Neurodermitis - eine Erkrankung die unter die Haut geht – VII Teil Die Neurodermitis oder das atopische Ekzem ist eine in der Bevölkerung häufig vorkommende Hauterkrankung, die anlagebedingt ist, und die in bestimmten Familien Generationen übergreifend zu finden ist. Mit diesem Artikel in der Serie möchte ich über ein häufig missverstandenes Thema reden: Der Einsatz von Kortison. Kortison ist ein körpereigenes Hormon, das in der Nebennierenrinde bei jedem gesunden Menschen in ausreichender Menge produziert wird. Dieses Hormon hat im Körper verschiedene Aufgaben. Wenn es als Medikament zusätzlich eingenommen wird, hemmt es u. a. die Entzündung der Haut und damit auch den Juckreiz. Auch Abstoßungsreaktionen von als fremd erkanntem Gewebe werden vermindert. So behandelt man Patienten, denen ein Organ transplantiert worden ist (z.B. Niere, Leber, Lunge) mit hohen Dosierungen an Kortison, um die Abstoßung des eigentlich fremden Gewebe bei dem Patienten zu verhindern. Hohe Dosierungen von Kortison führen zu gewünschten Effekten, aber man muss dafür auch unerwünschte Nebenwirkungen dieses Präparates in Kauf nehmen. Wenn man Kortison auf die Haut schmiert, so kann man nach längerem Gebrauch und - abhängig von der Wirkstärke des Kortisons - eine Entzündung und Schuppung zwar zurückdrängen, aber man nimmt dafür z.B. in Kauf, dass die Blutgefäße sich auf Dauer und unwiederbringlich erweitern und in der Haut brüchig werden. Diese unerwünschte Wirkung des Kortisons führt zu einer Rötung der Haut (besonders auffällig im Gesicht) sowie nach jahrelangem Gebrauch auch zu Einblutungen in die Haut. Außerdem können sich unschöne Risse im tiefen Hautgewebe entwickeln (ähnlich sog. „Schwangerschaftsstreifen“). Diese Nebenwirkungen sind natürlich nicht erwünscht. Aus diesem Grund muss man beim Einsatz von Kortison grundsätzlich vorsichtig sein. Der Leitspruch für die Anwendung von Kortisoncremes und –salben bei der Neurodermitis lautet: so viel wie nötig, so wenig wie möglich. Das heißt, dass wenn Kortisoncremes vernünftig 1 angewendet werden, in der Regel die Vorteile (Entzündungshemmung und Juckreizlinderung) bei weitem die möglichen Nachteile überwiegen. Man kann sogar sagen, dass fehlender Einsatz von Kortison ebenso hautschädigend sein kann, wie die verantwortungslose Verwendung dieser Substanz. Die Aufnahme von Kortison in die Haut hängt von der Körperregion ab. Dort, wo die Haut dick ist, z.B. an den Händen, ist das Eindringen von Kortison in tiefere Hautregionen wesentlich geringer als z.B. im Gesicht. Durch chemische Veränderungen des Kortisons kann man die Stärke (Wirkpotenz) des Medikamentes verändern. Die Wirkstärke wird in vier Stärkeklassen eingeteilt, wobei die Klasse 1 die schwächste und die Klasse 4 die stärkste Präparategruppe beinhaltet. Leider spiegelt in der Regel die Wirkstärke auch die Stärke der unerwünschten Nebenwirkungen auf die Haut wider. Die Herstellung von Kortisonen, die nur erwünschte Wirkungen haben und nur wenige Nebenwirkungen aufweisen, war über Jahre hinweg ein erklärtes Ziel der Pharmaindustrie. Leider ist dieses nur zum Teil gelungen und deshalb muss man, insbesondere bei falscher Anwendung, mit Hautschäden rechnen. Nach meiner Erfahrung möchte ich allerdings davor warnen, Kortison aus dem Behandlungsprogramm für Neurodermitis völlig auszuschließen. Ich habe immer wieder Patienten erlebt, die unter einer solchen Einstellung sehr schwer gelitten haben und letztendlich doch auf Kortison zurückgreifen mussten. Grundsätzlich bin ich aber der Meinung, dass jeder Patient mit einer chronischen Hauterkrankung selber entscheiden muss, wie er diese behandeln möchte. Ärzte sollten hier unterstützend tätig sein, aufklären und den Patienten führen, ihn aber nicht zu einer Therapie „zwingen“, die er eigentlich gar nicht wünscht. Erfreulicherweise gibt es seit einigen Jahren neuere Medikamente (sog. „Makrolide“), die bei lokaler Entzündung, Juckreiz und Schuppung der Haut helfen; aber diese haben andere Wirkmechanismen als Kortison. Auch hier werden spezielle, unerwünschte Wirkungen beobachtet, die sich jedoch anders auswirken als beim Kortison. Durch Einsatz dieser Präparate im Wechsel mit Kortison kann die Gesamtlast der Nebenwirkungen bei Kortisonbehandlung über die Jahre erfolgreich verringert werden. Somit 2 treten Kortisonnebenwirkungen, wie Hautverdünnung und Gefäßerweiterungen oder „Schwangerschaftsstreifen“ gar nicht, oder erst später auf. 3