Dieses Skript entstammt meiner perönlichen Prüfungsvorbereitung. Es wird kein Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit gestellt. Bei Fragen mailt mir bitte: [email protected] . Weitere Skripte findet Ihr unter www.theologiestudenten.de . Sozialethik: Exzerpt aus „Anzenbacher, Arno. Christliche Sozialethik. Paderborn, München, Wien Zürich 1998.“ 1. Begriffsbestimmung: 1.1. Das Soziale: ü Gesellschaftsbewandtnis des Menschen ü Soziales = Vielfältige Wechselwirkungen zwischen Individuen der Gesellschaft. ü Wechselwirkungen sind Konstant / Regelmäßig; institutioneller Charakter ders. 5 wichtige Teilbereiche des Sozialen: ü Familie ü Bereich des Wissens & Könnens ü Ökonomischer Bereich ü Politisch-Rechtlicher Bereich ü Kulturell-Religiöser Bereich 1.1.2. Ethik: (Normierung menschlichen Handelns) ü Freiheitsaspekt des Menschseins im Gegensatz zum Tier Seite 1 ü Verantwortlichkeit des Menschseins ü Persönliche Moral à persönliche Handlungsregelungen zur Sicherung der sozialen Akzeptanz à Soziale Handlungsregeln à Normen à Ethos Ethik: Ø Analytische Ethik / Metaethik Ø Fundamentalethik Ø Normenethik - Individualethik - Sozialethik 1.1.3. Individualethik und Sozialethik: ü Individualethik: inwiefern kann Praxis einzelnen Personen zugerechnet werden? à Gut / Böse ü Sozialethik: moralische Bewertung des Sozialen. Sind gegebene institutionelle Gebilde gerecht? à Gerecht / Ungerecht 1.1.4. Verhältnis Individual- /Sozialethik: ü Reduktion der Sozialethik auf Individualethik Ø Das Soziale hat eine eigenständige Bedeutung und Qualität. Es kann nicht bloß als Summe des individuell Zurechenbaren gelten. ü Reduktion der Individualethik auf Sozialethik: Ø Individuelles Handeln sei angeblich Reflex des Sozialen (Besonders Radikale Form zum Beispiel im Basis-Überbau-Schema von Marx) 1.2. Christliche Sozialethik 1.2.1. Sozialethische Dimension der Offenbarung: Zu beachten bei „biblischer Ethik“: Seite 2 Historische Distanz verbietet direkte Applikation alttestamentlicher Normen auf die Gegenwart. 1.2.1.1.Schöpfungsmotiv: ü Ganze Welt von Gott geschaffen ü Sonderstellung des Menschen als Abbild Gottes ü Mensch als Mann und Frau geschaffen à Gesellschaftsbezug ü Mensch als verantwortlicher Partner Gottes: Herrschafts- und Gemeinschaftsauftrag bezüglich der Verwaltung der Erde ü Möglichkeit der Sünde 1.2.1.2.Exodus- und Bundesmotiv: ü Exodus als befreiende Heilstat ü Verhältnis Israel ßà Gott := Bund ü Bundesgesetz: nicht nur kultische Pflichten, sondern auch Gerechtigkeitsdimension, Forderung nach Nächsten- und Selbstliebe. ü Dekalog: Pflichten gegenüber Gott ßà Pflichten bezüglich Rechte und Würde der Menschen: z.B.: Recht auf Leben, Eigentum, Wahrhaftigkeit, Schutz der Ehe und Würde der Eltern. ü Soziale Gerechtigkeitsdimension besonders gut am Jubeljahr aufzuweisen. 1.2.1.3.Soziales Ethos der Propheten: ü Ständiger Bundesbruch à Auftritt der Propheten. ü Eschatologische Perspektive. Handeln im Sinne des kommenden Reiches Gottes. ü à Soziale Dimension: Menschliches Handeln wird an Gerechtigkeitskriterien bewertet; z.B. Verhalten gegenüber Witwen & Waisen, d.h. Handeln gegenüber den Armen. 1.2.1.4.Eschatologische Ethik Jesu: ü Aufnahme des Grundmotiv der Propheten. Radikalisierung dess. Aufbruch zu Umkehr und Nachfolge angesichts des anbrechenden Reiches Gottes. Seite 3 ü Mensch ist angesichts der kommenden Gottesherrschaft nicht Passiv, sondern er kann sich durch sein Tun entsprechend vorbereiten. ü Im Zentrum der Neuorientierung der Praxis: Doppelgebot der Liebe 1 ü Liebe zu Gott zeigt und bewährt sich in der Liebe zum Nächsten. ü Bergpredigt 2: als Programm der Ethik Jesu (allerdings individualethische Verfassung ders.) ü Sozialethische Dimension bei Jesus meist ausgeblendet. Hier geht es vor allem um die persönliche Umkehr des Einzelnen. ü Doch Liebesgebot hat auch eine nicht zu unterschätzende sozialethische Perspektive. Gesellschaft soll institutionell so geregelt werden, daß Armut, Elend, Unterdrückung, Ausbeutung, Gewalt, Krieg, etc. möglichst minimiert oder gar eliminiert werden. 1.2.1.5.Theologie des Paulus: ü „....ihr alle seid einer in Jesus Christus.“3 à prinzipielle Relativierung der sozialen Schranken; Radikalisierung der Gottebenbildlichkeit der Menschen. 1.2.1.6.Die Gemeinde: ü Urchristliche Gütergemeinschaft nach Lukas4 ü Diese ist nicht historisch zu verstehen!!! Jedoch offenkundige ethische Intention: o Soziale Konsequenzen: Herstellung gerechter Verhältnisse zur Überwindung sozialen Elends. o Einsetzung von Diakonen zur Bekämpfung von Armut. o Zunächst Beschränkung auf Binnenraum der Sozial gestaltbaren Gemeinde; undifferenziertes Verhältnis zum Staat. 1.2.1.7.Übersicht über soziale Dimension der Bibel: ü Heilige Schrift bringt uns keine konkreten, direkt umsetzbare Modelle, aber grundlegende Gewißheiten. 1 2 3 4 Mk 12,28-31 / Lk 10,25-28 Mt 5,1-7,29 Gal 3,26-28 Apg 4,32-35 Seite 4 ü Diese Gewißheiten müssen die Basis sein, auf der Christen ihre Kriterien zur Beurteilung sozialer Gebilde bauen. ü Optionen: o Universelle Anerkennung der Würde des Menschen. o Freiheit und Befreiung o Option für Arme o O. für Frieden und Gerechtigkeit o O. für Bewahrung der Schöpfung. ü Diese Optionen sind allgemein und wenig differenziert., bieten aber eine prinzipielle Orientierung / Ausrichtung. ü Um diese Optionen zu konkretisieren, muß man sich zunächst in den bestimmten sozialen Handlungsfeldern und Kontexten kompetent machen. 1.2.2. Philosophische Differenzierung: 1.2.2.1. Das Soziale im philosophischen Diskurs: ü Theorien und Positionen im ph. Diskurs bezüglich der Ethik sind zwar oft Epochenbedingt, allerdings haben sie aber auch oft eine epochenüberschreitende Tragweite. So spielen z.B. Aristoteles und Kant im aktuellen sozialphilosophischen Diskurs eine eminent wichtige Rolle. ü Anzenbacher: Die diversen relevanten Theoriekonzepte sind kritisch anzueignen und systematisch aufeinander zu beziehen. 1.2.2.2. Sozialphilosophie und christliche Sozialethik: ü Diverse Theoriekonzepte führen zur Differenzierung des Problembewußtseins. ü In aktuellen Positionen setzen sich oft jahrhundertealte Kontroversen fort. ü Viele dieser aktuellen Positionen verweisen im Kern auf Klassiker wie Aristoteles, Th. V. Aquin, Hobbes, Locke, Rousseau, Kant, Hegel, Marx, Smith, Comte, Weber,... ü Philosoph. Diskurs führt zwar zur weitgehenden Differenzierung und Modifizierung von Positionen; führt aber letztlich zu keinem Konsens. Seite 5 o Möglicher Grund hierfür: es kann nie eine absolut vorraussetzungslose Position gefunden werden. o Die Philosophie bleibt, da von Menschen betrieben, immer auch von den unvermittelten Vorentscheidungen und Grundeinstellungen der Menschen abhängig. ü è Konsequenzen für christliche Sozialethik: o sie bezieht ein christlich-gläubiges Vorverständnis sozialer Gerechtigkeit auf einen kontroversen sozialphilosophischen Diskurs. Es geht ihr letztlich um die sozialethische Dimension der Offenbarung (s.o.) o wir wissen, daß jede sozialphilosophische Position von in der Regel unreflektierten Grundeinstellungen abhängt. Diese werden selten thematisch behandelt. ü Auch innerhalb christl. Sozialethik gibt es legitime Pluralität von Positionen, da (s.o.) die biblischen Optionen doch relativ allgemein und differenzierungsbedürftig sind.# ü Methodischer Aufbau d. christlichen Sozialethik: THEOLOGIE Grundlegende allgemeine Optionen: Soziale Dimension der è Offenbarung Für die Armen, den Frieden, die je größere Gerechtigkeit, Bewahrung der Schöpfung, etc. ↓ PHILOSOPHIE Diskurs über Recht, Staat, Systematische Differenzierung der relevanten è Wirtschaft, Kultur Grundbegriffe: z.B. Gerechtigkeit, Freiheit, Menschenrechte, Legitimation,... ↓ EINZELWISSENSCHAFT Soziologie, Politik-, Rechts-, Wirtschaftswissenschaft Konkretisierung im Medium empirischer è Theorien der sozialen Interaktionsbereiche bzw. Teilsysteme 1.2.3. Einzelwissenschaftliche Konkretisierung: ü Philosophische Differenzierung der christlichen allg. Optionen bleibt immer noch zu allgemein (siehe Tafelbild o.) Seite 6 ü Die differenzierte Normativität ist auf die empirischen Gegebenheiten zu beziehen. ü Diese Aufarbeitung ist Aufgabe einer Vielzahl von Einzeldisziplinen im Rahmen von Soziologie, Wirtschafts-, Rechtswissenschaften. ü è christliche Sozialethik muß mit diesen Disziplinen zusammenarbeiten, um sich mit dem empirischen Material dieser Wissensch. vertraut zu machen und kompetent mitreden zu können. 1.2.3.1. Autonomie der Sachbereiche und Wissenschaften: Siehe Buch S.35ff 1.2.3.2. Theorie und Realität ü Problem der Modellhaftigkeit von Theorie und deren Bezug zur Realität. Begriffsbestimmung Nichtempirische Voraussetzungen Theoretischer Zugriff empirischer Einzelwissenschaften ü Gerade in Sozial- und Wirtschaftswissenschaften eine Vielfalt differierender bzw. kontroverser Theorien. ü Liegt auch daran, daß sich der Mensch nie glatt auf den Nenner bringen läßt, also objektivieren läßt, sondern immer auch Subjekt ist. ü Wichtig: Es sollte in jedem Fall ein Ontologisierung der Modelle vermieden werden, also die Verwechselung von Modell und Realität. ü Überblick über das Problem christl. Sozialethik: Seite 7 o (Zitat S. 39) „Einerseits kann sie sich nur auf die bestimmten Problemfelder hin konkretisieren, wenn sie sich auf die einzelwissenschaftliche Aufbereitung der sozialen Bereiche bezieht und auf die interdisziplinäre Arbeit einläßt; insofern hat sie die Autonomie der Sachbereiche und Wissenschaften zu respektieren. Andererseits kommt ihr die Aufgabe zu, ihre philosophisch differenzierte christliche Grundorientierung kritisch ins Spiel zu bringen und die methodischen Abstraktionen und Vorraussetzungen (Intuitionen, Annahmen, Bewertungen) aufzudecken, die dem theoretischen zugriff der betreffenden Wissenschaften zugrunde liegen.“ Seite 8 2. Die Moderne ü Kontext der philosophischen und einzelwissenschaftl. Differenzierung der Sozialethik ist der Kontext der Moderne ü Moderne:= Resultat des neuzeitlichen Entwicklungsprozesses. ü Ausgang dieses Prozesses in Europa; Resultat erlangte v.a. ab Mitte 20. Jhdt. Globale Bedeutung. ü In theoretischer Sicht differenziertes philosophisches Problembewußtsein des Begriffs der Moderne. ü Prozeß der Moderne verdankt sich (zumindest auch und wesentlich) dem Christentum. 2.1. Die Neuzeit: ü Epoche zwischen Mittelalter und neuester Zeit. ü Epoche zwischen Mitte 15 und Ende 19. Jhdt. 2.1.1. Mittelalter: ü Mittelalterliches Feudalsystem basiert auf Institution der Grundherrschaft ü Abhängigkeit (Hörigkeit) der Mehrheit der Bevölkerung (Bauern) von Grundherren. ü Große wirtschaftl., polit., rechtl., kulturell-religiöse und familiale Bedeutung dieses Abhängigkeitsverhältnisses. Wirtschaft: ü Abhängiger wirtschaftet auf Grund des Herrn ü Zinsen und Naturalienabgaben; im Gegenzug kulturell, polit., religiöse,... Fürsorge des Herrn. Politik und Recht ü Grundherr steht im Kontext des Lehnswesens: Herrschafts- und Organisationsprinzip des Feudalsystems Seite 9 ü Mehrstufige Lehnsrechtl. Hierarchie kulminiert im König an der Spitze des Feudalsystems. ü Über Grundherrschaft ist der Abhängige auch in das Justizwesen integriert. ü Bes. im Römisch-Deutschen Reich Aufsplitterung des Justizwesens in vielfältige Lehnsverhältnisse. Partikularisierung und Pluralisierung des Rechts. Religion und Kultur ü Zwar keine Vereinigung der Gewalten (s. Investiturstreit,...); dennoch bleiben die beiden Gewalten der Christianitas aufeinander bezogen. ü Die Kirche und Religion sakralisieren die Krone und prägen ausgehend von dieser das gesamte Feudalsystem. ü Bildungswesen, soziale Fürsorge und auch Kunst überwiegend in kirchl. Hand ü Führte auch zur Feudalisierung der Kirche ü Keine Religionsfreiheit,... Familie ü Familienform des ganzen Hauses. ü Haus und Hof = Wohnung, Arbeits-, Ausbildungsstätte. ü Familiale Beziehungen sind ökonomisch überformt. ü Eheschließung praktisch nur bei Übernahme des Hofs möglich; hängt vom Grundherrn ab. Seite 10 Integration der sozialen Interaktion i.d. mittelalterlichen Agrargesellschaft: Christianitas Imperium – Sacerdotium ↓ König Feudalstaat Lehenssystem ↓ Grundherrschaft ↓Politik ↓Recht ↓Religion ↓Ökonomie Haus Familie ü Ähnliche Rolle wie Grundherrschaft im Agrarbereich spielen Zünfte für Handwerkergesellschaft der MA Städte. ü Wissenschaftsbetrieb: Zentrale Bedeutung der Theologie ü Theologie verbürgt doktrinale Einheit aller Wissenschaften ü Gründung von Unis mit Privilegien und Freiheiten beschleunigt Prozeß der Verselbständigung des Wissenschaftsbetriebs. ü Ständische Zuordnung weitgehend unverfügbar und erblich. Ist auf das bonum commune hingeordnet. 2.1.2. Bürgertum ü Träger des neuzeitlichen Prozesses. ü Entstehen eines vom zünftigen Handwerkertum verschiedenen feudal nicht integrierten Bürgertums. ü Zwei Arten dieses neuen Bürgertums: Besitzbürgertum und Bildungsbürgertum. ü Besitzbürgertum: Seite 11 ü Handel (Handelskaufmann: unabhängig von zünftiger Regelung, individueller Risikoträger, Rationalität ökonomischer Planung) o Handel à Ausweitung der Geldwirtschaft. à Verlagssystem à Manufakturen. o Wichtiger Investitionsbereich: Bergbau o Bildung von Handelsgesellschaften à Vergrößerung der Kapitalbasis; Verringerung des individuellen Risikos. ü Konflikt mit dem Feudalsystem: Besitzbürgertum braucht zum Wirtschaften Klima der ökonomischen Freiheit. o Freiheit der Person o Freiheit des Eigentums o Freiheit des Vertrages ü Ökonomische Freiheitsansprüche widersprechen stark den Gesellschafts- und Produktionsverhältnissen des Feudalsystems ü Boykottierung durch Zünfte, die unternehmerische Freiheiten einschränkten ü Fürsten behinderten Handel durch hohe Zölle, Mauten, etc. ü Bildungsbürgertum: ü Gründung von Universitäten mit versch. Freiheiten und Privilegien. ü Relativ große Eigenständigkeit ü Allmähliche Entstehung der Schicht aus Wissenschaftlern, Ärzten, Juristen, Lehrern, Künstlern, Beamten und gebildeten Adligen. ü Entstehende Tendenz, aus Einheitskultur auszubrechen à Forderung nach kultureller Freiheit. ü Individualisierung Seite 12 Besitz- und Bildungsbürgertum: Feudal desintegriertes Bürgertum Tätig in Handel, Geldwesen, Verlags- Tätig als Wissenschaftler, Ärzte, system, Bergbau, Manufakturen Juristen, Lehrer, Künstler BESITZBÜRGERTUM BILDUNGSBÜRGERTUM Interesse: Interesse: Ökonomische Freiheitsrechte Kulturelle Freiheitsrechte ü Beide haben Anliegen der Freiheit à Politische Freiheit kommt ins Spiel!!! 2.1.3. Wende zum Subjekt: ü Durch den Wunsch nach mehr Freiheit kommt auch der Wunsch nach mehr persönlicher Freiheit immer mehr in den Mittelpunkt und damit auch das Bewußtsein der eigenen Subjektstellung. ü Zwei Grundtendenzen: o Subjektstellung Mensch ßà Natur o Subjektstellung Mensch ßà Mensch / bzw. Gesellschaft ü Subjekt und Natur: o Mensch = Herr über Natur. o Agieren der instrumentellen Vernunft o Wissenschaftl. Erforschung der Natur o Technische Beherrschung o Ökonomische Verwertung o Natur als verfügbares Material und unbeschränkt nutzbare Ressource. ü Subjekt und Gesellschaft: o Grundtendenz zur Universalisierung: Jeder Mensch = Subjekt o à Freiheitsrechte o à Universelles / Menschenrechtsethos Seite 13 o Anerkennung dieser natürlichen Rechte nicht nur auf Moral beschränkt; sondern hat Konsequenzen im polit.-rechtl. Bereich o à Grundrechte ü Beide Grundtendenzen hängen aufs engste Zusammen mit zentralen bibl.christl. Motiven. ü Siehe Bibel: Gottgegebene Herrschaft des Menschen über die Erde & Liebesgebot. ü Kein Zufall, daß der neuzeitliche Prozeß auf christlichem Kulturboden wurzelt. 2.1.4. Aufklärung: ü Kant: Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit... ü Tradierte Vorstellungen werden destruiert im Zuge einer grundlegenden Kritik ü Siehe Descartes: methodischer Zweifel: o Reduktion und Destruktion eines Bereiches bis hin zu einer sicheren, letzten Basis. o Von dieser Basis aus theoretische Neukonstruktion des Bereichs ü Philosophie: Rationalismus, Empirismus ü Religion: christl. Religion wird immer mehr Thema rationalistischer und empiristischer Kritik ü Natur: experimentelle Forschung und Mathematisierung der Natur; Mechanistische Interpretation ders. ü Gesellschaft: Kritik,... ü Max Weber (1864-1920): o Neuzeitlicher Prozeß = Rationalisierung o Fortschreitende funktionale Ausdifferenzierung des ehemals integralen Systems. Politik & Wirtschaft trennen sich mehr und mehr; Wissenschaft beansprucht Autonomie von Religion, Philosophie & Kunst lösen sich von Religion; Ausdifferenzierung der Familie,... Seite 14 Ausdifferenzierung: MACHT UND RECHT SINN UND WERT Staat, Politik Weltanschauung Justiz Religion Verwaltung Kunst FAMILIE Familialer Verband Sippe Haus GUT UND GELD WISSEN UND KÖNNEN Wirtschaft Wissenschaft Bedarfsdeckung Technik Markt Ausbildung ü Bürokratisierung der Bereiche à rational-effiziente Gestaltung der Gebilde o 1. feste Verteilung der regelmäßigen Tätigkeiten/ amtl. Pflichten o 2. Befehlsgewalten für die Erfüllung der Pflichten sind fest verteilt o 3. für regelm. Und kontinuierliche Erfüllung der Pflichte und Ausübung der Rechte ist planmäßig vorgesorgt durch Anstellung qualifizierter Personen ü Effekt der Bürokratisierung: o Gewinn an Präzision, Stetigkeit, Disziplin, Straffheit, Verläßlichkeit, also: Berechenbarkeit. 2.2. Teilsysteme: Seite 15 2.2.1 Politik: Recht und Staat ü Macchiavelli (1469-1527): o Politik = Inbegriff der Strategien, die auf Erwerb, Ausbau und Machtsicherung des Staates abzielen. o Rein zweckmäßige Zielbestimmung à Loslösung des politischen Handelns vom sittlich-universellen Anspruch des christl. Naturrechts. o Politische Klugheit & Tüchtigkeit zielen allein auf Machtausbau und Machterhaltung ab. o Tendenz zum Gewaltmonopol eines im Vollsinn souveränen Staates. o è Absolutismus (zunächst in Form der Monarchie: Bsp: Ludwig XIV: „L’état, c’est moi.“) ü Absolutismus à Rechtlosigkeit des Menschen ü Aufgeklärte emanzipatorische Vernunft findet sich damit nicht ab à große bürgerliche Revolutionen in England, Nordamerika und Frkr. 2.2.1.1. Menschenrechtsdenken und Vertragstheorie: ü Menschenrechtsethos (kurz): „Aus der naturgegebenen personalen Würde des Menschen als Menschen ergibt sich ein naturrechtlicher Freiheitsanspruch.“ ü Menschenrecht ist jeder positiven Rechts- & Staatsordnung normativ vorgeordnet. ü à Freiheitsrechte ü Ausdifferenzierung der Freiheitsrechte bei JELLINK (1919): o Status negativus: Abwehrrechte der Person gegenüber nötigender Willkür des Staates è Sicherung eines Handlungsspielraums formaler Gleichheit für alle. o Status activus: Freiheit als Subjektstellung der Person als Staatsbürger à Bürgerrechte. o Status positivus: Recht auf Chancen und Mittel um Freiheit im Sinne eines Lebensplans zu realisieren à soziale Rechte; Anspruchsrechte; Staat als Sozialstaat. ü Kodifizierung der Menschenrechte: siehe S. 59 Seite 16 ü Menschenrechtsdenken entwickelte sich in einem langen, spannungsreichen Prozeß; bis heute nicht abgeschlossen. ü Spannung zwischen liberal-formalem Freiheitsdenken (große materielle Ungleichheit) und sozial-materialem Freiheitsdenken (Streben nach sozialer Gleichheit; dafür werden formale Freiheitsspielräume eingeschränkt) ü Diese Spannung zeigt sich bei LOCKE & ROUSSEAU. ü Neuzeitliche Versuche, politische Theorie auf Basis des Menschenrechtsethos zu entwickeln: „vertragstheoretischer Ansatz“. o Naturzustand: fiktive Vorstellung eines vorstaatlich, natürlichen Zustandes. Alle Menschen frei und im Besitz ihrer natürlichen Rechte. o Gesellschaftsvertrag: Staat und Recht können nur dann als legitim aufgefaßt werden, wenn sie Resultat eines konsensuell geschlossenen Vertrags aller Personen sind. Ordnung des Staates ist also für jedermann vorteilhaft zu gestalten. o Staatskonzeption: äußerst unterschiedliche Staatskonzeptionen. Deren Gegensätzlichkeit bestimmt bis heute die politischen Kontroversen. (Hobbes: Absolutismus/ Locke & Kant: politischer Liberalismus/ Rousseau: radikaldemokratischer Etatismus ) ü Menschenrechtl. Basis und vertragstheoretische Legitimation gehören zum festen Bestand des polit. Konzepts der Moderne. Dieses setzt sich tendenziell global durch. 2.2.1.2. Politischer Liberalismus ü Grundanliegen: Basis des Staats = Menschenrechte qua Freiheitsrechte à in der Rechtsordnung als Grundrechte. Staat ist so zu konstruieren, daß ein Maximum formal-gleicher Freiheit für alle garantiert ist. ü Wichtig: Grafik S. 62. ü Staat muß nach innen und außen souverän sein. ü Gewaltmonopol des Staates zur Garantie der formal-gleichen Freiheit aller. ü Staatsgewalt ist an bürgerrechtliche Mitbestimmung rückgebunden. ü Zentrale Elemente der polit. Theorie des Liberalismus: o Trennung von Staat und Gesellschaft: Gesellschaft = Bevölkerung des Staates, welche frei interagiert. Teilsysteme der Interaktionsbereiche: Seite 17 Wirtschaft, wissenschaftl.-techn Bereich, weltanschaul.-kulureller Bereich. Dieser Gesellschaft steht der Staat gegenüber. Trennung besagt, aß der Staat die Autonomie dieser sozialen Teilsysteme anerkennt und auf Interventionen verzichtet. Umgekehrt darf der Staat nicht zum „verlängerten Arm“ einzelner gesellschaftl. Teilsystem werden. o Rechts- & Verfassungsstaat: o Gewaltenteilung: Exekutive, Judikative, Legislative. o Demokratisierung der Legislative: Wahl von Volksvertretern ins Parlament à Rückbindung der Staatsgewalt an die Bürger. Legitimationsbedingung des Staates. ü Vehemente Kritik Rousseaus an polit. Liberalismus: es entsteht materiale Ungleichheit. (volonté generale) ü Ähnliche Kritik auch durch Marx ü Grundkonzeption der polit. Theorie des Liberalismus heute allerdings weitgehend unumstritten. 2.2.1.3. Klassisches und neuzeitliches Naturrecht: ü Grundauffassung: positives Recht ist prinzipiell legitimationsbedürftig. ü Positives Recht kann nicht durch positives Recht begründet werden à es wird eine präpositive Ebene benötigt. ü Präpositives Recht qua natürliches Recht fragt nach Begriff, Wesen, Natur des Menschen. ü Klass. Naturrecht: Th. V. AQUIN (1225-1247) / neuzeitl. Naturrecht: KANT ü THOMAS VON AQUIN: o Antropologischer Rekurs: Differenzierung eines universellen Begriffs des Menschen (imago dei) o Aufweis der existentiellen Zwecke: Bedürfnisse, Ausrichtungen und Hinordnungen (inclinationes naturales) (bona humana) o Ordnung und Regelung der existentiellen Zwecke: Menschliche Vernunft soll Vielfalt der inclinationes in Ordnung bringen und diese durch praktische (sittliche) Gesetze regeln. Seite 18 ü Lex naturalis kein inhaltlich vorgegebenes Gesetz. Teilnehmen menschl. Vernunft an göttlicher Gesetzgebung. ü Gott ordnet durch lex aeterna die ganze Schöpfung ßà Mensch ordnet durch lex naturalis den für ihn regelbaren Bereich. ü Christl.-theologischer Kontext. ü Letztlich geht es in dieser Ordnung der inclinationes um die Hinordnung des Menschen auf Gott hin. ü Bestimmte theoretische Entfaltung dieses Ansatzes hängt immer vom jeweiligen soziohistorischen Kontext ab. à Grundlegend ist nämlich die stets offene und immer wieder neu beantwortete Frage nach dem Wesen des Menschen. ü Unterschiede zum neuzeitl. Naturrecht: o Klass: Gesamtraum menschl. Praxis einschl. Wert und Sinnfragen. o Neuzeitl.: zwei relativ eigenständige Bereiche: § Gerechtigkeitsfragen (gerecht) § Fragen des guten Lebens (gut) ü Wichtig: Tafel S. 69. ü IMMANUEL KANT: o Unterscheidung (s.o.) in Rechtspflichten und Tugendpflichten. o Rechtspflichten: was wir Mitmenschen aufgrund ihrer Rechte schulden. § Menschenrechtl. Status à allg. Pflichten gegenü. Menschen weil sie Personen sind. (z.B.: nicht betrügen, morden, stehlen, lügen,...) § Spezielle Pflichten gegenü. Einzelnen, bestimmten Personen. (z.B.: ggü. Eltern, Kindern, Erste Hilfe-Leistung,...) o Tugendpflichten: Bereich des Guten, der über die Rechtspflichten hinausgeht. Es geht um innere Gesinnung; moralische Motivation. "Zwecke, die an sich Pflichten sind." § Eigene Vollkommenheit à Pflichten gegenü. sich selbst § Fremde Glückseligkeit à Einstellung gegenü. anderen Menschen und sich daraus ergebende Pflichten. Seite 19 o Beide Typen von Pflichten ergeben sich aus dem Kategorischen Imperativ: "Handle so, daß du die Menschheit, sowohl in deiner Person, als auch in der Person eines jeden anderen, jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchest." § als Rechtsimperativ: keinen Menschen bloß als Mittel gebr. § Tugendimperativ: Menschheit, in eigener Person und in anderen immer zugleich als Zweck an sich selbst anerkennen und danach handeln. o Drei Unterschiede zwischen den beiden Typen: § Rechtspflichten beziehen sich nur auf äußeres Verhalten. ßà bei Tugendpflichten geht es strikt um die moralische Motivation. § Rechtspfl. sind strikt verbindlich ßà Tugendpfl. sind weit gehalten, lassen sich nur nach allgemeinen Maximen bestimmen. § Vorrang der Rechtspflichten gegenü. Tugendpflichten. ü Problem der Trennbarkeit der beiden Bereiche à Grundtendenz in der Moderne: o Rechtspflichten werden als notwendige und hinreichende Bedingungen zur Legitimation eines Staates betrachtet. Bereich der Tugendpflichten wird zur persönl., subjektiven Privatsache und damit ausgegrenzt è das Gute ist kein Politikum. ü Thomas v. Aquin fragt nach Aufgabe des positiven Rechts: o doppeltes Ziel der lex humana: § Frieden (pax) § Tugend (virtus) o Zucht (disciplina) der Gesetze soll Frieden sichern und Menschen helfen, gut / tugendhaft zu sein. o Problem: sobald das Gute inhaltlich bestimmt wird, entstehen weltanschauliche Wahrheitsansprüche, die zur Verfolgung Andersdenkender führen ("Ketzer"). o Neuzeitlicher Staat verzichtet um Freiheit willen darauf, Wahrheitsstaat zu sein. Seite 20 ü à Frage nach umfassender Bestimmung des Menschen wird Angelegenheit partikulärer Diskurse. ü Problem der (dadurch) entstehenden Reduktion des Naturrechts auf formale Gerechtigkeitstheorie: o "Der freiheitl., säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann." o Staat braucht gewisse Homogenität der moralischen Grundeinstellung der Gesellschaft. ü à 2 Fragen an das polit-liberale Konzept: o wie kann der Staat garantieren, daß in den Freiheitsspielräumen GUT gelebt wird – daß ein soziales Ethos dominiert. o Inwiefern kann überhaupt Politik betrieben werden – ohne grundlegende Wert- und Sinnoptionen, in denen es letztlich um die Bestimmung des Menschen geht? 2.2.2. Wissenschaft und Technik: ü Trennung Staat / Gesellschaft à funktionale Ausdifferenzierung à Entstehung eines relativ eigenständigen Interaktionsbereiches. ü Autonomie ggü. Staat und Autonomie ggü. weltanschaulich-religiösem Bereich. ü Heute: thematisch & methodisch pluralistischer Kosmos relativ selbständiger wissenschaftl. Disziplinen. ü Institutionalisierung des Wissenschaftsbetriebs v.a. in den Universitäten. ü im Gegensatz zur MA Scientia (kulminiert in der Theologie) anderes Wissenschaftskonzept der Neuzeit: Rigorose Trennung von Natur (res extensa) und Geist (res cogitans) ü Destruktion / Reduzierung der Natur: Weber "Entzauberung der Welt" ü Mathematisierung der Natur mit all ihren Vorteilen (Physik, Chemie,...) à Idee einer exakten experimentellen Wissenschaft mit axiomatischem Modell der Natur. ü Entfaltung der Geisteswissenschaften: Trennung Philosophie – Theologie. Seite 21 ü Weitere Ausdifferenzierung der Philosophie in eigenständige Wissenschaften. (Wissensch. von Staat, Gesellschaft, Sprache, Kunst, Geschichte, Psychischem,...) Diese entwickelten sich als empirische Wissenschaften. ü Grundfrage: Zusammenhang dieser verschiedenen theoret.-methodischen Natur- und Geisteswissenschaften? ü Einheit der Wissenschaft / wissenschaftl. Begriff vom "Wirklichen"? ü Deutscher Idealismus à Versuch Hegels, den Gesamtraum der differenten Wissenschaften in einem vernünftigen System zu ordnen und miteinander zu vermitteln. Entstehen einer enzyklopädischen Philosophie. Kein wirkungsgeschichtlicher Erfolg. ü NEOPOSITIVISMUS – Wiener Kreis (zwischen beiden Weltkriegen): o Basis aller Wissenschaften sind empirische Tatsachen. o emp. Tats. können unter allgemeine Gesetze subsumiert werden. o (Bsp. Carnap: Unsinnigkeit von Sätzen und Wörtern, die keine emp. Kennzeichen haben, also Gott, Geist,...) o neopositivistische Idee einer logisch-empirischen Einheitswissenschaft scheitert. o Wirklichkeitsbegriff ist der eines theoretisch-methodisch beliebig interpretierbaren Inbegriffs empirischer Tatsachen. o à Theologie und Philosophie werden an Rand des wissenschaftlichen gedrängt, zu Einzelwissenschaften (Theologiegeschichte, Kirchengeschichte, Psychologie, Philosophiegeschichte,...) o Kritik an Neopositivismus durch Phänomenologen, Existentialisten, Vertreter der Kritischen Theorie. o trotzdem auch heute noch ungebrochener Trend. Nachhaltige Wirkung des Neopositivismus. ü Sozialethische Optionen der Offenbarung: o Ausdifferenzierung der Teilsysteme hat großen Nutzen für die Menschheit und deren Versorgung mit Materiellen Gütern; kann viele Probleme angehen: Umwelt, Dritte Welt, Krankheiten,... o theoretisch-methodisch absolut pluralisierter und thematisch überspezialisierter Wissenschaftsbetrieb, mit quantitativ rasant Seite 22 wachsendem Wissen. Jedoch nimmt integrative Kraft, Fähigkeit zur Binnenkommunikation und gesamtgesellschaftl. Orientierungsrelevanz ab. à D.h. Wir wissen viel über und für den Menschen, aber all' das Wissen hat immer weniger Bezug zum Wesen des Menschen und zu seiner Bestimmung. o Wittgenstein: "Wir fühlen, daß selbst, wenn alle möglichen wissenschaftlichen Fragen beantwortet sind, unsere Lebensprobleme noch gar nicht berührt sind." (Traktat 6.52) ü Dieses Problem stellt sich nicht nur den Unis, sondern v.a. auch der Schule und damit der Erziehung und Bildung der Kinder und Jugendlichen. o Erziehung läßt sich nicht gewährleisten durch Vermittlung von überspezialisiertem abstraktem Einzelwissen. o Sinn- und Wertzusammenhänge, Weltanschauung, Existenzerhellung, Wert- & Sinnperspektiven für ein gutes Leben sind notwendig und unabdingbar für die Erziehung. ü Ergebnis der Betrachtung des wissenschaftl.-technischen Teilsystems: o ähnlich wie bei Politik: o Einerseits ist wissenschaftl. Ausdifferenzierung wichtig für neuzeitl. Prozeß, o andererseits "verdankt sich dieser erfolg der Eliminierung grundlegender weltanschaulicher Fragen im Zuge der konsequenten Anwendung einzelwissenschaftlicher methodischer Abstraktionen." ü Aktuelle Problematik: rasante Entwicklung im Bereich der Einzelwissenschaften führt zu Wissen dessen Umsetzung ethische Fragen aufwirft. (Gentechnik, Ökologie, Atomenergie,...) Die Beantwortung dieser Fragen übersteigt die Kompetenz der Wissenschaften, die die Techniken entwerfen. ü 2.2.2 Wirtschaft / und 2.2.3 Familie fehlen, da ich beide nach fertigem Skript lerne. (ihr könnt mich wegen der Skripte gerne anfragen). [email protected] Seite 23 2.2.5. Weltanschauung: ü Bereiche sozialer Interaktionen, bei denen es um Weltorientierung, Existenzerhellung, Transzendenz,... geht à Frage nach Wesen und Bestimmung des Menschen. ü traditionell in den Bereichen Religion, Philosophie, Kunst. ü zentrale Bedeutung der Religionsgemeinschaften. ü es geht hier um einen gesamtgesellschaftlich unverzichtbaren Bereich. ü aktuell ist dieser Bereich durch andere Teilsysteme wie Politik, Wirtschaft, Wissenschaft sowie durch die Medien und die von ihnen bestimmte Öffentlichkeit an den Rand des Interesse gedrängt. ü langfristiger Trend: o funktionale Ausdifferenzierung des Politischen verweist weltanschauliche Interaktion in den Bereich der vom Staat getrennten Gesellschaft (im Gegensatz zur Verschränkung beider Systeme in der Christianitas). à weltanschauliche Neutralität des modernen Staates. § dieser Trend konnte sich aber nur langsam durchsetzen, auch wenn heute weit fortgeschritten. Selbst heute (gestern) gibt es noch Weltanschauungsstaaten (Marxismus,...) § weltanschaul. Neutralität des Staates in der Praxis: • strikte Trennung • temperierte Trennung (z.B. Konkordate) o bereits in der frühen Neuzeit (Renaissance & Humanismus) à Verselbständigung ("Säkularisierung") der Philosophie und Kunst. à Verselbständigung des religiös/kirchl. Bereichs à Pluralisierung der weltanschaulichen Interaktion. o Innerreligiöse Auswirkung des neuzeitl. Prozeß: Wende zum Subjekt (Reformation). Kirchl. Zentralisierung und Bürokratisierung im Katholizismus (vor Vat. II) o starke Gewichtung anderer Teilsysteme (Wirtschaft, Politik, Wissenschaft,...) drängt weltanschaulich-religiöse Interaktionen in den "Raum privater Beliebigkeit ab." Seite 24 ü Modernisierungsprozeß: o funktionale Differenzierung der weltanschaulich-relig. Interaktionen à "Fortschritt im Bewußtsein der Freiheit" (Hegel) = POSITIV o aber auch Marginalisierung ders. ü à Aufgabe einer Christlichen Sozialethik: Hinweis darauf, daß Marginalisierung "das ganze Projekt der Moderne von seiner Basis her in Frage stellt." ü 3 Gründe hierfür: o Ethik und Sozialethik hängen von Grundfragen der Weltanschauung ab. Warum soll ich ethisch so handeln? à Frage nach Wesen und Bestimmung des Menschen = weltanschaul. Fragen!!! Bsp.: KANT: 1. Was kann ich wissen? / 2. Was soll ich tun? / 3. Was darf ich hoffen? / 4. Was ist der Mensch?: Antwort auf die Fragen: 1. Metaphysik / 2. Moral / 3. Religion / 4. Anthropologie. Letztlich hängt gesamtes Problem der Ethik von der Frage nach dem Wesen des Menschen ab. o Neuzeitlicher Prozeß – Projekt der Moderne – geht von weltanschaulichen Vorraussetzungen aus, die unbeliebig in christl. Tradition und somit biblischer Offenbarung gründen. z.B.: Menschenrechtsidee gründet letztlich in Imago-Dei-Lehre. Oder Monogamie à christl. Ursprung. Oberflächlich betrachtet funktionieren die Teilsysteme auch ohne diesen Bezug. Dieser Schein dürfte (Anzenbacher) aber trügen. o Projekt der Moderne hängt nicht nur in seiner Entstehung von weltanschaulichen Traditionen ab, sondern involviert auch in seiner aktuellen Gestalt unabweisbar weltansch.-relig. Fragen. Zielidee einer menschenwürdigen, wohlgeordneten, gemeinwohlartigen Gesellschaft verweist auf weltanschaul. Fragen. Ideal der Humanität kann nur im Begriff des Menschen begründet werden. ü èèAusdifferenzierung der Teilsysteme führt nur zum Ziel der Moderne, wenn die Teilsysteme sich am Ideal der Humanität orientieren. Begriffsbestimmung und Wesensbestimmung der Humanität erfolgt aber durch weltanschauliche Diskurse. Seite 25 ü Achtung: Es wäre grundlegend falsch, die Marginalisierung durch Renaissance eines Weltanschauungsstaates überwinden zu wollen!!! ü Statt dessen sollte der weltanschaulich neutrale Staat großes kulturpolitisches Interesse an Intensivierung weltanschaulich-religiöser Interaktionen haben. [à beachte: Daraus ergeben sich folgen für die Politik, z.B. bezüglich der Gestaltung des Bildungswesen (Reliunterricht,...),...] ü die Menschen können sich aufgrund ihrer ethischen Autonomie selbst für eine weltanschauliche Position entscheiden. Die letztendliche Entscheidung sollte aber auch verantwortlich vertreten werden können. Dazu braucht man Bildungsprozesse. 2.2.6. Übersicht: ü bisher fünf Teilsysteme genannt. Deren Verschränkung und Ausdifferenzierung à weiter systemartige Interaktionsbereiche, z.B. Medien, Schule, Gesundheitswesen,... ü Alle Teilsysteme müssen geordnet zusammenwirken, damit das sozialethische Ziel einer gemeinwohlartigen, menschenwürdigen Gesellschaft erreicht wird. ü Sonderstellung des polit-rechtl. Teilsystems à Koordination der anderen Teilsysteme und deren Gemeinwohlfunktion unter Beachtung deren Autonomie. 2.3. Positionen: einige aktuelle, sozialethisch relevanten Positionen: 2.3.1. John Rawls ü "A Theory of Justice" à wichtigstes Werk der polit. Philosophie nach 1970 ü darin Rückgriff auf fast vergessene kontraktualistische (vertragstheoretische) Argumentationsform. ü Vertragstheoretische Argumentation à Grundstruktur der sozialen / polit. Ordnung = Vertrag. Seite 26 ü Ausgangspunkt: "Naturzustand" (problematische Ausgangslage, die von allen rational bewältigt werden soll. ü Argumentativer Aufweis aller vertragstheoret. Modelle à aus rationalen Gründen des Eigeninteresse kommt ein vertraglicher Konsens über eine bestimmte Grundstruktur zustande. Naturzustand und Vertrag = hypothetische Konstruktion. ü Ziel des Experiments: Aufweis, daß best. soziale / polit. Ordnung rational gerechtfertigt und universell konsensfähig. ü Urzustandssituation bei RAWLS: o gesellschaftswillige Personen (diejenigen, die den "Vertrag" schließen wollen) sind freie und gleiche individuelle Personen – keinerlei Abhängigkeitsverhältnisse o es geht um Verteilung grundlegender sozialer Güter. (z.B. Rechte, Freiheiten, Chancen, Einkommen, Vermögen,...) o Personen sind aneinander desinteressiert, ökonomisch – egoistisch bestimmt. Keinerlei moralische Motivation vorrausgesetzt. o "Schleier des Nichtwissens" à Gewährleistung fairer Grundsätze (Niemand kennt seine Stellung i.d. Gesellschaft, Klasse, Status, Geschlecht. Niemand weiß über seine biologische Ausstattung wie Intelligenz, Körperkraft, Geschlecht. Niemand weiß, welcher Generation er angehört.) ü argumentativer Vorteil des Schleiers des Nichtwissens: subjektive Interessen und Präferenzen werden ausgeblendet à Interessenidentität à Verallgemeinerungsfähigkeit der Interessen. (Vergleich zu Kants kateg. Imperativ: moralische Universalisierung à Selbstzweckhaftigkeit des Menschen) ü Zwei Gerechtigkeitsprinzipien bei RAWLS: o jedermann hat gleiches Recht auf umfangreiche Grundfreiheiten, die für alle möglich sind (Politische Ordnung à gleiche Freiheit) o Beschaffenheit sozialer und wirtschaftlicher Ungleichheiten (ökonomische Ordnung à Differenzprinzip): § größtmöglicher Vorteil für die am wenigsten Begünstigten. § Ämter und Positionen, die allen gemäß fairer Chancengleichheit offenstehen. Seite 27 ü Entscheidend: Differenzprinzip: Sozioökonomische Ungleichheiten werden nur akzeptiert, wenn sie für die am wenigsten Begünstigten vorteilhaft sind à sie sind rechtfertigungsbedürftig. ü Differenzprinzip nach Rawls à System demokratischer Gleichheit (beachte Unterschied zu Utilitarismus – Nutzensumme ßà hier geht es um gerechte Verteilung!!!) ü Rawls plädiert für marktwirtschaftl. System mit Mindesteinkommen (Grundsicherung) unter Berücksichtigung des Spargrundsatzes. à Soziale Marktwirtschaft. ü Vorrang des Rechten vor dem Guten. ü Kritik an Rawls: o Rawls geht davon aus, daß sich aus Urzustandssituation Moralische und Gerechtigkeitsoptionen entwickeln. Dies ist nicht der Fall. Moralische Optionen bleiben der Urzustandsituation vorrausgesetzt. Es ist nicht plausibel, warum jemand sich freiwillig an die erstellten Normen halten soll. Es ist wiederum eine moralisch-weltanschauliche Grundeinstellung jedes einzelnen vorauszusetzen. o abgesehen hiervon bringt das Projekt Rawls jene sozialethischen Dimensionen und Optionen der Offenbarung auf den Begriff. 2.3.2. James M. Buchanan ü Kritik Buchanans an Rawls ü Urzustand Rawls à moralisch-menschenrechtliche Vorraussetzungen sind enthalten. ßà Buchanan: Anarchischer Urzustand, Krieg aller gegen alle, der Mensch als des Menschen Wolf. ü Individualistisch – ökonomistischer Urzustand. ü Ungleichheit der Menschen (schon genannte biologische u.a. Voraussetzungen à kein Schleier der Unwissenheit) ü "Nur jene Rechtsgrundsätze und sozialen sowie politischen Institutionen sollen als gerechtfertigt gelten, welche von allen Naturzustandsbeteiligten ausschließlich auf Grund ihrer subjektiven Präferenzen als vorteilhaft beurteilt und vertraglich vereinbart werden." à kleinster gemeinsamer Nenner. Seite 28 ü Drei Schritte der kontraktualistischen Theorie Buchanans: o natürliche Verteilung o konstitutioneller Kontrakt o postkonstitutioneller Kontrakt ü Natürliche Verteilung à vorkonstitutionell: Konkurrenzkampf um knappe Güter. Natürliche Verteilung, d.h. Chancenungleichheit im Kampf aufgrund Stärke oder Schwäche der einzelnen Personen à Ungleiche Verteilung der Güter. Entscheidend ist die Macht des Stärkeren. Mord und Totschlag und Versklavung. (Mon dieu. richtig horrormüßig) Erstrebenswert ist aber nicht das töten der Schwachen, sondern die Versklavung zur Produktion von Gütern. Hier wäre es sinnvoll, um die Schwachen "bei der Stange zu halten" Verträge zu schließen, die ihnen z.B. das Existenzminimum sichern,... à Gewisses Gleichgewicht, allerdings mit hohen Verteidigungskosten. ààà ü Konstitutioneller Kontrakt: à Absenkung der Verteidigungskosten durch "Abrüstungsvertrag" / Sicherung des Besitzstandes durch Eigentumsrecht. à Errichtung eines Staates. Funktion dess.: Zwangsgewalt zur Sicherung dieser Verträge, Rechte. Schaffung von Privatrechts-, Eigentums-, und Marktordnung auf Basis der natürlichen Verteilung. Konsensfähigkeit dieses konstitutionellen Kontrakts. Selbst der Ärmste hat damit zumindest das Recht, daß ihn niemand töten darf. à Protective State = Rechtsschutzstaat. ü Postkonstitutioneller Kontrakt: à Leistungsstaat, der öffentliche Güter bereitstellt. Dies erfolgt unter Einstimmigkeitsregel, d.h., jeder einzelne Besitzt Vetorecht, da durch Errichtung öffentlicher Güter Kosten zustande kommen. Das Eigentumsrecht darf nicht verletzt werden. ü à Idee sozialer Menschenrechte als Anspruchsrechte vollkommen ausgeblendet. (siehe z.B. Sklaverei. Der Arme darf zwar nicht getötet werden, man kann ihn aber verhungern lassen,...)(würg!!!) Seite 29 ü Kritik an Buchanan: o auch seine Theorie ist Vorraussetzungsreich. Ohne jegliche moralische Kritik wird der anarchische Konkurrenzkampf, der egoistische Individualismus,... akzeptiert. (Frage, ob wirklich alle Menschen oder zumindest alle "Starken" so leben und handeln wollen, wird erst gar nicht gestellt.) o Gerechtigkeit nur als Marktgerechtigkeit. o "Der citoyen ist auf den bourgeois reduziert" o keine aktuell Konsensfähigen Beurteilungskriterien realer politischökonomischer Systeme. o Kritik Kerstings: § moralisches Versagen, da unsittlicher Vertrag, § siehe oben. § Überzeugungskraft eines kontraktualistischen Modells hängt davon ab, ob es sich in unsere vorrausgesetzten moralischen Überzeugungen einfügt. o Apologie des sozial ungebremsten kapitalistischen Systems 2.3.3. Niklas Luhmann: ü Hauptvertreter der Systemtheorie. ü Moderne ist weder sozialethisch noch sozialphilosophisch bestimmt. ü praktisch-normative, ethische Fragestellung wird ausgeblendet à Bedeutungsgewinn im sozialethischen Diskurs. ü Unterschied sozialer Systeme von Nichtsozialen: Sie bestehen aus Kommunikationen. ü à Soziale Systeme bestehen nicht aus Menschen, diese gehören vielmehr in die Umwelt des Sozialen. ü Kommunikation ist eigenständige Größe. à methodischer Antihumanismus. ü à Überwindung der sozialphilosophischen Ansätze der Tradition: Früher à Gesellschaft wird von der Natur des Menschen her verstanden / Heute à vom autonomen Subjekt. Seite 30 ü Kritik: Wird das soziale System methodisch-antihumanistisch als apersonales Kommunikationssystem gefaßt, ist Praxis als personal-verantwortliches Handeln aus dem sozialen System ausgeblendet. ü Konkrete Bestimmung sozialer Systeme als Kommunikationssysteme: o Umwelt o Sinn o Autopoiesis ü Soziale und psychische Systeme sind Sinnsysteme. (Dieses Kapitel am besten im Buch nachlesen, da ich es nicht so ganz kapiere...) ü Systeme sind autopoietisch, d.h. das System paßt sich den sich permanent verändernden Gegebenheiten an. ü Bezug auf Teilsysteme: Jedes Teilsystem ist ein Kommunikationssystem sui generis. Die anderen Teilsysteme, die Gesellschaft,.. sind jeweils Umwelt. à Autopoietisches system innerhalb bestimmter Systemgrenzen. "Das Teilsystem prozessiert also selbstreferentiell im Sinne seines codierten Mediums und erhält so die Grenze zu seiner Umwelt." Die Teilsysteme nach Luhmann: Funktionssystem Code Medium Wirtschaft Haben Geld Nichthaben Eigentum recht Recht (=Gesetze, unrecht Entscheidungen) wahr wissenschaftliche unwahr Erkenntnisse Regierung/Opposition Macht bzw. Innehaben/Nicht... (öffentliche Ämter) Immanenz Glaube Transzendenz Transzendenz gute/schlechte Karriere- Zensuren erwartungen Recht Wissenschaft Politik Religion Erziehung Seite 31 ü Systemtheorie Luhmanns à Gesellschaft als apersonales Kommunikationssystem aus Teilsystemen. ü Kritik an Luhmann: o Individuelle Person hat bloßen Beobachterstatus, kann nur registrieren, was die teilsystematischen Autopoiesen bewirken. o kein Raum für moralisch verantwortliches Handeln. o keine sozialethische Reflexion, da Systeme selbstreferentiell. o Allerdings ist systemtheoretisch-registrierender Beobachterstatus selbst eine theoretische Reduktion. Wir wissen, daß Systeme in unabweisbaren Praxisbezug stehen und uns herausfordern. (Gefahr, wenn Systeme zu Selbstläufern werden) o Praxisbezug involviert Dimension der Moral. o Teilsystematische Kommunikationen werden für uns gerade deswegen praktisch relevant, WEIL wir sie registrieren können. o christliche Sozialethik beansprucht von sozialer Dimension der Offenbarung her schon immer Praxisbezug. o Wir gehen davon aus, daß das Soziale kein apersonaler Mechanismus ist, sondern durch Praxis gestaltbar à moralische Aufgabe. o Luhmanns systemtheoretische Arbeiten sind wertvolle Instrumente der Gesellschaftsanalyse, v.a. der ausdifferenzierten Teilsysteme à Notwendigkeit der Erkenntnisse für christl. Sozialethik. 2.3.4 Jürgen Habermas ü Diskursethik à eine der meistdiskutierten philosoph. Position. ü große Differenziertheit; Berücksichtigung des Diskurs der Moderne. ü Zentrale Fragen: o Können komplexe Gesellschaften eine vernünftige Identität ausbilden? o Ist soziale Integration ... nur noch über die Codes Geld (Markt, Ökonomie) und Macht (Bürokratie, Politik) möglich, oder läßt sich Solidarität als unverzichtbare, moralisch-vernünftige Ressource stringent rechtfertigen? ü Habermas beansprucht genau dies. Seite 32 ü Transformation der praktischen Vernunft Kants in die kommunikative Vernunft. ü Moralisch relevante Vernunft läßt sich intersubjektiv am Medium Sprache aufweisen: o Intention des sprachlichen Umgangs: Verständigung. o Geltungsbasis der Rede wird vorrausgesetzt. o Diese Gelutngsbasis à kommunikative Vernunft, in dieser gründet die Moral. ü Drei Ebenen der Geltungsbasis kommunikativen Handelns: o Logische Ebene der Produkte (logisch, semantische Regeln; z.B. Widerspruchsfreiheit)) o dialektische Ebene der Prozeduren (Zurechnungsfähigkeit, Wahrhaftigkeit, Kompetenz der Sprechpartner.) o rhetorische Ebene der Prozesse (Struktur der Sprechsituation: Anerkennung gleicher rechte aller Teilnehmer,...) ü Prinzipielle Vorrangigkeit kommunikativen Handelns gegenüber strategischem Handeln. komm. Handeln ist verständigungsorientiert – versch. Pläne werden koordiniert. ü Geltungsbasis des sprachlichen Mediums liefert kein Moralprinzip (was sollen wir tun), aber eine Prozedur: Bei divergierenden Geltungsansprüchen etc. sollen Diskursprozeße gesucht werden. ü Inhaltlich-konkrete, moralsiche Norm ergibt sich aus Diskursresultaten. ü à prozedurales Diskursprinzip: "Gültig sind genau die Handlungen, denen alle möglichen Betroffenen als Teilnehmer an rationalen Diskursen zustimmen könnten." (vgl. Kant: Maximenüberprüfung monologisch; während kommunikative Vernunft auf Diskurs ausgelegt ist.) ü Faktizität und Geltung: o Moralprinzip: Perspektive uneingeschränkter Universalität. Bezug auf ALLE Menschen. Es werden aber Gewissensinstanzen und Rechtsinstanzen benötigt, da die Vernunftmoral keine eigene Schubkraft besitzt. Die institutionalisierte Erzwingbarkeit des Rechts kompensiert die motivationale Schwäche der Vernunftmoral. Seite 33 o Demokratieprinzip: Das Verfahren der Rechtsetzung legitimiert das Recht. Es kommt gerade nicht, wie bei Luhmann zu einem Zerfall der einzelnen Teilsysteme, sondern diese werden im Gegenteil über das Demokratieprinzip durch Moral und Recht integriert. ü Zentraler Begriff: LEBENSWELT: Das uns selbstverständliche, alltäglich vertraute Ambiente unserer Praxis. ü Diskursprinizipielle, solidaritätssichernde Verschränkung von Vernunftmoral und Demokratieprinzip hängt wesentlich von den kulturellen Ressourcen der Lebenswelt ab, in welche sie eingebettet ist. Problem: Thema der Vernunftmoral = Das Rechte; nicht das Gute. Außerdem ist Vernunftmoral auch auf die "Schubkraft" des Guten angewiesen, welche letztlich in weltanschaulichen, religiösen Überzeugungen wurzelt. ü Kritik: o Habermas, wie Rawls schließen sich in zentralen Hinsichten an Kant an. Beide fordern Sozialstaat. o Habermas rückt durch zentrale Stellung des Diskursprinzips besonders den partizipativen Gesichtspunkt in den Vordergrund. Subjektstellung der Betroffenen wird betont. o Gerechtigkeit erweist sich bei Habermas diskursiv, bzw. prozedual als Konsens der Betroffenen. o Wichtiger Gesprächspartner für christl. Sozialethik. 2.3.5 Kommunitarismus ü Communitariens = Gruppe angelsächsischer Denker à gegen alle Varianten des kontraktualistischen Ansatzes bei Rawls. Entstehen und Verbreitung seit etwa 1980. ü Ungenügen der am modernen Liberalismus orientierten Sozialphilosophie; Unverzichtbarkeit gemeinsamer weltanschaulich-ethischer Orientierungen. ü Philosophisch rekurrieren sie auf Aristoteles, Th.v.Aquin, Hegel,... – gerade nicht auf Klassiker der Moderne. Hier Zusammenfassung der Grundgedanken. Seite 34 ü "Grundlegendes Lehrstück der liberalen Theorie der Moderne": Auf menschenrechtlicher Basis errichtet der Staat ein Koordinatensystem des Rechten und erstellt individuale maximale Freiheitsspielräume. à Hier wird die Frage nach dem Rechten beantwortet. Die Frage nach dem Guten wird quasi privatisiert, bzw. der freien Meinungsbildung der Gesellschaft oder von einzelner Gebilde (Kirchen,....) überlassen. Evaluative Fragen des guten Lebens sind solange frei zu beantworten, wie sich die Antworten auf diese im Rahmen des gesetzten Rechts befinden. Insofern begrenzt das Recht den Spielraum des guten Lebens. ü Kommunitaristische Kritik an diesem Lehrstück: o Mensch wird nur als isoliertes, freischwebendes Individuum berücksichtigt. Tatsächlich ist der Mensch aber darauf angelegt, Gemeinschaften, Traditionen, soziale Bindungen zu bilden und in ihnen zu leben. Werden in einem Gesellschaftssystem Menschen nur noch als Rechtspersonen in individuellen Freiheitsspielräumen gedacht à Zersetzung sozialer Bindungen, Individualisierung, Entsolidarisierung,... o soziale Dominanz des Ökonomischen verschärft diese Gefahr. à zunehmend egoistisch-zweckrationale Prägung der Menschen zueinander. o Wie soll dieser Zersetzung der Gesellschaft begegnet werden? Aktivierung und Stärkung von Gemeinschaften, kommunitären Gebilden und Traditionen. Kulturelle Identität, soziales Ethos, Solidarität soll wieder eingeübt werden. Es geht um soziale Integration des Einzelnen in Familie, Ort, Kirche, Freundeskreis, Vereine, Nation. o Umfassende Kulturkritik: Die Moderne in ihrer liberalen Gestalt hat ihre Quellen vergessen. Ohne die Quellen löst sich auch die Substanz langsam auf. Quellen = weltanschauliche, religiöse, metaphysische. Das Rechte gründet im Guten und setzt dieses voraus. ü Kritik: o aus christlich-sozialethischer Sicht sehr ernst zu nehmen. Seite 35 o Unterscheidung zweier Gesichtspunkte: § mit Recht wird auf Problem verwiesen, daß Basis der Moderne auf Fragen weltanschaulicher Art aufbaut. (menschenrechtlich fundierte staatlich-rechtliche Rahmenordnung ist zwar notwendige Bedingung für gerechte Wohlordnung der Gesellschaft, aber nicht hinreichende. § keine Alternative zur liberal-modernen Unterscheidung von Staat und Gesellschaft. (Gefahr der Forderung einzelner Kommunitaristen nach Renaissance des Weltanschauungsstaates. 2.3.6 Postmoderne: ü radikaler Gegensatz zu Kommunitarismus. ü Die Moderne sie auf halbem Wege der Individualisierung,... stehengeblieben. ü Moderne tendiert dazu, die kritische Selbstreflektion der Vernunft zu vernachlässigen. à Bestimmte Rationalitätstypen werden verabsolutiert. ü Postmoderne konstatiert und befürwortet eine fundamentale Pluralität der Standpunkte. ü Unterscheidung dreier Pluralitätsbereiche: o Scheitern aller Universalkonzepte à weites Feld inkommensurabler weltanschaulicher Positionen. o moderne Ausdifferenzierung der sozialen Interaktion und Autonomie der Teilbereiche. o Pluralität der individuellen Wert- und Sinnoptionen des guten Lebens. ü Nietzsche als einer der "Propheten" der Postmoderne à radikale Autonomie des Übermenschen. ü in Ethischer Hinsicht: Recht auf Anderssein. ü Bild: Archipel: Vielzahl völlig isolierter, autonomer Inseln mit eigenständiger Diskursart, eigenem Rationalitätstypus,... Keine verbindende Metadiskursart, Metaregel. Ethisch geht es darum das Anderssein des Anderen zu akzeptieren und anzuerkennen. ü Kritik: Seite 36 o Vorstellung der Pluralität heterogener heterogener Positionen (wie im Bild) entspricht nicht der Realität. Pluralität verweist hier vielmehr auf unscharfe Grenzen, vielfältige Übergänge,... o Positionen verhalten sich keineswegs neutral zueinander. Universalisierungsanspruch der einzelnen Positionen. Konfliktbildung. Minimum umgreifender Vermittlungskompetenz ist erforderlich. o Sozialethische Frage: Pluralität ohne konsensuelle Anerkennung des Kerngehalts der politischen Moderne ist undenkbar. "So pluralitisch eine Gesellschaft auch sein mag, Gesellschaft ist sie genau insofern, als sie nicht pluralistisch ist." o Minimum universeller praktischer Vernunft muß eingefordert werden. 3. Katholische Soziallehre ü Bestreben, innerhalb der katholischen Kirche ein gemeinsames soziales Ethos zu entwickeln, eine kirchlich-sozialethische Position, welche die soziale Dimension der Offenbarung auf die aktuellen Gegebenheiten von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft bezieht. ü Sozialenzyklika "Rerum novarum" (1891) à Arbeiterfrage 3.1.1 Kirche im 19. Jhdt. ü Moderne Ideen der Aufklärung, Menschenrechte, politischer & kultureller Liberalismus ßà Romantik (à Erneuerung der Kirche) ü Wiener Kongreß à Aufschwung des kirchlichen Lebens. ü à Frage nach der Grundeinstellung der Kirche ggü. der Moderne ü Polarisierung innerhalb der Kirche: o liberale o ultramontane, antimodernistische ü zunächst von Rom unbehelligte Entwicklung beider Tendenzen; Grego XVI und Pius IX nehmen dann massiv Stellung zugunsten der Ultramontane. ü à Syllabus errorum, in Quanta cura (1864) Pio IX Seite 37 ü Dogmatisierung des Iurisdiktionsprimats und der päpstl. Unfehlbarkeit. durch Vat. I (1869/70) ü Leo XIII (1878-1903) à Aeterni patris (1879) à Verbindlichkeit der Philosophie Th. v. Aquins à Sieg der Neuscholastik. 3.1.2. Die soziale Frage ü 19. Jhdt. ü Verhältnisse in Dld.: o starkes Bevölkerungswachstum o wirtschaftsliberale Weichenstellungen durch Franz. Revolution: § Bauernbefreiung (von Grundherrschaft) § Gewerbefreiheit (von Zunftzwang) o ab 1780 etwa Industrialisierungsprozeß o Pauperismus der ersten Jahrhunderthälfte war nicht durch Industrialisierung bedingt. à Ursachen in der Agrarwirtschaft. Noch relativ geringe Industrialisierung verstärkte den P. o Soziale Frage des 19., Anfang 20. Jhdt.'s à durch Industrialisierung bedingte Arbeiterfrage. o bes. betroffen: ungelernte Arbeiter (Hilfsarbeiter, Tagelöhner, Frauen, Jugendliche und Kinder) o Überangebot an Arbeitskräften. o Arbeit als Ware à Arbeitsbedingungen (60-78 h/Woche; um 1885/60 66h) o schwere, monotone Arbeit (Technisch bedingt) o ungesund, gefährlich, Disziplinierungsdruck o extrem niedrige Löhne, Existenzminimum o vor Sozialversicherung (1883) à großes Risiko für Arbeiter bei Erkrankung, Unfall,... o extremes Wohnungselend, mangelnde Hygiene, Krankheiten. o Moralischer Verfall à Alkoholismus, Promiskuität, Resignation o Vorläufer der kath. Soziallehre: Mainzer Bischoff W.E. von Ketteler (1811-1877) Seite 38 3.1.3. Theoretische Ansätze ü Enzyklika Rerum Novarum = Ergebnis eines langen, kontroversen Diskursprozesses. ü zunächst Einstellung durch antimodernist./ultramontane Tendenz à Sündenfallsyndrom à vorindustrieller Pauperismus und Industrieproletariat sind Folgen des Irrtums der Moderne (Entfernung von guter, kath.mittelalterlichen Ordnung) und der aufklärungsbedingten Entchristlichung. è Behinderung der sozialethischen Theoriebildung. ü für ultramontane Tendenz nur zwei theoret. Instrumente für sozialethische Auseinandersetzung: Sozialromantisch-konservativer Ansatz und Neuscholastik. Ansätze des katholisch-sozialen Denkens: ANTIMODERNISMUS Kritische Distanz zu Liberalismus und Sozialismus SOZIALROMANTIK KATHOLISCH_ Berufsständischer Aufbau SOZIALE von Staat und Gesellschaft THEORIEANSÄTZE NEUSCHOLASTIK Rekurs auf das klassische Naturrecht ü Kritik an Entsolidarisierung und Atomisierung der Gesellschaft als Konsequenzen des Liberalismus. ü Plädoyer für organische Gesellschaftsreformation à Erneuerung der Ständegesellschaft, berufsständische Korporationen als Neugestaltung der Zunftidee. ü Erneuerung der Scholastik, von Italien ausgehend. ü in sozialeth. Sicht geht es um Erneuerung des klassischen Naturrechts ü drei Chancen des Neuscholastischen Rekurs auf das klassische Naturrecht: Seite 39 o Frage nach dem material Unbeliebigen kommt ins Spiel (Wesen und Begriff des Menschen) o ethisch-rechtliches Argumentieren ist damit rückgebunden an den Menschen als Person, der nicht zu reduzieren ist (weder empiristisch auf Animalität,... noch transzendental auf bloße Subjektivität. à leiblichgeistig-seelische Einheit. o anthopologischer Rekurs ermöglicht Erneuerung des Gemeinwohlbegriffs (bonum commune) des Thomas v. Aquin als der Idee des personalen Wohls der vergesellschafteten Menschen, das aller Gesellschaftstätigkeit normativ vorgegeben ist. à Resultat solidarischer Kooperation. ü Nachteil der Neuscholastik: v.a. darin, dass die sich entwickelnde Sozialethik, tendenziell Antimodernistisch, dazu neigte, auch die legitimen Fortschritte der Moderne kritisch zu bewerten. ü 70er / 80er Jahre à Polarisierung des katholisch-sozialen Denkens in Mitteleuropa, bis in erste Jahrzehnte des 20. Jhdt's. o sozialromantisch-konservative Richtung: eigenständiger 3. Weg zwischen Kapitalismus und Sozialismus auf Basis der Idee einer berufständischen Ordnung (Karl Freiherr von VOGELSANG) o sozialrealistische Richtung (v.a. in Dld.): sozialpolitische Temperierung des Kapitalismus. Seite 40 Vogelsangs Idee einer berufständischen Ordnung: SOZIALKÖNIG Regierung PARLAMENT Berufständisch beschickte Volksvertretung Bauern Handwerk Großindustrie Handel PRODUKTIVSTÄNDE Berufsständische Korporationen FUNKTIONEN Überwindung der Klassengegens. durch soziale Partnerschaft der Gruppen Soziale Sicherung der Mitglieder und ihrer Familien Regulierung von Markt und Produktion durch korporative Absprachen ü sozialrealistische Linie plädierte für Sozialreform auf Boden des mordenen ökonomischen und politischen Systems à staatliche Sozialpolitik. (Aus heutiger Sicht kam damit das Ziel einer Sozialen Marktwirtschaft ins Spiel.) ü später Ketteler, WINDTHORST, HERTLING, HITZE. ü 1885 "Union catholique d'études sociales et économiques à Fribourg" von Kardinal Gaspar MERMILLOD gegründet. à Memorandum nach breitem Diskursprozess à Unterlage für Enzyklika Rerum novarum. 3.1.4 – 3.3.1. nicht bearbeitet Seite 41 3.3.1. Entwicklunglinien ü Aggiornamento à Erneuerung von Theologie, Verkündigung, Ökumenischer Dialog, aber NICHT strukturelle Modernisierung der Kirche (z.B. Verhältnis Gesamt- und Teilkirche), obwohl Ansätze durch das Konzil vorhanden. ü ab 1968 ca. Modernisierungsschub à Veränderung des öffentlichen Bewusstseins in kurzer Zeit. o umfassende Emanzipation des Menschen in Kultur, Politik, Wirtschaft und Familie. o Intensive Ideologisierung des öffentlichen Lebens à Tendenz nach LINKS. (Neomarxistische Kritik) o starker Prozeß der Enttraditionalisierung (siehe Postmoderne) o große Rückschläge für Kirchen in Dld. und vergleichbaren Ländern. o massive Austrittswellen; heute zwar "nur noch" schleichender Exodus, aber keine Trendwende. o beachtliche Konjunktur der katholischen Soziallehre findet abruptes Ende. à Imageverlust bis heute. "reaktionäre Ideologie" o entwicklung einer weltweiten Ethikdiskussion auf hohem Niveau. (Befasst s. mit Staat, Recht, 3. Welt, Wirtschaft, Gesellschaft, Ökologie, Feminismus,...) à kein spezifisches Profil der kath. Soziallehre in dieser Diskussion. ü "Aus diesem Hintergrund ist es verständlich, dass innerhalb der Theologie immer wieder Versuche unternommen wurden, das Anliegen einer christlichen Sozialethik jenseits der traditionellen katholischen Soziallehre zu realisieren." ü Die beiden wichtigsten Versuche dieser Art: Politische Theologie und Theologie der Befreiung. 3.3.2. Politische Theologie ü Hauptvertreter sind: J.B. Metz, J. Moltmann, D. Sölle. Hier skizziert: Grundegedanken politischer Theologie bei Metz. ü Neubestimmung des Verhältnisses Glaube ßà Politik. à historischer Zusammenhang mit Motiven der 68er-Bewegung. Plausibelmachen der christlichen Botschaft. Seite 42 ü Theoriemomente von Marx und Neomarxismus werden aufgegriffen, bes. bezüglich des Theorie-Praxis-Verhältnisses. ü Praxis hat wesentlich gesellschaftliche Tragweite, ist also politisch relevant à gilt auch für Glaubenspraxis. ü Glaube ist praktisches Engagement für das Subjektwerden aller in einer schlechthin universalistischen Perspektive. (à Aufgabe politischer Theologie ist es, die gesamte christliche Glaubenslehre auf diese Befreiung aller zur menschenwürdigen Subjektstellung hin zu reflektieren.) ü Erinnerung und Erzählung = fundamentale Kategorien "der Vergewisserung und Rettung von Identität in den geschichtlichen Kämpfen und Gefährdungen." ü Politische Theologie erwartet kein Reich Gottes auf Erden, sondern weiß, dass die ganze Geschichte im eschatologischen Vorbehalt Gottes steht; nur durch ihn vollendet werden kann. ü Kritik Metz's an Privatisierung der Religion bzw. des Christentums zur bürgerlichen Religion. (da diese nicht die polit.-gesellschaftl. Dimension des Glaubens versteht.) ü Kirchenverständnis muß polit.-theolog. gewendet werden: o Autoritätsstrukturen sind so zurückzunehmen, dass sie sich dem Subjektwerden der Gläubigen öffnet o Besinnung auf gesamtgesellschaftliche Rolle. o Kritik Metz's an trad. katholischer Soziallehre: (? versteh ich net) ü à gewisse Polarisierung zw. polit. Theologie und kath. Soziallehre. ü Verdienst der politischen Theologie: die soziale bzw. praktisch-politische Dimension von Offenbarung und Glaube wurde aufgezeigt, also jene theologische Basis aller christliche Sozialethik. (Diese christliche Fundierung wurde von Gaudium et spes oft vernachlässigt, bzw. nicht ausdrücklich thematisiert. 3.3.3. Theologie der Befreiung ü 60er in Lateinamerika. Seite 43 ü Anliegen: Reflektion der soziopolitischen Marginalisierungssituation in Lateinamerika ü 1. syst. Entwurf à G. GUTIERREZ. Sonst. Hauptvertreter: Assmann, Boff, Dussel, Hinkelammert, Sobrino. ü vielfältige Kontroversen und Ausfaltungen. Hier: Tendenzielle Gemeinsamkeiten der versch. Ausprägungen: ü soziale Dimension des Glaubens ist Mittelpunkt (wie bei polit. Theologie) à Glaube als gesellschaftl. Praxis. ü Theologie aus der Perspektive derUnterdrückten. ü Befreiungstheologie begreift sich aus der Glaubenserfahrung der Armen und Unterdrückten und auf diese hin. ü Orientierung an Befreiungspraxis; an Jesu Hinwendung zu den Armen,... ü Dreischritt SEHEN – URTEILEN – HANDELN: (3 Vermittlungsebenen) o sozialanalytische Vermittlung (=Sehen) à Analyse der konkreten sozialen Situation. o Hermeneutische Vermittlung (=Urteilen) à die "gesehene" Situation im Licht des Wortes Gottes und der theolog. Tradition interpretieren. (also auch biblische Hermeneutik) o Praktische Vermittlung (=Handeln) à konkret. gesellschaftsverändernd. befreiend. ü Siehe Abbildung 16, Seite 162 (Ist mir zu kompliziert zum Aufmalen) ü Zwei Probleme (zu denen die diversen Entfaltungen dieses meth. Grundkonzepts führten): o "Da sowohl die hermeneutische als auch die praktische Vermittlung die sozialanalytische als Basis und Prämisse vorraussetzen, stellt sich zunächst die Frage, ob die Befreiungstheologie eine konkrete und stimmige sozialanalytische Vermittlung zu leisten vermag." à Wir sahen bereits, dass die Beantwortung dieser Frage nicht in die theolog. Kompetenz fällt, sondern Aufgabe der Sozial-, Politik- und Wirtschaftswissenschaften ist. o Tendenz der meisten Befreiungstheologien: Rezipierung marxistischer Klassenanalyse, Kapitalismuskritik etc. auf sozialanalytischer Ebene. à Seite 44 Renaissance des Marxismus mit klaren Schuldzuweisungsmöglichkeiten. o Heute: man ist s. weitgehend einig, dass diese Erklärungsmuster unzureichend sind angesichts der Komplexität der Probleme. ü Sozialanalytische Vermittlung hat Basisstellung in Befr.Theologie à Abhängigkeit vom Forschungsstand der involvierten Wissenschaften. ü Drohende Ungleichzeitigkeit, wenn Befr.Theologie diesem Anspruch nicht gerecht wird. ü "Ohne das (unzulängliche) marxistische Analysematerial wäre die Befreiungstheologie – ähnlich wie (europ.) politische Theologie – lediglich eine sehr allgemeine befreiungsorientierte Reflexion der praktisch-sozialen Dimension des Glaubens. ü Zweites Problem bleibt hier ausser acht: Marxistische Anleihen sind nicht immer vereinbar mit christl. Glauben à inwieweit hat das Auswirkungen auf die Sozioanalyse. 3.3.4 – 3.5 nicht bearbeitet 3.5. Perspektiven: ü zwei Aufgaben der katholischen Soziallehre: o Binnenkirchlicher Beitrag zur Entwicklung eines sozialen Ethos der Gläubigen; Aufforderung zu sozialem Engagement. o gesamtgesellschaftlich prophetische Funktion à Vertreten von Gerechtigkeitsperspektiven und Einklagen von Humanität auf nationaler, regionaler und globaler Ebene. o S. 174-177 sind interessant. am besten selbst lesen. Seite 45 4. Prinzipien ü bisherige Überlegungen à system. christl-soziales Grundkonzept à Charakter eines Prinzipientraktats. ü à Es geht um die sozialeth. Systematisierung der Grundgewissheiten über Wesen und Bestimmung des Menschen. ü Drei Motive: o kritische Aneignung der bestehenden christl-sozialeth. Prinzipientraktate. o Bezugnahme auf kirchliche Äußerungen, in welchen sich soziales Ethos der Kirche artikuliert o Kontext des aktuellen Modernitätsdiskurses ü Traditioneller Aufbau nach Themen Personalität, Solidarität, Subsidiarität. 4.1. Personalität ü jede ethische Reflexion des Sozialen setzt einen Begriff vom Menschen und seiner Bestimmung vorraus à Daseinsverständnis des Menschen wird betroffen à Notwendigerweise gibt es also weltanschauliche Implikationen. ü In heutigen Diskursen über das Soziale werden diese Implikationen weitgehend nicht beachtet. Mögliche Gründe: o Methodische Abstratkion der einzelnen Sozialwissenschaften o Tendenz der Moderne, solche Fragen der Beliebigkeit der Menschen anheimzustellen à "Privatisierung" ü eine christliche Sozialethik bezieht ausdrücklich weltanschaulichen Standpunkt Sie insistiert in Diskursen auf Thematisierung weltanschaulicher Fragen. Sie nimmt Pluralismus wahr und ernst, drängt aber jedoch darauf, die weltanschaul. Implikationen zu überprüfen und nimmt selbst Stellung durch die eigenen weltanschaulichen Ansichten. ü Begriff "Mensch als Person" = Angelpunkt der christl.-sozialetth. Reflexion. Rede vom Menschen als Person ist heute zwar allgemein üblich; die begriffgeschichtl. Entfaltung erfolgte aber v.a. i.d. christl-theol. Tradition. Seite 46 ü Zentrale sozialeth. Tragweite der Peronalität: Johannes XXIII in Mater et Magistra: 218. Die Soziallehre, die die katholische Kirche überliefert und verkündet, bleibt ohne Zweifel für alle Zeiten in Geltung. 219. Nach dem obersten Grundsatz dieser Lehre muß der Mensch der Träger, Schöpfer und das Ziel aller gesellschaftlichen Einrichtungen sein. Und zwar der Mensch, sofern er von Natur aus auf Mit-Sein angelegt und zugleich zu einer höheren Ordnung berufen ist, die die Natur übersteigt und diese zugleich überwindet. 220. Dieses oberste Prinzip trägt und schützt die unantastbare Würde der menschlichen Person. 4.1.1. Der Mensch als Person: ü Boethius: "Person ist die individuelle Substanz einer vernunfthaften Natur" ü Soziale Dimension der Offenbarung à zentrale Aspekte der biblischtheologischen Sicht des Menschen. ü diese bibl. Sicht wurde i.d. Geschichte d. Kirche vielfältig theolog. entfaltet; stand auch den großen philosophischen Differenzierung Pate. ü Anthropologisches Vorverständnis unserer Kultur lebt nach wie vor von dieser christlich geprägten Sicht des Menschen. Geist in Leib: ü siehe Abb. 19, S. 180 ü Mensch = körperliches, animalisches Wesen; Teil der materiellen Natur. Geht aber nicht in dieser materiellen Natur auf, im Gegensatz zum Tier. à Geistiges Leben. ü Personale Einheit dieser beiden Seiten der menschlichen Personalität ü à einzigartige Stellung des Menschen im Kosmos à Würde; Imago Dei. Mit-Sein: ü Mensch = individuelles Subjekt ü Mensch = Mit-Sein mit anderen Menschen ü Menschliche Personalität nur als Vermittlung von Individualität und Sozialität möglich ü Mensch = wesentlich sozial bezogene individuelle Person. ü klassisches Paradigma dieses Sachverhalts = Sprache: Nur im gemeinsamen sprachlichen Medium kann der Mensch individuell bei sich sein. Seite 47 Moralisches Subjekt: ü Da Mensch = Geistiges Bei-Sich-Sein geht er nicht in der Determination der Natur auf. à kein Aufgehen in Hedonistischer Lust-Unlust-Motivation. ü Mensch kann sich aus vernünftiger Motivation selbst zur Praxis bestimmen. ü Gewissensbewandnis der Vernunft. ü "Selbstgesetzgebung der Vernunft" à Freiheit der moralischen Entscheidung; Verantwortung der Praxis ü Mensch = das der autonomie fähige selbstzweckhafte Wesen. (siehe Kant) Transzendenz: ü Mensch = Geist in Leib à kann seinen Tod vergegenwärtigen à Leben und Tod werden transzendiert; die Frage nach Ursprung und Sinn des Ganzen stellt sich. ü à aus christlicher Sicht: Mensch ist ein Wesen, das in seiner Weltorientierung und Existenzerhellung existential religiös ist. ü Kant à die Frage nach den letzten Zwecken stellt sich. (siehe die 4 Fragen: was kann ich wissen / was soll ich tun / was darf ich hoffen / wer ist der mensch?) Sünde: ü Offenbarung à Mensch als moralisches Subjekt in der Spannung von Schuld und Erlösung. ü Sowohl individuelle Personen als auch soziale Interaktionen können in der Verwirklichung des bonum commune versagen. ü Verschränkung persönlicher schuld und sozialer "Strukturen der Sünde". ü Mensch ist eben auch weltliches Wesen, in sich zwiespältig (Röm, 7.19 Denn ich tue nicht das Gute, das ich will, sondern das Böse, das ich nicht will.) ü Dieser Sachverhalt à christliche Skepsis ggü. allen diesseitigen Heilserwartungen und ggü. jenem Pathos grenzenloser sozialtechnologischer Machbarkeit, welches das Problem der Sünde ausblendet. Seite 48 Aspekte der Personalität MORALISCHES SUBJEKT Zweck an sich selbst, Freiheit - Autonomie MIT-SEIN TRANSZENDENZ Interpersonalität Weltorientierung Sozialität Existenzerhellung PERSON GEIST IN LEIB SÜNDE Subjektivität Ambivalenz der Praxis in Animalität Scheitern ü à Weltanschaulich eher vorraussetzungsreicher, starker Personenbegriff. ü Aber: der christl. Personenbegriff, wenn auch in säkularisierter Form, stand dem modernen Menschenrechtsethos Pate. ü Gefahr: "Wird nicht mehr gewusst, worin die Würde der menschlichen Person besteht, dann ist auch der Status der Person als unverfügbarselbstzweckhaftes Menschenrechtssubjekt nicht mehr plausibel. 4.1.2. Individualität und Sozialität: ü Fragestellungen der Sozialethik gründen in der Verschränkung von Bei-SichSein und Mit-Sich-Sein innerhalb des Begriffs der Person. Existentielle Zwecke: ü teleologische Grundbewandtnis des Menschen ü Bedürfniswesen, das auf Zwecke hingeordnet ist. ü Zwecke resultieren teils aus: biolog. Bedürfnisse (Nahrung, Kleidung, Wohnung,...), Triebstrukturen der Animalität, Kulturalität. Seite 49 ü = Zwecke der Selbsterhaltung, der familialen Bezüge, ökonomische Zwecke, kulturelle Zwecke (z.B. religiöser Art) ü Ganzes System der Zwecke ist wesentlich ökologisch konditioniert, weil Mensch=Naturwesen; in der Welt lebend,... Sozialität: ü Soziales Wesen à Kann sich nur in Kommunikation und Kooperation mit andere Menschen verwirklichen. ü Nur in Partizipation am sozialen Interaktionsgeschehen kann der Mensch seine Bestimmung als Person verwirklichen. à Sozialnatur des Menschen. Anerkennung und Menschenrechte: ü Durch soziale Verwiesenheit des Menschen ist es naheliegend, das Verhältnis der Menschen untereinander so zu regeln, dass jedermann an der sozialen Interaktion sich so beteiligen kann, dass es ihm dadurch gelingen kann ein Gutes Leben zu führen. ü à Wechselseitiges Anerkennungsverhältnis à Anerkennung von Rechten. ü Diese Rechte haben Charakter von Grundbedingungen des Menschseins. ü Rechte à Pflichten. := è Menschenrechte. Positivierung und Staat: ü um Menschenrechte i.d. Praxis effektiv zu garantieren ist eine die Menschenrechte positivierende Gewalt notwendig. Sanktionen. Rechtsordnung. ü à Staat als politischer Herrschaftsverband. ü à Mensch ist von Natur aus politisches Wesen. Ergibt sich aus o.a. Punkten. ü Empirisch besteht Staatlichkeit in der historisch gewordenen Pluralität von Staaten. Klugheit und Moral: ü Ratschlag der Klugheit: o Anerkennung und Positivierung liegen letztlich in jedermanns Interesse. o Gewährleistung von Menschenrechten ist für jeden vorteilhaft. Seite 50 o Vertragstheorien basieren auf solchen Klugheitsüberlegungen. ü Moralischer Imperativ: o siehe kategorischer Imperativ (Kant) o siehe interkulturell gültige "Goldene Regel" o siehe Gebot der Nächstenliebe (ich schreib' da überall siehe, weil wohl klar ist, was gemeint ist. wenn nicht, dann äh. ach vergesst es. lernstreß. noch 4 tage.) o Es ist wichtig, die beiden Begründungsweisen des Anerkennungsverhältnisses sorgfältig zu unterscheiden. Egoistischrationale Klugheitserwägungen reichen nicht aus, den universellen moralischen Anspruch zu rekonstruieren. Universalistisch-Moralische Perspektive ist Legitimationskriterium für Positivierung des menschenrechtl. Anerkennungsverhältnisses. o Diese Vorrangigkeit der Moralischen Legitimation ergibt sich letztlich nach christl. Sicht aus dem bibl. Zeugnis (Imago Dei). 4.1.3. Der menschenrechtliche Status der Person: ü traditionelles Personalitätsprinzip: Ziel der sozialen Kooperation à Wohl der Menschen. ü Klassisches Naturrecht: Einzelwohl der Person (bonum proprium) à durch soziale Kooperation möglich: Verschränkung von Rechtsperspektive (iustitia, pax) mit Tugendperspektive (virtus) ü durch moderne Wende zum Subjekt à auseinandertreten der beiden Perspektiven. (Wir sahen: Modernes Vernunftrecht beschränkt rechtliche Gestaltung der sozialen Kooperation auf Gerechtigkeitsfragen. Ethische Fragen des Guten Lebens sind "privatisiert".) ü moderne christliche Sozialethik hat diese zentrale Differenz ernstzunehmen. Sie weiß aber auch um die Probleme dieser Trennung. ü Person kann ihrer Bestimmung nur gerecht werden, wenn sie ihre innere Freiheit des Willens in äußere Handlungsfreiheit umsetzen kann. ü à menschenrechtlicher Status der Person = Status der Freiheit. ü è deshalb muß es in der grundrechtlichen Positivierung der Menschenrechte prinzipiell um 2 Dinge gehen: o Das Recht ist so zu gestalten, dass es ein Maximum gleicher subjektiver Handlungsfreiheit gewährleistet. Seite 51 o Freiheitsbeschränkung ist nur um der Freiheit willen legitim, also um der Freiheit aller Rechtspersonen willen. Differenzierung der Menschen- bzw. Grundrechte auf dieser Basis: ü Freiheitsrechte: o Gewährleistung formal gleicher Freiheitsspielräume für alle Rechtspersonen. o in negativer Hinsicht (status negativus) sind Freiheitsrechte = Abwehrrechte à verbieten Eingriff in Freiheit. Schützen die Freiheitssphäre als Raum autonomer Lebensgestaltung. (Recht auf Leib, Leben, Familie, Religions-, Meinungs-, Pressefreiheit, Eigentumsfreiheit, freie Berufswahl,...) o Einklagbarkeit dieser Rechte im Rahmen der Justiz; des universellen Rechtsschutzes. o Auf Grund der freiheitlichen Anerkennung ist jede Person Rechtsperson. ü Bürgerrechte: o Rechtsperson ist zunächst Adressat des Rechts. o menschenrechtlicher Status fordert darüber hinaus politische Autonomie à Person als Staatsbürger auch Teilnehmer an rechtssetzenden Prozessen. o à politische Mitwirkungsrechte (status activus) (Versammlungs-, Vereinigungsfreiheit; aktives & passives Wahlrecht) o à nur demokratischer Rechtsstaat kann als menschenrechtl.-legitime polit. Ordnung gelten. ü Soziale Rechte: o Rechtsanspruch der Person auf konkrete Freiheit muß grundrechtl. anerkannt werden. o Freiheit (z.B. der Lebensplanung) muß faktisch-material gegeben sein. o à Anspruchsrechte (status positivus) à soziale Grundrechte. o Es geht hierbei v.a. um wirtschaftl.-soziale und kulturelle Grundrechte. (z.B. Recht auf soziale Sicherung, Gesundheitsversorgung, Wohnung, Seite 52 Arbeit und faire Arbeitsbedingungen, Erholung, Freizeit, Bildung, kulturelles Leben.) ü Globale Sicht: o menschenrechtliche Dimension der Freiheit hat eine gesamtmenschliche Tragweite, d.h., sie kann nicht beschränkt werden auf einzelne, gegebene politische oder sonstige soziale Systeme. o à weltbürgerliches Anliegen!!! à Menschenrechte müssen global grundrechtlich gewährleistet werden. ü Verhältnis der drei (?) Menschenrechtskomplexe ist allerdings nicht spannungsfrei. "Das Anliegen der formalen Gleicheit des freiheitsrechtlichen Status steht in Spannung zur materialen Chancengleichheit des sozialrechtlichen Status, da die ausgleichende Funktion der sozialen Rechte tendenziell die Freiheitsrechte einschränkt." ü à Aufgabe des bürgerrechtl. fundierten Demokratieprinzips im konkreten Staat: Präzisierung des Verhältnis Freiheits und Sozialrechte. ü Wir sahen: Neuzeitliche Theoriegeschichte à 2 gegensätzliche Präferenzen: o Klassisch-liberale (Locke, Kant) à betont Freiheitsrechte o Sozialistische (Rousseau, Marx) à betont Sozialrechte. ü Globale Dimension bringt vieldiskutiertes Problem der Interkulturalität der Menschenrechte ins Spiel: Wir sahen: Menschenrechtsidee der Moderne maßgeblich geprägt von Christentum. à kann die Menschenrechtsidee im interkulturellen und interreligiösen Diskursüberhaupt globalen Anspruch erheben? à Verdacht des Eurozentrismus? ü Jedoch: Bei Menschenrechtsidee geht es objektiv um nichts anderes als um die Grundbedingungen des Menschseins. Moralische Wurzeln deren Plausibilität lassen sich in allen Kulturen und Religionen finden. ü Im interkulturellen muß es darum gehen, die Legitimität vielfältiger kultureller Zugänge zur Menschenrechtsidee anzuerkennen. Seite 53 4.1.4. Anthropozentrik? ü ökologische Neubesinnung à verstärkte Sensibilisierung für Naturschutz und Status der nichtmenschl. Lebewesen, bes. der Tiere. ü Frage à ist es legitim, den Ansatz der Ethik beim menschenrechtl. Status der Person festzumachen? ü à Alternative Ethikansätze, welche von ausgehen von Interessen: o aller empfindenden Wesen (Pathozentrik) o aller Lebewesen (Biozentrik) o der ganzen Natur (Physiozentrik) ü aus christl.-biblischer Sicht 2 Gesichtspunkte: o Sonderstellung des Menschen als Imago Dei; Herrschaftsauftrag über die Erde; Pflanzen und Tiere als Nahrung. o Jedoch ist dieses Herrschafts- Nutzungsrecht nicht willkürlich. Viele Bilder i.d. Bibel à Gemeinschaft alles Lebendigen; Ehrfurcht vor dem Schöpfer und allem Geschaffenen,... ü D.h. Menschen können Pflanzen und Tiere zwar nutzen, jedoch hat er auch den Grundbestand der Schöpfung zu hüten à also keine gewissenlose Ausrottung, Tötung aus Spaß, sondern nur zum wirklichen "Gebrauch". à Auch Tiere haben einen "Eigenwert" ; nicht nur Nutzenwert. ü Ethik im Kontext der Mitgeschöpflichkeit muß in mind. 2 Punkten anthropozentrisch sein: o Nur Mensch = moralfähiges Wesen. Er allein = Adressat moralischer Verpflichtung. o christl. Ethos der Mitgeschöpflichkeit lässt keinen Zweifel an der prinzipiellen Vorrangigkeit des Menschen. ü à ökologische, bzw. an Natur- & Tierschutz orientierte Ethik darf nicht das Personalitätsprinzip nivellieren oder aufweichen. ü à Im Rahmen eines erweiterten Rechtsbegriffs kann im Unterschied zum menschenrechtlich fundierten Recht der Person auch von den "Rechten der Tiere" die Rede sein. Seite 54 4.2. Solidarität ü Erst Johannes Paul II spricht ausdrücklich vom Prinzip der Solidarität und bestimmt diese als "die feste und beständige Entschlossenheit, sich für das Gemeinwohl einzusetzen, das heißt für das Wohl aller und eines jeden, weil wir alle für alle verantwortlich sind." 4.2.1. Differenzierung des Solidaritätsbegriffs ü Alltagssprachlich à wechselseitige Verpflichtung / Bereitschaft, füreinander einzustehen. ü Systematik des Prinzipientraktats: Verhältnis Personalitäts- / Solidaritätsprinzip :è Während das Personalitätsprinzip im Sinne des wechselseitigen Anerkennungsverhältnisses den menschenrechtlichen Status der Person präzisiert,... geht es im Solidaritätsprinzip um die diesem Rechtsanspruch entsprechenden Pflichten. ü Solidaritätspr. verpflichtet zu einer sozialen Kooperation. Ziel à Gewährleistung des menschenrechtl. Status der Person für alle. ü auch Solidarität steht in global-menschheitlicher Perspektive ü 2 Unterscheidungen zur sozialeth. Präzisierung der Solidarität: o zwischen der Ebene der Gerechtigkeit (Rechtspflichten) und des guten Lebens (Tugenpflichten) o zwischen sozialethischer und individualistischer Sicht. ü Da es bei Solidarität um Pflichten geht, die sich aus menschenrechtl. Status der Person und deren sozialer Kooperation ergeben, ist Solidarität Rechtspflicht (also auf Gerechtigkeitsebene geschuldet) ü à Aufgabe für Rechtspolitik, auch die aus dem Menschenrecht entstehenden Solidaritätspflichten zu positivieren.. ü Ganz andere Ebene: Solidarität als ungeschuldet-freiwillige, karitativverdienstliche Hilfestellung für das Wohl der Mitmenschen. ü Differenzierung des Solidaritätsbegriffs: Siehe Abb. 21, S. 198. !!! ü als sozialeth. Prinzip bezieht sich das Solidaritätsprinzip auf das Soziale im eigentlichen Sinn, d.h. auf das Institutionelle: Seite 55 o es geht um rechtlich-formelle Regelsysteme und Rahmenordnungen à Solidarität muß diese prägen; o es geht auch um informelle Institutionen auf freiwilliger Basis der Solidarität (z.B. karitative Einrichtungen,...) ü in individualeth. Sicht geht es um subjektiv-moralische Einstellung. D.h. um Bereitschaft, Solidarität als Rechtspflicht und als freiwillige Liebespflicht zu üben; sich für die soziale Gestaltung der Umwelt einzusetzen. ü Unterscheidung zwischen der Ebene der Gerechtigkeit (Rechtspflichten) und des guten Lebens (Tugenpflichten) erinnert an die in Quadragesimo anno getroffene Untersch. zw. sozialer Gerechtigkeit und sozialer Liebe. à beides ist wichtig für humane Solidargesellschaft!!! ü Unterscheidung zw. Sozial- und Individualethischer Perspektive à Frage: Wie gelangt Solidarität in die Rahmenordnungen. à Frage an Akteure der Rahmenordnungen à letztlich geht die Frage an die Bürger, da wie wir schon sahen, nur ein demokratischer Staat dem bürgerrechtlichen Status der Person gerecht wird. ü Christliche Sozialethik wird also darauf insistieren, das "Herzensbildung als Konstituens sozialer Ordnung anzuerkennen ist." 4.2.2. Das Gemeinwohl ü siehe Thomas von Aquin: bonum commune !!! ü Zweideutigkeit des Gemeinwohlbegriffs: o der in der sozialen Kooperation bereitgestellte Inbegriff der Mittel und Chancen, die notwendig sind, damit alle Personen ihre existeniellen Zwecke erfüllen können. à instrumenteller Charakter, Wohlordnung der Gesellschaft. o sein Begriff schließt das Ziel ein, auf das Instrumentalität verweist: Das personale Wohl aller Gesellschaftsglieder, sofern es nur in sozialer Kooperation erreicht werden kann. à Gemeinwohl ist nicht instrumentell, sondern hat einen Selbstwertcharakter. ü Gemeinwohlproblematik betrifft alle sozialen Gebilde ü Eine Pluralität von Personen ist nur dann eine Gemeinschaft, wenn sie ein Ziel oder Gut intendiert und kooperativ verwirklichen will. Seite 56 ü Prinzipiell sind Personales Wohl und Gemeinwohl miteinander verschränkt. ü Staat ist der notwendige Garant der Solidarität und das Gemeinwohls als Rechtsprinzip. ü à Das Wesen des Staates ist es, dass er die Pflicht hat, das Gemeinwohl zu verwirklichen und zu fördern. (sagt auch Rerum novarum) ü Gemeinwohl ist alleinige Grundnorm allen Rechts und politischen Handelns. ü inhaltliche Bestimmung ist anhand des bürgerrechtlich fundierten Demokratieprinzips zu leisten. ü Pointe des Gemeinwohlprinzips einer christlichen Gesellschaft: Subjektive Rechte sind keine dem Gemeinwohl schlechthin vorgeordnete absolute Rechte, sondern prinzipiell Rechte in Funktion für das Gemeinwohl und darum legitimierungsbedürftig. ü à daraus wird die christlich sozialeth. Option für die Armen klar. Es zeigt sich, dass durch die Armut distributive Ungerechtigkeiten in der Gemeinwohlverwirklichung auftritt. ü Das solidaritätsbestimmte Gemeinwohl ist die sozialethische Seite der christlichen Nächstenliebe. 4.2.3. Wohlgeordnete Ausdifferenzierung ü Wie ist solidarisch-gemeinwohlartige Wohlordnung konkret zu fassen angesichts der teilsystematischen Ausdiffernezierung und der dadurch bedingten Komplexität? ü Hier nur kurze Skizze, da wir uns im Rahmen eines Prinzipientraktats befinden. ü Wir sahen: Katholische Soziallehre: Gemeinwohl als umfassende soziale Wohlordnung ist das spezielle Objekt der Politik, bzw. der polit. Gemeinschaft. ü andere Teilsysteme schaffen notw. Bedingungen für Verwirklichung des Gemeinwohl; polit. rechtl. Teilsystem muß aber Rahmenordnungen schaffen, welche die notwendigen Teilfunktionen der Teilsysteme zur gemeinwohlartigen Wohlordnung des ganzen zusammenfügen. ü Teilsystem der modernen marktwirtschaftl. organisierten Ökonomie à notwendige Bedingung der Gemeinwohlverwirklichung. Aufgabe des polit. Seite 57 Systems ist es hier, Rahmenordnungen zu schaffen, dass die Wirtschaft ihre gemeinwohleffiziente Funktion wahrzunehmen vermag. ü Wissenschaftl.-technisches Teilsystem à Ziel: Vermittlung und Erweiterung von Wissen und Können. Es schafft damit (auch wenn nicht intendiert) Bedingungen für gemeinwohlartige Wohlordnung. Auch hier sind Rahmenbedingungen erforderlich: Siehe: brisante moralische Fragen, die aus technischen & wissenschaftlichen Forschungen und Möglichkeiten resultieren, wie z.B. Embryonenforschung, Gentechnik,... à Aufgabe für Politik. ü Weltanschaulich-kulturelles Teilsystem à weltanschauliche Einsichten legitimieren letztendlich die solidarischmenschenrechtliche Basis der Moderne. Weltanschauliche Neutralität gehört zwar zum polit.-redchtlichen Teilsystem in der Moderne (KEINE Weltanschauungsstaaten), aber: Es kann dem Staat nicht egal sein, auf welchem Niveau sich die Gesellschaft mit diesen Fragen auseinandersetzt. à Kulturpolitisches Interesse an Fragen der Weltanschauung, Existenzerhellung,... à weltanschauliche Diskurse und ihre Präsenz in der Gesellschaft durch Erziehung, Medien,... sind zu fördern. ü Familiales Teilsystem à Gesellschaft ist an ihrer Basis und in ihrer Regeneration auf die Leistungen dieses Teilsystems verwiesen. Familie bedarf des familienpolitischen Schutzes, also familiengerechter Rahmenbedingungen à Verwiesenheit auf Polit. Teilsystem. ü Analoges gilt in weiteren Teilbereichen der Gesellschaft. Seite 58 Primat der Politik: GEMEINWOHL Wirtschaft Wissen Kultur Familie Können RAHMENORDNUNGEN Politik Recht ü "die These, dass das polit.-rechtl. Teilsystem die Leistung der anderen Teilsysteme auf das umfassende Gemeinwohl hinzuordnen hat, widerspricht Machiavelli bis Luhmann. Deren Auffassung: In Politik geht es nur um Technik von Macht –erwerb, -ausbau, -sicherung. ü Aus der Gemeinwohlperspektive ergibt sich die Forderung nach dem Primat der Politik. ü Es geht natürlich auch um Macht. Politischer Verband = Herrschaftsverband, da nur so in der Lage, die Aufgaben zu erfüllen. Aber immer Demokratisch. ü Diese Funktionsbestimmung der Politik ist nur praktikabel, wenn Politik ihr Primat ggü. den anderen Teilsystemen auch ausüben KANN. ü Durch Globalisierung à zunehmend Tendenzen zu Souveränitätsverlust und Verselbständigung einzelner Teilsysteme. Eine solche Entwicklung führt die solidaritätsbestimmte Konzeption der Sozialen Marktwirtschaft zwangsläufig in eine gravierende Krise. ü à aus christl.-sozialeth. Sicht muß es zentrale Anliegen internationaler Politik sein, ihre Primatsstellung, den sie national immer mehr verliert, auf übernationaler, vielleicht sogar globaler Ebene zu wahren, damit die Teilsysteme wieder integriert werden und sich an der Gemeinwohlperspektive orientieren. Seite 59 4.3. Subsidiarität ü Bis vor kurzem "Katholische Spezialität" ü "Durchbruch": 1989 "Konferenz Europa der Regionen" / 1992 Maastrichter "Vertrag über die europäische Union". ü Klassische Formulierung in Quadragesimo anno. (79,80)(am besten downloaden: www.theologiestudenten.de oder www.clerus.org) "Jedwede Gesellschaftstätigkeit ist ja ihrem Wesen und Begriff nach subsidiär; sie soll die Glieder des Sozialkörpers unterstützen, darf sie aber niemals zerschlagen oder aufsaugen." 4.3.1. Die Aussage des Prinzips ü Zurückverweis des Prinzips auf Aristoteles Kritk am Idealstaat Platons: Staat darf nicht zu sehr vereinheitlicht werden, da dieser wesensgemäß Vielfalt ist. ü Starke Vereinheitlichung ist nach Aristoteles gerechtigkeitswidrig und auch unklug / kontraproduktiv. ü Subsidiaritätsprinzip := Organisationsprinzip des Gemeinwohls, insofern es im Blick auf die Einzelperson und die abgestufte Vielfalt sozialer Gebilde eine Richtlinie für die Zuordnung der Zuständigkeiten / Kompetenzen bietet. à Es gibt eine Pluralität hierarchisch geordneter Sozialgebilde. ü Vier Teilaussagen des Subsidiaritätsprinzips nach JPII: o jede Gesellschaftstätigkeit ist ihrem Wesen und Begriff nach subsidiär, d.h. als Hilfestellung (subsidium = lat. Hilfe, Beistand) im Dienst des Einzelmenschen. o da Einzelmensch mangels Autarkie auf Hilfe angewiesen, bedarf er der Gemeinschaft. Zwei Prioritätsregeln des SubsPrinzips: Hilfestellungsgebot & Kompetenzanmaßungsverbot o Hilfestellungsgebot richtet sich an hierarchisch abgestufte Sozialgebilde. Diese stehen im Dienst des Einzelmenschen. à das übergeordnete Sozialgebilde dient dem Untergeordneten. o Kompetenzanmaßungsverbot ist dem HilfestGeb. analog gegliedert à das je größere Sozialgebilde darf dem je kleineren keine Kompetenzen entziehen. D.h. keine Zuständigkeit darf höher als nötig angesetzt Seite 60 werden; was das Individuum vermag, darf nicht von der Gemeinschaft beansprucht werden. Die Struktur Des Subsidiaritätsprinzips: siehe Abb. 23, S. 213. !!! ü Vier kurze Überlegungen: o es können Kompetenzregelungskonflikte auftreten. Soll prinzipiell die kleinere Gemeinschaft bevorzugt werden? Nein; es ist jene Kompetenzzuordnung zu wählen, welche am ehesten dem Wohl der Einzelperson dient – also die Kompetenz kann auch der größeren Gemeinschaft zufallen. o Tenor des Subsidiaritätsprinzip: Soviel Kompetenz für die kleinere Sozialeinheit wie möglich; soviel für die Größere wie nötig. à also kein Patentrezept. Das normative Ziel bleibt auch bei der Kompetenzenverteilung immer das bonum commune. o Wer entscheidet Kompetenzenverteilung? à umfassende soziale Wohlordnung fällt der Kompetenz der Politik zu. Da diese aber demokratisch entscheiden letztlich doch wieder die Betroffenen als politisches Plenum. o Subsidiaritätsprinzip besitzt moralisch Status eines Gerechtigkeitsprinzips. Es ist aber auch, so die Enzyklika, ein Ratschlag der Klugheit. 4.3.2. Anwendungsebenen ü 3 Anwendungsebenen: ü Subjektstellung der Person, soziale Sphäre zwischen Person und Staat, menschheitlich-globale Ebene. ü Subjektstellung der Person: o Letztliche Aufgabe aller sozialen Kooperation à Schaffen von Bedingungen, die allen Personen ein menschenwürdiges Leben in Freiheit ermöglichen. Seite 61 o sozialrechtl. Status der Person à subsidiär-zielführende Sozialpolitik hat Aufgabe der Notlagenkompensierung und Entfernung der Ursachen dieser Notlagen. Ziel ist eine Gesellschaft, in der alle Menschen die Möglichkeiten haben, an der sozialen Kooperation teilzunehmen und an ihrem Gelingen mitzuarbeiten. o Defizite der strukturellen Rücksichtslosigkeit ggü. der Familie à Familie als wichtigster Generator der personalen Subjektstellung und der subsidiären Solidarität. o Verwirklichung personaler Subjektstellung in einem guten Leben hängt nach christl. Sozialethik natürlich nicht nur von sozialen Bedingungen ab à Strukturen der Sünde. ü soziale Sphäre zwischen Person und Staat: o keines der Gebilde dieser Sphäre existiert um seiner Selbst willen. o die ganze Sphäre dient subsidiär dem Wohl der Personen o 2 Aufgaben: § Teilsysteme der sozialen Sphäre sollen ihre Binnenbereiche subsidiär organisieren. § Allokation der Kompetenzen zwischen polit.-rechtlichen und anderen Teilsystemen soll subsidiär gestaltet werden unter Beachtung eines subsidiären Primats der Politik. ü Subsidiäre Gestaltung der menschheitlich-globalen Gemeinschaft: o Personalitäts- und Solidaritätsprinzip zielen auf von menschenrechtlicher Basis her auf Verwirklichung eines weltweiten Gemeinwohls ab. o Subsidiaritätstheoretisches Kompetenzdefizit auf übernationaler Ebene. Bsp.: § Kriege à Desiderat internationaler Rechts- und Friedensordnung § Ökologieproblem à globale Brisanz § Globalisierung der Wirtschaft à Entstehen eines Marktes ohne Staat,... § globales Entwicklungsproblem à Desiderat internationaler Entwicklungspolitik Seite 62 § weltweit zunehmendes Menschenrechtsbewusstsein à Desiderat internationaler Menschenrechte, die praktisch angewandt werden. o bes. im Rahmen der Vereinten Nationen gibt es viele Initiativen, völkerrechtlich Probleme anzugehen. Da diese Initiativen aber Vereinbarungen souveräner Staaten sind, besteht keine Möglichkeit zum Einklagen von Rechten, etc. o Bei subsidiärer Bewältigung globaler Probleme sind schließlich nicht nur Recht und Politik gefragt, sondern die Fülle der Initiativen, welche der sozialen Liebe zuzuordnen sind. (Amnesty international, Rotes Kreuz, Greepeace,...) 4.3.3. Soziale Gerechtigkeit: ü Klarstellung: Gerechtigkeit kann gefaßt werden als: o Eigenschaft, virtus von Personen à Thema der Individualethik o Eigenschaft eines sozialen Zustandes, bzw. sozialer Gegebenheiten à Thema der Sozialethik. ü Soziale Gerechtigkeit = umfassende Gerechtigkeit, welche aus der Grundnorm gemeinwohlartiger Wohlordnung folgt. ü Worin besteht diese Wohlordnung: Wurde an den Überlegungen zu Personalität, Solidarität, Subsidiarität erörtert. ü christl. Sozialethik à geht bes. von der Option für die Armen aus. ü Abb.24: Soziale Gerechtikeit, S.222 ü Soziale Gerechtigkeit als allgemeine Gerechtigkeit. Differenzierung in spezielle Teilgerechtigkeiten: o Tauschgerechtigkeit à Respekt vor gleicher Menschenwürde jeder Person im Fall von Verträgen innerh. der sozialen Kooperation und um Fairneß beim Vertragsabschluß o Beteiligungsgerechtigkeit à aktiv-partizipativer Aspekt der Gemeinwohlgestaltung (Massenarbeitslosigkeit widersprich z.B. diesem Aspekt) Seite 63 o Verfahrensgerechtigkeit à Fairneß im Rechtsvollzug und in der Rechtsfindung ü S.223 & 224 bitte selbst lesen. Amen. äh, ich meine fertig. Seite 64