SERVICE 12 b w Wo c h e 1 9 . J u n i 2 0 0 6 / N r. 2 3 Foto: photocase / Montage: Landwehr en: n u m Kom n e n i e l N der k icht o n NGE I s n B e e ß t Ü T gro geh g HR, n E u b Ob in W r We LAND R Ohne O G CHR VON Sieben Jahre sind vergangen, seit die Landesregierung von Baden-Württemberg ihre Werbekampagne gestartet hat. Dass die Menschen im Südwesten alles können, außer Hochdeutsch, dürfte sich mittlerweile herumgesprochen haben. Dass die Kampagne erfolgreich ist, ebenfalls. Und so machen auch andere Landesregierungen längst Werbung für ihr Land. Die von Sachsen-Anhalt beispielsweise, wo man angeblich früher aufsteht als anderswo. Und die von Niedersachsen, dem „Land mit Zukunft“. Ziel der Aktionen: sich im Wettbewerb unter den Bundesländern zu behaupten. Konkurrenz gibt es allerdings nicht allein auf Länderebene, sondern auch zwischen Städten und Gemeinden. Deshalb wird in vielen Rathäusern professionell Marketing gemacht. Klicken statt tippen: Den Link finden Sie auch unter www.bwHEUTE.de Bundesvereinigung City- und Stadtmarketing Deutschland: www.bcsd.de „Marketing hat es bei uns schon immer gegeben“, sagt etwa Jan Pruust: „Man hat es nur nicht so genannt.“ Pruust ist verantwortlich für das Stadtmarketing in Mannheim, wo im Jahr 2001 eigens eine GmbH gegründet wurde: Zu 49 Prozent ist die Stadt daran beteiligt, zu 51 Prozent sind es 15 Privatgesellschafter und 13 Sponsoren. „Gelebte Public-Private-Partnership“ nennen die Mannheimer die Zusammenarbeit mit den Wirtschaftsleuten. Gemeinsam möchten sie den Ruf der Stadt verbessern und sie über die Region hinaus bekannt machen. Zunächst wurde dafür ein neues Logo entwickelt und eingeführt. Seitdem heißt es in Mannheim: „Leben im Quadrat“ – ein Motto, das anfangs nicht unumstritten war. Zum einen war manchen das Logo „Mannheim hoch zwei“ zu puristisch, zum anderen schien es einigen zu teuer. 50 000 Euro hatten die Verantwortlichen sich die Entwicklung kosten lassen. Zum Alltagsgeschäft der Marketingexperten in Mannheim gehören inzwischen die „klassischen Maßnahmen“, wie Pruust sagt. Soll heißen: Anzeigen, Presse- und Öffentlichkeits- I GRE N A STI arbeit, Sponsoring und auch mal die Organisation eines Veranstaltungsabends in der Landesvertretung in Berlin. Welcher Etat für all das zur Verfügung steht, darüber möchte Pruust keine Angaben machen. Ju n g, d ynamisch u n d inno vativ In Karlsruhe sind es in der Regel 500 000 Euro. Wegen des Stadtjubiläums stehen den Marketingexperten in diesem Jahr aber 750 000 Euro zur Verfügung. Wie auch die Mannheimer bekamen die Karlsruher einen neuen Slogan: „Viel vor. Viel dahinter“, lautet der. Die dazu passenden Merchandising-Artikel, vom T-Shirt bis zum Badetuch, kann man im Internet bestellen. „Logo und Slogan wurde als ‚lila Kuh‘ für Karlsruhe entwickelt“, sagt Marketing-Geschäftsführer Wolfram Kratzat. Das scheint zu wirken. Aus einer Befragung in der Region geht hervor, dass viele mit Karlsruhe Attribute wie „jung“, „dynamisch“ und „innovativ“ verbinden. „Das war unser Marketingziel“, erklärt Kratzat. Rücksicht nehmen Geht es ums Stadtmarketing, wollen viele mitreden •••••••••••••••••••••••••••••• INTERVIEW ••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••• Der Marketing- und Kommunikationsfachwirt Frank Schaible aus Ludwigsburg arbeitet für Auftraggeber aus Kommunen und für Unternehmer. Christian Gregor Landwehr fragte ihn nach dem Unterschied zwischen Stadt- und Unternehmensmarketing. bwWoche: Herr Schaible, in mehr und mehr Kommunen leistet man sich eine Marketingabteilung oder investiert in einzelne Maßnahmen. Was kann das alles tatsächlich bewirken? Frank Schaible: Auch Städte und Gemeinden befinden sich heute im Wettbewerb um neue Gewerbe und Unternehmen wie auch um Menschen. Familien wie auch Unternehmen gehen dorthin, wo die Umgebungsbedingungen für sie passend sind. Ein gutes Stadtmarketing wirkt auf Einwohner wie auch auf Auswärtige. Es führt zu einem positiven Image, das dem kulturellen Leben ebenso weiterhilft wie dem Einzelhandel. Und ganz wichtig: Es holt Arbeitsplätze in die Stadt. Was unterscheidet Stadtmarketing vom Marketing für Wirtschaftsunternehmen? Eigentlich nicht viel, beides muss gut und authentisch sein, um erfolgreich zu arbeiten. Allerdings ist bei kommu- nalen Auftraggebern viel mehr Politik im Spiel. Das heißt konkret, dass auf Befindlichkeiten Rücksicht genommen werden muss. Wovon hängt Ihrer Meinung nach denn der Erfolg der einzelnen Maßnahmen ab? Werbemaßnahmen müssen passen, es darf keine Schubkasten-Lösungen oder Bausteinmodelle geben. Die Einwohner der Stadt – Privatpersonen, Unternehmer, Arbeitnehmer – müssen sie verstehen und leben. Ansonsten werden sie auch von Außenstehenden schnell als aufgesetzt durchschaut. Ist die Höhe des Budgets entscheidend dafür, wie erfolgreich ein Marketingkonzept ist? Gute Ideen und Guerilla-MarketingMaßnahmen können ein reduziertes Budget zu einem gewissen Teil kompensieren, aber eine finanzielle Basis muss ebenso da sein wie der Wille, etwas bewegen zu wollen. Wie wichtig es ist, sich von Anfang an über ein solches klar zu sein, weiß auch Bernd Dallmann. Der Geschäftsführer der Freiburg Wirtschaft Touristik und Messe (FWTM) schult in seiner Funktion als Vorsitzender des Arbeitskreises Wirtschaftsförderung im Städtetag Baden-Württemberg Mitarbeiter im Bereich Stadtmarketing. Dallmanns Grundregel: „Bevor man nach außen geht, muss man überlegen, was man anpreist.“ Eine Bestandsaufnahme hält er für „unglaublich wichtig“. Dabei müsse es darum gehen, wie man sich selber sehe und von anderen gesehen werde. Dass es trotz aller Vorarbeiten nicht einfach sei, sich letztlich für einen Slogan zu entscheiden, ist Dallmann klar. Zumal nicht für jede Kommune damit geworben werden dürfe, dass sie „im Herzen Europas“ liege. Dennoch ist der Marketingexperte zuversichtlich, das Know-how sei durchaus da – sowohl in großen, als auch in kleinen Kommunen. Zum Beispiel in Crailsheim, wo 32 000 Einwohner leben. Der Arbeitsbereich Stadtmarketing ist dort als Stabsstelle beim Oberbürgermeister angesiedelt, Franz Kasimir kümmert sich um das Budget von insgesamt 57 000 Euro. Er sieht sich vor allem als Vermittler. „Wir unterhalten uns, dann wird schnell umgesetzt“, beschreibt er seine Aufgabe. „Unser Oberbürgermeister ist immer greifbar.“ Für ihr Marketing haben sich die Crailsheimer Partner in der Region gesucht. So arbeiten sie in verschiedenen Bereichen – von Verkehr bis Kultur – mit ihren Kollegen in den Städten Ellwangen und Dinkelsbühl zusammen. Insgesamt erreichen sie auf diese Weise etwa 100 000 Menschen. Innerhalb der Stadt geht es bei den Anfragen an Kasimir meist um Öffnungszeiten, Genehmigungen oder Räumlichkeiten. Dank eines „rührigen Gewerbevereins“, wie er sagt, gebe es kaum leer stehende Gewerbeflächen in der Innenstadt. Daten für die Händler In vielen Städten spielen Einzelhändler eine entscheidende Rolle, wenn es um das Thema Stadtmarke- ting geht. So auch in Gaggenau. Die Mitglieder des Gewerbevereins investieren pro Jahr etwa 150 000 Euro in Marketingmaßnahmen. „Wir übernehmen immer mehr von der Kommune“, sagt Hans Otto Reuscher vom Vorstand des Vereins. Vor vier Jahren haben die Einzelhändler beispielsweise die „Bonuscard Gaggenau“ eingeführt, 250 000 Mark hatten sie zuvor schon für die Entwicklung des Systems bezahlt. Heute gibt es 19 800 Nutzer. 38 Händler und 13 Handwerker beteiligen sich an dem System, bei dem es für Umsätze Punkte gibt. Die gesammelten Daten nutzten die Händler, um ihre Kunden gezielt ansprechen zu können. „Demnächst wollen wir auch zum Geburtstag gratulieren“, so Reuscher. Anderswo tut man sich mit der Einführung von Kundenkarten etwas schwerer: In Weinstadt wurde ein ähnliches System wie in Gaggenau eingeführt, es beteiligen sich sogar 63 Händler daran. Bislang aber wurden lediglich 5000 „Weinstadt-Cards“ an Kunden ausgegeben. So viele waren es in Gaggenau innerhalb der ersten zwei Wochen. Mit Zielen und Ideen Tipps rund ums Marketing für Kommunen Erst die Analyse. Bevor Sie mit einzelnen Maßnahmen für Ihr Stadtmarketing beginnen, sollten Sie eine Analyse machen: Was sind die Stärken der Kommune? Welche Alleinstellungsmerkmale gibt es? Wichtig dabei: Vergessen Sie nicht, die Sicht Außenstehender in die Analyse einzubeziehen. Sonst bekommen Sie kein Bild, das realistisch ist. Setzen Sie Ziele. Auch wenn das hart klingt: Haben Sie keine allzu hohen Erwartungen. Stadtmarketing ist kein Allheilmittel gegen sämtliche Probleme, die es in einer Kommune gibt. Nehmen Sie sich also Ziele vor, die realistisch sind, und verrennen Sie sich nicht in zu großen Projekten. An einem Strang ziehen. Motivieren Sie alle Beteiligten, damit ein „Wir-Gefühl“ entsteht. Die Arbeit an einzelnen Projekten, bei denen schnell Erfolge zu sehen sind, wird ihre Mitarbeiter und Kollegen mehr motivieren als das Verfassen von Masterplänen. Die passende Form. Bei Städten mit 50 000 Einwohnern und mehr empfiehlt es sich, einen so genannten Citymanager einzustellen. Er ist eine Art Lobbyist für die jeweilige Stadt. In einigen Kommunen wurden außerdem gute Erfahrungen mit einer Vereinsform für die Marketingabteilung gemacht, mit einer GmbH oder einer Zuordnung in der Stadtverwaltung. Politiker als Unterstützer. Stadtmarketing ist nicht in langwierigen Sitzungen mit vielen Beteiligten zu machen. Effektiver ist die Arbeit in kleinen Gruppen mit Vertretern aus den unterschiedlichen Bereichen – auch aus dem Gemeinderat. Denn ohne die Unterstützung der Politiker ist das beste Marketingkonzept nicht umzusetzen. Um Akzeptanz bemühen. Sind die Politiker vom Konzept überzeugt, dann müssen auch die Einwohner der jeweiligen Kommune dafür gewonnen werden. Stehen die nicht dahinter, werden Außenstehende die Maßnahmen wahrscheinlich als aufgesetzt empfinden. Gute Ideen. Nicht die Höhe des Budgets ist entscheidend. Oft kommt man mit ausgefallenen Ideen viel weiter. Seien Sie also kreativ und mutig. Beispielsweise sorgen Sie mit einer „Schönwettergarantie“ für einen Urlaubsort für Aufmerksamkeit. Von anderen lernen. Besuchen Sie Seminare und Fachtagungen, tauschen Sie Ihre Erfahrungen mit Vertretern anderer Kommunen aus. So bekommen Sie neue Impulse.