Untersuchungen zur endogenen mikrobiellen Kontamination von

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Arch. Geflügelk. 1998, 62 (2), 49-54, ISSN 0003-9098. © Verlag Eugen Ulmer GmbH & Co„ Stuttgart
Untersuchungen zur endogenen mikrobiellen Kontamination von EntenSchlachtkörpern (Moschusenten) durch prämortale Belastungen unter
besonderer Berücksichtigung einer Zinkbacitracinbeigabe im Mastfutter
lnvestigating stress-induced endogenous microbial contamination of Muscovy ducks in connection with feeding
Zinc-bacitracin
Ute Mengert, K. Fehlhaber und A.-A. Arwana
Manuskript eingegangen am 22. September 1997
Einleitung
Mikrobielle Kontaminationen bei Schlachttieren sind grundsätzlich auf endogenem und exogenem Wege möglich. Während die exogene Kontamination postmortal erfolgt und ein
Problem der Schlacht- und Verarbeitungshygiene darstellt,
sind die intra vitam entstehenden endogenen Kontaminationen
vor allem eine Folge prämortaler Belastungen.
In diesem Zusammenhang sind insbesondere das Ausstallen,
Be- und Entladen, Transporte oder Infektionskrankheiten der
Tiere ätiologisch bedeutsam, wodurch es infolge der Beeinträchtigung der Darmbarriere zur Translokation von Mikroorganismen aus dem Darm in die Lymph- und Blutbahn kommen kann (BERG, 1983).
Bislang liegen nur wenige Arbeiten über das Entstehen belastungsinduzierter endogener Kontaminationen bei Schlachttieren vor (MARSCHANG, 1986). STRYCZEK (1992) konnte Transportbelastungen als Verursacher für endogene Kontaminationen
bei Schlachtschweinen nachweisen. M ENGERT und F EHLHABER
(1996) fanden ähnliche Zusammenhänge bei transportbelasteten Schlachthähnchen. Experimentell konnte eine bakteriämische Verbreitung von M ikroorganismen bei Labortieren
(Ratte, Maus) rasch ausgelöst werden (ScHLEWlNSKI, 1970). Inwieweit es durch prämortale Belastungen zu einer endogenen
Kontamination kommt, wurde bei Schlachtenten noch nicht
untersucht.
International gewinnt der Einsatz streßhemmender Wirkstoffe in der Tierzucht und -haltung immer mehr an Bedeutung. Sie dienen vorwiegend der Verbesserung der Tiergesundheit und der Mast- bzw. Legeleistung verschiedener
Nutztierarten, insbesondere unter Belastungszuständen. Auch
Zinkbacitracin besitzt nach MÄNNER und WANG (1991) u. a.
eine streßdämpfende Wirkung. KAEMMERER und K1 ETZMANN
(1983) stellten nach durchgeführten Laborversuchen an Ratten
die Anti-Streß-Hypothese auf, nachdem sie bei Zinkbacitracingabe einen niedrigeren Katecholamin- und Corticosteronspiegel im Blutserum nachweisen konnten. Einflüsse sind
prinzipiell auch auf die Zusammensetzung der Intestinalflora
bekannt (WANG und D AVIDSO , 1992). Bacitracin, produziert
von Bacillus licheniformis- und Bacillus subtilis-Stämmen, ist
ein Polypeptid aus 12 Aminosäuren. Zur Erhöhung der Molekü lstabilität wird es mit Zink gekoppelt. Die Hauptwirkung
des Zinkbacitracins liegt in der positiven Beeinflussung der
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Verdauungsvorgänge infolge einer selektiven antimikrobiellen
Wirksamkeit vor allem gegen grampositive Keime. Dieser Effekt spiegelt sich auch bei Streß unterschiedlichster Art, wie
z.B. Hitzebelastung (ÜcHETIM, 1994), Umstallungen, Transport (KETTLEWELL, 1989) oder Futterwechsel wider. Vorwiegend kommt es zur Senkung der Tierverluste, zur Verbesserung der Futterverwertung und des Energieumsatzes (MANNER
und BRONSCH, 1987), zur Erhöhung der Lebendmassezunahme
sowie der Legeleistu ng bei Hennen. Nicht untersucht wurde
bisher die Wirkung von Zinkbacitracin auf die endogene mikrobielle Kontamination des Schlachtgeflügels.
In Deutschland ist derzeit der Einsatz von Zinkbacitracin
als Futterzusatzstoff für Mastenten nicht zugelassen.
Das Ziel der eigenen Untersuchungen bestand in der Prüfung des Einflusses prämortaler Belastungen auf die endogene
Kontamination bei Schlachtenten. Weiterhin sollte untersucht
werden, ob durch den Einsatz von Zinkbacitracin als Futterzusatzstoff die Streßwirkung auf die Tiere gedämpft wird und
auf diesem Wege eine Reduzierung der endogenen Kontaminationsprozesse erreicht werden kann. Dabei wurde grundsätzlich von der Erwartung ausgegangen, daß gesunde, unbelastete Tiere intra vitam normalerweise keimfreie Organe und
Muskulatur aufweisen.
Eigene Untersuchungen
Untersucht wurde der mikrobiologische Status geschlachteter
Moschusenten nach prämortaler Transportbelastung einerseits
und nach erfolgter Thermobelastung während der Aufzucht
und zusätzlicher Transportbelastung andererseits. Außerdem
sollte der Einfluß von Zinkbacitracin als Futterzusatzstoff getestet werden; jeweils die Hälfte der belasteten Tiere erhielt
eine Zinkbacitracinzufütteru ng. D ie Untersuchungen erfolgten
nach dem in Abbildung 1 dargestellten Schema.
Material und Methoden
Tiere
Die Untersuchungen wurden mit insgesamt 293 Moschusenten im Alter von 52 Tagen durchgeführt. Entsprechend der
Versuchsdurchführung wurden die Tiere in Versuchsgruppen
eingeteilt (siehe Abbildung!).
SO
MENGERT et al., Untersuchungen von Enten-Schlachtkörpern unter Berücksichtigung einer Zinkbacicracinbeigabe im Mastfutter
Moschusente n
n = 293
----------1---------------
r·
Versuchsgruppe 1
/~
Tiergruppe 1a
n• 75
nergruppe 1b
n • 75
Kontro ll gruppe
Thermobelastung und
Transportbe lastung
keine prämortalen
Belastungen
T
Transportbelastung
·r
Versuchsgruppe 2
/~
Mikrobiologische Untersuchung der Proben
Tiergruppe 2a
nergruppe 2b
n• 50
n•SO
ohne ZBA·
m ltZBA•
ohne ZBA•
• Zlnkbacitracin als Futterzusatzstoff
Nach bauchseitiger Durchtrennung der Haut wurden durch
gezielte Schnittführung die Beine freipräpariert und im Bereich des Hüftgelenkes abgetrennt. Im folgenden wurde die
Leibeshöhle mittels Schere eröffnet, um Leber und Milz entnehmen zu können. Das Probenmaterial wurde in sterilen
Glasbehältnissen unverzüglich in das benachbarte Untersuchungslabor gebracht, so daß die mikrobiologische Untersuchung wenige Minuten nach der Schlachtung erfolgen
konnte.
ohne ZBA·
mit ZBA•
Abb. 1. Schema zum Versuchsablauf
Scheme of the experiments
Tiere einer Gruppe stammten jeweils aus derselben Stallung
und wurden unter gleichen Aufzuchtbedingungen (Besatzdichte, Stallklima usw.) gehalten. Zum Versuchszeitpunkt
waren sie klinisch gesund.
Fütterung
Die Fütterung und Tränkung der Enten erfolgte ad libidum;
das pelletierte Entenmastfutter stand in Futterautomaten bereit; die Tränke erfolgte über Ventilrundtränken.
Die Zinkbacitracingabe erfolgte du~ch Beimischung von
50 µg Zinkbacitracin/kg Entenmastfutter (Hersteller: Alpharma-Animal Health Division, Oslo, Norway; Vertrieb: Lohmann Animal Health GmbH & Co. KG, Cuxhaven, BRD).
Transport
Alle der Transportbelastung ausgesetzten Versuchstiere wurden aus den Stalleinheiten entnommen, in Transportkäfige
(Besatzdichte: 10 Tiere/Käfig) verbracht und auf ein Tiertransportfahrzeug mit geschlossener Ladefläche geladen. Eine
ausreichende Luftventilation war durch die Anordnung der
Transportkäfige auf dem Boden gegeben. Die Transportdauer
betrug 3 h, die durchschnittliche Temperatur 20 °C.
Thermobelastung
Die Tiere der Versuchsgruppe 2 wurden ab dem 14. Lebenstag
einer erhöhten Umgebungstemperatur ausgesetzt. Die Stalltemperatur betrug am Tag durchschnittlich 33 °C und nachts
25 °C.
Schlachtung
Sämtliche Tiere wurden unmittelbar vor der Schlachtung einzeln aus der Stallung bzw. dem Transportkäfig entnommen.
Die Tötung erfolgte durch sofortige Dekapitation ohne vorherige Betäubung mit anschließender Entblutung. Eine weitere
schlachttechnische Bearbeitung (Rupfen usw.) wurde nicht
vorgenommen. Auf eine gewerbeübliche Schlachtung mußte
verzichtet werden, um die während des Schlachtprozesses
normalerweise auftretenden sekundären Kontaminationen auszuschließen.
Entnahme der Proben
Unmittelbar nach dem Blutentzug wurden bei jedem Tier die
Leber, die Milz sowie eine Muskelprobe (gesamter Oberschenkel) entnommen.
Das Ziel bestand in der Feststellung originär vorhandener
Keime im Inneren der Organ- und Muskelproben. Bei sämtlichen Proben wurde Material steril aus der Tiefe entnommen,
nachdem sie oberflächlich bis zur Denaturierung abgeflammt
worden waren.
Die mikrobiologische Untersuchung erfolgte sowohl im direkten Ausstrichverfahren als auch durch nichtselektive Anreicherung, um sehr geringe Keimmengen noch erfassen zu
können. Im Direktausstrich wurden Blutnähragar und Wasserblau-Metachromgelb-Laktose-Saccharose-Agar (Fa. Merck,
Art.-Nr. 1218) beimpft. Als Anreicherungsmedium diente
Nährbouillon (Fa. Merck, Art.-Nr. 5443). 10 ml Nährbouillon
wurden mit 0,5 g Probenmaterial (erbsengroßes Stück) versetzt. Nach 24stündiger Inkubation wurde die Bouillon auf
die genannten Nährböden ausgestrichen. Zum Nachweis anaerober Sporenbildner wurde in gleicher Weise ThioglykolatBouillon (Fa. Merck, Art.-Nr. 8190) inokuliert und anaerob
bebrütet; die Inkubationstemperatur betrug 37 °C. Die kulturmorphologischen, biochemischen und serologischen Differenzierungen (Bergey's Manual of Systematic Bacteriology, 1984)
erfolgten nach 24 und 48 h Inkubationszeit. Die Bewertung
erfolgte qualitativ.
Ergebnisse
Die Untersuchungsergebnisse sind in den Tabellen 1-3 zusammengefaßt. Tabelle 1 liefert einen Überblick über sämtliche
Untersuchungsergebnisse; sie enthält eine detaillierte Aufstellung der Ergebnisse aller untersuchten Tiergruppen. Die Tabellen 2 und 3 resultieren aus Tabelle 1 und stellen gemäß der
Fragestellung insbesondere die Wirkung der Einflußgrößen prämortale Belastung und Zinkbacitracin als Futterzusatzstoff dar.
Beim Vergleich der Kontaminationsraten ist festzustellen,
daß die Schlachttierkörper und Organe der nicht belasteten
Kontrolltiere generell weniger endogen kontaminiert waren
als die der belasteten Versuchstiere. Dabei schwankte das Vorkommen kontaminierter Organ- und Muskelproben bei den
transport- und hitzegestreßten Gruppen, besonders in Abhängigkeit von der Zinkbacitracinzufütterung, zwischen 42,7%
und 68,0% der untersuchten Tiere. In Tabelle 2 stellt sich dieses Resultat besonders deutlich dar. Hier wurden sämtliche,
wenn auch unterschiedlich belastete, Versuchstiere in einer
Gruppe zusammengefaßt und den unbelasteten Kontrolltieren
gegenübergestellt. Die Versuchstiergruppe insgesamt wies eine
unerwartet hohe Kontaminationsrate auf; bei 55,6% der Tiere
wurden bakteriell kontaminierte Proben nachgewiesen und
bei 9,6% der belasteten Moschusenten wurde jeweils die gleiche Bakterienspezies in Leber, Milz und Muskulatur gefunden. Dagegen waren nur insgesamt 23,2% der Proben der
Kontrolltiere mikrobiell belastet, bei nur einem Tier waren
Keime in den Organen und der Muskulatur verbreitet. Somit
war die Kontrollgruppe signifikant geringer kontaminiert (X2 Test, p :<::: 0,001).
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MENGERT et al., Untersuchungen von Enten-Schlachtkörpern unter Berücksichtigung einer Zinkbacitracinbeigabe im Mastfutter
Tabelle 3 stellt einen Vergleich des mikrobiologischen Status
der prämortal belasteten Tier mit Zinkbacitracinbeigabe zum
Futter (Gruppen 1bund2b) und der belasteten Tiere ohne Zinkbacitracingabe (Gruppen 1a und 2 a) dar. Es ergibt sich eine signifikant niedrigere endogene Kontaminationsrate (p :::; 0,001)
der Tiere mit Zinkbacitracinzusatz im Futter. Dies spiegelt sich
auch innerhalb der Versuchstiergruppe 1 mit Transportbelastung und innerhalb der Versuchstiergruppe 2 (zusätzliche
Temperaturbelastung während der Aufzucht) wider (siehe Tabelle 1); in beiden Versuchstiergruppen erwiesen sich Tiere
ohne Zinkbacitracinzufütterung als häufiger kontaminiert.
Keine signifikanten Unterschiede existieren dagegen zwischen den Ergebnissen der Gruppen 1 und 2. Sämtliche 250
Versuchstiere waren einer prämortalen Transportbelastung
ausgesetzt, die offensichtlich eine dominante Ursache für das
gehäufte Auftreten endogener mikrobieller Kontaminationen
Tabelle 1. Detaillierte Aufstellung der Untersuchungsergebnisse aller untersuchten Tiergruppen
Detailed results of all animal groups
Häufigkeit des Keimnachweises
Moschusenten
Tiergruppe/ Anzahl
Belastungs- und
Fütterungsart
Anzahl der
kontaminierten Tiere
insgesamt
Anzahl der Tiere mit
kontaminierter Leber,
Milz und Muskulatur
Anzahl der Tiere
mit kontaminierten Organproben
Leber
Milz
Kontrolltiere
n = 43
keine Belastungen
ohne ZBA'-·
10
(23,2 % )
(2,3%)
7
(16,3% )
2
(4,6 % )
Versuchsgruppe 1a
n = 75
Transportbelastung
ohne ZBA*
49
(65,3%)
9
(12,0%)
27
(36,0 % )
(17,3%)
Versuchsgruppe 1 b
n = 75
Transportbelastung
mit ZBA*
32
(42,7 % )
4
(5,3% )
21
(28,0% )
7
(9,3 % )
Versuchsgruppe 2 a
n = 50
Thermo- und Transportbelastung ohne ZBA'-·
34
(68,0% )
6
(12,0% )
19
(38,0% )
9
(18,0 % )
Versuchsgruppe 2 b
n = 50
Thermo- und Transportbelastung mit ZBA"·
24
(48,0 % )
5
(10,0% )
15
(30,0 % )
4
(8,0 % )
13
• Zinkbacitracin als Futterzusatzstoff
Tabelle 2. Einfluß der prämortalen Belastung auf die endogene mikrobielle Kontamination bei Moschusenten
Jnfluence of pre-mortal stress on endogenous microbial contamination of M uskovy ducks
Moschusenten
Ko ntrolltiere
keine prämortale Belastung
n = 43
Versuchstiere
prämortale Belastung
n = 250
Häufigkeit des Keimnachweises
Anzahl der
kontaminierten Tiere
insgesamt
Anzahl der Tiere
mit kontaminierter Leber,
Milz und Muskulatur
An zahl der Tiere
mit kontaminierter Leber
und/ oder Milz
10
(23,2 % )
(2 ,3%)
(20,9 % )
24
(9,6% )
115
(46,0%)
139
(55,6% )
9
Tabelle 3. Einfluß der Zinkbacitracinbeigabe zum Futter auf die endogene mikrobielle Kontamination bei prämortal belasteten Moschusenten
Jnfluence of zinc-bacitracin as feed additiv e on endogenous microbial contamination of pre-mortally stressed Muskovy ducks
Moschusenten
Häufigkeit des Keimnachweises
Anzahl der
kontaminierten Tiere
insgesamt
Anzahl der Tiere
mit kontaminierter Leber,
Milz und Muskulatur
Anzahl der Tiere
mit kontaminierter Leber
und/ oder Milz
Versuchstiere ohne ZBA'-·
n = 125
83
(66,4%)
15
(12,0% )
68
(54,4 % )
Versuchstiere mit ZBA"·
n = 125
56
(44,8)
9
(7,2 % )
47
(37,6 % )
• Zinkbacitracin als Fu nerzusatzsto ff
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52
MENGERT et al., Untersuchungen von Enten-Schlachtkörpern unter Berücksichtigung einer Zinkbacitracinbeigabe im Mastfutter
darstellt; die zusätzliche Thermobelastung spielte hier nur eine
untergeordnete Rolle.
Aus den Untersuchungsergebnissen war weiterhin abzuleiten, daß die Organe Leber und Milz weitaus häufiger bakteriell kontaminiert waren als die Muskulatur; die Leber war das
am meisten kontaminierte Organ.
Am häufigsten wurden Keime aus den Familien Enterobacteriaceae, Micrococcaceae und Bacillaceae nachgewiesen. Die
gleichzeitige Kontamination von Leber, Milz und Muskulatur
erfolgte vorwiegend durch Mikrokokken (13mal); in 6 Fällen
wurden Escherichia coli, in 3 Fällen Staphylokokken, in 2 Fällen Proteus und einmal Laktobazillen gleichzeitig in den Proben eines Tieres gefunden. Salmonellen wurden nicht isoliert,
Staphylococcus aureus-Keime bei einem Tier der Versuchsgruppe 1 in den Organen Leber und Milz. Clostridium perfringens konnte in den Organen von 13 Tieren ohne und bei
2 Tieren mit Zinkbacitracingabe nachgewiesen werden.
Diskussion
Trotz optimaler Gestaltung der technologischen Abläufe in
den modernen Geflügelschlachtlinien ist eine mikrobielle
Kontamination der Tierkörper nicht vermeidbar. Nach den
Ergebnissen dieser Untersuchungen ist auch die endogene
Kontamination für die bakterielle Belastung ursächlich mitverantwortlich.
Sekundäre, exogene Kontaminationen waren in den Versuchen durch das Umgehen des üblichen Schlachtprozesses und
die sofortige Probennahme und -bearbeitung nach Tötung der
Tiere auszuschließen. So entfielen beispielsweise mit dem Brühprozeß, dem Rupfen und der Eviszeration Arbeitsschritte, die
normalerweise ein hygienisches Risiko in sich bergen.
Die Untersuchungsergebnisse wiesen eine unerwartet hohe
Kontaminationsrate der Tiere aus. Die 250 Versuchstiere besaßen unabhängig von der Art der Belastung eine Kontaminationsrate von insgesamt 55,6%. Selbst bei der Kontrollgruppe
waren bei 23,2% der Tiere keimhaltige Proben nachzuweisen.
Ähnliche Ergebnisse konnten bereits bei Masthähnchen erzielt werden (MENGERT und F EH LHABER, 1996). Bei insgesamt
49,7% transportbelasteter Hähnchen wurden endogen kontaminierte Proben nachgewiesen; 10,0% der Muskelproben
waren keimhaltig. Bei den Hähnchen der Kontrollgruppe
ohne induzierte Belastungszustände dagegen waren 26,0% der
Tiere und darunter nur 4,0% der Muskelproben bakteriell
kontaminiert.
Bislang existieren nur wenige Arbeiten über das Entstehen
belastungsinduzierter endogener Kontaminationen bei Schlachttieren, so daß über ihre Bedeutung für den mikrobiologischen
Status des Fleisches kaum Erkenntnisse vorliegen.
Offensichtlich besteht aber ein direkter Zusammenhang
zwischen prämortalen Belastungszuständen und dem Grad
der bakterielJen Kontamination der Schlachttierkörper. Streßzustände, wie beispielsweise erhöhte Umgebungstemperaturen
während der Mast, der Transport zum Schlachthof und alle
mit dem Schlachtprozeß in Zusammenhang stehende Handlungen können nach C RAVEN und H uRST (1982) zu einer bakterielJen Besiedlung der Organe und mitunter auch der
Muskulatur bei Schlachtschweinen führen. Ein direkter Zusammenhang besteht auch zwischen Streß und einer Beeinträchtigung der allgemeinen Infektabwehr bei Hühnerküken
(TUFFT und N oc1ms, 1991 ). So sind bei Hitzestreß beispielsweise die Antikörperproduktion und das Phagozytosepotential von Broilern eingeschränkt (FERKET und Q uRESH1, 1992).
Auch das Umstallen von Geflügel (Co RK1s1-1 et al., 1994), induzierte Mauser oder Futterentzug beeinflussen die Infekt-
abwehr. Daneben können Belastungen zu Störungen des
mikrobiellen Gleichgewichtes im Darm führen, so daß sich
bei Hühnern insbesondere die intestinale Ausscheidungsrate
von Salmonellen erhöhen kann (B ARROW et al., 1984; H oLT,
1993).
Bei den untersuchten Moschusenten stellten wahrscheinlich
das Ausstallen aus dem Herkunftsbestand und der Transport
gravierende prämortale Belastungen dar, die sich im gehäuften
Entstehen endogener Kontaminationen widerspiegelten. Während des Transportes von Broilern sind neben dem Temperaturverlauf auch die Sauerstoffversorgung und der mögliche
Schadgaseinfluß als Belastungsfaktor bedeutsam (Gsc1-1WJNDT
und EHINGER, 1978; M1TCHEL et al„ 1992).
Aus den Ergebnissen ist weiter abzuleiten, daß Leber und
Milz häufiger als die Muskulatur besiedelt waren. Die Leber
war das am meisten kontaminierte Organ. Es liegt nahe anzunehmen, daß Mikroorganismen durch Translokation aus dem
Darm in die Blutbahn und zunächst in die Leber gelangen,
wie das BERG und O wENS (1979) bei Labormäusen zeigen
konnten.
Der Vergleich der Versuchstiergruppen mit und ohne Zinkbacitracinbeigabe macht den positiven Effekt des Zinkbacitracins auf die endogene mikrobielle Belastung deutlich. Von den
prämotal belasteten Versuchstieren, die kein Zinkbacitracin als
Futterzusatzstoff erhielten, waren insgesamt 66,4% mikrobiell
kontaminiert; Tiere mit Zinkbacitracin im Futter waren nur
zu 44,8% bakteriell belastet. Diese Wirkung ist gleichermaßen
innerhalb der Versuchsgruppen 1 und 2 feststellbar. Die signifikanten Unterschiede waren sowohl bei der Kontamination
von Leber und Milz als auch bei der Keimbesiedlung der
Muskulatur zu beobachten.
Offensichtlich kann durch den gezielten Einsatz von Zinkbacitracin das Auftreten endogener mikrobieller Kontaminationen gesenkt werden, woraus eine weitere Einsatzmöglichkeit abgeleitet werden könnte. Nach BERNSTEN (1994) besteht
die Aktivität von Zinkbacitracin vor allem in der Beeinflussung der Intestinalflora, der Veränderung der Darmwandstruktur, der Verbesserung der Futterverwertung und der
Tiergesundheit sowie der Reduzierung von Streßzuständen.
BRONSCH et al. (1991) beschrieben die reduzierende Wirkung
der Zinkbacitracinfütterung auf die Folgen des Hitzestresses
bei Hühnern. Zum Wirkungsmechanismus liegen bereits Untersuchungen vor, die sich insbesondere mit der Wirkung auf
die Eiweißsynthese beschäftigen (K1ETZMANN, 1984 a, b; KA EMMERER und K1 ETZMANN, 1986 ). Danach entfalten Bacitracinfragmente einen dem Gesamtmolekül entsprechenden Effekt.
Untersuchungen an Ferkeln zeigten, daß eine intestinale Absorption nicht besteht bzw. nur äußerst gering ist (FR0YSHOV
et al., 1986).
Bemerkenswert erscheint auch die Nachweisrate von Clostridium perfringens-Keimen. Bei 13 Moschusenten ohne
Zinkbacitracingabe wurde Clostridium perfringens aus den
Organen Leber und Milz isoliert, dagegen gelang der Nachweis dieses Keimes nur in der Leber von 2 Tieren aus der
Gruppe mit Zinkbacitracinzufütterung. Seit Jahren nutzt man
in der Tierzucht und -haltung die hemmende Wirkung von
Zinkbacitracin auf die Vermehrung von Clostridium perfringens, um somit Einfluß auf die Entstehung der Enteritis necroticans zu nehmen. Einen Hemmeffekt besitzt Zinkbacitracin aber auch auf die Kolonisation von Salmonellen bei
Hühnerküken (HuMBERT et al„ 1991), besonders in Kombination mit anderen Antibiotika.
Resultierend aus den eigenen Untersuchungsergebnissen
läßt sich schlußfolgern, daß grundsätzlich mit einer relativ hohen, endogen entstehenden bakteriellen Kontaminationsrate
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MENGERT et al., Untersuchungen von Enten-Schlachtkörpern unter Berücksichtigung einer Zinkbacitracinbeigabe im Mastfutter
bei Schlachtenten gerechnet werden muß. Dabei stellt der
Tiertransport offensichtlich eine wichtige Ursache für das Entstehen mikrobieller Translokationen dar.
Die bakteriologischen Untersuchungen wurden qualitativ
durchgeführt, so daß eine Aussage über die in Gewebe translozierten Keimmengen nicht möglich ist. Da die Keimnachweise jedoch in den meisten Fällen erst nach Anreicherung
der Proben in geeigneten Nährmedien gelangen, ist anzunehmen, daß die Keimkonzentrationen sehr gering waren. Dennoch sind die endogenen Kontaminationen aus lebensmittelhygienischer Sicht von Bedeutung, denn unter den
Kontaminanten ist das Auftreten pathogener Keime, die im
Darm des Geflügels häufig nachzuweisen sind (z. B. Salmonellen, Campylobacter-Keime), nicht auszuschließen.
Die konsequente Reduzierung belastender Tiertransporte ist
deshalb nicht allein eine Forderung des Tierschutzes, sondern
gleichermaßen ein Problem des gesundheitlichen Verbraucherschutzes.
Durch die Verabreichung von Zinkbacitracin zum Futter
kann die Häufigkeit des Auftretens endogener mikrobieller Belastungen gesenkt werden. In weiteren Untersuchungen, auch
an anderen Tierarten, sollte diese Wirkung Bestätigung finden.
53
and to what extend pre-mortal stress can lead to Muscovy
ducks being endogenously contaminated. Further investigation was carried out in order to see wether feeding zinc-bacitracin can ease stress and thus reduce the process of endogenous contamination.
250 Muscovy ducks at the age of 52 d were exposed to different stress situations (3 h transport at about 20 °C, thermal
stress by increased temperature beginning at the age of 14 d)
and were then tested on their microbial status after slaughter.
43 ducks served as a control group. Half of the animals investigated had been given additional zinc-bacitracin with a concentration of 50 µg/kg feed.
All animals were killed by decapitation. Microbial examination of musculature, liver, and spieen followed immediately
afterwards.
The rate of contamination of the pre-mortally stressed
Muskovy ducks (55,6%) was significantly higher than the rate
of the control group (23,2%). Obviously there seems to exist
a connection between pre-mortal stress and the level of bacterial contamination of the carcasses, with animal transport
being the major stress factor in comparison with the thermal
stress.
The use of zinc-bacitracin lead to a significantly lower rate
of endogenous contamination of the organ and muscle samples.
Zusammenfassung
Das Entstehen endogener mikrobieller Kontaminationen bei
Schlachttieren kann durch prämortale Belastungszustände induziert werden. Bei Schlachtenten liegen dazu bisher keine
Untersuchungen vor. Es wurde geprüft, ob und in welchem
Umfang prämortale Belastungen bei Moschusenten zu endogenen Kontaminationen führen. Des weiteren wurde untersucht, ob durch die Verabreichung von Zinkbacitracin die
Streßwirkung gedämpft wird und auf diesem Wege eine Reduzierung der endogen entstehenden Kontaminationen erreicht
werden kann.
Bei insgesamt 250 Moschusenten im Alter von 52 Lebenstagen wurde der mikrobiologische Status der geschlachteten
Tiere nach verschiedenen Belastungszuständen (dreistündiger
Transport bei ca. 20 °C, Thermobelastung durch erhöhte Stalltemperatur ab dem 14. Lebenstag) ermittelt. 43 Enten dienten
als Kontrollgruppe. Die Hälfte der prämortal belasteten
Versuchstiere erhielt ab dem 14. Lebenstag bis zum Mastende
Zinkbacitracin als Futterzusatzstoff in einer Konzentration
von 50 ~tg/kg Entenmastfutter.
Sämtliche Versuchstiere wurden durch Dekapitation ohne
vorherige Betäubung getötet. Unmittelbar darauf fo lgte die
mikrobiologische Untersuchung der Muskulatur, der Leber
und der Milz.
Die prämortal belasteten Moschusenten wiesen mit 55,6%
eine signifikant höhere Kontaminationsrate als die Kontrollgruppe (Kontaminationsrate 23,2%) auf. Offensichtlich besteht ein Zusammenhang zwischen prämortalem Streß und
dem Grad der bakteriellen Kontamination der Schlachttierkörper. Dabei ist der Tiertransport ein bedeutsamer Belastungszustand; die zusätzliche Thermobelastung dagegen besaß keine nennenswerte Auswirkung.
Durch den Einsatz von Zinkbacitracin konnte eine signifikant niedrige re endogene Kontaminationsrate der Organ- und
Muskelproben erzielt werden.
Summary
Endogenous microbial contamination of slaughter animals can
be induced by pre-mortal stress situations. There are no investigations on slaughter ducks. lt was therefore tested wether
Archiv für Geflügelkunde 2/ 1998
Stichworte
Ente, Haltung, Transport, Schlachtung, Belastung, Schlachtkörper, Kontamination, Mikroorganismen, Futter, Zinkbacitracin
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Anschri ft der Autoren: Dr. Ute Mengert, Prof. D r. K. Fehl habe r, Dr. A.-A. Arwana, Institut
für Lebensmittelhygiene, Veterinärmedizinische Fakultät Leipzig, Margarete-Blank-Str. 4,
D-01403 Leipzig
Archiv für Geflügelkunde 2/ 1998
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