„Zwei Parallelen“ oder „eine Welt“?

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„Zwei Parallelen“
oder „eine Welt“?
Islam und Europa –
Wie passt das zusammen?
Wir Jugendlichen sind eine „Brainwashing
Generation“, durch Medien wird unsere Meinung sehr stark beeinflusst. Somit ist es unser
Ziel Jugendliche über das Thema „Islam und
Europa“ zu informieren. Anhand einiger anschaulicher Hintergrundartikel, einer Umfrage
unter Schüler*innen und von zwei Interviews,
möchten wir euch die unterschätzte und leider
oftmals unverstandene Kultur etwas näherbringen.
Eine beliebte Redewendung besagt, man solle
ein Buch nicht nach seinem Einband bewerten.
Genauso ist es mit dem Islam. Es ist wichtig,
seine Geschichte, seine Hintergründe und die
jetzige Situation zu kennen, damit man auch
seine Meinung dazu äußern kann. Es ist klar,
dass der Islam im Vergleich zu den europäischen Kulturen auf den ersten Blick unterschiedliche Werte und Normen hat, aber auch
Gemeinsamkeiten sind existent und zu beachten.
Inhalt:
Eine Umfrage zum Thema „Islam“……………… 2
Entstehung und Frühgeschichte des Islam … 3
Kulturelle Gemeinsamkeiten von „Orient“
und „Okzident“…………………………………………… 4
Interview mit der Mitarbeiterin einer
Flüchtlingseinrichtung ……………………………….. 5
Interview mit einer islamischen
Religionspädagogin ………………………..…………. 6
Islamfeindlichkeit in Europa ………………………. 7
Ein Quiz zum Schluss ……………………………….…. 8
Nach wie vor ist das Thema Flüchtlinge sehr umstritten, viele sehen nur die zusätzlichen Kosten,
die sie verursachen. Aber warum flüchten diese
Menschen? Was muss einen Menschen dazu bringen, um seine Heimat zu verlassen? Sie haben
keine Wahl, und wenn wir mal ehrlich sind, würden wir in derselben Situation auch eine fürsorgliche Hilfe erwarten. Aber nicht nur dies ist zu bedenken, auch ein „Burka-Verbot“ hat mittlerweile
Befürworter. Hier stehen Grundrechte gegen
Grundrechte, beispielsweise interessiert die Religionsfreiheit diejenigen nur wenig, die sich für ein
Verbot aussprechen. Dies ist ein Aspekt der Islamfeindlichkeit in Europa. Woher kommt aber überhaupt diese Islamfeindlichkeit? Und in wie weit
wird sie gehen? Diese und weitere Fragen klären
wir auf den nächsten Seiten.
1
„Woher sollte ich wissen, dass meine Worte eine
Wirkung wie diese haben könnten.“ (Eminem)
Eine Umfrage unter Schüler*innen zum Thema „Islam“
Wir haben uns gefragt wie ihr zum Islam steht. Deshalb sind wir mit Umfrageblättern bewaffnet durch die
Klassen unserer Schule gegangen, um
euch nach eurer Meinung zu fragen.
Dabei haben wir Erstaunliches festgestellt.
Abgesehen vom Alter, Geschlecht und
der Jahrgangsstufe, wollten wir wissen, was das erste Wort ist, das euch
zu dem Begriff Islam einfällt. Die gängigsten Antworten waren unter anderem „Religion“, „Koran“, „Allah“ und
„Kopftuch“. Aber auch „Allahu Akbar“
(= Gott ist am größten) haben wir öfter mal gelesen. Das Erschreckende
war, dass wir immer wieder auf Antworten wie „Krieg“, „IS“, „Terror“ und
sogar „Osama bin Laden“ gestoßen
sind. Dies könnte zu Teil daran liegen,
weil die meisten ein falsches Bild vom
Islam haben. Denn nur weil man viel
Schlechtes über den Islam hört, muss
das ja noch lange nicht stimmen. Nur
wenige haben erkannt, dass auch der
Islam für Frieden und Liebe steht.
Die darauf folgende Frage war, ob die
Schüler unserer Schule für oder gegen
ein „Burka-Verbot“ sind. Die Burka ist
eine Vollverschleierung, die nur ein
Gitter als Sichtfenster hat. Anders bei
der Niqab. Bei ihr ist noch ein Schlitz
für die Augen vorhanden. Aber nicht
nur das war unsere Frage. Wir wollten
auch noch, dass ihr eure Meinung begründet. Viele Gegner der Vollverschleierung argumentierten, gläubige
Muslime sollten sich in Deutschland
anpassen. Die meisten Begründungen
der Befürworter waren die Religionsfreiheit und die Rechte der Frauen.
Als letzte Frage interessierte uns noch
ob Islam und Europa zusammenpassen. Auch diesmal wollten wir wieder
eine Begründung von euch hören. Die
meist begründete Antwort war: “Ja,
weil Europa für alle zugänglich ist!“
Welche Meinung hast du zum
Vollverschleierungsverbot („Burka-Verbot“)?
Abb. 1: Wie man in der Grafik gut erkennen kann, hatten die meisten Befragten eine Antwort gegeben. Sowohl die Mädchen als auch die Jungs
können zu einem großen Teil beide Seiten verstehen. Dennoch ist die Mehrheit der Mädchen gegen ein Verschleierungsverbot.
Bist du der Ansicht, dass der Islam und Europa
zusammenpassen?
Abb. 2: Auf dieser Grafik kann man deutlich erkennen, dass die Mehrheit
der Schüler und Schülerinnen sehr offen auf andere Kulturen reagiert und
somit der Meinung ist, dass Islam und Europa sehr wohl zusammenpassen.
2
„Don´t believe everything you hear. Real eyes.
Realize. Real lies.“ (Tupac)
Entstehung und Frühgeschichte des Islam
Um sich überhaupt ein umfassendes Bild von einer so
facettenreichen Religion wie dem Islam machen zu können, muss man etwas weiter ausholen und ganz auf
seine Anfänge und die Entstehung dieser Religion zurückblicken, um alles verstehen und nachvollziehen zu
können. Im folgenden Beitrag bieten wir eine knappe
Zusammenfassung neuester Forschungen zur Entstehungs- und Frühgeschichte des Islam und zeigen, wie er
sich im Laufe der Jahrhunderte in Europa entwickelt
hat.
Der Islam begründet sich durch den von Gott gesandten
Propheten Mohammed, der nach der Überlieferung von
ca. 570 bis 632 n. Chr. auf der Arabischen Halbinsel gelebt hat. Nach seinem Tod begann eine militärische und
religiöse Erfolgsgeschichte. Durch die immer mehr werdenden muslimischen Krieger wurden die beiden Großmächte in diesem Raum niedergezwungen, das Byzantinische Reich und das Sassaniden-Reich (Perser). In wenigen Jahrzehnten dehnten sie ihre Herrschaft im ganzen
Vorderen Orient bis an die Grenzen Indiens aus, eroberten Ägypten und Nordafrika bis nach Spanien und stießen bis nach Südfrankreich vor.
nach Europa hinein setzte sich bis Mitte des 16. Jahrhunderts fast ungebremst fort. Auf dem Balkan kam es nun
ebenfalls zu einer Islamisierung der Bevölkerung. Statistiken für das Jahrzehnt 1520–30 zeigen, dass damals bereits
mehrere Städte, die als osmanische Verwaltungszentren
fungierten, muslimische Bevölkerungsmehrheiten hatten.
Größere Religionswechsel fanden allerdings erst ab dem
späten 16. Jahrhundert statt. Heutzutage ist der Islam eine
dynamisch wachsende Weltreligion mit mehr als einer Milliarde Angehörigen.
Die gemeinsame Geschichte ist von kriegerischen Auseinandersetzungen, aber auch von intensivem Handel, diplomatischem und kulturellem Austausch geprägt. In ihrem
Verlauf wuchs das beiderseitige Wissen über die jeweils
„andere“ Kultur. Verbindungen zur eigenen Identität und
Entwicklung in Europa
Die Eroberung Siziliens durch die Normannen (1061–91)
und die um die gleiche Zeit einsetzende Reconquista
(Rückeroberung) führten dazu, dass der Islam aus Südeuropa zurückgedrängt wurde. Die Muslime Siziliens wurden nach Aufständen (1219–22) durch Friedrich II. in die
Stadt Lucera umgesiedelt, wo eine Art muslimisches
Ghetto entstand. Um 1300 wurde diese muslimische Kolonie von Lucera zerstört, womit die Präsenz von Muslimen im mittelalterlichen Italien endete.
Die meisten Muslime auf der iberischen Halbinsel wurden durch die Reconquista unter die Herrschaft der
christlichen Königreiche gebracht. Hier wurden sie als
Mudejares zunächst weiter geduldet und durften auch
ihre Religion ausüben. Nach der Eroberung des letzten islamischen Reiches, dem Nasridenemirat von Granada,
verloren die Muslime jedoch ihren Mudejar-Status und
wurden vor die Wahl gestellt, das Land zu verlassen oder
sich taufen zu lassen. Zwischen 1609 und 1614 wurden
die letzten Muslime von der iberischen Halbinsel vertrieben.
Während der Islam im Laufe von Spätmittelalter und früher Neuzeit von der iberischen Halbinsel verdrängt
wurde, erlebte in der gleichen Zeit in Südosteuropa das
osmanische Reich seinen militärischen und politischen
Aufstieg. Dieses schloss um die Mitte des 15. Jahrhunderts bereits weite Gebiete des Balkans ein, aber auch
weite Teile Kleinasiens. Die Vergrößerung dieses Staates
Erfahrungswelt wurden hergestellt und fanden in erinnerungsstiftenden Ritualen Ausdruck, wobei im Blick der heutigen Forschung das hieraus entstandene „Bild des Anderen“ sich oftmals als Stereotyp erweist und im Hinblick auf
die eigene kulturelle Identität konstruiert erscheint.
Mit der Zuwanderung von Muslimen nach Europa seit den
1950er Jahren sind in vielen europäischen Ländern zahlenstarke muslimische Minderheiten entstanden, so dass sich
die Frage einer gemeinsamen Identität als Grundlage für
eine erfolgreiche Integration erneut stellt.
Begriffserklärungen:
Reconquista: Kampf der [christlichen] Bevölkerung Spaniens gegen die arabische Herrschaft im Mittelalter
Ghetto: Stadtviertel, in dem diskriminierte Minderheiten, Ausländer oder auch privilegierte Bevölkerungsschichten leben
Mudejares: Muslime, die im Verlauf der Reconquista
unter die Herrschaft der christlichen Königreiche in Spanien gekommen waren, doch ihre Religion weiter ausüben konnten und sich an ihre christliche Umgebung anpassten
3
„Eine Welt. Zwei Parallelen …“
(Celo und Abdi)
Kulturelle Gemeinsamkeiten von „Orient“ und „Okzident“
Ihr denkt, Islam und Europa passen nicht zusammen? Da täuscht ihr euch aber! Es gibt
zwar Unterschiede, aber auch ganz viele Gemeinsamkeiten, von denen ihr bestimmt noch
nichts wusstet.
Zuerst kommen wir mal zu den Unterschieden.
Wie ihr wisst, ist der Islam eine Religion, die an
Allah glaubt und ihr Leben nach dem Heiligen
Buch „Koran“ richten. Hingegen ist in Europa
überwiegend das Christentum vertreten. Die
christlichen Gottesdienste finden in Kirchen
statt, die muslimischen in „Moscheen“. Beide
Religionen unterscheiden sich auch in der Bauweise der heiligen Gebäude und auch sonst in
der Architektur der Häuser. Die Moslems essen
z.B. kein Schweinefleisch und in ländlich geprägten Teilen der islamischen Welt essen die einfachen Menschen bisweilen noch auf dem Boden,
da es für sie eher nicht üblich ist, am Tisch das
Mahl einzunehmen.
Kommen wir nun zu den Gemeinsamkeiten.
Beide Religionen sind monotheistisch. Das bedeutet, dass man an einen Gott glaubt. Im Islam
hat er zwar einen anderen Namen als im Christentum, ist aber trotzdem immer derselbe. Eine
weitere Gemeinsamkeit ist die gemeinsame Geschichte, denn ohne den Islam wäre Europa
wahrscheinlich nicht so, wie es heute ist. Schon
vor Hunderten von Jahren spielte der Islam im
Westen eine große Rolle. Zwar kann man das
nicht nur positiv sehen, aber Europa wurde
durch den Islam auch im guten Sinn stark geprägt. Schon vor knapp 1000 Jahren fiel der Islam in einige westliche Länder ein und islamisierte diese. Somit kann man sagen, dass der Islam einen großen Einfluss auf die „abendländische“ Kultur hatte.
Ein wichtiger Aspekt ist auch unsere Sprache.
Unser Zahlensystem und viele Ausdrücke europäischer Sprachen kommen ja aus dem Arabischen.
Abb.: Wie man auf dem Plakat der AfD erkennen kann, ist
sie gegen den Islam in Europa. Aber ist das die Wahrheit?
Die Verbreitung fand durch den Islam und den
Koran statt. Allerdings war die arabische Schrift
nicht immer geeignet, um die Phoneme dieser
Sprachen vollständig wiederzugeben, da diese
sich in ihrem lautlichen Bestand zum Teil sehr
deutlich von der arabischen Sprache unterscheiden. Deshalb wurden für besondere Laute einer
Sprache, die mit den Schriftzeichen des arabischen Alphabets nicht dargestellt werden konnten, neue Zeichen für die erweiterten Alphabete
erfunden. Dies geschah meist, indem man vorhandene Buchstaben, die ein ähnliches Phonem
bezeichneten, zur Unterscheidung mit zusätzlichen Sonderzeichen versah. Es ist zwar nicht genau bekannt wann die arabische Schrift den
Weg nach Europa gefunden hat, aber wahrscheinlich geschah das mit der Islamisierung um
ca. 1000 n. Chr.
Man merkt also schon, dass der Islam in gewisser
Weise prägend für den Westen war. Er gehört
also sehr wohl zu Europa.
4
„Acht Milliarden Menschen, doch die Menschlichkeit fehlt …“
(Sido)
Interview mit der Mitarbeiterin einer
Flüchtlingseinrichtung
Um zu wissen, wie es den jungen muslimischen
Flüchtlingen hier in Deutschland geht, haben wir
eine Mitarbeiterin aus dem Bamberger Flüchtlingslager aufgesucht und ihr einige Fragen zu
diesem Thema gestellt. Darüber hinaus haben
wir uns mit Frau Isabella Kirakosian auch über
das Verhältnis von muslimischen und christlichen Jugendlichen unterhalten, welche zusammen unter einem Dach im Flüchtlingsheim leben
und somit die verschieden Kulturen und Religionen des anderen kennenlernen.
Abbildung: Flüchtlingskind in Deutschland [2]
Schülerinnen:
„Woher kommen die meisten Flüchtlinge in Ihrer Einrichtung?“
Isabella K.:
„Die meisten Flüchtlinge kommen aus dem Westbalkan wie zum Beispiel aus Serbien, dem Kosovo
und Montenegro.“
Schülerinnen:
„Gibt es Probleme zwischen den muslimischen und den christlichen Flüchtlingen?“
Isabella K.:
„Ja, wie beispielsweise Beleidigungen aufgrund der jeweiligen Religion.“
Schülerinnen:
„Wollen sich manche muslimische Flüchtlinge wegen der jetzigen Situation taufen lassen?“
Isabella K.:
„Ja, da sie dann nicht mehr mit Vorurteilen zu kämpfen haben.“
Schülerinnen:
„Was sagen Sie zu den Äußerungen, die den Islam mit dem Terror verbinden?“
Isabella K.:
„Ich finde es ziemlich traurig, dass ein so friedlicher Glaube mit dem Terror in Verbindung gebracht wird, weil einige Menschen der Meinung sind, im Namen Allahs unschuldige Menschen töten zu müssen. Damit interpretieren sie den Glauben falsch. Ich bin der Meinung, dass man nicht
alle in einen Topf werfen sollte, denn nicht alle Menschen sind gleich. Jeder sollte und muss alle
Religionen dieser Welt akzeptieren und respektieren.“
Schülerinnen:
„Was verbinden Sie mit dem Islam?“
Isabella K.:
„Ich verbinde mit dem Islam den Frieden.“
Schülerinnen:
„Können die meisten ihren Glauben in Deutschland frei ausüben?“
Isabella K.:
„Ja, können sie, da man in Deutschland das Recht auf die Religionsfreiheit hat und somit seinen
Glauben, egal welcher Konfession man angehört, ohne Probleme ausüben kann.“
Schülerinnen:
„Was ist Ihre Meinung zum IS?“
Isabella K.:
„Meiner Meinung nach ist der IS eine grenzen- und gesetzlose Terrororganisation, die behauptet,
sie sei gläubig. Dabei bringen sie selbst die Menschen mit demselben Glauben brutal um. Man
sollte auf jeden Fall den klaren Unterschied zwischen dem Islam und dem IS kennen, denn das
sind zwei verschiedene Welten.“
Schülerinnen:
„Passt der Islam Ihrer Meinung nach zu Europa?“
Isabella K.:
„Ja, denn Europa ist für seine vielfältigen ethnischen Gruppen bekannt. Allerdings müssen sich die
muslimischen Flüchtlinge auch an die Regeln und Gesetze der jeweiligen Staaten halten. Wenn sie
respektiert werden wollen, müssen sie auch Respekt zeigen.“
5
„Am Ende des Tages bin ich auch nur ein Mensch so wie du …“ (KC Rebell)
Interview mit einer islamischen Religionspädagogin
Im Rahmen unseres Projekts führten
wir ein Interview mit Frau Bahar*,
einer jungen Lehrerin, die Islamische
Religionslehre studiert hat.
Schülerinnen: Gibt es Verhaltensweisen im Islam, die gegen das
Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verstoßen?
Frau Bahar: Der Islam besteht aus dem Koran, also dem Buch
über den Islam, und aus der Sunna, den Empfehlungen Mohammeds für die Lebensweise der Muslime. Islam bedeutet, alles zusammen zu befolgen. In der Abschiedspredigt Mohammeds an
alle lebenden und an alle zukünftigen Muslime verkündet Mohammed die Gleichheit von Arabern und Nichtarabern und allen
Menschen, da alle Menschen gleichermaßen von Adam und Eva
abstammen. Also sind alle Menschen gleich würdig, so wie es im
Art. 1 GG auch steht. Es ist auch eine der fünf Säulen des Islams
Almosen abzugeben. Auch das bedeutet, dass jeder Mensch die
gleiche Würde hat, jedes Individuum, nicht nur der Staat, ist dafür verantwortlich, dass die Würde des Menschen geschützt
wird und jeder genug zu essen hat und alles, was er braucht.
Schülerinnen: Immer wieder entbrennt der Kopftuchstreit, ist das
eine Unterdrückung der Frau im Islam?
Frau Bahar: Es herrscht der freie Wille im Islam, ob man sich an
erlaubte oder verbotene Dinge halten will. Wenn das Kopftuch
nur deshalb getragen wird, weil der Ehemann es will, macht es
aus islamischer Sicht keinen Sinn, es zu tragen. Die Vorschrift
lautet, dass die Haare und die Figur bedeckt sein sollen. Es geht
eigentlich darum, sich nicht auffällig anzuziehen. Eine Gesichtsverschleierung wird im Islam nicht verlangt, sondern das ist in
manchen Ländern kulturell bedingt. Ich selbst trage kein Kopftuch, weil es im Öffentlichen Dienst ein Kopftuchverbot gibt. Ich
denke, dass man mit der deutschen Gesellschaft konform gehen
und sich nicht komplett schwarz anziehen sollte, da man sonst
wieder auffällt, und das ist ja gerade vom Islam nicht gewollt,
dass man auffällt.
Schülerinnen: Gibt es eine islamische Menschenrechtserklärung?
Zu den Menschenrechten habe ich im Koran den Vergleich eines
Gelehrten gefunden: Wenn auf einem Schiff neun Verbrecher
sind und ein Rechtschaffener, dann darf das Schiff wegen des einen nicht versenkt werden. Das bedeutet dass jeder ein Recht
auf Leben und Freiheit hat. Und es gibt einen Vers aus dem Koran: Wenn jemand einen Menschen tötet, so ist es, als würde er
die ganze Menschheit töten, rettet er einen Menschen, so ist es,
als würde er die ganze Menschheit retten.
Schülerinnen: Da sind Sie jetzt nicht auf die Säkularisierung eingegangen, sondern nur auf die religiöse Sichtweise im Koran?
Frau Bahar: Ja, das ist die religiöse Sichtweise.
Schülerinnen: In Art. 3 GG ist die Gleichberechtigung von Mann
und Frau verankert. Im Islam ist die Frau dem Mann unterstellt.
Frau Bahar: Der Islam sieht Mann und Frau nicht gleich. Die Frau
steht aber nicht unter dem Mann, sondern der Islam sagt, Mann
und Frau sind verschieden. Sie sollen nicht gleich sein, sondern
sich ergänzen. Alle meine Freundinnen, die sich bedecken, tun
es z.B. freiwillig und nicht, weil der Mann es will. Ich denke sogar, dass Frauen im Islam mehr Rechte haben als der Mann, z.B.
ist im islamischen Eherecht die Scheidung erlaubt. Die Frau darf
sich darin bei einer Scheidung zur Absicherung eine bestimmte
Summe und eine Art Mitgift wünschen.
Schülerinnen: Sind die Karikaturen über den Islam ein Verstoß
gegen die freie Meinungsäußerung?
Frau Bahar: Das ist Blasphemie. Das bedeutet, dass man Gott,
Mohammed und seine Familie nicht beleidigen darf. Die Anbetung von Bildern ist auch eine Straftat wie Götzenanbetung.
Aber nur Gott selbst darf strafen. In Sure 6, Vers 108 steht, man
darf auch nicht die Götter von Nichtmuslimen beleidigen, man
muss respektvoll mit Göttern umgehen, die so schöne Lehren
vertreten. Beleidigung ist für mich ein „No-Go“, Vorbilder sollten
nicht angegriffen werden.
Schülerinnen: Wie geht der Islam mit anderen Religionen um?
Warum sind Christen Ungläubige?
Frau Bahar: Das geht in die Richtung interreligiöse Konflikte. Der
Islam baut auf dem Judentum und Christentum auf, d.h. Muslime glauben auch an Moses und Jesus. Alle drei großen Religionen sind durch Abraham verbunden. Mohammed sagte „mein
Bruder Jesus“. Im Koran gibt es viele Überschneidungen mit dem
Alten Testament.
Schülerinnen: Wie ist Ihr Eindruck von der Islamfeindlichkeit in
Deutschland?
Frau Bahar: Die Islamfeindlichkeit ist sehr belastend jedes Mal
nach einem Anschlag für mich, sie ist schmerzhaft, tut mir weh
und ist schlimm. Da geht so viel verloren, was durch interkulturellen Austausch laufen könnte. Unwissen ist immer gefährlich
und fremd. Anschläge, Unterdrückung oder wie jetzt wieder der
Vergewaltigungsfall durch einen Afghanen – diese Einzelfälle
werden immer auf den Islam projiziert. Die Aufgabe der Muslime ist es, sich zu informieren und dann auch die anderen zu informieren. Aber auch die Nichtmuslime sollten sich informieren
und den interreligiösen Dialog suchen..
Schülerinnen: Müssen Sie nicht die Angst der Nichtmuslime verstehen, die durch die Anschläge entsteht?
Ich habe selbst Angst, wenn ich nach einem Anschlag durch Istanbul gehe, aber das ist nicht der Islam, sondern der politisch
instrumentalisierte Islam. Muslime und Nichtmuslime müssen in
den Dialog gehen, so wie ihr jetzt.
Schülerinnen: Thema Ehre und Gewalt. In Deutschland wird jede
Gewaltausübung verurteilt und verfolgt. Was halten Sie von Ehrenmorden?
Frau Bahar: Ehrenmorde gibt es im Islam nicht. Das ist ein kulturelles Problem, das dem Koran widerspricht.
Schülerinnen: Wie ist Ihre persönliche Meinung zum Islamunterricht an deutschen Schulen?
Frau Bahar: Das bedeutet für die muslimischen Kinder, dass sie
dazugehören, dass es einen Ort gibt, wo sie ankommen. Sie lernen dort dann auch, dass der Islam eine friedfertige Religion ist.
Der schlimmste Feind im 21. Jahrhundert ist das Unwissen. Sie
lernen dort, dass Mohammed das Vorbild ist und nicht irgendein
IS-Kasper aus Syrien.
*) Name von der Redaktion auf Wunsch geändert
6
„An Berliner Schulen – Salamiverbot.
Auf den Pausenhöfen gilt Haramstufe rot …" (K.I.Z)
Islamfeindlichkeit in Europa
Eigentlich ist der Islam in Europa nichts Neues. Europäische Bürger hatten in den letzten Jahrzehnten Erfahrung mit der islamischen Kultur. Z.B hatte Frankreich
Kolonien in Nordafrika, aus denen viele Muslime nach
Frankreich kamen. Nach Deutschland kamen ab den
Sechzigerjahren „Gastarbeiter“ aus der Türkei, die seitdem ein Stück muslimische Kultur nach Deutschland
bringen. In anderen Ländern Europas lebten allerdings
bis jetzt kaum Muslime, z.B. in Polen und Ungarn.
Durch mehrere Kriege im arabischen Raum kommen seit
den letzten Jahren viele Muslime nach Europa. Rechte
Parteien nutzen das aus und gewinnen dadurch an Wählern, da sie den Islam als Feindbild benutzen. Leider
funktioniert diese Masche bei Menschen, die bis jetzt
nichts mit Muslimen zu tun hatten und deshalb anfällig
für Propaganda gegen den Islam sind.
In Polen regiert seit letztem Jahr die rechts-konservative
Partei „Recht und Gerechtigkeit“, die Polen als christliches Land sieht und deshalb keine muslimischen Flüchtlinge aufnehmen will. Auch in Ostdeutschland gab es bis
zu den Flüchtlingsströmen kaum Muslime, da die Gastarbeiter nur nach Westdeutschland kamen. Die „Pegida“
(„Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des
Abendlandes“), die unter anderem gegen den Islam
hetzt, hat in Sachsen die meisten Anhänger, obwohl
dort nur ca. 0,1 Prozent der Bevölkerung muslimisch ist.
„Das kommt aber vöööööllig überraschend, ist es doch
die ‚Religion des Friedens‘, die diese Typen vertreten...“,
äußert sich die Pegida z.B. dazu, dass der Geheimdienst
islamistische Anhänger in der deutschen Bundeswehr
entdeckt hat, so als ob Islamisten den muslimischen
Glauben widerspiegeln würden.
Obwohl ein Großteil der Muslime die Taten des IS verurteilt, werden leider oft islamistische Anschläge und Ansichten mit dem Islam gleichgesetzt und dadurch Angst
und Hass gegen unschuldige Muslime geschürt, z.B.
warnt der belgische Justizminister davor, dass es in Europa bald mehr Muslime als Christen geben wird. Über
solche Ängste macht sich die Band K.I.Z lustig. „An Berliner Schulen – Salamiverbot, auf den Pausenhöfen gilt
Haramstufe rot“ rappen sie in ihrem Song „Urlaub für‘s
Gehirn“, als Parodie auf eben solche Aussagen.
Allerdings gibt es tatsächlich Leute, die glauben, dass
durch muslimische Einwanderer der Rechtsstaat von
den Gesetzen der Scharia verdrängt wird. Rechtspopulistische Parteien nutzen diese Ängste und bekommen
dadurch seit den letzten Jahren immer mehr Zustimmung.
Abb. 1: Eine Muslima posiert vor einer Anti-Islam-Demo
Begriffserklärung:
Rechtspopulismus: Rechtspopulisten stellen ihre Meinung
als allgemeingültige, als die „des Volkes“ dar. Sie hetzen
gegen die Regierung und gegen Minderheiten, z.B. Muslime. Sie geben diesen die Schuld für Probleme, also z.B.
Kriminalität oder Armut. Rechtspopulistische Parteien
sind gegen Einwanderung und gegen die EU. Sie sehen
ihre eigene nationale Identität und Kultur durch Minderheiten bedroht bzw. fühlen sich ihnen gegenüber benachteiligt und unterstellen der Regierung, dafür zu sorgen,
dass es Minderheiten besser geht als der Mehrheit.
Abb. 2: Anti-Islam-Demo in Tschechien
Abb. 3: Demo der „Legida“ (Leipziger Pegida)
7
???
Ein Quiz zum Schluss …
Um zu wissen, dass ihr euch unsere Artikel aufmerksam durchgelesen habt, haben wir für euch zum Schluss
ein Rätsel vorbereitet. Die Auflösungen findet ihr in den Texten (und am Ende dieser Seite):
1.
Wie viele Schüler*innen sind für eine Vollverschleierung? __ __
2.
Wie nennt man die Form von Vollverschleierung, bei der nur die Augen zu sehen sind? __ __ __ __ __
3.
Woher kommen in der Bamberger Flüchtlingseinrichtung die meisten Flüchtlinge?
__ __ __ __ __ __ __ __ __ __
4.
Aufgrund vom welchem Grundrecht kann man in Deutschland seinen Glauben frei ausüben?
__ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __
5.
Wofür steht PEGIDA?
P__ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ E __ __ __ __ __ __ __ G__ __ __ __ die I__ __ __ __ __ __ __ __
__ __ __ __ D__ __ A__ __ __ __ __ __ __ __ __ __
6.
Wie nennt man den Glauben an einen einzigen Gott? __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __
7.
Welche Religion ist in Europa überwiegend vertreten? __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __
8.
Wie heißt das heilige Buch der Moslems? __ __ __ __ __
9.
Wer ist der Gesandte Allahs? __ __ __ __ __ __ __ __
10. Wo ist eine Art „muslimisches Ghetto“ entstanden? __ __ __ __ __ __
„Egal ob schwarz, weiß, arm, reich, hart, weich, dir egal. Es ist ganz egal, welchen Mensch du hast, der Respekt bleibt der gleiche, Mann!“ (KC Rebell)
Quellenangaben:
Impressum:
Seite 2: Umfrage erstellt und ausgewertet mit GrafStat
Seiten 3 und 4: Quellen unbekannt
Seite 5: [1] Interview mit Frau Isabella Kirakosian - Mitarbeiterin der
zentralen Ausländerbehörde aus der Regierung von Oberfranken
[2] http://bc02.rp-online.de/polopoly_fs/dpatopbilder-fluechtlingsfamilie-syrien-erreicht-05092015-sonderzug-1.5370033.1441482027;
http://Image/2002967858.jpg_gen/derivatives/d540x303/2002967858.jpg
Seite 6: Interview mit Frau Bahar am 05.12.2016
Seite 7: www.welt.de/politik/ausland/article148047360/Was-dieneue-Regierung-fuer-Polen-bedeutet.html; http://focus.de/politik/videos/islam-minister-sagt-bald-mehr-muslime-als-christen-in-europa-ist-das-wahr_id_5475227.html; https://de-de.facebook.com/peqidaevofficial/; http://www.dw.com/image/18197808
303.jpg; http://bilder.bild.de/fotos/leaida4285399239347846/Bild/2bild. jpg; https://de.wikipedia.org/wiki/Rechtspopulismus; http://i.huffpost.com/gen/4341968/thumbs/o-ZAKIA-BELKHIRI570.ipg?7; http://www.bpb.de/mediathek/182877/rechtspopulismus-was-ist-das-kurz-erklaert-auf-bpb-de
Diese Seiten sind im November und Dezember 2016 in
der Klasse 10c_W des HLG entstanden.
Beteiligt waren Maja-Lisa, Elisabeth, Julia, Ria, Kevin,
Ayşe, Robin, Minh Toan, Rahel, Eva, Lea, Ann-Kathrin,
Selina und Franka.
Auflösung des Quiz:
(1) 61 – (2) Niqab – (3) Westbalkan – (4) Religionsfreiheit – (5) „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ – (6) Monotheismus –
(7) Christentum – (8) Koran – (9) Muhammed – (10)
Lucera
8
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