Methoden der kognitiven Neurowissenschaften SS 2013 Freitags 9 Uhr ct Jöran Lepsien Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften Zeitplan Datum Thema 12.4. Einführung und Organisation 19.4. Behaviorale Methoden 26.4. Augenbewegungen 3.5. Elektrophysiologie 10.5. -- (Freitag nach Himmelfahrt) 17.5. EEG 24.5. MEG 31.5. NIRS 7.6. PET 14.6. MRT 21.6. fMRT 28.6. TMS 5.7. Neuropsychologie 12.7. -19.7. Abschluß, Nachbesprechung & Prüfungsvorbereitung Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften 1 Kontakt Jöran Lepsien MPI-CBS Björn Herrmann MPI-CBS [email protected] 0341 9940 167 [email protected] 0341 9940 2606 Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften Prüfung Teil des Moduls “Methoden der Psychologie II” Prüfung: 60 min - Methoden der kogn. Neurowissenschaft (unsere Veranstaltung) 120 min – Statistik (Piontek) schriftliche, benotete Klausur bestanden werden müssen beide Klausurteile Inge schreibt eine 4 bei uns, eine 4 bei Herrn Piontek ~ bestanden Peter schreibt eine 3 bei uns, eine 5 bei Herrn Piontek ~ nicht bestanden Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften 2 Prüfungszeitraum 22.07. - 02.08. 2013 genauer Termin wird noch bekanntgegeben (vermutlich 2. Woche) Nachprüfungen im September Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften Webseite http://www.cbs.mpg.de/events/teaching/mknw-jl-s13 Passwort: ILoveMethodsSS13 Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften 3 Literatur Prüfungsrelevant sind die Folien der Vorlesung. Diese werden meist einen Tag vor der jeweiligen Veranstaltung auf der Website als pdf zu finden sein. Den Vorlesungsfolien sind oftmals Buchkapitel oder Originalartikel beigeordnet; diese sind zu Ihrer Orientierung und Vertiefung gedacht. Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften Einführung in die Methoden der kognitiven Neurowissenschaften Begriffsklärung: Kognitive Neurowissenschaften Geschichte der Kognitiven Neurowissenschaften Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften 4 Einführung Traditionelle Ansätze in der Psychologie Physiologische Psychologie (auch Biopsychologie) Beschäftigt sich mit der experimentellen Erforschung der biologischen Grundlagen des Psychischen. Strukturen und Vorgänge: → → → → Gehirn Kardiovaskuläres System Endokrines System Immunologisches Systems Einfluss auf Verhalten, Emotionen, Träume und Denken/Kognition Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften Einführung Traditionelle Ansätze in der Psychologie Kognitive Psychologie • Behandelt sich mit den psychischen Vorgängen, die etwas mit Erkennen und Wissen zu tun haben (Wahrnehmung, Denken, Lernen, Gedächtnis, etc.). • Kognitionsforschung beschäftigt sich mit jenen Zuständen und Prozessen, die zwischen der Reizaufnahme und dem daran anschließenden Erleben und Verhalten liegen (Gegensatz zur Black Box im Behaviorismus) • 1960er Jahre: Kognitive Wende. Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften 5 Einführung Traditionelle Ansätze in der Psychologie Kognitionswissenschaft (engl. Cognitive Science) • Relativ junger Wissenschaftszweig, dessen Ziel es ist, kognitive Fähigkeiten zu erforschen. → Interdisziplinäres Unternehmen zwischen Psychologie, Neurowissenschaften, Informatik, Robotik, Linguistik und Philosophie. Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften Einführung Traditionelle Ansätze in der Psychologie Neurowissenschaften Sammelbegriff für biologische, physikalische, medizinische und psychologische Wissenschaftsbereiche, die den Aufbau und die Funktionsweise von Nervensystemen untersuchen. Dabei werden Aufbau und Funktion sowohl von → einzelnen Nervenzellen (Neuronen), → von größeren Zellverbänden, die Funktionseinheiten bilden, → aber auch ganzer Nervensysteme untersucht. Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften 6 Einführung Traditionelle Ansätze in der Psychologie Neuropsychologie • Forschungsgebiet, welches die Beziehung zwischen Gehirnfunktionen und Verhalten untersucht. • Untersucht werden insbesondere (aber nicht nur) Einflüsse von Hirnschäden auf das menschliche Verhalten. Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften Einführung Kognitive Neurowissenschaften Die kognitiven Neurowissenschaften sind ein Konglomerat unterschiedlicher Disziplinen, die sich alle mit dem Nervensystem und seinen informationsverarbeitenden Eigenschaften beschäftigen. „Traditionelle“ Ansätze in der Psychologie Physiologische Psychologie Neurowissenschaften Kognitive Psychologie Synthese Kognitive Neurowissenschaften Fragestellungen: • Welche Hirnareale sind für welche Funktionen zuständig? (z.B. Gesichter)? • Wie arbeiten diese Areale zusammen, um “Bewusstsein” zu kreieren? Neuropsychologie Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften 7 Einführung Kognitive Neurowissenschaften – Cognitive Neuroscience George A. Miller (e.g. Magical Number Seven) Michael S. Gazzaniga Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften Geschichte – 17. Jahrhundert Neuroanatomie (Thomas Willis, 1621-1675) • Begründer der Anatomie des Nervensystem • Läsion führt zu Defizitärem Verhalten • Neuronale Leitung • Arterienring zur Blutversorgung des Gehirns • Gehirn des Menschen ist von dem der Tiere verschieden → ermöglicht menschliche Intelligenz? u.v.m. Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften 8 Geschichte – frühes 19. Jahrhundert Franz Joseph Gall, Johann G. Spurzheim • Verbreiteten Willis‘ Gedanken, dass bestimmte Hirnregionen für bestimmte Funktionen zuständig sind. • Kortex und Gyri bestehen aus aktiven Zellen. • Diese aktiven Zellen sind mit dem Rückenmark verbunden. • Das Rückenmark schickt seine Ausläufer in die Muskulatur. • Kortex kann durch die Projektion ins Rückenmark das Verhalten kontrollieren. • Hirnhälften werden sind durch das Corpus Callosum verbunden und stehen miteinander in Wechselwirkung. Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften Geschichte – frühes 19. Jahrhundert Phrenologie (Franz Joseph Gall, Johann G. Spurzheim) • Gehirn besteht aus ursprünglich 27 verschiedenen Arealen mit spezifischen Funktionen. • Wird eine Funktion häufiger benutzt, wächst das zugehörige Areal, es entstehen sogenannte „Bumps“ auf der Schädeloberfläche. Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften 9 Geschichte – frühes 19. Jahrhundert Phrenologie (Franz Joseph Gall, Johann G. Spurzheim) Beispiele für Funktionen: Spiritualität Idealismus Musikalität Liebe Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften Geschichte – frühes 19. Jahrhundert Phrenologie – Grundsätze in Galls Lehre 1. 2. 3. 4. 5. 6. → Das Gehirn ist das Organ des Geistes. Das Gehirn besteht aus verschiedenen, abgegrenzten und angeborenen Fähigkeiten. Jede Fähigkeit hat einen bestimmten Sitz / bestimmtes Organ im Gehirn. Die Größe des Organs sagt etwas über die Ausprägung der Fähigkeit aus. Die Form des Gehirns wird durch die Entwicklung und Ausprägung der einzelnen Organe definiert. Durch kraniologische Untersuchungen kann die relative Größe dieser Organe festgestellt werden und als Index für Begabung und Fähigkeiten verwendet werden. Lokalisationsansatz Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften 10 Geschichte – frühes 19. Jahrhundert Warum musste die Phrenologie scheitern 1. Schwierigkeit Begriffe wie Glaube, Selbstliebe, Verehrung zu quantifizieren. 2. Schädeloberfläche ist kein Abdruck des Inneren. Größe und Ausdehnung der Gyri korreliert allerdings schon mit dem Verhalten. 3. Lud/lädt zur Quacksalberei ein (Antlitzkunde). 4. Galls These, dass das Gehirn das Organ der Seele sei, stand im Gegensatz zu Descartes‘ Postulat, dass die Seele immateriell sei, nicht fassbar und nur als Ganzes funktioniere. → Führte zu starkem Widerspruch. Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften Geschichte – frühes 19. Jahrhundert Warum musste die Phrenologie scheitern Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften 11 Geschichte – frühes 19. Jahrhundert Warum musste die Phrenologie scheitern 1. Schwierigkeit Begriffe wie Glaube, Selbstliebe, Verehrung zu quantifizieren. 2. Schädeloberfläche ist kein Abdruck des Inneren. Größe und Ausdehnung der Gyri korreliert allerdings schon mit dem Verhalten. 3. Lud/lädt zur Quacksalberei ein (Antlitzkunde). 4. Galls These, dass das Gehirn das Organ der Seele sei, stand im Gegensatz zu Descartes‘ Postulat, dass die Seele immateriell sei, nicht fassbar und nur als Ganzes funktioniere. → Führte zu starkem Widerspruch. Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften Geschichte – frühes 19. Jahrhundert Aggregate Field Theory – Marie-Jean-Pierre Flourens • „Alle Empfindungen, Wahrnehmungen und der Wille haben ihren Sitz im gesamten Gehirn“ • „Fool and Phrenology are terms nearly synonymus“ Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften 12 Geschichte – Mittleres/Spätes 19. Jahrhundert Paul Broca – Der Fall „Monsieur Tan“ Patient „Monsieur Tan“ konnte nach einem Schlaganfall gesprochene und geschriebene Sprache verstehen, sie aber nicht mehr sprechen → Broca-Aphasie → Lokalisation: Broca Zentrum/ Broca‘s Area Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften Geschichte – Mittleres/Spätes 19. Jahrhundert Carl Wernicke Störungen des Sprachverständnisses. Betroffene sind nicht in der Lage, Gesagtes zu verstehen und produzieren daher ein „Kauderwelsch“, welches weder dem Zuhörenden, noch ihnen selbst verständlich ist. → Wernicke-Aphasie → Lokalisation: Wernicke Zentrum/ Wernicke‘s Area Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften 13 Geschichte – Mittleres/Spätes 19. Jahrhundert Korbinian Brodmann Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften Geschichte –19./20. Jahrhundert Fein-Aufbau des Gehirns? Netzwerk vs. Unabhängige Zellen Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften 14 Geschichte –19./20. Jahrhundert Camillo Golgi Golgi-Färbung: Histologische Färbung einzelner Nerven und Zellstrukturen mit Silbernitrat einzelner Nerven („Schwarze Reaktion“) Gehirn: → Syncytium, eine einheitliche Gewebemasse (ein durch Neurofibrillen kontinuierlich verbundenes Netz darstellen) Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften Geschichte –19./20. Jahrhundert Santiago Ramon y Cajal Nutzte die Golgi-Färbung Gehirn: → das ganze Nervensystem besteht aus diskreten Nervenzellen und ihren Fortsätzen. Transmission der Information nur in eine Richtung von den Dendriten zum Axon. Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften 15 Geschichte –19./20. Jahrhundert 1906 – Nobel-Preis Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften Methoden Läsionsstudien – Phineas P. Gage Eisenstange von unten nach oben durch seinen Schädel. Läsion im orbitofrontalen und präfrontalen Kortex. Wahrnehmung, Gedächtnis, Intelligenz, Sprachfähigkeit, sowie Motorik blieben völlig intakt. Aber: Starke Persönlichkeitsveränderungen. Besonnen, freundlich, ausgeglichen → kindisch, impulsiv, unzuverlässig Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften 16 Methoden Läsionsstudien – Phineas P. Gage Eisenstange von unten nach oben durch seinen Schädel. Läsion im orbitofrontalen und präfrontalen Kortex. Wahrnehmung, Gedächtnis, Intelligenz, Sprachfähigkeit, sowie Motorik blieben völlig intakt. Aber: Starke Persönlichkeitsveränderungen. Besonnen, freundlich, ausgeglichen → kindisch, impulsiv, unzuverlässig Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften Methoden Moderne Messmethoden: Bildgebende Verfahren Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften 17 Ziel der Veranstaltung • Wie funktioniert welche Methode der kognitiven Neurowissenschaften? • Wie muss eine neurowissenschaftliche Untersuchung gestaltet werden, um zu konstruktiven Ergebnissen zu kommen? • Welche Methode ist adäquat um eine gegebene Fragestellung zu beantworten? • Wie muss ein Experiment aufgebaut sein, um mittels einer spezifischen Methode eine Fragestellung zu beantworten. Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften 18