Musikverein Regensburg e. V. Dienstag, 1. März 2016, 19:30 Uhr, Vielberth-Gebäude der Universität (H 24) ATOS TRIO Annette von Hehn, Violine, Stefan Heinemeyer, Violoncello, Thomas Hoppe, Klavier Das ATOS Trio, gegründet 2003, ist heute eines der ganz wenigen deutschen Kammermusikensembles, die weltweit die großen Konzertreihen erobern. So ist das Trio in den USA, in Australien und Neuseeland präsent. In Europa wurde das Trio für die Jahre 2010-2012 von BBC Radio 3 in das sehr exklusive Programm „New Generation Artists“ aufgenommen. Rund um den Globus wird das ATOS Trio vom Publikum mit Begeisterung und von den Kritikern mit Superlativen bedacht. Für die Musiker hat das Spiel im Klaviertrio absoluten Vorrang vor allen anderen musikalischen Aktivitäten. Das ATOS Trio ist der Klang gewordene Anspruch, die StreichquartettPhilosophie auf das Klaviertrio zu übertragen. Ziel ist es, gemeinsam in Ausdruck und Dynamik an die Grenzen zu gehen und dabei keine Extreme zu scheuen. Ein warmer, homogener Trio-Klang, das differenzierte Herangehen an die verschiedenen Musikstile und epochen, vor allem aber das künstlerische Miteinander-Kommunizieren und die vollkommene Hingabe an die Musik stehen dabei im Vordergrund. Die daraus resultierende Spielfreude und Expressivität bekommen die Konzertbesucher hautnah zu spüren. Neben Tourneen durch Europa, Südamerika, Australien und die USA ist das ATOS Trio Gast renommierter Festspiele in Deutschland. Hinzu kommen Auftritte bei namhaften europäischen Festivals. Zuletzt debütierte das ATOS Trio in renommierten Sälen wie der Wigmore Hall London, dem Concertgebouw Amsterdam sowie beim Enescu-Festival in Bukarest und beim Bachfest Leipzig. Beethovens Tripelkonzert führt das Ensemble außerdem mit nationalen und internationalen Symphonieorchestern zusammen. In Berlin gestaltet das ATOS Trio ab der Spielzeit 2012/13 seine eigene Konzertreihe. Wettbewerbserfolge und Auszeichnungen begleiteten von Anfang an den Weg des ATOS Trios, darunter der „Kalichstein-Laredo-Robinson International Trio Award“ (USA), der Wettbewerb „Franz Schubert und die Musik der Moderne“ in Graz (1. Preis!) und die „5th Melbourne International Chamber Music Competition“, bei der das ATOS Trio den 1. Preis in der Sparte Klaviertrio, den „Grand Prize“ aller Wettbewerbs-Kategorien, den Publikumspreis und den „Musica-Viva-Preis“ gewann. Mehrere CD-Einspielungen dokumentieren das herausragende Wirken der musikalischen „Schatzsucher“ (Spiegel online). Annette von Hehn spielt die Yfrah Neaman Stradivari, die ihr freundlicherweise von der Familie Neaman leihweise zur Verfügung gestellt wird. -2- Programm Wolfgang A. Mozart 1756 – 1791 Klaviertrio B-Dur KV 502 Allegro Larghetto Allegretto Erich W. Korngold 1897 – 1957 Klaviertrio op. 1 Allegro non troppo, con espressione Scherzo: Allegro Trio: viel langsamer, innig Larghetto: sehr langsam Finale: Allegro molto e energico - Pause - Ludwig van Beethoven 1770 – 1827 Klaviertrio B-Dur op. 97 Allegro moderato Scherzo: Allegro Andante cantabile Allegro moderato, Presto Mit Förderung durch das Kulturreferat -3- Wolfgang Amadeus Mozart: Trio B-Dur KV 502 Der Gattung des Klaviertrios hat Mozart sich erst verhältnismäßig spät intensiver zugewandt: von den sieben Klaviertrios, die uns von ihm überliefert sind, entstanden sechs in den Wiener Jahren zwischen 1786 und 1788. Mit ihnen trägt Mozart entscheidend zur Entwicklung der Satztechnik bei. Während das frühe, als „Divertimento“ bezeichnete Klaviertrio in B-Dur KV 254 noch eindeutig zum älteren Typ der Klaviersonate mit untergeordneten Begleitinstrumenten gehört und insbesondere das Violoncello nur als klangliche Verstärkung des Klavierbasses verwendet, zeigen Mozarts Wiener Klaviertrios bereits die Tendenz, alle drei Instrumente gleichberechtigt am Geschehen teilhaben zu lassen, vom letzten der Trios KV 564 einmal abgesehen, das ursprünglich als Klaviersonate konzipiert war. Fortgeschritten ist hingegen die Emanzipation der Streichinstrumente gegenüber dem Klavier im B-Dur-Trio KV 502, wo insbesondere das Cello nicht mehr auf eine harmonische Stützfunktion beschränkt ist, sondern aktiv am thematischen Geschehen teilnimmt. Freilich trägt der Klavierpart immer noch das Hauptgewicht, so dass dieses Trio manchmal wie ein in die Kammermusik versetztes Klavierkonzert anmutet. Dies ist wohl kein Zufall, steht doch Mozarts KV 502 von 1786 in zeitlicher Nachbarschaft zu den Klavierkonzerten in A-Dur KV 488 wie c-Moll KV 491 einerseits (die zuvor entstanden) und dem nachfolgenden, majestätisch-prunkvollen C-Dur-Konzert KV 503. Ein Kommentator hat im Trio KV 502 sogar „eine Art Kombination von Klavierkonzert und Opernensembleszene“ sehen wollen, womit auch noch Mozarts ebenfalls zeitnahe entstandenes Bühnenwerk „Hochzeit des Figaro“ ins Spiel käme. Richtig ist auf alle Fälle, dass Mozarts Instrumentalmusik in diesem KV 502 (wie auch sonst häufig) eine „theatrale Dimension“ besitzt. Das soll heißen, dass die Themen und Motive seiner Musiksprache miteinander interagieren, als handele es sich um Bühnenpersonen. Dem steht nicht entgegen, dass der Kopfsatz nahezu monothematisch verläuft. Der prägnante Hauptgedanke mit seinen Terzengängen und der leicht chromatischen Färbung wird zwar vom Klavier vorgetragen, doch sogleich von den Streichern mit einem kecken Einwurf kommentiert. Wo nach bewegtem Sechzehntel-Passagenwerk ein zweites Thema erscheinen sollte, beschränkt Mozart sich auf ein Wiedererscheinen des Anfangsthemas in der Dominante F-Dur. Dafür beginnt überraschenderweise die Durchführung mit einer neuen lyrischen, von der Violine vorgetragenen Melodie, die jedoch bald wieder den Motiven der Exposition Platz macht. Dem nervös-bewegten Kopfsatz lässt Mozart ein versonnenes „Larghetto“ voll empfindsamen Gesangs folgen. Intoniert wird die eröffnende Melodie mit ihrem emphatischen Sextsprung nach oben und ihren folgenden reichen Ornamentierungen vom Klavier, bevor die Violine eingreift und sie im Dialog mit dem Klavier fortentwickelt, während das Cello sich in seinen zurückhaltenden Beiträgen einmal dem Klavier, einmal der Geige anschließt. Der fünfteilige Satz lässt den Anfangsgedanken zweimal variiert wiedererscheinen, dazwischen tauchen zwei Episoden in B-Dur bzw. As-Dur auf. Das geistvolle Schlussrondo übernimmt den steigenden Sextsprung und entwickelt ihn zu einem leichtgeschürzten, dann zunehmend kraftvoll auftretenden Hauptthema. Aus ihm entwickelt sich durch allerhand Künste der Motivabspaltung und der harmonischen Umschattierung ein abwechslungsreiches, immer wieder Überraschungen bietendes Satzgeschehen, wobei treibende Triolen- und Sechzehntelbewegungen diesem „Allegretto“ Schwung und Vorwärtsdrang verleihen. -4- Erich Wolfgang Korngold: Klaviertrio D-Dur op. 1 So wie der junge Wolfgang Amadeus Mozart in den 1760er Jahren als musikalisches Wunderkind Furore machte, so ereignete sich ein Gleiches kurz nach der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert im Falle Erich Wolfgang Korngolds: war es eine Vorahnung, dass er von seinen Eltern den verheißungsvollen „Wolfgang“ als zweiten Vornamen mitbekam? Geboren wurde er im Jahre 1897 im mährischen Brünn als Sohn des Musikkritikers Julius Korngold, der 1901 nach Wien übersiedelte, um dort die Nachfolge von Eduard Hanslick im Feuilleton der „Neuen Freien Presse“ anzutreten. Der junge Erich Wolfgang erregte erstmals öffentliches Aufsehen, als das pantomimische Ballett „Der Schneemann“ des Elfjährigen unter der Leitung von Franz Schalk an der Wiener Hofoper uraufgeführt wurde. Der damalige Hofoperndirektor Gustav Mahler spürte das Genie des Jungen und empfahl ihn an Alexander von Zemlinsky weiter, der Korngolds Kompositionslehrer wurde. Auch andere prominente Fürsprecher förderten die Karriere Korngolds und staunten über seine Frühreife, so Richard Strauss, der seine Bewunderung für den „jungen Erzmusikanten“ aussprach, dessen Kompositionen ihn „mit Schrecken und Furcht“ erfüllten. Mit Werken wie „Violanta“ (1916), „Die tote Stadt“ (1920) und „Das Wunder der Heliane“ (1927) eroberte Korngold sich die Opernbühnen, wo er neben Strauss und Schreker zum wichtigsten deutschen Bühnenkomponisten wurde. Doch spätestens mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten auch in Österreich ging diese Erfolgsserie zu Ende. Dank bestehender Kontakte nach Hollywood konnte Korngold in die USA emigrieren und dort eine neue Karriere als Filmmusik-Komponist starten. Doch genau dies verhinderte, dass der Komponist nach dem Zweiten Weltkrieg wieder künstlerisch in der alten Heimat hätte Fuß fassen können. Als er 1949 nach Wien zurückkehrte, war zudem die künstlerische Avantgarde längst über ihn hinweggegangen. Seine melodische Musik, die bei aller Dissonanz nie der Tonalität und Schönheit abschwor, galt nun als gestrig. Verbittert kehrte Korngold 1955 in die USA zurück, wo er bereits 1957 in Los Angeles starb, eben 60 Jahre alt. Wenn heute auch die Opern und Filmmusiken als eigentliche Domäne Korngolds gelten, so hinterließ er doch auch einiges an Orchester- und Kammermusik. Gerade Letztere wurde im Wien des späten 19. Jahrhunderts intensiv gepflegt, und so ist es kein Wunder, dass Korngold als sein offizielles Opus 1 ein 1909/10 verfasstes Klaviertrio veröffentlichte. Prominente Musiker hoben es damals in Wien aus der Taufe: der später als Dirigent berühmt gewordene Bruno Walter am Klavier, dazu der Geiger Arnold Rosé, Primarius des nach ihm benannten Streichquartetts, und der Cellist Friedrich Buxbaum. Das Werk wirkt als solch reife Komposition, dass nur die Widmung “Meinem lieben Papa” das jugendliche Alter des Autors verrät. Das eröffnende „Allegro non troppo“ präsentiert gleich anfangs ein raumgreifendes Thema, dessen Konzeption man eigentlich erst einem erfahrenen Komponisten zutrauen würde. Vorwiegend melodieselig gibt sich die Musik dieses Satzes, geprägt vom leicht morbiden Charme des Wiener Fin de siècle. Die Kammermusik von Johannes Brahms wirkt dabei als formales Vorbild nach, die üppige Klangsprache eines Richard Strauss ist nicht ferne, doch meint man auch schon die Expressivität und harmonisch schweifende Klangsprache des Schönberg-Umkreises zu verspüren. Leichtgewichtigen Humor versprüht das an zweiter Stelle stehende Scherzo mit seinen kapriziös springenden Figuren. Im Gegensatz dazu lässt der im Tempo zurückgenommene Trio- -5abschnitt geradezu Wiener Heurigenseligkeit aufkommen. Dunkel und sehnsüchtig ertönt dann das Larghetto mit seiner von Vorhaltsbildungen gesättigten und chromatisch schweifenden Melodik, die zunächst vom Cello unbegleitet angestimmt wird, bevor Klavier und Geige hinzutreten. Der hell erstrahlende Finalsatz, der teils schwelgerisch, teils kraftvoll alle Instrumente wirkungsvoll einsetzt, stellt allen Spielern dankbare Aufgaben. Seine tänzerische Musik mündet in einen schnellen Walzer: klingendes Bekenntnis Korngolds zu seiner Heimatstadt Wien. Ludwig van Beethoven: Klaviertrio B-Dur op. 97 (Erzherzog-Trio) Nur wenige Werke Beethovens haben ihren heute populären Namen nach ihrem Widmungsträger erhalten. Ein Beispiel bildet die „Waldstein“-Sonate, die Beethoven seinem alten Förderer aus Bonner Tagen, dem Grafen von Waldstein zueignete, ein anderes das „ErzherzogTrio“, gewidmet dem Erzherzog Rudolph, der ein tüchtiger Musiker war und von Beethoven Klavierunterricht erhielt (dieser widmete ihm noch mehrere seiner gewichtigsten Werke: das 5. Klavierkonzert, die Hammerklaviersonate und schließlich die Missa solemnis). Komponiert wurde das Erzherzog-Trio bereits in den Jahren 1810/1811, doch musste die öffentliche Uraufführung noch bis 1814 warten. Bei dieser Gelegenheit trat der zunehmend ertaubende Beethoven zum letzten Male als Pianist öffentlich in Erscheinung. Wie zahlreiche andere Kammermusikwerke Beethovens, die in der gleichen Zeit entstanden sind, beginnt der Kopfsatz des Werks weniger dramatisch als lyrisch. Das Anfangsthema, das Beethoven zunächst vom Klavier allein vortragen lässt, ist zwar vollgriffig akkordisch gesetzt, wirkt aber dennoch betont sanglich. Bezeichnenderweise ist der Satz nicht wie früher bei Beethoven mit „Allegro con brio“ überschrieben, sondern als gelassenes „Allegro moderato“ konzipiert; noch dazu fordern die Vorschriften „piano“ und „dolce“ den Pianisten zu zurückhaltendem Vortrag auf. Das ausgedehnte, Weite signalisierende Hauptthema des Satzes wird nicht erst in der Durchführung, sondern schon in der Exposition motivisch zergliedert, wobei vor allem die Gruppe der ersten fünf Töne und der Trillerabschluss herausgegriffen werden. Im Laufe dieser ausgedehnten Exposition treten gleich zwei weitere Themen auf: ein tänzerisch gelöstes, das überraschenderweise im terzverwandten G-Dur eingeführt wird, und ein ebenfalls in GDur erscheinender emphatischer Schlussgedanke. Die Durchführung beschäftigt sich vor allem mit dem Anfang des Hauptthemas und mündet in eine spielerische Episode voll duftiger Triller und Pizzicati der Streicher, in die hinein die Reprise fast unmerklich einsetzt. Das Scherzo, an zweiter Stelle stehend, ist traditionell dreiteilig angelegt, doch sind die einzelnen Abschnitte ungewöhnlich geweitet. Der erste lebt von einem Thema, das nichts anderes als eine rhythmisierte ansteigende Tonleiter ist, die zunächst in munteren Staccatotönen dahertänzelt, später auch im Legato kantabel verdichtet erscheint. Das nicht ausdrücklich als solches bezeichnete Trio beginnt in nebelhaftem b-Moll mit einem chromatisierten Fugato, aus dem sich aber schon bald eine Ländlermelodie in triumphalem Des-Dur erhebt. Nach der vollständigen Wiederholung des Scherzos erinnert eine Coda kurz an den Moll-Mittelteil, bevor das Anfangsthema in einem energischen Anstieg den Schlusspunkt setzt. Als Variationensatz ist das folgende „Andante cantabile“ gestaltet. In vier stark figurativen Abwandlungen wird das vom Klavier begonnene und von den Streichern fortgesetzte Thema allmählich in immer kleinere Notenwerte aufgelöst. Ein fünfter Teil führt zur Anfangsmelodie -6zurück und vereinigt in sich Elemente von Durchführung und Coda, bevor er leise verklingt und mit einer letzten Modulation das attaca anschließende Finalrondo vorbereitet. Dieses ist in seinen ersten Takten noch damit beschäftigt, auf Umwegen in die Grundtonart B-Dur hineinzufinden, bevor ein Satz voller temperamentvoller und launiger Einfälle beginnt, der allerhand bizarre rhythmische Verzahnungen und Sprünge bietet. In der Stretta-Coda steigert sich das anfängliche „Allegro moderato“-Tempo zum Presto in vorwärtstreibender 6/8-Bewegung. Typisch für Beethoven sind die letzten Takte, die noch einmal ein Zögern und Aufstauen in Form einer Fermate mit sich bringen, bevor sich alle Instrumente zur stürmischen Schlusskadenz vereinigen.