SCIENCE MOLEKULARE BILDGEBUNG Molekulare Bildgebung – Neue Horizonte in der Radiologie Die molekulare Bildgebung eröffnet neue Perspektiven in der Radiologie und verlagert den Schwerpunkt von der Morphologie auf die molekularen Mechanismen. Von Dr. Jan Grimm In den letzten Jahren wurden in der Molekularbiologie und Biochemie große Fortschritte erzielt, die unsere Kenntnisse über Krankheiten erheblich erweitert haben. Gleichzeitig setzt sich in der modernen Medizin mehr und mehr die Erkenntnis durch, dass den pathologischen Prozessen einer Erkrankung molekulare Mechanismen zu Grunde liegen. Viele Arzneimittel der neuen Generation greifen bereits gezielt in ganz bestimmte Schlüsselvorgänge auf der molekularen Ebene ein. Andererseits beruht die bildgebende Diagnose auch heute noch im Wesentlichen auf morphologischen und physiologischen Veränderungen, beides sind jedoch nur späte Manifestationen der ursprünglichen, zu Grunde liegenden molekularen Veränderungen. In der Nuklearmedizin werden Kontrastmittel für eine molekulare Bildgebung schon seit Jahren erfolgreich eingesetzt. Die meisten der heute verwendeten Kontrastmittel für die MRT und CT sind jedoch noch relativ unspezifisch. Derzeit stehen nur wenige spezifischere Kontrastmittel zur Verfügung, beispielsweise für das retikuloendotheliale System (RES). Die molekulare Bildgebung macht es sich zur Aufgabe, mit bildgebenden Verfahren das Leben, Differenzieren und Sterben von Zellen darzustellen und aufzuzeigen, wie bestimmte Signalwege verlaufen oder wie Wachstumsfaktoren 70 und andere Mechanismen Krankheiten auslösen oder verhindern. Sie kann ebenfalls bildlich darstellen, wie solche Mechanismen auf neue Behandlungsansätze reagieren. Definition der molekularen Bildgebung Bei der molekularen Bildgebung handelt es sich um die „In-vivo-Charakterisierung und Messung von biologischen Prozessen auf zellulärer und molekularer Ebene“ (1). Das Ziel der molekularen Bildgebung besteht darin, an Stelle der erst später auftretenden morphologischen Veränderungen bereits die mit der Entwicklung von Krankheiten verbundenen molekularen Veränderungen abzubilden und zu quantifizieren. In diesem Ansatz liegen weit greifende Möglichkeiten der Diagnostik verborgen mit potenziellen Auswirkungen auf alle wichtigen Aspekte der Medizin. Innerhalb der nächsten fünf bis zehn Jahre wird die molekulare Bildgebung wahrscheinlich einen direkten Nutzen für Patienten mit sich bringen. So wissen wir beispielsweise, dass bereits bis zu sechs Jahre vor dem Zeitpunkt, an dem heute Raumforderungen im Körper mit Bildgebung nachweisbar sind, molekulare Veränderungen auftreten. Durch Detektion dieser molekularen Prozesse könnten Krankheiten sehr viel früher diagnostiziert und therapiert werden, die Prognose MEDICAL SOLUTIONS 1/2003 SCIENCE MOLEKULARE BILDGEBUNG Zielstrukturen für die molekulare Bildgebung Eine geeignete Zielstruktur zu identifizieren kann in der Praxis recht schwierig sein. Neuere Entwicklungen in der Biotechnologie haben den erforderlichen Zeitaufwand zur Identifikation von Zielstrukturen verkürzt. Heute werden diese Methoden auch immer mehr zur Identifizierung geeigneter Bildgebungsziele eingesetzt. Die molekulare Bildgebung wird mittlerweile als eine wichtige Technologie für die in vitro- und in vivo-Evaluierung geeigneter Zielstrukturen angesehen: In vitro können Tausende von Proben schnell, gleichzeitig und quantitativ analysiert werden (3). Durch Darstellung der Verteilung und Interaktion des Wirkstoffs mit dem gewählten Ziel in vitro oder in vivo eignet sich die molekulare Bildgebung auch zur Untersuchung der Wirksamkeit von Arzneimitteln. Dies beschleunigt die Entwicklung von neuen Medikamenten und trägt zur Kosten- MEDICAL SOLUTIONS 1/2003 Cell könnte entsprechend verbessert werden. Ein frühes Staging kann auf molekularen Markern beruhen, das anschließende „Profiling“ zur Identifizierung geeigneter Therapieziele könnte eine individuelle, maßgeschneiderte Therapie erlauben. Und schließlich können durch geeignete Bildgebungsverfahren, wie zum Beispiel Positronenemissionstomographie (PET), Parameter wie Apoptose oder Tumormetabolismus zur Evaluierung der Behandlungswirksamkeit überwacht werden; dies wird bereits in der klinischen Praxis initiiert (2). Die molekulare Bildgebung kombiniert herkömmliche In vitro-Diagnostika mit modernen Bildgebungsmodalitäten, um eine nichtinvasive, krankheitsspezifische Diagnose zu erhalten. Die genutzten Bildgebungsmodalitäten sind dieselben, die gegenwärtig in der Radiologie genutzt werden: Magnetresonanztomographie (MRT), Computertomographie (CT), Positronenemissionstomographie (PET), EinzelphotonenEmissionscomputertomographie (SPECT) sowie Ultraschall. Hinzu kommt als wichtige Ergänzung die optische Bildgebung. Die Radiologie ist eine Schnittstelle zwischen Biologie, Bildgebungstechnologie und Medizin. Sicherlich wird sich nicht jeder Radiologe mit der molekularen Bildgebung beschäftigen, sie wird aber zukünftig bei einer fortschrittlichen Diagnostik eine immer wichtigere Rolle spielen. Um biologische Prozesse nichtinvasiv und in vivo abbilden und quantifizieren zu können, müssen drei Voraussetzungen gegeben sein. Erforderlich sind: 1) eine Sonde, bestehend aus einem Label, das mit hoher Sensitivität nachgewiesen werden kann, und einem Liganden mit hoher Affinität und Spezifität für die Zielstruktur; 2) eine Strategie zur Verstärkung des vom Label abgegebenen Signals, um eine hohe Sensitivität zu erreichen; 3) eine empfindliche, hochauflösende Bildgebungsmodalität zum Nachweis des Labels (1). nucleus DNA nuclear membrane cytoplasm mRNA cell membrane extracellul. Proteins 1] ZIELSTRUKTUREN für die molekulare Bildgebung, das Prinzip des „downstream imaging“ und der natürlichen Amplifikation (siehe Text). senkung bei. In naher Zukunft werden daher noch viele neue geeignete Zielstrukturen identifiziert werden können (1). Zu den sich anbietenden natürlichen Zielstrukturen zählen hauptsächlich DNA- und mRNA-Sequenzen und Proteine, aber auch Kohlenhydrate und Lipide. Der Nachweis von DNA-Sequenzen in Zellen durch molekulare Bildgebung stellt eine große Herausforderung dar, da zum einen pro Zelle nur sehr wenige Kopien vorhanden sind und zum anderen die DNA sehr stark verdichtet als Superhelix vorliegt und tief im Innern der Zelle im Kern verborgen ist. Die Abbildung und Darstellung des Geninhaltes über die zugehörige mRNA oder, noch besser, das entsprechende Protein ist daher einfacher. Diese Technik, das so genannte „downstream imaging“, macht sich den natürlichen biochemischen Fluss genetischer Information über die Transkription der DNA zur mRNA und nachfolgende Translation der mRNA zum Protein zu Nutze (Abb. 1). Proteine können sowohl über ihre Struktur als auch ihre Funktion bildgebend nachgewiesen werden. Die Untersuchung der Funktion kann einen weiteren Amplifikationsschritt umfassen, da ein einzelnes Enzym viele Substratmoleküle katalysieren kann („natural amplification“). Proteine sind entweder intrazellulär oder auf der Zellmembran lokalisiert oder sie werden in den extrazellulären Raum abgegeben. Sie können an all diesen Orten nachgewiesen werden. Schließlich lässt sich mit Hilfe spezifischer Marker auf der Zellmembran oder durch Einbringen einer Sonde in die Zelle die ganze Zelle markieren. 71 SCIENCE MOLEKULARE BILDGEBUNG Sondendesign Nach Festlegung einer geeigneten Zielstruktur muss zunächst ein Ligand gefunden werden, der sich an diese bindet. Dabei kann es sich um kleine Moleküle wie zum Beispiel Rezeptorliganden oder um größere Moleküle wie rekombinante Proteine handeln. Ein Ligand wird in der Regel mit Hilfe von Molekülbibliotheken oder Phagendisplays oder auch in silico identifiziert. Je nach der Bildgebungsmodalität muss der Ligand an ein nachweisbares Kontrastmittel oder „Label“ gebunden werden. In der molekularen Bildgebung verwendete Sonden lassen sich im Wesentlichen in zwei Kategorien einteilen: zielgerichtete Sonden und aktivierbare Sonden (4). Bei zielgerichteten Sonden wird das Label für die Bildgebung an einen spezifischen Liganden gebunden. Diese Sonden lassen sich unabhängig von ihrer Wechselwirkung mit dem Ziel nachweisen, das Signal-zu-Rausch-Verhältnis ist daher oft recht klein. Es tendiert jedoch dazu, mit zunehmender Eliminierung der ungebundenen Sonde aus dem Kreislauf zuzunehmen, bis nur die an die Zielstruktur gebundene Sonde verbleibt. Zielgerichtete Sonden werden zur Visualisierung von Strukturen oder zur Darstellung der Verteilung bestimmter Moleküle eingesetzt. Aktivierbare Sonden haben demgegenüber ein höheres Signal-zu-Rausch-Verhältnis, da sie erst nach Interaktion mit ihrer Zielstruktur (gewöhnlich ein Enzym) nachgewiesen werden können, z. B. durch Spaltung der Sonde. Sie geben in ihrem nativen, injizierbaren Zustand kein Signal. Aktivierbare Sonden werden primär in der optischen Bildgebung eingesetzt, aber auch bei der MRT. Hier sind sie jedoch genau genommen eine Kombination aus zielgerichteter und aktivierbarer Sonde. Sie lassen sich bereits in ihrer nativen Form nachweisen, ändern jedoch bei Interaktion mit der Zielstruktur ihre Relaxivität (die „Aktivierung“). In der Nuklearmedizin werden zielgerichtete Sonden verwendet, die entweder kovalent an den Liganden gebunden sind oder mit diesem einen Chelatkomplex bilden. Eine Signalverstärkung ist nur durch Akkumulation des Labels möglich, die Sonde kann nicht aktiviert werden. Zur Unterstützung bei der Entwicklung von Sonden steht eine Bibliothek mit Markierungstechniken und klinisch zugelassenen Isotopen zur Verfügung. Bei der MRT erfolgt die Verstärkung des Signals entweder über eine Zunahme der Relaxivität (ein die Wirksamkeit eines MR-Kontrastmittels beschreibender Parameter) oder durch Akkumulation innerhalb der Zelle. Bei den T2-Kontrastmitteln stellen Eisenoxid-Nanopartikel die wichtigsten Label dar. Diese Partikel bestehen aus einem beschichteten kristallinen Eisenoxidkern. Da jedes Partikel Tausende von Eisenatomen enthält, sind die lokale Eisen- 72 konzentration sowie die Relaxivität relativ hoch und ermöglichen den Nachweis selbst sehr geringer Eisenkonzentrationen (µmol bis nmol). Zielinduzierte Aggregation von Eisenoxidpartikeln zu Clustern führt zu einer signifikanten und reversiblen Änderung der Relaxivität (die Aktivierung der MR-Sonden), eine wegen ihrer Reversibilität als „magnetic relaxation switch“ bezeichnete Methode (5) (Abb. 2). Zu den T1-Kontrastmitteln zählen Lanthanidenchelate wie zum Beispiel Gadolinium-DTPA und Derivate. Da ein Chelatkomplex nur ein Lanthanidenatom enthält, ist für die molekulare Bildgebung eine höhere Konzentration als bei den Eisenoxidpartikeln erforderlich. Sonden für T1-Kontrast lassen sich durch Mechanismen wie enzymvermittelte Polymerisation von paramagnetischen Substraten zu Oligomeren mit höherer Relaxivität (6) oder durch konformationelle Änderungen in den Chelaten aktivieren (7, 8). 2] PRINZIP des „magnetic relaxation switch“ (siehe Text). Im Bereich der optischen Bildgebung stehen Fluorochrome für die optische Fluoreszenzbildgebung sowie Substrate für die Biolumineszenzbildgebung zur Verfügung. Bei der Fluoreszenz handelt es sich um einen physikalischen Vorgang, bei dem mit Hilfe einer spezifischen Anregungswellenlänge ein Fluorochrom aktiviert wird und dabei Licht einer größeren Wellenlänge emittiert. Die Gewebepenetration der Photonen ist im nahen Infrarotbereich (NIR-Spektrum, 700–900 nm) am höchsten, daher werden häufig NIR-Fluorochrome wie Cy5 oder Cy7 eingesetzt. Das Signal wird in der Regel durch Akkumulation oder durch Aktivierung von Sonden verstärkt. Bei der Biolumineszenz handelt es sich um einen energieabhängigen (d. h. ATP-abhängigen) biologischen Vorgang, der von dem Enzym Luciferase katalysiert wird. Luciferase kommt in Säugetierzellen nicht natürlich vor, um dieses System einzusetzen muss das Gen daher transgen exprimiert werden. MEDICAL SOLUTIONS 1/2003 SCIENCE MOLEKULARE BILDGEBUNG Markierung von Zellen Um bestimmte Zellen mit einem Label zu versehen oder auch um intrazelluläre Prozesse zu untersuchen, muss die Sonde in die Zelle eingebracht werden. Die meisten für PET-Studien verwendeten Sonden können die Zellmembran ungehindert durchqueren, dies gilt jedoch nicht für MRToder optische Sonden. Diese Sonden lassen sich jedoch über natürlich vorkommende Transportwege einschleusen. Einer der in dieser Hinsicht am besten untersuchten Transportmechanismen ist die Eisenaufnahme in Zellen. Nach Bindung des eisenhaltigen Transferrins an seinen Rezeptor wird der Rezeptor-Transferrin-Komplex in die Zelle eingeschleust und dissoziiert anschließend im Inneren der Zelle. Der Rezeptor und das eisenfreie Apotransferrin wandern zurück zur Zellmembran, wo das Apotransferrin wieder nach außen abgegeben wird. Das Eisen verbleibt in der Zelle. Hochproliferative Zellen, wie zum Beispiel Tumorzellen, exprimieren große Mengen des Transferrinrezeptors. Diese Tatsache lässt sich nicht nur zur Markierung von Zellen, sondern auch zur bildgebenden Darstellung des Gentransfers mit MRT nutzen. Der Transferrinrezeptor wird hierbei als Marker-Gen genutzt, und an Transferrin gebundene Eisenoxidpartikel können als Label Anwendung finden (9). Dieser Vorgang veranschaulicht das zentrale Prinzip für die Darstellung der Genexpression: Die Co-Expression eines MarkerGens mit dem therapeutischen Gen, beide in vielen Fällen vom gleichen Promotor gesteuert. Das Produkt des Markergens (also das entsprechende Protein) ist mit bildgebenden Verfahren (MRT, optischen und nuklearmedizinischen Methoden) nachweisbar (Abb. 3). Andere Methoden zur Einschleusung von Sonden in Zellen bieten die Membrantranslokationssignale, wie zum Beispiel die HIV-tat-Sequenz, die Flüssigphasen-Endocytose (Pinocytose) und Lipidmicellen als Vektoren, die direkt mit der Zellmembran fusionieren und ihren Inhalt in die Zelle abgeben. Bildgebende Verfahren Die nuklearmedizinische Bildgebung umfasst Techniken wie planare Szintigraphie, PET und SPECT. Die Auflösung bei all diesen Systemen ist geringer als bei MRT und CT (1 bis 2 mm), sie sind jedoch inhärent quantitativ und hoch sensitiv. Isotopenkonzentrationen im Pikomolbereich lassen sich ohne Tiefenbeschränkungen nachweisen, die Daten enthalten jedoch so gut wie keine anatomischen Informationen, so dass eine Kombination mit CT oder MRT von großem Nutzen sein kann (Abb. 4). Die derzeit am weitesten entwickelten Methoden zur bildgebenden Darstellung von molekularen Ereignissen in Patienten sind PET und SPECT, wo in verschiedenen klinischen Studien bereits mehrere molekulare Sonden MEDICAL SOLUTIONS 1/2003 3] PRINZIP des Marker-Gens für die Genexpression. Das Marker-Gen (rot) wird mit dem therapeutischen Gen (grün) co-exprimiert, oft unter Verwendung des gleichen Promotors für beide Gene. Beim Marker-Gen kann es sich um die HSVThymidinkinase handeln, die radioaktiv markierte Nukleosidanaloga phosphoryliert und diese somit in der Zelle anreichert(A), um ein fluoreszierendes Protein wie zum Beispiel GFP (B) oder Luciferase (C) oder um einen ZellmembranRezeptor wie zum Beispiel den Transferrin-Rezeptor (D) handeln. untersucht werden. Für PET werden Positron-emittierende Isotope in einem Zyklotron erzeugt. Sie dienen zur Markierung von kleinen Molekülen, die von Enzymen, Rezeptoren und anderen Zielen erkannt werden. Das bei der PET-Bildgebung zur Detektion von metabolisch aktiven Tumoren am häufigsten eingesetzte Tracermolekül ist 18F-Fluorodeoxyglukose (FDG), ein Glukoseanalog. FDG wird von Zellen über einen speziellen Glukosetransporter aufgenommen, der bei Tumorzellen überexprimiert wird (Abb. 4). FDG-PET könnte als Surrogatmarker auch zur Bewertung des Ansprechens nach Chemotherapie eine Rolle spielen und CT-Untersuchungen als die derzeit am häufigsten verwendete Methode ablösen (2). Mit Hilfe von PET wurden auch Multimedikamentenresistenz, Apoptose (programmierter Zelltod) und Genexpression in Tierstudien untersucht. Zur Untersuchung der Genexpression mit PET wird die Herpessimplex-Virus-Thymidinkinase (HSV-TK) als Marker-Gen verwendet. Dabei werden radioaktiv markierte Nukleosidanaloga in Gegenwart der viralen Kinase von dieser phosphoryliert und sind dadurch in der Zelle eingeschlossen (10). Die akkumulierte Aktivität ist daher ein Indikator der HSV-TK-Präsenz und somit einer erfolgreichen Transfektion (Abb. 3). 73 SCIENCE MOLEKULARE BILDGEBUNG 4] PET/CT mit Bildfusion bei einer 36 Jahre alten Patientin mit metastatischem Brustkrebs. Nachweis mehrerer Bereiche mit erhöhtem FDG-Uptake im Mediastinum, beidseits im Hilus und in der linken cranio-lateralen Brustwand übereinstimmend mit Metastasen. SPECT nutzt Gamma-emittierende Nukleotide, die in der Regel billiger und langlebiger als die bei der PET-Bildgebung verwendeten Positronen-emittierenden Nukleotide sind. SPECT ist daher einfacher in der Anwendung. Das PET hat zwar nach wie vor die bessere Auflösung, neuere Entwicklungen bei Bildakquisition und Software sollten jedoch bald im Stande sein, diese Lücke zu schließen. Mit SPECT lassen sich mehrere Isotope gleichzeitig abbilden und somit Multiparameter-Messungen durchführen. SPECT wurde zum Tracking von Molekülen oder Zellen wie zum Beispiel radioaktiv markiertem Annexin-V für die bildgebende Darstellung von Apoptose oder tumorspezifischen Peptiden in vivo verwendet. Nach vorläufigen Ergebnissen könnte auch die SPECT-Bildgebung eine Rolle als Surrogatmarker nach Chemotherapie spielen (11). MRT bietet eine hohe räumliche Auflösung (10–100 µm), unbeschränkte Tiefenpenetration und einen außergewöhn- 74 lich hohen Weichteilkontrast mit ausgezeichneter anatomischer Orientierung. Nachteile sind die relativ hohen Kosten der Systeme. Die hochauflösende MRT eignet sich sehr gut zum Screening von transgenen Mäusen auf Tumore und andere Abnormalitäten (12). MR-Kontrastmittel (Eisenoxidpartikel und Chelate seltener Erden) als Grundlage für Sonden zur molekularen Bildgebung sind in klinischer Anwendung, Derivate für die molekulare Bildgebung wurden jedoch bisher noch nicht zugelassen. Wie PET kann auch MRT zur bildgebenden Darstellung von Genexpression verwendet werden. Als Marker-Gen kann dabei der Rezeptor-TransferrinKomplex (siehe oben) oder ein anderes Reportersystem wie zum Beispiel Tyrossinase genutzt werden. Die Tyrossinase katalysiert die Synthese des stark Eisen bindenden Melanins. Dies führt in T1-gewichteten Bildern zu einer hohen Signalintensität bei den melaninhaltigen Zellen (zum Beispiel Melanomzellen) (13). Zum Nachweis von Marker-Genen wur- MEDICAL SOLUTIONS 1/2003 SCIENCE MOLEKULARE BILDGEBUNG den auch aktivierbare Kontrastmittel verwendet. So konnte zum Beispiel mit Hilfe eines Kohlenhydrat-modifizierten Gadoliniumchelats die Aktivität des Enzyms ß-Galaktosidase als Marker-Gen abgebildet werden. Das Enzym spaltet den Kohlenhydratrest vom Chelat ab, und die daraus resultierende Zugänglichkeit des Gadoliniums für Wasser induziert eine Zunahme der Relaxivität (7). Auf Grundlage des „magnetic relaxation switches“ (Abb. 2) können eisenoxidhaltige Nanopartikel zum Nachweis von viralen Partikeln, Enzymaktivitäten und DNA- und mRNASequenzen (5) in unbehandelten biologischen Proben verwendet werden. Da die MRT auch als eine Methode zur „high-throughput“-Evaluierung von über 10 000 Proben innerhalb von ca. 10 Minuten genutzt werden kann, könnte dies eine interessante Methode zum schnellen Screening einer großen Anzahl von Proben, z. B. in den klinischen Labors großer Krankenhäuser, darstellen (Abb. 5). Eine spezifische Population von Zellen lässt sich mit magnetischen Nanopartikeln markieren und kann anschließend in vivo mit MRT verfolgt werden (Cell Tracking). Diese Methode ermöglicht Untersuchungen zur räumlichen Verteilung immunkomponenter Zellen in Tumoren über die Zeit (Abb. 6) (14) sowie Untersuchungen zur Mobilität von neuronalen Stammzellen oder Blutstammzellen in vivo. Bei der optischen Bildgebung handelt es sich um eine schnelle, kostengünstige Methode zur bildgebenden Darstellung von molekularen Prozessen in vitro oder in vivo. Bei der Reflexions-Fluoreszenzbildgebung („Fluorescence Reflective Imaging“ oder FRI) werden die Fluorochrome in der Probe durch Beleuchtung mit bestimmten Wellenlängen zur Emission von Licht größerer Wellenlänge angeregt, das anschließend mit einer empfindlichen, hochauflösenden CCD-Kamera aufgezeichnet wird. FRI ist oberflächengewichtet und aufgrund der geringen Penetration und der Streuung des tiefer aus dem Körper kommenden Lichts nur für nahe der Körperoberfläche liegende Ziele geeignet. Die Auflösung ist zudem auf 1–2 mm beschränkt und ist am höchsten für oberflächennahe Quellen. Die fluoreszenzvermittelte Tomographie („Fluorescence Mediated Tomography“ oder FMT) bietet eine Auflösung im Submillimeterbereich und ist inhärent quantitativ (15). Sie eignet sich für Ziele, die bis zu 10 cm tief liegen können. FRI- und FMTBilder zeigen jedoch nur die räumliche Lage und die Intensität der Quelle; sie enthalten keinerlei anatomischen Informationen, wie es zum Beispiel bei CT- oder MRT-Bildern der Fall ist. Die Fluoreszenzbildgebung wurde für die rezeptorgerichtete oder antikörpervermittelte Abbildung von Tumoren verwendet. Aktivierbare Sonden ermöglichen die bildgebende Darstellung von Enzymaktivitäten, die mit Tumoren oder MEDICAL SOLUTIONS 1/2003 5] T2-KARTE einer (nicht vollständig gefüllten) 384-WellPlatte als Beispiel für „High-troughput“-Bildgebung. Blau steht für Puffer, die Proben wurden bei verschiedenen Eisenkonzentrationen (2,5 mg/ml obere Reihe, 5 mg/ml mittlere Reihe und 10 mg/ml untere Reihe) auf Biotin-Avidin-Bindung getestet. Der rote Kreis in der oberen Reihe kennzeichnet ein Beispiel eines positiven „magnetic relaxation switch“ (AvidinBiotin-Interaktion). 6] ANTIGENSPEZIFISCHES Lymphozyten-Tracking in Tumoren in vivo (14). Links ein Ovalbumin produzierender Tumor, rechts ein Kontrolltumor (beide B16) nach Injektion von Ovalbumin-sensitiven CD8-pos. T-Zellen. Das Bild zeigt die farbkodierte Anzahl Zellen pro Voxel, abgeleitet von einer MRT-T2-Map. Die hohe Anzahl von tumorinfiltrierenden Lymphozyten mit ihrer Verteilung innerhalb des Ovalbumin produzierenden Tumors ist sichtbar. (Bild mit freundlicher Genehmigung von Moritz Kircher, CMIR) 75 SCIENCE MOLEKULARE BILDGEBUNG 7] FARBKODIERTES Nahinfrarot-Fluoreszenzbild einer Maus, der zwei humane Mammatumore implantiert wurden, die sich in ihrer Gewebeinvasivität unterscheiden. Der Maus wurde eine mit Fluorochromen markierte und durch Cathepsin-B aktivierbare Sonde injiziert. Das Agens ist im invasiveren rechten Tumor stärker aktiviert. (Bild mit freundlicher Genehmigung von Ralph Weissleder, CMIR) 8] 3D-REKONSTRUKTION eines Mauskopfes aus Mikro-CT-Bildern. (Bild mit freundlicher Genehmigung von Gamma-Medica) 76 rheumatoider Arthritis in Zusammenhang stehen. Da beispielsweise die Aktivität von Cathepsin-B mit der Invasivität von Brustkrebs korreliert (16), lässt sich eine entsprechende Cathepsin-B-Sonde zur Darstellung der Invasivität von solchen Tumoren verwenden (Abb. 7). Von Matrix-Metalloproteinasen-Inhibitoren (MMP-Inhibitoren) ist bekannt, dass sie die Tumorprogression in vivo verzögern können (17). Eine MMPaktivierbare Sonde zeigte eine deutliche Verringerung der MMP-Aktivität nach Behandlung mit einem solchen Inhibitor (18). Markiertes Annexin-V wurde zur Abbildung von Apoptose nach chemotherapeutischer Behandlung verwendet (19). Diese und andere Studien unterstreichen die Eignung der molekularen Bildgebung für die Beurteilung der Therapiewirksamkeit und Prognose. Bei der Biolumineszenzbildgebung (BI) ist keine Lichtquelle zur Anregung erforderlich, das Licht wird durch Oxidation von Luciferin durch Luciferase erzeugt. Wie FRI ist auch diese Technik oberflächengewichtet und weist nur eine beschränkte Tiefenpenetration und Auflösung auf. Das Luciferase-Gen kann als Marker-Gen für die Genexpression verwendet werden, in einigen Fällen zusammen mit HSV-TK (20). Die CT eignet sich nur beschränkt für die molekulare Bildgebung, da für Abbildungen auf der molekularen Ebene eine zu hohe Markerkonzentration (mmolar) erforderlich wäre. Die Technik wird zum Screening von Phänotypen oder zur Abbildung von Knochenstrukturen verwendet (Abb. 8). Ultraschall ist eine schnelle und kostengünstige Methode und kann in Abhängigkeit von der Tiefe hochaufgelöste Bilder liefern. Er wird zum Screening von Phänotypen, zur Messung des Blutflusses und zur Darstellung embryonaler Entwicklung (auch bei Mäusen) eingesetzt. Gegen endotheliale Oberflächenmarker als Ziel gerichtete MikrobläschenKontrastmittel können zur bildgebenden Darstellung der Tumorangiogenese (21) sowie über ultraschallgesteuerte Zerstörung der Mikrobläschen zur gewebespezifischen Einbringung und Freisetzung von Substanzen verwendet werden. Ultraschall wird in der molekularen Bildgebung nicht so oft angewandt wie MRT, optische oder nukleare Bildgebung sowie CT. Kombinationen der oben beschriebenen Methoden finden ebenfalls vermehrt Anwendung. Sie haben sich bisher als sehr wertvoll erwiesen, da sie mittels CT oder MRT gewonnene anatomische Informationen mit funktionellen Informationen durch optische Bildgebung oder PET/SPECT kombinieren. Doppelfunktionelle Sonden für optische Bildgebung und MRT wurden entwickelt (22). Die Fusion von CT-Bildern mit PET- (Abb. 4) oder SPECT-Bildern sowie von MRT mit FMT wurde ebenfalls untersucht, und entsprechende Methoden finden in der klinischen Medizin in Form von PET- oder SPECT-CT-Kombinationen Anwendung. MEDICAL SOLUTIONS 1/2003 SCIENCE MOLEKULARE BILDGEBUNG Ausblick Heutzutage wird die molekulare Bildgebung in Laborstudien zunehmend eingesetzt. Anwendungen der ersten Generation für die Fluoreszenzbildgebung werden vermutlich schon bald als Handgeräte für entsprechende Untersuchungen bei Hauttumoren sowie für intraoperative und endoskopische Zwecke zur Verfügung stehen. Die Fluoreszenztomographie könnte in der Mammographie ihre erste Anwendung finden. Im Rahmen der Nuklearmedizin wird die molekulare Bildgebung zum Staging vom Tumoren und zur Vorhersage des Therapieresponses eingesetzt. In Zukunft werden noch spezifischere Sonden verfügbar sein. Bei der MRT werden Eisenoxid-Nanopartikel klinisch bereits für bildgebende Untersuchungen der Leber oder bei der Diagnose von metastatischen Lymphknoten (23) verwendet und entwickeln sich zur Grundlage für verschiedene molekulare MRT-Bildgebungssonden. Dies trifft ebenfalls auf Gadoliniumchelate zu. Die molekulare Bildgebung sollte die Radiologie um hoch entwickelte und vollständig neue Methoden (wie zum Beispiel die optischen Bildgebungsmethoden) bereichern und wird noch auf viele Jahre hinaus der diagnostischen Medizin ihren Stempel aufdrücken. Verfasser: Dr. Jan Grimm, M.D., Facharzt für diagnostische Radiologie, Direktor des Small Animal Imaging Program (SAIP), MGH-Center for Molecular Imaging Research, Harvard Medical School, Charlestown, MA 02129-2060, USA Literatur [1] Weissleder R, Mahmood U. Molecular imaging. Radiology 2001; 219:316–333. [2] Weber WA, Petersen V, Schmidt B, et al. 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