Vorschau ©Id Zenna Lautten Compagney 11.12.2014 - 20 Uhr – Kulturzentrum Saalbau, Homburg „Timeless“ Musik von Philip Glass und Tarquinio Merula Violine Viola Violoncello Kontrabass Saxophon Marimbaphon Barockgitarre und Laute Laute Birgit Schnurpfeil, Anne von Hoff Ulrike Paetz Ulrike Becker Annette Rheinfurth Andrej Lakisow Peter Bauer Hans-Werner Apel Wolfgang Katschner Infos und Kartenvorverkauf: Homburger Kulturgesellschaft gGmbH—Rathaus—Am Forum 5—66424 Homburg—06841-101168— homburg.de—ticket-regional.de—homburger-meisterkonzerte.de Trio Vivente und Sylvie Altenburger alles... fließt Viten TRIO VIVENTE Camille Saint-Saëns: Trio pour Piano, Violon et Violoncelle Nr.1 F-Dur op. 18 Maurice Ravel: Trio pour Piano, Violon et Violoncelle a-Moll Gabriel Fauré: Klavierquartett Nr. 1 c-Moll op. 15 Unprätentiös, lyrisch, temperamentvoll: Das Trio Vivente reiht sich mit sinnenfreudiger und transparenter Musizierweise sowie schlanker edler Klangsubstanz unter die renommierten Ensembles ein und begeistert mit frischen spontanen Interpretationen seit nunmehr 20 Jahren Presse und Publikum. Geprägt von jahrzehntelanger Erfahrung in historischer Aufführungspraxis überzeugen Anne Katharina Schreiber (Violine), Kristin von der Goltz (Violoncello) und Jutta Ernst (Klavier) auf modernen Instrumenten mit feinsinnig differenzierender Farbigkeit und tief empfundener plastischer Formung. Ihrem Spiel erwächst dabei eine außergewöhnliche intensive Ensemblehomogenität, die das Versprechen im Namen einlöst: lebendig, belebend, authentisch. Die seit Gründung 1992 unveränderte Besetzung errang 1996 beim 1. Internationalen Joseph Joachim Kammermusikwettbewerb in Weimar den 2. Preis sowie einen Sonderpreis für die beste Interpretation einer zeitgenössischen Komposition. Das Repertoire des Ensembles reicht über die Standardliteratur von Klassik bis heute weit hinaus: Raritäten, wie Werke von Mieczysław Weinberg oder Woldemar Bargiel, öffnen das Spektrum für außergewöhnliche Programme. Besonderes Augenmerk gilt auch Komponistinnen wie Fanny Hensel, Clara Schumann und Helene Liebmann. Auf dem Programm der Homburger Meisterkonzerte steht französische Kammermusik: Zwei Trios von Camille Saint-Saens und Maurice Ravel sowie das 1. Klavierquartett von Gabriel Fauré. Die renommierte Bratschistin Sylvie Altenburger wird dabei den Viola-Part übernehmen. Sylvie Altenburger Sylvie Altenburger hat im Conservatoire National Superieur de Musique in Paris bei Serge Collot und Bruno Pasquier studiert und erhielt 1980 einen ersten Preis . Sie bildete sich bei Yuri Baschmet für Viola und György Sebók für Kammermusik weiter. Von 1980 bis 1983 war sie Solistin im Ensemble Intercontemporain unter der Leitung von Pierre Boulez. Von 1981 bis 1988 konzertierte sie mit dem Streichtrio »Trio des Lyres« aus Stockholm, ab 1992 mit dem Rubin Quartett, das sie mitbegründet hat, in ganz Europa. Sylvie Altenburgers Leidenschaft für Kunst, Tanz und Theater fand ihren Ausdruck in der Zusammenarbeit mit Malern, Regisseuren und Choreographen wie Pina Bausch, Dominique Bagouet, Patrice Chéreau und Louis Cordesse. Seit 2012 folgten verschiedene Performances mit Tänzern und Schauspielern, dem Theater Freiburg, Abbaye des Dominicains de Haute Alsace und dem Museum für neue Kunst … Seit 2013 konzertiert sie mit dem Trio Vivente… Seit dem Wintersemester 2002 hat Sylvie Altenburger eine Professur für Viola und Kammermusik an der Hochschule für Musik Freiburg inne. Foto: Marco Borggreve (Rechte liegen bei Trio Vivente!) Einführung CAMILLE SAINT-SAËNS (1835-1921) Trio pour Piano, Violon et Violoncelle Nr. 1 F-Dur op. 18 (1863) In früheren Zeiten, als bei uns noch nationaler Hochmut vorherrschte, wurden Werke französischer Meister gerne als minderbemittelt oder gar oberflächlich abgetan, wenn nicht in einschlägigen Musikführern totgeschwiegen. Vier überaus sympathische aus Deutschland stammende Musikerinnen werden uns heute vorführen, dass auch jenseits der deutsch-französischen Grenze gute, ja faszinierende Musik entstanden ist. Tauchen Sie mit ihnen in den Strom französischer Musiktradition ein und lassen Sie sich davon im Sinne unseres diesjährigen Mottos „Alles … fließt“ mitreißen. Dazu wünsche ich Ihnen, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, wieder einen ungetrübten Hörgenuss, Ihr Paul O. Krick 4 Sätze: 1. Allegro vivace; 2. Andante (a-Moll); 3. Scherzo: Presto; 4. Finale: Allegro Vor allem mit den Klaviertrios von Beethoven eroberte sich die kammermusikalische Gattung in deutschsprachigen Ländern mehr und mehr die öffentlichen Konzertpodien. In Frankreich hingegen wurde sie eher in privaten, häuslichen Zirkeln gepflegt, und nur selten findet man das Klaviertrio in Werkverzeichnissen französischer Komponisten der Romantik. So ist es eine Besonderheit, wenn sich der junge Camille Saint-Saëns bereits als Dreizehnjähriger in der Gattung versucht und seine glänzende Karriere als Klaviervirtuose wenig später ausgerechnet mit dem Klavierpart in Beethovens spätem „Erzherzog-Trio“ op. 97 beginnt. Auch in seinem Trio-Erstling wollte er 1863 so Vieles miteinander vereinen: Die klassischen Formen mit dem in Europa vorherrschenden romantischem Tonfall, den französischen Esprit, in dem er aufwuchs, mit den harmonischen Errungenschaften der von ihm bewunderten neudeutschen Schule um Wagner, den er zwei Jahre zuvor kennenlernte, um Liszt und auch um Berlioz, nicht zuletzt sein bis zuletzt neoklassizistisches Weltbild mit den in die Zukunft weisenden Visionen seiner Zeitgenossen. Erste Skizzen zum Trio entstanden 1862 auf einer Reise durch die Pyrenäen und durch die Auvergne, die ein Jahr später konkrete Gestalt annahmen. Bei der Uraufführung musizierten am 29. Dezember 1867 der Pianist Johann-Heinrich Bonawitz, der Geiger Joseph Tylesinski und der Cellist Emile-Alphonse Norblin miteinander. Die Erstausgabe 1869 bei Hamelle in Paris war dem befreundeten Cellisten Alfred Lamarche gewidmet. Obwohl der Kopfsatz „Allegro vivace“ in allem dem Formmodell eines Sonatenhauptsatzes folgt, verzichtete Saint-Saëns auf die üblichen dramatischen Konflikte und entwickelte das Seitenthema organisch aus dem Hauptthema. Extravagant wirkt der langsame 2. Satz „Andante“ alleine schon durch sein tonartfernes a-Moll, auch durch das orientalisch wirkende Kolorit seines einstimmig eingeführten Hauptgedankens. Im 3. Satz „Scherzo: Presto“ orientierte sich der junge, gerade mal 28-jährige Komponist an den fünfteiligen Scherzi von Beethoven, verwandelt das Vorbild allerdings durch synkopische Spielereien in einen wirbelnden, dazu höchst virtuosen musikalischen Spaß. Im „Finale: Allegro“ wurde das bisher zu beobachtende Spiel mit Melodiefragmenten ausgelassen auf die Spitze getrieben. Zu Recht gehört das erste Klaviertrio F-Dur von Camille Saint-Saëns bis heute zu den beliebtesten Repertoirestücken guter Klaviertrios. Auch sein Schöpfer liebte es sehr; und so erklang es, als 1907 in Dieppe in seinem Beisein das von Marqueste entworfene Saint-Saëns- Denkmal errichtet wurde, und man nahm zu seinen Klängen in Paris ein Jahr nach seinem Tod in einem Gedächtniskonzert von ihm Abschied. MAURICE RAVEL (1875-1937) GABRIEL FAURÉ (1845-1924) Trio pour Piano, Violon et Violoncelle a-Moll (1914) Klavierquartett Nr. 1 c-Moll op. 15 (1876-1883) 4 Sätze: 1. Moderé; 2. Pantoum: Assez vif; 3. Passacaille: Très large; 4. Final: Animé 4 Sätze: 1. Allegro molto moderato; 2. Scherzo: Allegro vivo; 3. Adagio; 4. Finale: Allegro molto Seit 1898 trug sich Ravel mit dem Gedanken, ein Klaviertrio zu schreiben, angeregt von seinem damaligen Kompositionslehrer Gabriel Fauré und erfolgreichen Vorarbeiten von Camille SaintSaëns. Aber erst sechs Jahre später kam es zur Ausführung. Um der Hektik und Betriebsamkeit in Paris zu entfliehen, zog er sich im Februar 1914 in seine baskische Vaterstadt Saint-Jean-de-Luz an der Atlantikküste zurück, wo das viersätzige Werk nach Eintragungen auf dem Autograph zwischen dem 3. April und dem 29. August entstand. Als ihn der befreundete Maurice Delage einmal nach dem Trio befragte, antwortete Ravel: „Mein Trio ist fertig; es fehlen mir nur noch die Themen.“ Die recht kryptische Entgegnung Ravels verwies darauf, dass er sich über eine impressionistische Klangerweiterung bis ins Orchestrale hinein durchaus im Klaren war, auch über den in den „Valses nobles et sentimentales“ oder in den „Mallarmé-Poèmes“ entwickelten geschärften und pointierten Klang, nicht aber über die motivisch-thematischen Prozesse und ihre Rhythmisierung, mit denen er in diesem Klaviertrio Neuland beschreiten sollte. Derartige rhythmische Kühnheiten hatte er gerade in Strawinskys „Le sacre du printemps“ (1913) kennengelernt und bewundert. Und so sind asymmetrische Auflösungen des 8/8-Taktes in Achtelgruppen von 3:2:3 oder 3:3:2 Achteln im Hauptthema des Kopfsatzes oder auch Kombinationen von 5/4- und 7/4-Takten im Finalsatz, aber auch Polyrhthmien von 3/4- und 4/2-Takten im zweiten Satz ohne die Faszination für den russischen Komponisten kaum denkbar. Etwas rätselhaft ist die Bezeichnung des zweiten Satzes mit Pantoum. Es ist in der malaiischen Poesie ein Gedicht mit vierzeiligen Strophen, wobei die 2. und 4. Zeile der ersten Strophe als 1. und 3. Zeile der zweiten Strophe wiederholt werden müssen. Diese Verskunst wurde von Victor Hugo, Théodore de Banville und auch von Charles Baudelaire aufgegriffen. Aber der Zeilenbezug wurde von Ravel nicht ins Musikalische übertragen, und so bleibt die Bezeichnung eines mehr unter seinen vielen sorgsam gehüteten Geheimnissen. Die Passacaglia beruht nach Bachschem Vorbild auf einem achttaktigen ostinaten Basso im Dreiertakt, über dem sich in einem großen Spannungsbogen zehn Variationen entwickeln, mal strenger, mal freier der Vorgabe folgend. Dessen Kulminationspunkt wird genau mit der mittleren, also fünften Variation erreicht. Der Finalsatz ist als großangelegtes Rondo ausgeführt. Neben der erwähnten Polyrhythmik, die den Satz in einem Schwebezustand hält, sind es vor allem die ganz neuartigen Kombinationen von Klavier- und Streichersatz, die hier die Aufmerksamkeit der Zuhörer verdienen. Während der Arbeit am letzten Satz brach der 1. Weltkrieg aus, und Ravel war sich bewusst, dass auch er auf seine Art einen „heldenhaften“ Verteidigungsbeitrag leisten müsse. In den vielen erhaltenen Briefen an die Freunde in Paris gewinnt man den Eindruck, er habe wie besessen an seinem Opus ultimum gearbeitet, wenn es beispielsweise heißt: „Ich habe niemals soviel und mit einer verrückteren, heldenhafteren Sucht gearbeitet!“ Die drei großen französischen Komponisten im heutigen Programm sind durch eine Filiationskette miteinander verbunden, deren mittleres, aber nicht schwächstes Glied Gabriel Fauré ist. Er war an der Pariser École Niedermeyer Schüler des zehn Jahre älteren Saint-Saëns, dem er danach ein Leben lang in tiefer Freundschaft verbunden blieb. Als Fauré 1896 am renommierten Pariser Conservatoire die Kompositionsklasse von Jules Massenet übernahm, bildete er so erfolgreiche Komponisten aus wie Charles Koechlin, Florent Schmitt oder George Enescu, vor allem jedoch Maurice Ravel. Dessen skandalöse Zurückweisung 1905 vom Wettbewerb um den jährlich ausgesetzten “Rom-Preis“ erzwang den Rücktritt von Direktor Théodore Dubois. Das Lehrerkollegium wählte daraufhin Gabriel Fauré zum neuen Direktor des Konservatoriums. All das lag noch in weiter Ferne, als er 1876 während eines Ferienaufenthaltes bei der befreundeten Familie Clerc in Sainte-Adresse in der Normandie mit der Komposition des ersten seiner beiden wirkungsvollen Klavierquartette op. 15 und op. 45 (1885/86) begann. Auf Empfehlung seines Freundes Camille Saint-Saëns wechselte er ein Jahr später von der Orgelstelle in Saint-Sulpice zur berühmten Kirche Madeleine, wo neue und größere kirchenmusikalische Aufgaben auf ihn warteten. Daher konnte das Klavierquartett erst 1879 abgeschlossen und ein Jahr später uraufgeführt werden. Aber Fauré war mit dem Finalsatz nicht zufrieden und schrieb einen völlig neuen, der mit den drei vorausgehenden Sätzen 1884 erstmals aufgeführt wurde. In dieser Version von letzter Hand wurde das Klavierquartett zum beliebtesten und auch erfolgreichsten Kammermusikwerk des Komponisten, vergleichbar mit der feurigen, fast zeitgleich entstandenen ersten Violinsonate A-Dur op. 13, die gerade erst im Oktober mit dem saarländischen Geschwisterpaar Lea und Esther Birringer in Rubly’s Werkstatt in der Homburger Lagerstraße bei Freunden und Unterstützer des Homburger Sinfonieorchesters helle Begeisterung weckte. Für die Anregung, in Frankreich Kammermusik zu etablieren, dankte Fauré seinem Freund und Mentor Saint-Saëns bis an sein Lebensende immer wieder auch öffentlich. Wie in dessen Klaviertrio, so durchdringen sich auch in Faurés erstem Klavierquartett c-Moll op. 15 deutsche Klassik und Romantik sowie französische Klangkultur und romanische Raffinesse in der Melodiebildung. Im Kopfsatz „Allegro molto moderato“ dominiert ganz im Sinne seines Lehrers das Hauptthema den musikalischen Verlauf, wogegen das lyrische Seitenthema nur Episode bleibt. Das „Scherzo: Allegro vivo“ in der Paralleltonart Es-Dur rückt in der Satzfolge von der sonst üblichen dritten an die zweite Stelle. Das Trio darin gehört mit seinem gedämpften Streicherklang zu den großartigsten Eingebungen des Komponisten. Der dritte, langsame Satz „Adagio“ basiert auf der rhythmisierten c-Moll-Skala und sorgt für eine verschleiert melancholische Stimmung, während die Tempoanweisung im „Finale: Allegro molto“ die vier Quartettspielerinnen bei punktierter Rhythmik und spielerischer Kontrapunktik bis in die fein gearbeitete Coda hinein ein letztes Mal zu höchster Virtuosität anspornt.