Tiere essen - NEULAND Fleisch

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Hintergrundinformationen zur
Vegetarismusdiskussion aus Sicht von Jochen
Dettmer, Bundesgeschäftsführer NEULAND e.V.
Das Thema „Fleischverzehr“ in verschiedenen
Büchern insbesondere von Foer „Tiere essen“
Die Kritik am Fleischverzehr kommt aus zwei Richtungen. Zum einen
geht es um Tierschutz/rechte und zum anderen um Umwelt/Klimagründe. Ein dritter Bereich wäre der der Welternährung,
der aber hier nicht vertieft werden kann. Zunächst geht es um die Begründung des Vegetarismus aus Tierschutz-Tierrechtsgründen.
Geistiger Vater der Tierrechtsbewegung ist der australische Moralphilosoph Peter Singer. Er ist Ordinarius für Ethik an der US Elite
Universität Princeton sowie an der Hochschule von Melbourne. Aufgrund der Fähigkeit von Tieren Schmerzen zu empfinden sieht Singer
nur fließende Übergänge zwischen den höheren Primaten und der
Spezie Mensch. Singer behauptet, dass Menschen sich schlecht verhalten, wenn sie Tierprodukte konsumieren. Als „Allesfresser“ seien
Menschen nicht auf den Fleischkonsum angewiesen, sondern hätten
Alternativen. Ein weiterer moralischer Aspekt ist neben dem
Schmerzempfinden auch die Kritik an der Massentierhaltung als ein
„Tierschutzaspekt“ Jonathan Saphran Foer greift diesen Gedanken auf
und begründet ausführlich in seinem Buch „Tiere essen“ den Tierrechtsgedanken. Foer leitet die Ablehnung des „Tiere essens“ zum
einen mit der Gleichsetzung des Tieres mit dem Menschen ab. Man
isst ja auch keine Menschen. Haustiere isst man auch nicht, warum
sollte man Nutztiere essen. Diesen Tierrechtsgedanken muss man als
moralische Norm stehen lassen. Versuche diesen Gedanken zu widerlegen müssen fehlschlagen, da es sich um eine moralische Norm han-
delt, die gleichberechtigt neben den Normen steht „Wir können Tiere
essen“, da wir ein natürliches Überlebensinteresse haben. Bei der Tierrechtsdiskussion muss dann unterschieden werden, ob es sich um ein
individualistisches, persönliche Entscheidung handelt, die man akzeptieren soll oder um ein politisches Manifest, welche aus Teilen der
Veganbewegung kommt. Dabei wird eine vegane Gesellschaftsordnung postuliert. Dagegen sollte politisch argumentiert werden. Zweiter Argumentationsstrang bei Foer ist die Kritik an der Massentierhaltung, d.h. die Art und Weise einer tierwidrigen Massenherstellung
nach industriellen Methoden. Dies belegt Foer anhand von Beispielen
aus der USA. In Weiterentwicklung von Singers Tierrechtsgedanken,
die auf eine radikale Abwehr von Fleisch setzt, bringt Foer auch positive Beispiele die akzeptable Bedingungen beschreiben. Fleisch aus
biologischer Landbau oder Freilandhaltung hält er für akzeptabel. Die
bessere Lösung wäre aber noch nach seiner Ansicht der Vegetarismus.
Da aber Menschen zu charakterlichen Schwäche und Inkonsequenz
neigen, ist dann der Fleischkonsum als Schwächeform aus tiergerechter Haltung möglich. Foer skizziert noch weitere widersprüchliche
menschliche Verhaltensweisen. So könnte er sich durchaus den vegetarischen Viehzüchter oder einen veganen Schlachthofbauern vorstellen. Solche Typisierungen werden wohl eher selten vorkommen. Eine
sehr grundsätzliche Fragestellung behandelt Andreas Weber „Alles
fühlt“. Er versucht zu belegen, dass die Entstehung und Verhalten von
Tieren und Pflanzen sich nur dann vollständig erklären lassen, wenn
man Empfindung und Werte als Basis aller Lebensprozesse betrachtet.
Für die kleinste Zelle wie für Menschen gilt, es gibt kein Leben ohne
Gefühle. Darauf leitet sich ein bestimmter Tierrechtsaspekt ab.
Eine ähnliche Argumentation wie Foer verfolgt Karin Duwe in ihrem
Buch „Anständig essen“ Sie hat innerhalb eines Jahres verschiedene
Ernährungsformen von Bio, vegetarisch, vegan bis zu fructanisch ausprobiert. Ihre Empfehlung ist aus der Mischung vieler Begründungen
eine teilzeitvegetarische Ernährung, die die menschliche Schwäche
nach Fleisch berücksichtigt. Aber wenn schon Fleisch, dann aus artgerechter Tierhaltung.
Eine ethische Begründung für den Fleischkonsum vertritt Rainer Hagencord vom Institut für theologische Zoologie in Münster. In der jüdisch-christlichen Überlieferung kommt dem Tier selbstverständlich
eine kreatürliche Würde zu, die es eingebunden in eine biblische
Antrophologie. Die Anwaltschaft des Menschen für die Schöpfung
und somit die Tiere ist ein Wesensmerkmal der Menschen. Seine
Sorge um eine umfassende Gerechtigkeit muss auch das Wohl der
Tiere im Blick behalten.
Eine andere Argumentation verfolgt Theresa Bäuerlein mit ihrem
Buch „Fleisch essen, Tiere lieben“ wo Vegetarier sich irren und es
Fleischesser besser machen können. Bäuerlein setzt sich kritisch mit
den gesellschaftspolitischen Folgen einer weitestgehend vegetarischen
Ernährung auseinander. Diese führt zu einem Artenverlust und einer
weiteren Klima und Umweltzerstörung durch Düngung der Pflanzen.
Organischer Dünger von Tieren würde ja fehlen. Bäuerlein empfiehlt
aber auch Fleisch aus artgerechter Tierhaltung, um die negativen Folgen der industriellen Tierhaltung zu vermeiden. Bäuerlein wirft auch
die Frage des Fleischkonsums aus Weidehaltung auf, die im folgenden
konkretisiert werden soll.
Bedeutung von Grünland zur Fleischerzeugung vor
dem Hintergrund von Klimaschutz und Biodiversität
Oft wird die Kritik an der Fleischproduktion pauschal und undifferenziert geführt. Allgemein wird die Fleischproduktion durch die Freisetzung von Methan bei Rindern und Lachgas bei der Getreidefutterproduktion als klimaschädigend bezeichnet mit einem Anteil von 18%
an der Gesamtheit von Treibhausgasen. Anita Idel hat in ihrem Buch
„Die Kuh ist kein Klimakiller“ 2010 die Folge aus der Diskussion um
den Weltagrarbericht, den Zusammenhang hergestellt, zwischen
Grünlandnutzung durch Rinder und Klimastabilisierung durch CO²
Bindung im Humus. Einfach ausgedrückt der Ausstoss von Methan
aus dem Magen eines Rindes wird durch die Weidehaltung wieder
kompensiert. Damit ist der Verzehr von Nutztieren aus der Weidehaltung ganz anders zu bewerten. Diesen Argumentationsfaden hat Prof.
Radermacher aufgegriffen und zum Bestandteil einer ökosozialen
Weltpolitik gemacht. Weidefleisch ist nicht nur für das Klima wichtig,
sondern ist auch eine wichtige Ressource für die Welternährung, da
mit dem Grünland Pflanzen aufgeschlossen werden, die nicht in direkter Nahrungskonkurrenz zum Menschen stehen.
Lena Maetari Appel hat diese Argumentation vorbildlich zusammengefasst. (siehe Anhang)
Argumentationsthese als Kommunikationshilfen
Aus der Analyse der beschrieben Argumentationsweisen zum Fleischkonsum, Vegetarismus, Klimaschutz und Welternährung ergeben sich
folgende Thesen, die zum besseren Verständnis beitragen können.
1.
Der Verzicht aus Fleisch aus grundsätzlichen Tierrechtsgründen
sollte nicht in Frage gestellt werden sondern akzeptiert werden
2.
Diese Haltung kann aber nur als individuelle, persönliche Entscheidung akzeptiert werden und nicht als gesellschaftspolitische
Forderung zum Fleischverzicht
3.
Bei der Bewertung von Fleischkonsum ist eine Abwägung verschiedener gesellschaftlicher Ansprüche notwendig, die auch
moralphilosophische Aspekte beinhalten.
4.
Unser jüdisch-christlicher Wertekodex verlangt kein Verbot des
Fleischkonsums, wohl aber einen verantwortungsvollen Umgang
mit Tieren.
5.
Bei der Tierhaltung sollten Tierschutz und Tierwohlkriterien berücksichtigt werden, die die arteigenen Verhaltensweisen berücksichtigen. Tierwidrige Haltungsformen sind abzulehnen.
Auf Fleisch aus diesen Haltungsformen sollte verzichtet werden.
6.
Eine vegetarische-vegane Ernährungsweise löst nicht das
Welternährungs- noch das Klima- und Artenverlustproblem.
7.
Der Schwerpunkt der Fleischproduktion
Grünlandbezogene Tierhaltung gelegt werden.
sollte
auf
8.
-
Darum sollten weidebezogene Tierhaltungssysteme besonders
gefördert werden
Fleisch und Milche von Weiderindern
Fleisch und Milch von Weideschafen
Fleisch und Milch von Weideziegen
sowie Gänsefleisch
Literaturverzeichnis:
Bäuerlein, Theresa (2011) „Fleisch essen, Tiere lieben“
Duwe, Karin (2011) „Anständig essen“
Foer, Jonathan Safran (2010) „Tiere ESSEN“
Idel, Anita (2010) „Die Kuh ist kein Klimakiller“
Radermacher, Franz Josef (2011) „Welt mit Zukunft die Ökosoziale Perspektive“
Singer, Peter (1975) „Die Befreiung der Tiere“
Weber, Andreas (2008) „Alles fühlt“
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