EXPERIMENTIERSTATION "WABENZELLEN"

Werbung
EXPERIMENTIERSTATION "WABENZELLEN"
Wasser und Wärme
Wärme spielt bei vielen Wasserprozessen nicht nur beim globalen Wasserkreislauf - eine
Hauptrolle.
Kaltes Wasser erstarrt zu Eis, durch
Wärmezufuhr wird es belebt, wird flüssig und
beweglich.
Die Wärme selbst wurde früher - und wird es
im Alltagsverständnis wohl auch heute noch für eine Art von "Fluidum" gehalten, welches
von einem Körper zum anderen überfließt.
Temperaturunterschiede lösen auch innerhalb
des Wassers Strömungsbewegungen aus:
wärmeres Wasser dehnt sich aus, hat
geringere Dichte und steigt auf, während
kühlere Wassermassen absinken.
Um einen solchen Vorgang geht es auch hier.
Beschreibung der Station
In einer flachen Schale (ca. 40 cm
Durchmesser, 3 cm hoch) aus Edelstahl liegt
eine dünne (einige Millimeter hohe) Schicht
Wasser beziehungsweise Öl, welches, wie bei
der Station "Strömungswanne", mit Aluminiumpulver
versetzt
ist,
sodaß
die
Strömungsbewegungen sichtbar werden.
Die Schale liegt auf einem Sandbett in einer
zweiten, konzentrisch angeordneten Schale. Der
feine, gleichmäßig verteilte Sand führt dem Wasser
von unten her Wärme zu. Diese stammt von
Teelichtern, die unter der zweiten Schale in
symmetrischer Anordnung stehen und brennen.
Sechs zylindrische Tonkörper halten den Abstand
von den Schalen zur kreisrunden Bodenplatte.
Die zugeführte Wärme führt zu einer aufsteigenden
Strömung
("Konvektion")
der
unteren
Wasserschicht. Zugleich muß aber Wasser aus der
kühleren Oberschicht nach unten sinken.
Diese
zwei
gegensätzlichen
Bewegungen
geschehen nun nicht irgendwie "chaotisch", sondern
sie bilden ein regelmäßiges Muster aus, das
schließlich die ganze Wasserfläche überzieht: ein
Muster aus "WABENZELLEN".
Wahlweise gibt es noch eine zweite Schale, in der
sich anstelle des Wassers eine dünne Schicht Öl
befindet. Im Öl zeichnet sich das Wabenmuster
noch deutlicher ab.
Stationszubehör: Flacher Pinsel zum Aufrühren
des abgesetzten Aluminium-pulvers, geometrische
Formen zum hin-einlegen, Lupe zum genaueren
Betrachten der Zellen.
Beobachten und Experimentieren
Es dauert nach dem Anzünden der Kerzen
einige Zeit, bis überhaupt etwas sichtbar wird.
Die
genannten
Konvektionsströmungen
erfolgen zuerst in Form von großen Walzen, in
denen sich die Flüssigkeit im Kreis bewegt: auf
einer Seite nach oben, auf der anderen nach
unten. Diese Walzen passen sich der
Randform
des
Gefäßes
(oder
der
hineingelegten geometrischen Formen) an.
Nach einiger Zeit tauchen an einigen Stellen
dunkle Punkte, "Spitzen" auf, von denen
Wasser in alle Richtungen strahlenförmig
ausströmt. Außen bildet sich ein kreisförmiger
Rand - eine erste "Zelle" ist entstanden.
Immer mehr Zellen "wachsen" heraus und
rücken schließlich so eng zusammen, daß die
Kreise verformt werden zu Vielecken - im
Idealfall zu regelmäßigen Sechsecken, die an
Waben
erinnern
(Sechsecke
bilden,
mathematisch gesehen, die dichtest mögliche
Packung).
Betrachtet man diese Zellen mit der Lupe, so
sieht man im Mittelpunkt jeder Zelle die
Flüssigkeit heraufströmen, am Rand - der
Grenze zu den benachbarten Zellen - wieder
nach unten verschwinden.
"Systeme"
Die "Wabenzellen", auch "Konvektionszellen" oder nach ihrem "Entdecker" "Bénardsche Zellen"
genannt, sind ein frühes Beipiel der sogenannten
"Chaos-Theorie".
Es geht dabei um Vorgänge in einem geschlossenen System, die in ihrem komplexen, in
vielerlei Hinsicht eigentlich unvorhersagbaren
Zusammenwirken
regelmäßige
Strukturen
hervorbringen,
die
das
ganze
System
"organisieren".
Hier sind es Temperaturunterschiede, die zu
Dichteunterschieden und in weiterer Folge zu
ausgleichenden Strömungen führen.
Es stellt sich schließlich unter bestimmten
Bedingungen ein Gleichgewicht ein - nicht ein
statisches,
sondern
ein
stationäres,
ein
Fließgleichgewicht: eine Struktur aus kleinen,
vieleckigen Konvektionszellen, deren Bild zwar
unveränderlich gleich bleibt, die aber nur durch
Bewegung aufrechterhalten wird.
Eine ausführliche Beschreibung der Benardschen
Zellen aus dieser Sichtweise findet sich im Buch
"Chaos und Fraktale" (s. Literaturliste).
Wer einmal auf dieses Phänomen aufmerksam
geworden ist, wird es in vielen Situationen der
alltäglichen Lebenswelt wiederfinden: wenn man
(kalte) Milch lamgsam in den (heißen) Kaffee gießt,
im wärmer werdenden Öl der Bratpfanne ...
Auch die Wolkenbildung - bei der ja auch
Temperaturunterschiede und Konvektion eine große
Rolle spielen - verläuft manchmal nach einem
analogen Muster.
Strömungsverlauf in den "Benardschen Zellen"
(nach "Chaos und Fraktale" S. 46;
s. Literaturliste)
Man kann nun eine geometrische Form in die
Flüssigkeit hineinlegen und sehen, wie das
Strömungsmuster darauf reagiert.
Man kann auch einfach mit dem Pinsel durch
das Wasser fahren oder größere Flächen des
Musters beeinträchtigen. Es wird sich bald
wieder regenerieren und - wie die Zellen der
Haut nach einer Schnittwunde - die
eingeprägten
Striche
in
ihre
Struktur
aufnehmen.
Rippenmuster auf der Unterseite eines Blattes
(aus: Stevens, Formen in der Natur)
WABENZELLEN
In der Pfanne befindet sich eine dünne Schicht Öl das mit feinem Aluminiumpulver
durchsetzt ist, damit die Bewegungsformen der Flüssigkeit sichtbar werden. Die Pfanne
wird von unten her leicht erwärmt, und dadurch entsteht eine Strömung - ein interessantes
Strömungsmuster.
Woran erinnert es?
Anregungen für Interaktionen:
-
Ab und zu das Öl sanft umrühren, damit das Aluminiumpulver wieder aufgewirbelt wird.
-
Mit der Lupe kann man die Strömungsmuster genauer anschauen.
-
In welche Richtung bewegt sich die Flüssigkeit in der Mitte der Zellen? Und am Rand?
-
Sie können mit einem Stäbchen durch das Strömungsmuster fahren und es verändern
beziehungsweise zerstören - es wird sich nach einiger Zeit (wie eine heilende Wunde)
wieder regenerieren.
-
Sie können auch den Ring in das Öl legen. Es bildet sich ein "Untersystem" von Zellen.
Diese Gestalt ist nicht fest, sondern in einem ständigen Fluß. Die Form der Schale, die
Temperatur oder verschiedene Eingriffe werden in die Struktur integriert: eine elementare
Form von "Selbstorganisation" eines Systems.
nach Benard
EXPERIMENTIERWERKSTATT WIEN
1996
Herunterladen