Leben mit HIV: Annähernd normale Lebenserwartung

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18. Juli 2016
Leben mit HIV: Annähernd normale Lebenserwartung ist möglich
Dank moderner Therapien hat eine HIV-Infektion viel von ihrem Schrecken verloren. Medikamente helfen, den Ausbruch der
Krankheit Aids zu verhindern. Infizierte können oft ein weitgehend normales Leben führen. In Deutschland leben nach
Schätzungen des Robert Koch-Instituts (RKI) rund 83.400 Menschen mit HIV/Aids. Die meisten von ihnen wohnen in
Großstädten wie Berlin, München, Hamburg, Frankfurt/Main und Köln.
Wer infiziert sich mit dem Virus?
Männer, die Sex mit Männern haben, bilden mit geschätzt 53.800 Fällen die größte Gruppe. Etwa 10.500 Menschen haben sich nach
RKI-Daten bei heterosexuellem Verkehr infiziert. Bei rund 7.900 Betroffenen waren verunreinigte Spritzen beim Drogengebrauch die
Ursache. Etwa 450 Menschen infizierten sich über kontaminierte Blutkonserven oder andere Blutprodukte, vor allem bis Mitte der
1980er Jahre. Darüber hinaus haben sich 400 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene vor, während oder nach der Geburt bei
ihrer Mutter angesteckt.
Wie viele Menschen wissen nichts von ihrer Infektion?
RKI-Experten schätzen, dass in Deutschland etwa 13.200 Menschen mit HIV nichts von ihrer Infektion wissen. Das ist etwa jeder
sechste Betroffene. "Die Gründe, warum HIV erst spät bekannt wird, sind vielfältig", sagt Annette Haberl vom Vorstand der Deutschen
Aids-Gesellschaft. Dazu zählten Angst vor einem positiven Ergebnis und vor Ausgrenzung. "Erfährt man im Krankheitsfall in der Regel
spontan Mitgefühl und Unterstützung, ist das bei einer HIV-Diagnose nicht immer der Fall", so die Ärztin. Sogar im
Gesundheitssystem würden Menschen mit HIV noch immer diskriminiert.
Wie viele Menschen werden behandelt?
Von den HIV-Infizierten, bei denen eine Diagnose gestellt wurde, sind 82% in einer antiretroviralen Therapie, die die Vermehrung der
Viren eindämmt und den Ausbruch von Aids verhindern kann. Die Weltgesundheitsorganisation rät, möglichst früh mit der Therapie zu
beginnen.
Steigern andere sexuell übertragbare Krankheiten das Risiko, sich mit HIV zu infizieren?
"Generell steigt durch alle sexuell übertragbaren Krankheiten das Risiko, sich mit HIV zu infizieren", sagt Norbert Brockmeyer, Leiter
des Zentrums für Sexuelle Gesundheit und Medizin in Bochum. Infektionen mit Chlamydien, Humanen Papillomviren, Herpes-SimplexViren, Syphilis und Gonorrhoe verbreiten sich laut Brockmeyer verstärkt. Der Experte sieht eine Ursache in den vervielfachten
Datingmöglichkeiten über Internetportale. Sie ermöglichten mehr und schnellere Sexualkontakte. "Viele Leute verzichten dabei auf
Kondome, weil sie das Gefühl haben, sich aus dem Internet zu kennen", sagt Brockmeyer.
Wo kann man einen HIV-Test machen lassen?
Unter anderem bieten Gesundheitsämter, Präventionsprojekte und Ärzte HIV-Tests an. Die Deutsche Aids-Hilfe hat im Internet eine
Adressliste veröffentlicht. Der Verband warnt vor Tests für den Hausgebrauch aus dem Internet, da die Qualität nicht geprüft werden
könne. Außerdem könnten Laien schnell Fehler unterlaufen.
Welche Therapien stehen zur Verfügung?
Nach Angaben der Deutschen Aids-Gesellschaft gibt es inzwischen mehr als 30 Medikamente für die HIV-Therapie, darunter eine
zunehmende Zahl von Kombinationspräparaten. Sie können die Virusvermehrung dauerhaft hemmen. "HIV ist dadurch heute zu einer
gut behandelbaren chronischen Erkrankung geworden", sagt Annette Haberl. Patienten könnten dank moderner Therapien ein
normales Leben führen.
Was kostet eine Therapie?
Die Kosten für moderne Kombinationstherapien schwanken laut Haberl zwischen 1.200 und 1.700 Euro pro Monat. Komplexe
antiretrovirale Mittel könnten auch deutlich teurer sein. Die Krankenkassen übernehmen die Kosten.
Mit welchen Nebenwirkungen müssen Patienten rechnen?
Moderne HIV-Therapien sind laut Haberl generell gut verträglich. Zu Beginn der Behandlung könnten Magen-Darm-Probleme,
Kopfschmerzen und Hautreaktionen auftreten. Klinisch bedeutsamer seien mögliche Langzeitnebenwirkungen wie
Stoffwechselveränderungen, zu denen es nach Jahren der Einnahme kommen könne. Um rechtzeitig gegensteuern zu können,
müsse man den Therapieverlauf bei HIV-Patienten beobachten.
Wie alt kann man mit HIV in Deutschland werden?
"Bei frühzeitiger Diagnose und rechtzeitigem Therapiebeginn haben Menschen mit HIV heute eine annähernd normale
Lebenserwartung", sagt Annette Haberl.
Quelle: dpa
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