Max-Planck-Institut f¸r biophysikalische Chemie Gˆttingen

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Max-Planck-Institut für Experimentelle Medizin
Presseinformation
07. Februar 2017
Göttinger Hirnforscher erhält Preis für
beste Science-Veröffentlichung
Robert Gütig, Forschungsgruppenleiter am Max-Planck-Institut für
Experimentelle Medizin in Göttingen, erhält den diesjährigen
Newcomb-Cleveland-Preis der 'American Association for the
Advancement of Science' (AAAS). Dieser seit 1923 verliehene Preis für
herausragende wissenschaftliche Leistung würdigt jährlich die beste
Veröffentlichung in der Zeitschrift Science. Die AAAS ist die weltweit
größte wissenschaftliche Gesellschaft und Herausgeber des
renommierten Wissenschaftsmagazins. Die Auswahl der Preisträger
treffen die Editoren der Zeitschrift, Fachgutachter sowie eine
interdisziplinäre
Kommission
aus
international
führenden
Wissenschaftlern. Die mit 25.000 US-Dollar dotierte Auszeichnung wird
am 17. Februar auf der Jahrestagung der AAAS in Boston verliehen. Im
vergangenen Jahr bekam Chemie-Nobelpreisträger Eric Robert Betzig
den Preis.
Bahnbrechende Forschung zu Lernvorgängen in neuronalen Netzen
Robert Gütig wird für seine bahnbrechende Forschung zu Lernvorgängen in neuronalen Netzen
ausgezeichnet. Als theoretischer Neurowissenschaftler hat er herausgefunden, wie Nervenzellen
lernen können, Sinnesreize mit Ereignissen zu verknüpfen, die mit zeitlicher Verzögerung
eintreten. Wie wichtig diese Fähigkeit ist, zeigt ein Beispiel aus der Tierwelt: Eine Maus muss
lernen, auf bestimmte Geräusche und Gerüche zu achten, weil diese zunächst harmlosen
Sinneseindrücke ein Hinweis auf eine drohende Gefahr sein können. Sie muss also Reize aus der
Umwelt mit einem Ereignis verknüpfen, das erst noch bevorsteht. Nur dann kann sie rechtzeitig
vor dem Angriff der Katze die Flucht ergreifen.
Woher aber weiß die Maus, welche Geräusche und Gerüche den Angriff einer Katze ankündigen
und welche nicht? Und wie schafft es das Gehirn, die Zeit zwischen einem Hinweisreiz und dem
eigentlichen Ereignis zu überbrücken? Der Göttinger Hirnforscher hat mit Hilfe von
Computersimulationen herausgefunden, wie das Gehirn dieses Problem lösen kann. Der 42-jährige
Neurowissenschaftler hat ein Netzwerk aus Nervenzellen programmiert, das wie ein biologischer
Zellverband auf Erregungen reagiert. Dieses Netzwerk kann lernen, diejenigen Hinweisreize
herauszufiltern, die ein später eintretendes Ereignis vorhersagen.
Hirnmodell eröffnet weitreichende technologische Anwendungsmöglichkeiten
Das Hirnmodell erklärt nicht nur diese neurobiologischen Prozesse, sondern eröffnet auch
weitreichende technologische Anwendungsmöglichkeiten, insbesondere im Bereich des
maschinellen Lernens. Forscher können das von Gütig entwickelte Lernschema zum Beispiel bei
der Entwicklung von Programmen zur künstlichen Spracherkennung einsetzen. „Unser
Lernschema kann die Erzeugung von Trainingsdaten für die computergestützte Spracherkennung
erheblich vereinfachen“, sagt Gütig. „Anstelle von aufwändig segmentierten Sprachdatenbanken
genügen für unser Lernschema einfach zählbare Worthäufigkeiten, beispielsweise in Untertiteln
von Nachrichtensendungen.“
Lernen ohne Lehrer
Robert Gütigs prämierte Science-Arbeit führt auch eine neue Lernarchitektur ein, durch die
neuronale Netze selbst dann Strukturen innerhalb ihrer Umgebungsreize entdecken können, wenn
ihnen kein Feedback zur Verfügung steht. In diesen so genannten selbst-überwachten neuronalen
Netzen lernen Nervenzellen, ihre gegenseitige Aktivität vorherzusagen.
Zur Person
Robert Gütig, geboren 1974 in Berlin, studierte Physik und Psychologie in Berlin, Cambridge
(UK) und Heidelberg. Er promovierte in Computational Neuroscience bei Professor Ad Aertsen an
der Universität Freiburg. Computational Neuroscience, computergestützte Neurowissenschaften ist
eine
noch
junge,
interdisziplinäre
Wissenschaftsrichtung,
die
sich
mit
den
informationsverarbeitenden Eigenschaften des Nervensystems beschäftigt. Später arbeitete Robert
Gütig als Postdoc mit Professor Haim Sompolinsky, einem der weltweit führenden Vertreter der
theoretischen Neurowissenschaften, an der Hebräischen Universität von Jerusalem und der
Harvard Universität. Seit 2011 leitet er die Forschungsgruppe Theoretische Neurowissenschaften
am Max-Planck-Institut für Experimentelle Medizin in Göttingen.
Kontakt:
Robert Gütig, Max-Planck-Institut für Experimentelle Medizin
Theoretische Neurowissenchaften
Hermann-Rein- Str. 3, 37075 Göttingen
Tel.::+49 551 3899-490, Email:[email protected]
Originalveröffentlichung:
R. Gütig (2016), Spiking neurons can discover predictive features by aggregate-label learning.
Science 351, DOI: 10.1126/science.aab4113
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