„Zwei Parallelen“ oder „eine Welt“? Islam und Europa – Wie passt das zusammen? Wir Jugendlichen sind eine „Brainwashing Generation“, durch Medien wird unsere Meinung sehr stark beeinflusst. Somit ist es unser Ziel Jugendliche über das Thema „Islam und Europa“ zu informieren. Anhand einiger anschaulicher Hintergrundartikel, einer Umfrage unter Schüler*innen und von zwei Interviews, möchten wir euch die unterschätzte und leider oftmals unverstandene Kultur etwas näherbringen. Eine beliebte Redewendung besagt, man solle ein Buch nicht nach seinem Einband bewerten. Genauso ist es mit dem Islam. Es ist wichtig, seine Geschichte, seine Hintergründe und die jetzige Situation zu kennen, damit man auch seine Meinung dazu äußern kann. Es ist klar, dass der Islam im Vergleich zu den europäischen Kulturen auf den ersten Blick unterschiedliche Werte und Normen hat, aber auch Gemeinsamkeiten sind existent und zu beachten. Inhalt: Eine Umfrage zum Thema „Islam“……………… 2 Entstehung und Frühgeschichte des Islam … 3 Kulturelle Gemeinsamkeiten von „Orient“ und „Okzident“…………………………………………… 4 Interview mit der Mitarbeiterin einer Flüchtlingseinrichtung ……………………………….. 5 Interview mit einer islamischen Religionspädagogin ………………………..…………. 6 Islamfeindlichkeit in Europa ………………………. 7 Ein Quiz zum Schluss ……………………………….…. 8 Nach wie vor ist das Thema Flüchtlinge sehr umstritten, viele sehen nur die zusätzlichen Kosten, die sie verursachen. Aber warum flüchten diese Menschen? Was muss einen Menschen dazu bringen, um seine Heimat zu verlassen? Sie haben keine Wahl, und wenn wir mal ehrlich sind, würden wir in derselben Situation auch eine fürsorgliche Hilfe erwarten. Aber nicht nur dies ist zu bedenken, auch ein „Burka-Verbot“ hat mittlerweile Befürworter. Hier stehen Grundrechte gegen Grundrechte, beispielsweise interessiert die Religionsfreiheit diejenigen nur wenig, die sich für ein Verbot aussprechen. Dies ist ein Aspekt der Islamfeindlichkeit in Europa. Woher kommt aber überhaupt diese Islamfeindlichkeit? Und in wie weit wird sie gehen? Diese und weitere Fragen klären wir auf den nächsten Seiten. 1 „Woher sollte ich wissen, dass meine Worte eine Wirkung wie diese haben könnten.“ (Eminem) Eine Umfrage unter Schüler*innen zum Thema „Islam“ Wir haben uns gefragt wie ihr zum Islam steht. Deshalb sind wir mit Umfrageblättern bewaffnet durch die Klassen unserer Schule gegangen, um euch nach eurer Meinung zu fragen. Dabei haben wir Erstaunliches festgestellt. Abgesehen vom Alter, Geschlecht und der Jahrgangsstufe, wollten wir wissen, was das erste Wort ist, das euch zu dem Begriff Islam einfällt. Die gängigsten Antworten waren unter anderem „Religion“, „Koran“, „Allah“ und „Kopftuch“. Aber auch „Allahu Akbar“ (= Gott ist am größten) haben wir öfter mal gelesen. Das Erschreckende war, dass wir immer wieder auf Antworten wie „Krieg“, „IS“, „Terror“ und sogar „Osama bin Laden“ gestoßen sind. Dies könnte zu Teil daran liegen, weil die meisten ein falsches Bild vom Islam haben. Denn nur weil man viel Schlechtes über den Islam hört, muss das ja noch lange nicht stimmen. Nur wenige haben erkannt, dass auch der Islam für Frieden und Liebe steht. Die darauf folgende Frage war, ob die Schüler unserer Schule für oder gegen ein „Burka-Verbot“ sind. Die Burka ist eine Vollverschleierung, die nur ein Gitter als Sichtfenster hat. Anders bei der Niqab. Bei ihr ist noch ein Schlitz für die Augen vorhanden. Aber nicht nur das war unsere Frage. Wir wollten auch noch, dass ihr eure Meinung begründet. Viele Gegner der Vollverschleierung argumentierten, gläubige Muslime sollten sich in Deutschland anpassen. Die meisten Begründungen der Befürworter waren die Religionsfreiheit und die Rechte der Frauen. Als letzte Frage interessierte uns noch ob Islam und Europa zusammenpassen. Auch diesmal wollten wir wieder eine Begründung von euch hören. Die meist begründete Antwort war: “Ja, weil Europa für alle zugänglich ist!“ Welche Meinung hast du zum Vollverschleierungsverbot („Burka-Verbot“)? Abb. 1: Wie man in der Grafik gut erkennen kann, hatten die meisten Befragten eine Antwort gegeben. Sowohl die Mädchen als auch die Jungs können zu einem großen Teil beide Seiten verstehen. Dennoch ist die Mehrheit der Mädchen gegen ein Verschleierungsverbot. Bist du der Ansicht, dass der Islam und Europa zusammenpassen? Abb. 2: Auf dieser Grafik kann man deutlich erkennen, dass die Mehrheit der Schüler und Schülerinnen sehr offen auf andere Kulturen reagiert und somit der Meinung ist, dass Islam und Europa sehr wohl zusammenpassen. 2 „Don´t believe everything you hear. Real eyes. Realize. Real lies.“ (Tupac) Entstehung und Frühgeschichte des Islam Um sich überhaupt ein umfassendes Bild von einer so facettenreichen Religion wie dem Islam machen zu können, muss man etwas weiter ausholen und ganz auf seine Anfänge und die Entstehung dieser Religion zurückblicken, um alles verstehen und nachvollziehen zu können. Im folgenden Beitrag bieten wir eine knappe Zusammenfassung neuester Forschungen zur Entstehungs- und Frühgeschichte des Islam und zeigen, wie er sich im Laufe der Jahrhunderte in Europa entwickelt hat. Der Islam begründet sich durch den von Gott gesandten Propheten Mohammed, der nach der Überlieferung von ca. 570 bis 632 n. Chr. auf der Arabischen Halbinsel gelebt hat. Nach seinem Tod begann eine militärische und religiöse Erfolgsgeschichte. Durch die immer mehr werdenden muslimischen Krieger wurden die beiden Großmächte in diesem Raum niedergezwungen, das Byzantinische Reich und das Sassaniden-Reich (Perser). In wenigen Jahrzehnten dehnten sie ihre Herrschaft im ganzen Vorderen Orient bis an die Grenzen Indiens aus, eroberten Ägypten und Nordafrika bis nach Spanien und stießen bis nach Südfrankreich vor. nach Europa hinein setzte sich bis Mitte des 16. Jahrhunderts fast ungebremst fort. Auf dem Balkan kam es nun ebenfalls zu einer Islamisierung der Bevölkerung. Statistiken für das Jahrzehnt 1520–30 zeigen, dass damals bereits mehrere Städte, die als osmanische Verwaltungszentren fungierten, muslimische Bevölkerungsmehrheiten hatten. Größere Religionswechsel fanden allerdings erst ab dem späten 16. Jahrhundert statt. Heutzutage ist der Islam eine dynamisch wachsende Weltreligion mit mehr als einer Milliarde Angehörigen. Die gemeinsame Geschichte ist von kriegerischen Auseinandersetzungen, aber auch von intensivem Handel, diplomatischem und kulturellem Austausch geprägt. In ihrem Verlauf wuchs das beiderseitige Wissen über die jeweils „andere“ Kultur. Verbindungen zur eigenen Identität und Entwicklung in Europa Die Eroberung Siziliens durch die Normannen (1061–91) und die um die gleiche Zeit einsetzende Reconquista (Rückeroberung) führten dazu, dass der Islam aus Südeuropa zurückgedrängt wurde. Die Muslime Siziliens wurden nach Aufständen (1219–22) durch Friedrich II. in die Stadt Lucera umgesiedelt, wo eine Art muslimisches Ghetto entstand. Um 1300 wurde diese muslimische Kolonie von Lucera zerstört, womit die Präsenz von Muslimen im mittelalterlichen Italien endete. Die meisten Muslime auf der iberischen Halbinsel wurden durch die Reconquista unter die Herrschaft der christlichen Königreiche gebracht. Hier wurden sie als Mudejares zunächst weiter geduldet und durften auch ihre Religion ausüben. Nach der Eroberung des letzten islamischen Reiches, dem Nasridenemirat von Granada, verloren die Muslime jedoch ihren Mudejar-Status und wurden vor die Wahl gestellt, das Land zu verlassen oder sich taufen zu lassen. Zwischen 1609 und 1614 wurden die letzten Muslime von der iberischen Halbinsel vertrieben. Während der Islam im Laufe von Spätmittelalter und früher Neuzeit von der iberischen Halbinsel verdrängt wurde, erlebte in der gleichen Zeit in Südosteuropa das osmanische Reich seinen militärischen und politischen Aufstieg. Dieses schloss um die Mitte des 15. Jahrhunderts bereits weite Gebiete des Balkans ein, aber auch weite Teile Kleinasiens. Die Vergrößerung dieses Staates Erfahrungswelt wurden hergestellt und fanden in erinnerungsstiftenden Ritualen Ausdruck, wobei im Blick der heutigen Forschung das hieraus entstandene „Bild des Anderen“ sich oftmals als Stereotyp erweist und im Hinblick auf die eigene kulturelle Identität konstruiert erscheint. Mit der Zuwanderung von Muslimen nach Europa seit den 1950er Jahren sind in vielen europäischen Ländern zahlenstarke muslimische Minderheiten entstanden, so dass sich die Frage einer gemeinsamen Identität als Grundlage für eine erfolgreiche Integration erneut stellt. Begriffserklärungen: Reconquista: Kampf der [christlichen] Bevölkerung Spaniens gegen die arabische Herrschaft im Mittelalter Ghetto: Stadtviertel, in dem diskriminierte Minderheiten, Ausländer oder auch privilegierte Bevölkerungsschichten leben Mudejares: Muslime, die im Verlauf der Reconquista unter die Herrschaft der christlichen Königreiche in Spanien gekommen waren, doch ihre Religion weiter ausüben konnten und sich an ihre christliche Umgebung anpassten 3 „Eine Welt. Zwei Parallelen …“ (Celo und Abdi) Kulturelle Gemeinsamkeiten von „Orient“ und „Okzident“ Ihr denkt, Islam und Europa passen nicht zusammen? Da täuscht ihr euch aber! Es gibt zwar Unterschiede, aber auch ganz viele Gemeinsamkeiten, von denen ihr bestimmt noch nichts wusstet. Zuerst kommen wir mal zu den Unterschieden. Wie ihr wisst, ist der Islam eine Religion, die an Allah glaubt und ihr Leben nach dem Heiligen Buch „Koran“ richten. Hingegen ist in Europa überwiegend das Christentum vertreten. Die christlichen Gottesdienste finden in Kirchen statt, die muslimischen in „Moscheen“. Beide Religionen unterscheiden sich auch in der Bauweise der heiligen Gebäude und auch sonst in der Architektur der Häuser. Die Moslems essen z.B. kein Schweinefleisch und in ländlich geprägten Teilen der islamischen Welt essen die einfachen Menschen bisweilen noch auf dem Boden, da es für sie eher nicht üblich ist, am Tisch das Mahl einzunehmen. Kommen wir nun zu den Gemeinsamkeiten. Beide Religionen sind monotheistisch. Das bedeutet, dass man an einen Gott glaubt. Im Islam hat er zwar einen anderen Namen als im Christentum, ist aber trotzdem immer derselbe. Eine weitere Gemeinsamkeit ist die gemeinsame Geschichte, denn ohne den Islam wäre Europa wahrscheinlich nicht so, wie es heute ist. Schon vor Hunderten von Jahren spielte der Islam im Westen eine große Rolle. Zwar kann man das nicht nur positiv sehen, aber Europa wurde durch den Islam auch im guten Sinn stark geprägt. Schon vor knapp 1000 Jahren fiel der Islam in einige westliche Länder ein und islamisierte diese. Somit kann man sagen, dass der Islam einen großen Einfluss auf die „abendländische“ Kultur hatte. Ein wichtiger Aspekt ist auch unsere Sprache. Unser Zahlensystem und viele Ausdrücke europäischer Sprachen kommen ja aus dem Arabischen. Abb.: Wie man auf dem Plakat der AfD erkennen kann, ist sie gegen den Islam in Europa. Aber ist das die Wahrheit? Die Verbreitung fand durch den Islam und den Koran statt. Allerdings war die arabische Schrift nicht immer geeignet, um die Phoneme dieser Sprachen vollständig wiederzugeben, da diese sich in ihrem lautlichen Bestand zum Teil sehr deutlich von der arabischen Sprache unterscheiden. Deshalb wurden für besondere Laute einer Sprache, die mit den Schriftzeichen des arabischen Alphabets nicht dargestellt werden konnten, neue Zeichen für die erweiterten Alphabete erfunden. Dies geschah meist, indem man vorhandene Buchstaben, die ein ähnliches Phonem bezeichneten, zur Unterscheidung mit zusätzlichen Sonderzeichen versah. Es ist zwar nicht genau bekannt wann die arabische Schrift den Weg nach Europa gefunden hat, aber wahrscheinlich geschah das mit der Islamisierung um ca. 1000 n. Chr. Man merkt also schon, dass der Islam in gewisser Weise prägend für den Westen war. Er gehört also sehr wohl zu Europa. 4 „Acht Milliarden Menschen, doch die Menschlichkeit fehlt …“ (Sido) Interview mit der Mitarbeiterin einer Flüchtlingseinrichtung Um zu wissen, wie es den jungen muslimischen Flüchtlingen hier in Deutschland geht, haben wir eine Mitarbeiterin aus dem Bamberger Flüchtlingslager aufgesucht und ihr einige Fragen zu diesem Thema gestellt. Darüber hinaus haben wir uns mit Frau Isabella Kirakosian auch über das Verhältnis von muslimischen und christlichen Jugendlichen unterhalten, welche zusammen unter einem Dach im Flüchtlingsheim leben und somit die verschieden Kulturen und Religionen des anderen kennenlernen. Abbildung: Flüchtlingskind in Deutschland [2] Schülerinnen: „Woher kommen die meisten Flüchtlinge in Ihrer Einrichtung?“ Isabella K.: „Die meisten Flüchtlinge kommen aus dem Westbalkan wie zum Beispiel aus Serbien, dem Kosovo und Montenegro.“ Schülerinnen: „Gibt es Probleme zwischen den muslimischen und den christlichen Flüchtlingen?“ Isabella K.: „Ja, wie beispielsweise Beleidigungen aufgrund der jeweiligen Religion.“ Schülerinnen: „Wollen sich manche muslimische Flüchtlinge wegen der jetzigen Situation taufen lassen?“ Isabella K.: „Ja, da sie dann nicht mehr mit Vorurteilen zu kämpfen haben.“ Schülerinnen: „Was sagen Sie zu den Äußerungen, die den Islam mit dem Terror verbinden?“ Isabella K.: „Ich finde es ziemlich traurig, dass ein so friedlicher Glaube mit dem Terror in Verbindung gebracht wird, weil einige Menschen der Meinung sind, im Namen Allahs unschuldige Menschen töten zu müssen. Damit interpretieren sie den Glauben falsch. Ich bin der Meinung, dass man nicht alle in einen Topf werfen sollte, denn nicht alle Menschen sind gleich. Jeder sollte und muss alle Religionen dieser Welt akzeptieren und respektieren.“ Schülerinnen: „Was verbinden Sie mit dem Islam?“ Isabella K.: „Ich verbinde mit dem Islam den Frieden.“ Schülerinnen: „Können die meisten ihren Glauben in Deutschland frei ausüben?“ Isabella K.: „Ja, können sie, da man in Deutschland das Recht auf die Religionsfreiheit hat und somit seinen Glauben, egal welcher Konfession man angehört, ohne Probleme ausüben kann.“ Schülerinnen: „Was ist Ihre Meinung zum IS?“ Isabella K.: „Meiner Meinung nach ist der IS eine grenzen- und gesetzlose Terrororganisation, die behauptet, sie sei gläubig. Dabei bringen sie selbst die Menschen mit demselben Glauben brutal um. Man sollte auf jeden Fall den klaren Unterschied zwischen dem Islam und dem IS kennen, denn das sind zwei verschiedene Welten.“ Schülerinnen: „Passt der Islam Ihrer Meinung nach zu Europa?“ Isabella K.: „Ja, denn Europa ist für seine vielfältigen ethnischen Gruppen bekannt. Allerdings müssen sich die muslimischen Flüchtlinge auch an die Regeln und Gesetze der jeweiligen Staaten halten. Wenn sie respektiert werden wollen, müssen sie auch Respekt zeigen.“ 5 „Am Ende des Tages bin ich auch nur ein Mensch so wie du …“ (KC Rebell) Interview mit einer islamischen Religionspädagogin Im Rahmen unseres Projekts führten wir ein Interview mit Frau Bahar*, einer jungen Lehrerin, die Islamische Religionslehre studiert hat. Schülerinnen: Gibt es Verhaltensweisen im Islam, die gegen das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verstoßen? Frau Bahar: Der Islam besteht aus dem Koran, also dem Buch über den Islam, und aus der Sunna, den Empfehlungen Mohammeds für die Lebensweise der Muslime. Islam bedeutet, alles zusammen zu befolgen. In der Abschiedspredigt Mohammeds an alle lebenden und an alle zukünftigen Muslime verkündet Mohammed die Gleichheit von Arabern und Nichtarabern und allen Menschen, da alle Menschen gleichermaßen von Adam und Eva abstammen. Also sind alle Menschen gleich würdig, so wie es im Art. 1 GG auch steht. Es ist auch eine der fünf Säulen des Islams Almosen abzugeben. Auch das bedeutet, dass jeder Mensch die gleiche Würde hat, jedes Individuum, nicht nur der Staat, ist dafür verantwortlich, dass die Würde des Menschen geschützt wird und jeder genug zu essen hat und alles, was er braucht. Schülerinnen: Immer wieder entbrennt der Kopftuchstreit, ist das eine Unterdrückung der Frau im Islam? Frau Bahar: Es herrscht der freie Wille im Islam, ob man sich an erlaubte oder verbotene Dinge halten will. Wenn das Kopftuch nur deshalb getragen wird, weil der Ehemann es will, macht es aus islamischer Sicht keinen Sinn, es zu tragen. Die Vorschrift lautet, dass die Haare und die Figur bedeckt sein sollen. Es geht eigentlich darum, sich nicht auffällig anzuziehen. Eine Gesichtsverschleierung wird im Islam nicht verlangt, sondern das ist in manchen Ländern kulturell bedingt. Ich selbst trage kein Kopftuch, weil es im Öffentlichen Dienst ein Kopftuchverbot gibt. Ich denke, dass man mit der deutschen Gesellschaft konform gehen und sich nicht komplett schwarz anziehen sollte, da man sonst wieder auffällt, und das ist ja gerade vom Islam nicht gewollt, dass man auffällt. Schülerinnen: Gibt es eine islamische Menschenrechtserklärung? Zu den Menschenrechten habe ich im Koran den Vergleich eines Gelehrten gefunden: Wenn auf einem Schiff neun Verbrecher sind und ein Rechtschaffener, dann darf das Schiff wegen des einen nicht versenkt werden. Das bedeutet dass jeder ein Recht auf Leben und Freiheit hat. Und es gibt einen Vers aus dem Koran: Wenn jemand einen Menschen tötet, so ist es, als würde er die ganze Menschheit töten, rettet er einen Menschen, so ist es, als würde er die ganze Menschheit retten. Schülerinnen: Da sind Sie jetzt nicht auf die Säkularisierung eingegangen, sondern nur auf die religiöse Sichtweise im Koran? Frau Bahar: Ja, das ist die religiöse Sichtweise. Schülerinnen: In Art. 3 GG ist die Gleichberechtigung von Mann und Frau verankert. Im Islam ist die Frau dem Mann unterstellt. Frau Bahar: Der Islam sieht Mann und Frau nicht gleich. Die Frau steht aber nicht unter dem Mann, sondern der Islam sagt, Mann und Frau sind verschieden. Sie sollen nicht gleich sein, sondern sich ergänzen. Alle meine Freundinnen, die sich bedecken, tun es z.B. freiwillig und nicht, weil der Mann es will. Ich denke sogar, dass Frauen im Islam mehr Rechte haben als der Mann, z.B. ist im islamischen Eherecht die Scheidung erlaubt. Die Frau darf sich darin bei einer Scheidung zur Absicherung eine bestimmte Summe und eine Art Mitgift wünschen. Schülerinnen: Sind die Karikaturen über den Islam ein Verstoß gegen die freie Meinungsäußerung? Frau Bahar: Das ist Blasphemie. Das bedeutet, dass man Gott, Mohammed und seine Familie nicht beleidigen darf. Die Anbetung von Bildern ist auch eine Straftat wie Götzenanbetung. Aber nur Gott selbst darf strafen. In Sure 6, Vers 108 steht, man darf auch nicht die Götter von Nichtmuslimen beleidigen, man muss respektvoll mit Göttern umgehen, die so schöne Lehren vertreten. Beleidigung ist für mich ein „No-Go“, Vorbilder sollten nicht angegriffen werden. Schülerinnen: Wie geht der Islam mit anderen Religionen um? Warum sind Christen Ungläubige? Frau Bahar: Das geht in die Richtung interreligiöse Konflikte. Der Islam baut auf dem Judentum und Christentum auf, d.h. Muslime glauben auch an Moses und Jesus. Alle drei großen Religionen sind durch Abraham verbunden. Mohammed sagte „mein Bruder Jesus“. Im Koran gibt es viele Überschneidungen mit dem Alten Testament. Schülerinnen: Wie ist Ihr Eindruck von der Islamfeindlichkeit in Deutschland? Frau Bahar: Die Islamfeindlichkeit ist sehr belastend jedes Mal nach einem Anschlag für mich, sie ist schmerzhaft, tut mir weh und ist schlimm. Da geht so viel verloren, was durch interkulturellen Austausch laufen könnte. Unwissen ist immer gefährlich und fremd. Anschläge, Unterdrückung oder wie jetzt wieder der Vergewaltigungsfall durch einen Afghanen – diese Einzelfälle werden immer auf den Islam projiziert. Die Aufgabe der Muslime ist es, sich zu informieren und dann auch die anderen zu informieren. Aber auch die Nichtmuslime sollten sich informieren und den interreligiösen Dialog suchen.. Schülerinnen: Müssen Sie nicht die Angst der Nichtmuslime verstehen, die durch die Anschläge entsteht? Ich habe selbst Angst, wenn ich nach einem Anschlag durch Istanbul gehe, aber das ist nicht der Islam, sondern der politisch instrumentalisierte Islam. Muslime und Nichtmuslime müssen in den Dialog gehen, so wie ihr jetzt. Schülerinnen: Thema Ehre und Gewalt. In Deutschland wird jede Gewaltausübung verurteilt und verfolgt. Was halten Sie von Ehrenmorden? Frau Bahar: Ehrenmorde gibt es im Islam nicht. Das ist ein kulturelles Problem, das dem Koran widerspricht. Schülerinnen: Wie ist Ihre persönliche Meinung zum Islamunterricht an deutschen Schulen? Frau Bahar: Das bedeutet für die muslimischen Kinder, dass sie dazugehören, dass es einen Ort gibt, wo sie ankommen. Sie lernen dort dann auch, dass der Islam eine friedfertige Religion ist. Der schlimmste Feind im 21. Jahrhundert ist das Unwissen. Sie lernen dort, dass Mohammed das Vorbild ist und nicht irgendein IS-Kasper aus Syrien. *) Name von der Redaktion auf Wunsch geändert 6 „An Berliner Schulen – Salamiverbot. Auf den Pausenhöfen gilt Haramstufe rot …" (K.I.Z) Islamfeindlichkeit in Europa Eigentlich ist der Islam in Europa nichts Neues. Europäische Bürger hatten in den letzten Jahrzehnten Erfahrung mit der islamischen Kultur. Z.B hatte Frankreich Kolonien in Nordafrika, aus denen viele Muslime nach Frankreich kamen. Nach Deutschland kamen ab den Sechzigerjahren „Gastarbeiter“ aus der Türkei, die seitdem ein Stück muslimische Kultur nach Deutschland bringen. In anderen Ländern Europas lebten allerdings bis jetzt kaum Muslime, z.B. in Polen und Ungarn. Durch mehrere Kriege im arabischen Raum kommen seit den letzten Jahren viele Muslime nach Europa. Rechte Parteien nutzen das aus und gewinnen dadurch an Wählern, da sie den Islam als Feindbild benutzen. Leider funktioniert diese Masche bei Menschen, die bis jetzt nichts mit Muslimen zu tun hatten und deshalb anfällig für Propaganda gegen den Islam sind. In Polen regiert seit letztem Jahr die rechts-konservative Partei „Recht und Gerechtigkeit“, die Polen als christliches Land sieht und deshalb keine muslimischen Flüchtlinge aufnehmen will. Auch in Ostdeutschland gab es bis zu den Flüchtlingsströmen kaum Muslime, da die Gastarbeiter nur nach Westdeutschland kamen. Die „Pegida“ („Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“), die unter anderem gegen den Islam hetzt, hat in Sachsen die meisten Anhänger, obwohl dort nur ca. 0,1 Prozent der Bevölkerung muslimisch ist. „Das kommt aber vöööööllig überraschend, ist es doch die ‚Religion des Friedens‘, die diese Typen vertreten...“, äußert sich die Pegida z.B. dazu, dass der Geheimdienst islamistische Anhänger in der deutschen Bundeswehr entdeckt hat, so als ob Islamisten den muslimischen Glauben widerspiegeln würden. Obwohl ein Großteil der Muslime die Taten des IS verurteilt, werden leider oft islamistische Anschläge und Ansichten mit dem Islam gleichgesetzt und dadurch Angst und Hass gegen unschuldige Muslime geschürt, z.B. warnt der belgische Justizminister davor, dass es in Europa bald mehr Muslime als Christen geben wird. Über solche Ängste macht sich die Band K.I.Z lustig. „An Berliner Schulen – Salamiverbot, auf den Pausenhöfen gilt Haramstufe rot“ rappen sie in ihrem Song „Urlaub für‘s Gehirn“, als Parodie auf eben solche Aussagen. Allerdings gibt es tatsächlich Leute, die glauben, dass durch muslimische Einwanderer der Rechtsstaat von den Gesetzen der Scharia verdrängt wird. Rechtspopulistische Parteien nutzen diese Ängste und bekommen dadurch seit den letzten Jahren immer mehr Zustimmung. Abb. 1: Eine Muslima posiert vor einer Anti-Islam-Demo Begriffserklärung: Rechtspopulismus: Rechtspopulisten stellen ihre Meinung als allgemeingültige, als die „des Volkes“ dar. Sie hetzen gegen die Regierung und gegen Minderheiten, z.B. Muslime. Sie geben diesen die Schuld für Probleme, also z.B. Kriminalität oder Armut. Rechtspopulistische Parteien sind gegen Einwanderung und gegen die EU. Sie sehen ihre eigene nationale Identität und Kultur durch Minderheiten bedroht bzw. fühlen sich ihnen gegenüber benachteiligt und unterstellen der Regierung, dafür zu sorgen, dass es Minderheiten besser geht als der Mehrheit. Abb. 2: Anti-Islam-Demo in Tschechien Abb. 3: Demo der „Legida“ (Leipziger Pegida) 7 ??? Ein Quiz zum Schluss … Um zu wissen, dass ihr euch unsere Artikel aufmerksam durchgelesen habt, haben wir für euch zum Schluss ein Rätsel vorbereitet. Die Auflösungen findet ihr in den Texten (und am Ende dieser Seite): 1. Wie viele Schüler*innen sind für eine Vollverschleierung? __ __ 2. Wie nennt man die Form von Vollverschleierung, bei der nur die Augen zu sehen sind? __ __ __ __ __ 3. Woher kommen in der Bamberger Flüchtlingseinrichtung die meisten Flüchtlinge? __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ 4. Aufgrund vom welchem Grundrecht kann man in Deutschland seinen Glauben frei ausüben? __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ 5. Wofür steht PEGIDA? P__ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ E __ __ __ __ __ __ __ G__ __ __ __ die I__ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ D__ __ A__ __ __ __ __ __ __ __ __ __ 6. Wie nennt man den Glauben an einen einzigen Gott? __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ 7. Welche Religion ist in Europa überwiegend vertreten? __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ 8. Wie heißt das heilige Buch der Moslems? __ __ __ __ __ 9. Wer ist der Gesandte Allahs? __ __ __ __ __ __ __ __ 10. Wo ist eine Art „muslimisches Ghetto“ entstanden? __ __ __ __ __ __ „Egal ob schwarz, weiß, arm, reich, hart, weich, dir egal. Es ist ganz egal, welchen Mensch du hast, der Respekt bleibt der gleiche, Mann!“ (KC Rebell) Quellenangaben: Impressum: Seite 2: Umfrage erstellt und ausgewertet mit GrafStat Seiten 3 und 4: Quellen unbekannt Seite 5: [1] Interview mit Frau Isabella Kirakosian - Mitarbeiterin der zentralen Ausländerbehörde aus der Regierung von Oberfranken [2] http://bc02.rp-online.de/polopoly_fs/dpatopbilder-fluechtlingsfamilie-syrien-erreicht-05092015-sonderzug-1.5370033.1441482027; http://Image/2002967858.jpg_gen/derivatives/d540x303/2002967858.jpg Seite 6: Interview mit Frau Bahar am 05.12.2016 Seite 7: www.welt.de/politik/ausland/article148047360/Was-dieneue-Regierung-fuer-Polen-bedeutet.html; http://focus.de/politik/videos/islam-minister-sagt-bald-mehr-muslime-als-christen-in-europa-ist-das-wahr_id_5475227.html; https://de-de.facebook.com/peqidaevofficial/; http://www.dw.com/image/18197808 303.jpg; http://bilder.bild.de/fotos/leaida4285399239347846/Bild/2bild. jpg; https://de.wikipedia.org/wiki/Rechtspopulismus; http://i.huffpost.com/gen/4341968/thumbs/o-ZAKIA-BELKHIRI570.ipg?7; http://www.bpb.de/mediathek/182877/rechtspopulismus-was-ist-das-kurz-erklaert-auf-bpb-de Diese Seiten sind im November und Dezember 2016 in der Klasse 10c_W des HLG entstanden. Beteiligt waren Maja-Lisa, Elisabeth, Julia, Ria, Kevin, Ayşe, Robin, Minh Toan, Rahel, Eva, Lea, Ann-Kathrin, Selina und Franka. Auflösung des Quiz: (1) 61 – (2) Niqab – (3) Westbalkan – (4) Religionsfreiheit – (5) „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ – (6) Monotheismus – (7) Christentum – (8) Koran – (9) Muhammed – (10) Lucera 8