SO 11.01.15 | 11 UHR MAGDALENA MÜLLERPERTH (KLAVIER) WERKE VON P. HINDEMITH, F. SCHUBERT, L. V. BEETHOVEN, I. STRAWINSKI PRÄSENTIERT VON: SPARKASSEN-KONZERTE KLASSIK PROGRAMM MAGDALENA MÜLLERPERTH (KLAVIER) PAUL HINDEMITH (1895-1963) KLAVIERSONATE NR. 3 IN B-DUR RUHIG BEWEGT SEHR LEBHAFT MÄSSIG SCHNELL FUGE: LEBHAFT FRANZ SCHUBERT (1797-1828) FANTASIE C-DUR OP. 15 D 760 (WANDERER-FANTASIE) ALLEGRO CON FUOCO MA NON TROPPO ADAGIO PREST ALLEGRO PAUSE LUDWIG VAN BEETHOVEN (1770-1827) SONATE F-MOLL OP. 57 „APPASSIONATA” ALLEGRO ASSAI ANDANTE CON MOTO ALLEGRO MA NON TROPPO IGOR STRAWINSKI (1882-1971) TROIS MOUVEMENTS DE „PÉTROUCHKA“ DANSE RUSSE CHEZ PÉTROUCHKA LA SEMAINE GRASSE Mit der Violinsonate in E und den drei Klaviersonaten von 1935/36 eröffnete Paul Hindemith sein sog. Sonatenwerk, einen Zyklus von Sonaten für jedes erdenkliche Instrument, der ihn bis 1939 beschäftigen sollte. Provoziert durch die Uraufführung der Violinsonate, erging außerdem 1936 das Aufführungsverbot durch die Nazis. Von Hindemiths drei Klaviersonaten nähert sich Nr. 3 am engsten dem klassischen Sonaten-Ideal an und sein Material wird höchst markant und einfallsreich entwickelt. Hindemith vermeidet einen energischen Kopfsatz mit rivalisierenden Themen im Sonatenstil. Die dritte Sonate beginnt vielmehr mit einem lyrischen, ruhig fließenden Satz von fast pastoralem Charakter, der übrigens vorausweist auf das klare, erhabene Idiom von „Nobilissima visione“, der Tanzlegende über das Leben des Heiligen Franz von Assisi, die Hindemith 1937 komponiert hat. Darauf folgen ein energisches Scherzo mit Trio und dann ein Satz in gemäßigtem Tempo, der sich nach einer ruhig schreitenden Introduktion zu einem geschmeidigen, dialogisierenden Fugato entwickelt. Dieser fugierte Stil lässt den Finalsatz ahnen, der die Sonate mit einer granitenen, zielstrebigen Doppelfuge krönt. Das erste Thema ist drahtig und sportlich, das zweite ist als Variation vom Fugatothema des vorigen Satzes abgeleitet. Bei der Klimax werden beide Themen kombiniert, und die Sonate endet in der Stimmung eines hart errungenen Sieges, wobei die Schlusstakte die Grundtonart eindrucksvoll bekräftigen. Der Pianist Walter Gieseking, der jede der Sonaten anschauen konnte, sobald sie im Manuskript vorlag, hielt diese Sonate für die beste von den dreien. Franz Schubert schrieb die „Wanderer-Fantasie“ im Herbst 1822, zu einem Zeitpunkt als er erstmals die Symptome seiner Syphilis-Erkrankung bemerkte. Schon im Frühjahr darauf war er zu schwach, um aus dem Haus zu gehen. Da seine andere Komposition größeren Umfangs, die aus dieser Zeit stammt, die „Unvollendete“-Sinfonie war, könnte man schnell schlussfolgern, dass diese beiden Werke ein Spiegelbild seines Geisteszustands darstellen. Allerdings steht einer solchen Betrachtungsweise der triumphierende Klang der äußeren Abschnitte der Fantasie entgegen. Bemerkenswert ist, dass das Zitat aus Schuberts Lied „Wanderer“ nach einem Gedicht von Georg Philipp Schmidt – und demnach der gesamte zweite Abschnitt der Fantasie – in der Liedtonart Cis-moll erscheint. Das resultierende Nebeneinandersetzen von Tonarten, die einen halben Ton auseinander liegen, ist ungewöhnlich. Eine solche Tonartstruktur wäre für Mozart undenkbar gewesen. Der langsame zweite Abschnitt der „Wanderer-Fantasie“ ist keine einfache Reihe von Variationen – sein Thema ist hierfür zu kurz – sondern ein sich kontinuierlich entwickelndes Stück, das in seiner mittleren Passage eine Reihe von Variationen über sein Liedfragment enthält, in dem die Tonartwechsel von Moll auf Dur nur dazu dienen, die Eindringlichkeit der Musik stärker herauszuheben. Kaum weniger leidenschaftlich ist die Klavierkomposition in den äußeren Abschnitten der Fantasie. Schumann bemerkte in seinem Tagebuch passend, dass „Schubert wollte hier ein ganzes Orchester in zwey Händen vereinen und der begeisterte Anfang ist eine Serapshymne zum Lobe der Gottheit“. Schuberts orchesterhafte Neigungen innerhalb der Struktur sollten nicht nur Einfluss auf die Klavierkompositionen Schumanns haben, sondern auch auf Liszt und Brahms, und es ist schwer, sich viele Pianisten zu Lebzeiten Schuberts vorzustellen, die ihre virtuosen Anforderungen meisterten. Sie scheinen sich jenseits der eigenen beachtlichen Fähigkeiten Schuberts befunden zu haben: Eine Geschichte besagt, daß er beim Spielen der abschließenden Fuge zusammenbrach und vom Klavierhocker aufsprang, indem er ausrief “Es soll der Teufel das Zeug spielen!” Die „Appassionata“ (den Titel fügte der Verleger Cranz beim Erscheinen einer vierhändigen Version 1838 hinzu) war bis zur Entstehung seines op. 106 Ludwig van Beethovens eigene Lieblingsklaviersonate. 1803 hatte er einen Erard-Flügel mit einem erweiterten Umfang von fünfeinhalb Oktaven geschenkt bekommen – einen Umstand, auf den er gleich zu Beginn des Stücks zurückgreift, indem er den tiefsten verfügbaren Ton – das tiefe F – einsetzt. Heutzutage kann dies allzu normal scheinen. Angesichts der Energie und Kraft, die Beethoven inzwischen in seine Werke investierte, ist es nicht verwunderlich, dass das Instrument bis 1810 abgespielt war. Für Czerny handelte es sich bei dieser Sonate um die vollkommenste Ausführung eines mächtigen und kolossalen Plans, und er rät dem Interpreten, außer wenn anders angegeben, streng im Tempo zu bleiben. An zahlreichen Stellen ist man gewohnt, eine Dynamik zu hören, die schlichtweg nicht da ist, oder Temposchwankungen, die nicht vorgegeben sind. Die extremen Bereiche des Klaviers werden besonders wirkungsvoll eingesetzt – zum Beispiel in der Reprise, wenn die linke Hand leise das wiederholte tiefe C trommelt. Das durch die 5. Symphonie berühmt gewordene „Schicksals“-Motiv ist allgegenwärtig und steht im Gegensatz zu dem zweiten Thema, dem jene wundervolle, für Beethoven so typische Wärme und Großzügigkeit innewohnen. Anstatt einen richtigen langsamen Satz zu komponieren, verzögert Beethoven das Geschehen nicht unnötig und schreibt eine Gruppe von Variationen über ein einfaches Thema (das eigentlich gar kein „Thema“ ist, sondern eine Folge von Akkorden). Ferdinand Ries, ein Schüler Beethovens und einer seiner Biographen, hat überliefert, wie der Finalsatz entstand. Ries erschien zum Unterricht, und als er ankam, arbeitete Beethoven irgendetwas am Klavier aus; da das Wetter aber schön war, beschlossen die beiden stattdessen spazie- ren zu gehen. An den Berghängen hörte Ries plötzlich eine Schalmei eine wunderschöne Melodie spielen, er lenkte Beethovens Aufmerksamkeit darauf, doch dieser konnte nichts hören. Stundenlang war er mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt, summte Phrasen vor sich hin und sang laut. Als sie nach Hause zurückkehrten, setzte sich Beethoven sofort ans Klavier und spielte das, was später zum letzten Satz der „Appassionata“ werden sollte. Das erstaunlichste an diesem Satz ist, wie viel von seiner Kraft der Komponist zurückhält, um sie erst ganz am Schluss voll zu entfesseln. Czerny erinnert der Satz an die Wellen des Meeres in einer stürmischen Nacht, während aus der Ferne Notrufe erklingen. Igor Strawinski berichtet in seiner Schrift „Erinnerungen“ (1936): „Bei dieser Arbeit [zu „Pétrouchka“] hatte ich die hartnäckige Vorstellung einer Marionette, die plötzlich Leben gewinnt und durch das teuflische Arpeggio ihrer Sprünge die Geduld des Orchesters so sehr erschöpft, dass es sie mit Fanfaren bedroht. Daraus entwickelt sich ein schrecklicher Wirrwarr, der auf seinem Höhepunkt mit dem schmerzlich-klagenden Zusammenbruch des armen Hampelmannes endet.“ Ursprünglich als konzertantes Stück für Klavier und Orchester konzipiert, wurde Strawinski vom Leiter der „Ballets Russes“, Sergei Djagilew, überzeugt, aus diesem Werk das Ballett „Pétrouchka“ zu machen. Dabei blieben für das Klavier nur Episoden als Orchester-Solo-Instrument übrig. Die „Trois mouvements de Pétrouchka“ für Klavier sind eines der schwierigsten und virtuosesten Werke der Klavierliteratur. Strawinski komponierte die Klaviertranskription 1921 und widmete sie Arthur Rubinstein. BIOGRAFIE Foto: Alexander Basta Magdalena Müllerperth wurde 1992 in Pforzheim geboren und erhielt im Alter von fünf Jahren ihren ersten Klavierunterricht. Mit sieben Jahren wurde sie zunächst Schülerin und ab dem Jahr 2003 Jungstudentin von Prof. Sontraud Speidel an der Staatlichen Hochschule für Musik in Karlsruhe. Von 2007 bis 2010 studierte sie bei Prof. Alexander Braginsky an der Hamline University in St. Paul (Minnesota/USA). Seit Herbst 2010 setzt sie ihre Studien bei Prof. Jerome Rose am Mannes College in New York fort. Mit dem Abschluss des Bachelor wechselte Magdalena Müllerperth an die Universität der Künste Berlin, um mit Professor Klaus Hellwig zu arbeiten und den Master-Degree zu erlangen. Seit 2011 ist Magdalena Müllerperth Stipendiatin der Deutschen Stif- tung Musikleben und der Kunststiftung Baden-Württemberg. 2007 wurde sie Jugendmusikbotschafterin ihrer Heimatstadt Maulbronn. Preise und Auszeichnungen Seit 1999 wurde Magdalena Müllerperth mit über dreißig nationalen und internationalen Preisen ausgezeichnet, u. a. 2002 mit dem 1. Preis in der Kategorie Solo bei „Les Rencontres Internationales des Jeunes Pianistes“ in Vresse sur Semois/Belgien, 2004 mit dem 1. Preis und dem Premio della Critica (RAI) für das beste Klavierspiel aller Teilnehmer beim Concorso Europeo di Musica „Pietro Argento“ in Bari/Italien. 2005 erhielt sie einen ersten Preis beim Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“ und 2008 den 1. Preis bei den „53rd Annual School Music Auditions“ der Young People’s Symphony Concert Association des Minnesota Orchestra in Minneapolis, USA. 2012 gewann sie beim 10. Klavierolymp in Bad Kissingen den 1. Preis und den Publikumspreis und im April 2014 den 1. Preis bei den „Nadja Reisenberg Auditions“ in New York. In den letzten Jahren konzertierte Magdalena Müllerperth in Deutschland, Dänemark, Belgien, Italien, Österreich, Tschechien, Russland und Frankreich sowie in der Schweiz, der Ukraine und den USA. 2008 trat sie als Solistin mit dem Minnesota Orchestra unter der Leitung von Marc Russel Smith und mit den Stuttgarter Philharmonikern unter Leitung von Simon Gaudez auf. Seit 2009 gab sie Klavierabende unter anderem im Rahmen der Maulbronner Klosterkonzerte, in der Stuttgarter Liederhalle, beim Schleswig-Holstein Musik Festival, im Sendesaal Bremen, im Franziskaner Konzerthaus in Villingen-Schwenningen und beim Kammermusik Festival in Dresden. Als Solistin konzertierte sie mit so namhaften Orchestern wie der George Enescu Philharmonie im Atheneum Bukarest, der Baden-Badener Philharmonie im dortigen Festspielhaus, der Tschechischen Philharmonie beim Kissinger Sommer sowie 2014 mit dem Staatsorchester Braunschweig und im Dezember 2014 mit den Stuttgarter Philharmonikern. Im Juni 2015 gastiert sie mit diesem Orchester erneut in Stuttgart und Mailand. Ihre dritte CD, ein Konzertmitschnitt aus dem Sendesaal Bremen, mit Werken von Schubert, Beethoven, Chopin, Berg und Brahms, ist 2013 erschienen. SPARKASSEN-KONZERTE KLASSIK JUNGES PODIUM 23.11.14 BERLIN COUNTERPOINT WERKE VON A. DAN, G. CONNESSON, L. V. BEETHOVEN U. A. 11.01.15 MAGDALENA MÜLLERPERTH (KLAVIER) KLAVIERWERKE VON HINDEMITH, SCHUBERT, BEETHOVEN & STRAWINSKI 19.04.15 DUO KOYAMA-MÜLLER DONAUFAHRT – WERKE VON W. A. MOZART, L. V. BEETHOVEN U. A. 10.05.15 DOVER QUARTET WERKE VON W. A. MOZART, K. SAARIAHO UND E. GRIEG