Kapitel III

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Kapitel III
Analyse des Falls, bei dem die Produktionskosten
des Erzeugnisses nicht gleich Null sind
Es sei angenommen, dass in einer Zeiteinheit Q Produkteinheiten hergestellt
werden. Die Produktionskosten jeder Einheit seien gleich u. Wir bezeichnen
die in einer Zeiteinheit abgesetzte Menge mit x.⟨a⟩ Dann wird der Bruttoerlös
für die verkaufte Menge gleich xf ( x) sein. Zur Vereinfachung der Analyse
nehmen wir an, dass das betrachtete Produkt nicht gelagert werden kann, so
dass die ganze nicht sofort nach der Herstellung abgesetzte Menge verdirbt
und somit für den Verkauf (resp. für den Konsum) unbrauchbar wird. Dann
werden, wie immer auch die Größe x sei (es ist klar, dass x an die Bedingung
x ≤ Q gebunden ist), die Kosten, welche aus der Summe erstattet werden
müssen, die man für x verkaufte Einheiten einnimmt, gleich uQ sein. Auf
diese Weise wird der Reingewinn1 aus x verkauften Einheiten gleich xf ( x) –
Qu sein. Dieser Nettogewinn wird am größten, wenn x die Bedingung erfüllt:
d [xf ( x ) − Qu ] = 0 , was nach der Differenziation ergibt:
d [xf ( x )] = 0
(I)
⟨40⟩
Genauso bestimmt folglich auch ein Monopolist, geführt vom Streben nach
dem größtmöglichen Vorteil, die Größe x (d.h. die Höhe des Absatzes).
⟨a⟩ Die englische Ausgabe verwendet zur Vereinheitlichung der Notation von nun an D
statt x.
1 Weil wir, Ricardo folgend, den notwendigen Produktionskosten einen durchschnittlichen Zins auf das Kapital („natürlicher Profit“) zuweisen, verstehen wir unter dem
Reingewinn des betrachteten Unternehmens oder einer gegebenen Branche sowohl hier
als auch im Folgenden den Gewinn, der von dem betrachteten Unternehmen oder Zweig
zusätzlich zum „natürlichen Profit“ erhalten wird, welcher in einem gegebenen
Augenblick in der betrachteten Gesellschaft existiert (in Abhängigkeit von den
Produktionsbedingungen der Subsistenzmittel der Arbeiter; siehe dazu Erster Essay,
S. 23 ff. ⟨Kapitel II, S. 33 ff.⟩). Auf diese Weise verstehen wir unter dem Nettoprofit den
Gewinn, den ein Unternehmer, welcher ausschließlich geliehenes Kapital benutzt, aus
dem betrachteten Unternehmen erzielen würde.
124
Die Theorie der Konkurrenz von Aug. Cournot
⟨Seite 35⟩ Jetzt werden wir sehen, wie x in dem Fall bestimmt wird, wenn
sich die Produktion und das Produktangebot in den Händen mehrerer (n)
konkurrierender Unternehmer befinden. Es sei wie vorher der Gesamtproduktionsumfang gleich Q, die einzelnen Produktionen gleich q1, q2, …, qn, so
dass q1 + q2 + … + qn = Q gilt. Dann wird der Absatz einzelner Unternehmer
kraft unserer Annahme über die gleich günstige Marktlage für alle Unternehmer (zum Ausschluss von Rente) bei einem Gesamtabsatz x entsprechend
q
q
q
als 1 x, 2 x, K , n x bestimmt (wenn der Anteil jedes Einzelnen am
Q
Q Q
Gesamtabsatz anders bestimmt wäre, so würde es bedeuten, dass einige
Unternehmer über eine bessere Marktstellung als die anderen verfügen).
Demzufolge wird der Bruttoerlös jedes Einzelnen gleich
q
q1
q
xf ( x ); 2 xf ( x ); K ; n xf ( x )
Q
Q
Q
⟨48⟩
der Reingewinn gleich
q
q1
q
xf ( x ) − q1u; 2 xf ( x ) − q2 u; K ; n xf ( x ) − qn u
Q
Q
Q
⟨49⟩
(weil die notwendigen Produktionskosten jeder Einheit für alle Unternehmer
als gleich angenommen werden müssen, um das Entstehen von Rente zu
vermeiden). Die für jeden Unternehmer vorteilhafteste Größe x (d.h. der
Gesamtabsatz) wird eine solche sein, bei der sein individueller Reingewinn
am größten ist. Wenn wir annehmen, dass
q

d  1 xf ( x ) − q1u  = 0
Q

⟨50⟩
so erhalten wir eine Reihe identischer Gleichungen:
d [xf ( x )] = 0; d [xf ( x )] = 0
(II)
⟨51⟩
welche zeigen, dass unabhängig von den unterschiedlichen Produktionsumfängen bei einem gegebenen Umfang der Produktion für alle einzelnen
Unternehmer ein und derselbe Absatzumfang am vorteilhaftesten sein wird.
Dieser Absatzumfang wird auch in der Wirklichkeit auf dem Markt zustande
kommen, entsprechend dem Streben jedes Einzelnen nach dem maximalen
Produktionskosten ungleich Null
125
Profit. Wenn wir die von uns abgeleitete Reihe der Gleichungen (II) ⟨51⟩ mit
der Gleichung (I) ⟨40⟩ vergleichen, sehen wir, dass bei einem Gesamtumfang
der Produktion von Q der Absatz gleich sein wird, unabhängig davon, ob die
Produktion in den Händen eines einzelnen Monopolisten oder einer beliebigen (weil wir n nicht begrenzt haben) Anzahl von konkurrierenden Unternehmern liegt. Bis zu diesem Zeitpunkt haben wir angenommen, dass der
Produktionsumfang Q bei verschiedenen Änderungen des Angebotes x
konstant bleibt; aber das gilt wahrlich nur für jede gegebene Minute; für
bedeutendere Zeitabschnitte muss die Größe Q selbst als variabel angenommen werden. Jetzt werden wir sehen, auf welchem Niveau sich dieses Q in
den Fällen einstellt, in denen sich die gesamte Produktion in den Händen
⟨Seite 36⟩ eines Monopolisten oder n konkurrierender Unternehmer befindet.
Zur Verdeutlichung wenden wir uns einer Zeichnung zu. Es seien die
Abszissen der Kurve 0D (siehe Zeichnung Nr. 5) ⟨Abb. 2.6, obere Graphik⟩
die in einer Zeiteinheit verkauften Mengen und die Ordinaten die dafür
erhaltenen Summen; diese Kurve ist uns schon aus der vorherigen Zeichnung
bekannt. Der Tangens des Winkels ϑ sei gleich u, d.h. den notwendigen
Produktionskosten einer Produkteinheit, dann werden die Ordinaten der
Kurve 0A die Produktionskosten der Produktmengen darstellen, welche von
den entsprechenden Abszissen ausgedrückt werden; die vertikalen Abstände
der Geraden 0A von der Kurve 0D drücken die Summen des Reingewinns
aus, welche aus der gegebenen Produktion bei einem der entsprechenden
Abszisse gleichen Produktionsumfang unter der Bedingung hervorgehen,
dass die in einer Zeiteinheit hergestellte Menge und die Menge, die in
derselben Zeit abgesetzt wird, gleich sind. Es ist nicht schwer festzustellen,
dass diese Bedingung bei allen Änderungen des Produktionsumfangs von
Null bis 0K gelten wird, weil bei jedem Produktionsumfang kleiner 0K der
Absatz der gesamten in der gegebenen Zeiteinheit produzierten Menge zur
vorteilhaftesten Absatzmethode der hergestellten Menge wird. Wir nehmen in
der Tat einen beliebigen Abszissenabschnitt 0M1 kleiner 0K; die notwendigen
Produktionskosten der diesem Abschnitt entsprechenden Menge werden
gleich dem Abschnitt M1L1 sein; die Bruttosumme aus dem Verkauf der
gesamten in der gegebenen Zeiteinheit hergestellten Menge wird gleich M1N1
und der Reingewinn gleich L1N1; es ist leicht zu sehen, dass die Summe des
Reingewinns bei jedem Absatzumfang (pro Zeiteinheit) kleiner als 0M1, d.h.
126
Die Theorie der Konkurrenz von Aug. Cournot
kleiner als der Produktionsumfang in derselben Zeiteinheit, kleiner als L1N1
sein wird.
A
W
F1
ω
N
f1
t1
N1
n1
l
d
l2
0
L
C
R
t0
C0
Q
r
T
q
C1
S
S1
R1
E
F
R0
a
t
d
T1
L1
f
Z
l1
D
ϑ
M
P
M1
Km K
K1
S0 K0
K2
K3
K4
X
S
0
M
K
K2
Abb. 2.6
Tatsächlich, wenn wir annehmen, dass der Produktionsumfang gleich 0M1
konstant ist und man anfängt, die Höhe des Absatzes von 0M1 bis Null zu
verändern, wird die zu jeder Absatzmenge (pro Zeiteinheit) korrespondierende Summe des Reingewinns gleich dem entsprechenden vertikalen Abstand
zwischen der horizontalen Geraden lL1 und der Kurve 0D sein. Aber wie man
aus der Zeichnung leicht entnehmen kann, wird dieser Abstand bei allen
Absatzmengen kleiner als 0M1, d.h. kleiner als die in derselben Zeiteinheit
hergestellte Menge, kleiner als der Abschnitt L1N1 sein, welcher bei der
Gleichheit von Produktion und Angebot pro Zeiteinheit dem Reingewinn
entspricht. Dasselbe erhalten wir selbstverständlich auch für jeden anderen
Abszissenabschnitt kleiner 0K. Demzufolge wird das Eigeninteresse eines
Monopolunternehmers ihn bei Veränderungen des Produktionsumfanges von
Null bis 0K zwingen, auch seinen individuellen Absatz in demselben Umfang
zu erweitern. Dasselbe geschieht auch in dem Fall, in dem die hergestellte
Menge zwischen mehreren Unternehmern aufgeteilt wird. Es sei die Produktion ⟨Seite 37⟩ irgendeines der n konkurrierenden Unternehmer, z.B. des (1),
Produktionskosten ungleich Null
127
Q
tatsächlich gleich q1 = m ; wenn wir den individuellen Bruttoerlös des
Unternehmers (1) als Ordinaten und das Gesamtvolumen des Absatzes als
Abszissen ansehen, erhalten wir eine Kurve des individuellen Erlöses 0d
(welche in der Zeichnung punktiert ist), deren Ordinaten mit den Ordinaten
1
der Kurve des Gesamterlöses 0D aufgrund der Bedingung y = m Y verbunden sind.
Daher wird die größte Ordinate der Kurve 0d derselben Abszisse entsprechen, welche der höchsten Ordinate der Kurve 0D zugeordnet ist, und
folglich wird die Kurve 0d von Null bis zum Punkt r ansteigen (was aus der
dy
> 0 hervorgeht). Die Gesamtproduktion pro Zeiteinheit sei
Bedingung
dX
wie früher gleich 0M1, bei der Realisation der gesamten produzierten Menge
drückt man den Bruttoerlös des Unternehmers (1) durch die entsprechende
Ordinate M1n1 der Kurve 0d aus. Der Reingewinn wird durch den Abschnitt
n1l1 ausgedrückt, das entspricht dem vertikalen Abstand zwischen der Kurve
0d und der Geraden 0a, deren Ordinaten mit denen der Geraden 0A aufgrund
1
der Bedingung y A = m Y A zusammenhängen.
Wenn wir jetzt anfangen, das Volumen des Gesamtangebotes pro Zeiteinheit von 0M1 bis Null zu vermindern, dann wird der individuelle Reingewinn
des Unternehmers (1) für jeden gegebenen Absatzumfang kleiner 0M1 gleich
dem entsprechenden vertikalen Abstand der Kurve 0d von der Geraden l1l2,
welche parallel zur horizontalen Achse des Koordinatensystems verläuft.
Aber aufgrund der Eigenschaft der Kurve 0d, welche sich aus der Bedingung
dy
> 0 gelten muss, wird der
ergibt, dass für alle Abszissen kleiner 0 K
dX
vertikale Abstand zwischen dieser Kurve und der Geraden l1l2 für alle
Abszissen kleiner 0M1 kleiner als l1n1, d.h. kleiner als der Reingewinn aus
dem Verkauf der gesamten in der gegebenen Zeiteinheit hergestellten Menge.
Dasselbe gilt logischerweise auch für jedes andere Produktionsvolumen,
welches kleiner 0K ist (d.h. kleiner als die Menge, welche nach Realisation in
einer Zeiteinheit den größten Bruttoerlös ergibt). Somit wird der Verkauf der
gesamten pro Zeiteinheit produzierten Menge bei allen Produktionsänderungen von Null bis 0K, sowohl für eine beliebige Unternehmeranzahl als auch
für einen Monopolisten als die vorteilhafteste Methode gelten. Demzufolge
128
Die Theorie der Konkurrenz von Aug. Cournot
wird sich die Summe des gesamten Reingewinns bei Veränderungen des
Produktionsvolumens von Null bis 0K sowohl im Falle eines Monopolisten
als auch unter Herrschaft von Konkurrenz ändern, wie dies der vertikale
Abstand zwischen der Kurve 0D und der Geraden 0A tut.
⟨Seite 38⟩ Wenn wir jetzt annehmen, dass die in einer Zeiteinheit hergestellte Menge auf der Abszisse abgetragen werde und die bei diesem Produktionsvolumen größtmöglichen Summen des Reingewinns auf der Ordinate,
erhalten wir (siehe Zeichnung Nr. 6) ⟨Abb. 2.6, untere Graphik⟩ die Kurve
0PS ⟨für Abszissen bis 0K⟩, deren Ordinaten dem vertikalen Abstand
zwischen der Geraden 0A und der Kurve 0D für dieselben Abszissen gleich
sind. Die Abszisse 0M, welche dem größten Abstand der Kurve 0D von der
Geraden 0A entspricht, wird in der neuen Zeichnung dem größten Abstand
der Kurve 0PS von der horizontalen Koordinatenachse entsprechen. Und
somit sehen wir, dass bei einer Produktionsänderung von Null bis 0K die
Summe des Reingewinns zuerst erhöht wird, bis sie dann bei einem Produktionsumfang von 0M ihr Maximum erreicht, danach zu fallen anfängt und
schließlich eine Höhe SK = RT erreicht; wie man aus der Zeichnung sieht, ist
diese Höhe die Differenz zwischen dem im betreffenden Zweig unter den
gegebenen Marktbedingungen größtmöglichen Bruttoerlös und den notwendigen Produktionskosten der Menge, welche diesem größten Bruttoerlös
entspricht. Jetzt müssen wir betrachten, wie sich der Reingewinn bei einer
weiteren Produktionssteigerung (d.h. bei Produktionsvolumina größer 0K)
ändern wird. Es ist aus der Zeichnung nicht schwer zu sehen, dass bei
Produktionsumfängen größer als 0K der Absatz der gesamten in einer
bestimmten Zeiteinheit produzierten Menge für einen Monopolbesitzer nicht
mehr die vorteilhafteste Verkaufsmethode sein wird (d.h. eine solche, welche
bei gegebenem Produktionsumfang die größte Summe des Reingewinns
ergibt).
In der Tat werde irgendwelche Menge 0K1 > 0K hergestellt; dann erhält
der Monopolunternehmer beim Absatz dieser gesamten Menge pro Zeiteinheit eine Summe des Reingewinns gleich tR1; wenn wir annehmen, dass die
hergestellte Menge konstant sei, und das Absatzvolumen von 0K1 bis 0K
verändern, so erhalten wir für den Reingewinn eine Reihe von Größen,
welche dem vertikalen Abstand zwischen der Kurve 0D und der Geraden tt1,
die der horizontalen Koordinatenachse parallel ist, entsprechen. Weil die
Ordinaten der Kurve 0D bei einer sukzessiven Verkleinerung der Abszisse
Produktionskosten ungleich Null
129
von 0K1 bis 0K steigen werden (weil für die Abszissen größer 0K immer
dY
< 0 gilt), wird der vertikale Abstand zwischen der Kurve 0D und der
dX
Geraden tt1 in dem Maße steigen, wie die Abszissen von 0K1 bis 0K abnehmen, bei einer weiteren Verringerung der Abszissen hingegen beginnt dieser
Abstand wieder zu sinken (weil für die Abszissen kleiner 0K dY > 0 gilt).
dX
Daher ist klar, dass der vorteilhafteste Absatzumfang bei gegebenem
Produktionsumfang 0K1 größer ⟨Seite 39⟩ 0K das Absatzvolumen 0K sein
wird, weil ihm die größte Summe des Reingewinns entspricht (ausgedrückt
durch den Abschnitt RQ). Folglich ist dies das Absatzvolumen, welches ein
Monopolunternehmer realisiert.
Es wird jedoch aufgrund früherer ähnlicher Überlegungen nicht schwer zu
zeigen sein (unter Berücksichtigung der Beziehung zwischen den Ordinaten
der Kurve 0D und der Kurve des individuellen Erlöses 0d), dass dieser
Absatzumfang auch für eine beliebige Anzahl konkurrierender Unternehmer
am vorteilhaftesten ist (wie man aus der entsprechenden, durch die Punktlinien markierten Zeichnung entnehmen kann; der mathematische Beweis
dieser Situation wurde von uns schon oben angegeben).
Dasselbe wird sich unbestritten auch für jeden anderen Produktionsumfang größer 0K ergeben. Auf diese Weise wird der gesamte größtmögliche
Reingewinn bei Ausweitung der Produktion über die Größe 0K hinaus bei
dem betreffenden Produktionsumfang stets gleich (sowohl im Falle eines
Monopols als auch bei Vorherrschen freier Konkurrenz) dem entsprechenden
vertikalen Abstand zwischen der horizontalen Geraden Rf und der Produktionskostengeraden 0A sein. Bei einem gewissen Produktionsumfang 0K2 wird
dieser Abstand letzten Endes gleich Null sein.
Wenn wir jetzt auf der horizontalen Koordinatenachse der Zeichnung
(Nr. 6) ⟨Abb. 2.6, untere Graphik⟩ einen Abschnitt 0K2 gleich dem Abschnitt
0K2 der Zeichnung (Nr. 5) ⟨Abb. 2.6, obere Graphik⟩ markieren und den
Punkt K2 mit dem Punkt S mittels einer Geraden verbinden, so erhalten wir
eine Linie 0PSK2, deren Ordinaten die Änderungen der (bei entsprechendem
Produktionsvolumen) größtmöglichen Gesamtsumme des Reingewinns bei
einer Produktionserweiterung von 0 bis 0K2 anzeigen, d.h. bis zu der Größe,
bei welcher die größtmögliche Summe des Reingewinns gleich Null wird.
Wie wir oben zeigten, wird diese Kurve genau die gleiche sein, sowohl im
Falle der Konzentration des gesamten Absatzes in den Händen eines Mono-
130
Die Theorie der Konkurrenz von Aug. Cournot
polunternehmers als auch bei Verteilung der gesamten Produktionsmenge
unter einer unbeschränkten Anzahl von Konkurrenten. In der Realität jedoch
wird der Produktionsumfang selbst (und nicht nur das Absatzvolumen im
Rahmen der hergestellten Menge, wie wir aus methodologischen Überlegungen oben angenommen haben) aufgrund der Wirtschaftsrechnungen der
Unternehmer bestimmt, in Händen derer sich der betreffende Produktionszweig befindet. Deshalb ist es für eine vollständige Lösung dieser Frage nicht
ausreichend zu zeigen, auf welchem Niveau sich das Angebot (und folglich
auch der Preis) bei jedem gegebenen Produktionsumfang einpegelt, sondern
es ist noch gefordert zu zeigen, auf welchem Niveau sich die Produktion
selbst bei diesen oder jenen Bedingungen einstellt.
Die Kurve 0PSK2 zeigt uns, dass die größte Gesamtsumme ⟨Seite 40⟩ des
Reingewinns sich aus dem Produktionsumfang 0M ergibt, bei welchem (wie
die Zeichnung Nr. 5 ⟨Abb. 2.6, obere Graphik⟩ zeigt) der vertikale Abstand
zwischen der Kurve 0D (Nachfragekurve) und der Geraden 0A (Gerade der
notwendigen Produktionskosten) am größten wird (wofür wir eine der
Geraden 0A parallele Tangente zur Kurve 0D im Punkt N haben müssen). Der
Bruttoerlös, welcher diesem Produktionsvolumen entspricht, wird gleich MN
(Zeichnung Nr. 5) ⟨Abb. 2.6, obere Graphik⟩; die Produktionskosten – ML;
der Reingewinn – LN. Bei jeder weiteren Erhöhung des Produktionsumfanges
wird die Gesamtsumme des Reingewinns abnehmen, wie Zeichnung Nr. 6
⟨Abb. 2.6, untere Graphik⟩ zeigt. Daher wird das Eigeninteresse des Monopolunternehmers ihn dazu veranlassen, sich für einen Produktionsumfang
gleich 0M zu entscheiden. Anders wird es in jenem Fall, in dem sich die
Produktion in den Händen von mehreren konkurrierenden Unternehmern
befindet: Obwohl die Gesamtsumme des Reingewinns abnimmt, wenn ein
beliebiger Konkurrent seine Produktion erhöht, kann diese Reduzierung der
Gesamtsumme des Einkommens sich für den einzelnen Unternehmer durch
eine Erhöhung seines Anteils am Gesamtgewinn lohnen. Dafür genügt schon,
dass der zuerst seine Produktion erweiternde Unternehmer damit rechnen
kann, dass die Reaktion seitens der restlichen Unternehmer (im Sinne einer
entsprechenden Produktionserweiterung ihrerseits) nicht sofort, sondern nach
einem gewissen endlichen, wenngleich auch sehr kleinen Zeitabschnitt
eintritt. Aber eine solche Bedingung, wie wir oben schon zeigten, gilt immer
dann, wenn es nicht um eine Erweiterung des Angebots (in den Grenzen der
Produktion), sondern der Produktion geht, weil jede Industrie über eine
Produktionskosten ungleich Null
131
gewisse (oft sogar ziemlich große) Trägheit verfügt, welche einer raschen
Ausweitung eines beliebigen Produktionszweigs im Wege steht.
Und wenn dies so ist, dann kann jeder Unternehmer damit rechnen, dass
er auf Grund der Erweiterung seiner individuellen Produktion wenigstens für
eine kurze Zeit in einer entsprechenden Proportion seinen Anteil am Gesamtgewinn erhöhen kann, und so sind in diesem Fall alle oben dargestellten
Cournot’schen Schlussfolgerungen bezüglich der Wirkung des freien
Wettbewerbs völlig anwendbar: Man sollte nur, statt diese Folgerungen, wie
das Cournot macht, sowohl auf die Produktion, als auch auf das Angebot
(welches Cournot völlig willkürlich immer gleich der Produktion annimmt)
zu beziehen, diese beiden Fragen streng voneinander abgrenzen und alle
Schlussfolgerungen, welche man aus der Lehre über den „momentanen
Vorteil“ ziehen kann, ausschließlich auf die Frage der Bestimmung des
Produktionsumfangs beziehen (weil nur in diesem Fall die Voraussetzungen
zutreffen, auf welchen die ganze Lehre über den „momentanen Vorteil“
basiert).
Unter Anwendung der wichtigsten Cournot’schen Schlussfolgerungen auf
den betrachteten Fall können wir ⟨Seite 41⟩ folgende Hauptthesen aufstellen:
1) mehrere konkurrierende Unternehmer werden das Gesamtproduktionsvolumen auf einem höheren Niveau als ein Monopolunternehmer
festsetzen, und
2) bei einer unbegrenzten Erhöhung der Zahl der konkurrierenden Unternehmer (so dass die individuelle Produktion eines jeden im Vergleich zur Gesamtproduktion als eine unendlich kleine Größe angenommen werden kann) nähert sich die Grenze, bis zu der sie (auf der
Jagd nach dem augenblicklichen Vorteil) die Gesamtproduktion ausweiten werden, unaufhörlich der Höhe der Produktion an, bei der die
größtmögliche Summe des gesamten Reingewinns gleich Null ist.
So dass, wenn wir den Umfang der Gesamtproduktion, bei dem sich das
Gleichgewicht einstellt, mit X und die Anzahl der konkurrierenden Unternehmer, unter denen sie verteilt ist, mit n bezeichnen, X, allgemein gesprochen, zu einer Funktion von n wird:
X = Ψ (n )
Dabei ist die Abhängigkeit zwischen X und n so, dass
⟨52⟩
132
Die Theorie der Konkurrenz von Aug. Cournot
Ψ ′( n ) > 0 und lim Ψ ′( n ) = X 0
n→∞
⟨53⟩
mit X0 als Wurzel der Gleichung F(X) = 0.2 Für den Beweis dieser Behauptung besteht keine Notwendigkeit, auf jeden Fall anzunehmen, dass das
Produkt keine Lagerung verträgt, es genügt schon, dass der gesamte Reingewinn (pro Zeiteinheit) eine kontinuierliche Funktion der gesamten Produktionsmenge oder, allgemein gesagt, des gesamten potenziellen Angebotes (in
derselben Zeiteinheit) darstellt. Dabei versteht man unter dem letzten Begriff
die Gesamtheit der Bestände, über welche der Markt während der gegebenen
Zeiteinheit verfügt, d.h. die Gesamtheit der Produktion einer gegebenen
Zeiteinheit und des Restes (zu Beginn der gegebenen Zeiteinheit) des
vorherigen Zeitabschnittes3 (im Falle der Waren, welche keine Lagerung
vertragen, ist der Rest der vorherigen Zeiteinheit gleich Null, und demzufolge gleicht das potenzielle Angebot allein der produzierten Menge).
⟨Seite 42⟩ Das gesamte Potenzialangebot während eines gewissen Zeitabschnittes (mit anderen Worten, die Gesamtheit der Warenbestände, über
welche die Unternehmer im Verlaufe des gegebenen Zeitabschnitts verfügen)
sei gleich X; die größtmögliche Summe des gesamten Reingewinns, welcher
während der betrachteten Periode bei dem gegebenen Volumen des Potenzialangebots erhalten werden kann, sei gleich Y = F(X). Wir bezeichnen die
Größe X, welche F(X) den größten Wert zuordnet, mit Xm; dann wird Xm die
Schranke darstellen, über welche ein Monopolunternehmer sein potenzielles
Angebot nicht ausdehnen wird, aber es ist nicht schwierig zu zeigen, dass bei
einer Höhe des gesamten potenziellen Angebots gleich Xm es für jeden der
paar Unternehmer, zwischen denen das gesamte Potenzialangebot verteilt
wird, noch vorteilhaft ist, sein individuelles potenzielles Angebot und damit
zusammen auch das gesamte Potenzialangebot über Xm hinaus zu erhöhen.
Das individuelle Angebot jedes der n konkurrierenden Unternehmer, unter
2 F(X ) = R entspricht dem gesamten Reingewinn als Funktion der gesamten produzier-
ten Menge, so dass Y = F(X) die Gleichung der Kurve 0PSK2 darstellt, welche wir oben
in Zeichnung Nr. 6 ⟨Abb. 2.6, untere Graphik⟩ erhalten haben.
3 Diese Summe wird zu jener Schranke, welche das tatsächliche Angebot auf gar keinen
Fall überschreiten kann – sie wird das größtmögliche Angebot oder, anders gesagt: „das
potenzielle Angebot“, dessen Begriff wir zur Verkürzung auch im Weiteren benutzen
werden.
133
Produktionskosten ungleich Null
welchen das gesamte potenzielle Angebot verteilt ist, bezeichnen wir mit x;
X
es gelte x = n ; dann wird der individuelle Reingewinn y jedes einzelnen
Unternehmers unter den das Entstehen von Rente ausschließenden Bedingungen gleich
x
Y
Xm
y=
⟨54⟩
X
oder (in Anbetracht von x = n ) gleich
y=
1
F(X m)
n
(I)
⟨55⟩
Jetzt erhöhe einer der n Unternehmer (z.B. der erste) seinen individuellen
Bestand (= potenzielles Angebot) um die Größe δ, dann wird sein neuer
Reingewinn y1 innerhalb des Zeitabschnittes, in dem das potenzielle Angebot
der restlichen Unternehmer als eine konstante Größe angenommen werden
kann (d.h. innerhalb der Zeit, welche sie für die Erweiterung ihrer Unternehmen brauchen), gleich
y1 =
x +δ
F(X m + δ )
Xm +δ
⟨56⟩
X
oder (in Anbetracht von x = n ) gleich
Xm
n +δ
y1 =
F(X m + δ )
Xm +δ
(II)
⟨57⟩
⟨Seite 43⟩ Da F(Xm) wie vereinbart dem größten Reingewinn gleicht, muss
die Gesamtsumme des Reingewinns bei einer Erhöhung von Xm auf (Xm + δ )
sinken; es sei angenommen, dass der Erhöhung von Xm um die Größe δ die
Senkung der Reingewinnsumme um die Größe ∆ entspricht, so dass
F(Xm + δ ) = F(Xm) – ∆. Die Größen δ und ∆ werden immer Größen der
gleichen Art sein, wenn nur f(D) = p, eingehend in den Ausdruck des
gesamten Reingewinns, eine stetige Funktion ist, was wahrlich für alle
Massenkonsumgüter (und allgemein für solche, die einen recht großen
134
Die Theorie der Konkurrenz von Aug. Cournot
Konsumentenkreis haben4) gilt. Deswegen kann im Allgemeinen das
∆
als eine endliche Größe angenommen werden.
Verhältnis
δ
Da die Ausdrücke (I) ⟨55⟩ und (II) ⟨57⟩ den individuellen Reingewinn als
Funktion des gesamten potenziellen Angebotes darstellen, können wir
schreiben:
y = f n ( X m ); y1 = f n ( X m + δ )
⟨58⟩
Wenn wir vom Einkommen y1 das frühere Einkommen y abziehen und durch
den Zuwachs δ dividieren, erhalten wir:
y1 − y
δ
=
fn ( X m + δ ) − fn ( X m )
⟨59⟩
δ
Wenn wir jetzt anstelle y und y1 ihre Ausdrücke aus den Gleichungen (I) ⟨55⟩
und (II) ⟨57⟩ einsetzen, erhalten wir:
fn ( X m + δ ) − fn ( X m )
δ
Xm
n +δ
1
=
F(X m + δ ) − ⋅ F(X m )
δ (Xm + δ )
δn
⟨60⟩
und nach Umformung (wenn man F(Xm +δ ) durch den Ausdruck F(Xm) – ∆
ersetzt):
fn ( X m + δ ) − fn ( X m )
=
(Xm +δ ) − Xm
F ( X m )( n − 1) −
∆
δ
( X m + nδ )
n( X m + δ )
⟨61⟩
Wenn wir jetzt anfangen, δ unbegrenzt zu senken, so wird sich die linke Seite
f ( X + δ ) − fn ( X m )
der Gleichung n m
⟨61⟩ in einen Differenzialquotienten,
(Xm +δ ) − Xm
anders gesagt, in „die erste Ableitung“ von fn(Xm) nach der Variablen X
umwandeln.
⟨Seite 44⟩ Auf diese Weise ist:
4 Vgl. zu dieser Frage die Bemerkungen Cournots (op.cit., Kapitel IV), welche von uns
oben angegeben wurden (Kapitel I dieses Essays, S. 6 ⟨S. 89 f.⟩).
135
Produktionskosten ungleich Null
lim
δ →0
fn ( X m + δ ) − fn ( X m )
df ( X )
= f n′ ( X m ) = n m
(Xm + δ ) − Xm
dX m
⟨62⟩
Die rechte Seite der Gleichung ⟨61⟩ wird bei einer unbegrenzten Verringerung von δ gegen den Grenzwert streben:
[F ( X m )(n − 1) − F ′( X m ) X m ] : nX m
⟨62a⟩
oder5
 1
F ( X m ) 1 − n 


1
+ F ′( X m )
Xm
n
⟨63⟩
Somit gilt:
 1
F ( X m ) 1 − n 


1
+ F ′( X m )
f n′ ( X m ) =
Xm
n
(III)
⟨64⟩
Es ist nicht schwer zu erkennen, dass, wenn n, d.h. die Anzahl der im
betreffenden Zweig konkurrierenden Unternehmer, größer als Eins ist, es bei
einem Umfang des gesamten potenziellen Angebots gleich Xm, d.h. bei der
Größe, bei deren Überschreiten es für einen Monopolisten nicht mehr
vorteilhaft ist, seine Bestände (= Potenzialangebot) zu erweitern, für jeden
der n konkurrierenden Unternehmer vorteilhaft wird, seinen individuellen
X
Bestand x = m und folglich auch den Gesamtbestand Xm auszuweiten. Da
n
tatsächlich annahmegemäß F(Xm) den größten Wert von F(X) darstellt, so gilt
5 Weil das Verhältnis ∆ sich bei einem unendlich sinkenden δ in einen Differenzialquo-
δ
tienten von F(Xm) nach der Variablen
∆ = F ( X m + δ ) − F ( X m ), demzufolge
∆
δ
=
X
verwandelt;
tatsächlich
gilt
F(X m + δ ) − F(X m )
F(X m + δ ) − F(X m )
, aber lim
= F ′( X m ) . ⟨In der engli(Xm +δ ) − Xm
(Xm +δ ) − Xm
δ →0
schen Ausgabe auf S. 132 sowie in der französischen Übersetzung auf S. 138 steht vor ∆
bzw. ∆ jeweils das Minuszeichen, welches sich im russischen Original nicht findet.⟩
δ
136
Die Theorie der Konkurrenz von Aug. Cournot
laut der Theorie der Maxima ⟨Seite 45⟩ F′(Xm) = 0; wenn wir diese Größe
F′(Xm) in den Ausdruck (III) ⟨64⟩ einsetzen, erhalten wir:
 1
F ( X m ) 1 − n 


f n′ ( X m ) =
Xm
⟨65⟩
die rechte Seite dieser Gleichung ist dem Wesen nach eine positive Größe,
deswegen gilt f n′ ( X m ) > 0 , und daraus folgt, dass sich der individuelle
Gewinn jedes der n Unternehmer [gleich fn (X)] bei einer Erhöhung des
Gesamtbestandes über die Größe Xm hinaus weiter erhöht6 (währenddessen
der Gewinn eines Monopolisten bei Erhöhung des Gesamtbestandes über Xm
hinaus bereits sinken wird). Ein Gleichgewicht tritt nur dann ein, wenn das
gesamte potenzielle Angebot die Größe Xn erreicht, welche aus der Bedingung
f n′ ( X n ) = 0 ⟨b⟩
⟨66⟩
bestimmt wird, weil nur bei dieser Größe des gesamten potenziellen Angebots für keinen der n selbständigen Unternehmer mehr ein Anreiz zur
Erweiterung seines individuellen Potenzialangebots existieren wird (weil jede
solche Erweiterung für den Erweiternden sofort von einer Reduktion seines
individuellen Reingewinns begleitet würde). Wenn statt fn(X) sein Ausdruck
des Gesamtgewinns R = F(X) und der Größe n in die Gleichung f n′ ( X ) = 0
eingesetzt werden, erhalten wir:
 1
F ( X ) 1 − n 


1
+ F ′( X ) = 0
X
n
⟨67⟩
6 So dass, wenn wir die Veränderung des individuellen Gewinns als Funktion des
gesamten potenziellen Angebots als Kurve darstellen, dann diese Kurve in dem Punkt,
welcher der Abszisse gleich Xm entspricht, d.h. dem gesamten potenziellen, zur größten
Gesamtsumme des Reingewinns führenden Angebot, steigend sein wird (d.h. die
Tangente an die Kurve wird in diesem Punkt mit der X-Achse einen Winkel größer Null
bilden).
⟨b⟩ In der englischen Ausgabe steht auf S. 132 der Index m statt n. Dies ist inkorrekt,
weil aus dem Kontext Xn > Xm klar hervorgeht.
137
Produktionskosten ungleich Null
was auch in folgender Form dargestellt werden kann:
F ( X )(n − 1) + F ′( X ) X = 0
(IV)
⟨68⟩
Diese Gleichung gibt uns in allgemeinster Form die Gleichgewichtsbedingungen im Bereich der Produktion (des Potenzialangebots) bei einer
beliebigen Anzahl der konkurrierenden Unternehmer an.
Aus der Gleichung (IV) ⟨68⟩ ist ersichtlich, dass je höher die Größe n
desto größer muss X sein, um diese Gleichung erfüllen zu können. Daraus
können wir schließen, dass je größer die Anzahl der selbständigen Unternehmer, zwischen denen das gesamte potenzielle Angebot verteilt ist, desto
größer wird der Umfang ⟨Seite 46⟩ des gesamten Potenzialangebots im
Gleichgewicht sein, und folglich um so kleiner ist die Größe des gesamten
Reingewinns, die insgesamt in dieser Branche (d.h. von allen einzelnen
Unternehmern in der Gesamtheit) erwirtschaftet wird. Schließlich wird sich
die Höhe des gesamten Potenzialangebots, bei der sich das Gleichgewicht
einstellt, bei einer unbegrenzt steigenden Anzahl der konkurrierenden
Unternehmer, d.h. bei n → ∞, unbeschränkt dem Grenzwert X0 nähern, unter
X0 eine solche Höhe des gesamten Potenzialangebots verstehend, bei der die
größtmögliche Summe des Reingewinns gleich Null ist:
F(X0) = 0
⟨69⟩
Tatsächlich kann für n→∞ nur eine solche Größe X die Gleichung (IV) ⟨68⟩
erfüllen, welche F(X) in eine unendlich kleine Größe verwandelt, sonst
werden die erste und die zweite Komponente der linken Seite inkommensurable Größen bleiben (denn wenn n→∞ und F(X) eine endliche Größe ist, so
wird die erste Komponente zu einer unendlich großen und die zweite, dem
Wesen nach, immer zu einer endlichen Größe), und deswegen kann ihre
Summe auf keinen Fall gleich Null sein.
Die von uns erhaltene Schlussfolgerung hat allgemeine Bedeutung sowohl
für den Fall mit den zur Lagerung geeigneten als auch für den mit dafür
ungeeigneten Waren, weil wir der Größe X keinerlei andere Schranken
auferlegt haben, außer der Bedingung, dass F(X) eine stetige Funktion sei,
was immer richtig ist, wenn es um Massenproduktion und -absatz geht. Wenn
wir jetzt statt F(X) den Ausdruck des gesamten Reingewinns einsetzen,
welchen wir oben für die Fälle mit den zur Lagerung ungeeigneten Waren
138
Die Theorie der Konkurrenz von Aug. Cournot
ermittelt haben (in diesen Fällen ist das Potenzialangebot allein der Produktion gleich), erhalten wir:7
F (Q ) = Df ( D ) − Qu = 0
⟨70⟩
und wenn wir hier die von uns früher ermittelte Differenzialgleichung
hinzufügen:
d ( Df ( D ) − Qu )
=0
dD
⟨71⟩
⟨Seite 47⟩ erhalten wir ein Gleichungssystem, welches zur Bestimmung der
unbekannten Größen D und Q ausreicht. Da sich die Gesamtsumme der
Kosten Qu aus dem Wert der D verkauften Einheiten und dem auf sie
aufgeteilten Wert (Q – D) der verdorbenen Einheiten zusammensetzt, können
wir diese Gesamtkostensumme allgemein folgendermaßen darstellen:
D  u +

(Q − D )u 

D

⟨72⟩
wobei u die notwendigen Produktionskosten einer Produkteinheit und
( Q − D) u
jene Unternehmenskosten bezeichnen, welche für jede verkaufte
D
Einheit zusätzlich zu den notwendigen Produktionskosten anfallen; im
Weiteren werden wir diese Kosten „Realisationskosten“ nennen und mit Uv
bezeichnen [Uvariable, weil diese Kosten sich – im Gegensatz zu den notwendigen Kosten – mit der Veränderung der Variablen D und Q ändern].⟨c⟩
7 Wir ersetzen den Buchstaben X durch den Buchstaben Q zur Bezeichnung der
produzierten Menge (des potenziellen Angebots) zum Zwecke der Übereinstimmung mit
dem von uns früher erhaltenen Ausdruck des gesamten Reingewinns und um damit
Missverständnisse zu vermeiden, welche dadurch entstehen können, dass am Anfang
dieses Kapitels nicht die Größe Q, sondern die Größe D als die Veränderliche definiert –
und dementsprechend mit x bezeichnet – wurde.
⟨c⟩ Bereits an dieser Stelle muss auf einen Notationswechsel Dmitrievs hingewiesen wer-
den, der den Vergleich dieses Falls nicht lagerfähiger Güter mit dem später behandelten
lagerfähiger Waren erschwert und in der englischen Ausgabe tatsächlich zu widersprüchlichen Ausdrücken führte (vgl. ⟨h⟩ und ⟨i⟩): Dmitriev definiert auf S. 58 den hier
U
ϕ (Q − D )
(Q − D )u
mit U v = ϕ ( D, Q ) bezeichneten Quotienten
= u v . Damit
als v =
D
D
D
139
Produktionskosten ungleich Null
Diese Kosten Uv stellen sowohl in dem gegebenen Fall als auch für die zur
Lagerung geeigneten Waren, wie wir weiter unten sehen werden, eine
Q
dar, somit können wir schreiben:
Funktion des Verhältnisses
D
D
U v = ϕ ( D, Q ) , oder anders U v = ϕ  
Q
 
⟨73⟩
so dass die gesamte Kostensumme folgendermaßen dargestellt wird:
Qu = D[u + ϕ ( D, Q )]
⟨74⟩
Wenn wir diesen neuen Ausdruck der Gesamtkosten in unsere Gleichungen
einfügen und f(D) durch die Größe p aus der Marktgleichung [p = f(D)]
ersetzen, erhalten wir:
p − u − ϕ ( D, Q ) = 0
d [D ( p − u − ϕ ( D, Q ))] = 0
(I)
⟨75⟩
(II)
⟨76⟩
(III)
⟨77⟩
und
p = f ( D)
Wenn wir den Sinn dieser Gleichungen verbal ausdrücken, so erhalten wir
folgendes Gesetz, das, wie wir weiter unten sehen werden, eine für alle Fälle
gemeinsame Bedeutung hat: Bei Vorherrschen unbegrenzter freier Konkurrenz ist für das Bestehen des Gleichgewichts im Produktions- und Absatzbereich notwendig:
1) dass die Gesamtsumme des in diesem Zweig eingenommenen Reingewinns bei dem gegebenen Volumen des potenziellen Angebots die
größtmögliche sei (insbesondere für die ⟨Seite 48⟩ Fälle der zur Lagerung ungeeigneten Güter – bei einem gegebenen Produktionsumfang);
 
ϕ (Q − D )  
ergäbe sich für die Gewinnmaximierungsbedingung ⟨76⟩ d D p − u −
 = 0.
D

 
Unter Berücksichtigung des Notationswechsels wird ⟨76⟩ also äquivalent zu ⟨78⟩, der
Grundgleichung des Falles lagerfähiger Waren. Dies muss im Dmitriev-Modell auch so
sein, die scheinbare Inkonsistenz verschwindet.
140
Die Theorie der Konkurrenz von Aug. Cournot
2) dass diese größtmögliche Summe des Reingewinns gleich Null sei.
Diese beiden Bedingungen werden erfüllt sein, wenn das tatsächliche
Angebot D und das potenzielle Angebot Q Werte erhalten, welche aus der
Gesamtheit der Gleichungen (I) ⟨75⟩ und (II) ⟨76⟩ bestimmt werden. Der
Preis, welcher sich in diesem Fall auf dem Markt herausbildet, wird aus der
Gleichung (III) ⟨77⟩ bestimmt und wird der tatsächliche Gleichgewichtspreis
bei den gegebenen technischen Bedingungen der Produktion und der
Lagerung des Produktes und bei den gegebenen psycho-physiologischen
Bedingungen seines Konsums sein (die technischen Produktionsbedingungen
bestimmen die Konstante u im Ausdruck der notwendigen Kosten; die
technischen Lagerungsbedingungen bestimmen das Aussehen der Funktion ϕ
im Ausdruck der Realisationskosten; die psycho-physiologischen Konsumbedingungen bestimmen das Aussehen der Funktion f im Ausdruck der
Abhängigkeit zwischen dem Preis und dem Absatzumfang).
Auf diese Weise sehen wir, dass die Bedingung, dass die Summe des
Reingewinns gleich Null sei oder, mit anderen Worten ausgedrückt, dass der
Preis der verkauften Menge gleich den Kosten sei, welche aus diesem Preis
gedeckt werden sollen (Ricardos Gesetz), allein noch nicht genügt. Aus
unserer Zeichnung (siehe Zeichnung Nr. 5-6) ⟨Abb. 2.6⟩ können wir in der
Tat entnehmen, dass diese Bedingung (die einzige, die Ricardos Gesetz
verlangt) auch bei einem Produktionsumfang 0K0 erfüllt sein wird, wenn die
in einer Zeiteinheit verkaufte Menge gleich der in derselben Zeiteinheit
hergestellten Menge ist. Tatsächlich wird unter dieser Bedingung die bei 0K0
hergestellten Einheiten verdiente Summe, wie die Zeichnung zeigt, gleich
K0R0, was bedeutet, dass sie exakt den Produktionskosten der verkauften
Menge gleicht (weil der Punkt R0 sich im Schnittpunkt der Nachfragekurve
0D und der Geraden der Produktionskosten 0A befindet). Aber, nichtsdestoweniger, ungeachtet der Gleichheit von Preis und Produktionskosten (der
Preis einer Produkteinheit wird dem Tangens des Winkels ϑ gleich sein,
demselben Tangens gleichen auch die Produktionskosten einer Produkteinheit), kann das Gleichgewicht im betreffenden Zweig nicht zustande kommen, weil die Gleichheit von Preis und Produktionskosten nur unter der
Bedingung existieren wird, dass die gesamte in einer Zeiteinheit hergestellte
Menge abgesetzt wird, während tatsächlich (kraft der Hauptvoraussetzung
des Strebens der Menschen nach größtem Vorteil) nicht die ganze hergestell-
Produktionskosten ungleich Null
141
te Menge realisiert wird, sondern nur ein Teil von ihr, und zwar die Menge
0K, da gerade dieses Absatzvolumen, wie wir gesehen haben, für jeden
einzelnen Unternehmer die größtmögliche Summe des Reingewinns gewährleistet, welche bei dem gegebenen Produktionsumfang möglich ist. Aber, wie
man aus der Zeichnung sehen kann, ist der dem Volumen des Angebots 0K
entsprechende Preis gleich dem Tangens des Winkels ⟨Seite 49⟩ R0X und
wird größer als der Tangens des Winkels R00X, welcher die Kosten ausdrückt, die aus jeder verkauften Einheit gedeckt werden sollen,8 und deswegen kann das Gleichgewicht bei dem 0K0 gleichen Produktionsvolumen in
dem betrachteten Zweig noch nicht eintreten, weil, solange in der betreffenden Branche ein Reingewinn existiert, der Eintritt neuer Unternehmer in sie
und damit verbunden, wie wir oben gesehen haben, auch die Ausweitung der
Produktion nicht aufhört. Das Gleichgewicht tritt nur dann ein, wenn das
Produktionsvolumen den Grenzwert 0K2 erreicht, bei welchem der betreffende Zweig durch keine Methode des Absatzes der produzierten Menge einen
Reingewinn schaffen kann: Bei der vorteilhaftesten Verkaufsmethode (bei
einem Absatzumfang gleich 0K und einem Preis gleich dem Tangens des
Winkels R0X), welche faktisch kraft des Strebens der einzelnen Unternehmer
nach größtem Vorteil angewandt wird, ist die Summe des Reingewinns gleich
Null; bei jeder anderen Verkaufsmethode wird sie gleich einer negativen
Größe sein (wie man aus der Zeichnung sieht: Siehe z.B. die gestrichelte
Darstellung S0S1S für die Höhe des Absatzes 0S09). Eine weitere Produktionsausweitung wird unmöglich, weil größere Mengen als 0K2 ihre Produktionskosten durch keine Verkaufsmethode (d.h. das Verhältnis des Absatzumfangs zum Umfang der Produktion in derselben Zeiteinheit) aus dem
erwirtschafteten Preis decken können. Wenn wir in der Tat einen größeren
Produktionsumfang als 0K2 annehmen, z.B. gleich 0K3, so erhalten wir im
Ergebnis stets einen Verlust, welches Absatzvolumen wir pro Zeiteinheit
auch immer bestimmen (bei entsprechender Veränderung des Preises): Bei
einem Absatz gleich 0K3 (d.h. der gesamten produzierten Menge) wird dieser
8 Es ist nicht schwer zu sehen, dass diese Kosten größer als die notwendigen durch den
Tangens des Winkels ϑ ausgedrückten Kosten werden, weil durch den Preis der
verkauften Einheiten nicht nur ihre notwendigen Produktionskosten, sondern auch die
Produktionskosten von noch nicht verkauften Gütereinheiten gedeckt werden müssen.
9 Der Abschnitt S S zeigt den Verlust an, welchen die Unternehmer bei dieser Höhe des
1
Absatzes erleiden werden.
142
Die Theorie der Konkurrenz von Aug. Cournot
Verlust am höchsten und gleich FZ sein, wie man aus der Zeichnung sehen
kann; bei einer Verringerung des Absatzes wird der Verlust zuerst abnehmen,
bis er bei einer Absatzhöhe von 0K am niedrigsten, gleich RW wird, und
danach steigt er wieder. Auf diese Weise sehen wir, dass der niedrigste
Verlust, welcher bei einem Produktionsvolumen von 0K3 möglich ist,
dennoch größer als Null sein wird, oder mit anderen Worten, der größtmögliche Gewinn ist kleiner Null. Dasselbe erhalten wir, wie aus der Zeichnung
ersichtlich, auch für jede beliebige Höhe der Produktion größer als 0K2.
Somit wird sich bei unbeschränkter freier Konkurrenz das Produktionsvolumen, ⟨Seite 50⟩ wie die Zeichnung Nr. 5 ⟨Abb. 2.6, obere Graphik⟩ zeigt, auf
dem Niveau 0K2 einpegeln, der Absatzumfang in derselben Zeiteinheit wird
0K, der Preis gleich tan∠R0X, der Bruttoerlös KR, die Produktionskosten,
welche aus dem Preis der verkauften Menge gedeckt werden sollen, werden
auch gleich KR, d.h. gleich dem Bruttoerlös; demzufolge wird der Reingewinn gleich 0. Wir vergleichen diese Resultate des Wirkens freien Wettbewerbs mit denen, die bei Herrschaft eines Monopolunternehmers in dem
gegebenen Zweig eintreten würden. Wir sehen, dass der Monopolist seine
Produktion bei der Größe 0M stoppen wird, welche, wie Zeichnung Nr. 6
⟨Abb. 2.6, untere Graphik⟩ zeigt, für ihn zur größten Summe des Reingewinns führt. Bei diesem Produktionsvolumen, wie man aus der Zeichnung
Nr. 5 ⟨Abb. 2.6, obere Graphik⟩ sieht (siehe die entsprechende Stelle weiter
oben), wird der vorteilhafteste Absatzumfang 0M, der gesamte Bruttoerlös
demzufolge MN, der Preis jeder Einheit gleich tan∠N0X, die gesamte Summe
der Kosten, welche aus dem Preis der verkauften Menge gedeckt werden
sollen gleich ML, die auf jede verkaufte Produktionseinheit fallenden Kosten
gleich tan∠ϑ, die Summe des Reingewinns gleich LN sein. Auf diese Weise
sehen wir, dass der Preis, welcher sich auf dem Markt unter der Herrschaft
eines Monopolisten einstellt, höher als der Preis sein wird, welcher sich unter
den Bedingungen der unbeschränkten freien Konkurrenz herausbildet (weil
tan∠N0X > tan∠R0X); jedoch werden die auf jede verkaufte Einheit entfallenden Produktionskosten im Falle eines Monopols kleiner als unter dem
Vorherrschen freier Konkurrenz (weil tan∠ϑ < tan∠R0X); wenn wir uns der
näheren Analyse dieses Phänomens zuwenden, sehen wir, dass die Erhöhung
der für jede verkaufte Einheit anfallenden Kosten unter den Bedingungen des
freien Wettbewerbs dadurch zustande kommt, dass jede verkaufte Einheit,
außer ihren eigenen notwendigen Produktionskosten, noch einen Teil der
143
Produktionskosten ungleich Null
Aufwendungen enthalten muss, welche durch die Lagerung von nicht
verkauften Einheiten verursacht werden. In unserem Fall werden diese
zusätzlichen Kosten (d.h. die Kosten, welche auf jede verkaufte Einheit über
ihre notwendigen Produktionskosten hinaus entfallen) auf Grund unserer
Annahme der Untauglichkeit des Gutes zur Lagerung gleich der Summe der
notwendigen Produktionskosten von nicht verkauften Einheiten sein, welche
auf die Anzahl der verkauften Einheiten verteilt wird.
Wenn wir für die Analyse lagerfähige Güter genommen hätten, so wäre
die Grenze, bis zu der der Absatz in einer Zeiteinheit erweitert werden kann,
d.h. das Potenzialangebot, nur in jenem speziellen Fall gleich dem Produktionsvolumen derselben Zeiteinheit, in dem der vorteilhafteste Absatzumfang
einer Zeiteinheit gleich der gesamten Produktionsmenge wäre – sonst wird
auf dem Markt zu Beginn jeder Zeiteinheit ⟨Seite 51⟩ immer ein gewisser
Bestand aus der Produktion der vorhergehenden Einheit (oder den vorhergehenden Einheiten) übrigbleiben, so dass die Grenze, bis zu der das Angebot
jeder gegebenen Zeiteinheit gebracht werden kann, größer als die Produktion
dieser Einheit wird – gerade um die ganze Summe des Restes zu Beginn
dieser Zeiteinheit. Somit gilt, dass, wenn der Rest zum Beginn der gegebenen
Periode gleich Qc Einheiten (aus der Produktion der vorhergehenden
Zeiteinheiten) ist und während der gegebenen Zeiteinheit Qv Einheiten neu
hergestellt werden können (gemäß der existierenden Betriebsgröße, welche
für die gegebene Periode eine unveränderliche Größe darstellt), dann die
Grenze, bis zu der das Angebot in der betreffenden Zeiteinheit gebracht
werden kann, gleich Qc + Qv = Q wird. Diese Größe Q werden wir im
Folgenden im Unterschied zum tatsächlichen Angebot oder Absatz, welchen
wir nach wie vor mit D bezeichnen, potenzielles Angebot nennen.
Wenn wir jetzt annehmen, dass das Potenzialangebot Q pro Zeiteinheit
eine gegebene Größe ist, so wird der Umfang des tatsächlichen Angebotes
pro Zeiteinheit, welches die bei gegebenem potenziellem Angebot höchstmögliche Summe des Reingewinns pro Zeiteinheit sichert, aus folgender
Gleichung bestimmt:
ϕ (Q − D ) 
 
d  D  p − uc −

D

 
=0
dD
(I)
⟨78⟩
144
Die Theorie der Konkurrenz von Aug. Cournot
wobei uc die notwendigen Produktionskosten einer Produkteinheit und
ϕ (Q – D) den Wert der Lagerung von (Q – D) nicht verkauften Einheiten bis
zur nächsten Periode darstellen.10 Auf diese Weise, wenn das gesamte
potenzielle Angebot Q (NB⟨d⟩: Wir nehmen einschränkend – aus methodologischen Zielen – an, dass es vorläufig eine gegebene Größe ist. In Wirklichkeit ⟨Seite 52⟩ wird die Größe Q selbst entsprechend dem Streben des
Wirtschaftssubjektes nach größtmöglichem Vorteil bestimmt.) in den Händen
eines Monopolunternehmers konzentriert ist, dann wäre für ihn ein
Absatzvolumen, welches er tatsächlich bereitstellen würde, in Höhe von D
am vorteilhaftesten (wenn er in jeder Zeiteinheit über das Potenzialangebot
von Q Einheiten verfügen würde), mit D die Wurzel der Gleichung (I) ⟨78⟩
bezeichnend.
10 Die Zusatzkosten enthalten den Wert der Lagerung des Vorrates (Q – D) nur für die
Zeit über der objektiv notwendigen, d.h. für eine Lagerung länger als die durch die
objektiven Ursachen, die natürliche Nichtübereinstimmung der Produktions- und
Konsumperioden, bestimmte Zeit: Wir nehmen an, dass die durch objektive Ursachen
bedingten und deshalb von der wirtschaftlichen Kalkulation unabhängigen Lagerungskosten schon in den notwendigen Kosten uc enthalten sind.
Es ist nicht schwer zu verstehen, dass im Gleichgewichtszustand die Summe der
Zusatzkosten ϕ (Q – D) gleich dem Wert der Vorratslagerung (Q – D) im Verlaufe einer
Zeiteinheit sein wird: Tatsächlich, da in einem Gleichgewichtszustand D notwendig
gleich Qv sein muss (sonst könnte das Gleichgewicht nicht existieren), wird Qc = (Q – D)
zu einer konstanten Größe, so dass die Kosten jeder Zeiteinheit außer den notwendigen
Kosten von D verkauften Einheiten (d.h. außer der Summe Duc) noch den Wert der
Lagerung eines toten Vorrates Qc pro Zeiteinheit enthalten müssen.
⟨Die französische Übersetzung bemerkt hierzu in Fn. 25 auf S. 146 Folgendes: „Die
in der vorausgegangenen Anmerkung gemachten Unterscheidungen können durch die
Betrachtung einer Ware erhellt werden, deren Herstellung normalerweise regelmäßig
über das ganze Jahr verteilt und deren Verbrauch jahreszeitlichen Schwankungen
unterworfen ist (Kohle zu Heizzwecken zum Beispiel). Es gibt also einen ‚objektiv
notwendigen Grund’ der Lagerung, deren Kosten normalerweise in uc enthalten sind;
umgekehrt wird ein Fehler in der Versorgung (oder im ‚ökonomischen Kalkül’), der eine
Überproduktion zur Folge hat, ‚allgemeine Kosten’ verursachen, die den Preis einer
verkauften Einheit belasten. Was das tote Lager betrifft, das ist der ursprüngliche
überschüssige Lagerbestand, den man nicht mehr auflösen kann, nachdem sich einmal
die Produktion an den Verbrauch angepasst hat (Gleichgewicht).“ (Eigene Übersetzung.)⟩
⟨d⟩ Alternativ zu „Anmerkung“ (primečanie) verwendet Dmitriev von nun an des Öfteren
die Abkürzung NB für „nota bene“ (merke wohl).
Produktionskosten ungleich Null
145
Es ist nicht schwer zu verstehen, dass, wenn das potenzielle Angebot Q
nicht in einer Hand konzentriert, sondern unter einer beliebigen Anzahl von
konkurrierenden Unternehmern verteilt wäre, dann das vorteilhafteste
Absatzniveau für jeden der konkurrierenden Unternehmer unter den das
Entstehen von Rente ausschließenden Bedingungen (d.h. unter der Annahme,
dass die Produktions-, Lagerungs- und Absatzbedingungen des Produktes für
alle konkurrierenden Unternehmer gleich sind) genau dasselbe wäre,
welches, wie wir weiter oben gesehen haben, für den Monopolbesitzer des
Gesamtangebots, bei dem gegebenen gesamten Potenzialangebot die größte
Gesamtsumme des Reingewinns ermöglicht und folglich bei dem gegebenen
Potenzialangebot am vorteilhaftesten ist. Wir nehmen in der Tat an, dass das
potenzielle Angebot irgendeines der n konkurrierenden Unternehmer, z.B.
Q
des Unternehmers k, gleich qk = m ist; sein Absatz wird gleich Dk; wenn wir
die Annahme berücksichtigen, dass die Marktlage für alle Unternehmer
D sein.11 Der Bruttoerlös des Untergleich günstig sei, so wird Dk gleich m
D f ( D) sein. Die notwendigen Kosten sind gleich
nehmers k wird gleich m
Qu
qk uc = mc . Die Zusatzkosten werden gleich dem Wert der Lagerung von
qk − Dk =
Q−D
Einheiten, ein Wert, der unter den das Entstehen von Rente
m
ausschließenden Bedingungen m-mal kleiner ⟨Seite 53⟩ als der Wert der
Lagerung des Bestandes von (Q – D) Einheiten sein wird.12 Ist der Wert der
11 Eine gleich günstige Marktlage wird durch folgende Bedingung ausgedrückt:
D
D
D + D2 + K + Dn D . Aus der Gleichung Dk D
D1 D2
=
=K= k =K= n = 1
=
=
q1
q2
qk
qn
q1 + q2 + K + qn
Q
qk Q
erhalten wir Dk = Dqk , und wenn wir für qk seine Größe Q einsetzen, haben wir:
Q
m
Q
D
D
Dk = m = .
Q
m
12 Wenn der Wert der Lagerung des individuellen Vorrats aus Q − D Einheiten nicht
m
um m-mal kleiner als der Wert der Lagerung des Gesamtvorrats von (Q – D) Einheiten
wäre, so würde das bedeuten, dass die Absatzbedingungen für Unternehmer mit
unterschiedlichen Betriebsgrößen ungleich wären; demzufolge würde der gesamte
146
Die Theorie der Konkurrenz von Aug. Cournot
Lagerung des Vorrates von (Q – D) Einheiten gleich ϕ (Q – D), dann werden
ϕ (Q − D )
sein, und aus der
die Zusatzkosten des Unternehmers k gleich
m
Kalkulation pro verkaufter Einheit erhalten wir:
ϕ (Q − D )
m
: Dk =
ϕ (Q − D ) D ϕ (Q − D )
: =
m
m
D
⟨79⟩
Auf diese Weise wird der individuelle Reingewinn des Unternehmers k
gleich:
D
D
ϕ (Q − D) D
f ( D ) − uc −
m
m
D
m
⟨80⟩
1 
ϕ (Q − D) 
D  f ( D ) − uc −

m 
D

⟨81⟩
oder
der Differenzialkoeffizient dieses Ausdrucks nach der Variablen D wird:
ϕ (Q − D) 
1  
d  D  f ( D ) − uc −
 : dD ⟨e⟩
m  
D

⟨82⟩
wenn wir diese Größe gleich Null setzen, erhalten wir die Gleichung:
ϕ (Q − D ) 

d  D  p − uc −
 = 0
D

 
⟨83⟩
deren Wurzel genau der Wurzel der Gleichung (I) ⟨78⟩ auf Seite 51 ⟨S. 143⟩
entspricht.
Es ist selbstverständlich, dass, wenn aus der Differenzialgleichung (I)
⟨78⟩ folgen würde, dass die Größe D, welche bei gegebenem Q die größte
Bruttoerlös unvermeidlich eine bestimmte Summe an Differenzialeinkommen enthalten
(die dem Anteil der Unternehmen zufließt, welche sich in einer günstigeren Lage
befinden), was bedeutet, dass der Bruttoerlös im Gleichgewichtszustand auf gar keinen
Fall gleich der Summe der notwendigen Kosten der verkauften Menge sein könne. Und
unter solchen Bedingungen, wie wir im I. Essay zeigten, kann der Produktpreis nicht
unabhängig von der Art der Funktion f im Ausdruck p = f(D), d.h. mit anderen Worten,
unabhängig von den Konsumbedingungen, siehe III. Essay, bestimmt werden.
⟨e⟩ In der englischen Ausgabe fehlt auf S. 138 der Nenner dD.
147
Produktionskosten ungleich Null
Summe des Reingewinns gewährleistet, größer als Q wäre, dann D gleich Q
angenommen werden müsste, weil die Größe D im Allgemeinen an die
Bedingungen D ≥ 0 und D ≤ Q⟨f⟩ gebunden ist. In jedem Fall, solange das
gesamte potenzielle Angebot Q kleiner als die Wurzel der Gleichung
d [Qf (Q ) − Quc ]
= 0 ⟨g⟩
dQ
(A)
⟨84⟩
⟨Seite 54⟩ ist, solange wird das vorteilhafteste Absatzvolumen immer gleich
dem gesamten Potenzialangebot sein, d.h.:
D=Q
(B)
⟨85⟩
Wenn die Bestimmung der Größe Q von einem Monopolunternehmer
abhinge, so würde er, geführt vom Streben nach größtmöglichem Vorteil,
gerade eine Größe des potenziellen Angebots gleich der Wurzel der Gleichung (A) ⟨84⟩ wählen, weil dieses Volumen des Potenzialangebots bei
gleich großem Absatz für ihn die absolut größte Summe des Reingewinns
garantiert. Bei weiterer Steigerung von Q wird der größtmögliche (nicht
absolut, sondern bei einem gegebenen Umfang von Q) gesamte Reingewinn
im allgemeinen kleiner (Details siehe weiter unten).
Bei einer bestimmten Größe Q > QA13 wird der vorteilhafteste (bei gegebenem Q) Angebotsumfang aufhören, gleich dem gesamten potenziellen
Angebot zu sein, und ab diesem Zeitpunkt werden die Kosten, welche aus
dem Bruttoerlös gedeckt werden, außer den notwendigen Produktionskosten
der verkauften Menge stets auch noch eine bestimmte Summe zusätzlicher
Kosten (infolge der Lagerung von objektiv überflüssigen, spekulativen
Vorräten) enthalten. Mit der weiteren Steigerung von Q wächst auch die
Summe der Zusatzkosten, bis die Gesamtkosten schließlich bei einer
bestimmten Größe Q0 den gesamten Bruttoerlös verschlingen, so dass der
Reingewinn R0 = F(Q0) = 0 ist. Es ist nicht schwer zu verstehen, dass das
weitere Anwachsen des potenziellen Angebots für keinen der n konkurrierenden Unternehmer (unabhängig von ihrer Anzahl) vorteilhaft sein kann. Unter
⟨f⟩ Im russischen Original steht nur „<“. Dies ist wegen der eben getroffenen Aussage
Dmitrievs offensichtlich ein Druckfehler.
⟨g⟩ Auf S. 139 ist in der englischen Ausgabe der Nenner unvollständig (statt dQ nur d).
13 Unter Q die Wurzel der Gleichung (A) ⟨84⟩ verstehend.
A
148
Die Theorie der Konkurrenz von Aug. Cournot
Zuhilfenahme der gleichen Methoden, die wir weiter oben angewandt haben
(bei der Untersuchung von Fällen der zur Lagerung nicht geeigneten Güter),
kann man ebenso leicht zeigen, dass bei Vorherrschen unbegrenzter freier
Konkurrenz sich ein Gleichgewicht auch bei einer Menge kleiner als Q0 nicht
einstellen kann. Aber bei einem solchen Volumen des potenziellen Angebots
wird der vorteilhafteste Umfang des tatsächlichen Angebots in aller Regel
immer kleiner als das Potenzialangebot sein und demzufolge werden die
Gesamtkosten, welche aus dem Preis der verkauften Menge gedeckt werden,
unvermeidlich höher als die notwendigen Produktionskosten dieser Menge
sein. Um sich über die Wechselbeziehung der verschiedenen Kostenelemente
klar zu werden, kehren wir zu den Zeichnungen zurück, die wir bei der
Analyse des vorherigen Falls benutzt haben (d.h. des Falls von für die
Lagerung ungeeigneten Waren). Die Kurve des Bruttoerlöses ⟨Seite 55⟩ und
die Gerade der notwendigen Kosten bleiben selbstverständlich, auch so wie
früher, gleich (Zeichnung Nr. 5) ⟨Abb. 2.6, obere Graphik⟩. Wenn wir jetzt
annehmen, dass das Potenzialangebot gleich der Abszisse 0K2 eine konstante
Größe sei und das tatsächliche Angebot eine Variable, und anfangen, das
tatsächliche Angebot zu verändern, indem wir es nach und nach, beginnend
mit dem gesamten verfügbaren Bestand bis auf Null verringern, dann wird
die Kostensumme, die aus dem Wert der verkauften Menge ⟨dem Bruttoerlös⟩
erstattet werden muss, sukzessiv durch die entsprechenden Ordinaten der
Linie ff1 ausgedrückt.
Diese Kurve werden wir im Weiteren zur Verkürzung als „Kurve der
Gesamtkosten“ bezeichnen. Unabhängig davon, wie diese Kurve in Abhängigkeit von den Eigenschaften des gegebenen Gutes und den allgemeinen
Lagerungsbedingungen variieren würde (unter bestimmten Umständen kann
sich diese Kurve in eine Gerade verwandeln) könnte sie trotzdem niemals mit
der Linie der notwendigen Produktionskosten (0A) übereinstimmen. Sie
könnte mit der Geraden 0A nur dann zusammenfallen, wenn die Lagerung
der Waren nicht mit irgendwelchen Zusatzkosten verbunden wäre. Weil das
aber nicht so ist und für keine der Waren möglich ist, werden alle Ordinaten
der Kurve ff1, außer der Ordinate fK2, welche dem Absatz (der durch die
Abszisse 0K2 ausgedrückt wird) gleich der gesamten Produktionsmenge
entspricht, immer größer als die entsprechenden Ordinaten der Geraden 0A
sein. Die Differenz zwischen den notwendigen Produktionskosten und jener
Kostensumme, welche aus der verkauften Menge ersetzt werden soll
Produktionskosten ungleich Null
149
(graphisch wird diese Differenz durch den vertikalen Abstand zwischen der
Kurve ff1 und der Geraden 0A dargestellt), werden wir im Weiteren als „die
Realisationskosten“ der verkauften Menge bezeichnen. Auf diese Weise kann
die Kurve ff1 auch als die Kurve „der Realisationskosten“ betrachtet werden:
Man sollte sich nur daran erinnern, dass den Kosten der Realisation nicht die
ganzen Ordinaten, sondern die Abschnitte der Ordinaten der Kurve ff1
entsprechen, welche sich höher als die Schnittpunkte mit der Geraden der
notwendigen Kosten befinden. Wir lassen vorläufig die individuellen Formen
der Linie ff1 unbeachtet. Für uns ist es zunächst ausreichend, die allgemeinste
Abhängigkeit zwischen dem Absatzumfang bei dem gegebenen Volumen der
Vorräte und der Summe „der Gesamtkosten“, die auf die verkaufte Menge
entfallen, zu bestimmen. Wir haben schon gesehen, dass die Kurve ff1 außer
dem Punkt f (welcher der Gleichheit von Produktion und Angebot pro
Zeiteinheit entspricht) keine anderen gemeinsamen Punkte mit 0A haben
kann. Dem sollte man hinzufügen, dass unabhängig von den Eigenschaften
des betrachteten Gutes die Kurve ff1 nicht fallen wird; wenn y = f (x) die
Gleichung dieser Kurve ist, dann kann f ′(x) nicht kleiner als Null sein. Diese
Forderung ergibt sich aus jener Überlegung, dass bei vollständigem Verderben der ⟨Seite 56⟩ nicht verkauften Ware (die man in die nächste Periode
übernommen hatte) die Kurve ff1 zu einer horizontalen Geraden wird.
Deshalb, wenn die Lagerung der Güter bis zur nächsten Periode teurer wäre
als ihr vollkommenes Verderben (mit der Übertragung des Wertes der
verdorbenen Menge auf die verkauften Einheiten), dann würde der Unternehmer die nicht verkauften Waren nicht aufbewahren (weil es für ihn
vorteilhafter wäre, solche Ware verderben zu lassen). Auf diese Weise stellt
f ′ (x) = 0 den kleinsten Wert dar, welchen (die erste) Ableitung dieser
Funktion überhaupt haben kann. Für die zur Lagerung geeigneten Waren
df ( x )
wird
im allgemeinen größer als Null, und daher verläuft die Kurve ff1
dx
wie in der Zeichnung dargestellt (d.h. jeder größeren Abszisse entspricht
auch eine größere Ordinate).
Schließlich muss die Kurve ff1 noch der Forderung genügen, dass der
Winkel, der von einer Geraden, welche man aus einem beliebigen Punkt der
Kurve ff1 durch 0 zieht, und der horizontalen Koordinatenachse gebildet
wird, um so größer würde, je weiter dieser Kurvenpunkt von dem Punkt f
entfernt liegt. Die Kurve ff1 muss unabhängig von der Art des betrachteten
150
Die Theorie der Konkurrenz von Aug. Cournot
Gutes und den konkreten Bedingungen seiner Lagerung dieser Forderung
entsprechen. Wenn tatsächlich die Lagerungskosten einer Einheit des
betreffenden Produktes pro gegebener Zeiteinheit nicht gleich Null sind (wie
das auch in der Wirklichkeit ist), dann werden die Kosten, welche aus jeder
verkauften Einheit gedeckt werden müssen, im Allgemeinen um so höher
sein, je mehr unverkaufte Einheiten auf jede verkaufte Einheit entfallen.
Deswegen muss jeder kleineren Abszisse der Kurve ff1 notwendigerweise ein
größerer Tangens des Winkels entsprechen (und folglich auch ein größerer
Winkel, weil die Winkel sich gleich dem Tangens verhalten), der aus einer
Geraden, welche man aus dem entsprechenden Kurvenpunkt durch 0 zieht,
und der horizontalen Koordinatenachse gebildet wird (weil der Tangens
dieses Winkels graphisch die Höhe der Kosten darstellt, die im Preis jeder
verkauften Einheit gedeckt werden müssen). Es ist nicht schwer zu sehen,
dass auch der von uns früher für den Fall nicht lagerfähiger Güter angenommene Verlauf der Realisationskosten (horizontale Gerade) dieser Forderung
voll entspricht. Somit stellen die Gesamtkosten (d.h. die notwendigen Kosten
plus die Realisationskosten), welche auf jede verkaufte Einheit entfallen, für
eine beliebige Art von Waren (lagerfähiger wie nicht lagerfähiger) bei der
gegebenen hergestellten Menge eine stetig14 fallende Funktion des Absatzumfanges pro Zeiteinheit dar. ⟨Seite 57⟩ Genau diesen Umstand hat Ricardo
außer Acht gelassen, als er seine Produktionskostentheorie schuf. Weiter
oben fanden wir, dass das Gleichgewicht in dem von uns untersuchten
Beispiel für den Fall der zur Lagerung ungeeigneten Güter bei einem
potenziellen Angebot 0K2 eintreten würde (vgl. Zeichnung Nr. 5) ⟨Abb. 2.6,
obere Graphik⟩, weil bei diesem Umfang des Potenzialangebots die größtmögliche Summe des gesamten Reingewinns (die gerade zum Absatz 0K
korrespondiert) gleich Null wäre.
Wenn wir für unsere Analyse anstelle der zur Lagerung ungeeigneten
irgendwelche anderen Waren genommen hätten, so dass wir statt der Geraden
fR irgendeine Linie ff1 erhalten hätten, dann wäre der vorteilhafteste Absatzumfang bei dem Produktionsvolumen 0K2 gleich einer gewissen Größe 0Km,
für die der vertikale Abstand zwischen den Kurven 0D und ff1 am größten
wäre; aus der Zeichnung ist nicht schwer zu entnehmen, dass 0Km kleiner als
14 Im Rahmen einer möglichen Veränderung der Variablen, d.h. bei Veränderungen der
Variablen von Null bis zur gesamten hergestellten Menge.
151
Produktionskosten ungleich Null
0K sein muss. Es ist auch nicht schwierig, sich zu vergewissern, dass der
betrachtete Produktionszweig bei dieser Absatzhöhe noch einen Reingewinn
(gleich dem Abschnitt CC0) erbringen würde, und demzufolge könnte sich
das Gleichgewicht unter der Herrschaft unbeschränkter freier Konkurrenz bei
einem Umfang des potenziellen Angebots, welcher der Abszisse 0K2
entspricht, noch nicht einstellen, weil es bei diesem Volumen des gesamten
Potenzialangebots für jeden der unendlich großen Zahl selbständiger
Unternehmer noch vorteilhaft wäre, sein individuelles potenzielles Angebot
zu erhöhen (auf der Jagd nach einem „momentanen Vorteil“). Wenn wir so
wie früher (siehe weiter oben S. 49 ⟨S. 139 ff.⟩) vorgehen, müssen wir zu
dem Schluss gelangen, dass sich ein Gleichgewicht in dem betreffenden
Zweig nur bei einer bestimmten Höhe der Produktion (genauer, des potenziellen Angebots) gleich 0K4 einstellen wird, bei der die Kurve, welche die
Veränderung der gesamten15 Kosten bei einem Absatzrückgang vom
gesamten Potenzialangebot 0K4 bis Null anzeigt, zu einer Tangente an die
Kurve 0D wird. Der vorteilhafteste Umfang des Absatzes bei dieser Höhe des
potenziellen Angebots wird gleich der Abszisse sein, welche dem Berührungspunkt16 der beiden Kurven entspricht, und weil bei diesem vorteilhaftesten Absatzvolumen die Summe des Reingewinns gleich Null ist (bei jedem
anderen Angebotsumfang wird sie negativ, wie man aus der Zeichnung sehen
kann), wird somit jegliches Motiv für eine weitere Ausweitung des Potenzialangebots seitens einzelner Unternehmer ⟨Seite 58⟩ vernichtet (auf der Jagd
nach momentanem Vorteil).
Algebraisch werden die Gleichgewichtsbedingungen durch folgende
Gesamtheit von Gleichungen ausgedrückt:
Dp − Du − Duv = 0 ⟨h⟩
(I)
⟨86⟩
15 D.h. gleich den notwendigen Kosten plus den Realisationskosten.
16 Wir haben den Berührungspunkt in der Graphik im Punkt C platziert, weil sich unter
realitätsnahesten Umständen (siehe weiter den entsprechenden Paragraphen), die Kurve
der Gesamtkosten bei einer Erhöhung des potenziellen Angebots parallel nach oben
verschieben wird.
⟨h⟩ In der englischen Übersetzung sieht diese Formel auf S. 142 anders aus, nämlich
Dp − Qu − Du v (in ihrer Notation Dp − Su − Dv wegen S = J + Q für Dmitrievs
152
Die Theorie der Konkurrenz von Aug. Cournot
[
]
d Dp − Du − Duv
=0
dD
(II)
⟨87⟩
Wobei D – das gesamte tatsächliche Angebot, Q – das gesamte potenzielle
Angebot, u – die notwendigen Produktionskosten einer Produkteinheit, p –
der Preis einer Produkteinheit und uv – die Unternehmenskosten, die auf jede
der D verkauften Einheiten zusätzlich zu den notwendigen Kosten entfallen
(bei einem potenziellen Angebot von Q). Indem wir hieran die Marktbedingungen (letzten Endes – die Konsumbedingungen):
p = f (D )
(III)
⟨77⟩
sowie die Lagerungsbedingungen anschließen, welche durch den Ausdruck
dargestellt werden:
U v = ϕ (Q − D )
⟨88⟩
wobei Uv – die Summe der Kosten der Lagerung des Vorrates (Q – D)
innerhalb der Zeit über die für den Verkauf dieses Vorrates objektiv notwendige Zeit hinaus, deren Gleichung in die Form gebracht werden kann:
U v ϕ (Q − D )
=
D
D
oder
uv =
⟨89⟩
ϕ (Q − D )
(IV)
D
Q = Qc + Qv sowie v =
γ (S − D)
D
für dessen uv =
ϕ (Q − D )
D
⟨90⟩
. Diese Formel widerspricht
nicht nur der Dmitriev’schen Intention, sondern auch dem Ausdruck ⟨78⟩ auf S. 137 der
englischen Ausgabe. Dieser Widerspruch kann nicht mit Dmitrievs Notationsvariationen
erklärt werden (vgl. ⟨c⟩), sondern resultiert offenbar aus Irritationen bei dem englischen
Versuch der Variablenvereinheitlichung. Das gesamte potenzielle Angebot Q wird
entweder verkauft oder nicht. Im letzten Fall gilt Q = D + (Q – D). Die vom Gesamterlös
(Dp) zu deckenden Gesamtkosten umfassen die notwendigen Kosten des tatsächlichen
Angebots (Du) sowie zusätzlich die Lagerungskosten der nicht verkauften Menge
(ϕ (Q − D) ) . Wegen ϕ (Q − D) = uv ergibt sich somit die linke Seite der Gewinngleichung
D
⟨86⟩: Dp – Du – Duv. Später wird die englische Ausgabe S willkürlich in D verwandeln,
dabei jedoch einen weiteren Fehler einbauen (vgl. ⟨i⟩).
153
Produktionskosten ungleich Null
erhalten wir ein Gleichungssystem, welches für die Bestimmung aller
Unbekannten (vom Standpunkt der theoretischen Ökonomie) Q, D, p, uv
genügt.
Wenn wir die Unbekannten p und uv durch Einsetzen in die Gleichungen
(I) ⟨86⟩ und (II) ⟨87⟩ aus diesen eliminieren, so erhalten wir zwei Basisgleichungen, welche (im Gleichgewichtszustand) die Höhe des tatsächlichen und
des potenziellen Angebots aus denselben bekannten Größen bestimmen:
Df ( D) − Du − D
ϕ (Q − D)
D
d ( Df ( D) − Du − D
dD
=0
ϕ (Q − D)
D
)
=0
(a)
⟨91⟩
(b)
⟨92⟩
(V)
⟨93⟩
(VI)
⟨96⟩
Wenn wir ferner beachten, dass das potenzielle Angebot
Q = Qc + Qv
und dass im Gleichgewichtszustand
Qv = D
ist, ⟨Seite 59⟩ können wir unsere Basisgleichungen in folgender Form
darstellen:
Df ( D) − Du − D
ϕ (Qc + Qv − D)
D
=0
ϕ (Qc + Qv − D) 

d  Df ( D) − Du − D

D

 =0
dD
(a1)
⟨94⟩
(b1)
⟨95⟩
welche sich im Gleichgewichtszustand (kraft der Bedingung Qv = D ⟨96⟩)
verwandeln in:
154
Die Theorie der Konkurrenz von Aug. Cournot
Df ( D ) − Du − D
ϕ (Qc )
D
= 0 ⟨i⟩
ϕ (Qc ) 

d  Df ( D ) − Du − D
D 

=0
dD
(A)
⟨97⟩
(B)
⟨98⟩
Das System der Gleichungen (I) ⟨86⟩, (II) ⟨87⟩, (III) ⟨77⟩, (IV) ⟨90⟩, (V) ⟨93⟩
und (VI) ⟨96⟩ genügt vollkommen für die Bestimmung (in ökonomisch
bekannten Größen) aller von der Wirtschaftskalkulation abhängigen Größen:
Q, Qc, Qv, D, p, uv.
Wie wir schon gezeigt haben, wird der diesem Gleichungssystem entsprechende Preis graphisch durch den Tangens des Winkels ausgedrückt, der von
der X-Achse und der Geraden gebildet wird, die vom Koordinatenursprung
zum Berührungspunkt der Kurve („des Bruttoerlöses“) 0D und der ⟨parallel
nach oben verschobenen⟩ Kurve („der Gesamtkosten“) ff1 gezogen wird.
In diesem Gleichgewichtszustand wird die Gesamtsumme des Bruttoerlöses gleich KmC; die Kostensumme, welche aus dieser Summe gedeckt werden
muss, wird auch gleich KmC, so dass der Reingewinn gleich Null ist. Die
Gesamtsumme der Kosten wird wie vorher in zwei Teile zerfallen: Die
notwendigen Produktionskosten der verkauften Menge (gleich KmC1) und die
Realisationskosten (gleich C1C). Wie man aus der Zeichnung sieht, wird die
Gesamtsumme der Realisationskosten, die aus dem Wert der verkauften
Menge ⟨dem Bruttoerlös⟩ gedeckt wird, bei der von uns angenommenen
neuen Form der Linie der Realisationskosten größer als in dem vorangegangenen Fall, in dem wir zur Lagerung ungeeignete Produkte voraussetzten (so
dass die Kurve der Realisationskosten sich in eine horizontale Gerade
verwandelte): Der Abschnitt C1C wird tatsächlich aufgrund der Basiseigenschaft der Kurve 0D immer größer als der Abschnitt TR. Aber man merkt
⟨i⟩ Die englische Ausgabe verändert auf S. 143 fehlerhaft die unabhängige Variable von
Qc zu
Qc
. Des Weiteren wird nun plötzlich, im Unterschied zur (ebenfalls inkorrekten)
D
Gleichung ⟨86⟩ (siehe ⟨h⟩), Du statt Qu verwendet. Die resultierende Formel ⟨97⟩
widerspricht damit nicht nur dem Dmitriev’schen Ausdruck, sondern auch der eigenen,
sich aus ⟨86⟩ ergebenen Formel ⟨91⟩ auf S. 143.
Produktionskosten ungleich Null
155
leicht, dass, wie diese Größe im Allgemeinen auch variieren mag, bei einer
Veränderung der Form der Kurve ff1 (bei der Veränderung der Lagerungsbedingungen), sie solange nicht gleich Null werden kann, ⟨Seite 60⟩ solange die
Kurve ff1 nicht mit der Geraden der notwendigen Kosten 0A (außer natürlich
im Anfangspunkt f ) zusammenfällt, aber dies, wie wir gesehen haben,
widerspräche der tatsächlichen Sachlage.
Somit sehen wir, dass, welche Eigenschaften die betrachtete Ware auch
haben mag (speziell seine Lagerungsbedingungen im weiten Sinne), sich das
Gleichgewicht, als allgemeine Regel, in dem betreffenden Produktionszweig
bei einem Preis einstellt, der höher als die notwendigen Produktionskosten ist.
Die Gleichheit des Preises und der notwendigen Produktionskosten kann
nur in Ausnahmefällen zustande kommen, wenn die notwendigen Produktionskosten des betrachteten Produktes übermäßig hoch sind, so dass sie den
Tangens des Winkels R0X übersteigen, d.h. den Preis, der dem maximalen
Bruttoerlös entspricht – mit anderen Worten – den Preis, den ein Monopolbesitzer des betreffenden Erzeugnisses festsetzen würde, wenn er selbst dieses
Produkt unentgeltlich erhielte. Falls man annimmt, dass zum Beispiel die
notwendigen Produktionskosten gleich dem Tangens des Winkels N0X sind,
so wird man in der Tat sehen, dass die horizontale Gerade durch den
Schnittpunkt der Geraden 0N mit der Nachfragekurve links außerhalb der
Nachfragekurve verläuft, so dass die Unternehmer bei jedem Angebot kleiner
0M (mehr als das kann in diesem Fall nicht produziert werden) im Falle des
zur Lagerung ungeeigneten Gutes Verluste tragen werden. Deshalb wird das
Angebot genau gleich der produzierten Menge sein, und demzufolge wird der
Preis auf dem Niveau der notwendigen Produktionskosten festgelegt. Jedoch
ist nicht schwer zu sehen, dass sogar bei solch riesigen notwendigen Produktionskosten der Preis sich nur in dem Fall auf dem Niveau dieser Kosten
einpegeln würde, wenn das Gut sich auf gar keinen Fall für die Lagerung
eignen würde.17 Für solche Waren, die lagerfähig sind und ständige Bedürf-
17 In Wirklichkeit könnte der Preis in diesem Fall auch für die zur Lagerung ungeeigne-
ten Güter (d.h. bei der von uns angenommenen Höhe der notwendigen Produktionskosten größer tan∠R0X) auf einem höheren Niveau als das der notwendigen Produktionskosten festgelegt werden: Wenn wir in der vorliegenden Analyse (bedingt) das Gegenteil
zulassen, dann nur deshalb, um (aus methodologischen Überlegungen) vorläufig
annehmen zu können, dass das Ansammeln unproduktiver Vorräte die einzige Methode
156
Die Theorie der Konkurrenz von Aug. Cournot
nisse befriedigen (das ist die Mehrzahl), für welche die Kurve der Gesamtkosten ganz nahe zur Linie der notwendigen Kosten verläuft, würde die
Kurve „der Gesamtkosten“ auch bei so riesigen notwendigen Produktionskosten, wie wir sie angenommen haben, immer innerhalb der Nachfragekurve verlaufen, wie durch die gestrichelte Linie ⟨l2N⟩ dargestellt, und demzufolge stellte sich der Preis (im Gleichgewichtszustand) dennoch ⟨Seite 61⟩
auf einem höheren Niveau als dem der notwendigen Produktionskosten des
Produktes ein. Aber auch solche Fälle, wo der Preis auf Grund extrem hoher
notwendiger Produktionskosten des Erzeugnisses auf diesem Kostenniveau
festgelegt würde, können nicht als Bestätigung des von Ricardo aufgestellten
Gesetzes dienen, weil auch in diesem Fall die Gleichheit des Preises und der
notwendigen Produktionskosten nur eine vorübergehende, einem niedrigen
Stand der Industrietechnik entsprechende Erscheinung wäre und mit einer
weiteren Verbesserung der Produktionsmethoden verschwände. Somit stellt
sich heraus, dass das Ricardianische Gesetz bei den Güterkategorien, in deren
Preis eine Rente in keiner Form enthalten ist, nicht angewendet werden kann.
Die Gleichheit zwischen dem Marktpreis einer Produkteinheit und den
Kosten, welche die Unternehmer aus diesem Preis decken müssen, kann in
Wirklichkeit nicht nur auf dem Wege des Senkens des Marktpreises auf die
notwendigen Produktionskosten (wie dies von Ricardo angenommen wurde),
sondern auch mittels einer gleichzeitigen Erhöhung der Kosten pro verkaufter Menge über das Niveau der notwendigen Produktionskosten dieser
Menge hinaus erzielt werden, indem die Realisationskosten den notwendigen
Kosten hinzugefügt werden. Inwiefern jeder der erwähnten Einflussfaktoren
am Ausgleich des Preises mit den Gesamtkosten beteiligt ist und auf welchem Niveau sich gerade der Preis einpegelt, wird in jedem gegebenen Fall
von der Form der Kurve der gesamten Produktionskosten und der Nachfragekurve abhängen. Aus der Zeichnung ist nicht schwer zu sehen, dass, wenn wir
die Kurve der Produktionskosten unverändert lassen und die Form der
Nachfragekurve allein ändern, dann können wir willkürlich den Gleichgewichtspreis verändern, indem wir ihn mehr oder weniger über das Niveau
der notwendigen Produktionskosten setzen. Folglich kann der Preis von
Produkten der dritten Kategorie, wie auch der ersten beiden (monopolistische
der Angebotsbegrenzung darstellt. In der Realität ist das nicht so: Siehe nächstes
Kapitel.
157
Produktionskosten ungleich Null
und Rente erbringende), nicht unabhängig von der Form von f (D) bestimmt
werden, und er ändert sich zusammen mit der Veränderung dieser letzten,
d.h. mit der Veränderung der Nachfrage- und Angebotsbedingungen18, selbst
wenn die notwendigen Kosten der Produktion sich überhaupt nicht änderten.
Ergänzungen zu Kapitel III
(Zum Gleichungssystem (I) ⟨86⟩, (II) ⟨87⟩, (III) ⟨77⟩, (IV) ⟨90⟩,
(V) ⟨93⟩ und (VI) ⟨96⟩ auf Seite 58 ⟨S. 151 ff.⟩)
I.
⟨Seite 62⟩ In der Realität finden die Unternehmer den Preis, welcher ihnen
(bei gegebenem Umfang der verfügbaren Bestände) die größte Summe des
Reinprofits garantiert, durch Ausprobieren. Den Preis verändernd und den
Reingewinn unterschiedlicher Preisniveaus vergleichend finden sie mit einer
genügenden Annäherung die Höhe des Preises, die am meisten ihrem Streben
nach größtmöglichem Vorteil entspricht. Diese Operation wiederholt sich
erneut bei jeder Veränderung der Produktions- und Absatzbedingungen.
Dabei ist es sehr wichtig anzumerken, dass bei allen der Bestimmung des
Gleichgewichtspreises19 (prix d’équilibre) vorangehenden Schwankungen der
Preis immer von oben nach unten schwingt, d.h. von einem höheren zu einem
niedrigeren Niveau und nicht umgekehrt: Das Gegenteil kann nur infolge von
Fehlern der Wirtschaftsrechnung der Unternehmer Bedeutung erlangen.
Tatsächlich sei angenommen, dass der Gleichgewichtspreis gleich pm, der
Absatz bei diesem Preis in t Zeiteinheiten gleich Dm sei. Jetzt unterstellen
wir, dass der Preis im Laufe von t Zeiteinheiten nacheinander eine Reihe von
Größen p1 > p2 > p3 > … > pm durchläuft, bevor er sich bei pm festsetzt. Die
gesamte, in t Zeiteinheiten verkaufte Menge wird in diesem Fall auch gleich
Dm sein; sie kann nicht kleiner als Dm sein, weil dann der Nutzen der zuletzt
gekauften Einheit für den Konsumenten höher wäre als der Nutzen der
18 Letzten Endes der Konsumbedingungen des Produktes; vgl. Essay III dieser Arbeit.
19 D.h. des Preises, der am meisten mit der Wirtschaftsrechnung jedes Unternehmers
vereinbar ist.
158
Die Theorie der Konkurrenz von Aug. Cournot
Geldsumme, für welche die Produkteinheit auf dem Markt angeboten wird,20
und demzufolge wäre es für ihn vorteilhafter, ⟨Seite 63⟩ die zu kaufende
Menge zu erhöhen (weil er, wenn er den Tausch fortsetzt, eine kleinere
Nutzenmenge für eine größere aufgeben würde). Und so wird, unabhängig
davon, ob der Preis pm gleich festgelegt wird oder vorher eine Reihe aufeinanderfolgender Größen p1 > p2 > p3 > … > pm durchläuft, der Gesamtumfang
des Absatzes derselbe bleiben, aber es ist nicht schwer zu sehen, dass die
durch Dm Einheiten verdiente Summe im ersten Fall kleiner als im zweiten
sein wird (im ersten Fall wird der Bruttoerlös gleich pmDm; im zweiten Fall
p1
Dm
D
D
+ p 2 m + K + pm m
K1
K2
Km
⟨99⟩
wobei
Dm Dm
D
+
+ K + m = Dm )
K1 K 2
Km
⟨100⟩
Vollkommen entgegengesetzt verhielte sich dies, wenn der Preis, bevor er auf
dem Niveau pm festgelegt würde, eine Reihe von Größen
p1 < p2 < p3 < … < pm durchliefe. Eine hervorragende graphische Analyse der
Frage über „Mehrfachpreise“ (prix multipliés) finden wir bei Dupuit in
seinen Werken „De la mésure de l’utilité des travaux publics“ (1844) und
„De l’influence des péages sur l’utilité des voies de communication“ (1849).
Dieselbe Frage wird in algebraischer Form in der Arbeit Launhardts behandelt (op.cit., 1885, §§ 9 und 10). Im Moment ist für uns nur wichtig anzumerken, dass, wenn sie der richtigen Wirtschaftsrechnung folgen, die
20 In der Tat stellt der Nutzen der zuletzt gekauften Einheit oder „der Grenznutzen“ des
Produktes, wie wir weiter unten sehen werden, eine Funktion der gesamten gekauften
Menge dar; dabei sinkt der Grenznutzen bei einer Erhöhung dieser Menge und steigt
umgekehrt bei ihrer Verringerung. Deswegen wird der Nutzen der zuletzt gekauften
Einheit bei D < Dm größer als beim Gesamtabsatz Dm; wenn wir den Grenznutzen der
Menge D mit U und den Grenznutzen der Menge Dm mit Um bezeichnen, erhalten wir
U > Um. Aber Um muss auf jeden Fall für den Konsumenten gleich dem Nutzen der
Geldsumme pm sein (sonst wären die Konsumenten nicht damit einverstanden, Dm
Produkteinheiten bei dem Preis pm zu erwerben, weil sie in diesem Fall den größeren
Nutzen einem kleineren opfern würden), deshalb sollte U für den Konsumenten größer
als der Nutzen dieser Summe sein.
159
Produktionskosten ungleich Null
Unternehmer auf ihrer Suche nach dem vorteilhaftesten Preis (der ihnen aus
vorausgegangener Erfahrung noch unbekannt ist) immer mit höheren Preisen
beginnen und dann zu niedrigeren übergehen, bis sie den Moment erreichen,
wo eine weitere Preisreduktion die Gesamtsumme ihres Reingewinns zu
senken beginnt.
II.
Man sollte sich daran erinnern, dass der Preis, der tatsächlich auf dem Markt
zustande kommt, nur dann genau dem Preis entsprechen wird, der aus dem
Gleichungssystem bestimmt wird, welches wir weiter oben (S. 58) ⟨S. 151 f.⟩
erhalten haben, wenn in der Tat in vollem Maße die speziellen Annahmen
eingehalten werden, welche als Grundlage unserer theoretischen Schlussfolgerungen dienen, nämlich:
1) dass bei Produktion und Absatz der betrachteten Waren die für das
Entstehen von Rente (im Ricardianischen Sinne) notwendigen Bedingungen völlig fehlen;
2) dass die Anzahl der auf ein und demselben Markt konkurrierenden
Unternehmer höher als jegliche endliche Größe angenommen werden
kann, so dass das Angebot und die Produktion jedes Einzelnen verglichen mit Gesamtangebot und -produktion eine unendlich kleine Größe darstellt;
3) dass alle Unternehmer ⟨Seite 64⟩ in ihren Handlungen von der richtigen Wirtschaftsrechnung geführt werden.
Es ist nicht schwer zu sehen, dass diese drei Annahmen letztlich auf die
ersten zwei reduziert werden können, weil die dritte Annahme implizit in der
zweiten enthalten ist. Wahrlich, wenn die Anzahl der selbständigen, voneinander unabhängig handelnden Unternehmer größer als jegliche endliche
Größe angenommen werden kann, dann müssen sich ihre Fehler wie Zufallsgrößen (dabei auch noch in sehr engem Rahmen eingeschlossen, weil jeder
Unternehmer alle Kräfte zu ihrer Vermeidung aufwendet) kraft des „Gesetzes
der großen Zahlen“ gegenseitig kompensieren, so dass sich Gesamtangebot
und Gesamtproduktion unendlich der Größe nähern werden, welche man bei
vollkommener Freiheit der Unternehmer von Fehlern der Wirtschaftsrechnung bestimmen würde.
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