5. Galaxien auf großen Skalen 5.1 Galaxienhaufen 5.2 Kosmische Entfernungsskala 5.3 Großskalige Strukturen 5.2 Kosmische Entfernungsskala 5.2.1 Allgemeine Bemerkungen Geometrische Methoden Beziehung zwischen Winkeldurchmesser und linearer Größe Photometrische Methoden Beziehung zwischen scheinbarer und absoluter Helligkeit (bzw. Strahlungsstrom und Leuchtkraft) Entfernungsmodul: m – M = 5 log d [pc] –5 + A Allgemeine Forderungen an Entfernungsindikatoren: - müssen kalibriert werden - physikalischen Hintergrund muss ersichtlich sein 5.2.1 Allgemeine Bemerkungen Bedeutendste Entfernungsindikatoren in Extragalaktik ● ● ● ● Pulsationsveränderliche Supernovae Ia Interne Geschwindigkeiten (Tully-Fisher, Faber-Jackson) Rotverschiebung Zusätzlich benötigt für Kalibration ● ● ● Jährliche trigonometrische Parallaxe Sternstromparallaxe Sternhaufenparallaxe 5.2.2 Jährliche trigonometrische Parallaxe (geometrische Methode) P1 1 [AU] 1 AU θ [´´] 1 AU θ1 + θ2 = 2θ d [pc] = Messung der Basis 1 AU mit Radarecho im Planetensystem zusammen mit Kepler III Reichweite: To distant stars θ1 d bodengebunden: Δθ min = 0.01'' d < 10 pc nur untere+mittlere Hauptreihe (HR) 2θ θ2 To distant stars P2 d = 1/ θ d /Δd = θ/Δθ z.B. für Δd / d < 0.1 θ θ d max = Δd d 1 Δθ min HIPPARCOS: Δθ min= 0.002'' d < 50 pc überdeckt nicht obere HR (OB **) 5.2.3 Sternstromparallaxe (geometrische Methode) tan ω = vt / vr vt = μ d , d μ: Eigenbewegung tan ω = μ d / v r Übergang zu üblichen Einheiten: d [pc] = v r [km/s] tan ω 4.74 μ [´´ / yr] K: Bewegungsrichtung (Konvergenzpunkt) Position (Koordinaten) des Konvergenzpunkts K aus Eigenbewegungsvektoren μ vieler Sterne (Fig. right) Entfernung der Hyaden: 46 pc with Δ(m - M) = 0.1 mag K 5.2.4 Sternhaufenparallaxe (photometrische Methode) Farbe-Helligkeits-Diagramm (FHD) 1. Absolute Helligkeit M der StandardHR ist bekannt 2. Beobachtung eines Sternhaufens: scheinbare Helligkeiten 3. Haufenentfernung d aus Entfernungs modul m- M = 5 log d – 5 +A 4. Falls obere HR des Haufens besetzt ist, sind die absoluten Helligkeiten dieser Sterne jetzt bekannt und die Standard-HR kann so zu leuchtkräftigeren Sternen verlängert werden. Helligkeit (M oder m) Prinzip: „Standard-Hauptreihe“ (absolute Helligkeit M) m-M Hauptreihe eines Haufens (scheinbare Helligkeit m) B-V 5.2.4 Sternhaufenparallaxe (photometrische Methode) Farbe-Helligkeits-Diagramm (FHD) Prinzip: Absolute Helligkeit M der StandardHR ist bekannt 2. Beobachtung eines Sternhaufens: scheinbare Helligkeiten 3. Haufenentfernung d aus Entfernungs modul m- M = 5 log d – 5 +A 4. Falls obere HR des Haufens besetzt ist, sind die absoluten Helligkeiten dieser Sterne jetzt bekannt und die Standard-HR kann so zu leuchtkräftigeren Sternen verlängert werden. Absolute Helligkeit M 1. Pleiaden Hyaden B-V 5.2.4 Sternhaufenparallaxe -8 Mv sukzessive Kalibration der HR NGC2362 H+χ Per -4 Plejades Unsicherheit: Δ(m-M) ~ 0.15 mag (plus 0.15 mag wegen Effekt der unterschiedlichen chemischen Zusammensetzungen von Haufen zu Haufen) M41 M11 0 Coma Hyades M67 Praesepe 4 8 B-V 5.2.5 Pulsationsveränderliche ● ● ● ● ● Riesensterne Mv = -2 ...-7 Strenge Perisodizität (P = 1... 50 d) Variation von L, R, und Teff Helligkeitsvariation zumeist durch Variation von T eff Periode-Leuchtkraft-Relation P = f (L) Verschiedene Typen (verschiedene Lichtkurven und Spektraltypen): „klassische Cepheiden“: - δ Cephei-Sterne - W Virginis-Sterne ➢ RR Lyrae-Sterne ➢ +3.5 Apparent magnitude Eigenschaften http://de.wikipedia.org/wiki/Cepheiden δ Cephei +4.0 0.5 1.0 1.5 Phase 5.2.5 Pulsationsveränderliche κ-Mechanismus In Zonen partieller Ionisation von H oder He wird Opazitätskoeffizient κ größer wenn die Dichte ansteigt. ● Wenn das Gas re-expandiert wird diese Überflussenergie freigesetzt und treibt so die Oszillation an falls die Zone nahe der Oberfläche ist. ● Das ist der Fall für einen Streifen im HRD mit Teff = 6000-9000 K (Instabilitätsstreifen). δδ CeC pehp ehi e W sitas va Vir rtsar ria gi s ble nis s AbsoluteMagnitude Helligkeit Absolute Gaskontraktion (Kontraktionsphase) führt dann zu erhöhter Absorption von Energie aus dem Strahlungsfluss. ● Instability strip Instability strip RR Lyrae stars ● Spektraltyp Spectral Class 5.2.5 Pulsationsveränderliche Kalibration der P-L-Relation der δ Cephei-Sterne Extragalactische δ Cephei-Sterne <Mv > = -2.78 log P –1.35 ΔA λ Entfernung LMC aus SN 1987A δ Cephei-Sterne in Magellanschen Wolken ΔA λ Galaktische δCephei-Sterne direkt: trigon. Parallaxen *,**, Lichtecho*** δ Cephei-Sterne in galakt. Sternhaufen ΔA λ Plejaden-HR ΔA λ nahe HR F-Sterne (trigon. Parallaxen) ΔA λ , [Fe/H] Hyaden-HR (Sternstrompar.) (*) zukünftig (ab 2016) mit Gaia (**) 10 nahe Sterne mit HST (Benedict et al. 2007) (***) RS Puppis eingebettet in Nebel (Kervella et al, 2008), aber intensive Debatte EXKURS Entfernung der LMC aus Supernova 1987A Supernova SN1987A Type II SN, 1987 in RiesenSternentstehungsregion in LMC Vorgängerstern: blauer Überriese von 15 M ☉ Expandierender SN-Rest umgeben von System von Ringen vom Vorgängerstern Innerere Ring leuchtete ~20 yr nach SN-Explosion auf.... … aber nicht gleichzeitig, sondern erst auf einer Seite, dann auf der entgegengesetzten Ring von oben D i D cos i R a=R b = R cos i cos i = b/a Zu uns a Ring von der Seite D = 2R Weg von uns b Weg von uns D sin i = c Δt r tan α ⋍ D cos i i, α, Δt aus Beobachtungen D cos i D r i D sin i Ring zur Sichtlinie geneigt r= Zu uns (Zeitverzögerung) Entfernung der LMC aus Supernova 1987A D sin i EXKURS α c Δt tan i tanα Beobachter 5.2.5 Pulsationsveränderliche Anwendung: δ Cephei-Sterne in Virgohaufen-Galaxien HST-Schlüsselprojekt (hohe Auflösung + Reichweite erforderlich) M100 in Virgo cluster with HST Wide Field Planetary Camera 2 (WFPC2) 5.2.6 Novae Beispiel: Nova in M31 Eigenschaften Properties 1 2 3 4 5 6 • Hell im Maximum (Mv = -10) leicht zu finden • Entfernungsindikator: Rate des Helligkeitsabfalls m nach dem Maximum . Kalibration: M31, MSS Ergebnis: Nova RS Oph . Mmax = -9.96 - 2.31 log m v Fig.: Lichtkurve eines Ausbruchs der rekurrenten Nova RS Oph. Farben für unterschiedliche Filterbereiche. http://en.wikipedia.org/wiki/RS_Ophiuchi 5.2.6 Novae Physikalischer Mechanismus Vorgängerstern: Weißer Zwerg (WD) in kataklysmischem Doppelsternsystem Begleiter (Roter Riese) Begleiter füllt Roche-Volumen, Massenfluss auf WD via Akkretionsscheibe. hinreichend Masse auf Oberfläche des WD: → (a) unterste Schicht entartet → (b) T übersteigt kritischen Wert → H-Flash (thermo-nuclear runaway bis Entartung aufgehoben, dann Stoßfront, die H-Schicht wegschleudert) … kann sich wiederholen (rekurrente Nova) WD+Akkretionsscheibe Kataklysmischer Doppelstern (künstlerische Darstellung) 5.2.7 Supernovae Type Ia (photometrische Methode) Eigenschaften • In allen Galaxientypen (Sternpop. II); zumeist in staub-armen Regionen Entfernungsindikator: scheinbare Helligkeit im Maximum Korrekturen: 1) Helligkeitsabfall-Korrektur 2) Alters-Korrektur (SN wird gewöhnlich erst nach Maximum entdeckt Alter der SN (nach Explosion) aus dem Spektrum durch Vergleich mit Template-Spektren 6 Scheinbare Helligkeit B • Sehr leuchtstark: M B = - 19.5 +/- 0.5 enorm große Reichweite aber selten (~1 pro Jahrhundert pro Riesengalaxie) Radioaktiver Zerfall Ni 9 Radioaktiver Zerfall Co 12 15 18 SN Ia 21 0 400 600 200 Zeit nach Ausbruch (days) 800 5.2.7 Supernovae Type Ia Visuelles Bild Lichtkurve Spektrum 5.2.7 Supernovae Type Ia HST-Spektren von SN Ia (schwarz) im Vergleich mit passendem Template-Spektrum bekannten Alters (rot). Source: Riess et al. (2004) Alterskorrektur - Beispiele 5.2.7 Supernovae Type Ia Helleigkeitsabfall-Korrektur Meiste SNIa in diesem Bereich Calan/Tololo SN Survey: SN Ia haben nicht alle gleiche Maximalhelligkeit... … aber mit einem einzigen Parameter kann auf Standard-Werte normiert werden: Maximumshelligkeit ist korreliert mit der Rate des Helligkeitsabfalls Seltene Außenseiter Korrektur reduziert Streuung um Maximalhelligkeit signifikant Offenbar hervorragender Entfernungsindikator!!! Credit: Hamuy+ (1995) 5.2.7 Supernovae Type Ia Beispiel Supernova in naher Galaxie: SN2011fe in M101 (d ≈ 10 Mpc) 5.2.7 Supernovae Type Ia Beispiel entfernte Supernova aus Supernova Cosmology Project (Perlmutter et al. 1998) 5.2.7 Supernovae Type Ia 5.2.7 Supernovae Type Ia Physikalischer Mechanismus: thermonukleare Explosion eines WD (A) Bisher: Single Degenerate Scenario Vorgänger: WD in kataklysmischem Doppestern Masse des CO WD wächst und nähert sich Chandrasekhar-Grenze T nimmt zu C-Flash , d.h. C-Brennen in entartetem Gas (anders als der Kern eines massereichen Sterns enthält der WD sehr viel C) Stoßfront zerreißt WD mit Masse nahe Chandrasekhar-Grenze Expandierender SN-Rest besteht aus der Materie des WD und den Aufbauprodukten bei der Explosion, aber enthält kein H 5.2.7 Supernovae Type Ia Physikalischer Mechanismus: thermonukleare Explosion eines WD (B) Neu: Double Degenerate Scenario Vorgänger: Merger aus zwei WDs in engem Doppelsternsystem, kombinierte Masse > Chandrasekhar limit (super-Chandrasekhar WD) Erklärt anomal massereichen (2 M⊙ ) Vorgängerstern von SN2003fg sowie SN Ia-Reste, bei denen kein Begleiter gefunden werden konnte. Enger WD-Doppelstern in PN Henize 2-428 gefunden. Es ist anzunehmen, dass das Systen Energie via Gravitationswellen verliert, so dass die WDs ineinander spiralen und schließlich mergen. Zwei Typen? Keine gute „Standardkerze“??? Abb.: Künstlerische Darstellung des WD-Paars in Henize 2-428. Source: ESO/L. Calçada 5.2.8 Skalierungsrelationen (A) Tully-Fisher-Relation Empirische Relation (Abschn. 3.7.4) zwischen Leuchtkraft und maximaler Rotationsgeschwindigkeit von Spiralgalaxien (Tully & Fisher 1977) Entfernungsindikator: maxim. Rotationsgeschwindigkeit vmax 2 M (R ) = vmax R /G Physik. Hintergrund: angenommen (Virialtheorem) M / L = const * 2 R L ~ vmax 2 weiterhin: Flächenhelligkeit ( = L/R ) = const ** 4 L ~ vmax (*) Diese Annahme gilt im Allgemeinen nicht wegen DM (Abschn. 3.7.5C). Aber: die maximale Rotationsgschwindigkeit wird bereits bei ralaitiv kleinem R erreicht, wo DM noch nicht dominiert.. (**) Vergleich von Galaxie zu Galaxie, nicht innerhalb einer Galaxie 5.2.8 Skalierungsrelationen Beobachtungen: 2. Scheinbare Heligkeit (korrigiert bzgl. Extinktion und Neigung) Linienbreite (z.B. HI 21cm) als Maß der Rotationsgeschwindigkeit (korrigiert bzgl. Neigung) Kalibration: δ Cephei-Sterne Optisches Teleskop Radioteleskop Linienbreite 21-cm Linie w Neigungskorrektur Eigenschaften: ➢ Bis ~ 100 Mpc Nicht sehr akkurat für einzelne Galaxie, aber sehr brauchbar für Statistik mit großer Stichprobe ➢ Photometrie: scheinbare Helligkeit m Mit T-F-Relation erhält man absolute Helligkeit aus korrigierter Linienbreite Absorptionskorrektur Absolute Helligkeit 1. log w Entfernungsmodul m-M = 5 log r-5 5.2.8 Skalierungsrelationen (B) Faber-Jackson-Relation Faber-Jackson relation Empirische Relation (Abschn. 3.7.4) zwischen Leuchtkraft und Geschwindigkeitsdispersion in E-Galaxien Kann überführt werden in eine Relation im 3-dim. Parameterraum definiert durch (a) Kernradius, (b) Flächendichte im Kern, und (c ) Geschindigkeitsdispersion = Fundamenaltebene der E -Galaxien wobei die Streuung stark reduziert wird Fundamental plane 5.2.8 Skalierungsrelationen (C) Räumliche Fluktuation der Flächenhelligkeit Pixel-zu-Pixel-Variation proportional zu 1/d (fundamentaler Effekt) Kalibration: E-Galaxies in nahen Hauen (Virgo, Coma) Bemerkung: nicht sehr bedeutsam 5.2.9 Hubble-Relation (A) Rotverschiebung z= λ obs - λ 0 λ0 = Δλ λ0 Beispiel: Spektren von zwei Galaxien unterschiedlicher Rotverschiebungen = λ obs - 1 λ0 z = 0.0671 λ 0 : Laborwellenlänge (d.h.. im Ruhesystem der Quelle) Transformation der Wellenlänge ins Ruhesystem der Quelle: λ 0 = λ obs / (z+1) z = 0.3867 5.2.9 Hubble-Relation (B) Empirische Fakten - qualitativ Haufen Entfernung (Mpc) 1. Für nahe Galaxien (z.B. Lokale Gruppe) können die Spektren entweder rot- oder blau-verschoben sein (hängt von Relativgeschwindigkeit ab) 2. Für entfernte Galaxien sind die Spektren rotverschoben ... 3. … und ihre Rotverschiebung z nimmt mit ihrer Entfernung zu. Spektrum 5.2.9 Hubble-Relation (B) Empirische Fakten - quantitativ Für nicht zu große und nicht zu kleine Rotverschiebungen (0.001 < z < 0.1) findet man in allen Richtungen: z ∝ d c z = H0 d Hubble-Relation H 0 : Hubble-Konstante H 0 = 67.80 +/- 0.77 km s -1 Mpc -1 (*) d: Entfernung (Mpc) Mit der dimensionlosen Hubble-Konstante h = H0 / (100 km s -1 Mpc -3 ) d ≈ 3000 Mpc z / h (*) Aus CMB = cosmic microwave background (ESA Planck Surveyor, 2013) 5.2.9 Hubble-Relation (B) Empirische Fakten: Messwerte für Hubble-Konstante Jahr Wert Autor Bemerkung 1927 625 G. Lemaitre publiziert in wenig bekanntem franz. Journal 1929 500 E. Hubble δ Cephei-Sterne in relative nahen Galaxien 1958 75 A. Sandage ~1950... ~2000 50 … 100 viele Viele Studien, verschiedene Methoden, teils diskrepante Ergebnisse 2005 72 +/- 8 HST Aus δ Cephei-Sternen mit HST 2007 70.4 WMAP 3 Jahre Beobachtungen CMB 2010 70.4 +/- 1.4 WMAP+ CMB 7-yr-Daten mit WMAP plus andere 2012 74 +/- 2 2012 69.32 +/- 0.80 WMAP CMB 9-yr-Daten mit WMAP 2013 67.80 +/- 0.77 Planck CMB 4-yr-Daten mit ESA Planck Surveyor Starke Kontroverse zu dieser Zeit Freeman, Madore Aus δ Cephei-Sternen mit HST 5.2.9 Hubble-Relation (C) Kosmologische Interpretation - Prinzip Das Universum expandiert. Die relativen Abstände zwischen den Galaxien ändern sich nicht. Zeit 5.2.9 Hubble-Relation (C) Kosmologische Interpretation - Analogie Aber Vorsicht! Das Universum hat keinen äußeren Rand und kann nicht in seinen Außenraum expandieren! 5.2.9 Hubble-Relation (C) Kosmologische Interpretation in Newtonscher Physik t1 R (t ) 1 t2 Koordinatenentfernung (mitbewegte Koordinate) χ R (t ) 2 χ Entfernung D(t) = χ R(t) Für χ = 0 (Pekuliargeschwindigkeit vernachlässigt) . . . . R = D(t) H(t) R Def H(t) = R / R D(t) = χR(t) = χ R Mit . . Für zwei Objekte des Abstands r = ΔD erhalten wir r = r H (Fluchtgeschwindigkeit) . Wenn Fluchtgeschwindigkeit gleich Doppler-Geschwindigkeit r = cz cz=rH beachte: H = H(t) 5.2.9 Hubble-Relation (D) Bedeutung der Rotverschiebung • Doppler-Rotverschiebung: - Maß der Radialgeschwindigkeit (Doppler-Effekt) - typische Relativgeschwindigkeiten der Galaxien: einige Hundert km/s ⇒ Doppler-Rotverscheibungen z ≲ 0.001 • Kosmologische Rotverschiebung: - Maß der kosmologischen Fluchtgeschwindigkeit - Für entfernte Galaxien (d > 0.001 c / H0 ≈ 5...10 Mpc), ist z ein Maß der Entfernung (Hubble-Relation, für z ≲ 0.1), * ... und somit ein Maß für die Rückblickzeit … und somit für das Alter des Universums zur Zeit t der Emission ... und ein Maß des Skalenfaktors R(t) zur Zeit t der Emission: 1+z = λ obs / λ em = λ (t 0) / λ (t ) = R(t0 ) / R(t) = 1 / R(t) for R(t 0) = 1 oder R = 1 / (1+z) (*) Beachte dass z auch jenseits der Gültigkeit der Hubble-Relation ein Maß der Entfernung ist. Die Entfernungs-z-Relation hängt dann aber vom kosmologischen Modell ab und ist komplizierter. 5.2.9 Hubble relation (C) Bedeutung der Rotverschiebung - Entfernungsindikator Bedeutendste Methode für entfernte Galaxien Beachte: z ist auch jenseits der Gültigkeit der Hubble-Relation ein Maß der Entfernung. Rand MSS Virgohaufen M31 Rand lokaler Superhaufen Rand des beobachtbaren Universums Rotverschiebung z Supernovae Ia T-F-Relation δ Cephei Sterne 10 kpc 1 Mpc 100 Mpc 10 Gpc Entfernung 5.2.10 Kosmologische Bedeutung des Hubble-Effekts Hubble-Zeit R (1.) falls R = 0 (lineare Expansion) t = R0 = 1 = t „Hubble-Zeit“ exp .R .. 0 H0 1 Gegenwart .. H (2.) falls R < 0 (gebremste Expansion) H0 Historische Daten texp < t H tH Hubble (1929) 500 2 Gyr Baade (~1950) 250 4 Gyr Planck (~2014) 0 t tH t exp ta lin. Expansion (keine Abbremsung) gebremste Expansion 68 14 Gyr Prinzip: Das Universum kann nicht jünger sein als seine ältesten Objekte. * (*) Das Problem hat historisch zum Szenario einer „steady-state cosmology“ geführt 5.2.10 Kosmologische Bedeutung des Hubble-Effekts Hubble-Entfernung (Radius) Charakteristische Länge in der Kosmologie d H = c / H 0 = c tH = Länge der Strecke, die Licht während der Hubble-Zeit t H zurücklegen kann * Mitunter als Maß für die Größe des beobachtbaren Universums angegeben, das allerdings um einen Faktor ~3 größer ist. (*) Per Definition ist der numerische Wert des Hubble-Radius in Lichtjahren gleich dem Wert der Hubble-Zeit in Jahren. 5.2.10 Kosmologische Bedeutung des Hubble-Effekts Zusammenfassung der qualitativen Diskussion • Das Universum ist nicht statisch sondern expandiert. • H 0 ist ein bedeutsamer kosmologischer Parameter, der die Expansionsrate des Universums beschreibt. • Die Zeitskala der Hubble-Expansion (Hubble-Zeit) ist etwa t H = 1 / H 0 ≈ 14 Gyr • Die kosmische Expansion ändert die relativen Abstände der Galaxien nicht, sondern den Skalenfaktor R. • Das heißt, wenn das Universum zu einem Zeitpunkt homogen und isotrop ist, wird dies durch die Expansion nicht geändert. • Es gibt keinen ausgezeichneten Bezugspunkt. Jeder Beobachter sieht den gleichen Effekt. * (*) Prinzip der menschlichen Bescheidenheit. 5.2.11 Kosmologische Expansion in der ART (A) Feldgleichung der ART (Einstein 1915) Raumkrümmung (Metrik) ⟺ Materieverteilung G ij + Λ g ij = - κ T ij System von 10 gekoppelten partiellen Differentialgleichungen G ij : Einstein-Tensor T ij : Energie-Impuls-Tensor κ = 8π G / c 4 Grav.konstante g ij : Koeffizienten der Metrik Λ : kosmologische Konstante (B) Linienelement (LE) und Metrik LE: Messvorschrift für Abstand zweier Punkte mit gegebenen Koordinatenabständen ds 2= 4 4 ∑ ∑ gij dx (i) dx (j) mit g ij : Elemente des metrischen Tensors i=1 j=1 z.B. für kartesische Koordiaten im Euklidschen Minkowski-Raum der SRT: ds 2= dx 2 + dy 2 + dz 2- c 2dt 2 5.2.11 Kosmologische Expansion in der ART (C) Kosmologisches Prinzip (KP) und FLRW-Metrik KP: Auf hinreichend großen Skalen ist das Universum homogen und isotrop. ⇒ Raumkrümmung ist überall gleich Allgemeinste Form der Metrik, die KP erfüllt, in räumlichen Polarkoordinaten r,θ,φ: dr 2 2 2 R: Skalenfaktor ds = R (t) [ 1- k r 2 + r 2 (dθ 2 + sin2 θ dφ 2 )] - c2 dt 2 Krümmungsradius = Friedmann-Lemaitre-Robertson-Walker (FLRW) Metrik k: Krümmungssinn k= +1 0 -1 2-dim. Analogon Kugeloberfläche < 4π r 2 = 4π r 2 > 4π r 2 Licht einer entfernten Quelle verteilt sich über eine Oberfläche kleiner als k=0 größer als k=0 entfernte Quelle erscheint heller als k=0 schwächer als k=0 5.2.11 Kosmologische Expansion in der ART (D) Friedmann-Gleichungen * Mit FLRW-Metrik reduzieren sich die Gleichungen der ART auf zwei: . .. 2R + R R 2 = R kc2 8πGρ Λ + + , 2 R 3 3 ρ: density (1) R 2 = R kc2 8πGP - 2+Λ, R c2 P: pressure (2) . Übliche Abkürzungen: . R = H (Hubble-Parameter) R .. R. R = q (Abbremsungsparameter) R2 (*) A. Friedmann (1924) (3) (4) 5.2.11 Kosmologische Expansion in der ART (D) Friedmann-Gleichungen Diskussion von Gl. (1) Beiträge zu H(t): Raumkrümmung (k), Materiedichte (ρ), kosmolog. Konstante (Λ) Division von Gl.(2) durch H (Gl. 3): kc2 8πGρ Λ 1 = - 2 2+ + RH 3H 2 3H 2 (5) =Ω k =Ω m =ΩΛ = Definition der normierten Dichteparameter für Raumkrümmung, Materie und kosmologische Konstante, wobei Ω i = ρ i / ρ crit * ⇒ 1 = Ω k + Ωm + Ω Λ (6) Mit den Dichteparametern lassen sich Friedmann-Gleichungen so schreiben: . 2 R = H2(t) = H2 [ R-4 Ω + R-3 Ω + R -2(1 – Ω – Ω ) + Ω ] ** (7) r m m Λ Λ 0 R (wobei r für Strahlung steht) ( ) (*) ρi is the energy density in the component i, ρcrit is the total energy density for the model with k=0, Λ=0 (**) keine analytische Lösung für allgemeinen Fall 5.2.11 Kosmologische Expansion in der ART (D) Friedmann-Gleichungen Diskussion von Gl. (2) .. Mit Gl. (1) ergibt Gl. (2) R 4πG 3P 1 =− ρ+ + Λ R 3 c2 3 Galaxien-dominiertes Universum (v ≪ c): P ≈ 0 Unter Verwendung von Gln. (3) bis (5): qH 2 = - 1 Ω mH 2 + Ω Λ H 2 2 1 q = - Ω m+ Ω Λ 2 Außerdem: aus Gl. (6) folgt c -k 2 2 = 1 - (Ωm + ΩΛ ) RH Zusammenhang Dynamik (q) ⟺ Energie (Ω) ⟺ Geometrie (k) 5.2.11 Kosmologische Expansion in der ART (D) Friedmann-Gleichungen Lösungen der Friedmann-Gleichungen in Abhängigkeit von gesamter Enetrgiedichte Ω 0 Ω0 <1 =1 >1 Expansion stetig expandierend stetig expandierend Expansion geht in Kontraktion über Raumkrümmung hyperbolisch flach elliptisch Ω 0 ≡ ρ 0 /ρ cr = Ω m + Ω r + Ω Λ Ωm =ρ m,0 /ρ cr Ω r =ρ r,0 /ρ cr ΩΛ =ρΛ,0 /ρ cr Materie (druckfrei) Strahlung Vakuum 3 Typen von Lösungen Closed Flat Open 5.2.11 Kosmologische Expansion in der ART (D) Friedmann-Gleichungen Einstein-deSitter (EdS)-Modell . R 2 = R Spezialfall: Λ = 0, k = 0 Normierung für Gegenwart t = t 0 : . 2 R R 8πGρ 32 (aus Gl. 1) . R 2 R0 2 = R0 R (9) mit R0 = R(t 0) 3 8πGρ 8πGρ0 ρ 2 2 R0 = H = Ωm,0 H 0 3 3H 20 ρ0 0 R . 3 R 2 2 R0 = Ω m,0H 0 R0 R Einsetzen in Gl. (9) Mit a ≡ R / R 0 und Ω m,0 = 1 (Gl. 6) Lösung: . a = H 0 a -1/2 3 a = 2 H0 t R 2/3 t 5.2.11 Kosmologische Expansion in der ART (E) Kosmologische Entfernungsmaße z dC(z) = * = dH ∫0 E(z')-1 dz' Leuchtkraft-Entfernung: d L(z) = √L/4πS = (1+z) d M(z) Winkel-Entfernung: dA(z) = x / θ = (1+z)-1 d M(z) ● mitbewegte Entfernung: ● ● ● Entfernung zu Objekt bei z Lichtlaufzeit-Entfernung: dT(z) = ΔtL c = dH ∫0 (1+z')-1 E(z') -1 dz' ** 1/2 dH Ω -1/2 sinh (Ω k k d C(z)/dH) mit und d M(z) = z z -1 für Ω 0 > 1 d H ∫0E(z') dz' für Ω 0= 1 dH |Ω k|-1/2 sin (|Ω k |1/2 dC (z)/dH) für Ω 0 < 1 E(z) ≡ H(t)/H 0 = √(1+z) 3Ω m +(1+z) 2Ωk + ΩΛ aus Gl. (7) für Ω r =0 (8) wobei Ωk ≡1–Ω m – ΩΛ und R(t) = 1/(1+z) gesetzt wurden (*) Entfernung zwischen zwei Beobachtern, die sich mit kosmologischer Expansion mit bewegen (**) Zeit, die Licht benötigt, um Entfernung zurückzulegen, mal c (z.B. Größe beobachtbares Universums) 5.2.11 Kosmologische Expansion in der ART (E) Kosmologische Entfernungsmaße Ω Λ = 0.732 Ω m = 0.266 Ω r = 0.266/3454 Ω0 = 1 Source: Wikipedia Ω Λ = 0.732 Ω m = 0.266 Ω r = 0.266/3454 Ω0 = 1 Entfernung zu Objekt bei z Berechnung siehe Ned Wright's CosmoCalculator: www.astro.ucla.edu/~wright/CosmoCalc.html 5.2.11 Kosmologische Expansion in der ART (1) Nochmal: Konsequenzen des Hubble-Effekts Gl. (8) für Annahme Λ=0 ⇒ E(z) Zu erwarten ist: = √(1+z) 3 Ω m+(1+z) 2 (1- Ω m) 1. Es gab einen Beginn der kosmologischen Expansion (Big Bang) 2. Nach dem Big Bang wird die Expansion durch die gegenseitige gravitative Anziehung der Galaxien abgebremst. 3. Die Stärke der Abbremsung hängt nur von Ω m ab. Bei großem z weicht d-z-Relation von linearer HubbleRelation ab. Die Abweichung hängt nur von Ω m ab. Ω m kann aus dem Hubble-Diagramm (d-z-Diagramm) bei kosmologischen Entfernungen bestimmt werden. SN Ia bei hinreichend großen z finden! 5.2.12 Abweichungen von Hubble-Relation bei größerem z Rekollabierendes Kritisches Universum Universum Stetig expandierendes Universum Leeres Universum Vergangenheit Zukunft (B) Erwartung Gravitative Abbremsung überwiegt Expansion Grenzfall: Gravitative Abbbremsung gleicht Expansion aus Gravitative Abbremsung unterliegt Expansion Ω m>1 Grenzfall: Überhaupt keine gravitative Abbremsung Ω m =1 Ω m <1 Ω m=0 5.2.12 Abweichungen von Hubble-Relation bei größerem z Beschleunigtes Universum Beobachtung 1 SN IaDaten 0 Vergangenheit Gegenwart Skalenfaktor R (t) = Mittlere Entfernung zwischen Galaxien (basierend auf Rotverschiebung z) Rekollabierendes Kritisches Ewig expandierendes Leeres Universum Universum Universum Universum Zukunft Rückblickzeit der SN Ia (basierend auf scheinbaren Helligkeiten m) 5.2.12 Abweichungen von Hubble-Relation bei größerem z (C ) Beobachtungen kosmologischer SNe Ia Aktueller SNIa-Datensatz (Betoule et al. 2014, A&A 568,22) Beste Anpassung: - beschleunigte Expansion bei z klein - gebremste Expansion bei z größer = Modell ΩΛ = 0.73, Ω m = 0.27 (magenta) Alternative Modelle: - magenta gestrichelt: ΩΛ + Ωm >1 - blau gestrichelt: kosmologische Entwicklung der SN-Population zugelassen Quelle: http://www.astro.ucla.edu/~wright/sne_cosmology.html; last modified: 01 Apr 2015 5.2.12 Abweichungen von Hubble-Relation bei größerem z (C ) Beobachtungen kosmologischer SNe Ia Δ(m-M) = Differenz zwischen beobachtetem Entfernungsmodul und erwarteten für Grenzfall des leeren Universums (grün), gemittelt in z-Intervallen Bei z ≲ 1 sind SNe schwächer als erwartet (ohne Beschleunigung) Bei z ≳ 1 kehrt sich Trend um. Damit kann ausgeschlossen werden, dass Extinktion durch intergalaktischen Staub die Ursache für den Trend bei z ≲ 1 ist. Quelle: http://www.astro.ucla.edu/~wright/sne_cosmology.html; last modified: 01 Apr 2015 5.2.12 Abweichungen von Hubble-Relation bei größerem z Kritisches Universum Leeres Universum Beschleunigtes Universum Gravitative Abbremsung überwiegt Expansion Grenzfall: Gravitative Abbbremsung gleicht Expansion aus Gravitative Abbremsung Ω m plus Beschleunigung ΩΛ >0 Ω m>1 Grenzfall: Überhaupt keine gravitative Abbremsung Ω m =1 Ω m=0 Vergangenheit Zukunft Rekollabierendes Universum 5.2.12 Abweichungen von Hubble-Relation bei größerem z (D) Zusammenfassung der Ergebnisse aus kosmologischen SNe Ia (a) Ergebnisse und Schlussfolgerungen • SN Ia bei z ≈ 0...1 haben schwächere scheinbare Helligkeiten als erwartet. Ergebnisse nicht in Modellen erklärbar, in denen Expansion lediglich abgeschwächt wird (gravitative Anziehung), nicht einmal im Grenzfall ohne jegliche Abbremsung (Ωm = 0) ... ● ● … sondern verlangen, dass Expansion ab t (z ≈1) beschleunigt wurde „Dunkle Energie“ mit Dichte Ω Λ als Ursache der Beschleunigung gesamte Energiedichte im galaxiendominierten Universum (Strahlung vernachlässigbar): Ω 0 = Ωm+ Ω Λ + Ω k beste Anpassung der SNIa-Daten für Ω Λ ≈ 0.7, Ωm≈ 0.3, Ω 0 ≈ 1 d.h. Ω k ≈ 0 (*) z = 1 entspricht Lichtlaufzeit 6 Gyr. 5.2.12 Abweichungen von Hubble-Relation bei größerem z (D) Zusammenfassung der Ergebnisse aus kosmologischen SNe Ia (b) Unklarheiten und Unsicherheiten ➢ Ockham'sches Rasiermesser: Einfachste Erklärung scheint Dunkle Energie. Aber was ist das??? Wir können prinzipiell nicht entscheiden, ob beschleunigte Expansion gesamtes Universum erfasst oder nur lokalen Bereich (z ≲ 1). * Befinden wir uns in einer Blase lokaler Unterdichte? Ist Universum auf großen Skalen nicht so homogen wie angenommen? ➢ Interpretieren wir die kosmische Dynamik mit der richtigen Theorie? Gravitationstheorie (ART) hat viele Tests in kleinskaligen Labors (Sonnensystem, Doppelsterne) hervorragend bestanden. Aber gilt sie auch auf kosmischen Skalen? ➢ Unsicherheiten bzgl. Natur der SN Ia (Aber beachte: Doppel-WZ-Szenario anstatt Singel-WZ erklärt leuchtstärkere SN Ia, nicht schwächere!) ➢ (*) Licht von entfernteren Objekten wurde zu Zeit emittiert, als beschleunigte Expansion noch nicht wirksam war.