Philosophie SDT Q2 Essay – Thema: Wissen Valentina Luceri Wie gehen wir mit der Gewissheit um, nichts sicher wissen zu können? Was ist überhaupt Wissen? Der Wissensbegriff gliedert sich in einige Unterbegriffe auf, die jeweils spezifischer werden. Zum einen existiert das wissenschaftliche Wissen. Aussagen können erst wissenschaftlich anerkannt werden, wenn sie durch zahlreiche Experimente verifiziert werden konnten. Der Zufall muss hier jedoch einkalkuliert und letztlich ausgeschlossen werden. Durch seine Neutralität und nicht zuletzt da es auf objektiven Fakten beruht, gilt diese Art von Wissen als generalisierbar. Es entspricht solange der Wahrheit bis es widerlegt wird und ist somit die bestmögliche Methode, um die Welt zu verstehen. Zum anderen steht dem der Begriff des Alltagswissens gegenüber. Dieses ist meist offener zu interpretieren und basiert auf unseren persönlichen Erfahrungen anhand derer wir Situationen abschätzen und so zu persönlichem Wissen gelangen können. Jedoch ist es daher subjektiv und kann nicht auf die Allgemeinheit angewendet werden. So handeln wir gemäß unserer persönlichen Wirklichkeit. Was bedeutet in diesem Kontext sicheres Wissen? Es sagt aus, dass eine Aussage ausreichend oft erprobt wurde. Dies muss objektiv und neutral geschehen, allgemein übertragbar und deswegen unumstößlich sein. Doch da auch nicht das wissenschaftliche Wissen all diese Eigenschaften erfüllt, ergibt sich ein Trugschluss. Sicheres Wissen beschreibt nur einen anzustrebenden Endzustand, der jedoch nie erreicht werden kann. Es ist lediglich eine Illusion. Wissen ist nicht eingrenzbar, weil wir immer weiter suchen, entdecken und forschen. Uns wird klar, dass der Gehalt an Wissenswertem und Sinnlosem, aber dennoch Existierendem, unermesslich hoch ist. Schon im Schulalltag bemerken wir, dass wir immer wieder Neues erfahren. Wir weiten unseren Blick für das, was existiert und merken das Wissen sich über große Gebiete erstreckt, jedoch immer noch nicht vollkommen von der Empirie beleuchtet wurde. Darüber hinaus ist selbst die Fähigkeit der Wissenschaft begrenzt. Denn es gibt weitaus mehr von dem was uns unbekannt ist als von dem wir auch nur eine Ahnung haben. Zusammenhänge in der Physik können beispielsweise nicht plausibel dargestellt werden, so ist auch die Ursprungstheorie des Universums und allen Lebens noch nicht nahtlos entschlüsselt worden. Die einzige Möglichkeit scheint, sich mit dem Zustand des Nichtwissens abzufinden und diesen gerade dadurch zu überwinden, indem man sich selbst täuscht. Forscher beschreiten den Weg, der so oft im Alltag umgangen wird. Sie stellen sich nicht damit zufrieden, eine Aussage zu treffen und widmen sich anschließend einem neuen Problem. Denn das vorherige ist noch nicht gelöst. Durch die Erforschung eines Aspekts eröffnen sich Randbereiche, die dem Menschen so als vorläufiges Wissen zugänglich sind. Der Mensch als Wissensgieriger wird in der Monotonie des Alltags viel zu oft verdrängt. Doch warum ist das so? Für den Menschen lebt es sich gut genug, ohne determiniertes und stichhaltiges Wissen zu besitzen. Also ohne das Wissen, das auf Fakten beruht und annäherungsweise die Wirklichkeit beschreibt. Er setzt wie in der Mathematik Prämissen voraus, damit ein vermeintlich in sich stimmiges System entsteht. Dieses wird von der Mehrheit der Menschen geteilt und als richtig empfunden, was aber nicht heißt, dass es auch tatsächlich der Wahrheit entspricht. Trotzdem ist es möglich, dass sich das eigene Alltagswissen nicht mit dem aller Menschen deckt. Aufgrund verschiedener Erfahrungen kann auch das Wissen stark variieren. Als Beispiel führe ich ein falsch ausgeführtes Experiment an. Der Fehler ist dem Versuchsleiter aber nicht bekannt. Er geht folglich von der Richtigkeit der Ergebnisse aus. Das Ergebnis kann nicht neutral wahrgenommen werden, da man einen Blickwinkel auf das Beobachtungsobjekt einnimmt, der die Neutralität verwehrt. Das kann dazu führen, dass man simpel gesprochen den Inhalt eines Messbechers falsch abließt und so zu verfälschten Ergebnissen gelangt. Die selbstgeschaffene Wirklichkeit hat ihren Anfang. Gemäß dem Verfahren der Induktion schlussfolgert man kategorische Aussagen, die allgemeingültig anzuwenden sind. Doch von einer begründeten Einzelaussage auszugehen, kann eben trügerisch sein. Damit ist bewiesen, dass Wissen unsicher ist. Anders herum kann das Wissen in Folge der Deduktion ebenfalls fehlerhaft sein, da es auf falschen Tatsachen beruht. Dem Menschen scheint dieser Ausschluss nicht vorhanden zu sein und so klammert er sich selbst als unwissendes bzw. nicht sicher wissendes Objekt aus. Im Alltag ist diese Strategie durchaus umsetzbar, da in der Regel keine Hinterfragung des anzuwendenden Wissens erfolgt. Vieles läuft Philosophie SDT Q2 Essay – Thema: Wissen Valentina Luceri einfach nur automatisiert ab. Andernfalls wäre unser Gehirn ohnehin maßlos überfordert. In der Wissenschaft bleibt dennoch die Frage wie man mit dem Fakt der vorbestimmten Unwissenheit verbleibt. Einerseits wird versucht es zu festigen, zu beweisen. Doch dies erfolgt nie endgültig. Andererseits kann lediglich eine Eingrenzung und somit eine immer genauere Annäherung an das objektive Wissen erfolgen. Das folgende Zitat entstammt dem Werk „Faust. Der Tragödie erster Teil“ von Johann Wolfgang von Goethe. „Da steh‘ ich nun, ich armer Tor, Und bin so klug als wie zuvor! Heiße Magister, heiße Doktor gar, Und ziehe schon an die zehen Jahr‘ Herauf, herab und quer und krumm Meine Schüler an der Nase herum – Und sehe, dass wir nichts wissen können!“ Es drückt aus, dass selbst angeeignetes Wissen dennoch nicht klug macht, all die Jahre des Lernens, das Beschreiten einer akademischen Laufbahn mit dem Abschluss Magister oder sogar der des Doktors, der allseits in der Gesellschaft anerkannt und automatisch mit hoher Intelligenz, Engagement und Interesse für die jeweilige Materie assoziiert wird. Doch selbst dann beschreibt sich der Protagonist des Dramas weiterhin als „Tor“, der seinen Seinszustand wohl nicht verlassen kann. Mit dem Wissen, das er hat, versucht er auch die Köpfe seiner Studenten zu füllen, doch letztlich ist es ihm versagt von einem angeeigneten Wissen zu sprechen. Denn nichts – und eben auch das Wissen – ist sicher. Der Mensch kann nicht wissen. Er glaubt zu wissen und konstruiert sich seine Wirklichkeit selbst. So stellt er sicher, dass er einen Anhaltspunkt in der Welt hat. Dieser ist erforderlich, damit er sich von der Gewissheit des Nichtwissens abgrenzen und handeln kann ohne eine gewisse Wertlosigkeit in seiner Aktion zu verspüren.