Leseprobe Kuckertz Grundlagen – Wechselstrom ELEKTROTECHNIK/ELEKTRONIK Studienbrief 2-050-1002 3. Auflage 2014 Grundlagen – Wechselstrom Impressum Verfasser: Prof. Dipl.-Ing. Heinz Kuckertz em. Professor für Elektrotechnik und Regelungstechnik im Fachbereich Produktions- und Verfahrenstechnik an der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften, Wolfenbüttel Der Studienbrief wurde auf der Grundlage des Curriculums für das Studienfach „Elektrotechnik/Elektronik“ verfasst. Die Bestätigung des Curriculums und des Studienbriefes erfolgte durch den Fachausschuss Wirtschaftsingenieurwesen, dem Professoren und Dozenten von HDL-Mitglieds- und kooperierenden Hochschulen als Mitglieder angehören. 3. Auflage 2014 ISBN 978-3-86946-183-0 Redaktionsschluss: Februar 2014 Studienbrief 2-050-1002 © 2014 by Service-Agentur des Hochschulverbundes Distance Learning. Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung und des Nachdrucks, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form ohne schriftliche Genehmigung der Service-Agentur des HDL reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Service-Agentur des HDL (Hochschulverbund Distance Learning) Leiter: Dr. Reinhard Wulfert c/o Agentur für wissenschaftliche Weiterbildung und Wissenstransfer e. V. Magdeburger Straße 50, 14770 Brandenburg Tel.: 0 33 81 - 35 57 40 E-Mail: [email protected] Fax: 0 33 81 - 35 57 49 Internet: http://www.aww-brandenburg.de Grundlagen – Wechselstrom Inhaltsverzeichnis Verzeichnis der Formelzeichen.................................................................................................................................................4 Einleitung..........................................................................................................................................................................................7 Literaturempfehlung.....................................................................................................................................................................8 1 Schaltvorgänge bei Gleichstrom...........................................................................................................................8 1.1 Ein- und Ausschaltvorgänge beim Kondensator...........................................................................................................................8 1.1.1 Einschaltvorgang am Kondensator.....................................................................................................................................................9 1.1.2 Ausschaltvorgang am Kondensator................................................................................................................................................. 12 1.2 Ein- und Ausschaltvorgang bei der Induktivität......................................................................................................................... 15 1.2.1 Einschaltvorgang im Stromkreis mit einer Induktivität............................................................................................................ 16 1.2.2 Ausschaltvorgang im Stromkreis mit einer Induktivität.......................................................................................................... 19 2 Wechsel- und Drehstrom...................................................................................................................................... 20 2.1Wechselstrom........................................................................................................................................................................................... 21 2.1.1 Erzeugen einer Wechselspannung................................................................................................................................................... 21 2.1.2 Definitionen und Zeigerdarstellung................................................................................................................................................ 22 2.2Wechselstromwiderstände.................................................................................................................................................................. 27 2.2.1 Ohmscher Widerstand.......................................................................................................................................................................... 27 2.2.2 Induktiver Blindwiderstand................................................................................................................................................................ 28 2.2.3 Kapazitiver Blindwiderstand............................................................................................................................................................... 29 2.2.4 Reihenschaltung von Wechselstromwiderständen................................................................................................................... 31 2.2.5 Parallelschaltung von Wechselstromwiderständen.................................................................................................................. 36 2.3 Wechselstromnetze mit veränderlicher Frequenz..................................................................................................................... 38 2.3.1Reihenschwingkreis............................................................................................................................................................................... 38 2.3.2Tiefpass.......................................................................................................................................................................................................40 2.3.3Hochpass.................................................................................................................................................................................................... 43 2.4 Leistung im Wechselstromkreis......................................................................................................................................................... 45 2.4.1Wirkleistung.............................................................................................................................................................................................. 45 2.4.2Blindleistung.............................................................................................................................................................................................46 2.4.3 Leistung bei gemischten Wechselstromverbrauchern, Scheinleistung............................................................................. 47 2.5Drehstromnetz.........................................................................................................................................................................................54 2.5.1 Erzeugen der Dreiphasenwechselspannung................................................................................................................................54 2.5.2 Das Drehstromnetz................................................................................................................................................................................ 55 2.5.3 Ströme und Drehstromverbraucher................................................................................................................................................ 57 2.5.4 Leistung, Arbeit und Leistungsfaktor im Drehstromnetz........................................................................................................ 63 2.6Frequenzanalyse.....................................................................................................................................................................................64 HDL 4 Grundlagen – Wechselstrom Antworten zu den Kontrollfragen und Lösungshinweise zu den Übungsaufgaben.......................................... 69 Literaturverzeichnis.................................................................................................................................................................... 73 Sachwortverzeichnis...................................................................................................................................................................74 HDL Grundlagen – Wechselstrom Verzeichnis der Formelzeichen Physikalische Größe Formelzeichen Einheit Physikalische Einheit Kapazität C 1 F = 1 As/V Farad Leistungsfaktor cos ϕ Frequenz f 1 Hz = 1/s Hertz, 1/Sekunde Resonanzfrequenz f0 1 Hz = 1/s Grenzfrequenz fg 1 Hz = 1/s Zeitlich veränderlicher Strom i A Gleichstrom, Effektivwert des Wechselstroms I A Stromzeiger I A Amplitude des Wechselstroms î A Strom durch Induktivität im eingeschwungenen Zustand I∞ A Effektivwert des Kondensatorstroms IC A Zeitlich veränderlicher Strom am Kondensator iC A Einschaltstromstoß am Kondensator iC0 A Ausschaltstromstoß am Kondensator iC0a A Effektivwert des Wechselstroms Ieff A Gesamtstrom Iges A Zeitlich veränderlicher Strom durch die Induktivität iL A Effektivwert des Stroms durch Induktivität IL A Drehstrom: Strom im Außenleiter, bei Y- oder D-Schaltung IL, ILY, ILD A Leiterströme im Drehstromnetz IL1, IL2, IL3 A Strom durch Widerstand IR A Strangstrom bei Y- oder D-Schaltung IStrY, IStr∆ A Induktivität L 1 H = 1 Vs/A Henry Windungszahl N Drehzahl n 1/min 1/Minute Leistung P W Watt Zeitlich veränderliche Leistung P(t) W Abgegebene Leistung Pab W Elektrische (Wirk-)Leistung Pel W Mechanische Leistung Pmech W Wirkleistung eines Stranges bei Y- oder D-Schaltung PStrY, PStr∆ W Verlustleistung PV W Blindleistung Q 1 var = 1 VA Blindleistung bei kapazitiver Last QC 1 var = 1 VA Blindleistung bei induktiver Last QL 1 var = 1 VA Widerstand R 1 W = 1 V/A Kupferwiderstand RCu W Widerstand der Entladestrecke Rent W Scheinleistung S VA (sprich: Vau-A) Ampere Voltampere reaktiv Ohm Voltampere HDL 5 6 HDL Grundlagen – Wechselstrom Physikalische Größe Formelzeichen Einheit Physikalische Einheit Zeit t s Sekunde Periodendauer T s Ausschaltzeitkonstante Ta s Einschaltzeitkonstante∞ Te s Spannungszeiger U V Amplitude der Wechselspannung û V Spannung, klein: zeitlich veränderliche Spannung U, u V Batteriespannung UB V Spannung am Kondensator uC V Effektivwert der Wechselspannung Ueff V Drehstromnetz: (Außen-)Leiterspannung UL V Effektivwert der Spannung an der Induktivität UL V Zeitlich veränderliche Spannung an der Induktivität uL V Leiterspannungen im Drehstromnetz UL1, UL2, UL3 V Drehstromnetz: Sternspannung (Spannung zwischen Außenleiter und Neutralleiter) ULN V Spannungsabfall am Widerstand UR V Drehstromnetz: Strangspannung, Strangspannung bei Y-Schaltung UStr, UStrY V Strangspannungen an den Strängen u, v, w uu, uv, uw V Verstärkung V Energie, Arbeit W Ws Wattsekunde Blindarbeit WB vars Voltamperesekunde Kapazitiver Blindwiderstand XC W Induktiver Blindwiderstand XL W Sternschaltung Y Scheinwiderstand (Betrag) Z W Gesamt-Scheinwiderstand (Betrag) Zges W Kreisfrequenz, Winkelgeschwindigkeit w 1/s Dreieckschaltung D Magnetischer Fluss F Phasenverschiebung j Wirkungsgrad h Kreisfrequenz bei Resonanz w0 Nullphasenwinkel des Stromes ji Nullphasenwinkel der Spannung ju Maximalwert (Amplitude) des magnetischen Wechselflusses Fmax Zu berechnende (unbekannte) Größe Index x Vs 1/s Vs Volt Voltsekunde Grundlagen – Wechselstrom 7 Einleitung Dieser zweite Studienbrief des Moduls „Elektrotechnik/Elektronik“ beschäftigt sich mit zeitabhängigen Vorgängen. Dies sind erstens Schaltvorgänge im Gleichstromnetz (Kapitel 1) und zweitens Wechselströme und Wechselspannungen (Kapitel 2). Die Schaltvorgänge sind überall dort von Bedeutung, wo Energiespeicher aufgeladen und entladen werden. Die hier gefundenen Gesetzmäßigkeiten lassen sich auf alle Gebiete der Technik übertragen. Im Kapitel 2 über zeitabhängige Wechselströme werden einleitend die Grundgesetze der Wechselstromtechnik hergeleitet. Dabei werden sinusförmige Wechselströme und Wechselspannungen zugrunde gelegt. Ausgehend von Wechselstromnetzen mit starrer Frequenz, wie dem elektrischen Energieversorgungsnetz, werden auch Netzwerke mit veränderlicher Frequenz betrachtet, wie sie in der Nachrichtentechnik und in der Messtechnik vorkommen. Hier wird auf den Resonanzfall und auf Frequenzfilter eingegangen. Ein weiterer Abschnitt (2.5) erläutert die Energieübertragung durch das Drehstromnetz. Zum Schluss (Abschnitt 2.6) wird auf periodische nicht-sinusförmige Wechselgrößen, die hauptsächlich in der Elektronik vorkommen, eingegangen. Auch hier gilt, was in der Einleitung zu Kuckertz (2014a) gesagt wurde. Es wird angestrebt, trotz aller erforderlichen wissenschaftlichen Exaktheit die komplizierten Verhältnisse der Wechselstromtechnik überschaubar darzustellen. Folgende Studienziele sollen mit diesem Studienbrief erreicht werden: •• Kennenlernen der Schaltvorgänge an Kondensator und Spule, Studienziele •• Kenntnis der wichtigsten Größen der sinusförmigen Schwingungen, •• Anwendung der wichtigsten Grundgesetze der Wechselstromtechnik, •• Kennenlernen von Zeigerdiagrammen, •• Kenntnis von einfachen Frequenzfiltern, •• Kennenlernen des Drehstromnetzes und von Drehstromverbrauchern, •• Darstellung von periodischen nicht-sinusförmigen Wechselgrößen. Das Studienmaterial ist so aufgebaut, dass auf die einzelnen Theorieabschnitte jeweils ein Beispiel folgt. Rechnen Sie dieses Beispiel unbedingt nach. Danach sollten Sie die zugehörige Übungsaufgabe selbst rechnen, ohne vorher im Lösungsanhang nachzusehen. Das Arbeiten mit Zeigerdiagrammen setzt Kenntnisse der Trigonometrie voraus. Sie sollten diese Kenntnisse gegebenenfalls nochmals vertiefen. Dasselbe gilt für die Differenzialrechnung, die beim Arbeiten mit zeitabhängigen Größen unerlässlich ist. HDL 8 Grundlagen – Wechselstrom Literaturempfehlung Ergänzend zum Studienbrief und den Präsenzveranstaltungen werden folgende Bücher empfohlen: –– Bauckholt, H.-J. (2013): „Grundlagen und Bauelemente der Elektrotechnik“. Dieses Buch deckt als „Lernbuch“ in sehr anschaulicher Weise den Inhalt der beiden ersten Studienbriefe ab und ist sehr gut zum Nachschlagen geeignet. –– Führer, A. et al. (2011): „Grundgebiete der Elektrotechnik“, Band 2. Sehr gut beschreibendes Buch; mehr gedacht für angehende Elektroingenieure; aber sehr gut zum Nachschlagen geeignet. –– Fischer, R./Linse, H. (2012): „Elektrotechnik für Maschinenbauer“ gibt ein gutes und anschauliches Übersichtswissen über die gesamte Elektrotechnik; geeignet zur Anschaffung. –– Ose, R. (2008): „Elektrotechnik für Ingenieure“. Der Inhalt deckt die beiden ersten Studienbriefe ab; mehr für Elektroingenieure gedacht; gut geeignet zum Nachschlagen. 1 Schaltvorgänge bei Gleichstrom 1.1 Ein- und Ausschaltvorgänge beim Kondensator Im Abschnitt 2.1 (Das elektrische Feld) des Studienbriefes Kuckertz (2014a) wurde dargestellt, dass in einem geschlossenen Stromkreis, der einen Kondensator enthält, solange ein Strom fließt, wie sich die Spannung am Kondensator verändert. Dies wurde durch folgende Gleichung ausgedrückt: iC = C × duC dt (1.1) C iC uC Bild 1.1Kondensator Dabei sind die Richtungen des Spannungspfeils und des Strompfeils wie in Bild duc 1.1 definiert (Verbraucherzählsystem). Der Differenzialquotient stellt diedt HDL Grundlagen – Wechselstrom Änderung von uc im Zeitabschnitt dt dar. Die Kapazität C wird in Farad angegeben: é Cù = 1F = 1 As ëê ûú V Zur Erinnerung: Zeitlich veränderliche Größen werden mit kleinen Buchstaben bezeichnet, zeitlich konstante Größen erhalten große Buchstaben. 1.1.1 Einschaltvorgang am Kondensator Das Bild 1.2 zeigt eine Schaltung mit einem Widerstand und einem Kondensator in Reihe (RC-Glied). Es soll untersucht werden, wie sich der Kondensator auflädt, wenn zum Zeitpunkt t = 0 der Schalter S geschlossen wird und der Kondensator davor ganz entladen war. Wir wissen, dass der Kondensator nach einiger Zeit, z. B. nach t ∞, ganz aufgeladen ist, d. h., alle Ladungsträger (Elektronen) sind durch das elektrische Feld getrennt und es wird uC = UB . S uR R UB Bild 1.2 C iC uC Aufladen eines Kondensators Berechnung des Einschaltvorgangs Sobald der Schalter S geschlossen wird, gilt die Maschenregel: (1)UB − uC − uR = 0. Mit (2)uR = R · iC und mit Gl. (1.1) (3) iC = C × duC ergibt sich U B -uC - RC × oder uC + RC × duC dt dt duC dt =0 = UB .(1.2) HDL 9 10 Grundlagen – Wechselstrom Definition In Gl. (1.2) hat das Produkt R · C die Dimension der Zeit und stellt eine Konstante dar, die als (Einschalt-)Zeitkonstante Te = R · C (1.3) bezeichnet wird. Damit ist uC + Te duC dt = UB .(1.4) Gl. (1.4) ist eine inhomogene Differenzialgleichung (DGL) 1. Ordnung und beschreibt den Einschaltvorgang eines RC-Gliedes. Die Lösung der DGL (1.4) wird im Folgenden beschrieben: (1) uC + Te duC dt = UB , Trennen der Variablen uC und t: (2) uC - UB = -Te (3) - duC dt duC dt = , Te uC - UB mit uC − UB = x ist duC = dx ; damit wird aus (3): (4) - 1 t = ln x + ln K = ln(uC - UB ) + ln K = ln K(uC - UB ) Te (ln K = Integrationskonstante), da eine Funktion der Zeit gesucht wird: - t (5) e T = K (u - U ) C B e . Bestimmung von K: Bei t = 0 ist uC = 0 (Kondensator vollständig entladen), also in (5): e0 = K (0 − UB) oder K = - 1 (mit UB = konst). UB Eingesetzt in Gl. (5) ergibt sich als Lösung für die DGL (1.4): t æ - ö ç T ÷ uC = UB çç1- e e ÷÷÷ . (1.5) çç ÷ è ø÷ Der Ladestrom ergibt sich aus Gl. (1.5) unter Anwendung von Gl. (1.1) (uC nach t 1 - Te der Zeit ableiten): iC = C × UB × × e oder mit Gl. (1.3) Te iC = UB R - ×e t Te .(1.6) Die Gleichungen (1.5) und (1.6) stellen e‑Funktionen dar, die bei allen technischphysikalischen Vorgängen eine große Rolle spielen. Sie werden daher genauer HDL Grundlagen – Wechselstrom 11 betrachtet. Das Diagramm in Bild 1.3 zeigt die beiden Kurvenverläufe; daneben eine kleine Wertetabelle: uC iC UB iC 0 t uC 0,63 UB 0,37 iC 0 iC 1 Te Bild 1.3 2 Te 3 Te 4 Te 5 Te uC c 0 0 iC 1 Te 0,63 · UB 0,37 · iC 2 Te 0,865 · UB 0,135 · iC 3 Te 0,95 · UB 0,05 · iC 4 Te 0,98 · UB 0,02 · iC 5 Te 0,993 · UB 0,007 · iC 0 0 0 0 0 0 t Einschaltvorgang am Kondensator Zur Konstruktion des zeitlichen Verlaufs der Kondensatorspannung uc: Auf der Asymptoten (hier uc = UB) wird die Zeitkonstante Te abgetragen, ∞ dies ergibt die Anfangssteigung für t = 0. Nach Ablauf einer Zeitkonstanten t = 1Te = RC sind 63 % des Endwertes UB erreicht (0,63 UB), nach t = 3Te kann man den Endwert uc als erreicht betrachten. Merksatz ∞ Der zeitliche Verlauf des Kondensatorstroms iC zeigt den gegensätzlichen Verlauf: U Bei t = 0 fließt der größte Strom iC = B 0 R (Dies ist einzusehen, denn der Kondensator ist noch ganz entladen, und es besteht die größte Spannungsdifferenz zwischen der Spannungsquelle und dem Kondensator.). Nun folgt dieselbe Konstruktion: Abtragen der Zeitkonstanten auf der Asymptoten (hier: ic = 0) für die Anfangssteigung, nach t = 1Te sind 63 % des ∞ Endausschlags erreicht, das sind hier also 0,37 iC . 0 B 1.1 In Bild 1.2 sei UB = 10 V, R = 100 kW, C = 100 nF. Dann ist Te = R × C = 100 × 103 iC = 0 UB R = Beispiel V As × 100 × 10-9 = 10-2 s = 10 ms und A V 10V × A 100 × 103 V = 0, 1 mA . HDL 12 Grundlagen – Wechselstrom Daraus ergibt sich der Kurvenverlauf in Bild 1.4: uC [V] iC [mA] 10 0,1 uC 8 6 4 0,04 2 iC 1020304050 t [ms] Bild 1.4 Aufladevorgang im Beispiel B 1.1 Wenn nach dem Aufladevorgang der Kondensator von der Spannungsquelle getrennt wird, bleibt die Ladungstrennung erhalten; der Kondensator behält also seine Spannung. Es kann daher gefährlich sein, einen gerade vom Netz getrennten Kondensator zu berühren – wie z. B. in Fernsehgeräten, in denen sehr hohe Spannungen vorkommen können. Reale Kondensatoren entladen sich nach längerer Zeit über parasitäre Widerstände. Übungsaufgaben Ü 1.1 Ein vollständig entladener Kondensator mit C = 10 µF wird gemäß Bild 1.2 an eine Gleichspannung von 12 V angeschlossen. Dabei fließt direkt beim Einschalten ein Strom von 0,1 mA. a) Bestimmen Sie den Widerstand R! b) Wie groß ist die Zeitkonstante? c) Skizzieren Sie den Verlauf der Kondensatorspannung und des Kondensatorstroms (mit Maßstab)! d) Wie groß ist die im Kondensator gespeicherte Energie nach dem Aufladen? 1.1.2 Ausschaltvorgang am Kondensator Bild 1.5 zeigt die Schaltung zum Entladen eines Kondensators. Wenn der Schalter S geschlossen wird, entlädt sich der Kondensator über den Widerstand R2. Der Kondensator wirkt als Spannungsquelle (mit abnehmender Spannung, da er sich entlädt), die Stromrichtung am Kondensator kehrt sich um. Da nach Vereinbarung die Zählpfeile für uC und iC in dieselbe Richtung zeigen müssen, wird iC also negativ. HDL Grundlagen – Wechselstrom 13 S iC uR R2 Bild 1.5 C uC Entladen eines Kondensators Berechnung des Ausschaltvorgangs S geschlossen; Maschenregel: (1)uC + R2 · iC = 0 . Mit Gl. (1.1) (2) iC = C × duC dt wird uC + R2 × C × duC dt =0. Hier wird die Ausschaltzeitkonstante Ta = R2 · C definiert. Damit ist uC + Ta × Definition (1.7) duC dt = 0 .(1.8) Die Lösung der homogenen DGL 1. Ordnung (1.8) wird im Folgenden dargestellt: du (1) uC + Ta × C = 0 dt Trennen der Variablen uC und t: (2) uC = -Ta (3) - duC dt dt duC = , durch Integrieren entsteht Ta uC 1 (4) - T t = ln uC + ln K = ln K × uC a ( ) ( ln K – Integrationskonstante) da eine Funktion der Zeit gesucht wird: - (5) e t Ta = K × uC . HDL 14 Grundlagen – Wechselstrom Bestimmung von K (Anfangsbedingung): Bei t = 0 ist uC= UB (Kondensator aufgeladen), also in (5): e0 = (K – UB) 1 . oder K = UB Eingesetzt in Gl. (5) ergibt sich damit als Lösung der DGL (1.8): - uC = UB × e t Ta .(1.9) Den zeitlichen Verlauf von iC(t) berechnet man mit Gl. (1.1) zu iC = - UB - e R2 t Ta .(1.10) Den Verlauf des Ausschaltvorgangs (Entladung) zeigt Bild 1.6: uC iC UB uC 0 1 Ta iC 2 Ta 3 Ta 4 Ta 5 Ta t − iC 0a Bild 1.6 Ausschaltvorgang am Kondensator Die Entladekurve ist ebenfalls eine e‑Funktion und wird genau so konstruiert wie in Bild 1.3. Deutlich ist die Umkehr der Stromrichtung zu erkennen. Beispiel B 1.2 Der 100-nF-Kondensator aus Abschnitt 1.1 wird über einen 50-kWWiderstand entladen; er war vorher auf 10 V aufgeladen. Die Ausschaltzeitkonstante ergibt sich zu Ta = R2 × C = 50 × 103 V As × 100 × 10-9 = 5 ms A V und der Strom direkt zu Beginn des Ausschaltvorgangs zu iC = 0a UB R2 =- 10V × A 50 × 103 V = -0, 2 mA . Den zugehörigen Ausschaltvorgang zeigt Bild 1.7: HDL Grundlagen – Wechselstrom uC [V] iC [mA] uB 8 6 4 uC 2 0 5 10 152025 −0,1 t [ms] iC −0,2 Bild 1.7 Ausschaltvorgang im Beispiel B 1.2 1.2 Ein- und Ausschaltvorgang bei der Induktivität Im Abschnitt 2.2 (Das Magnetische Feld) von Kuckertz (2014a) wurde gezeigt, dass in einer Induktivität dann eine Spannung induziert wird, wenn sich der Strom ändert, ausgedrückt durch die Gleichung uL = L × diL dt .(1.11) Dabei zeigen Strom- und Spannungspfeil in dieselbe Richtung (siehe Bild 1.8). iL L uL Bild 1.8Induktivität Der Differenzialquotient diL dt stellt die zeitliche Veränderung von iL dar. Zur Erinnerung: Vs . Die Induktivität L wird in Henry (H) angegeben, wobei éêëL ùúû = 1H = 1 A HDL 15