwunden. Vgl. K A, Direktionsakten Zl. 978/1946. Im Oktober 1946 ermittelte
die Polizei auch gegen Kiszling, zumal er verdächtigt wurde, belastendes A ktenmaterial
beseitigt zu haben: K A, Direktionsakten Zl. 1 2 27/1946. – Santifaller befürwortete die
Ernennung Mündls zum Hofrat ( Juni 1946) alleine schon als Entschädigung dafür,
„daß, nachdem er über ein Jahr unter den schwierigsten Verhältnissen das Kriegsarchiv
in ausgezeichneter Weise geleitet hat, ein für den wissenschaftlichen Archivdienst nicht
qualifizierter Beamter [Regele !] vorgesetzt wurde“ (Personalakt Mündl).
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Heeresarchiv
5.3. Die Rückholung der verlorenen Söhne
Enthoben wurde im Juli 1945 auch der Leiter des Kriegsmarinearchivs Kapitän
zur See Raubal, der im Juni 1938 einen (neuen) Antrag auf Mitgliedschaft in
der NSDAP gestellt hatte. Nach eigenen Angaben ruhte seine Anwartschaft aber
mit der Aktivierung als Marineoffizier, weshalb er auch keine Mitgliedsbeiträge
entrichtete. „Nach den bisher gemachten Erfahrungen“ habe er ohnedies keine
Lust mehr gehabt, der Partei anzugehören. Sicherheitshalber ließ er sich aber
doch von den Mitarbeitern des Marinearchivs bescheinigen, dass er niemals
Propagandavorträge gehalten und nie den Hitlergruß eingefordert habe. Er müsse
also, so der Persilschein seiner Untergegebenen, „sehr gegen das NS-Regime
eingestellt“ gewesen sein! Parteiamtliche Unterlagen weisen ihn demgegenüber
als illegales Parteimitglied mit der Nr. 684 (9. Mai 1933) und unterstützendes
Mitglied der SA (1931–1937) aus. Auch seine Frau hatte einen Aufnahmeantrag
gestellt.105
Material des Luft(fahrt)archivs war nach Klamm-Schottwien ausgelagert
gewesen. Hier geriet sein Leiter Diakow bei einer Überprüfung der Notquartiere
buchstäblich zwischen die Fronten, als er sich weigerte, das Kommando über
den lokalen Volkssturm zu übernehmen, und von der SS inhaftiert wurde. Das
ausgelagerte Archivgut ging zu einem erheblichen Teil verloren. Diakow selbst
kehrte Ende Mai 1945 für zwei Monate an die Spitze des Luft(fahrt)archivs zurück.
Im Juli 1945 wurde er schließlich enthoben und 1946 in den Ruhestand versetzt.
1948 verschleppten die Sowjets den unruhigen Geist wegen Spionageverdachts in
ein russisches Arbeitslager, aus dem er erst 1955 zurückkehren durfte.106
Das Kriegsmarinearchiv und das Luft(fahrt)archiv wurden per 1. Juli 1945
wieder mit dem Mutterarchiv vereinigt.107 Der unbelastete Bayer-Bayersburg
K A, MS/K A 168; Direktionsakten Zl. 650/1946, Zl. 430/1947; AdR, BK A PA II. Republik
Personalakt Raubal Maximilian; BMI, Gauakt Nr. 30 110. Die „Sonderkommission“
erklärte Raubal dennoch für tragbar und entschuldigte sein Drängen in die Partei mit
seinem Wunsch, Leiter des Marinearchivs zu bleiben. Regele bestätigte ihm, dass er
sich nie politisch betätigt und nur aus Karrieregründen einen Aufnahmeantrag gestellt
habe. 1947 wurde er in den Ruhestand versetzt. Am 13. Juni 1938 hatte Direktor
Kiszling seinem bisherigen Untergebenen Raubal für die Marinebehörden allerdings
folgende Bescheinigung ausgestellt: „ist ein ritterlicher Off izier von untadeliger, ruhig
abgeklärter Denkungsart, kerndeutsch eingestellt, seit Mai 1933 Mitglied der NSDAP.
Er ist schuldenfrei, mit einer reinen Arierin verheiratet, kinderlos“ (K A, Direktionsakten
Zl. 3 185/1938). Raubal war mit Angela Raubal, der Halbschwester Hitlers, verwandt.
106
Zu den Verlusten im Ausweichquartier K lamm-Schottwien vgl. K A, Direktionsakten
Zl. 1 5 45/1945, 1 5 70/1945, 1 7 13/1945. Diakow scheint später an einer größeren Studie
über Conrad von Hötzendorf gearbeitet zu haben. Aus seiner Feder erschien noch eine
Biographie A lexander Löhrs, Freiburg 1964.
107
K A, Direktionsakten Zl. 1 5 69/1945, 1 6 06/1945.
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Michael Hochedlinger
führte die Marineabteilung als Teil des Kriegsarchivs bis zu seiner Pensionierung
1954.108 Das Luftfahrtarchiv zählte in der Geschäftseinteilung von 1946 schon
zur Bestandsgruppe Bundesheer unter Eduard Czegka. Bayer war mit Mündl
gut befreundet und hatte keine Probleme, sich in die erneute Unterordnung des
Marinearchivs unter das Kriegsarchiv zu finden. Mit Regele sah es anders aus:
Regele, ein ehrgeiziger, eitler Generalstäbler, führte sich bei uns nicht gut ein; es
ging ihm auch der Ruf voraus, daß er falsch sei und einen schlechten Charakter
habe, was sich in der Folge auch als richtig bestätigte. 109
Die ausgegliederte Heeresbücherei wurde neuerlich zur Bibliothek des
Kriegsarchivs. Ihr Leiter Ferdinand Stöller, im Juli 1945 enthoben, aber bis zur
Entscheidung über sein Ansuchen um Nachsicht von der Registrierung weiterhin
im Dienst, war seit 1941 Parteimitglied gewesen und durfte 1946 durchaus
wahrheitsgemäß angeben, dass ihn die direkte dienstliche Aufforderung des
Chefs der Heeresarchive dazu bewogen hatte, den Antrag auf Aufnahme in
die NSDAP zu stellen, nicht ohne ehrlicherweise den Eindruck zu vergessen,
den das „überwältigende Ergebnis der Volksabstimmung“ auf ihn gemacht
hatte. Die „Sonderkommission I. Instanz beim Bundeskanzleramt“ attestierte
ihm, der eine ganze Reihe ehemaliger Kollegen – darunter sogar den einzigen
nicht-belasteten Lehrenden am Institut für Geschichte, Dozent Paul Müller
(1895–1948) – als Zeugen für seine stets bewährte österreichische Gesinnung
aufzubieten vermochte, innere Distanz zum NS-Regime und erklärte ihn 1946
für tragbar. Regele verhinderte seine Wiedereinstellung, 1947 wurde Stöller in
den Ruhestand versetzt.110
5.4. Entnazifizierung von Personal und Beständen
Der Personalstand – auf dem Papier 67 Bedienstete per 1. Juni 1945 –
entwickelte sich ungeachtet der Rückgliederung der abgesprengten Abteilungen
Bayer-Bayersburg wurde von Parteistellen günstig („immer national eingestellt“), wenn
auch als politisch phlegmatisch beurteilt: AdR, BMI Gauakt Nr. 10 160.
109
Erinnerungen Bayer-Bayersburgs: K A, Nachlass Bayer-Bayersburg B/388 Nr. 20, S. 138.
110
K A, MS/K A 169; Direktionsakten Zl. 855/1946; AdR, BK A PA II. Republik Personalakt
Stöller Ferdinand. 1946 hatte Regele mit einer sehr günstigen Beurteilung Stöllers noch
zu dessen Tragbarkeitserklärung beigetragen: K A, Direktionsakten Zl. 628/1946. Nach
WStL A, M A 119 A 42 – NS-Registrierung (Ferdinand Stöller) ergaben offensichtlich
kriminalpolizeiliche Erhebungen, dass Stöller nicht nur Anwärter, wie er selbst
angab, sondern NSDAP-Mitglied war. H e i s s , Gernot: Von der gesamtdeutschen zur
europäischen Perspektive? Die mittlere, neuere und österreichische Geschichte sowie die
Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Universität Wien 1945 –1955. In: Margarete
Grandner et al. (Hg.): Zukunft mit A ltlasten. Die Universität Wien 1945 bis 1955
(Querschnitte 19), Innsbruck etc. 2005, S. 189-210, hier S. 192 und 202.
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Heeresarchiv
rapide nach unten. Im Jahre 1950 arbeiteten nur mehr 39 Personen im gesamten
Kriegsarchiv.111
Denn nicht nur an der Spitze rollten nach 1945 die Köpfe. Wegen Zugehörigkeit
zur NSDAP wurden 1945 insgesamt 25 Bedienstete des Kriegsarchivs
entlassen, darunter auf Referentenebene Reichert, Fink, Hof und Wisshaupt;
der Parteianwärter Karl Martinec war schon Anfang 1945 mit Erreichung der
Altersgrenze in den Ruhestand getreten.112 Aus dem Personalstand vom 13. März
1938 dienten nur drei Archivare nach 1945 unbehelligt weiter, nämlich die
Doctores Czegka, Sokoll und Nemetz.113
Ende Oktober 1945 erschien die Staatspolizei im Kriegsarchiv, wo sie sich – auf
der Basis überraschend gründlicher Vorinformation – besonders für die beiden
als „Illegale“ geführten Friedrich Hof und Ernst Wisshaupt interessierte.114
Wisshaupt wurde seit Juli 1934 als Mitglied der NSDAP geführt und 1939 als
Scharführer der angeblichen „SA-Brigade Jäger“ sowie als politischer Leiter der
Ortsgruppe Penzinger Au gemeldet. Im September 1938 hatte er in der „braunen
Uniform“ des politischen Leiters am Parteitag in Nürnberg teilgenommen. 1945
versicherte Wisshaupt, kaum aus der amerikanischen Kriegsgefangenschaft
zurückgekehrt, erst im Sommer 1938 der NSDAP beigetreten zu sein, und garnierte
seine Eingabe mit lebhaften Tiraden gegen alles Preußisch-Norddeutsche; seine
in der NS-Zeit gemachten Angaben erklärte er für aus Karrieregründen erlogen
bzw. als von Emil Jäger erfunden. Seinen Österreichpatriotismus hatte er nach
eigenem Empfinden mit seinem zweibändigen Werk „Die Tiroler Kaiserjäger
im Weltkriege 1914–1918“ (1935/36) hinreichend unter Beweis gestellt.
Archivdirektor Mündl bescheinigte Wisshaupt, mittlerweile Hilfsarbeiter beim
Bundesdenkmalamt, noch im Februar 1946 einen guten Leumund. Das 1946
gegen ihn eingeleitete Volksgerichtsverfahren wurden 1948 eingestellt, Wisshaupt
1949 in den Ruhestand versetzt.115
Inventar 1, S. 35; K A, Direktionsakten Zl. 1 5 02/1945, 1 5 44/1945, 1 595/1945.
Martinec wurde von Juni 1938 bis zur endgültigen Ablehnung seines Aufnahmeantrags
im Mai 1944 als Anwärter geführt. Eigener Einschätzung zufolge trug die Tatsache, dass
er bekennender Katholik war, kein Hitler-Bild besaß, an keinen Parteiveranstaltungen
teilnahm und auf der Straße weiterhin mit Juden sprach (!), zur Ablehnung bei: WStL A,
M A 119 A 42 – NS-Registrierung (Karl Martinec).
113
K A, MS/K A 22 (Übersicht der seit 1. Mai 1945 aus dem Dienststande des ehemaligen
Heeresarchivs, Heeresbücherei, Wehrkreisbücherei, Kriegsmarinearchiv und kriegs­
wissen­s chaftlichen Instituts der Luftwaffe ausgeschiedenen Personen); MS/K A 159
(= Zl. 359/1946); Direktionsakten Zl. 1 183/1946.
114
Kriegsarchivleiter Mündl an den Liquidator (26. Oktober 1945): K A, Direktionsakten
Zl. 1 9 30/1945.
115
Wisshaupt an Direktion des Heeresarchivs (6. August 1945): K A, MS/K A 170;
Direktionsakten Zl. 1 7 81/1945, 1 9 01/1945. Meldung des Heeresarchivdirektors
Kiszling an die Wehrkreisverwaltung Wien über Anrechnung von „Parteidienstzeiten“
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Wie formal komplex NSDAP-Mitgliedschaften im Lichte der Entnazifizierungs­
gesetze aussehen konnten, zeigt der Fall Friedrich Hofs. Gegen ihn wurde nach
Kriegsende besonders energisch vorgegangen; da half es auch nichts, dass er
unmittelbar nach der Befreiung die rot-weiß-rote Armbinde anlegte und sich
auch in der Trümmerbeseitigung an vorderster Front engagierte. Ende 1945 saß
Hof, der mangels Registrierung nicht enthoben worden war und so weiterhin als
Leiter der Bestandsgruppe „Militärische Zentralstellen“ arbeiten konnte, nach
einer Vorladung zur Staatspolizei einen Monat in Untersuchungshaft und musste
sich nach seiner im Dezember 1945 erfolgten Entlassung als Bauhilfsarbeiter
durchschlagen. Im September 1947 wurde er in einem Volksgerichtsprozess von
der Anklage des Hochverrats (illegale Mitgliedschaft in der NSDAP) und des
Betrugs (unterlassene Registrierung) freigesprochen, ohne dass der Verdacht auf
illegale Mitgliedschaft gänzlich hätte ausgeräumt werden können. 1948 wurde er
in den Ruhestand versetzt.
Wir verdanken dem Verfahren gegen Hof eine anonyme Schilderung von Hofs
politi­schem Verhalten in der NS-Zeit, die von einem intimen Kenner der Vor­g änge
in der Stift­k aserne, wohl einem Mit­a rbeiter des Heeres­a rchivs selbst, stammen
muss. Hier tritt Hof eindeutig als d e r „Exponent der NSDAP im Heeresarchiv“
auf. „Wo immer es nur galt, die braune Geistigkeit zu dokumentieren, stand er
an erster Stelle“ – auch als Schöpfer nationalsozialistischer Spaßgedichte, mit
denen er angeblich die Wände des archiveigenen Speiseraumes plakatieren ließ:
„Kriegsarchiv, das Nazi­nest, steht zu seinem Führer fest !“
Von Hofs frühem Engagement als NS-Aktivist im Kriegsarchiv war schon die
Rede. Nach dem „Anschluß“ wuchsen ihm manche unbedeutende Funktionen
zu: Vertrauensmann der NSDAP im Heeresarchiv, Verbindungsmann der
Gesellschaft für Wehrpolitik (Zweigstelle Wien) zum Kreispropagandaamt der
NSDAP, politischer Leiter einer Ortsgruppe (Wien XVIII) mit dem Sachgebiet
Abstammungsnachweise.
Seine Behauptung, er sei weder in der Verbotszeit noch in der NS-Zeit
Parteimitglied gewesen, konnte nicht widerlegt werden. Hof selbst gab an, nur
zwischen Juli 1932 und dem 19. Juni 1933 (Verbot der Partei in Österreich) der
NSDAP mit der Mitgliedsnummer 1 089 638 und auch der SA angehört zu haben.
(11. Oktober 1939) in MS/K A 164; K A, Direktionsakten Zl. 627/1946. AdR, BK A
Liquidator Heersarchiv 2 Zl. 202/1949: Wisshaupt an den Liquidator (10. November
1945); BK A PA II. Republik Personalakt Wisshaupt Ernst (insbesondere Lebenslauf
vom 4. November 1939 mit Betonung seiner „Begeisterung für unseres Führers Ideen“).
WStL A, M A 119 A 42 – NS-Registrierung (Ernst Wisshaupt); Volksgericht A 1 – Vg8aVr
1 2 30/1946 (Voruntersuchung gegen Ernst Wisshaupt). Im Rahmen der Untersuchung
gutachtete Oskar Regele im Juni 1947 im Auftrag des Gerichts über Wisshaupts
Publikation zum Polenfeldzug 1939 (vgl. Anm. 76), die er als NS-Propagandaschrift
qualifizierte.
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Heeresarchiv
Im Sommer 1938 stellte er wohl einen neuen Aufnahmeantrag, dieser wurde aber
von der Partei 1942 definitiv zurückgestellt. Verschiedene Begründungen standen
im Raum, Hof selbst brachte seine Ablehnung der NS-Rassenpolitik und speziell
sein Engagement für den 1938 entlassenen jüdischen Kollegen Paul Panzierer
ins Spiel, dem er 1939 durch eine Art Schutzbrief die Flucht nach Venezuela
ermöglicht hatte. In der Tat bestätigte Panzierer 1947 aus Caracas brieflich die
Hilfeleistung Hofs bei der Ausreise.116
Gustav Reichert, der sich nach 1945 als geläuterter NS-Gegner darzustellen
versuchte und seine nationale Gesinnung mit der „völkischen Not“ des
Grenzlanddeutschen erklärte, attestierte die „Sonderkommission“ 1946 trotz
Parteimitgliedschaft ab 1938 Distanz zu und Schwierigkeiten mit der NSDAP.
Sie erklärte den Reuigen daher für weiterhin „tragbar“.117 Franz Fink wollte
nach 1945 bloß Parteianwärter und nicht Mitglied (seit Mai 1938) gewesen sein
und versah bis zum Eintreffen Dr. Sokolls aus der Kriegsgefangenschaft dessen
Funktion als Leiter des Personalaktenreferats.118 Beide wurden trotzdem nicht
übernommen und 1947 pensioniert.
Aber nicht nur das Personal wurde entnazifiziert (und „entmilitarisiert“), auch
das Haus und seine Bestände. Das Kriegsarchiv hatte sich vor diesem Hintergrund
verschämt „Staatsarchiv II“ zu nennen; eine Benutzung durch externe Forscher
fand nicht statt. 1946 versuchte die Österreichische Nationalbibliothek, sich die
Kartensammlung des offensichtlich dem Untergang geweihten Kriegsarchivs
einzuverleiben.119 Selbst der Standort Stiftkaserne war akut gefährdet. Alliierte
Stellen forderten die vollständige Räumung des Gebäudes. In aufreibenden
Verhandlungen konnte der Verbleib des Archivs an seinem angestammten Platz
WStL A, M A 119 A 42 – NS-Registrierung (Friedrich Hof ); Volksgericht A 1 – VgVr
Strafakten Vg2Vr 4 185/45 (Verfahren gegen Friedrich Hof ), hier insbesondere Erklärung
Hofs vom 15. November 1945 und anonyme „Daten über das politische Verhalten des Major
a. D. Friedrich Hof “ (daraus die Zitate); K A, Direktionsakten Zl. 1 6 32/1945, 2 0 03/1945.
Der Staatspolizei waren sogar Auszüge aus dem Exhibitenprotokoll der Direktionskanzlei
zugespielt worden (Direktionsakten Zl. 2 0 03/1945). In parteiamtlichen Aufzeichnungen
wurde August 1934 als Ende von Hofs NSDAP-Mitgliedschaft angegeben, da er keine
Mitgliedsbeiträge mehr entrichtete. Dieser de facto-Austritt war auch der wahre Grund
für die Verweigerung der Neuaufnahme 1940/41: AdR, BMI Gauakt Nr. 20 0 61. In einer
Aufstellung der im September 1945 Dienst versehenden Beamten (K A, Direktionsakten
Zl. 1 8 60/1945) wird bei Hof die Frage der Zugehörigkeit zur NSDAP verneint.
117
WStL A, M A 119 A 42 – NS-Registrierung (Gustav Reichert); K A, Direktionsakten
Zl. 1 196/1946 (Regele korrigierte die von Mündl entworfene Stellungnahme für die
„Sonderkommission“ in für Reichert ungünstiger Weise); Zl. 1 556/1946; AdR, BK A PA
II. Republik Personalakt Reichert Gustav.
118
K A, Direktionsakten Zl. 1 595/1945; Zl. 1 184/1946. AdR, BMI Gauakt Nr. 219 179.
119
Dazu K A, Direktionsakten Zl. 363/1946. Vgl. auch den Beitrag von Rudolf Jeřábek
(S. 384 f.).
116
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Michael Hochedlinger
sichergestellt werden. Bis 1951 nutzten die US-Truppen allerdings den alten
Forschersaal (Festsaal) als Lagerraum und Schießstätte.120
Ganz generell geriet das „Staatsarchiv II“ ins Fadenkreuz der Alliierten. Das
Kriegsarchiv durfte weiterhin keine „wissenschaftlichen Arbeiten“ durchführen
und hatte ein Gesamtverzeichnis aller Archivbestände ab dem Grenzjahr 1914
vorzulegen.121 Ab Juni 1946 amtierte zudem eine Interalliierte Archivkommission
(IAAK) im Kriegsarchiv, um nazistisches und „anti-alliiertes“ Archiv- und
Bibliotheksgut zur Vernichtung bzw. zur Übernahme durch die vier alliierten
Mächte vorzubereiten. Und wirklich fanden im Dezember 1946 großflächige
Verbrennungen statt.122
Besonders hart traf es die Buchbestände. Hier wollte die IAAK – ausführendes
Organ war kein Geringerer als der als US-Kulturoffizier aus der Emigration
zurückgekehrte Musikwissenschafter Dr. Marcel Prawy (1911–2003) – alle nach
1933 in Deutschland und Italien bzw. nach 1938 in Österreich erschienenen
Druckwerke ausgeliefert erhalten. Insgesamt sollen 31,5 Tonnen Akten und
Bücher durch Verbrennen oder Versenken im Löschteich im Hof der Stiftkaserne
tatsächlich vernichtet worden sein.123
K A, Direktionsakten 1946 passim, besonders Zl. 728/1946, Zl. 970/1947. K r a u s :
Jahrzehnt, S. 248; H i l l b r a n d : Kriegsarchiv, S. 46 f. — Kiszling hatte noch Anfang
Mai 1945 von einer Inbesitznahme der ganzen Kaserne durch das Kriegsarchiv geträumt,
da er nicht nur die seit 1938 ausgegliederten Teile des Archivs, sondern auch die
Vereinigten Wehrevidenzstellen und das Militärmatrikenamt an sich ziehen und ein
neues „Österreichisches Militärarchiv“ errichten wollte: K A, Direktionsakten Zl. 1 472,
1 474, 1 479 und 1 4 80/1945.
121
Ein Exemplar MS/K A 196/I = AB 48: „Inventar der Archivalien, Druckschriften, Bücher
und Karten, welche nach 1914 entstanden (erwachsen) sind“ (Stand: 23. Mai 1946)
mit Vernichtungsaufträgen der A lliierten. „Jede wissenschaftliche Tätigkeit“ war dem
Kriegsarchiv „auf die Dauer der gegenwärtig ungeklärten Lager“ schon am 25. Juni 1945
durch die Staatskanzlei-Heerwesen untersagt worden: K A, Direktionsakten Zl. 586/1945.
122
K A, Direktionsakten Zl. 490/1946 (Sammelakt) = MS/K A 195; Zl. 50, 206, 208, 211,
313, 325, 971/1947. MS/K A 17 (wie Anm. 94); AdR, A kten der Generaldirektion Karton
17 Konv. Kriegsarchiv 1947 (Zl. 62/1947). Ob die Inhalte der Jäger-Broschüre von 1939
(vgl. Anm. 104) die massive Intervention der A lliierten provozierten, müsste tiefer
dringende Forschung klären.
123
Inventar 1, S. 13; R a u c h e n s t e i n e r : Militärgeschichtsschreibung, S. 140 f.;
H i l l b r a n d : Kriegsarchiv, S. 45 f.; B r o u c e k – P e b a l l : Geschichte, S. 122 f.
Erinnerungen Bayer-Bayersburgs: K A, Nachlass Bayer-Bayersburg B/388 Nr. 20, S. 138 f.
Der Materialverlust vergrößerte sich in den Jahren 1952–1955 durch unprofessionelle
Skartierungen, die Regele ehemaligen Off izieren überließ. 4 0 00 Faszikel gingen damals
verloren. H i l l b r a n d : Kriegsarchiv, S. 48. — Regele war auch kriegsarchivintern
sehr umstritten. Im Mai 1947 ging – nicht zum ersten Mal – bei Regele und in der
Generaldirektion am Minoritenplatz eine wüste Beschimpfung ein, die mit „Die
Angehörigen des Staatsarchivs 2“ gezeichnet war und Regele als „Totengräber des
Staatsarchivs 2“ beschuldigte, an der Vernichtungsaktion der I A AK wesentlich Mitschuld
120
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Heeresarchiv
Die Arbeit der Interalliierten Kommission blieb auch nicht ohne personelle
Konsequenzen. Zunächst verdächtigten die Alliierten Walther Heydendorff, der
nach der unter alliiertem Druck erfolgten Liquidierung des Heeresamtes eben erst
ins Kriegsarchiv versetzt worden war (Mai 1946), der Spionage und suspendierten
ihn. Heydendorff arbeitete während dieser Zeit in der Bundesparteileitung der
ÖVP.
Als die Kommission trotz der Zusage, alles kritische Material sei aus den Akten
entfernt und vorgelegt worden, „verbotene Dokumente und Bücher“ entdeckt zu
haben meinte, wurde gegen die beschuldigten Archivare Regele, Mündl, Czegka,
Bayer-Bayersburg und sogar gegen Santifaller vorgegangen. Den betroffenen
Kriegsarchivbediensteten und dem Generaldirektor verwehrten die Alliierten
den Zugang zum Archivgebäude (April 1947), einige kamen vorübergehend in
anderen Abteilungen des Staatsarchivs zum Einsatz. Erst im Juli 1947 beendete
die Kommission ihre Tätigkeit und gab das Kriegsarchiv wieder für den
Normalbetrieb frei. Die allgemeine Benützung war ab 1. September 1947 wieder
gestattet; die gebannten Mitarbeiter durften zurückkehren.124
5.5. Rückführungen und Restitutionen
Zurückkehren mussten natürlich auch in den Strudel der Ereignisse gerissene
Archivalien: die ausgesiedelten Archivbestände in die Stiftkaserne, die von der
Wehrmacht zusammengeraubten Fremdprovenienzen zu ihren rechtmäßigen
Besitzern und Verwahrern, darunter 1949 auch die „Wallenstein-Akten“.125
Wie das Haus-, Hof- und Staatsarchiv ging auch das Heeresarchiv Wien
aus dem Bombenkrieg ohne gröbere bauliche Schäden hervor. Ausgerechnet
in den Ausweichquartieren mussten beide Abteilungen des Österreichischen
Staatsarchivs umso bittere Verluste hinnehmen.126
Das nach Retz verlagerte Militärgerichtsarchiv wurde während der Nutzung der
Kaserne als russisches Lazarett und beim Rücktransport 1948 besonders schwer in
zu sein: Generaldirektion des Österreichischen Staatsarchivs Personalakt Regele Oskar.
K A, Direktionsakten Zl. 228/1947.
124
K A, Direktionsakten Zl. 973/1947.
125
K A, Direktionsakten Zl. 727/1946. Zu den Rückstellungsverhandlungen mit Polen
und Tschechien: K A, MS/K A 32, 173-174, 180 (Sammelakt), 182, 397; mit Jugoslawien
nach dem Zweiten Weltkrieg: K A, MS/K A 191-192, 398. Von jugoslawischer Seite
J o v a n o v i ć , Vojislav: Jugoslovenske arhive u drugom svetskom ratu [ Jugoslawiens
Archive im Zweiten Weltkrieg]. In: Zbornik Matice Srpske za knijževnost i jezik
22 (1974), S. 392-444, 23 (1975), S. 50-101 und 24 (1976), S. 101-128, S. 253-275,
S. 404-488, eine Teilübersetzung f indet sich in MS/K A 194. Vgl. auch R i l l , Gerhard
– S p r i n g e r , Elisabeth – T h o m a s , Christiane: 60 Jahre österreichisch-jugoslawisches
Archivübereinkommen. Eine Zwischenbilanz. In: MÖSt A 35 (1982), S. 288-347.
126
Zu den Rückführungen vgl. insgesamt die in Anm. 94 genannten Quellen.
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Michael Hochedlinger
Mitleidenschaft gezogen. Die Sowjetsoldaten hatten die Archivalien zunächst in
den Hof, dann in den Keller geworfen, wobei sich die archivalischen Einheiten in
ein Wirrwarr loser Blätter auflösten. 8 0 00 Faszikel, die meisten Geschäftsbücher
und vor allem die Personenkartei gingen verloren, der Rest wurde zum Teil durch
Feuchtigkeit beschädigt. Der Bestand ist heute ein Schatten seiner selbst und nur
erschwert benützbar.127
Massiv betroffen waren auch die nach Stammersdorf verlagerten Registraturen
der General- bzw. Korpskommanden Wien, Graz und Innsbruck. Im Zuge
des Rücktransports aus dem mittlerweile ebenfalls von den Sowjets genützten
Lazarett konnten 1949 nur mehr zwei Drittel der Bestände sichergestellt werden,
die archivalische Ordnung war vollständig zerstört, die Faszikeldeckel aus
Karton hatte man wohl verheizt. Das Kriegsarchiv brauchte bis 1952, um die
völlig vermischten Provenienzen auseinanderzusortieren. 30 0 00 neue Faszikel
ent­standen dabei!128
Die durch die Notwendigkeit enger Kooperation mit den alliierten
Besatzungsmächten doppelt mühsamen Rückführungsarbeiten konnten im
Wesentlichen bis 1951 abgeschlossen werden. Für die zum Teil außerhalb des
österreichischen Staatsgebietes, also etwa in den Schlössern Eisgrub und Feldsberg
gelagerten Marinebestände benötigte man diplomatische Unterstützung. Die
nach Znaim verbrachten polnischen Beuteakten lieferte die Tschechoslowakei
1950 gemeinsam mit den österreichischen Provenienzen an Polen aus, nur ein
Teil kehrte 1959/1960 von dort nach Wien zurück. Den im Weltkrieg erlittenen
Gesamtverlust berechnete man 1953 mit 154 Tonnen.129
6. Ausblick: Folgeschäden
Das Kriegsarchiv hatte noch viele Jahre an den Folgen des Kriegs zu tragen,
auch und gerade im personell-zwischenmenschlichen Bereich. Santifaller hielt
nichts von Regele, der ja kein ausgebildeter Historiker war, geschweige denn
den Kurs am Institut für Österreichische Geschichtsforschung besucht hatte.
Welch’ Ironie, dass ausgerechnet Regele nach dem Ausscheiden Santifallers als
Dienstältester bis zu seiner Pensionierung Ende 1955 fast ein ganzes Jahr die
Geschicke des Österreichischen Staatsarchivs lenkte!
Unter Regele war und blieb das Kriegsarchiv, was es schon vor 1938 gewesen
war, nämlich ein Gedenkort der k. u. k. Armee, für die jetzt aber nicht mehr durch
K A, AB 46 (alt 301-3-1). Vgl. auch F o d o r , Livius: Die österreichischen Militär­
gerichtsakten. In: Scrinium 7 (1972), S. 23-43, hier S. 25.
128
K A, Direktionsakten Zl. 1 6 04 und 2 144/1949. K r a u s : Jahrzehnt, S. 251.
129
Die Zahlenangaben nach Inventar 1, S. 13.
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Heeresarchiv
institutionelle Forschung, sondern durch eine merkwürdig rückwärtsgewandte
und verklärende Musealisierung Propaganda gemacht wurde. Platz war
hinreichend vorhanden (das Archiv verfügte in der Stiftkaserne über 290 Räume)
… und auch eine Marktlücke, denn das alte Heeresmuseum wurde erst 1955 als
Heeresgeschichtliches Museum wieder eröffnet. So entstand im Archivgebäude bis
1949 eine ganze Reihe von Gedenk- bzw. Schauräumen (Conrad von Hötzendorf,
Tegetthoff, Payer-Weyprecht, Hauslab usw.), die Regele mit einem engagierten
Führungsprogramm bespielte. In drei Räumen des ehemaligen Luftfahrtarchivs
richtete er ein kleines Luftfahrtmuseum mit immerhin 633 Inventarnummern
ein, für das Diakow schon während des Kriegs gesammelt hatte.130
Zu den Zweifeln an der archivfachlichen Kompetenz des Kriegsarchivdirektors
kamen schwere, aus der jüngeren Vergangenheit ableitbare Konflikte zwischen
dem militärisch-herrischen Regele und einzelnen Mitarbeitern, so mit dem
schwierigen Walther Heydendorff. 1950 war dessen Verhältnis zu Regele so weit
vergiftet, dass er um Versetzung in das Haus-, Hof- und Staatsarchiv ansuchen
musste.
Heydendorff ersetzte im Kriegsarchiv der einzige wirkliche Militärhistoriker im
vollen Wortsinn, über den das Kriegsarchiv bis in die frühen 1960er Jahre verfügte:
Johann Christoph Allmayer-Beck (*1918), der nach einer Offizierslauf bahn
im Zweiten Weltkrieg auch noch Studium und Institutskurs absolviert hatte.
Allmayer-Beck übernahm 1961 die Militärwissenschaftliche Abteilung beim
Bundesministerium für Landesverteidigung 131 und 1965 nach dem Tod Heinz
Zatscheks (1901–1965) auch noch die Leitung des Heeresgeschichtlichen
Museums.
Heydendorff war nicht der einzige „Kriegsarchivdeserteur“: Auch der schwer
kriegsversehrte Walter Nemetz, Mitglied der Widerstandsorganisation O5 seit
1943, flüchtete 1953 an den Minoritenplatz, angeblich weil er aus psychischen
Gründen die belastende Beschäftigung mit Krieg und Militär aufgeben musste,
in Wahrheit hatte er sich ebenfalls mit Regele zerkracht.132 Kaum war letzterer
Inventar 1, S. 43 und 2, S. 75.
Heute die Militärgeschichtliche Forschungsabteilung des Heeresgeschichtlichen
Museums. Die Militärwissenschaftliche Abteilung hatte 1957 Johann Heinrich
Blumenthal (1895 –1964) aufgebaut, der 1940 als Mitglied einer Widerstandsgruppe
verhaftet worden war und das Kriegsende 1945 in Auschwitz erlebte. 1947–1950 war er,
obwohl „nur“ Jurist und ohne Institutskurs, zur Wiedergutmachung im Kriegsarchiv als
Staatsarchivar 1. K lasse eingeteilt. Vgl. B r o u c e k – P e b a l l : Geschichte, S. 300-304.
132
Nemetz warf Regele vor, sich erst im letzten Augenblick aus opportunistischen
Gründen der Widerstandsgruppe O5 angeschlossen zu haben (R a u c h e n s t e i n e r :
Militärgeschichtsschreibung, S. 137; K A, Nachlass Nemetz B/2 210), und genau so sah es
Walther Heydendorff (K A, Nachlass B/844 Nr. 49).
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in den Ruhestand getreten, kehrte Nemetz mit Anfang 1956 in die Stiftkaserne
zurück.
Joseph Sokoll dagegen vertrug sich mit Regele hervorragend. Er hatte sich bei
Kriegsende von Zagreb nach Oberösterreich durchgeschlagen und geriet hier im
Mai 1945 in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Im Jänner 1946 trat Sokoll
seinen Dienst im Kriegsarchiv wieder an und zeichnete sich insbesondere bei der
Rückführung der nach Göttweig und Retz ausgelagerten Archivbestände aus. Als
1947 Regele, Mündl, Czegka und Bayer von der Interalliierten Archivkommission
der Zugang zum Kriegsarchiv verweigert wurde, leitete er den Notdienst zur
Erledigung unaufschiebbarer Geschäfte. Regele versuchte ihn ganz offensichtlich
zu seinem Nachfolger aufzubauen – vergeblich.
Neuer Leiter des Kriegsarchivs wurde Anfang 1956 – angeblich auf Intervention
des Linzer Bürgermeisters und Nationalratsabgeordneten Ernst Koref – Wilhelm
Kraus (1900–1978), der 1929 Einlass in Ludwig Bittners Kaderschmiede im
Haus-, Hof- und Staatsarchiv gefunden und 1942–1945 als provisorischer Leiter
des Reichsarchivs Troppau amtiert hatte. Nach kurzzeitiger Enthebung als
NSDAP-Mitglied war er über das Finanz- und Hofkammerarchiv erst 1950 in
das Kriegsarchiv gekommen. Der verbitterte Sokoll verwand die Zurücksetzung
nicht und wurde 1957 wegen zu großer Spannungen mit Kraus ins Finanz- und
Hofkammerarchiv versetzt. Für Regele musste dies eine doppelte Niederlage
sein, denn Kraus war niemals Offizier gewesen, ja er hatte nicht einmal gedient,
war also in Regeles Worten ein „militärischer Analphabet“.133
Weniger die Tatsache aber, dass mit Kraus erstmals ein Zivilist das Kommando
in der Stiftkaserne übernommen hatte, als vielmehr das sintflutartige
Dienstzeitbestätigungswesen für die österreichischen Sozialversicherungen
ab 1958 war es, das das Kriegsarchiv daran hinderte, zu seiner Rolle als
militärhistorische Forschungsanstalt zurückzufinden. Die Forschung fand
nun überwiegend außerhalb des Kriegsarchivs statt, nicht zuletzt durch die
Pensionisten wie z. B. Rudolf Kiszling.134
Regele an General Liebitzky (5. Jänner 1956): K A, Nachlass Liebitzky B/1 0 30 Nr. 52.
1951 hatte Regele Kraus wie folgt beurteilt: „Da militärisch nie gedient, im Kriegsarchiv
nicht universell verwendbar“ (K A, MS/K A 165). MS/K A 22 (Personalaufnahmebögen),
Vermerke Regeles „Kein Militärdienst“ und „P(artei)g(enosse)“. Vgl. auch den Nachruf
aus der Feder von Kraus’ Nachfolger Otto Friedrich W i n t e r MÖSt A 32 (1979), S. 487492 mit wiederholten Hinweisen auf die Tatsache, dass Kraus „ungedient“ war. Der
chaotische Kraus war mit dem Dienstzeitbestätigungswesen sichtlich überfordert:
W i n t e r , Otto Friedrich: Personalunterlagen des Zweiten Weltkriegs im Kriegsarchiv.
In: MÖSt A 28 (1975), S. 50-67.
134
Dabei hatte Mündl der Leitung des Österreichischen Staatsarchivs im Oktober 1945
noch hochf liegende Pläne einer ziemlich bruchlosen Anknüpfung an die Tätigkeit
des alten Kriegsarchivs präsentiert: Bericht und Anträge über die wissenschaftlichen
133
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Heeresarchiv
Kiszling, der im Juni 1946 mit Wirkung vom 1. Mai 1945 pensioniert
wurde, erreichte zwar nicht die angestrebte Ruhestandsversetzung mit dem
österreichischen Generalmajorstitel, aber sein zäher Kampf um Rehabilitierung
trug langfristig doch Früchte. Zunächst wurde er allerdings von seinem
Nachfolger Regele, der ihm auch gerne vorwarf, das Archiv in der „Schlacht um
Wien“ Anfang April 1945 einige Tage unbeaufsichtigt gelassen zu haben, mehr
oder weniger des Hauses verwiesen. In den Augen Regeles standen die enthobenen
und pensionierten Bediensteten des Archivs mit ihren aktiven Kollegen über ihr
Ausscheiden hinaus weiterhin in zu engem Kontakt und suchten sie sogar zu
nicht korrekten Handlungen, insbesondere zu Bücher- und Aktenentlehnungen,
zu bewegen.
Besonders störte den neuen Archivleiter natürlich die „Arbeitsgemeinschaft
Kiszling“, die in der Ära Mündl kurzerhand Bedienstete des Archivs zu
Hilfsarbeiten herangezogen hatte. Mit einigen überlebenden Mitarbeitern von
„Österreich-Ungarns letzter Krieg“ (darunter Jaromir Diakow und Maximilian
Ehnl) hatte sich Kiszling nämlich schon bald nach Kriegsende daran gemacht, die
revolutionären Erschütterungen der Jahre 1848/49 in der Habsburgermonarchie
aufzuarbeiten.135 Regele verbot den Bediensteten des Kriegsarchivs, insbesondere
Czegka und Mündl, jede Mitwirkung und auch den privaten Verkehr mit Kiszling
und benützte die Arbeit der Interalliierten Archivkommission dazu, seinem
Vorgänger buchstäblich den Sessel vor die Türe zu stellen. Ein freundliches
Abschiedsschreiben, das Kiszling nach seiner definitiven Pensionierung im
August 1946 an alle Mitarbeiter des Kriegsarchivs richtete, ließ Regele nicht wie
erbeten verlautbaren, sondern stillschweigend einlegen.136
Der Konflikt zwischen den „k. u. k. Dinosauriern“ Kiszling und Regele
spaltete nicht nur die Belegschaft des Hauses, sondern auch die winzig klein
gewordene Schar österreichischer Militärhistoriker. Noch in den frühen 1960er
Jahren dehnte sich der Streit auf die Wiener Katholische Akademie aus, in der
alle Kontrahenten Mitglieder waren. Hugo Hantsch (1895–1972) weigerte sich
als Leiter der Historischen Arbeitsgemeinschaft, Regele von den Veranstaltungen
Arbeiten des Österreichischen Kriegsarchivs (Zl. 1 9 36/1945). Immerhin wurde 1947,
also in der Ära Regele, mit der Arbeit am Inventar des Kriegsarchivs begonnen. A ls erster
Schritt erfolgte im September 1947 die Vorlage einer A llgemeinen Bestandsübersicht
(K A, Direktionsakten Zl. 1 0 00/1947).
135
K i s z l i n g , Rudolf (Hg.): Die Revolution im Kaisertum Österreich 1848 –1849, 2 Bde.,
Wien 1948.
136
K A, Direktionsakten Zl. 993/1946: eigenhändiges Schreiben Kiszlings (14. August
1946). Unter Zl. 779/1947 erliegt eine „Liste jener Personen, die das Archivgebäude
bis auf weiteres nicht betreten dürfen“ (16. Juli 1947). Sie umfasst u. a. die Herren
Kiszling, Stöller, Reichert, Hof, Raubal, Fink, Wisshaupt. Die Genannten durften nur
beim Direktor vorsprechen.
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Michael Hochedlinger
auszuschließen. Kiszling und Heydendorff boykottierten daraufhin ihrerseits
den Betrieb.137
Erst nach Regeles Abgang war Kiszling wieder gerne gesehener Gast in der
Stiftkaserne, beriet hier und in seiner Wohnung bis ins hohe Greisenalter
Studenten und junge Forscher, besonders im Einvernehmen mit Ludwig Jedlicka
(1916–1977), dem Begründer der österreichischen Zeitgeschichte, der selbst bei
Glaise-Horstenau an der Wiener Universität gehört und sich während des Kriegs
in dessen Umfeld bewegt hatte. Kiszling publizierte weiterhin am laufenden
Band – fast so als wolle er die Jahre der wissenschaftlichen Knebelung 1938–
1945 wettmachen und zugleich dem Gegenspieler Regele sein wissenschaftliches
Potential beweisen.138
Auch das offizielle Österreich glaubte Kiszling mittlerweile seinen
heroischen Kampf gegen die reichsdeutsche Überfremdung in den Jahren
nach dem „Anschluß“; die „konsequente Verhinderung der Einstellung von
Wehrmachtsbeamten aus dem Altreich in das Kriegsarchiv, wodurch dieses als
rein österreichisches Institut erhalten blieb und das Enttragen für Österreich
wertvollen historischen Aktenmaterials verhindert wurde“ pries Kiszling selbst im
April 1946 als die größte Leistung seiner Direktionszeit.139 Eine Anbiederung an
den antideutschen Affekt der österreichischen Politik der ersten Nachkriegsjahre,
dem auch die scharf antipreußische Publizistik Walther Heydendorffs, eine
Generalabrechnung mit der „gesamtdeutschen Geschichtsauffassung“, Ausdruck
verlieh.140 Zu seinem 90. Geburtstag 1972 erhielt Kiszling den Berufstitel
Professor und das Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst, ja er wurde sogar
Ehrenmitglied des „Verbands Österreichischer Archivare“ (VÖA).
Regele schnitt insgesamt weit weniger gut ab. Er wollte aber auch mehr. Regele,
promovierter Staatswissenschafter, strebte nicht nur die Remilitarisierung des
Kriegsarchivs an, sondern nach seiner Pensionierung auch die Habilitation
bei den Historikern und den Juristen – beides vergeblich. Es ärgerte ihn
verständlicherweise, dass der „Nazi-Professor“ Stöller 1955 die Lehrbefugnis
zurückerhielt. Gemeinsam mit dem Leiter des Amts für Landesverteidigung,
seinem ehemaligen Militärattaché-Kollegen und Freund Emil Liebitzky (1892–
1961), arbeitete Regele 1955 sogar an der Errichtung einer „Lehrkanzel für
Landesverteidigung“(!) – auch dies ohne Erfolg. Wie Kiszling war Regele ein
Diesen Querelen verdanken wir eine ausführliche Schilderung des Konf likts zwischen
Regele und Kiszling aus der Feder des letzteren: K A, Nachlass Kiszling B/800 Nr. 20.
138
An Monographien unter anderem Fürst Felix zu Schwarzenberg, Graz-Köln 1952;
Erzherzog Franz Ferdinand von Österreich-Este, Graz-Köln 1953; Die hohe Führung der
Heere Habsburgs im Weltkrieg 1914 –1918, Wien 1976 (postum).
139
Erklärung Kiszlings vom 19. April 1946 (K A, MS/K A 165).
140
Österreich und Preußen im Spiegel österreichischer Geschichtsauffassung, Wien 1947.
137
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Heeresarchiv
fleißiger Schreiber und legte bis zu seinem Tod im Jahre 1969 noch eine ganze
Reihe militärhistorischer Arbeiten vor.141
Anhang I: Die Geschäftseinteilung Heeresarchiv Wien 1941/1945142
Sachgebietsgruppe I (Militärzentralstellen, Militärgerichtsarchiv, Militärkommanden
und Personalakten)
Leiter: Viktor Meduna († 1942), danach Karl Martinec, 1945: Friedrich Hof
Mitarbeiter: Franz Fink (später Gruppe III), Dr. Joseph Sokoll, Jakob Gallent,
Maximilian Ehnl, Generalmajor Adolf Staab, Friedrich Hof (bis 1944 abwesend)
Sachgebietsgruppe II (Feldakten aller Kriege)
Leiter: Gustav Reichert
Mitarbeiter: Karl Martinec (bis 1942), Ernst Wisshaupt, Dr. Walter Nemetz
Sachgebietsgruppe III (Bundesheer 1918–1938)
Leiter: Dr. Eduard Czegka
Mitarbeiter: Hermann Rüling (Kriegsdienst seit 1939), Generalmajor Heinrich
Klein (Personalia)
Sachgebietsgruppe IV (Karten- und Bildersammlung)
Leiter: Josef Mündl
In der Geschäftseinteilung 1943 erscheint eine eigene Sachgebietsgruppe V
„Technische Akten“ unter Generalleutnant z. V. Rudolf Schneider. Sie wurde 1945
als Sachgebiet 10 in die Sachgebietsgruppe I (Zentralstellen) eingegliedert. Als
Sachgebietsgruppe V wird stattdessen 1945 „Beuteakten Süd-Ost“ unter Major z. V.
Regenauer genannt.
K A, Nachlass Liebitzky B/1030 Nr. 52. Feldmarschall Conrad, Wien-München 1955;
Feldmarschall Radetzky, Wien-München 1957; Feldzeugmeister Benedek, WienMünchen 1960; Generalstabschefs aus vier Jahrhunderten, Wien-München 1966;
Gericht über Habsburgs Wehrmacht, Wien-München 1968. – Die Redaktion der
Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs bot ausgerechnet dem Intimfeind
Regeles, Walther Heydendorff, Gelegenheit. In: MÖSt A 9 (1956), S. 605-610 eine
vernichtende Rezension der Regeleschen Conrad-Apologie zu publizieren.
142
K A, MS/K A 14; MS/K A 536 (Personalstand 1. April 1941); MS/K A 159 (Personalstand
7. April 1945); MS/K A 428 (Geschäftsverteilungsplan: Sachgebietsgruppen und
Sachgebiete 1945 mit Angabe der Auslagerungsorte).
141
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Michael Hochedlinger
Anhang II: Die Mitarbeiter der Heeresarchivs Wien 1938–1945143
Czegka, Eduard, Dr. phil. (Wien 17.11.1887 – Wien 19.6.1953): 1907–1911 Studium
der Geschichte (Universität Graz). 1913 Dr. phil. Volontär in der Steiermärkischen
Landesbibliothek. Teilnahme am Ersten Weltkrieg als Reserve- bzw. aktiver Offizier
(verwundet, mehrfach dekoriert). 1920 in das Österreichische Bundesheer übernommen
(Major), seit September 1925 dem Kriegsarchiv (kriegsgeschichtliche Abteilung) zugeteilt.
1925–1927 Institut für Österreichische Geschichtsforschung. 1934 als Staatsarchivar
1. Klasse in den Personalstand des Kriegsarchivs übernommen. 1938 Heeresarchivrat.
1939 Beauftragter des Heeresarchivs Wien in Warschau. 1940 Heeresoberarchivrat
(nach 1945: Oberstaatsarchivar). 1951 Titel Hofrat. 1952 pensioniert.
K A, MS/K A 160; K A, Personalkartothek des Kriegsarchivs (AB 32); K A, Nachlass B/C/992;
AdR, BK A PA II. Republik; Broucek, Peter: Hugo Kerchnawe und Dr. Eduard Czegka – 25 Jahre
Tätigkeit für die Heereskunde. In: Festschrift der Gesellschaft für Heereskunde 1984, S. 25 f.;
Leesch, Wolfgang: Die deutschen Archivare 1500–1945. 2: Biographisches Lexikon, München etc.
1992, S. 109. Nachrufe von Oskar Regele MÖStA 6 (1953), S. 548 f. und Josef Sokoll MIÖG 63
(1955), S. 275 f.
Fink, Franz (Kletsch, Gottschee 23.12.1887 – Wien 16.1.1969): Infanteriekadetten­
schule Triest. Teilnahme am Ersten Weltkrieg (mehrfach verwundet) als Offizier (1916
Hauptmann). 1920 Übernahme ins Kriegsarchiv (1924 „militärischer Fachberater“).
1922 Titular-Major. 1930 (1934) Amtsrat. 1938 Regierungsoberinspektor. 1939
Heeresarchivrat. 1942 Heeresoberarchivrat. 1943 bis Ende 1944 Kriegstagebuchführer
Heeresgruppe F (bis Februar 1945 Kurlazarett Bad Kissingen). 1945 enthoben (NSDAPMitglied). 1947 im Ruhestand.
K A, MS/K A 163; K A, Personalkartothek des Kriegsarchivs (AB 32); AdR, BK A PA II. Republik
Glaise (von) Horstenau, Edmund (Braunau/Inn 27.2.1882 – [Selbstmord]
Lager Langwasser bei Nürnberg 20./21.7.1946): Theresianische Militärakademie.
Kriegsschule. 1913 als Hauptmann im Generalstabskorps dem Kriegsarchiv zugeteilt
(kriegsgeschichtliche Abteilung). 1915–1918 Pressereferent des Armeeoberkommandos,
zuletzt Major (1921 Oberstleutnant a. D., 1934 Oberst a. D.). 1919 Staatsaktenabteilung,
1920 Kriegsarchiv. 1924 Hofrat. 1925 Generalstaatsarchivar und Direktor des
Kriegsarchivs. 1931 Mitglied der Kommission für Neuere Geschichte Österreichs.
1932 Dr. phil. h. c. der Universität München. 1934 Habilitation für neuere Kriegsund Heeresgeschichte an der Universität Wien. 1934 Mitglied des Staatsrates. 1936
Bundesminister (ohne Portefeuille, später Innenminister). 11.-13.3.1938 Vizekanzler
im Kabinett Seyss-Inquart. 1938 Generalmajor. 1940 Mitglied der Wiener Akademie
der Wissenschaften. 1941 „deutscher General in Agram“. 1943 General der
Infanterie. Beauftragter für die militärische Geschichtsschreibung im Südosten. 1945
Kriegsgefangenschaft. Zeuge der Verteidigung im Nürnberger Prozess.
143
A kademische Referenten und ihnen Gleichgestellte (ohne reaktivierte Pensionisten).
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Heeresarchiv
K A, Personalkartothek (AB 32); K A, Nachlass B/67. Broucek, Peter (Hg.): Ein General im
Zwielicht. Die Erinnerungen Edmund Glaises von Horstenau, 3 Bde., Wien 1980–1988; Leesch:
Archivare, S. 187; Broucek – Peball: Geschichte, S. 363-377 (mit Werkverzeichnis).
Hof, Friedrich (Wien 25.11.1881 – Wien 23.10.1973): Kadettenschule. 1913 als
Oberleutnant und definitiv 1914 nach Ruhestandsversetzung (Hauptmann) dem
Kriegsarchiv zugeteilt. 1914–1916 Kriegsdienstleistung in der Etappe, danach wieder
im Kriegsarchiv. 1920 Major d. R. 1921 Übernahme in den Zivilstaatsdienst (1924
„militärischer Fachberater“). 1929 Amtsrat (1935 Regierungsrat). 1938 Regierungs­
oberinspektor. 1939 Heeresarchivrat. 1942 Heeresoberarchivrat. August 1940
kommandiert nach Brüssel. November 1941 bis September 1944 Leiter der Dienststelle
„Beauftragter des Chefs der Heeresarchive beim Militärischen Befehlshaber in Belgien
und Nordfrankreich“ (Juli-Oktober 1941 vertretungsweise Beauftragter des Chefs der
Heeresarchive in Paris). September 1944 Rückkehr nach Wien. Dezember 1945 (mit
Wirkung vom 6.6.1945) als illegales NSDAP-Mitglied entlassen (1947 Entlassung
aufgehoben, 1948 pensioniert).
K A, MS/K A 164; K A, Personalkartothek des Kriegsarchivs (AB 32); AdR, BK A PA II. Republik.
Kiszling, Rudolf (Nagy Becskerek, Banat 8.1.1882 – Purkersdorf bei Wien 8.5.1976):
Sohn eines k. u. k. Generalmajors. Theresianische Militärakademie. Kriegsschule.
Kriegsdienstleistung im Ersten Weltkrieg als Generalstabsoffizier (1918 Oberstleutnant).
1921 ins Kriegsarchiv übernommen. 1924 Beamter des wissenschaftlichen Dienstes
(Nachsicht vom Erfordernis der Hochschulbildung). 1926 Staatsarchivar. 1928
Oberstaatsarchivar. Schriftleiter des Generalstabswerks „Österreich-Ungarns letzter
Krieg 1914–1918“. 1929–1931 Lehrer für Strategie am Höheren Offizierskurs des
Bundesheeres. 1930 Titular-Oberst. 1934 Hofrat. 1936 „einstweiliger Leiter“ für
Direktor Glaise-Horstenau. 1937 Generalstaatsarchivar. 1938 Heeresoberarchivrat.
1939 Heeresarchivdirektor. 1944 Mitglied der Kommission für Neuere Geschichte des
ehemaligen Österreich. 1945 enthoben. 1946 pensioniert. 1972 Berufstitel Professor.
K A, MS/K A165; K A, Personalkartothek des Kriegsarchivs (AB 32); K A, Nachlass B/C/800; AdR,
BK A PA II. Republik. Leesch: Archivare, S. 311; Broucek – Peball: Geschichte, S. 484-490 (mit
Werkverzeichnis). Würdigung zum 75. Geburtstag durch Wilhelm Kraus MÖStA 10 (1957),
S. 539-546 (mit Werkverzeichnis), anlässlich des 90. Geburtstages durch Otto Friedrich Winter
Scrinium 6 (1972), S. 3-7. Nachruf u. a. von Peter Broucek Scrinium 14 (1976), S. 3-5.
Klein, Heinrich (Wien 10.7.1881 – Wien 4.12.1953): Offizier im Ersten Weltkrieg
(mehrfach verwundet), danach bis 1933 Berufsoffizier (1931 Oberst) und Dienstleistung
im Präsidialbüro des Bundesministeriums für Heerwesen. 1933 Pensionierung mit dem
Titel eines Generalmajors. Nach dem Anschluss 1938 Mitarbeit an der Liquidierung des
Österreichischen Bundesheeres. 1938–1940 Archivstab des ehemaligen Österreichischen
Bundesministeriums für Landesverteidigung (Heeresgruppenkommando 5 bzw.
Wehrkreiskommando XVII). Mit 1.12.1939 als Oberst in die Führerreserve übernommen.
1940 Charakter eines Generalmajors. Dezember 1940 zum Heeresarchiv übersetzt
(Sachgebietsgruppe Bundesheer). Juni 1946 ausgeschieden.
K A, MS/K A 165; AdR, BK A PA II. Republik
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Michael Hochedlinger
Martinec, Karl (Hinterwasser, Böhmen 20.10.1879 – Wien 14.4.1961): Truppen­offizier
im Ersten Weltkrieg (verwundet, russische Kriegsgefangenschaft). 1920 als Major d. R.
in das Kriegsarchiv übernommen (1924 „militärischer Fachberater“). 1922 TitularOberstleutnant. 1928 (1936) Amtsrat (1934 Regierungsrat). 1938 Verwaltungsamtmann
bzw. Oberamtmann. 1939 Heeresarchivrat. 1941 Heeresoberarchivrat. Februar 1945
im Ruhestand.
K A, MS/K A 166; K A, Personalkartothek des Kriegsarchivs (AB 32); AdR, BK A PA II. Republik
Meduna (von Riedburg und Langenstauffen-Pyllwitz), Viktor (Teplitz-Schönau,
Böhmen 20.8.1881 – [Herzinfarkt] Reservekurlazarett Kudowa, Preußisch Schlesien
5.8.1942): Sohn eines k. u. k. Feldmarschall-Leutnants. Militärakademie. Kriegsschule.
Kriegsdienstleistung als Generalstabsoffizier im Ersten Weltkrieg (1918 Major). 1921
Übernahme in das Kriegsarchiv als Zivilangestellter bzw. Beamter. 1921 TitularOberstleutnant. 1921–1923 Institut für Österreichische Geschichtsforschung. 1927
Oberstaatsarchivar. 1934 Hofrat. 1938 Heeresoberarchivrat.
K A, MS/K A 166; K A, Personalkartothek des Kriegsarchivs (AB 32); K A, Splitternachlass B/64.
Leesch: Archivare, S. 392 f.
Mündl, Josef (Komorn, Ungarn 6.11.1887 – Wien 2.3.1950): Theresianische Militär­
akademie. 1909 probeweise (1910 definitiv) aus Gesundheitsrücksichten als Leutnant
ins Kriegsarchiv versetzt. Nach kurzem Kriegsdienst 1915 wieder als pensionierter
Oberleutnant (1917 Hauptmann) dem Kriegsarchiv zugeteilt. 1917–1923 Adjutant des
Kriegsarchivdirektors. 1921 Übernahme in den Zivilstaatsdienst. 1921 Titular-Major.
1921–1923 Institut für Österreichische Geschichtsforschung. 1927 Staatsarchivar. 1934
Oberstaatsarchivar. 1937 Vorstand der Kartenabteilung. 1938 Heeresoberarchivrat.
September 1939–Mai 1940 Beauftragter des Chefs der Heeresarchive in Krakau.
1944 Titel Heeresarchivdirektor. Mai 1945 bis Mai 1946 Leiter des Kriegsarchivs
(Staatsarchiv II). 1947 im Ruhestand.
K A, MS/K A 166; K A, Personalkartothek des Kriegsarchivs (AB 32); AdR, BK A PA II. Republik.
Leesch: Archivare, S. 426.
Nemetz, Walter, Dr. phil. (Wiener Neustadt 1.4.1910 – Wien 18.10.1958): 1928–1933
Studium der Geographie (Universität Innsbruck und Graz). 1933 Dr. phil. 1935–1937
Nachholung des Geschichtestudiums durch eine „Nostrifikationsarbeit“ bei Srbik.
1934 unbesoldeter freiwilliger Mitarbeiter (Volontär) im Kriegsarchiv. 1937 Aspirant.
1938 provisorischer Staatsarchivar. 1938 außerplanmäßiger Heeresarchivrat. 1941
wirklicher Heeresarchivrat. 1943–1944 Beauftragter des Chefs der Heeresarchive
(Kriegstagebuchführer) beim Oberbefehlshaber Süd. (Verlust des rechten Beines nach
Unfall.) März 1945 Wiederaufnahme des Dienstes im Kriegsarchiv. 1946–1948 Institut
für Österreichische Geschichtsforschung (bereits 1937/38 begonnen). Vorstand der
Bibliothek des Kriegsarchivs. 1947 provisor. Staatsarchivar 2. Klasse. 1948 Staatsarchivar
2. Klasse. 1952 Staatsarchivar 1. Klasse. 1953–1956 Haus-, Hof- und Staatsarchiv. 1956
Rückkehr ins Kriegsarchiv und mit 1.1.1957 stellvertretender Direktor. Anerkannter
Heeres- und Uniformkundler, Berater mehrerer österreichischer Nachkriegsfilme in
Uniformfragen („Liebelei“, „Johann Strauß“, „Kaisermanöver“).
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Heeresarchiv
K A, MS/K A 167; K A, Personalkartothek des Kriegsarchivs (AB 32); K A, Nachlass B/2210; AdR,
BK A PA II. Republik. Leesch: Archivare, S. 430; Broucek – Peball: Geschichte, S. 517-520.
Nachrufe von Wilhelm Kraus MÖStA 11 (1958), S. 609-612 und Walter Hummelberger MIÖG
67 (1959), S. 514 f.
Reichert, Gustav (Wokrinek, Böhmen 28.12.1880 – Wien 16.2.1961): Sohn eines
Domänenverwalters, der 1866 auf preußischer Seite gekämpft hatte. Offizier.
Kriegsdienstleistung im Ersten Weltkrieg (verwundet). 1918 Major. 1920 Übernahme
in den Zivilstaatsdienst und dem Kriegsarchiv zugeteilt („militärischer Fachberater“).
1922 Titular-Oberstleutnant. 1926 (1934) Amtsrat (1934 Regierungsrat). 1938
Verwaltungsamtmann bzw. Oberamtmann. 1939 Heeresarchivrat. 1941 Heeres­
oberarchivrat. Juli 1945 (Februar 1946) enthoben (NSDAP-Mitglied). 1947 im
Ruhestand.
K A, MS/K A 168; K A, Personalkartothek des Kriegsarchivs (AB 32); AdR, BK A PA II. Republik.
Rüling, Hermann (Freiherr von) (Linz 26.1.1899 – Wien 10.2.1944). Sohn eines
Offiziers und Enkel eines k. k. Generalmajors. 1918–1921 Dienst in der ukrainischen
Armee. Nach der Rückkehr nach Wien 1922 in der Privatwirtschaft. Mitarbeiter und
Redakteur der Theaterzeitschrift „Wiener Leben“. 1928 Volontär im Kriegsarchiv
(Bibliothek). 1930 Übernahme als Vertragsangesteller, dann „militärischer Fachberater“.
1938 Regierungsinspektor. 1939 Heeresarchivrat. Ab August 1939 ununterbrochener
Kriegsdienst (zuletzt Rittmeister).
K A, MS/K A 168; K A, Personalkartothek des Kriegsarchivs (AB 32)
Sokoll, Josef, Dr. phil. (Trautenau, Böhmen 12.8.1898 – Wien 15.4.1966): 1916–1918
Kriegsdienst (Leutnant der Reserve, Träger der Großen Silbernen Tapferkeitsmedaille).
1920–1926 Bankbeamter, danach ohne Anstellung. Studium der Geschichte (Universität
Wien). 1929 Dr. phil. 1931–1933 Institut für Österreichische Geschichtsforschung. 1934
freiwilliger Mitarbeiter (Volontär) im Kriegsarchiv. 1936 Aspirant. 1937 provisorischer
Staatsarchivar 2. Klasse. 1938 außerplanmäßiger Heeresarchivrat. Februar 1939 auf
Grund der Verordnung zur Neuordnung des österreichischen Berufsbeamtentums
entlassen. Dezember 1939 Wiedereinstellung. 1940 Heeresarchivrat. 1944 Heeresober­
archivrat. 1944–1945 Kriegstagebuchführer der Heeresgruppe F bzw. E. 1945
amerikanische Kriegsgefangenschaft. Jänner 1946 Dienstantritt im Kriegsarchiv
(Staatsarchivar 2. Klasse). 1950 Staatsarchivar 1. Klasse. Ab 1957 im Finanz- und
Hof kammerarchiv. 1958 Oberstaatsarchivar. 1963 im Ruhestand. Vorstandsmitglied
der Genealogisch-Heraldischen Gesellschaft „Adler“.
K A, MS/K A 169; K A, Personalkartothek des Kriegsarchivs (AB 32); K A, Teilnachlass B/1 555;
Personalakt Generaldirektion des Österreichischen Staatsarchivs. Leesch: Archivare, S. 577; Stoy,
Manfred: Das Österreichische Institut für Geschichtsforschung 1929–1945 (Mitteilungen des
Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 50), Wien-München 2007, S. 335. Nachruf von
Hanns Jäger-Sunstenau Adler. Zeitschrift für Genealogie und Heraldik 22 (1966) S. 123.
Stöller, Ferdinand, Dr. phil. (Wien 15.2.1891 – Klosterneuburg 14.12.1968):
Theresianische Militärakademie. Kriegsdienstleistung als Offizier (zuletzt Hauptmann)
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Michael Hochedlinger
im Ersten Weltkrieg (schwer verwundet). Ab 1916 im Kriegsarchiv. 1921 Übernahme
als Zivilbediensteter (1924 „militärischer Fachberater“). 1922 Titular-Major. 1924–1928
Studium der Geschichte (Universität Wien). 1928 Dr. phil. 1925–1927 Institut für
Österreichische Geschichtsforschung. 1929 Staatsarchivar. 1934 Habilitation für mittlere
und neuere Kriegs- und Heeresgeschichte Universität Wien. 1936 Oberstaatsarchivar.
Leiter der Bibliothek des Kriegsarchivs (1938 als Heeresbücherei Wien verselbständigt).
1938 Heeresoberarchivrat. 1941 außerplanmäßiger Professor. 1945 (1946) enthoben
(NSDAP-Anwärter). 1947 im Ruhestand. 1946–1965 Mitarbeiter des Museums für
österreichische Kultur. 1955 Wiedererteilung der Lehrbefugnis.
K A, MS/K A 169; K A, Personalkartothek des Kriegsarchivs (AB 32); K A, Teilnachlass B/527;
AdR, BK A PA II. Republik. Leesch: Archivare, S. 595; Broucek – Peball: Geschichte, S. 606 f.;
Fellner, Fritz – Corradini, Doris A.: Österreichische Geschichtswissenschaft im 20. Jahrhundert.
Ein biographisch-bibliographisches Lexikon (Veröffentlichungen der Kommission für Neuere
Geschichte Österreichs 99), Wien-Köln-Weimar 2006, S. 398.
Wisshaupt, Ernst (Winterberg, Böhmen, 25.6.1890 – Wien 7.11.1971): Studium
Geographie-Geschichte
Universität
Wien
(Abschluss
mit
Absolutorium).
Kriegsdienstleistung als Offizier im Ersten Weltkrieg (Oberleutnant), danach im
Österreichischen Bundesheer (Major). 1925 in das Kriegsarchiv (kriegsgeschichtliche
Abteilung) kommandiert. 1935 in den Personalstand des Kriegsarchivs übernommen
(„militärischer Fachberater“ – Archivsekretär). 1937 Lehrer für Kriegsgeschichte an der
Militärakademie Wiener Neustadt. 1938 Regierungsinspektor. 1939 Heeresarchivrat.
1942 Heeresoberarchivrat. 1939–1945 Kriegsdienst (Kriegstagebuchführer). 1945
entlassen (illegales NSDAP-Mitglied). 1949 im Ruhestand.
K A, MS/K A 170; K A, Personalkartothek des Kriegsarchivs (AB 32); K A, Nachlass B/1 278
(Schreibtischsplitternachlass); AdR, BK A PA II. Republik. Eccher: Die SA-Brigade Jäger, S. 130132.
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