Gynäkologie Brustkrebs Fast immer wird heute brusterhaltend operiert Brustkrebs ist mit Abstand die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Pro Jahr erkranken etwa 70.000 Frauen in Deutschland neu daran. Die gute Nachricht: Brustkrebs ist in vielen Fällen heilbar und die operative Therapie hat sich inzwischen so gut weiterentwickelt, dass in 70 bis 80 Prozent der Fälle brusterhaltend operiert werden kann. Brusterhaltung, wenn der Tumor extrem groß ist oder wenn mehrere Tumoren gleichzeitig in derselben Brust vorkommen. Der Tumor darf auch nicht in die Haut oder die Brustwand eingewachsen sein. Die große Angst der Frauen, im Rahmen der bei Brustkrebs notwendigen Operation ihre Brust und damit einen Teil ihrer Weiblichkeit und Attraktivität zu verlieren, ist meist unbegründet. Denn die Chirurgen versuchen immer brusterhaltend zu operieren – und meist gelingt das auch. „Brusterhaltend operieren“ bedeutet, dass der Tumor „im Gesunden“ operativ entfernt wird. Die Alternative dazu ist, dass die Brust komplett entfernt wird (Mastektomie). Vor der Operation wird der Tumor unter Ultraschallkontrolle markiert. Auch der Verlauf des Hautschnitts wird angezeichnet. Der Schnitt wird im Idealfall so gewählt, dass die Narbe später möglichst wenig auffällt. Dr. Kowolik: „Der Schnitt wird entweder am Rand der Brustwarze gemacht oder möglichst weit unten an der Brust.“ Kann der Tumor nicht getastet werden, hilft der Radiologe bei der genauen Planung mit: Kurz vor der Operation führt er eine Mammografie bei der Patientin durch und lokalisiert dabei den Tumor mit einer Feinnadel. Ein extrem dünnes Drähtchen führt nach außen. Das Ende wird vorsichtig mit einem Druckverband verklebt. „Die Frau spürt nur den kurzen Einstich. Der Draht ist so fein, dass die Patientin diesen nicht bemerkt“, erläutert Dr. Kowolik. Der Draht verbleibt im Übrigen nur wenige Minuten in der Brust, da die Patientin sofort im Anschluss operiert wird. Dank der genauen Lokalisierung findet der Operateur den Tumor dann sehr schnell. Dr. Jürgen Kowolik, gynäkologischer Onkologe und Chirurg an der Frauenklinik Dr. Geisenhofer am Englischen Garten in München: „Eine brusterhaltende Operation kommt für alle Patientinnen infrage, die einen kleinen Tumor bis zirka drei bis vier Zentimeter haben. Aber auch bei größeren Tumoren kann unter bestimmten Voraussetzungen die Brust erhalten werden. Dies gilt insbesondere, wenn die Tumorgröße im Verhältnis zur Brustgröße günstig ist.“ Nicht möglich ist eine 20 Die brusterhaltende Operation wird nach einem genauen Schema durchgeführt Die genaue Planung Foto, Illustration: Fotolia.com D ie Diagnose Brustkrebs ist für jede Frau ein Schock. Fragen wie „warum gerade ich?“ quälen die Psyche. Tatsächlich ist bis heute nicht genau geklärt, warum bei einigen Frauen einst gesunde Körperzellen plötzlich entarten und sich vermehren. Viel deutet darauf hin, dass vor allem die Veranlagung und die Genetik eine große Rolle spielen. Umwelteinflüsse und die Lebensweise sind offenbar ebenfalls von Bedeutung. Bestrahlungen notwendig – wobei die Patientin dann einmal täglich für fünf bis zehn Minuten kommt“, sagt Dr. Kowolik. In bestimmten Fällen kann die Bestrahlung bereits während der Operation und dann nur einmalig erfolgen (intraoperative Radiotherapie). Zusammen mit einer Bestrahlung gilt die brusterhaltende Operation als ebenso sicher wie die Mastektomie. Wichtig zu wissen: Hat der Tumor bereits Metastasen gebildet, sieht die Nachbehandlung in der Regel anders aus. „Die Brustkrebs-Therapie ist heutzutage sehr individuell“, betont Dr. Kowolik und ergänzt: „Da es unterschiedliche Brustkrebsarten mit unterschiedlichen Eigenschaften gibt, ist eine exakte Untersuchung des Tumors und der Lymphknoten durch den Pathologen sehr wichtig. Dieses Ergebnis, zusammen mit den Untersuchungen, ob Tochtergeschwülste vorliegen, bestimmt, welche weitere Behandlung durchgeführt wird.“ Fazit: Der behandelnde Gynäkologe wird genau mit der Patientin besprechen, welche Behandlung sinnvoll ist und was diese bezweckt. Bewährt haben sich folgende Therapien nach einer brusterhaltenden Operation Der Eingriff Der bösartige Knoten wird mit einem zusätzlichen Sicherheitsabstand von bis zu einem Zentimeter herausoperiert. Das heißt, es wird auch etwas gesundes Brustgewebe um den Tumor herum mitentfernt. „Auf diese Weise kann man sicher sein, dass am Rand des Tumors keine Krebszellen zurückbleiben“, sagt Dr. Kowolik. Bei der Operation werden auch einige wenige angrenzende Lymphknoten der Achselhöhle entfernt, um zu prüfen, ob der Tumor schon gestreut hat. Denn es könnte sein, dass er schon Metastasen (Absiedlungen) im Körper gebildet hat. Sobald der Tumor und die Lymphknoten entfernt sind, werden diese sofort einem Pathologen übergeben. „Der Pathologe führt einen Schnellschnitt durch. Innerhalb von 30 Minuten haben wir schon das Ergebnis“, sagt Dr. Kowolik. Hat der Pathologe zum Beispiel im entfernten Randsaum noch Krebszellen gefunden, beseitigt der gynäkologische Onkologe sofort noch ein wenig mehr Gewebe um den ursprünglichen Tumorherd herum. Das kosmetische Ergebnis wird ebenfalls immer gleich mitbedacht. Dr. Kowolik: „Damit beide Brüste nach der Operation weiterhin die gleiche Größe haben, wird auf der Seite, auf der der Tumor entfernt wurde, Brustgewebe ganz vorsichtig hin- und hergeschoben, um die gegebenenfalls entstandene Lücke zu schließen.“ Insgesamt dauert der Eingriff eine bis eineinhalb Stunden. Anti-Hormontherapie Der Brusttumor wächst unter dem Einfluss des weiblichen Hormons Östrogen. Vielversprechend sind daher die sogenannten Aromatase-Hemmer, die die Östrogenbildung hemmen. So kann der Tumor absterben. Eine Anti-Hormontherapie kommt aber nur infrage, wenn Hormonrezeptoren bei der Patientin gefunden werden. Die Zellen müssen eine Art Schlüsselloch haben. Nur dann ist es sinnvoll, den Schlüssel dazuzugeben. Antikörpertherapie Bei vielen Brustkrebs-Patientinnen finden sich an der Oberfläche der Tumorzellen zu viele Bindungsstellen für Wachstumsfaktoren, sogenannte HER2-Rezeptoren. Der Tumor wächst dann leider besonders schnell. Es gibt monoklonale Antikörper, die den HER2-Rezeptor blockieren. Dadurch wird das Tumorwachstum gebremst. Chemotherapie Besonders bei einem sehr aggressiven Tumor wird der Patientin meistens eine Chemotherapie empfohlen. Bei der Chemotherapie werden zellvergiftende Medikamente (Zytostatika) gegeben. Diese greifen in den Vermehrungszyklus der Krebszellen ein und töten die Tumorzellen ab. Foto, Illustration: Fotolia.com Die Nachbehandlung An eine brusterhaltende Operation schließt sich in fast jedem Fall eine Strahlentherapie der erkrankten Brust an. Die Strahlenbehandlung dient der Zerstörung von Krebszellen, die möglicherweise an anderer Stelle in der Brust zurückgeblieben sind. Sie senkt das Risiko eines Rückfalls. Da die nötige Strahlendosis nicht auf einmal gegeben werden darf, wird sie auf mehrere Tage verteilt. „Im Durchschnitt sind 30 Unser Experte Dr. Jürgen Kowolik, gynäkologischer Onkologe und Chirurg Frauenklinik Dr. Geisenhofer www.geisenhoferklinik.de 21