downloaden - Rowohlt Theaterverlag

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2016 / 17
INHALT
Maya Arad Yasur, Suspended
10
Alistair McDowall, X
Thomas Arzt, Die Neigung des Peter Rosegger
22
Tuğsal Moğul, Deutsche Konvertiten
29
Thomas Arzt, Der nackte Felsen
23
Alan Ayckbourn, Ein Held kehrt heim
Annie Baker, The Flick
4
Tuğsal Moğul, Der goldene Schnitt
29
8
Laura Naumann, Grand Prix de la Vision
14
9
Laura Naumann, Ich warte schon seit drei Fantas auf
Sibylle Berg
12
Renate Bergmann, Ich bin nicht süß, ich hab bloß Zucker
39
Michel Marc Bouchard, Tom auf dem Lande
10
meinen Auftritt 14
Laura Naumann, Manchmal hat die Liebe regiert und
manchmal einfach niemand
14
Caryl Churchill, Jetzt geht’s los
1
Stefan Otteni, Das Leben der Boheme
41
Caryl Churchill, Allein entkommen
2
Necati Öziri, get deutsch or die tryin’
22
6
Peter Raffalt, Der Zauberer von Oz
34
Michel Decar, Schere Faust Papier
21
Leif Randt, Planet Magnon
27
John von Düffel, Römische Trilogie
19
Thilo Reffert, Mr. Handicap
30
Alexander Eisenach, Der goldene Fleiß
20
Thilo Reffert, Der große Sprung oder Drei Dinger, du fliegst
31
Alexander Eisenach, Der kalte Hauch des Geldes
21
Rafael Sanchez / petschinka, Mohamed Achour erzählt
Nurkan Erpulat / Jens Hillje, Verrücktes Blut
17
Jeffrey Eugenides, Die Selbstmord-Schwestern
36
Magdalena Schrefel, Sprengkörperballade
16
Florian David Fitz, Der geilste Tag
40
Magdalena Schrefel, Die Bergung der Landschaft
17
David Gieselmann, Sissy Murnau – Die Serie im Theater
24
Semiya Simsek / Peter Schwarz, Schmerzliche Heimat
38
David Gieselmann, Ablass
32
William Shakespeare, Ein Sommernachtstraum
43
Maxim Gorkij, Wassa Schelesnowa
43
William Shakespeare, Das Wintermärchen
43
Annika Hartmann / Jens Paulsen, Die Schneekönigin
33
Tim Staffel, Im Netz
31
Elfriede Jelinek, Das Licht im Kasten
11
Gerhild Steinbuch, Gute Geständnisse besserer Menschen
15
Ron Jones / Morton Rhue / Reinhold Tritt, Die Welle
35
Simon Stephens, Heisenberg
5
Peter Jordan, In 80 Tagen um die Welt
40
Simon Stephens, Rage
5
Daniel Kehlmann, F
36
Kate Tempest, Wasted
2
Abbas Khider, Ohrfeige
38
Ilija Trojanow, Der Weltensammler
37
Thees Uhlmann, Sophia, der Tod und ich
39
13
Martin Crimp, Im Haus / Im Tal
Leonhard Koppelmann, Klaus Barbie – Begegnung mit
Casablanca
28
Theresia Walser, Die Unsichtbaren oder Im Turm zu Basel
Philipp Löhle, Du (Norma)
25
Marcus Wiebusch / Reimer Bustorff / Daniel Karasek /
Philipp Löhle, Feuerschlange
25
Philipp Löhle, Schlaraffenland
26
dem Bösen Jens Paulsen, Die Räuber
27
42
Philipp Winkler, Hool
35
Duncan Macmillan, Menschen, Orte und Dinge
3
Marcus Youssef, Dschabber
33
Patrick Marber, Drei Tage auf dem Land
7
Feridun Zaimoglu / Günter Senkel, Antigone
18
Juli Zeh, Unterleuten
36
Neue Rowohlt E-Books Theater:
«Caryl Churchill hat in rund 40 Stücken – jedes eine neue kreative
Herausforderung – ihr komplexes, visionär-innovatives Vokabular entwickelt …
Die wichtigste Theater­autorin Englands.» TH EATER H EUTE
Caryl Churchill
■■ Jetzt geht’s los
(Here We Go)
Deutsch von
Ulrike Syha
CARYL CHURCHILL
Jetzt geht’s los
G
esprächsfetzen auf einer
Beerdigung, deren Gäste
die Sorge um das eigene Schicksal einholt; der Gedankenstrom
beim Übergang ins Jenseits,
wenn jahrtausendealte Mythen
und persönliche Erinnerungen
untrennbar ineinanderstürzen;
die Gebrechlichkeit im hohen Alter, das quälend stumm
und einsam sein kann: In drei
schlaglichtartigen Szenen ruft
Jetzt geht’s los eindringlich die
letzten Dinge des Lebens auf.
«Viele Stücke handeln vom Tod,
nur wenige vom Sterben – Caryl
Churchill vereint in gut 45 Minuten beides … Ein faszinierendes Memento mori für eine
Epoche ohne Glauben, dessen
Kürze uns vor Augen führt, wie
endlich unser Dasein ist und
wie plötzlich wir verschwinden.» (The Guardian)
«Ein leises, präzises Werk … Wie so oft tun sich
in Churchills reduziert-konzentriertem Duktus
Welten zwischen Halbsätzen oder Gesten auf. Das
gibt ihrem entwaffnend simplen Dreisatz zum Thema Tod eine seltene meditative Qualität.» (Theater
heute)
«Die drei Teile des Stücks verbindet vor allem
Churchills virtuose Sprachmacht, das nagende Gefühl einer Abwesenheit im Zentrum jeder Szene
und der schwarze Humor, als würde sich der Kosmos vor Lachen über uns ausschütten … Churchill
blickt in den Abgrund und begibt sich auf eine
Odyssee ins Nichts – ein Wagnis mit Langzeitwirkung.» (Time Out London)
«Eher Musik als Drama … Jetzt geht’s los ist brutal,
zärtlich und wunderschön.» (Financial Times)
Besetzung variabel,
ca. 6 Darsteller_innen
U: 27.11.2015 National
Theatre, London
(Regie: Dominic Cooke)
Caryl Churchill,
1938 in London
geboren, studierte
in Oxford englische
Literatur und schrieb
anfangs für Radio
und Fernsehen, dann
mehr und mehr für
die Bühne. 1974
wurde sie als erste
Frau Hausautorin
am Londoner Royal
Court Theatre, wo ihr 1979 mit Siebter Himmel der Durchbruch gelang.
Mit ihrem Werk, das theatrale Konventionen radikal sprengt und für das
sie vielfach ausgezeichnet wurde (u. a. mit dem Olivier Award und der
Aufnahme in die American Theater Hall of Fame), hat sie ganze Generationen von britischen Dramatiker_innen geprägt. Zu ihren bekanntesten
Stücken gehören Top Girls (1982), Serious Money (1987), In weiter Ferne
(2001), Die Kopien (2002) und Liebe und Information (2012).
Ab sofort vertritt der Rowohlt Theater Verlag Caryl Churchill mit
­ihrem dramatischen Gesamtwerk. Die vollständige Titelliste finden Sie
auf unserer Website.
1
Caryl Churchill
■■ Allein entkommen
(Escaped Alone)
Deutsch von
Ulrike Syha
4D
U: 28.01.2016 Royal
Court Theatre, London
(Regie: James
Macdonald)
Allein entkommen
«Churchill at her best.» TH E GUARDIAN
V
ier Frauen um die 70 plaudern im Garten
über Freundschaft und Familie, TV-Serien
und Smartphones, Schönheit und Schrecken der
Gegenwart. Vielleicht tobt hinter dem Zaun längst
der Weltuntergang, und in den Gesprächspausen,
die Minuten, Tage oder Wochen dauern mögen,
vernichten Hungersnöte, Feuersbrünste und Überschwemmungen die Menschheit. Noch aber scheint
unbeirrt die Sonne, trinken Sally, Vi, Lena und Mrs.
Jarrett Tee – bis es langsam kühler wird und alle
wieder auseinandergehen.
«Allein entkommen imaginiert leichtfüßig und beiläufig die Apokalypse … Surreale Bilder mischen
sich mit aktueller Politik, im Intimen spiegelt sich
das Globale, im Zivilisierten das Wilde … Es ist
fast revolutionär, vier älteren Frauen zuzusehen, die
Männer mit keinem Wort erwähnen – als hätte man
auf dem Foto eines Gipfeltreffens die Geschlechter
vertauscht.» (The Observer)
«Monumentale Themen in minimalistischer
Form … Caryl Churchills Text ist voller Komik,
Wärme und genauer Beobachtungen … Sie spielt
mit unseren Ängsten, Abwehrmechanismen und
der fragilen Grenze zwischen selbst verschuldetem
Elend und Naturkatastrophen. Indem sie ihre düsteren Prophezeiungen auf die absurde Spitze treibt,
werden sie letztlich nur plausibler und verstörender.» (The Independent)
«Schwer vorstellbar, dass es dieses Jahr ein besseres Stück geben wird … Man verlässt Allein entkom­
men seltsam euphorisch. Auch wenn die Aussichten alles andere als schön sind, gelingt Churchill
in ihrem witzigsten Stück seit Serious Money das
Unglaubliche: helle Funken aus der Dunkelheit zu
schlagen.» (Time Out London)
B L I C K Z U R Ü C K N AC H VO R N
K ATE TEMPEST
K
ate Tempest, Jahrgang 1985, ist
Musikerin, Lyrikerin, Spoken
Word Artist und Dramatikerin. Für
ihren Gedicht- bzw. Song-Zyklus
Brand New Ancients wurde sie mit
dem renommierten Ted Hughes
Award ausgezeichnet. Die britische
Presse feierte sie als «the brightest
talent around» (The Guardian). In
ihrem Theaterstück Wasted (1D – 2H), kongenial
ins Deutsche übersetzt von Judith Holofernes, zeigt
sie drei Endzwanziger, die verzweifelt versuchen,
sich dem Trubel der Großstadt entgegenzustemmen. Dialogszenen wechseln dabei mit wütendem
Sprechgesang, dessen Beat die Figuren vorantreibt
durch eine rauschhafte gemeinsame, alles verändernde Nacht.
«Ein literarischer Meteorit.» DI E ZEIT
2 Im Mai 2016 erschien bei Rowohlt ihr Roman Wor­
auf du dich verlassen kannst. «Tempest schreibt so
kraftvoll und weise vom Begehren, den Geschlechtern und dem Leben, dass man nur staunen kann.
Wasted, verwüstet oder öde sind die Stadtlandschaften und das Dasein, das ihre Figuren in ihr
fristen.» (Die Zeit) «Tempests Beobachtungen sind
scharf und rührend zugleich. Auf der Bühne schießt
sie ihre Sätze mit solch einer Dringlichkeit heraus,
als könnte sie all den Irrsinn der Welt damit stoppen. Sie lenkt ihre Worte darauf, wie schwer es ist,
überhaupt etwas zu fühlen.» (Süddeutsche Zeitung)
«Wie eine antike Göttin, die über die physikalischen
Gesetze nach eigenem Dafürhalten bestimmt, lässt
Tempest Gefühle zu Personen werden.» (Spiegel
Online) «Das Zauberhafte an Kate Tempest ist, dass
sie Feuerwerke anzündet und diese in den schönsten Farben leuchten lässt.» (Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung)
«Menschen leben
in Kriegsgebieten,
und wir? Denken
hier über uns
nach. Als könnten
wir alles lösen,
indem wir uns
Duncan Macmillan
unseren Defekten
■■ Menschen, Orte
und Dinge
stellen. Wir sind
(People, Places
and Things)
nicht defekt.
Sondern die Welt
Deutsch von
Corinna Brocher
ist im Arsch.»
Besetzung variabel,
mind. 5D – 5H
DUNCAN M ACMILL AN
Menschen, Orte und
Dinge
L
assen sich heute noch Geschichten erzählen, mit
Anfang, Mitte und Ende? Welche Gewissheiten
gibt es in einer überkomplexen Welt? Und wie geht
Normalität, wenn der Ausnahmezustand längst die
Regel ist? Fragen, die sich der Schauspielerin Emma
stellen, als sie nach einem Zusammenbruch auf offener Bühne sofort in einer Entzugsklinik landet.
Süchtig nach Alkohol, Tabletten und Koks, will
Emma hier eigentlich nur ausruhen, um danach
weiter arbeiten zu können. Stattdessen soll sie sich
einer Therapie unterziehen und ihr gesamtes Leben ändern, damit sie künftig Menschen, Orte und
Dinge meidet, die zum Rückfall führen. Für Emma
ist das nichts als Esoterik, eitle Nabelschau, Religionsersatz. Geübt in der Kunst der Verstellung,
wehrt sie sich sarkastisch gegen Rollenspiele, Gruppensitzungen und simple Slogans, merkt aber bald,
dass sie kaum mehr zwischen Wahn und Wahrheit
unterscheiden kann.
U: 01.09.2015
National Theatre,
London
(Regie: Jeremy Herrin)
Im März 2016 Wechsel
der Produktion ins
Londoner West End
Nominiert für den
Olivier Award 2016 als
bestes neues Stück
1984, Staatstheater Nürnberg
3
«Alles, was die Erde mal ausgemacht hat,
ist seit Langem verschwunden.
Und lieber bin ich Milliarden Kilometer
Alistair McDowall
■■ X
Deutsch von John Birke
2D – 3H
U: 05.04.2016
Royal Court Theatre,
London (Regie: Vicky
Featherstone)
«Duncan Macmillan macht den
Drogenrausch unmittelbar erfahrbar – und auch, wie hart der Absturz ist.» (Daily Telegraph)
«Menschen, Orte und Dinge zeigt, wie brüchig
unser Konzept von Wirklichkeit ist … Ein atem­
beraubendes und zu Recht beunruhigendes Stück.»
(Time Out London)
«Erneut verbindet Macmillan finsteren Witz,
analytische Schärfe und emotionale Intelligenz zu
einer Bestandsaufnahme der Gegenwart.» (The
Times)
«Das Ende ist weder ‹Hollywood-happy› noch
brutal – einfach nur ernüchternd realistisch.» (Mail
on Sunday)
■ Duncan
Macmillans Atmen, dessen deutschsprachige Erstaufführung 2013 in der Regie von
Katie Mitchell an der Schaubühne am Lehniner
Platz, Berlin, war, kommt mittlerweile auf fast
15 Inszenierungen, in dieser Spielzeit u. a. am Hessischen Landestheater Marburg (Regie: Lilli-Hannah H
­ oepner) und am Theater Regensburg (Regie:
Jona Manow).
■ Seine
gemeinsam mit Robert Icke entwickelte Bühnenfassung von George Orwells 1984, die
2016 zum zweiten Mal im Londoner West End lief,
wurde im Oktober 2015 am Staatstheater Nürnberg
erstaufgeführt (Regie: Christoph Mehler), bisher
gefolgt von Produktionen am Sandkorn Theater,
Karlsruhe (Regie: Viktor Carcu), sowie am Stadttheater Gießen (Regie: Thomas Oliver Niehaus).
■ Im
Oktober 2016 zeigte das Staatstheater Mainz
die deutschsprachige Erstaufführung von Macmillans Monolog All das Schöne (Regie: Jana Vetten),
der ab Mai 2017 auch am Gostner Hoftheater,
Nürnberg, zu sehen sein wird.
4 weit weg tot
Duncan Macmillans neues Stück
ist ganz aus der subjektiven Sicht
Emmas geschrieben und reißt den
Zuschauer mit in den Sog halluzinativer Bilder, rasanter Zeit- und
Szenenwechsel. Der Text selbst wird
zum Trip, in dem sich die Grenzen
zwischen Theater und Realität radikal auflösen.
als lebendig in den
Ruinen.»
ALISTAIR McDOWALL
X
D
ie Logik von Ursache und Wirkung greift nicht
mehr, als vier Forscher in ihrer Raumstation
auf Pluto den Kontakt zur Erde verlieren. Plötzlich
ganz auf sich zurückgeworfen, werden sie zu ihrem eigenen Experiment, in dem nicht nur sämtliche Kommunikationssysteme versagen, sondern
auch die Uhren Amok laufen. Keiner weiß mehr, ob
heute nicht längst morgen ist oder wie lange sie bereits auf ihre Heimkehr warten. Genauso schwindet
nach und nach die Sicherheit, was sie real erleben
oder nur geisterhaft phantasieren. Immer fragwürdiger wird die eigene Identität, die nur noch aus Unbekannten zu bestehen scheint, atomisiert wie die
Welt draußen, mitten im weißen Rauschen des Alls.
«Alistair McDowall hat ein neues Genre geschaffen:
‹Sly-Fi›, subversive Science Fiction, die die Verabredungen des Theaters aufkündigt … X ist eine
provozierende Pioniertat, die für heftige Debatten
sorgen wird.» (Daily Telegraph)
«Gewohnte Bezugspunkte werden außer Kraft
gesetzt … Der Verlust des Zeitgefühls führt zum
Kollaps kohärenter Erzählmuster, der Persönlichkeit und schließlich sogar der Sprache … Lässt man
sich darauf ein, kann man sich der beklemmenden Wirkung von X kaum entziehen.» (Financial
Times)
«Die Handlung von X schreibt sich im Moment
ihrer Verfertigung, sodass man im zweiten Akt fast
jedes Detail aus dem ersten überdenken muss …
Am Schluss stellt man sich elektrisiert die Frage,
wovon man da gerade Zeuge war.» (The New York
Times)
«McDowall ist sicher der derzeit eigenwilligste
Theaterautor.» (Evening Standard)
■ Alistair
McDowalls Pomona, das 2015 in London vom kleinen Orange Tree Theatre in das große
National Theatre wechselte, hat im November 2016
deutschsprachige Erstaufführung am National­
theater Mannheim (Regie: Robert Teufel).
SIMON STEPHENS
Heisenberg
«Wenn man etwas intensiv genug beobachtet,
begreift man, dass man unmöglich sagen kann,
wohin es sich bewegt und wie schnell es dort­
hin gelangt. Wusstest du das?»
N
«Subtil gelingt es Simon Stephens, das Wahre hinter dem
Klischee, das Exotische im Vertrauten zu entdecken … Heisen­
berg beginnt wie eine Screwball-Komödie, wird dann zum
anrührenden Melodram und
erforscht letztlich die zahllosen
Alternativen, die uns das Leben
jede Sekunde lässt … Ein Stück,
das einen nachhaltig beschäftigt.» (The New York Times)
«Ausgehend von der Heisenbergschen Unschärfe­
relation, interessiert sich Stephens für die Veränderung unserer Wahrnehmung von Menschen
und Beziehungen, je nachdem, was wir über sie
erfahren. Scheinbar irrationale Handlungen haben
vernünftige Motive, gesicherte Tatsachen verlieren
ihre Gültigkeit. Simon Stephens mag Überraschungen, und Heisenberg ist voll davon.» (The Guardian)
Simon Stephens
■■ Heisenberg
Deutsch von
Barbara Christ
1D – 1H
U: 03.06.2015
Manhattan Theatre
Club, New York
(Regie: Mark Brokaw)
Im Oktober 2016
Wechsel der Produktion
an den New Yorker
Broadway
DSE: 21.10.2016
Düsseldorfer
Schauspielhaus
(Regie: Lore Stefanek)
Simon Stephens
■■ Rage
Rage
Deutsch von
Barbara Christ
F
eierlaune schlägt um in Aggression: Ausgehend von einer Bilderserie, die der Fotograf
Joel Goodman in der Silvesternacht 2015 / 16 an
einer zentralen Kreuzung in Manchester gemacht
hat, zeigt Simon Stephens den Querschnitt einer
multikulturellen Gesellschaft, wie man ihn aus jeder europäischen Metropole kennt. Während der
ormalerweise geht man Menschen wie der
42-jährigen Georgie besser aus dem Weg.
Dem deutlich älteren Alex aber bleibt gar keine
Wahl. Wie eine Naturgewalt
bricht die exaltierte Frau in
sein Leben: Im belebten Bahnhof küsst sie ihn einfach in den
Nacken. Eine Verwechslung,
wie sich herausstellt – was
Geor­
gie nicht daran hindert,
Alex ab jetzt hinterherzulaufen
und ihm ungefragt ihr Herz zu
öffnen. Sie sei Killerin, nein,
Kellnerin, nein, Sekretärin. Ihr
Mann ist tot. Sie war nie verheiratet und hat keine Kinder. Ihr
Sohn lebt in Amsterdam. Für
den scheuen Metzger Alex ist
das alles so fremd wie faszinierend. Einerseits stört die Chao­
tin Georgie seinen pedantisch
geregelten Alltag, andererseits
verliebt er sich in sie, samt
ihrer Widersprüche und dem
schamlosen Bekenntniszwang.
Doch dann merkt er, dass die
Begegnung mit ihr offenbar
kein Zufall war und Georgie Wut / Rage, Thalia Theater Hamburg
einen klaren Plan verfolgt.
«Du findest, du
hast ein Recht
auf Ironie. Als
wärst du in
ein Zeitalter
der Gewissheit
übergegangen,
wo politische
Verantwortung
und etwas zu
sagen, an das
man glaubt,
gerade aus der
Mode gekom­
men ist.»
Besetzung variabel,
ca. 8 Darsteller_innen
Auftragswerk
für das Thalia Theater
Hamburg
U: 16.09.2016
Thalia Theater
Hamburg (gemeinsam
mit Wut von Elfriede
Jelinek; Regie:
Sebastian Nübling)
5
Martin Crimp
■■ Im Haus
(Play House)
Deutsch von
Ulrike Syha
«Was ist bloß los mit uns? Warum können wir kein einziges Mal
etwas sagen oder tun oder denken, das von Wichtigkeit ist?
Wie kann Tag um Tag um Tag ­vergehen, und nicht ein Wort, das
wir äußern,
ergibt einen
M ARTIN
Unterschied in
der Endsumme
des menschlichen
Denkens?»
Im Haus / Im Tal
D
1D – 1H
U (als Vorspiel zu
Martin Crimps
Definitely the
Bahamas): 16.03.2012
Orange Tree Theatre,
Richmond / London
(Regie: Martin Crimp)
DSE: 13.10.2016
Theaterhaus Jena
(Regie: Moritz
Schönecker)
Martin Crimp
■■ Im Tal
(In the Valley)
Deutsch von
Ulrike Syha
1D oder 1H
DSE: 13.10.2016
Theaterhaus Jena
(Regie: Moritz
Schönecker)
CRIMP
Countdown für das neue Jahr läuft, beobachtet er
Gewalt von und gegen Polizisten, allgegenwärtigen
Rassismus, er belauscht Heiratsanträge und gewalttätige Streitereien, folgt randalierenden Betrunkenen, enthemmten Partygängern und Passanten, die
einfach nur auf dem Heimweg sind.
Rage, das für das Thalia Theater Hamburg als eine
Art Echo auf Elfriede Jelineks Wut entstand, setzt
sich kaleidoskopisch aus lauter Vignetten zusammen, Schnappschüssen, die manchmal erschütternd banal, manchmal bizarr und schockierend
sind. Das singuläre Ereignis steht neben wiederkehrenden Motiven, die sich zu Geschichten verbinden – und zum Vexierbild unserer Gegenwart, die
zwischen Abgeklärtheit und Paranoia, Panik und
Hedonismus schwankt.
■ Im Januar 2016 war am Theater Kiel die deutsch-
sprachige Erstaufführung von Blindlings (Regie:
Ulrike Maack): «Geschickt verortet
Stephens den antiken Medea-Mythos
in einer konkreten historischen Situation … Blindlings ist in seiner sozialen
Genauigkeit ein Stück über vergehende Zeit, über eine Abfolge von politischen Enttäuschungen, ein Stück über
Machtlosigkeit.» (Theater heute)
aheim proben Simon und Katrina erstmals das
Zusammenleben, dessen Zauber jedoch von
Anfang an vergiftet ist: Eltern rufen an, neugierige
Nachbarn stören, es gibt Ärger im Beruf, und bisweilen nehmen Neckereien seltsam sadomasochistische Züge an.
Nach dem Ende, vielleicht Tausende Jahre später, wandert ein letzter Überlebender durch ein
totenstilles Tal. Als Gesprächspartner bleibt allein
ein Schaf (das sich immerhin an die Reste menschlicher Kultur erinnert), denn sogar Gott ist angesichts des globalen Horrors endgültig verstummt.
Obwohl sie in unterschiedlichen Zusammenhängen entstanden sind, gibt es frappierende Verbindungslinien zwischen diesen beiden Kurzstücken
von Martin Crimp. In 13 schnell geschnittenen Szenen dekliniert Im Haus eine Beziehung durch, mal
hemmungslos romantisch, mal irritierend brutal,
während die einsame Stimme aus Im Tal in einem
langen Kameraschwenk eine post-apokalyptische
Landschaft besichtigt. In beiden Texten schlägt
die Sprache nahtlos von fast kindlicher Verspieltheit in kühl-distanzierte Beobachtung um, werden
Grenzen der Wahrnehmung ausgelotet, und zusammengenommen spiegeln sich in ihnen wechselseitig die Innen- und die Außenwelt, das Private
und ­Politische.
■ Im
Oktober 2016 hatte am Nationaltheater Mannheim Birdland in der
Regie von Burkhard C. Kosminski seine deutschsprachige Erstaufführung,
bisher gefolgt von Till Weinheimers
Inszenierung am Schauspiel Frankfurt.
6 Alles Weitere kennen Sie aus dem Kino, Landestheater Marburg
■ Martin
Crimps Alles Weitere kennen Sie aus
dem Kino, 2013 in der Regie von Katie Mitchell am
Deutschen Schauspielhaus Hamburg uraufgeführt,
wurde bzw. wird bisher nachgespielt am Hessischen
Landestheater Marburg (Regie: Marc Becker) und
am Staatstheater Braunschweig (Regie: Mina Salehpour).
Patrick Marber
■■ Drei Tage auf dem
Land
Nach Iwan Turgenjews
«Ein Monat auf dem
Lande»
(Three Days in the
Country)
Deutsch von John Birke
5D – 7H
U: 28.07.2015
National Theatre,
London (Regie:
Patrick Marber)
DSE: März 2017
Schauspiel Frankfurt
(Regie: Andreas
Kriegenburg)
PATRICK M ARBER
Drei Tage auf dem
Land
«Jeder ist ein Witz, den er selbst nicht versteht.»
S
o schmerzhaft und komisch haben Menschen
wahrscheinlich selten aneinander vorbeigeliebt
wie in Patrick Marbers Neufassung von Iwan Turgenjews großem Bilderbogen aus dem Jahr 1855.
Dessen Dauer eines Monats komprimiert Marber
auf drei Tage und zeigt die fatale Dynamik fehlgeleiteter Leidenschaft. Von Anfang an trügt bei ihm
das sommerliche Landidyll: Unter der zivilisierten
Oberfläche brodelt das Begehren und entlädt sich
schließlich mit der Wucht eines Orkans, nach dem
jeder vor den Scherben seines ungelebten Lebens
steht. Virtuos spielt Marber die vielfältigen Varia­
tio­nen der Liebe durch, von der Amour fou über die
zärtliche Romanze bis hin zur Ehe als zynischer Geschäftsanbahnung, und «entdeckt Turgenjew neu
als unseren Zeitgenossen … Er verdeutlicht, welche
Umwälzung hier geschieht, und konzentriert sich
ganz auf deren politische und private Erschütterungen … Genial.» (Daily Telegraph).
«Mitreißend strafft Marber Turgenjews Handlung,
schärft ihre Ecken und Kanten und entstaubt die
Sprache, ohne die erotisch aufgeladene, hitzeflirrende Atmosphäre zu opfern.» (The Times)
Weitere Inszenierungen
bisher: Schauspiel
Leipzig (Regie: Enrico
Lübbe)
«Drei Tage auf dem Land macht die kurzlebige
Ekstase und die lang anhaltende Qual der Liebe
spürbar, in denen die Niederlage des einen der Triumph des anderen ist.» (Mail on Sunday)
«Marbers Dialoge sind pointiert, ohne Patina
und pfeildirekt. Die verflochtenen Beziehungen
betrachtet er wie ein Forensiker und beweist ihre
Modernität.» (The Independent)
«Ein Meisterwerk.» (Financial Times)
■ Die
deutschsprachige Erstaufführung von Pat­
rick Marbers Fußballstück Der rote Löwe ist im
Fe­bruar 2017 am Staatstheater Nürnberg in der
Regie von Klaus Kusenberg. Im März 2017 hat das
Stück am Theater Osnabrück Premiere (Regie: Leo­
nie Kubigsteltig).
■ Zuletzt hat Patrick Marber für Ivo van Hove eine
Neuübersetzung von Hedda Gabler geschrieben,
die im Herbst 2016 am National Theatre, London,
herauskommen wird. Zurzeit überarbeitet er sein
«Update» von Molières Don Juan, das er selbst im
Frühjahr 2017 im Londoner West End inszenieren
wird. Die deutsche Übersetzung des Stücks ist in
Vorbereitung.
7
Alan Ayckbourn
■■ Ein Held kehrt heim
(Hero’s Welcome)
Deutsch von
Inge Greiffenhagen
3D – 3H
U: 08.09.2015
Stephen Joseph
Theatre, Scarborough
(Regie: Alan Ayckbourn)
AL AN AYCKBOURN
Ein Held kehrt heim
«Es gibt den Ausdruck ‹vergeudete Jugend›. Und
ich hatte mit zwanzig so viel vergeudet, dass
ich bankrott war … Trotzdem. Ich darf mich
nicht beklagen. Ich hab mir mein Leben selbst
versaut.»
G
ute Taten können böse Folgen haben – das
erfährt der Soldat Murray, als er nach langem
Auslandseinsatz heimkehrt. Im fernen Krieg hat er
34 Kinder aus einem umkämpften Krankenhaus
gerettet. Nun wird er in seiner Kleinstadt, wo er
17 Jahre nicht gewesen ist, für seine Heldentat gefeiert. Der Jubel ist jedoch nicht einhellig. Alice, die
Bürgermeisterin, verübelt es Murray nach wie vor,
dass er sie damals schwanger am Altar hat stehen
lassen. Und Brad, Murrays Freund aus Kindertagen, grollt unverändert, dass Murray ihm zuvor
Alice ausgespannt hatte. Die Vergangenheit wird
zum Minenfeld der Gegenwart, verschärft noch
dadurch, dass Murray die sehr junge und sehr attraktive Baba mitbringt (eigentlich: Madrababakaskabuna), die er in der Fremde geheiratet hat, was
unter den Männern zu neuen Konkurrenzkämpfen
führt. Mitten im zivilen Leben weiß Murray plötzlich kaum mehr, welchen Konfliktherd er zuerst
löschen soll.
«Gekonnt entfaltet Alan Ayckbourn seine vielschichtige Handlung, die immer wieder unerwartete Wendungen nimmt und in der, wie bei Ibsen,
jeder lügt, sogar die Regierung … Ein Held kehrt
heim ist zwar eine Komödie – aber eher so, wie
Tschechow seine Stücke als Komödien begriffen
hat.» (The New York Times)
«Wieder beweist Ayckbourn seine große Gabe,
den mutwilligen Verletzungen nachzuspüren, die
wir einander zufügen, ob mit einem Lächeln oder
wutverzerrter Fratze.» (The Guardian)
«Komik verbindet sich mit Tragik, während immer mehr Missverständnisse, Geheimnisse und
Vorurteile ans Licht kommen» (The Times) und «in
einem perfiden Ende gipfeln» (Daily Mail).
■ Im
November 2016 hat am Theater Bielefeld
Ayck­bourns Rondo deutschsprachige Erstaufführung (Regie: Christian Schlüter).
■ Im
Januar 2016 inszenierte Marius
von Mayenburg am Schauspielhaus
Bochum seine Neuübersetzung von
Familiengeschäfte, das im April
2016 auch am Stadttheater Klagenfurt
Premiere hatte (Regie: Henry Mason)
und in dieser Spielzeit am Deutschen
Theater Göttingen (Regie: Erich
Sidler) sowie am Hans Otto Theater
Potsdam (Regie: Tobias Wellemeyer)
gezeigt wird.
Familiengeschäfte, Schauspielhaus Bochum
8 Annie Baker, geboren 1981 in Massachusetts, studierte Szenisches Schreiben an der New Yorker
Tisch School of the Arts. Ihre Theaterstücke, u. a.
The Aliens und Circle
Mirror Transformations,
wurden mehrfach preis­
gekrönt. Annie B
­ aker
gilt als größtes Talent der
amerikanischen Gegenwartsdramatik.
Ausgezeichnet mit dem
Pulitzer-Preis 2014
ANNIE BAKER
The Flick
D
ie drei Angestellten des kleinen Programm­
kinos «The Flick» in der amerikanischen
Provinz mögen das Gefühl haben, dass sich das
große Schauspiel des Lebens auf der Leinwand und
weitab ihres kleinen Alltags abspielt. Doch unter
Annie ­
Bakers Vergrößerungsglas entspinnt sich
fast unmerklich ein Drama um Liebe, Verrat und
Scheitern. Der junge Avery hat sein Studium unterbrochen und gerade erst den Job als Platzanweiser
angefangen. Sein älterer Kollege Sam hofft vergeblich auf eine Beförderung und wohnt noch bei seinen Eltern. Und die Filmvorführerin Rose erscheint
unnahbar und egozentrisch. Im Zuschauerraum
des Kinos, dem einzigen Handlungsort, wirken sie
zwischen den menschenleeren Sitzreihen wie längst
vergessenes Inventar. Als der Inhaber des Kinos
wechselt, soll der analoge Filmprojektor durch einen digitalen ersetzt werden, wogegen der Cineast
Avery leidenschaftlich protestiert. Als außerdem
ein kleiner Trinkgeld-Betrug der Angestellten auffliegt, steht Avery plötzlich mit dem Rücken zur
Wand.
Die unspektakuläre Handlung gewinnt ihre Bedeutung durch die besondere und behutsame Erzählweise Annie Bakers. Die Figuren sprechen
stockend, unvollständig, von langem Schweigen
unterbrochen. Es entsteht der Eindruck eines minutiösen Realismus, der jedoch immer wieder durch
Momente überhöhter Fokussierung durchschossen
wird. Fast scheint es, als fiele man als Zuschauer
zusammen mit den Handelnden aus der Zeit.
Annie Baker
■■ The Flick
«The Flick ist voller Tschechow’scher Sehnsucht und
Enttäuschung. Es bricht einem das Herz. Es spielt
außerdem sehr intelligent mit der Vorstellung, dass
wir im Kino ganz aus uns herausgehen und uns an
andere Orte versetzen können. Und es stellt Fragen
nach Reproduktion, Authentizität und dem Wesen
von Live- im Gegensatz zu gelebten Ereignissen.»
(The Guardian)
«Der ruhige Rhythmus und die langsam zusammengetragenen Details lassen unsere Empathie für
die Figuren und unser Verständnis für die sozialen Umbrüche, die sie repräsentieren, unmerklich
wachsen, ohne jemals gezwungen, herab­
lassend
oder konzeptbeladen zu wirken.» (The Independent)
«Annie Bakers Stück entrollt sich federleicht in
Szenen, die geprägt sind von ihrer akuten Sensibilität für das scheinbar Nebensächliche, für den
minimalistischen Text (und häufig Subtext), der
den Figuren zur Kommunikation (oder auch zur
behutsamen Kommunikationsvermeidung) zur
Verfügung steht.» (The New York Times)
«Baker nutzt die Unmittelbarkeit einer zufällig
mitgehörten Konversation für einen neuen Thea­
terstil, der so untheatral wie möglich wirkt und
die Mittel der Bühnenkunst nutzt, um den Fokus
der Zuschauer auf lebendige Momente emotio­
naler ­
Erkenntnis zu lenken … Eine betörende
Mischung aus Natürlichkeit und Präzision.» (The
New ­Yorker)
Deutsch von
Karen Witthuhn
1D – 2H
U: 12.03.2013
Playwrights Horizons,
New York City
(Regie: Sam Gold)
DSE: 19.05.2017
Staatstheater Kassel
(Regie: Sebastian
Schug)
9
Maya Arad Yasur
■■ Suspended
Deutsch von
Jennifer Whigham und
Kristina Wydra
2H
U: 07.10.2016
Theatre Upstream,
St. Louis
(Regie: Linda Kennedy)
Michel Marc
Bouchard
■■ Tom auf dem Lande
(Tom à la ferme)
Deutsch von
Frank Heibert
2D – 2H
U: 11.01.2011
Théâtre d’Aujourd’hui,
Montréal
(Regie: Claude Poissant)
DSE: 29.12.2016
Theater Münster
(Regie: Michael
Letmathe)
10 M AYA AR AD
YASUR
Suspended
Z
wei Männer, Kriegsflüchtlinge, hängen in der Luft –
im wahrsten Sinne des Wortes,
denn wir sehen sie bei ihrer
Arbeit als Fensterputzer an einem Hochhaus in
einer westeuropäischen Stadt, abgeseilt in schwindelnder Höhe. Sie sind übereingekommen, nicht
über ihre Verletzungen und Narben der Vergangenheit zu sprechen. Stattdessen wollen sie sich auf
ihre Tätigkeit konzentrieren, während sie den gut
angezogenen Büroangestellten auf der anderen Seite der Fenster direkt vor der Nase baumeln. Doch
nach und nach wird deutlich, dass es ihnen nicht
möglich sein wird, ihre Biographie außer Acht zu
lassen. Ihre Geschichten sind auf unheilvolle Weise
miteinander verknüpft, und die Chance auf einen
Neuanfang wird durch alte Schuld gefährdet. Und
so stecken sie fest in einer Welt, die sie sehen können, zu der ihnen der Zugang aber verwehrt bleibt,
zwischen einer von Gewalt geprägten Vergangenheit und einer unsicheren Zukunft.
■ Suspended gewann 2010 (damals noch unter dem
Titel Diamond Stars) den ersten Preis beim Dramatikerwettbewerb des ITI und der Unesco. In der
vergangenen Spielzeit war die deutschsprachige
Erstaufführung von Maya Arad Yasurs Gott wartet an der Haltestelle am Volkstheater Wien zu
sehen (Regie: Hannan Ishay). Im Dezember folgt
die deutsche Erstaufführung am Staatsschauspiel
Dresden (Regie: Pinar Karabulut) sowie im Mai
2017 eine weitere Premiere am Theater Paderborn
(Regie: Martin Schulze).
MICHEL M ARC BOUCHARD
Tom auf dem Lande
«Du sagst mir, wann ich aufhören soll!
Du entscheidest. Du gibst mir ein Zeichen,
dann höre ich auf.»
A
ls der junge Werbetexter Tom aus der Großstadt
zum Begräbnis seines Liebhabers Guillaume in
die Provinz fährt, gerät er auf dem Hof von dessen
Familie in einen Strudel aus Lügen, Verdrängung
und Gewalt. Tom gibt sich als Arbeitskollege des
Verstorbenen aus, weil Guillaumes Mutter Agathe
nichts von der Homosexualität ihres Sohnes geahnt
hat. Der ältere Bruder Francis tut alles, damit die
Wahrheit nicht bekannt wird, und schreckt dabei
auch vor Gewalt gegen Tom nicht zurück. Zunächst
verpflichtet er Tom, die Lebenslüge nicht nur aufrechtzuerhalten, sondern sogar auszuschmücken.
Doch zunehmend scheint Francis Tom für eine
Schuld zu bestrafen, die keiner der beiden in Worte
zu fassen wüsste. In der Abgeschiedenheit des Bauernhofs entspinnt sich ein gewalttätiges, erotisch
aufgeladenes Spiel zwischen den beiden Männern,
dem sich Tom auf unerklärliche und fatale Weise
fügt.
■ Michel
Marc Bouchards Stück wurde durch die
Verfilmung von Xavier Dolan (Sag nicht, wer du
bist!) bekannt, die beim Filmfestival in Venedig
den Preis der Filmkritik gewann. «Ein cleverer Psychothriller, in dem an jeder Ecke Gefahr zu lauern
scheint, ohne dass diese konkrete Gefahr immer
genau benannt würde.» (Spiegel Online)
«Wie der Mensch sich an seinem eigenen Boden,
den er selber mühevoll eingezogen hat,
festkrallt – das ist das Gegenteil von Mode, die
an nichts ­festhält, alles preisgibt, alles bereit­
willig vernichtet, weitergibt, wegschmeißt –,
wie dieser Mensch also, nachdem er in seiner
eige­nen Einbildungskraft fortschreitet (ich
bilde mir nicht ein, diese Shorts jemals in
diesem Leben noch anziehen zu können, bei
meinen Ober­schenkeln! Was Kant sich
einbildet, das weiß ich nicht), wie der sich an
seinem eigenen Boden festklammert, als wollte
ihn einer unter ihm wegziehen, so zeigt er,
ELFRIEDE JELINEK
gerade indem er sich an dem Boden, der in
Das Licht im Kasten
Straße? Stadt? Nicht mit mir!
V
on barocker Vanitas bis zum Cover der Vogue,
von Platons Höhlengleichnis bis zum Bild Gisele Bündchens im H & M-Bikini in den Leuchtkästen der U-Bahn, von Armsein bis Armani: In
ihrem jüngsten, so umwerfend komischen wie
todtraurigen Text beschäftigt sich Elfriede Jelinek
mit dem Phänomen Mode. Dabei greift sie einzelne
Fäden ihres Stücks Die Straße. Die Stadt. Der Über­
fall. noch einmal auf, verwebt sie jedoch komplett
neu und spinnt sie konsequent weiter, überbordend und in atemberaubender Verdichtung. Die
stumme Schrift der Kleidung, die den Menschen
umschreibt, «als wagte sie sich nicht an seinen
lava­heißen Kern», verwandelt Jelinek in einen furiosen Rausch des Sprechens, der
nahtlos von teurer Haute Couture
zu billiger Massenware wechselt,
für die Arbeiter_innen in Sweatshops einen grauenhaften Preis
bezahlen. Sie kombiniert Orgien
mit Opfern, Outlet-Stores mit
Online-Shopping, Entwürfe von
Weiblichkeit mit Männerphantasien, sie zeigt die Schnittstellen
von Ökologie und Ökonomie,
verknüpft antike Mythen, Kants
Kritik der reinen Vernunft und
Heideggers Begriff von Sein und
Zeit mit modernem Körperkult,
Selfie-Manie und der Sehnsucht
nach dem perfekten Leben, dessen
Uhr jedoch beständig tickt. Ewig
Wirklichkeit ein abgetretener Läufer ist, ein
Elfriede Jelinek
■■ Das Licht im Kasten
Teppich namens Wirklichkeit, ­dermaßen
Straße? Stadt? Nicht
mit mir!
­krampfhaft festhält, daß dieser Boden jederzeit
Besetzung variabel
­einbrechen und ­einen Abgrund ­offenbaren
U: 14.01.2017
Düsseldorfer
Schauspielhaus
(Regie: Jan Philipp
Gloger)
­könnte, der uns wiederum nicht ­kümmert, wir
­sehen ihn ja nicht. Bis er uns schluckt.»
kehrt das ­Gleiche wieder, nur seine Form verändert
sich, und im scheinbar Trivialen stellt Das Licht im
Kasten die grundlegende Frage nach dem Wesen
unserer nackten Existenz.
■ Im
April 2016 hatte an den Münchner Kammerspielen Wut in der Regie von Nicolas Stemann
Uraufführung, «Elfriede Jelineks ­
anstrengende,
Wut, Münchner Kammerspiele
11
aber nie angestrengte Suche nach den ­
Ängsten
und Motiven von Terrorattentätern, nach Selbstund Fremdbildern von deren potentiellen Opfern,
deutschen Wutbürgern und AfD-Anhängern»
(Frankfurter Rundschau). «Wut ist die Versprachlichung eines Zustands der Fassungslosigkeit» (Der
Standard), «die Beschwörung eines Albtraums,
der andauert und beinahe täglich von der Realität
überholt wird» (Die Zeit). «IS-Terroristen und Pegidisten, Religionsverfechter wie -verächter kommen zu Wort. Ihre rhetorischen Figuren lappen
bewusst ineinander; manchmal erschließt sich erst
nach mehreren Satzkaskaden, wer eigentlich gerade
spricht.» (Der Tagesspiegel) Nachgespielt wird Wut
in dieser Spielzeit bisher am Thalia Theater Hamburg (zusammen mit Rage von Simon Stephens,
Regie: Sebastian Nübling), am Staatstheater Darmstadt (Regie: Markus Lobbes), Theater Halle (Regie:
Henriette Hörnigk), Landestheater Coburg (Regie:
Axel Sichrovsky), Zimmertheater Tübingen (Regie:
Britta Kristina Schreiber), Stadttheater Klagenfurt
(Regie: Marco Štorman; österreichische Erstaufführung), Schauspielhaus Salzburg (Regie: Anne
Simon), Deutschen Theater Berlin (Regie: Martin
Laberenz), Theater Erlangen (Regie: Paul-Georg
Dittrich), Theater im Pfalzbau, Ludwigshafen (Re-
B L I C K Z U R Ü C K N AC H VO R N
SIBYLLE BERG
Für ihr Werk wird Sibylle Berg
im Novem­ber mit dem ElseLasker-Schüler-Dramatikerpreis 2016 ausgezeichnet. Mit
ihren «grotesk-sehnsüchtigen
Normalitätsspezialisten», so
die Jury, die sie immer auch
mit Sympathie begleite, und
ihren «genauen Diagnosen eines verhinderten Lebens» hat
Sibylle Berg das deutschsprachige Theater seit den 1990er
Jahren nachhaltig geprägt.
Ebenfalls 2016 wurde die MDR-Produktion von
Und jetzt: die Welt! oder Es sagt mir nichts, das
sogenannte Draußen mit dem Hörspielpreis der
Kriegsblinden geehrt, und die Fortsetzung Und
dann kam Mirna erhielt – in Sebastian Nüblings
Uraufführungsinszenierung am Berliner Maxim
Gorki Theater – den Friedrich-Luft-Preis sowie
bei den Mülheimer «Stücken 2016» den Publikumspreis.
Und jetzt: die Welt! hatte in der vergangenen
Spielzeit u. a. österreichische Erstaufführung am
Burgtheater Wien (Regie: Martina Gredler) und
wird in dieser Saison bisher nachgespielt am Nationaltheater Mannheim (Regie: Jennifer Regnet)
sowie am Vorarlberger Landestheater, Bregenz, das
das Stück als Doppelabend mit der österreichischen
Erstaufführung von Und dann kam Mirna zeigt (Regie: Nele Weber). Zusätzlich hatte Und dann kam
Mirna am Staatstheater Nürnberg Premiere (Regie:
Anne Bader).
12 Bergs Wutbürger-Text Viel gut essen, 2014 am
Schauspiel Köln uraufgeführt (Regie: Rafael Sanchez), wurde 2015 / 16 u. a. nachgespielt am Theater Münster (Regie: Max Claessen), ETA Hoffmann
Theater Bamberg (Regie: Niklas Ritter), Theater
Ulm (Regie: Fanny Brunner), Theater Freiburg
(Regie: Heike M. Götze) und am Schauspielhaus
Zürich (Regie: Sebastian Nübling; Schweizer Erstaufführung), 2016 / 17 bisher gefolgt von Pro­duk­
tio­nen am Theater Erlangen (Regie: Katrin Lindner) und LTT Landestheater Tübingen (Regie:
Marlene Anna Schäfer).
Mein ziemlich seltsamer Freund Walter, das
2015 für den Mülheimer KinderStückePreis nominiert war, ist ab Dezember 2016 an den Hamburger
Kammerspielen zu sehen (Regie: Frauke Thielecke).
Auch im Ausland gab und gibt es zahlreiche BergInszenierungen, u. a. die tschechische Erstaufführung von Und jetzt: die Welt! am Theater Divadlo
X10, Prag, die dänische am Husets Teater, Kopenhagen, sowie die norwegische am Nye Teater, Oslo.
Zuletzt hat Sibylle Berg im Oktober 2015 in eigener Regie ihr Stück How to Sell a Murder House
am Theater Neumarkt, Zürich, uraufgeführt: «Mit
gewohnt spitzer Feder skizziert Berg eine aus den
Fugen geratene Welt … Eine wunderbar boshafte
Demontage von Gender-Diskurs und verkorksten
Beziehungen zwischen Männern und Frauen.»
(Neue Zürcher Zeitung)
«Ein Ungeheuer mit tau­
send Nullen, die herren­
losen Billionen, die sinn­
los um unseren Erdball
rasen, sst sst sst, jede
Sekunde. Nomadenzaster,
Billionen, die es gibt
und nicht gibt zugleich,
Billionen, die keinem
gehören, an nichts in der
Welt mehr gebunden, kei­
nen Wert, keinen Markt,
keinen Boden, kein einzi­
ges Wesen! Und trotzdem
arbeiten die, nur weiß
keiner, woran. Wir sind
nicht mehr in der Lage,
gie: Tilman Gersch) und am Staatsschauspiel Dresden (Regie: Christian von Borries).
■ Auch
Die Schutzbefohlenen werden 2016 / 17
weiter nachgespielt, u. a. am Landestheater Mecklenburg, Neustrelitz (Regie: Eberhard Köhler), an
der Landesbühne Niedersachsen Nord, Wilhelmshaven (Regie: Eva Lange), am Pfalztheater Kaiserslautern (Regie: Yvonne Kespohl) und am Tiroler
Landestheater, Innsbruck (Regie: Elke Hartmann).
Im Frühjahr 2017 hat das Stück belgische Erstaufführung am Toneelhuis Antwerpen in der Regie
von Guy Cassiers.
Theresia Walser
■■ Die Unsichtbaren
oder
Im Turm zu Basel
3D – 4H
Auftragswerk für das
Theater Basel
U: 15.09.2016 Theater
Basel (Regie: Sebastian
Schug)
Die Unsichtbaren
oder Im Turm
zu Basel,
Theater Basel
das zu beherrschen. Es
wird der Tag kommen, an
dem wir uns selbst nicht
mehr gehören, an dem
wir bloß noch Schatten
von Schatten sind.»
THERESIA WALSER
Die Unsichtbaren
oder
Im Turm zu Basel
G
öttern gleich lenken Zentralbanker in ihren
Wolkenkratzern die Geschicke ganzer Staaten. Doch wie Zeus im griechischen Olymp ist auch
Theresia Walsers «Finanzweltpapst» Mr. Greeper
Angriffen ausgesetzt. Draußen vor seinem Turm
protestieren Demonstranten gegen seine undurchschaubare Politik, und intern arbeiten zwei seiner
Untergebenen hinterrücks an seinem Sturz. Guston
möchte am liebsten sofort das Bargeld abschaffen,
statt wie Greeper ständig neue «Baumwolllappen»
nachzudrucken; Ferchl, der kassandrahaft bereits
die letzte Krise vorhergesagt hatte, hält den Kapitalmarkt mittlerweile für völlig unbeherrschbar und
fordert noch viel massivere Reformen. Allein Tronje, die «Turmherrin», steht zu Greeper – hauptsächlich, weil sie ihrerseits seinen Posten will. Zwischen
all diesen Fraktionen spuken die alterslosen Dienerinnen Lynn und Fine, die im Laufe der Jahrzehnte
taub und stumm geworden und zugleich allwissend
sind. Als Greeper verkündet, das bankrotte Schwellenland Argentinien in den «inner circle» aufzunehmen, kommt es zum offenen Machtkampf, der
geräuschlos tödlich endet.
Wahre Ereignisse gießt Theresia Walser um in ein
komödiantisches Albtraum-Spiel. In ihrer unnachahmlichen Sprache porträtiert sie Menschen, die
als «Auserwählte» über Schicksale entscheiden und
dabei so erbärmlich normal sind wie wir «Sterblichen». Im winzigen Detail entdeckt sie das große
Ganze, bis sich am Ende nicht nur unser Blick auf
die Finanzwelt grundlegend verschiebt.
Kurz nach Die Unsichtbaren oder Im Turm zu
Basel hatte am Theater Basel außerdem Walsers
Ich bin wie ihr, ich liebe Äpfel Premiere, dessen
Tourneeproduktion 2016 / 17 in die dritte Wiederholung geht und das am Thalia Theater Hamburg
in der letzten Spielzeit wegen des großen Erfolgs
von der Garage in die Gaußstraße gewechselt ist. Im
September 2016 hatte das Stück griechische Erstaufführung am Theater Thessaloniki (Regie: Sarantos Zervoulakos), in Norwegen lief es zuletzt am
Nye Centralteatret Oslo, in Schweden am Uppsala
Stads­teater, und 2017 zeigt das Stadttheater Reykja­
vik die isländische Erstaufführung.
■
13
Laura Naumann
■■ Grand Prix de la
Vision
L AUR A NAUM ANN
Grand Prix de la Vision
4D
Auftragswerk für das
Schauspiel Leipzig
U: 25.11.2016
Schauspiel Leipzig
(Regie: Alexandra
Wilke)
Laura Naumann
■■ Manchmal hat die
Liebe regiert und
manchmal einfach
niemand
4D – 3H
Auftragswerk für
das Schauspielhaus
Bochum
U: 18.09.2016
Schauspielhaus
Bochum (Regie:
Jan Gehler)
«ich will zurück dahin wo ich mein
Unglück kenne»
V
ier Frauen sind mit einer handzahmen Kampfdrohne unterwegs, um die Welt zu retten. Sie
könnten unterschiedlicher nicht sein: Carla, Ende
50, war mal bei der Fremdenlegion und hat auch
sonst eine ziemlich obskure
Ver­
gangenheit. Die als Junge
aufgewachsene Halbgar hat mit
19 die Weltkrieg-Reenactments
ihrer Eltern endgültig satt.
Anna, 30, als Kind aus Kabul
geflohen, jagt Trolle im Internet, und Skart, Mitte 20, säße
heute noch in Bischofswerda,
wäre ihr nicht wegen extremen
Liebeskummers ohnehin ­
alles
egal. Gemeinsam haben sie
nichts außer dem Wissen, dass
die Welt um sie herum kaputt
ist und es so nicht weitergeht.
Doch auch die Weltrettung gibt
es dieser Tage nur als Castingshow: Beim Grand
Prix de la Vision werden die ganz großen Ideen gekürt. Obwohl ihre Pläne alles andere als ausgereift
sind, treten die vier an– aber schon dass die Frauen
trotz aller Differenzen gemeinsam nach Veränderung suchen, ist offenbar radikaler, als ihre Umwelt es aushält. Mit subversivem Witz zeigt Laura
Naumann in Grand Prix de la Vision, wie schwierig
Verständigung und Solidarität sein können und wo
echter Wandel beginnt.
Manchmal hat die Liebe
regiert und manchmal
einfach niemand
W
as war der schönste Moment in deinem Leben? Was der schlimmste? Gibt es die eine
große Geschichte, oder ist alles nur ein ­Chaos aus
zufälligen Ereignissen? Das Helene-Fischer-Konzert mit dem neuen, noch ein bisschen fremden
14 Mann – war das am besten? Dein Stolz, als deine
Schüler eine politische Bewegung gegründet haben?
Wovon träumst du – vom Neuanfang, wenn das
Kind aus dem Haus ist? Von deiner Familie vor zerbombten Häusern? Dass alles endlich Sinn ergibt?
Sieben Figuren suchen in Laura Naumanns Stück
nach dem, was ihr Leben ausmacht: Johanna, engagierte Lehrerin und am Boden zerstört, weil Cleo
sich von ihr trennt; Cleo, unglücklich, ohne zu wissen, warum. Pia, die Johanna politische Agitation
vorwirft und vehement ihre Entlassung aus dem
Schuldienst betreibt, Tom, der Pia zuliebe dabei
mitmacht. Der Hotelanimateur Mathias, der gegen
Geld mit Touristinnen schläft, sein Vater Heinz und
die Ukrainerin Alina, die sich gemeinsam gegen das
Alleinsein entscheiden. Mit Leichtigkeit und Präg­
nanz entwirft Laura Naumann einen Reigen aus Begegnungen, Sehnsuchts- und Verlustmomenten, in
dem zumindest die Möglichkeit
aufscheint, dass hin und wieder
auch die Liebe regiert.
»Ein Stück, das mit leichter
Hand, aber nie leichtgewichtig
Fragen stellt: Was steuert unsere Entscheidungen – Zufall oder
Schicksal? Das, was wir ‹Ich›
nennen? Oder manchmal doch
die Liebe? … Bei aller gebotenen Ernsthaftigkeit scheint eine
sommerlich-heitere Stimmung
über Jan Gehlers Inszenierung zu
liegen … Das gut aufgelegte Ensemble gibt sich dem charmantironischen Stück hin und berührt so die Herzen der
Zuschauer auf besondere Art.» (Der Westen)
Ich warte schon seit
drei Fantas auf meinen
Auftritt
D
ie meisten Dramen der Weltliteratur haben
sie: Nebenfiguren, deren Darsteller_innen viel
Zeit in der Kantine verbringen, bis ihr Stichwort
kommt. Drei von ihnen verhilft Laura Naumann
zu einem eigenen Auftritt, in dem sie die Lage endlich mal aus ihrer Sicht erklären können: Hänsel
und Gretels Vater, der an seinen schulschwänzenden «Albtraum-Kindern» verzweifelt und in letzter
Not auf ein fürchterliches Reality-TV-Format setzt,
das ihm ein handhabbares Familienleben verschaffen soll. Hamlets Mutter Gertrud, die die trotzig
schweigende Ophelia beschwört, ihre Stimme zu
finden inmitten all der Männer, die für sie sprechen
«Zwischendrin versuch
ich was Sinnvolles
zu tun und beginne
eine Tabelle, in der ich
Handlungen sammle, die
nicht schaden, die aus­
schließlich positiv sind,
und Handlungen, die
negative Konsequenzen
­haben. Rechts ist fast
voll, links steht bis jetzt
nur: Die Pflanzen gießen.
Ich bleib dran.»
Laura Naumann
■■ Ich warte schon
seit drei Fantas auf
meinen Auftritt
Rip-off Monologe
Auftragswerk
für das Hessische
Staatstheater
Wiesbaden
Hänsel und Gretel bei
Kabel 1 Die strengsten
Eltern der Welt
1H
Lass uns reden Ophelia
lass dich nicht hängen
Manchmal hat die Liebe regiert …, Schauspielhaus Bochum
1D
wollen. Die von Brechts stummer Katrin inspirierte
Figur in all the silent ladies hingegen steht für den
entgegengesetzten Weg: Stellvertetend für alle von
sexueller Gewalt betroffenen Frauen, spricht sie
ein einziges und letztes Mal, bevor sie ein selbstbewusstes Verstummen vorschlägt, die Verweigerung
jeder Reaktion.
Naumanns «Rip-off Monologe» sind Bonusmaterial, Zusatztexte zu den jeweiligen Stücken, können aber auch unabhängig davon einzeln oder in
­Kombination gespielt werden.
Im April 2016 gewann Zwischen den Dingen
sind wir sicher den Autorenwettbewerb des Düsseldorfer Schauspielhauses. Aus der Begründung
der Jury: «Ungewöhnlich und bewegend ist, wie
eine so junge Autorin das Zusammenleben einer
dysfunktionalen Familie zeichnet, die verzweifelt
versucht, Normalität zu finden, wo keine mehr ist.»
Die Uraufführung war im Oktober 2016 am Landestheater Memmingen (Regie: Oliver D. Endreß).
All the silent ladies all
the silent ladies now
put your hands up
1D
U: 04.06.2016
Hessisches
Staatstheater
Wiesbaden (Regie:
Sophia Stürmer)
■
demut vor deinen taten baby hat in der Saison
2016 / 17 u. a. am Theater Lüneburg (Regie: André
Rößler) und am Theater Münster (Regie: Anne Bader) Premiere.
■
Laura Naumann ist außerdem Teil des Autorinnen- / Performerinnen-Kollektivs Henrike Iglesias.
Ihre aktuelle Produktion GRRRRRL entstand mit
dem Roxy Birsfelden (CH) und den Berliner Sophiensaelen und wurde zum Festival BODY TALK
der Münchner Kammerspiele eingeladen. In der
Spielzeit 2016 / 17 arbeitet Henrike Iglesias mit dem
Theater Junge Generation Dresden und dem Theater Bielefeld zusammen.
Gerhild Steinbuch
GERHILD STEINBUCH
Gute Geständnisse
besserer Menschen
■■ Gute Geständnisse
besserer Menschen
Besetzung variabel
«Aber mit mir passiert nichts mehr,
ich passiere Menschen und Dingen
­gleichermaßen»
D
er Hass ist allgegenwärtig. Er fließt offen in
den Kommentarspalten im Internet, bricht
sich immer wieder gewalttätig Bahn, gärt dumpf
unter scheinbar gewöhnlichen Begegnungen. Gute
Geständnisse besserer Menschen steigt hinab in die
Abgründe des Alltäglichen, folgt realen Ereignissen, verdichtet und überhöht sie und erschafft dabei
ein poetisches Psychogramm eines höchst unangenehmen Menschenschlags. Nicht die viel zitierten
«Verlierer der Gesellschaft» sind hier das Problem,
sondern diejenigen, deren Privilegien schwinden.
In einem vielstimmigen Text, der den Gedankenspiralen aus Selbstmitleid, Hybris und Wut noch in
die dunkelsten Ecken folgt, ziehen sich die Schlin 15
Magdalena Schrefel, geboren 1984, aufgewachsen in Wien,
studierte nach längeren Arbeitsaufenthalten in Vukovar und
Göteborg an der Universität Wien sowie am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Ihr Stück Danke, dass ich jetzt Ihren Hund halten
darf wurde 2013 an den
Münchner Kammerspielen
im Rahmen des Münchner
Förderpreises für deutschsprachige Dramatik ausgezeichnet. Außerdem war sie
für Die Bergung der Land­
schaft für den Heidelberger
Stückepreis 2014 nominiert, das im Rahmen des
Festivals Neues Volkstheater vom Volkstheater Wien
auch in einer szenischen
Lesung präsentiert wurde.
Magdalena Schrefel
■■ Sprengkörperballade
Besetzung variabel,
mind. 2D
U: 05.05.2017
Schauspiel Köln
(Regie: Andrea Imler)
Magdalena Schrefel
■■ Die Bergung der
Landschaft
2D – 3H
gen immer enger zusammen, erscheint der Alltag
als fortdauernde Demütigung, aus der man sich nur
mit Gewalt befreien kann. In einer perfiden Volte
wird daher der literarisch so oft bemühte Waldspaziergang auch in Steinbuchs Text Ort der Erlösung
von der Kultur: Hier wird der Mensch zur Kreatur, hier fallen die Fassaden, die Natur bricht sich
Bahn. Das Wissen um die eigene Erbärmlichkeit,
Stumpfheit und Ödnis, das alles zählt nicht mehr,
wenn man gemeinsam auf die Jagd geht, wenn der
Gegner vor einem steht, wenn Fleisch auf Fleisch
trifft, bis der erste Knochen bricht – und Täter und
Opfer, Zärtlichkeit und Brutalität endlich in eins
fallen dürfen.
Gerhild Steinbuch erhielt 2016 gemeinsam mit
der Komponistin Jagoda Szmytka das HannsmannPoethen Literaturstipendium der Landeshauptstadt
Stuttgart für ein gemeinsames musikdramatisches
Projekt, dessen Premiere im Frühjahr 2017 in Stuttgart geplant ist.
■
16 M AGDALENA SCHREFEL
Sprengkörperballade
«Das sagt man so, das kannst du nicht wissen
Aber wenn ein Mann dich mag
Dann sagt er das
Dann sagt er Fisch zu dir
Bei uns ist das so
Bei uns in der Sprache»
M
agdalena Schrefel entwirft ein ausgeklügeltes
Rollenspiel mit sechs Frauenfiguren, um Gewaltstrukturen und Formen von Gender-Identität
aufzuzeigen. Die Freundinnen Bine und Zabina
spielen in Szenarien, mit denen sie sich gegenseitig herausfordern, genüsslich die Möglichkeiten
von Verführung und Betrug durch. Während sie
durch die Stadt streifen, gehen Zabinas Mutter und
die jüngere Tochter Gina nicht aus dem Haus. Die
Mutter zwingt Gina, immer wieder vergangene Momente von Familienglück, Ehekrise und dem folgenden Verschwinden des Vaters nachzustellen; die
Außenwelt würde da nur stören. Cookie und Fuzzi hingegen können gar nicht mehr rausgehen, so
alt sind sie. Sie kennen sich schon seit Ewigkeiten,
sind vielleicht sogar Schwestern und scheinen in
Kinderspielen und Abzählreimen gefangen. Leider
sind ihre skurril mädchenhaften Rituale ein Spaß
mit tödlichen Folgen.
Statt drei Frauenpaaren sehen wir vielleicht auch
nur einzelnen Frauen zu, die mit ihren Alter Egos
wie mit Puppen spielen und in einer zwanghaften
Wiederholung gefangen sind. In jedem Fall ergänzen und spiegeln sich die drei Handlungsebenen,
sodass Sprengkörperballade zu einem eindringlichen und gewitzten Kaleidoskop weiblicher Identität wird.
Die Bergung der
Landschaft
«Hier bei uns ist es, als läge nichts
zwischen dem Auge und der
Landschaft, als gäbe es keinen
Raum dazwischen, auch keine Zeit
und keinen Halt.»
I
n der heimatlichen Landschaft, die keine Distanz
zu ihrem Betrachter zulässt und deren Schönheit
von vornherein fadenscheinig ist, wirkt der kauzige Vater als Fremdkörper und Störfaktor. Seit seine
Frau tot ist, zieht er sich zunehmend von der alltäglichen Arbeit in seine eigene Vorstellungswelt
zurück. Der Sohn, dem es immer weniger gelingt,
seinen Vater zu erreichen, ist mit der Bewirtschaftung des Hofs überfordert. Dem Bürgermeister,
der halb freundschaftlich, halb autoritär staatliche
Hilfe anbietet, kann er trotzdem nur mit großer
Skepsis gegenübertreten. Und während der Vater
weiter an seiner Maschine baut, die die Landschaft,
ja die ganze Welt und zuletzt auch ihn selbst in
sich aufnehmen soll, bahnt sich eine Katastrophe
an, die über den vertrauten Horizont weit hinausreicht. Von der Zeit nach dem Unglück künden
möglicherweise die beiden Mädchen, die aus der
Stadt gekommen sind, der Natur mit staunenden
Augen gegenüberstehen und in deren Welt ganz
neue Grenzen gezogen wurden.
Magdalena Schrefel hat ein hintergründiges, wenn
nicht hinterhältiges Heimatstück geschrieben, das
mit den Klischees von Beschaulichkeit und Geborgenheit gründlich aufräumt und von Mechanismen
der Aus- und Begrenzung erzählt. Die Maschine,
die der Vater baut, gibt es übrigens wirklich: Sie ist
als «Weltmaschine», gebaut von Franz Gsellmann,
in einer kleinen Gemeinde in der Steiermark zu
besichtigen.
NURK AN ERPUL AT /
JENS HILL JE
Verrücktes Blut
«Eine ‹Amok-Komödie› vom Zusammenprall der
Kulturen.» DER SPI EGEL
W
as passiert, wenn eine Lehrerin, von ihrer
pöbelnden Klasse völlig überfordert, eher
zufällig Kontrolle über die Waffe eines Schülers
erlangt? Sie unterrichtet mit vorgehaltener Knarre
Schillers Räuber und entpuppt sich dabei als gnadenlose Verfechterin freiheitlicher Werte, bis auch
der letzte «Kanake» Schiller’sche «Vernunft» angenommen hat.
Nurkan Erpulat /
Jens Hillje
■■ Verrücktes Blut
Nach dem Film
La Journée de la jupe
von Jean-Paul Lilienfeld
3D – 5H
U: 02.09.2010
Ballhaus Naunynstraße,
Berlin, in Koproduktion
mit der Ruhrtriennale
(Regie: Nurkan Erpulat)
Verrücktes Blut ist nach der Einladung zum Theatertreffen 2011, dem Publikumspreis der Mülheimer «Stücke 2011», der Ausstrahlung im Fernsehen
(3sat), zahlreichen Inszenierungen in Deutschland
und international quasi zum Klassiker des post­
migran­ti­schen Theaters geworden. Die Uraufführungsinszenierung des Ballhaus Naunynstraße ist
noch immer im Maxim Gorki Theater zu sehen.
«Schillers ‹Ästhetische Erziehung des Menschen›,
der ‹nur da ganz Mensch ist, wo er spielt›, wird in
einer rabiat angelegten Paradoxie zur sarkastisch
kalkulierten Versuchsanordnung.» (Frankfurter
Allgemeine Zeitung) «Die Produktion ist durchgeknallt und unverschämt … und gnadenlos witzig.»
(Süddeutsche Zeitung) «Ein aberwitziger Theaterspaß, ein ‹Well-made play› voller überraschender
Wendungen und greller Scherze.» (Der Spiegel)
17
Feridun Zaimoglu /
Günter Senkel
■■ Antigone
Frei nach Sophokles
3D – 4H
oder 2D – 5H
Auftragswerk für das
Schauspielhaus Zürich
U: 10.09.2016
Schauspielhaus Zürich
(Regie: Stefan Pucher)
FERIDUN ZAIMOGLU /
GÜNTER SENKEL
Antigone
D
ucken, dulden oder dienen» heißen die Alternativen für das Volk, seit Kreon in Theben
mit harter Hand regiert. Nach dem Scheitern von
Polyneikes’ Putschversuch wurden die Sicherheitsmaßnahmen verschärft, um weitere Unruhen zu
verhindern. Militärs patrouillieren die Straßen, der
Geheimdienst führt Säuberungsaktionen durch,
kritische Journalisten werden ausgeschaltet. Trotzdem gibt es unverändert Widerstand, und besonders vehement weigert sich Antigone, Polyneikes’
Schwester, die neuen Gesetze zu befolgen. Von den
einen als Hure denunziert, von den anderen zur
Heiligen verklärt, bringt sie Chaos in die innere
Ordnung und zwingt Kreon zum Handeln. Denn
dessen Macht ist keineswegs so unangefochten, wie
es scheint …
«Im Zeitalter brutalster Kriege, humanitärer Kata­
strophen, machtgeiler Herrscher und durchgedrehter Medien geht der Konflikt zwischen radikaler
Staatsmacht und kompromisslosem Individuum
unvermindert unter die Haut. Ganz besonders, weil
es Feridun Zaimoglu und Günter Senkel gelungen
ist, den Text des Sophokles ins Heute zu transponieren: durch eine direkt-verständliche Sprache und
mit starken Bildern.» (sda)
«Ihre Fassung beschreibt eine verrohte Gesellschaft irgendwo zwischen Pegida und IS … Vor
allem aber verdeutlicht sich darin, wie Gereiztheit
in Hybris umschlägt und diese Hybris zu unauflösbaren Konflikten führt … (Doch) die wahre Herrschaft liegt hier gar nicht bei einem Tyrannen. Sie
liegt in den Händen von diskreten Tischrunden in
Banken-Etagen und Unternehmensverbänden, Börsenkreisen und Waffen-Lobbyisten.» (Südkurier)
Im April 2016 war am Theater Kiel die Uraufführung von Die zehn Gebote (Regie: Annette
Pullen), das im belagerten Leningrad des Zweiten
Weltkriegs spielt. «Zaimoglu und Senkel gehen
hart mit ihren Figuren ins Gericht … Ein gütiger
Gott, ein mitmenschlicher Glaube existieren nicht
mehr. Religion wird in der alttestamentarischen
Lesart e­ ines ‹Auge um Auge› zur Rechtfertigung
des Krieges instrumentalisiert.» (Theater der Zeit)
«Dürr sind die Sätze, karg und archaisch die Worte, in denen sich die fortschreitende Brutalisierung
eindrucksvoll spiegelt.» (Die deutsche Bühne)
■
«Für sein sprachgewaltiges erzählerisches und
dramatisches Werk», so die Jury, wurde Feridun
Zaimoglu 2016 mit dem Berliner Literaturpreis
ausgezeichnet.
«Gegen des
Herrschers Erlass
sind wir machtlos.
Es sitzt nicht, wie
in alten Zeiten, ein
einz’ger Mann in
Gottes Gnaden auf
dem Thron. Der
Männer sind viele,
die ihn stützen.»
Antigone, Schauspielhaus Zürich
18 JOHN VON DÜFFEL
Römische Trilogie
«Der Krieg, in dem wir sind, ist einer ohne Gegner,
Ein Schlachten ohne Schlacht
mit einer ganzen Stadt als Geisel
und Morden, wahllos, überall.»
D
ie Republik ist in einer schweren Krise: Machtverhältnisse sind instabil, die Schere zwischen
Arm und Reich klafft immer weiter auseinander,
Rebellen drohen mit Terroranschlägen. Rufe nach
einem neuen starken Mann werden laut, der am
besten gleich den Ausnahmezustand verhängen
soll, um autokratisch durchzugreifen. Im Gegenzug
rufen Populisten das Volk zum Protest gegen «die
da oben» auf …
Was nach sehr heutigen Angriffen auf unsere
Freiheit klingt, spielt in Wahrheit im antiken Rom.
Schon in Ödipus Stadt hatte John von Düffel er­
folgreich drei Dramen von Sophokles, Euripides
und Aischylos zu einem neuen Ganzen gefügt.
Noch konsequenter bündelt er nun in Römische
Trilogie die Shakespeare-Stücke
­Coriolan, Julius Cäsar und An­
tonius und Cleopatra zu einem
großen Panorama, in dessen
Zentrum der Siegeszug von Demagogen und Despoten über demokratische Errungenschaften
steht. Ohne plumpe Aktualisierungen und geschrieben in einer
streng gebundenen, aber schnörkellos direkten und zeitlosen
Sprache, beleuchtet John von Düffel das «PolitikGeschäft», erzählt von Putschisten, Spin-Doktoren,
nicht eingelösten Wahlversprechen oder fatalen
Bündnisfällen. Die handelnden Personen mögen
Brutus, Oktavius oder Agrippina heißen, das Gesellschaftssystem ein anderes sein, doch gerade in
der historischen Distanz treten die Ähnlichkeiten
zum Hier und Jetzt umso plastischer und erschreckender hervor.
John von Düffel
■■ Römische Trilogie
Nach Coriolan, Julius
Cäsar und Antonius
und Cleopatra von
William Shakespeare
Besetzung variabel,
mindestens 2D – 5H
Auftragswerk für das
Staatstheater Nürnberg
U: 22.10.2016
Staatstheater Nürnberg
(Regie: Klaus
Kusenberg)
Die Songs von Peter Fox’ Kult-Album Stadtaffe
hat John von Düffel gemeinsam mit dem Regisseur
Fabian Gerhardt zu dem «Theater-Trip» AFFE verwoben, der im November 2016 an der Neuköllner
Oper, Berlin, Uraufführung haben wird.
■
Gerald Reschs Kinderoper Gullivers Reise, für
die John von Düffel das Libretto geschrieben hat
(basierend auf seinem gleichnamigen Theaterstück), wird im Mai 2017 an der Oper Dortmund in
Koproduktion mit der Deutschen Oper am Rhein
Düsseldorf / Duisburg und der Oper Bonn uraufgeführt (Regie: Marcelo Diaz).
■
Orest, Staatstheater Stuttgart
19
Alexander Eisenach, geboren 1984 in Berlin, studierte Theaterwissenschaft und Germanistik in Leipzig und Paris. Er war Regieassistent am
Centraltheater Leipzig und 2013 / 2014 Mitglied des Regiestudios am
Schauspiel Frankfurt. Seit 2014 arbeitet er als freier Regisseur, u. a. am
Schauspiel Hannover, am Schauspiel Graz, am Düsseldorfer Schauspielhaus und am Deutschen Thea­
ter Berlin. 2014 wurde sein erstes
Theaterstück Das Leben des Joyless
Pleasure am Schauspiel Frankfurt
uraufgeführt. 2015 / 16 nahm Eisenach dort am Autorenstudio teil, in
dessen Rahmen Der goldene Fleiß
entstand. Im Februar 2017 ist am
Theater Bonn die Uraufführung
des Auftragswerks Der Zorn der
Wälder (Regie: Marco Štorman).
Alexander Eisenach
■■ Der goldene Fleiß
Besetzung variabel,
mindestens vier
Darsteller_innen
U: 06.03.2016
Schauspiel Frankfurt
(Regie: Daniel Foerster)
Alexander Eisenach
■■ Der kalte Hauch des
Geldes
Ein Finanzwestern
2D – 3H
Auftragswerk für das
Schauspiel Frankfurt
U: 11.11.2016
Schauspiel Frankfurt
(Regie: Alexander
Eisenach)
In der vergangenen Spielzeit hatte John von
Düffels Neufassung von Orest (Trojas Schatten)
am Theater Koblenz (Regie: Markus Dietze) sowie
am Staatstheater Stuttgart (Regie: Stephan Kimmig) Premiere: «Eine neue, erstaunlich kohärente
Orestie … Wo bei Aischylos und Euripides noch
die Grausamkeit des Mythos regierte, herrscht bei
Düffel eine fast schon bürgerliche Psychologie. Sein
Text hält die Balance zwischen der Wut und Wucht
der Vorlagen und einer zeitgemäßeren Logik der
Leidenschaften.» (Frankfurter Allgemeine Zeitung) «Präzise und bildreich schildert Düffels Text
nicht allein die mörderischen Familienkonflikte in
antiken Zeiten, sondern lässt zwischen den Zeilen
auch Grundsätzliches durchblitzen: das Aufbegehren der jungen Generation gegenüber den Eltern,
deren Erbe sie doch weiter trägt.» (Süddeutsche
Zeitung)
■
Der goldene Fleiß, Schauspiel Frankfurt
20 ALEX ANDER EISENACH
Der goldene Fleiß
«Die Frage ist nicht, wie wir Helden werden,
­sondern wie wir überleben in dieser Sauerei.»
I
n den Eingeweiden eines Schafes erkennt ein
Voodoo-Priester in Darfur deutlich die Probleme Afrikas: Die Gesellschaft schaut dem eigenen
Verfall zu, verharrt in der Lethargie der Kolo­nial­
zeit, gibt dem Westen die Schuld an der eigenen
Unfähigkeit und bekämpft sich lieber wechselseitig, als gemeinsam Besserung zu schaffen. Doch
das Orakel weiß einen Ausweg: Der goldene Fleiß,
der Europa seit Jahrhunderten seine Vormachtstellung
sichert, muss geraubt werden,
damit Afrika sein Schicksal
endlich selbst in die Hand
nehmen kann. Also werden
Jayson und Marbadu auf dem
Schlepperschiff Gora auf den
gefährlichen Weg übers Mittelmeer geschickt: eine «Argonautenfahrt von Afrika aus als
Versuch, den Klischees zu entrinnen, den Spieß irgendwie
kühn umzudrehen, nicht mehr
als Bittsteller an eine vermeintliche Paradiestür zu hämmern,
«Es gibt da dieses Zitat von Karl Marx,
dass sich Geschichte immer zweimal
ereignet.
20 Mal.
Genau, dass sich Geschichte immer
20 Mal ereignet. Einmal als Tragödie,
einmal als Farce, einmal als
Tragikomödie, einmal als ZDFZweiteiler, einmal als BBC-Miniserie,
einmal als Telenovela, einmal als
Eventmovie, einmal als
Kriminalkomödie, einmal als ZDFZweiteiler
sondern auf Beutezug auszugehen und
mit dem Besten zurückkehren» (Frankfurter Rundschau). Doch auch die heldenhafteste Selbstermächtigung kommt
nur schwer gegen die Beharrungsmacht
der Verhältnisse an, die für am Strand angeschwemmte Afrikaner nur eine einzige
Rolle vorsehen …
Der kalte Hauch des
Geldes
Ein Finanzwestern
W
ilder Westen: starke Männer, schöne ­Frauen,
Kampf, Gefahr und vor allem: Gold. Wer
sein Glück machen will, sucht es hier. Man wird
reich, oder man arbeitet für jemanden, der es schon
ist, Kapital akkumuliert sich, es gibt Gewalt, aber
keine Unklarheiten, das Recht schützt den Besitz
und damit basta. Doch auch in die kleine Goldgräberstadt mitten im Nirgendwo zieht der Fortschritt
ein: Die Eisenbahnschienen reichen schon fast an
den Ort heran, die Bodenschätze gehen zur Neige. Was liegt da näher, als eine Bank zu gründen?
Was soll das Starren auf den Goldpreis von heute,
wenn ich eine Wette auf den von morgen abschließen kann? Was taugt der Handel mit Waren, wenn
der Handel selbst zur Ware wird? Aber selbst aus
dem Umkreis des lokalen Geldhais regt sich leiser
Widerstand gegen die Durchökonomisierung der
Gesellschaft – und wer ist der mysteriöse Fremde,
der in seinem Zimmer über dem Saloon offenbar
ganz eigene Ziele verfolgt?
Die Verhältnisse beginnen zu tanzen und die
Diskurse mit ihnen, wenn im anspielungsreichen
Miteinander von Filmzitaten und Wirt­schafts­theo­
rie in den staubigen Straßen des wilden Westens der
Finanzkapitalismus entsteht – bis hin zum obligatorischen Showdown.
ZDF-Zweiteiler hattest du schon!
Unterbrich mich nicht! Einmal als
ZDF-Dreiteiler, einmal als amerikanisches Serienhighlight, einmal
als Dokumentarfilm, einmal als
Geschichts­fälschung und einmal
als Geschichte. Ja, denn Geschichte
ereignet sich manchmal auch als
Geschichte.»
MICHEL DECAR
Schere Faust Papier
A
lles beginnt mit einem Zeitsprung: Mindestens
drei (bzw. endlos viele) namenlos bleibende
Figuren sind davon überzeugt, dass sie in ihrem
Atombunker im wahrsten Sinne des Wortes in die
Steinzeit zurückgebombt wurden. «Vielleicht sind
es Rollenspieler, die in einem falschen Level gelandet sind. Sie erzählen sich die Geschichte der Welt,
spielen sich etwas vor: am Anfang ein Kratzen,
dann ein Mensch, riesige Herden in einer verlassenen Wald- und Seelenlandschaft, brennende Felder,
ein Pferd aus Holz, Kreuzzüge, die Eroberung eines
neuen Kontinents, Tyrannensturz und Revolution,
großdeutsche Ohrläppchen, polnische und weißrussische Urwälder, Indochina, Terrorstaaten und
Raketenabschusscodes. Michel Decars Stück ist ein
faustisches Unterfangen. Umgeben von einer Vielzahl von Überschriften und Namen, Reihen und
Listen gilt es, aus der Fülle der Welt zu tieferer Einsicht und brauchbaren Ergebnissen zu kommen.
Decar setzt Dialoge in Gang mit plötzlichen Richtungswechseln und Wendungen: Große Myste­
rien­spiele werden veranstaltet, Höhlengleichnisse
verunstaltet, Satyrspiele aufgeführt, Botenberichte
hingequatscht, Pressekonferenzen improvisiert. So
ungefähr.» (Matthias Günther im Jahrbuch 2016
von Theater heute)
«Wir leben in einer Zeit der Fragmente, der Reste, des Eindrucksmülls, der Splitter, und haben die
Sehnsucht, das alles wie die Bruchstücke von antiken Statuen zu kitten. Das schaffen wir auch, indem
wir sehend blind werden.» (Ersan Mondtag)
Michel Decar
■■ Schere Faust Papier
Besetzung variabel
U: 18.12.2016
Thalia Theater
Hamburg
(Regie: Ersan Mondtag)
ÖE: 28.04.2017
Landestheater
Niederösterreich,
St. Pölten
(Regie: Matthias
Rippert)
21
Necati Öziri
Decars Stück Jenny Jannowitz wird in der aktuellen Spielzeit am Rheinischen Landestheater
Neuss inszeniert (Regie: Franziska Maria Gramss),
Das Tierreich von Nolte Decar ist mit mittlerweile
über 15 Produktionen weiterhin auf vielen Bühnen
zu sehen, neue Produktionen kommen u. a. am
Theater der Keller, Köln (Regie: Charlotte Sprenger), und am FFT, Düsseldorf, ­her­aus.
■
■■ get deutsch or die
tryin’
Besetzung variabel
Auftragswerk für das
Maxim Gorki Theater,
Berlin, gefördert durch
den HKF im Rahmen
der Literaturwerkstatt
«Flucht, die mich
­bedingt» des Maxim
Gorki Theaters
U: Mai 2017
Maxim Gorki Theater,
Berlin
(Regie: Sebastian
Nübling)
NECATI ÖZIRI
THOM AS ARZT
get deutsch or die tryin’
Die Neigung des
Peter Rosegger
E
in Sommer, eine Jugend, ein Beat: Arda und
seine Kumpels Bojan, Danny und Savaş verbringen die Tage auf ihrer Bank am Bahnhof. Sie
dealen Gras, pfeifen Mädchen hinterher und tanzen
in der Sonne mit halbgaren Nazis. Was sie nicht wissen: Es wird ihr letzter gemeinsamer Sommer sein.
Als ein Freund nach dem anderen verschwindet,
muss Arda sich seiner eigenen Biographie stellen
und findet in den Wirren des türkischen Putsches
von 1980 eine Familiengeschichte zwischen ewiger
Flucht und Irgendwie-Ankommen.
Necati Öziri blättert ein knallbuntes Album deutscher Identitäten auf, eine Best-of-Platte der Integration, zu der neben dem Upbeat-Tempo der
vier Jungs auf der A-Seite unweigerlich auch eine
Familiengeschichte in Moll auf der B-Seite gehört.
get deutsch or die tryin’ ist Musik für Mütter, die auf
Columbo und Wodka stehen, für Väter, deren Revolution gescheitert ist, für Freunde, abgeschoben
in Länder, die es nicht mehr gibt, und für Geburts­
tage auf den Fluren des Ausländeramts, ist HipHop, Soul, Gewalt und erzählt vom Leben in einer
Sprache, die nicht dir gehört.
«aber du bist 18
und deine Freunde sterben
in den Zeitungen
mit Balken vor den Augen»
22 «Keine Tektonik der Welt trennt mir
die Steiermark.»
A
uf dem Marktplatz einer österreichischen
Kleinstadt hängt plötzlich der Heimatsegen
schief. Die Statue des steirischen Dichterfürsten
Peter Rosegger neigt sich gefährlich nach rechts.
Die Bürgermeisterin fürchtet um die Sicherheit der
Bürger, die Hauptstadt schickt einen Professor, der
wissenschaftliche Klarheit schaffen soll und tektonische Verschiebungen europäischen Ausmaßes
für die Schieflage verantwortlich macht. Wiesinger,
Inhaber eines traditionsreichen Familienunternehmens und großzügiger Förderer der Gemeinde, will
vor allem Aufregung vermeiden, schließlich steht
der Besuch einer UNESCO-Delegation an, die
den Stadtkern zum Kulturerbe ernennen will. Das
Standbild erweist sich derweil als labil: Nachdem es
mit einem Kran gerade gerückt wurde, sackt es über
Nacht erneut nach rechts. Beschwichtigungen der
Bürgermeisterin, Notmaßnahmen des Professors
und Aufregung in den sozialen Netzwerken tra-
Totes Gebirge, Theater in der Josefstadt, Wien
gen nur zur Eskalation bei. So sieht sich Wiesinger
schließlich gezwungen, selbst für Ruhe zu sorgen,
notfalls mit Waffengewalt.
Die Neigung des Peter Rosegger ist eine Politsatire, die
den allgegenwärtigen Rechtsruck in ein steinernes
Sinnbild übersetzt und genüsslich in seine Einzelteile zerlegt. Rosegger (1843 – 1918) dient dabei als
Lieferant eines widersprüchlichen Heimatbegriffs,
wie er ihn in seinem literarischen Werk postuliert
hat: ländliche Idylle und bescheidene Naturverbundenheit, aber auch Abschottung und Schutz gegen
Bedrohungen von außen.
«Arzt hat ein kompaktes Stück vorgelegt, in dem
der umstrittene Mythos des Heimatdichters als
Schablone dient. Auf ihr werden Nationalismus,
Fremdenhass, persönliche Befindlichkeiten, Komplexe und der diffuse Heimatbegriff, den so viele
gefährdet sehen, mit Wortwitz verhandelt.» (Der
Standard) «Arzt kann mit heiklen Themen schonungslos, aber unverkrampft umgehen und schaut
dem Volk sprachgewitzt aufs Maul.» (Die Presse)
Der nackte Felsen
S
ieht die Welt nicht ganz anders aus, wenn man
vom Berg auf sie herabblickt? Die scheinbar
festgefügten Zusammenhänge aus der Distanz zu
betrachten und als veränderlich zu erkennen, diese Sehnsucht hat vier Glückssucher dazu bewogen,
eine geführte Bergwanderung zu buchen. Alle
vier schleppen ihre Ängste, Verzweiflungen, ihren
Ballast mit ins Gebirge. Ihre Erwartungen werden
jedoch zunächst enttäuscht. Der Bergführer Wolf
würde am liebsten gar nicht reden, und die eigentliche Leiterin der Exkursion, die einstige Gipfel­
stürmerin Marie, kämpft seit einem tragischen
Kletterunglück mit eigenen Traumata und scheint
für ihre Schützlinge nur wenig Interesse aufzubringen. Oder lassen Marie und Wolf die Teilnehmer
bewusst im Unklaren über Ziel und Zweck der
Wanderung? Die gruppendynamischen Prozesse
und die Extremsituationen, die sich im Verlauf der
Tour ergeben, verfehlen jedenfalls nicht ihre Wirkung – die Figuren müssen sich immer wieder der
Frage stellen, wie sie leben wollen.
Thomas Arzt gelingt tatsächlich, was sich seine
Protagonisten erträumen: Er wirft einen Blick auf
individuelle Probleme und gesellschaftliche Krisen,
beleuchtet ihre Zusammenhänge und stellt die Frage nach ihrer Veränderbarkeit. «Von verpfuschten
Leben weiß der Autor erschreckend viel und detailliert zu berichten. In lakonisch knappen Szenen
mit oft klugem Wortwitz lernen die Zuschauer die
Protagonisten kennen – ihre Dämonen, ihre Träume. Arzt orientiert sich dicht am Puls seiner Generation.» (WAZ)
Im Januar 2016 wurde Thomas Arzts Totes Gebirge mit Kompositionen der Musikband Franui
am Theater in der Josefstadt, Wien, uraufgeführt
(Regie: Stephanie Mohr). «Literarisch ist dieser
Text hervorragend. Er zelebriert einen unverkennbaren eigenen Ton und ist fein rhythmisiert. Eine
Steilvorlage für die SchauspielerInnen.» (Nachtkritik) «Die chorischen Passagen sind jeweils auch
handwerkliche Höhepunkte. Die Liedstrophen
sind in ihrer fremdartigen dialektalen Rhythmik
der ideale Soundtrack für dieses Spiegelstück einer
Gesellschaft zum Verrücktwerden.» (Der Standard)
■
Thomas Arzt
■■ Die Neigung des
Peter Rosegger
3D – 3H
Auftragswerk für das
Schauspielhaus Graz
U: 15.09.2016
Schauspielhaus Graz
(Regie: Nina Gühlstorff)
Thomas Arzt
■■ Der nackte Felsen
2D – 4H
Auftragswerk
für das Pfalztheater
Kaiserslautern
U: 12.06.2016
Pfalztheater
Kaiserslautern in
Koproduktion mit den
Ruhrfestspielen
Recklinghausen
(Regie: Harald
Demmer)
23
David Gieselmann
■■ Sissy Murnau – Die
Serie im Theater
2D – 2H
Auftragswerk für das
Theater Bielefeld
■■ Folge 1:
Ich möchte glauben
U: 17.03.2016
Theater Bielefeld
(Regie: Henner
Kallmeyer)
«Thomas Arzt hat großartige Figuren erfunden, die
einem sofort ans Herz wachsen … Er kreiert starke
Bilder voll mit bedrohlichen, aber auch komischen
Stimmungen, er ist ein Meister der Atmosphäre.»
(Kurier)
Außerdem war im Mai 2016 die Uraufführung
von Werther lieben im Theater Phoenix, Linz
(Regie: Johannes Maile). «Die Themen, die Goethe
verhandelte, sind auch heute eindringlich. Besonders in den Händen von Thomas Arzt.» (Oberösterreichische Nachrichten) «Diesem Abend fehlt die
Sprache nie.» (Nachtkritik)
■
■■ Folge 2:
Ich werde kämpfen
U: 07.04.2016
Theater Bielefeld
(Regie: Henner
Kallmeyer)
■■ Folge 3:
Ich möchte lieben
U: 17.09.2016
Theater Bielefeld
(Regie: Christian
Schlüter)
■■ Folge 4:
Ich will leben
U: 24.09.2016
Theater Bielefeld
(Regie: Christian
Schlüter)
Sissy Murnau, Theater Bielefeld
«Die Frage, wie wir leben wollen, wird doch
wohl noch gestattet sein.»
24 DAVID GIESELM ANN
Sissy Murnau – Die
Serie im Theater
D
avid Gieselmann hat sich gemeinsam mit dem
Theater Bielefeld auf ein Abenteuer eingelassen. Alle sprechen von neuen Erzählformen, von
«Binge Watching» und staffelübergreifenden Spannungsbögen. Aber wie lässt sich das serielle Format
aufs Theater übertragen? Mit großem Sucht­poten­
tial, wie Sissy Murnau zeigt.
Die Titelfigur, die in den ersten zwei Folgen noch
gar nicht auftritt, übt auf alle handelnden Charaktere eine starke Faszination aus. Sie ist Freundin,
Kollegin, Konkurrentin – begehrt, beneidet und von vielen geliebt. Ob sie selbst
überhaupt liebesfähig ist, scheint fraglich.
Stattdessen wird sie aber von einem festen
Glauben beseelt, an sich selbst und an einen
geheimnisvollen Ort, der für eine gänzlich
veränderte Lebensführung steht: Nara.
Während die Suche nach der verschwundenen Sissy Murnau immer mehr Menschen
beschäftigt, greift die Sehnsucht nach Nara
wie ein Virus um sich. Partnerschaften drohen daran zu zerbrechen, Reisen ins Ungewisse werden unternommen, die Figuren
verlieren einander und gelegentlich auch
den Kontakt zur Realität – bis zum Staffelfinale (fast) alle wieder vereint und auf
den Boden der Tatsachen zurückgekehrt
sind. Doch was wäre eine Serie ohne Cliffhanger? So drängt sich am Ende die Frage
auf, wie haltbar die Einigkeit angesichts divergierender Vorstellungen von Leben und
Liebe wirklich ist. To be continued.
«Wer sich diesen Blockbuster entgehen
lässt, der verpasst etwas. Schon die erste
Folge macht seriensüchtig. Das liegt auch
an der subtilen, menschenkennenden,
vor allem zum lauten Lachen komischen
Stückvorlage.» (Neue Westfälische) «Eine
Liebeserklärung an das Serienformat und
das Thea­ter gleichermaßen.» (WestfalenBlatt)
David Gieselmann hat für das Theater
Eisenach das Jugendstück Ablass geschrieben (siehe S. 32) und arbeitet derzeit an
einem Auftragswerk für das Theater Heidelberg mit dem Arbeitstitel Der blaue
Würfel.
■
Wir sind keine Barbaren!
in verschiedenen Inszenierungen. oben: Theater Halle
Staatsschauspiel Dresden
Wallgraben Theater, Freiburg
PHILIPP LÖHLE
Du (Norma)
«Ich habe doch jetzt wirklich schon alles durch­
gemacht … hört das denn nie auf? Das muss
doch nicht sein … Kannst du mich nicht einfach
gehen lassen?»
G
leichberechtigung zwischen den Geschlechtern ist eine Illusion – das verdeutlicht Philipp
Löhle anschaulich am Beispiel seiner Titelfigur. Auf
Du (Normen), uraufgeführt 2013 am Natio­nal­thea­
ter Mannheim, folgt nun der zweite Teil der «Dulogie». Und der Unterschied zwischen den beiden
«Du’s» könnte krasser nicht sein. Während Normen mit viel Glück, wenig Aufwand und einigem
quasi-kriminellen Geschick durchs Leben segelte,
wird Norma früh in ihrer Biographie vom Leben
übel mitgespielt. Gemobbt, benachteiligt oder aus
zweifelhaften Motiven verführt, von ihrem Bruder
ausgenutzt und von den Eltern nicht gefördert:
Der Autor erspart seiner Hauptfigur bzw. uns wenig. Aber schließlich, vielleicht viel zu spät, begehrt
die Protagonistin auf und wendet sich gegen das
Schicksal – und gegen denjenigen, der ihre Geschichte schreibt. Denn das Stück ist auch ein hintersinniges dramatisches Spiel. Was sich zunächst
als Regieanweisungen ausnimmt, entpuppt sich zunehmend als auktorialer und autoritärer Erzähltext,
den Norma nicht mehr ungefragt hinnehmen kann,
wenn sie überleben will.
Die drastische Zuspitzung einer Biographie ist, wie
ein Blick auf die aktuellen Statistiken der euro­päi­
schen Agentur für Grundrechte zeigt, nicht weit
von der bitteren Realität entfernt: Jede dritte Frau in
der EU war bereits körperlicher oder sexueller Gewalt ausgesetzt. Mit Du (Norma) ist die Hoffnung
verbunden, dass eine Figur den (männlichen) Text
hinterfragen kann, dass ein bewusster Ausstieg aus
vorgegebenen (Gewalt-)Strukturen möglich ist.
Feuerschlange
«Der Beachtung der Menschen­rechte im Be­stim­
mungs- und End­verbleibs­land wird bei den
Entscheidungen über Exporte von Kriegswaffen
und sonstigen Rüstungs­gütern besonderes
Gewicht beigemessen.» Grundsätze der Bundes­
regierung für den Export von Kriegs­waffen und
sonstigen Rüstungs­gütern, zitiert nach dem
Rüstungs­export­bericht für 2015 vom Juni 2016
I
n einer kleinen Stadt produziert ein schwäbischer
Vorzeigebetrieb eines der weltweit meistverkauften Sturmgewehre. Etwa 640 Personen verdienen
ihren Lebensunterhalt mit einem Gerät, das dazu
dient, zu töten. Der Betrieb in der baden-württembergischen Provinz erwirtschaftete nach Eigenaussage 235 Millionen Euro im Jahr 2012. Trotz strenger deutscher Richtlinien für den Rüstungsexport
tauchen die Gewehre aus schwäbischer Produktion
immer wieder in den Krisengebieten dieser Welt,
z. B. in den Händen mexikanischer Drogendealer
Philipp Löhle
■■ Du (Norma)
Besetzung variabel,
mind. 4 Darsteller_innen
Auftragswerk für das
Nationaltheater
Mannheim
U: 12.11.2016
Nationaltheater
Mannheim
(Regie: Jan Philipp
Gloger)
ÖE: März 2017
Schauspielhaus Graz
(Regie: Dominic Friedel)
Philipp Löhle
■■ Feuerschlange
Besetzung variabel
Auftragswerk für
das Staatstheater
Stuttgart
U: 29.10.2016
Staatstheater Stuttgart
(Regie: Dominic Friedel)
25
Theater Magdeburg
Wir sind keine Barbaren! in verschiedenen Inszenierungen.
oben: Theater Heilbronn
Philipp Löhle
■■ Schlaraffenland
Ein autobiographisches
Stück
2D – 3H
Auftragswerk für das
Theater Basel
U: 05.05.2017
Theater Basel
(Regie: Claudia Bauer)
Männer damit beschäftigt, den Gang der Geschichte – oder die Theatervorstellung? – reibungslos am Laufen zu halten. Was folgt, ist
eine umfassende Verstörung. Nicht nur wird
der Sohn, der bisher als Ich-Erzähler seines
eigenen Lebens agiert hat, nachhaltig deRheinisches Landestheater Neuss
konstruiert und muss sich einem veränderten Erzählrhythmus unterordnen. Auch alle
anderen Figuren (Eltern, Schwester, Onkel)
oder auf den Videos syrischer IS-Kämpfer auf. Phi- empfinden die veränderte Weltsicht als Zumutung.
lipp Löhle hat 15 Episoden geschrieben, die sich Denn seit der vermeintlichen Epiphanie müssen
auf ganz unterschiedliche Weise – in dokumentari- sie sich ständig Vorwürfe über den bisherigen Lescher Form, als Märchenspiel, Erzähltheater bis hin benswandel an­hören. Dabei verstehen sie nicht,
zur Detektiv-Story – den Geschichten hinter dem was bei dem Sohn eine solch radikale Veränderung
deutschen Exportschlager annähern.
der Sichtweise bewirkt hat, denn schließlich wissen
doch alle, worauf unser Wohlstand und weitestgehend sorgenfreies Leben gegründet ist. Um diese
Gleichgültigkeit zu durchbrechen, greift der Sohn
zu einem letzten drastischen Mittel.
Schlaraffenland
«Es ist so einfach, glücklich zu sein … Man muss
es sich nur nehmen. Oder so machen, wie man
es braucht … In allen Bereichen …»
I
n Philipp Löhles jüngstem Stück leben wir tatsächlich alle im Schlaraffenland, wie sich am
Lebensweg des exemplarischen Sohnes zeigt: Der
Sohn ist in einer heilen Familie aufgewachsen, die
immer zusammen zu Abend isst. Wenn etwas kaputt
geht, kaufen seine Eltern es neu, aber größer. Wenn
seine Mutter altert, korrigiert das der Schönheits­
chirurg. Wenn seine Oma stirbt, steht der Familie eine Trauerberaterin zur Seite. Seine Schwester
heiratet karrierefördernd seinen Vorgesetzten, und
er hat eine Affäre mit seiner Sekretärin. Alles läuft
wie am Schnürchen, bis ihm eines Nachts ein Blick
hinter die Kulissen gewährt wird. Dort sind dunkle
26 Wir sind keine Barbaren! ist mit mittlerweile
über 30 Inszenierungen weiterhin auf vielen Bühnen zu sehen. Premieren stehen in dieser Spielzeit
u. a. am Theater Ravensburg (Regie: Erik Rastetter),
Salzburger Landestheater (Regie: Claus Tröger),
Anhaltischen Theater Dessau (Regie: Wolfgang Hagemann) und Deutsch Sorbischen Theater, Bautzen
(Regie: Stefan Wolfram), auf dem Programm. Löhles Stück Das Ding wurde bzw. wird in der aktuellen
Spielzeit in Kanada (Canadian Stage, Toronto), Dänemark (Stadttheater Aalborg) und Estland (Endla
Teater, Pärnu) inszeniert. Du (Normen) wird an der
Badischen Landesbühne, Bruchsal, gezeigt (Regie:
Judith Kriebel), supernova (wie gold entsteht)
hat am Theater Pforzheim Premiere (Regie: Tom
Gerber), und Löhles Märchenbearbeitung Peterchens Mondfahrt kommt am Landestheater Memmingen heraus (Regie: Ingrid Gündisch).
■
LEIF R ANDT
Planet Magnon
W
ir schreiben das Jahr 48 n.
AS. Seit fast 50 Jahren regiert das Computerprogramm Actual Sanity eine Gemeinschaft von
sechs bewohnbaren Planeten; alle
Entscheidungen werden aufgrund perfekter Statistik zum Wohle aller getroffen. Frieden, Fairness
und Wohlstand sind die Konsequenz. Statt sich in
Nationen oder Ethnien zu gruppieren, haben sich
die Menschen zu Kollektiven zusammengeschlossen, die auf unterschiedliche Weise an der Vervollkommnung ihrer Mitglieder arbeiten. Doch dem
postdemokratischen Paradies droht Gefahr: Die
Mitglieder des Kollektivs der gebrochenen Herzen (Hank) wollen dem Leiden wieder zu seinem
Recht verhelfen. Seltsame Anschläge erschüttern
die Planetengemeinschaft, und offenbar findet das
Untergrundkollektiv immer mehr Zulauf. Marten
Eliot und Emma Glendale, die beiden jungen Spitzenfellows des Dolfin-Kollektivs, reisen von Planet
zu Planet, um neue Mitglieder anzuwerben, und
kommen dabei den Hanks gefährlich nahe …
«Planet Magnon wirkt wie eine kluge Fortschreibung [von] Der Circle.»
(Spiegel Online) «Leif Randt liefert
hier nicht nur eine äußerst clever
konstruierte Sci-Fi-Geschichte, sondern auch e­ inen überaus hellsichtigen
Ideenroman, der nach dem Wert des
menschlichen Makels fragt.» (Zeit
Online) «Ein Trauerspiel, gewiss. Aber
eines, das vorzüglich konstruiert und
abgründig komisch ist.» (Frankfurter
Allgemeine Zeitung). Leif Randt hat
seinen Roman für das Düsseldorfer
Schauspielhaus selbst dramatisiert. «Randt beschreibt einen gesellschaftlichen Zustand, in dem
Affirmation und Kritik ununterscheidbar sind …
Randts Bühnen­fassung weicht erheblich von seiner
Vorlage ab. Der Roman endet unentschieden … die
Theaterfassung verdeutlicht aber die Synthese. Der
Konflikt zwischen den Kollektiven wird als von der
AS gesteuert erkannt.» (Nachtkritik)
Leif Randt
■■ Planet Magnon
Bühnenfassung von
Leif Randt
Besetzung variabel,
mind. 2D – 3H
Auftragswerk für
das Düsseldorfer
Schauspielhaus
U: 24.09.2016
Düsseldorfer
Schauspielhaus
(Regie: Alexander
Eisenach)
Der Roman Planet
Magnon ist im Verlag
Kiepenheuer & Witsch
erschienen.
Rafael Sanchez /
­petschinka
R AFAEL SANCHEZ /
PETSCHINK A
Mohamed Achour erzählt
Casablanca
■■ Mohamed Achour
erzählt Casablanca
1 – 3 Darsteller_innen
U: 06.10.2016
Schauspiel Köln
(Regie: Rafael Sanchez)
«Weißt du,
wenn ich nicht zurückkehre,
habe ich das Gefühl,
dass ich hier sterbe vor Scham und Ohnmacht.»
M
Planet Magnon, Düsseldorfer Schauspielhaus
ohamed Achour hat den «Chamlet» für sein
Vorsprechen vorbereitet. Doch statt ­eines
Shakespeare-Monologs wollen Intendant und Dramaturgin viel lieber hören, was es mit seiner verworrenen Biographie, die sie seinem Lebenslauf
entnommen haben, auf sich hat. Und so drängen
sie ihn, zu erzählen. Von seiner behüteten Kindheit
in Damaskus. Von dem kleinen Programmkino gegenüber, wo er zum ersten Mal Casablanca gesehen
hat. Und von seiner Mutter Rania, von deren Existenz er erst im Alter von acht Jahren erfährt und
auf die sich in den folgenden Jahren seine ganze
Sehnsucht richtet. Rania, nach ihrer sehr frühen
Schwangerschaft von ihrem Vater verstoßen, hat
sich den Traum einer Sängerinnenkarriere erfüllt
und führt ein glamouröses Leben in Casablanca.
Mit 15 reist ihr Mohamed endlich hinterher. Die
nordafrikanische Stadt wird wie in dem legendären
Filmklassiker auch für ihn zu einem Schicksalsort.
Hier geht die abenteuerliche Reise erst richtig los,
27
Mohamed Achour
erzählt Casablanca,
Schauspiel Köln
Leonhard
Koppelmann
■■ Klaus Barbie –
Begegnung mit
dem Bösen
Auf Basis der
Recherchen von
Peter F. Müller
Nach originalen
Selbstzeugnissen und
Interviews
1H
U: 13.02.2016
Düsseldorfer
Schauspielhaus
(Regie: Leonhard
Koppelmann)
Rafael Sanchez, 1975 in Basel geboren,
arbeitet als Regisseur an zahlreichen
Theatern, leitete (gemeinsam mit Barbara Weber) von 2008 bis 2013 das
Theater am Neumarkt, Zürich, und ist
seit 2013 Hausregisseur am Schauspiel
Köln. Eberhard Petschinka, 1953 in
Niederösterreich geboren, arbeitet als
Schriftsteller, Regisseur und Maler.
­Gemeinsam schrieben sie das Stück
Rafael Sanchez erzählt «Spiel mir das
Lied vom Tod», uraufgeführt 1997 am
Theater Basel, dessen Radiofassung mit
dem Hörspielpreis der Kriegsblinden
und dem internationalen Premios Ondas ausgezeichnet wurde.
Leonhard Koppelmann, 1970 geboren, studierte
in Hamburg Regie und inszeniert u. a. am Thalia
Theater Hamburg, Staatsschauspiel Dresden und
am Schauspielhaus Zürich. Darüber hinaus zählt er
seit Mitte der 1990er Jahre zu den renommiertesten
Hörspielautoren und -regisseuren, darunter mit
zahlreichen Adaptionen der Texte von Elfriede Jelinek. Außerdem arbeitet er
eng mit dem Schauspieler
und Autor Peter Jordan
zusammen, zuletzt bei der
Uraufführung von Jordans Jules-Verne-Fassung
In 80 Tagen um die Welt
(siehe S. 40).
die Mohamed in den folgenden Jahren erst nach
München, dann zur Rettung des Heimatlandes zurück nach Syrien und wieder retour nach Deutschland führen wird.
Mohamed Achour erzählt Casablanca ist eine fabulierfreudige Geschichte über innere und äußere
Heimat. Mohameds strenger Großvater und vor
allem die kapriziöse Mutter werden zu Sinnbildern
eines «Vaterlands», das noch viel versehrter ist als
seine über mehrere Länder versprengte Familie.
Der Text lässt sich als Monolog oder mit zwei bis
drei Darsteller_innen umsetzen.
LEONHARD KOPPELM ANN
Klaus Barbie – Begeg­
nung mit dem Bösen
D
er Prozess gegen Klaus Barbie, den «Schlächter von Lyon», erregte 1987 weltweit Aufsehen. Hier stand ein NS-Täter vor Gericht, der nicht
die geringste Reue zeigte, sondern sein Handeln
28 kaltschnäuzig rechtfertigte.
«Ich war nie ein
Verantwortlich war Barbie,
fanatischer
der als Gestapo-Chef im beAntisemit in
rüchtigten Hotel Terminus
dem Sinne,
u. a. gegen die französische
wir alle nicht,
Résistance vorging, für grauaber nach dem
same Massaker, DeportatioKriege bin ich es
nen, Morde und Folterungen.
­geworden.»
1951 floh er nach Südamerika
und half dort als eingefleischter Antikommunist CIA und BND bei der Partisanenabwehr, sehr wahrscheinlich sogar bei der Jagd
auf Che Guevara. Trotz des frühen Protests jüdischer Aktivisten wurde er erst 1983 von der bolivianischen Polizei festgesetzt und nach Frankreich
ausgeliefert.
Leonhard Koppelmann hat seinen Barbie-Monolog
ganz aus O-Tönen und basierend auf Recherchen
des Journalisten Peter F. Müller montiert: «Weniger
ein Doku-Spiel mit erhobenem Zeigefinger denn
ein packendes Theatererlebnis … Unerwartet drastisch fällt das Wechselbad der Gefühle aus, das Koppelmann dem Zuschauer zumutet … (Er) zeigt, wie
aus einem unauffälligen, durchschnittlichen Menschen ein Verbrecher werden kann.» (Westdeutsche
Zeitung)
«Die Uraufführung überzeugt gerade wegen ihrer ‹Neutralität›. Aus ihr heraus erwächst das Bild
eines Mannes, dessen scheinbare Normalität viel
erschreckender ist als der Gedanke an einen ‹Henker›.» (Rhein-Neckar-Zeitung)
«Eine dramatische Aufforderung zur Aneignung
abstoßender Geschichte.» (WAZ)
«Tuğsal Moğul legt die
Schmerzpunkte der
deutschen Migranten­
gesellschaft frei.»
Theater heute
TUĞSAL MOĞUL
Der goldene Schnitt
Deutsche Konvertiten
A
aron litt als Kind in Afghanistan unter der Gewaltherrschaft der Taliban; später, in Deutschland, entscheidet er sich für Jesus’ Botschaft der
Vergebung. Anders geht es Sarah, die ihr protestantisches Elternhaus als kühl und distanziert erlebt und erst im Islam Geborgenheit findet. Die
rationale Christin Ida forscht immer weiter «in die
Tiefe» und konvertiert schließlich zum Judentum.
Und der Ingenieur Marc lässt sich nach der überstandenen Krebserkrankung seiner Frau katholisch
taufen.
Ein Fest rund um die Vorhaut
Tuğsal Moğul
■■ Deutsche
Konvertiten
2D – 2H
E
s soll ein großes Fest werden: Ibrahim, ein
Anästhesist muslimischer Abstammung, und
seine Frau Judith, eine Ärztin mit jüdischen Wurzeln, haben zur Beschneidung ihres Sohnes eingeladen. Aber schnell mischen sich Misstöne in die
ausgelassene Stimmung. Geht es hier wirklich um
die Fortführung eines identitätsstiftenden Rituals?
Oder verletzt der Eingriff das Grundrecht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit?
Auftragswerk für das
Theater Münster
U: 03.06.2016
Theater Münster
in Koproduktion mit
dem Theater im
Pumpenhaus, Münster
(Regie: Tuğsal Moğul)
Tuğsal Moğul
«Ein wichtiges Stück … Tuğsal Moğul thematisiert etwas grundlegend Menschliches,
das in unserer säkularisierten, multikulturellen Gesellschaft mehr und mehr in den
Blickpunkt rückt: die Suche nach Halt und
Struktur in einer Religion.» (Westfälische
Nachrichten)
«Wie schon Die deutsche Ayşe bricht
auch Deutsche Konvertiten mit erstarrten
Diskursen. Wenn in den Medien von Konvertiten die Rede ist, dann geht es meist um
bärtige junge Männer, die sich als Salafisten
radikalisiert haben. Diesem Schreckensbild stellt Moğul vier auf realen Biographien basierende Lebensgeschichten entgegen. Aaron, Ida, Marc und Sarah wollen
niemanden missionieren. Sie legen einfach
auf ihre Weise Zeugnis von einem Leben
ab, das erst durch den neuen Glauben vollständig geworden ist. In dem gegenwärtig
derart aufgeheizten gesellschaftlichen Klima geht von Moğuls Projekt eine ungeheure politische Kraft aus. Wie Lessings
Nathan der Weise ist Deutsche Konvertiten
ein rückhaltloses Plädoyer für gegenseitige
Toleranz.» (Nachtkritik)
■■ Der goldene Schnitt
Ein Fest rund um
die Vorhaut
1D – 1H
Auftragswerk für das
Theater Dortmund
U: 16.04.2016
Theater Dortmund
(Regie: Tuğsal Moğul)
Deutsche Konvertiten, Theater Münster
29
KINDER- UND JUGENDTHEATER
Thilo Reffert
■■ Mr. Handicap
3D – 3H
ab 10 Jahre
Auftragswerk für das
Junge Düsseldorfer
Schauspielhaus
U: März 2017
Düsseldorfer
Schauspielhaus
(Regie: Frank Panhans)
Thilo Reffert
■■ Der große Sprung
oder Drei Dinger, du
fliegst
3D – 3H
ab 8 Jahre
Auftragswerk für
Next Liberty Graz
U: 29.04.2017
Next Liberty Graz
(Regie: Helge Stradner)
«Der goldene Schnitt holt die Diskussion nach, die
die Gesetzgebung 2012 eher abgewürgt hat, als dass
sie ihr Resultat gewesen wäre … Alle Argumente für
(und gegen) die Beschneidung werden vorgebracht,
(und Tuğsal Moğul) sieht mit empathischem ethnologischen Blick auf die Verwirrungen der orientalischen Religionen.» (Theater heute)
«Moğul gelingt es mit dieser Arbeit sehr gut, einen
Konflikt auf den Punkt zu bringen, den sicherlich
viele Migranten kennen: Wie westlich modern will
ich sein? Wie viel Tradition aus der Heimat meiner
Vorfahren möchte ich in mein Leben bringen, um
meine Wurzeln nicht zu verleugnen? … Ein kurzer
und unterhaltsamer Theaterabend über ein ernstes Thema» (WAZ) und «eine Aufforderung zum
Selber-Denken» (Deutschlandfunk).
Tuğsal Moğuls Stück über den NSU Auch Deutsche unter den Opfern war 2016 in der Inszenierung des Zimmertheaters Tübingen zum Heidelberger Stückemarkt sowie zu den Hamburger
Privattheatertagen eingeladen, wo es den MonicaBleibtreu-Preis in der Kategorie «(Zeitgenössisches) Drama» gewann.
■
Im Juni 2017 hat am Staatstheater Nürnberg
Moğuls Stück 2023 – Atatürks Erben in seiner
Regie Uraufführung.
■
Open Werther, Theater Aalen
30 THILO REFFERT
Mr. Handicap
«Meine Oma, die hatte ihre Mohrrüben noch
im Garten. Die wusste noch, dass jede Rübe
anders ist, die hat keine aussortiert, da
­kamen alle in die Küche. Das war Inklusion,
die wusste das bloß nicht.»
V
incent sabbert. Vieles kann er nicht allein,
und manchmal fällt er einfach um. Jeder in
der Klasse war schon mal als Vincents freiwilliger
Pate dran, nur Hannes nicht. Bis Frau Kripke ihn
dazu verdonnert. Dabei können die beiden sich
nicht ausstehen! Und nicht genug, dass sich immer
alles um Vincent dreht, er macht sich auch noch
vor Hannes’ Freunden über ihn lustig – bis Hannes ihm eine reinhaut. Dass das kein vorbildliches
Verhalten war, weiß er selbst; aber den Aufstand,
den alle deswegen machen, findet er dann doch
übertrieben. Trotz seiner Proteste lädt seine Mutter
Vincent zu ihm nach Hause ein, um die Sache zu bereinigen. Dabei hatte Hannes für das Wochenende
ganz andere Pläne. Wie es dann aber dazu kommt,
dass die Jungs, plötzlich auf sich gestellt, zusammen mit dem Nachbarsmädchen Emine einen
aben­teuer­lichen Trip zum Flughafen unternehmen,
fiese Typen besiegen, ein Geheimnis über Hannes’
­Vater erfahren und dabei ziemlich viel über Behinderung, Zusammenhalten und Anderssein lernen,
das erzählt Thilo Reffert temporeich und komisch
in einem Stück, in dem Inklusion zumindest für die
drei neugefundenen Freund_innen am Ende kein
Thema mehr ist.
KINDER- UND JUGENDTHEATER
«Mit Eltern muss man Kirchen anschauen,
Mit kleinen Geschwistern Sandburgen bauen.
Mit Omas spielt man endlos Karten,
Muss im Museum auf sie warten.
Mit Onkeln und Tanten im Biergarten sitzen,
Im ewigen Kreislauf von Trinken und Schwitzen,
Und die Cousins und die Cousinen
Sind so nett nicht, wie sie schienen.
Familienurlaub ist manchmal famos,
Doch auf Klassenfahrt, da ist immer was los.»
Der große Sprung
oder Drei Dinger, du
fliegst
K
lassenreisen sind die besten Reisen: Ferien mit
Freunden, jede Menge Gelegenheit für Blödsinn, und die Erwachsenen sind eindeutig in der
Unterzahl. Allerdings hat Karls leidgeprüfte Lehrerin Frau Heller klare Regeln für die Klassenfahrt
aufgestellt – die wichtigste lautet: «Drei Dinger, du
fliegst.» Und weil Karls Vater Ecke ihn letztes Jahr
nach drei Regelverstößen mitten in der Nacht abholen kommen musste, ist er dieses Mal vor­sichts­
halber gleich selbst mitgefahren, als Aufsichtsperson. Eigentlich kann also gar nichts passieren. Aber
gleich am ersten Tag hat jemand die Seifenspender
mit grüner Tinte befüllt und Juckpulver in alle
Schuhe gestreut. Karl ist diesmal völlig unschuldig. Hinter den Attacken steckt ganz offensichtlich
Tami, die Neue, die noch keiner wirklich kennt. Das
Ganze könnte Karl also völlig schnurz sein, aber er
hat ein seltsames Gefühl bei der Sache. Niemand
möchte doch freiwillig schon am ersten Tag abgeholt werden – oder?
Mit Witz, Feingefühl und viel Musik hat Thilo
Reffert ein Stück über Freundschaft und Mut geschrieben: den Mut, sich auf Neues einzulassen,
und eine Freundschaft, die mutig macht – und in
dem ganz nebenbei selbst den Erwachsenen klar
wird, dass Regeln manchmal nicht das Wichtigste
sind.
Im März 2016 war am Theater Aalen die Uraufführung von Thilo Refferts Open Werther (Regie:
Jonathan Giele). «Reffert will in der Reibung d
­ reier
Seelen – Lotte, Albert, Werther – der narzisshaften
Welt einer Internet-Generation nachspüren, in der
alle Grenzen des Ich sich zugleich auflösen und zu
Spielmaterial werden.» (Die deutsche Bühne) «Der
Blick auf den 250 Jahre alten Text bekommt so in
der Tat neue Perspektiven. Sehr raffiniert: ‹Seelenverwandtschaften› XXL.» (Aalener Nachrichten)
«Selten war die Geschichte einer verbotenen Liebe
unterhaltsamer.» (Schwäbische Post)
■
Im April 2017 wird am LTT Landestheater Tübingen das Auftragswerk Milas Welt (Regie: Michael Miensopust) uraufgeführt. Außerdem haben
in dieser Saison Ronny von Welt am Theater Baden-Baden (Regie: Michael Miensopust) und Mein
Jahr in Trallalabad (Regie: Laura Jakschas) an der
Landesbühne Niedersachsen Nord in Wilhelmshaven Premiere.
■
Tim Staffel
■■ Im Netz
2D – 3H
ab 14 Jahre
Auftragswerk für das
Theater Heilbronn
U: 03.06.2016
Theater Heilbronn
(Regie: Prinzip Gonzo)
TIM STAFFEL
Im Netz
M
uss der Staat wissen, was seine Bürger_innen treiben? Und sollten Eltern alles erfahren, was ihre Kinder tun? Sicherheit versus Freiheit,
Überwachung versus Privatsphäre: Im Netz posi­tio­
niert sich auf einem der am heftigsten umstrittenen Spannungsfelder der Gegenwart. «Das Internet
ist der zweite Urknall. Alles ist möglich, weil alles
frei ist», schreibt der 15-jährige Joris. Als er über
seinen Freund Emil an die Datenkontaktlinse Iris
herankommt, ist er begeistert: Mit Iris im Auge ist
man immer vernetzt, gesteuert wird durch Augenbewegungen und Gedankenbefehle. Emil und Joris
tauchen damit bei ihren gemeinsamen Computerspielen ganz in die virtuellen Welten ein, Joris’
31
KINDER- UND JUGENDTHEATER
David Gieselmann
■■ Ablass
2D – 3H
ab 12 Jahre
Auftragswerk für das
Theater Eisenach
U: 18.03.2017,
Theater Eisenach
(Regie: Boris C. Motzki)
Schwester Ida kann endlich bessere Musik komponieren – und die Hausaufgaben sind jetzt natürlich
auch kein Problem mehr. Als dann durch einen
Systemfehler der Avatar K. I. entsteht, eröffnen
sich Joris noch ganz andere Möglichkeiten, die Datenströme des Internets zu durchschauen und zu
manipulieren. Doch seine Aktivitäten bleiben nicht
lange unentdeckt. Und als der Druck auf Joris steigt,
müssen auch Emil und Ida feststellen, dass das System hinter Iris höchst private Dinge von ihnen weiß
und nicht zögert, sie gegen sie zu verwenden.
«Staffels Text ist direkt, klar und in einer Sprache
geschrieben, die nicht nur ein junges Publikum berührt. Der Autor, Regisseur und Blogger reiht die
Sequenzen so rasant wie im Drehbuch für einen
Action-Thriller aneinander … In diesem dystopischen Setting geben die Figuren ihr letztes bisschen
Intimsphäre preis. Gnadenlos werden ihre Gefühle
zur Schau gestellt. Heraus kommt ein Abend über
Identität im Zeitalter der Vernetzung und ihre Bedrohung durch die Gefahr medialer Überwachung.
Und all das, zum Glück, ohne pädagogische Keule.»
(Nachtkritik)
DAVID GIESELM ANN
Ablass
«Freiheitliches Modell, wenn ich das schon höre,
halt doch die Fresse mit deinem freiheitlichen
Modell!»
D
avid Gieselmann schickt eine Bilderbuchfamilie (Vater, Mutter, Tochter, Sohn) auf die Suche nach transzendentalen Wahrheiten. Vor allem
den Sohn treibt eine nagende Orientierungslosigkeit und Unzufriedenheit um. Die Eltern sind ihm
mit ihrer sanften, eher passiven Art keine Hilfe bei
seinen Fragen nach einer zielgerichteten Weltsicht,
und seine Schwester nimmt seine Sorgen zu Beginn
überhaupt nicht ernst. Also hat er online eine Gemeinschaft aufgetan, die eine krude Mischung aus
digitaler Enthaltsamkeit und familiärer Dreieinigkeit predigt. Als
«Wir kriegen es doch nicht mit. Wir sehen die ja nicht. Wir wissen gar nicht, wer sich
sich ein Vertreter der Sekte wie ein
unsere Sachen anhört oder anguckt. Dann ist es auch nicht so schlimm.»
moderner Tartuffe bei der Familie
einnistet, fordert er ganz unterschiedliche Reaktionen der Fami­
lien­mit­glie­der heraus. Die Tochter
entdeckt ihren Widerstandsgeist
und ihre revolutionäre Energie,
während sich der Sohn dem neu
gefundenen Weltbild fügt und dadurch in der patriarchalen Hierarchie die Karriereleiter erklimmt.
Aber schließlich sind es doch die
Kinder, die dem Spuk ein Ende
bereiten, kurz bevor die Situation
völlig eskaliert.
Im Netz, Theater Heilbronn
32 David Gieselmann gelingt es besonders, die Ambivalenz der Figuren
deutlich zu machen. Die letztlich
reaktionäre Sehnsucht des Sohns
nach festen Werten ist Ausdruck
seiner im Grunde unschuldigen
KINDER- UND JUGENDTHEATER
«Verrückt, wie manche Leute so tun, als wüssten sie Bescheid über
den Islam, obwohl sie keinen Schimmer haben.»
Marcus Youssef
Sinnsuche. Und die verständnisvolle Offenheit der Eltern erscheint den Kindern
unentschieden und kraftlos. Gieselmann
nimmt diese weltanschauliche Leere, der
sich die junge Generation gegenübersieht,
zum Anlass für eine Glaubenskomödie,
die in letzter Konsequenz alle gleichermaßen auf die Palme bringt.
■■ Dschabber
(Jabber)
ab 14 Jahre
Deutsch von
Bastian Häfner
1D – 2H oder 2D – 1H
M ARCUS YOUSSEF
Marcus Youssef leitet seit 2005 das Theater
Neworld in Vancouver. Als Autor und Regisseur arbeitet er in ganz Kanada. Er war
Hausautor am Banff Centre sowie Haus­autor /
Lecturer an der National Theatre School,
Montreal, und wurde u. a. mit dem Chalmer’s
Canadian Play Award ausgezeichnet.
Dschabber
M
it einer einfachen Perspektivverschiebung
erreicht Marcus Youssef etwas Unerhörtes:
Die Hauptfigur in Dschabber ist eine junge, selbstbewusste Muslima, die sich für das Kopftuch, den
Hidschab, entschieden hat. Die 16-jährige Fatima
ist vor zwei Jahren mit ihren Eltern aus Ägypten
geflohen, und selbst wenn sie ihre alte Heimat gelegentlich vermisst, hat sie sich an ihre neue Umgebung recht mühelos angepasst. Die Einschränkungen, die ihr kultureller Hintergrund mit sich
bringt, sind ihr durchaus bewusst, sie akzeptiert
sie aber als Teil ihrer Identität. Ernsthafte Probleme
ergeben sich erst, nachdem ihre Eltern sie wegen
eines anti-muslimischen Graffitis die Schule wechseln lassen. Fatima vermisst nicht nur ihre besten
Freundinnen, die sich selbstironisch die «Dschabber» nennen, sondern muss sich mit ihrem neuen
Mitschüler Jonas herumschlagen, der ihr mit seiner
Mischung aus Ignoranz und Hartnäckigkeit auf den
Geist geht. Doch vielleicht gerade weil die beiden
unterschiedlicher kaum sein könnten, lässt Jonas,
dem ein Ruf als Troublemaker vorauseilt, auch
seine sanften Seiten erkennen, und zwischen den
beiden Teenagern entwickelt sich eine vorsichtige
Liebesgeschichte. Die Schwierigkeiten aber, die ihre
Freundschaft mit sich bringt, werden zur größten
Herausforderung ihres Lebens, an der beide beinah
zerbrechen.
Mit spielerischer Leichtigkeit schlüpfen drei Darsteller_innen in die verschiedenen Rollen und
machen gelegentlich auch ihre eigene Haltung zur
Geschichte deutlich, was dem Geschehen zusätz-
Annika Hartmann /
Jens Paulsen
■■ Die Schneekönigin
Nach Hans Christian
Andersen
Musik: Birgit Rohrbeck
3D – 5H
ab 6 Jahre
lich erzählerische Verve verleiht. Marcus Youssef
erzählt unaufgeregt und zugleich einfühlsam von
zwei Jugendlichen, deren Unterschiede für sie
selbst zwar nicht unproblematisch, aber überbrückbar sind. Für ihre Umgebung jedoch scheint ihre
Beziehung eine unerträgliche Provokation zu sein.
U: 21.11.2015
Theater Kiel
(Regie: Jan Steinbach)
ANNIK A HARTM ANN /
JENS PAULSEN
Die Schneekönigin
I
m kalten Nordland wohnen die Kinder Gerda und Kay bei ihrer Großmutter. Alles ist gut,
bis eines Tages Kay verschwindet, verzaubert und
entführt von der Schneekönigin. In ihrem Palast
soll er die letzte Scherbe ihres zerbrochenen Zauberspiegels finden, mit dem sie ewige Kälte über
die Welt bringen will. Trotz der Warnungen ihrer
Großmutter macht Gerda sich auf den gefährlichen Weg nach Norden, um ihren Bruder zu su-
33
KINDER- UND JUGENDTHEATER
PETER R AFFALT
Der Zauberer von Oz
I
Die Schneekönigin, Theater Kiel
Peter Raffalt
■■ Der Zauberer von Oz
Nach L. Frank Baum
3D – 4H
ab 6 Jahre
U: 28.10.2016
Wuppertaler Bühnen
(Regie: Peter Raffalt)
chen. Eine Reise voller Abenteuer beginnt: Zusammen mit dem tollpatschigen Rentier Fritjof besiegt
Gerda die schläfrigen Baumgeister und rettet den
kleinen Borkentroll Blonk. Zu dritt treten sie den
Eiszapfensoldaten entgegen und erreichen schließlich den Palast der Schneekönigin. Doch Kay hat
die Scherbe bereits gefunden – können die Kinder
die böse Königin noch aufhalten?
n der grauen Einöde von Kansas sitzt Dorothy und vergeht vor Langeweile. Plötzlich reißt ein Wirbelsturm das Mädchen fort
in ein farbenfrohes und sonderbares Land.
In Oz kämpfen ein Zauberer und vier Hexen
um die Macht. Auf ihrem Weg in die Smaragdstadt zum Zauberer, der ihr als Einziger den Weg nach Hause weisen kann, trifft
Dorothy drei Weggefährten und noch viele
weitere merkwürdige Gestalten. Peter Raffalt entdeckt in Baums Klassiker die zeitlose
Geschichte von Freundschaft, Selbstvertrauen und
Mut, die Generationen von Kindern und Erwachsenen immer wieder in ihren Bann zieht.
Peter Raffalts Bühnenfassung Peter Pan, die im
Oktober 2015 an den Wuppertaler Bühnen uraufgeführt wurde, hatte in dieser Spielzeit am Theater
Next Liberty, Graz, Premiere.
■
«Gut gegen Böse, Herzenswärme gegen Herzenskälte – auf
der Suche nach ihrem Bruder
wächst die kleine Gerda über
sich hinaus.» (NDR) «Was
dem Märchen eine wunderschöne Farbe verleiht, ist die
Deutlichkeit, mit der Werte wie
Liebe, Loyalität, Mut, Freundschaft und Familie verhandelt
werden … Als weitere tragende Säule des Abends erweist
sich der von Bettina Rohrbeck
exklusiv komponierte ‹Soundtrack›. Musikalisch vielgestaltig, eingängig und unterhaltsam.» (Kieler Nachrichten)
Peter Pan, Wuppertaler Bühnen
34 STOFFRECHTE
«Stärke durch
Disziplin!
Stärke durch
Gemeinschaft!
Stärke durch
Aktion!»
ZDF Aspekte-Literaturpreis 2016
PHILIPP WINKLER
RON JONES / MORTON RHUE /
REINHOLD TRIT T
Die Welle
I
m Jahr 1967 machte der junge Lehrer Ron Jones
mit seinen Schülerinnen und Schülern in einer
kalifornischen Highschool ein Experiment, um ihnen die Mechanismen des Dritten Reichs vor Augen zu führen. Über die Verführungskraft, die seine
erfundene Bewegung «Die Welle» für wenige Tage
entfaltete, hat Jones eine Kurzgeschichte geschrieben (The Third Wave), die seit ihrem Erscheinen
ihre ganz eigene Sogwirkung entwickelt hat. Der
Stoff wurde unzählige Male auf vielfältige Weise
bearbeitet. Es entstanden Bühnenstücke, musikalische Werke und Filme. Zu den berühmtesten Adaptionen gehört der Roman Die Welle von Morton
Rhue, der in deutscher Übersetzung im Ravensburger Verlag erschienen ist. In Deutschland wurde das
Buch mehr als drei Millionen Mal verkauft und ist
fester Bestandteil des Schullektüre-Kanons.
Die Bühnenfassung von Reinhold Tritt hat sich als
Jugendtheaterstück bewährt. Neben der von Tritt
sind mittlerweile aber auch weitere Dramatisierungen möglich, die auf Ron Jones’ Kurzgeschichte und Morton Rhues Roman basieren. Eine erste
Neuadaption wird im Juni 2017 am Ernst Deutsch
Theater, Hamburg, Premiere haben. Wolf-Dietrich
Sprenger schreibt dafür eigens eine Fassung, die er
auch selbst inszenieren wird.
Hool*
M
it Hool ist dem 30-jährigen Philipp Winkler
die Sensation des Bücherherbsts 2016 gelungen: «Ein Buch wie ein Schlag» (Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung), das es aus dem Stand auf
die Shortlist des Deutschen Buchpreises schaffte.
Hart, direkt und dennoch poe­tisch erzählt Hool aus
der Perspektive Heiko Kolbes, Hooligan mit Leib
und Seele. Hannover 96 ist Heikos Verein, aber das
Eigentliche passiert nach dem Spiel: Weitab von
Gelegenheitsfans und Polizei trifft man sich zum
Kampf Mann gegen Mann – bis einer liegenbleibt,
so will es der Ehrenkodex. Doch die Szene ändert
sich. Alte Verbindlichkeiten gelten nicht mehr, und
Heiko muss zusehen, wie seine harte Männerwelt
mit strengen Regeln, das Gefüge, mit dem er sein
Leben zusammenhält, langsam, aber sicher auseinanderfällt. Ein Freund wird schwer verletzt, andere
steigen aus, für Heiko aber gibt es keine Alternative.
Ron Jones /
Morton Rhue
■■ Die Welle
Bühnenfassung von
Reinhold Tritt
4D – 6H
ab 14 Jahre
Philipp Winkler
■■ Hool
Der Roman Hool
ist im Aufbau Verlag
­erschienen.
«Diesen Heiko Kolbe stattet Philipp Winkler mit so
vielen Facetten aus, wie sie die Gegenwartsliteratur
sonst nur Mittelschichtfiguren zutraut. Brutalität
und Empathie, Lebenstumbheit und Witz, Verbohrtheit und Einsicht in die Lage – das alles steht
hart nebeneinander.» (die tageszeitung) «Winkler
hat mit Hool eine Leuchtrakete abgeschossen …
Ihm gelingt: die Geschichte der Freundschaften
aus dem Geiste der Gewalt zu erzählen. Aus dem
Vakuum eines verlassenen Lebens.» (Der Spiegel)
«Hool trägt Züge eines Bildungsromans, eines gezielt unvollständigen allerdings, da sich sein Held
mit aller Macht gegen eine Erziehung der Gefühle
und des Lebens wehrt.» (Deutschlandradio) «Der
Roman führt uns hinter die Kulissen einer archaischen Subkultur … Noch beeindruckender aber
ist die sprachliche Konsequenz, mit der er das tut.»
(Frankfurter Allgemeine Zeitung)
* Dieser Titel liegt nicht
als Textbuch vor
35
STOFFRECHTE
«Ein ‹Fänger
im Roggen›
unserer Zeit.»
hierher fliehen, um «Entschleunigung» zu suchen. Als jedoch eine
Investmentfirma in unmittelbarer
Nähe einen Windpark errichten will,
brechen lang unterdrückte Streitigkeiten aus – zwischen alteingesessenen Ostlern und zugezogenen Westlern, zwischen Generationen, bei
denen der Riss quer durch die eigene
Familie geht, zwischen fanatischen
Naturschützern und Vertretern eines
ungebremsten Neoliberalismus.
TH E OBSERVER
Jeffrey Eugenides
■■ Die Selbstmord-
Schwestern
(The Virgin Suicides)
DSE: 23.02.2017
Münchner
Kammerspiele
(Regie: Susanne
Kennedy)
Der Roman Die
Selbstmord-Schwestern
ist im Rowohlt
Taschenbuch Verlag
­erschienen.
Juli Zeh
■■ Unterleuten
Der Roman Unter­leuten
ist im Luchter­hand
Literatur­verlag
München in der
Verlagsgruppe ­Random
House erschienen.
Daniel Kehlmann
■■ F
U: 09.09.2016
Theater Bielefeld
(Regie: Clara Weyde)
Der Roman F ist
im Rowohlt Verlag
­erschienen.
* Dieser Titel liegt nicht
als Textbuch vor
36 JEFFREY EUGENIDES
Die SelbstmordSchwestern*
I
m Vorstadthaus der Familie Lisbon leben fünf
schöne Töchter: die gescheite Therese, die pingelige Mary, die asketische Bonnie, die lebens­
frohe Lux und die blasse, lammfromme Cecilia.
Sie wachsen streng behütet auf, jeder Versuch des
Ausbruchs aus der Enge wird bestraft, jede Regung
ist Kon­trolle und Regeln unterworfen, während
die wilden Jungs der Nachbarschaft heftig um die
Mädchen werben. Als sich Cecilia, die jüngste von
ihnen, aus dem Fenster stürzt, beginnt das «Jahr der
Selbstmorde», das alle Beteiligten und Beobachter
für immer verändern wird.
Jahrelang standen die Theaterrechte an Jeffrey
Euge­ni­des’ Kultroman, der 1999 von Sofia Coppola kongenial verfilmt wurde, nicht zur Verfügung;
nun ist es endlich möglich, das Porträt einer Jugend, die ihre Unschuld verloren hat, auf die Bühne zu bringen. «Es gibt nur wenige zeitgenössische
Autoren, die so brillant, so präzise und unerbittlich schrei­ben können wie Eugenides.» (Financial
Times Deutschland) «Die Selbstmord-Schwestern ist
sein bestes Buch.» (Der Stern)
JULI ZEH
Unterleuten*
U
nterleuten: ein Dorf irgendwo in Brandenburg.
Ein idyllischer Ort, umgeben von unberührter
Natur und bevölkert von liebenswert-schrulligen
Originalen. Kein Wunder, dass erschöpfte Städter
Seit seinem Erscheinen im März
2016 steht Unterleuten auf den vordersten Plätzen der Bestsellerliste und hat sich
bis heute über 150 000 Mal verkauft. «Juli Zeh
hat das Buch der Stunde geschrieben: über
die große Gereiztheit, über Politikverachtung
und Resignation.» (Der Spiegel) «Ein großer
Gesellschaftsroman, der ins Herz der bundesrepublikanischen Wirklichkeit zielt – ein
literarischer Triumph.» (Der Tagesspiegel)
«Spannend, lebendig, lehr- und kenntnisreich
zum Platzen.» (Die Zeit) «Ein Bild gestriger
und heutiger Zustände im Großen und Kleinen, berührende und schreckliche Schicksale,
eine Erzählung über Moral, Gemeinwohl und
Eigen­inter­essen.» (Der Standard)
DANIEL KEHLM ANN
F
J
ahre später, sie waren längst erwachsen und
ein jeder verstrickt in sein eigenes Unglück,
wusste keiner von Arthur Friedlands Söhnen
mehr, wessen Idee es eigentlich gewesen war,
an jenem Nachmittag zum Hypnotiseur zu
gehen.» Mit diesem Satz beginnt Daniel Kehlmanns Roman über drei Brüder, die auf je eigene Weise Heuchler, Betrüger, Fälscher sind.
Ihr Vater verschwand nach diesem Nachmittag, gab alle Beziehungen und Verbindlichkeiten auf und lebte nur noch fürs Schreiben.
Wäre es anders gekommen, wenn sie diesen
gemeinsamen Tag nicht so verbracht hätten?
Wäre Martin, der älteste, je ungläubiger katholischer Priester geworden, hätte Erik sich mit
seinen Finanzgeschäften um Kopf und Kragen
spekuliert, und wäre Iwan vielleicht Künstler
statt gewiefter Kunstfälscher geworden? Was
bestimmt über ein Leben, und ist das, was wie
Schicksal wirkt, nicht doch nur Zufall?
STOFF RECHTE
Kehlmann spinnt in F ein Netz aus flirrenden Bezügen, «bewundernswert konstruiert, locker und fest
gefügt zugleich, wie ein Musikstück, das ständig
mit neuen Einfällen überrascht und doch motivisch
streng zusammenhängt» (Tagesanzeiger). «F ist ein
Buch von funkelnder Klugheit, listig, boshaft und
doch voller Freundlichkeit: ein großer, unterhaltsamer Roman über die unlösbaren Rätsel des Lebens.» (die tageszeitung) «Wie alle großen Romane
ist F vielfältig deutbar, ein im besten Sinne irrwitziges Metawerk, in dem es schlechterdings um alles
geht.» (Die Zeit)
Für das Theater Bielefeld haben Katrin Enders
und Clara Weyde eine Bühnenfassung für 1D – 3H
erstellt. Eigene Dramatisierungen sind ebenfalls
möglich.
Der Weltensammler, Staatsschauspiel Dresden
ILIJA TROJANOW
Der Weltensammler*
S
ir Richard Francis Burton ist eine der exzen­
trisch­sten Figuren des 19. Jahrhunderts. Anstatt
in den Kolonien die westlichen Lebensgewohnheiten fortzuführen, lernt er Sprachen, vertieft sich in
fremde Religionen und reist zum Schrecken der Behörden anonym in geografisch wie kulturell unbekannte Regionen. Er übersetzt erstmals das Kamasutra und die Geschichten aus «Tausendundeiner
Nacht». Als einer der ersten Europäer betritt er die
heiligen Stätten von Mekka und Medina. Offizier,
Abenteurer, Spion – Burton ist ein begierig Lernender, der unaufhörlich suchen, aber auf gar keinen
Fall finden will. Trojanow nutzt für seinen Roman
unterschiedliche Perspektiven und zeigt dabei die
Ambivalenz dieses schillernden Außenseiters.
Ilija Trojanow
■■ Der Weltensammler
Der Roman Der
Weltensammler ist
im Hanser Verlag
­erschienen.
«Was das Buch so besonders macht,
ist nicht bloß sein Held, es ist vor
allem Trojanows raffinierte Porträttechnik. Er schlüpft nicht einfach
in Burtons Haut. Er inszeniert die
drei Teile des Romans jeweils als
einen mittelbaren Dialog zweier
Perspektiven.» (Frankfurter Allgemeine Zeitung) «Ein Versuch, sich
das Fremde quasi einzuverleiben,
vermittelt manch neue Sicht auf
heutige Diskussionen über Heimat
und Integration. Exotik und Romantik gibt es in dieser Bühnenfassung nicht … Äußerst gelungen.»
(Deutschlandradio) «Eine kluge,
sensible, betörende, ja hinreißende
Darstellung des ebenso beglückenden wie manchmal bestürzenden
Zusammenpralls der Kulturen.»
(Neue Zürcher Zeitung)
* Dieser Titel liegt nicht
als Textbuch vor
37
STOFFRECHTE
Abbas Khider
«Ein aktuelles, trauriges, nachdenkliches, aber auch witziges Buch von einem stimmge­
waltigen und authentischen Autor.»
SÜ DDEUTSCH E ZEITU NG
■■ Ohrfeige
Der Roman Ohrfeige
ist im Hanser Verlag
­erschienen.
war der Flüchtling Opfer, nun ist er Täter. Ohr­
feige fügt beide Bilder zusammen. Damit ist der
deutschsprachige Flüchtlingsroman in der Realität
angekommen, seine Figuren sind Individuen, widersprüchlich, Menschen – wie wir.» (Der Spiegel)
«Ohne die Grenzen des Realismus zu überschreiten, schildert Abbas Khider in diesem ebenso eindringlichen wie raffinierten Roman einen Fall, der
hochaktuell ist.» (Deutschlandradio)
Semiya Simsek /
Peter Schwarz
■■ Schmerzliche Heimat
Bühnenfassung von
Christian Scholze
2D – 1H
U: 03.10.2014
Westfälisches
Landestheater
Castrop-Rauxel
(Regie: Christian
Scholze)
Das Buch
Schmerzliche Heimat
ist im Rowohlt Berlin
Verlag erschienen.
ABBAS KHIDER
Ohrfeige*
E
in Flüchtling betritt die Ausländerbehörde, um
ein letztes Mal seine zuständige Sachbearbeiterin aufzusuchen. Er hat nur einen Wunsch: dass
ihm endlich jemand zuhört. Als Karim drei Jahre
zuvor von der Ladefläche eines Transporters ins
Freie springt, glaubt er, in Frankreich zu sein. Bis
dorthin hat er für seine Flucht aus dem Irak bezahlt.
Stattdessen ist er mitten in der bayerischen Provinz
gelandet. Er kämpft sich durch Formulare und
Asyl­unter­künfte, bis er plötzlich seinen Widerruf
erhält und abgeschoben werden soll. Jetzt steht er
wieder ganz am Anfang. Was bedeutet es für einen
Menschen, wenn er weder in der Heimat noch in
der Fremde leben darf?
«Khiders Buch ist differenziert und vielschichtig,
irritierend, teils poetisch, teils abgründig, berührend, derb oder bitter-ironisch.» (Die Presse) «Erst
* Dieser Titel liegt nicht
als Textbuch vor
38 SEMIYA SIMSEK /
PETER SCHWARZ
Schmerzliche Heimat
«Elf Jahre durften wir nicht einmal reinen
Gewissens Opfer sein.»
Z
weimal brach für Semiya Simsek eine Welt zusammen: das erste Mal am 9. September 2000,
als ihr Vater Enver Simsek erschossen wurde. Da
war sie 14 Jahre alt. Und dann, als nach über elf
Jahren die Hintergründe der Tat ans Licht kamen:
Es war vermutlich der erste von zehn Morden des
NSU. Semiya Simsek beschreibt, wie das Verbrechen ihr Leben und ihr Vertrauen in Deutschland
erschütterte – das Leben einer türkischen Einwandererfamilie, für die dieses Land längst Heimat war.
Enver Simsek hatte es vom Hilfsarbeiter zum Blumengroßhändler gebracht – eine deutsche Karriere.
Doch nach seiner Ermordung wurde seine Familie
Schmerzliche Heimat, Westfälisches Landestheater Castrop-Rauxel
STOFF RECHTE
Thees Uhlmann
von der Polizei, die Mafiakontakte vermutete,
jahrelang verdächtigt, bedrängt und ausspioniert. Ein Buch über einen der größten politischen Skandale der letzten Jahrzehnte und
das aufwühlende Schicksal einer Familie.
«Natürlich ist Schmerzliche Heimat eine subjektive Erzählung. Eben das ist die Stärke.
Denn die Nachrichten vermitteln nicht, was
ein Mordanschlag in der Familie auslöst. Und
wie unterschwelliger Rassismus in diesem
Fall das Vorgehen der Ermittler lenkte. Sie
habe nie Ausgrenzungen erfahren, sagt Frau
Simsek im Stück. Über Integration habe sie
sich nie Gedanken gemacht, weil sie scheinbar selbstverständlich war … Es ging (dem Bearbeiter) Christian Scholze nicht um eine minutiöse
Nach­erzählung, sondern um eine ver­all­ge­mei­ner­
bare Geschichte, die über den Einzelfall hinausweist.» (Welt am Sonntag) «Ein Buch der Trauer,
das Deutschland den Spiegel vorhält.» (Die Zeit)
THEES UHLM ANN
Sophia, der Tod und ich*
W
enn am Morgen schon der Tod vor der Tür
steht, ist der Tag wohl gelaufen. Uhlmanns
Erzähler jedenfalls hat zu diesem Zeitpunkt eigent­
lich nur noch drei Minuten zu leben; doch dann
platzt seine Exfreundin Sophia herein, und alles
kommt anders. Wenig später sind die großartig
schlecht gelaunte Sophia, der vom Leben restlos begeisterte Tod und «ich» unterwegs durch
Deutschland, um Johnny, den achtjährigen Sohn
des Erzählers, zu besuchen, den er nie sieht, dem
er aber täglich eine Postkarte schickt. Auch die
Mutter des Mannes kommt mit auf den skurrilen
Roadtrip. Doch wie sich herausstellt, hat der Tod
schwerwiegendere Probleme als ein vermasseltes
Ableben: Jemand ist hinter seinem Job her – und
hinter Johnny.
Thees Uhlmann, Sänger und Texter der Band Tomte, ist mit seinem ersten Roman ein Wurf geglückt,
«unglaublich komisch und voller Melancholie»
(Frankfurter Allgemeine Zeitung), «ein spielerischer Text über letzte, aber auch ganz normale
Dinge, witzig, berührend, mitunter erhellend»
■■ Sophia, der Tod und
ich
U: 03.03.2017
Schauspiel Essen
(Regie: Tilman Gersch)
Weitere Produktionen:
Altonaer Theater,
Hamburg (Regie: Hans
Schernthaner)
(Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung). «Ein
richtig gutes Buch, im besten Sinne unterhaltsam,
nachdenklich und zu Tränen rührend.» (NDR)
Der Roman Sophia, der
Tod und ich ist im
Verlag Kiepenheuer &
Witsch ­erschienen.
Renate Bergmann
■■ Ich bin nicht süß, ich
RENATE BERGM ANN
Ich bin nicht süß, ich hab
bloß Zucker*
R
enate Bergmann, 82, aus Berlin-Spandau ist
«Deutschlands bekannteste Twitter-Omi»
(Bild). Sie hat Zucker und «Ossiporose», schläft unter einer Heizdecke und hat den Krieg nicht überlebt, um Kunstfleisch aus Soja zu essen. Im Grunde ist sie eine normale Rentnerin, die sich über die
liederliche Nachbarin aufregt und regelmäßig zum
Friseur und zum Seniorenturnen geht. Die Leute
wundern sich nur, dass sie sich ein bisschen mit
Internet und Händitelefon auskennt. Seitdem ihr
Neffe Stephan ihr ein «Tomatentelefon» geschenkt
hat, ist sie ständig bei «Zwitter» oder «Fäßbuck»
unterwegs.
hab bloß Zucker
1D
Das Buch Ich bin nicht
süß, ich hab bloß Zucker
ist im Rowohlt
Taschenbuch Verlag
­erschienen.
Die Kunstfigur Renate Bergmann, die vom Autor
Torsten Rohde erdacht wurde und die inzwischen
ein Eigenleben in den sozialen Netzwerken zu führen scheint, kam im April 2015 in der Theaterei
Herrlingen, Ulm, erstmals auf die Bühne (Regie:
Wolfgang Schukraft). Seit September 2016 ist eine
weitere Theaterfassung am Theater Weisser Wind,
Zürich (Regie: Siegmund Tischendorf), zu sehen.
* Dieser Titel liegt nicht
als Textbuch vor
39
STOFFRECHTE
«Wir machen ’nen
Blog. Diesmal rich­
tig. Zwei Jungs, die
sterben. Die das
System reinlegen.
Wir holen uns Geld,
und dann machen
wir alles, was wir
uns nie hätten träu­
men lassen. Und
alles das posten wir.
Und dann, wenn
wir beide sagen,
das war der geilste
Tag unseres Lebens.
Dann machen wir
Schluss.»
Florian David Fitz
■■ Der geilste Tag
Peter Jordan
■■ In 80 Tagen um die
Welt
Nach Jules Verne
Dramatisiert und mit
Liedern versehen von
Peter Jordan
Durchgeschaut und
­ergänzt von Leonhard
Koppelmann
2D – 5H
U: 25.09.2016
Düsseldorfer
Schauspielhaus
(Regie: Leonhard
Koppelmann und
Peter Jordan)
FLORIAN DAVID FITZ
Der geilste Tag
B
enno ist nicht gerade vom
Glück geküsst: Seine Freundin
ist weg, seine Tochter hat er noch
nie gesehen, er ist vorbestraft, pleite
und nach Aussage seines Arztes außerdem bald tot. Ein unentdeckter
Krebs hat gestreut, Diagnose: aussichtslos. Im Hospiz hält Benno es
trotzdem kaum aus: zu still, zu öde, zu deprimierend. Andi, der im Nebenzimmer am Sauerstoffgerät hängt, möchte sein Bett dagegen am liebsten gar
nicht verlassen: Was, wenn er die Spenderlunge verpasst, auf die er seit Jahren wartet? Dennoch lässt
sich Andi von Benno zu ­einem Deal überreden:
Gemeinsam gehen sie auf eine letzte große Reise.
Geld zu beschaffen ist nur halb so schwierig, wenn
man nichts mehr zu verlieren hat. Und sterben kann
man schließlich erst, wenn man sicher ist, nichts
verpasst zu haben – aber wann kann man sicher
sein, dass es wirklich schon am schönsten ist?
Florian David Fitz hat sein Drehbuch zu Der geilste
Tag mit Matthias Schweighöfer als Andi und sich
selbst in der Rolle des Benno verfilmt und wurde
2016 mit dem österreichischen Filmpreis Romy in
der Kategorie «Bestes Buch Kinofilm» ausgezeichnet. Der Film stieg am Eröffnungswochenende direkt auf Platz 1 der deutschen Kinocharts ein und
wurde von der Filmbewertungsstelle mit dem Prädikat «besonders wertvoll» versehen.
Florian David Fitz’ vincent will meer wurde 2014
am Staatstheater Wiesbaden uraufgeführt (Regie:
Dirk Schirdewahn) und bisher am Landestheater
■
40 Detmold nachgespielt (Regie: Johannes Wenzel).
Im Juni 2017 hat vincent will meer Premiere an den
Schauspielbühnen in Stuttgart (Regie: Jens Pesel).
PETER JORDAN
In 80 Tagen um die Welt
E
s gibt viele Bühnenfassungen von Jules Vernes
Romanklassiker, in dem der Gentleman Phileas
Fogg sein Vermögen wettet, dass es ihm gelingen
werde, in 80 Tagen einmal die Welt zu umrunden –
doch keine dürfte so subversiv, witzig und heutig
sein wie diese. Peter Jordan verwandelt Vernes
Buch in «ein beschleunigtes Reisespektakel und
vor allem: ein Fest des puren Spiels. Sieben Darsteller schlüpfen in rasantem Tempo durch Rollen
und Klischees, persiflieren nationale Stereotype,
zitieren Popkultur, dass dem Zuschauer schwindlig wird. Das ist übermütig, laut, rücksichtslos
und um keinerlei politische Korrektheit bemüht,
wenn die Reisegesellschaft etwa den Nahen Osten
überfliegt und dann bewaffnete Beduinen einen
STOFF RECHTE
Peter Jordan, 1967 in Dortmund geboren, war als Schauspieler u. a.
am Schauspielhaus Bochum und von 2000 bis 2009 am Thalia Theater
Hamburg engagiert. Neben dem Theater war und ist er in zahlreichen
Kino- und
Fernsehfilmen
zu sehen.
Gemeinsam
mit Leonhard
Koppelmann
(s. S. 28)
arbeitet er
zudem seit
geraumer Zeit
als Autor und
­Regisseur.
In 80 Tagen um die Welt, Düsseldorfer Schauspielhaus
absurden Dialog führen über Schiiten, Sunniten,
Aleviten … Doch auch Deutschland gerät in den
Satire­wolf, und während vorne geblödelt wird, fahren im Hintergrund Panzer … Nach mindestens
1000 blitzschnellen Abenteuern, nach geglückten
Bestechungsversuchen auf dem Balkan, einer abgewendeten Witwenverbrennung in Indien und
sogar einem Abstecher zum Mond stranden Fogg
und seine Gefährten in der amerikanischen Provinz … Diese Reise um die Welt ist keine feinsinnige Adaption eines Abenteuerklassikers aus einer
fortschritts­seligen Epoche. (Jordan und sein Regisseur Leonhard Koppelmann) nutzen den Roman,
um zu beweisen, was Theater kann: alles» (Rheinische Post).
«Ein Abend für alle Altersklassen, voller ­bunter,
manchmal krasser Einfälle, beherzt und auch
schamlos albern … mit Musik, die fabelhaft eingängig und vielfarbig ist.» (Süddeutsche Zeitung)
STEFAN OT TENI
Das Leben der Boheme
I
dealismus und Prekariat liegen nahe beieinander – das müssen der Musiker Alexandre, der
Maler Marcel, die Philosophin Colline und der
Dichter Rodolphe am eigenen Leib erfahren. Konventionen sind den vier Freunden ebenso verhasst
wie ein rundum abgesichertes Leben. Doch von irgendetwas müssen irgendwann auch sie die Miete
zahlen, und allmählich schwindet die Bereitschaft
zum Außenseitertum, zumal wenn obendrein das
Liebesleben kompliziert wird …
Stefan Otteni
■■ Das Leben der
Boheme
Nach Henri Murger
und Giacomo Puccini
Ein Schauspiel mit
möglichst viel Musik
2D – 6H oder 3D – 5H
U: 18.04.2015
Staatstheater Nürnberg
(Regie: Stefan Otteni)
Nach Alexandre Dumas’ Roman Die Kameliendame,
der Giuseppe Verdi zu La Traviata inspirierte, und
Victorien Sardous Tosca, Basis der gleichnamigen
Oper von Giacomo Puccini, hat Stefan Otteni zum
dritten Mal einen großen Opernstoff in musikalisches Sprechtheater verwandelt. Frei nach Henri
Murgers Scènes de la vie de bohème, die Vorlage für
Puccinis La Bohème, nimmt er «mit überquellender
Ironie die Spur des Künstlers in der Gesellschaft
auf» (Die deutsche Bühne): «Was ist von der Boheme geblieben im Jahr 2015, außer vielleicht dem
dünnen, reichlich unromantischen Begriff der Subkultur? Otteni folgt im Wesentlichen der bekannten
Liebesgeschichte um die todkranke Mimi und den
41
STOFFRECHTE
«Ist das überhaupt ein Leben, das wir führen? Diese Unabhängigkeit, diese Freiheit,
auf die wir uns so viel einbilden – haben wir die? Nein. Der erstbeste Arsch, mit
dem wir keine fünf Minuten tauschen möchten, b
­ eherrscht uns ab dem Tag, an dem
wir ihn um zehn Euro
­anbetteln ­müssen.»
Das Leben der Boheme, Staatstheater Nürnberg
Dichter Rodolphe, pumpt die
Figuren aber kraftvoll in die
Gegenwart … (Der Abend)
changiert zwischen Showbiz,
Künstlerparty, Musical, Event
und Abgesang, Klischees von
freier Liebe und Promiskuität
bei gleichbleibender EuroEbbe. Ein Satire-Kanon, in
dem sich im postmodernen
Crossover Indie-Pop mit Puccinis Topschlagern mischt.»
(Bayerischer Rundfunk)
Die Räuber, Theater Kiel
■■ Die Räuber
Eine Rockoper
Nach Friedrich Schiller
Mit Songs von
Marcus Wiebusch
und Reimer Bustorff
(«Kettcar»)
Textfassung von
Daniel Karasek und
Jens Paulsen
3D – 10H, 4 Musiker
U: 01.07.2016
Theater Kiel
(Regie: Daniel Karasek)
Die Räuber
M
arcus Wiebusch und Reimer Bustorff sind
die beiden Hauptsongwriter von «Kettcar»,
einer der erfolgreichsten deutschen Indie-Rockbands. Daniel Karasek und Jens Paulsen konnten
sie dafür gewinnen, erstmals Musik für ein Theaterstück zu schreiben – ein gelungenes Experiment.
Text und Komposition entdecken neue Seiten an
Schillers Erstlingswerk, lassen jugendlichen Furor
und Widerstand, Freiheit und Rebellion eindrucksvoll und so noch nie gehört hervortreten. Die Songs
geben dem idealistischen Ungestüm der Räuber,
aber auch der emotionalen Verstrickung der Figuren bis hin zu tiefer Verzweiflung Ausdruck. Und
die Textfassung schlägt mühelos die Brücke zur Gegenwart und nimmt z. B. auch Frauen ganz selbstverständlich in die Räuberbande mit auf.
«Ein kraftvoller Zugriff, der die Energie der Vorlage
zur ­Blüte bringt. Wiebusch und Bustorff gelingt es,
Schillers Pathos in zeitgemäße Songs zu übersetzen.
Was da­­­­bei hilft und immer wieder durch­scheint,
ist die pathetische Melancholie, für die Kettcar bekannt ist.» (die tageszeitung)
«Das Drama ist hier durchweg auf höchstem
Niveau aktualisiert … und macht die emotionale
Seite, die Verzweiflung der Gesetzesbrecher aus
Gerechtigkeitsliebe, nachvollziehbar.» (Die Welt)
«Wir atmen Guillotine.
Wir schmecken einen Galgen.
Zerfetzt unsere Körper,
Brecht unsere Knochen.
Ihr könnt uns niemals aufhalten.
Uns kann nichts töten.
Nichts –
Kein Heer und keine Armee.
Wir sind eine Idee.»
42 KLASSIKER
M A XIM GORKIJ
WILLIA M SHAKESPEARE
Wassa Schelesnowa
Ein Sommernachtstraum
Das Wintermärchen
N
ach der zweiten Version von 1935 hat Ulrike
Zemme nun auch die Urfassung von Wassa
Schelesnowa aus dem Jahr 1910 neu ins Deutsche
übertragen. Erstaufführung ist im Januar 2017 am
Theater Freiburg (Regie: Tom Kühnel). Zemmes
Übersetzung der zweiten Wassa-Fassung war zuletzt u. a. am Schauspielhaus Bochum (Regie: Jan
Neumann) und am Deutschen Schauspielhaus
Hamburg zu sehen (Regie: Dieter Giesing).
Zemmes Übersetzung von Gorkijs Kinder der
Sonne lief in den vergangenen Spielzeiten u. a. am
Deutschen Theater Berlin (Regie: Stephan Kimmig), Schauspielhaus Zürich (Regie: Daniela Löffner), Maxim Gorki Thea­ter, Berlin (Regie: Nurkan
Erpulat), Volkstheater München (Regie: Csaba Polgár), Schauspiel Frankfurt (Regie: Andrea Moses &
Oliver Reese), Staatstheater Nürnberg (Regie: Sascha Hawemann) und am Staatstheater Darmstadt
(Regie: Michael Helle).
■
Nachtasyl hatte 2015 / 16 am Schauspiel Frankfurt (Regie: Johanna Wehner) und am Staatstheater Kassel (Regie: Markus Dietz) Premiere; ebenso
Sommergäste am Landestheater Niederösterreich,
St. Pölten (Regie: Michael Sturminger).
■
A
ngelika Gundlach hat nach Der Kaufmann
von Venedig, das in ihrer Übersetzung zuletzt
am Theater Erlangen (Regie: Robin Telfer) sowie
am Rheinischen Landestheater Neuss (Regie: Catja
Baumann) zu sehen war, und Was ihr wollt, das in
der vergangenen Saison am Theater Hof Premiere
hatte (Regie: Katharina Ramser), nun auch Shakespeares Ein Sommernachtstraum und Das Winter­
märchen neu in ein heutiges, direktes und dennoch
versmaß-gebundenes Deutsch übertragen.
Maxim Gorkij
■■ Wassa Schelesnowa
(Die Mutter)
Szenen
Urfassung von 1910
Deutsch von
Ulrike Zemme
7D – 4H
Erstaufführung:
28.01.2017 Theater
Freiburg (Regie: Tom
Kühnel)
William Shakespeare
THESEUS Bei Verliebten – und Verrückten – glüht
das Hirn und blüht die Fantasie; sie sehen
Dinge, die ein kühler Kopf nicht sieht.
Verliebte, Irre, ja, und die Poeten
bestehen aus Fantasie und Einbildung.
Der eine sieht mehr Teufel, als die Hölle
fassen kann – verrückt; und der Verliebte,
ganz genau so außer sich, sieht in
der Hässlichkeit die Schönheit Helenas.
■■ Ein Sommer­nachts­
traum
(A Midsummer
Night’s Dream)
Deutsch von Angelika
Gundlach
William Shakespeare
■■ Das Wintermärchen
Die Augen des Poeten, irre zuckend,
(The Winter’s Tale)
durchmessen Himmel, Firmament und Erde.
Deutsch von Angelika
Gundlach
So wie die wilde Fantasie noch nie
Gesehenes gebiert, gibt diesem Nichts
aus Luft der Dichter Form, Gestalt und Namen.
So trickreich ist die Fantasie, dass sie,
kaum dass sie irgendeine Freude spürt,
schon ahnt, wer sie ihr bringt; und in der Nacht,
wenn wir von Angst zerfressen sind – wie leicht
hält man den dunklen Busch für einen Bären.
HIPPOLYTA Doch alles, was sie uns von dieser Nacht
erzählen, dass sie gleichzeitig, ja, wie
verwandelt waren, weist auf mehr hin als
nur Einbildung, es wirkt schon sehr konkret;
verrückt, doch irgendwie auch wunderschön.
43
UR- UND ERSTAUFFÜHRUNGEN 2016 / 17
Uraufführungen:
Thomas Arzt
■■ DIE NEIGUNG DES
PETER ROSEGGER
15.09.2016, Schauspiel­
haus Graz, Regie: Nina
Gühlstorff
Lisa Danulat
Thomas Freyer
■■ KEIN LAND. AUGUST
Januar 2017, Staats­
schauspiel Dresden,
Regie: Jan Gehler
Kirsten Fuchs
■■ KLICKDRECK
(ARBEITSTITEL) *
VON 60 MINUTEN
18.05.2017, Grips Theater,
Berlin, Regie: Robert
Neumann
20.08.2016, Staats­
schauspiel Dresden,
Regie: Sapir Heller
■■ DIE SERIE IM THEATER –
■■ RALF – DIE ABENTEUER
Michel Decar
■■ SCHERE FAUST PAPIER
18.12.2016, Thalia Theater
Hamburg, Regie: Ersan
Mondtag
John von Düffel
■■ RÖMISCHE TRILOGIE
Nach Shakespeare
22.10.2016, Staatstheater
Nürnberg, Regie: Klaus
Kusenberg
John von Düffel /
Fabian Gerhardt /
Peter Fox
■■ AFFE
23.11.2016, Neuköllner
Oper, Berlin, Regie: Fabian
Gerhardt
John von Düffel
■■ GULLIVERS REISE
Familienoper von
Gerald Resch (Musik)
21.05.2017, Oper Dortmund
in Kooperation mit der
Deutschen Oper am Rhein
Düsseldorf / Duisburg und
dem Theater Bonn, Regie:
Marcelo Diaz
Alexander Eisenach
■■ DER KALTE HAUCH DES
GELDES
Ein Finanzwestern
11.11.2016, Schauspiel
Frankfurt, Regie: Alexander
Eisenach
Alexander Eisenach
■■ DER ZORN DER
WÄLDER *
10.02.2017, Theater Bonn,
Regie: Marco Štorman
Thomas Freyer
■■ FROSCHKÖNIG
Frei nach den Brüdern
Grimm
20.06.2017, Theater
Heidelberg, Regie:
Natascha Kalmbach
Die mit * markierten Titel
liegen nicht oder noch
nicht als Textbuch vor.
44 David Gieselmann
TEIL 3 UND 4
17.09. + 24.09.2016, Theater
Bielefeld, Regie: Christian
Schlüter
David Gieselmann
■■ ABLASS
18.03.2017, Landes­theater
Eisenach, Regie:
Boris C. Motzki
David Gieselmann
■■ DER BLAUE WÜRFEL *
23.04.2017, Theater
Heidelberg, Regie:
Christian Brey
Elfriede Jelinek
■■ DAS LICHT IM KASTEN
14.01.2017, Düsseldorfer
Schauspielhaus, Regie: Jan
Philipp Gloger
Peter Jordan
■■ IN 80 TAGEN UM
DIE WELT
Nach Jules Verne
25.09.2016, Düsseldorfer
Schauspielhaus, Regie:
Peter Jordan und Leonhard
Koppelmann
Regina Kaiser / Uwe
Karlstedt
■■ ZWÖLF HEISST
«ICH LIEBE DICH»
28.10.2016, Theater der
Altmark, Stendal, Regie:
Yaron Goldstein
Daniel Kehlmann
■■ F
09.09.2016, Theater
Bielefeld, Regie: Clara
Weyde
Michael Köhlmeier
■■ DIE ABENTEUER DES
JOEL SPAZIERER *
04.02.2017, Theater
Koblenz, Regie: Olga
Wildgruber
Philipp Löhle
■■ DU (NORMA)
12.11.2016, Nationaltheater
Mannheim, Regie:
Jan Philipp Gloger
Philipp Löhle
■■ FEUERSCHLANGE
29.10.2016, Staatstheater
Stuttgart, Regie: Dominic
Friedel
Philipp Löhle
■■ SCHLARAFFENLAND
05.05.2017, Theater Basel,
Regie: Claudia Bauer
Thomas Melle
■■ DIE WELT IM RÜCKEN *
Februar 2017, Burgtheater
(Akademietheater) Wien,
Regie: Jan Bosse
Tuğsal Moğul
■■ 2023 – ATATÜRKS
ERBEN *
08.06.2017, Staatstheater
Nürnberg, Regie: Tuğsal
Moğul
Tina Müller
■■ GESPRÄCHE ÜBER
UNS *
05.05.2017, Theater
Freiburg, Regie: Sascha
Flocken
Laura Naumann
■■ MANCHMAL HAT DIE
LIEBE REGIERT UND
MANCHMAL EINFACH
NIEMAND
18.09.2016, Schauspielhaus
Bochum, Regie: Jan Gehler
Laura Naumann
■■ ZWISCHEN DEN
DINGEN SIND WIR
SICHER
01.10.2016, Landestheater
Memmingen, Regie: Oliver
Endreß
Laura Naumann
■■ GRAND PRIX DE LA
VISION
25.11.2016, Schauspiel
Leipzig, Regie: Alexandra
Wilke
Karl-Heinz Ott
■■ DIE AUFERSTEHUNG *
17.03.2017, WLB Esslingen,
Regie: Matthias Fontheim
René Pollesch
■■ DISKURS ÜBER
DIE SERIE UND
REFLEXIONS­B UDE
(ES BEGINNT ERST
BEI DREI), DIE
DAS QUALIFIZIERT
VERARSCHT WERDEN
GREAT AGAIN
GEMACHT HAT ETC.
KURZ: VOLKSBÜHNENDISKURS. TEIL 1: ICH
SPRECHE ZU DEN
WÄNDEN. TEIL 2: ES
BEGINNT ERST BEI
DREI *
18.10. + 20.10.2016,
Volksbühne am RosaLuxemburg-Platz, Berlin,
Regie: René Pollesch
René Pollesch
■■ HIGH (DU WEISST
WOVON) *
07.01.2017, Schauspielhaus
Zürich, Regie: René
Pollesch
René Pollesch
■■ ICH KANN NICHT
MEHR *
25.02.2017, Deutsches
Schauspielhaus Hamburg,
Regie: René Pollesch
René Pollesch
■■ CAROL REED
(ARBEITSTITEL) *
28.04.2017, Burgtheater
(Akademietheater) Wien,
Regie: René Pollesch
Leif Randt
■■ PLANET MAGNON
24.09.2016, Düsseldorfer
Schauspielhaus, Regie:
Alexander Eisenach
Thilo Reffert
■■ DER GROSSE SPRUNG
ODER DREI DINGER, DU
FLIEGST
29.04.2017, Next Liberty
Graz, Regie: Helge Stradner
Thilo Reffert
■■ MR. HANDICAP
März 2017, Düsseldorfer
Schauspielhaus, Regie:
Frank Panhans
Thilo Reffert
■■ MILAS WELT *
22.04.2017, LTT
Landestheater Tübingen,
Regie: Michael Miensopust
Erich Maria Remarque
■■ ARC DE TRIOMPHE *
10.03.2017, Schauspielhaus
Bochum, Regie: Fabian
Gerhardt
Charlotte Roos
■■ JEMAND WIE ICH *
03.12.2016, Schauspiel Köln,
Regie: Bruno Cathomas
Magdalena Schrefel
■■ SPRENGKÖRPER­
BALLADE
05.05.2017, Schauspiel Köln,
Regie: Andrea Imler
Simon Stephens
■■ RAGE
16.09.2016, Thalia Theater
Hamburg, gemeinsam mit
Wut von Elfriede Jelinek,
Regie: Sebastian Nübling
Henning Sußebach /
Amir Baitar
■■ UNTER EINEM DACH
26.11.2016, Theater
Paderborn, Regie:
Katharina Kreuzhage
Ilija Trojanow / Juli Zeh
■■ ANGRIFF AUF DIE
FREIHEIT *
06.04.2017, Badisches
Staatstheater Karlsruhe,
Regie: Patrick Wengenroth
Ilija Trojanow
■■ DER WELTEN­
SAMMLER *
21.08.2016, Staats­
schauspiel Dresden, Regie:
Johannes Enders
Thees Uhlmann
■■ SOPHIA, DER TOD
UND ICH *
03.03.2017, Schauspiel
Essen, Regie: Tilman
Gersch
Theresia Walser
■■ DIE UNSICHTBAREN
ODER IM TURM ZU
BASEL
15.09.2016, Theater Basel,
Regie: Sebastian Schug
Peter Wawerzinek
■■ SCHLUCKSPECHT *
09.12.2016, Hessisches
Landestheater Marburg,
Regie: Simon Meienreis
Feridun Zaimoglu /
Günter Senkel
■■ ANTIGONE
Nach Sophokles
10.09.2016, Schauspielhaus
Zürich, Regie: Stefan
Pucher
UR- UND ERSTAUFFÜHRUNGEN IN DER SPIELZEIT 2016 / 17
Erstaufführungen:
Alan Ayckbourn
■■ RONDO
05.11.2016, Theater Biele­
feld, Regie: Michael Heicks
Annie Baker
■■ THE FLICK
19.05.2017, Staatstheater
Kassel, Regie: Sebastian
Schug
Michel Marc Bouchard
■■ TOM AUF DEM LANDE
29.12.2016, Theater
Münster, Regie: Michael
Letmathe
Martin Crimp
Duncan Macmillan
■■ IM HAUS / IM TAL
13.10.2016, Theaterhaus
Jena, Regie: Moritz
Schönecker
■■ ALL DAS SCHÖNE
21.10.2016, Staatstheater
Mainz, Regie: Jana Vetten
Jeffrey Eugenides
■■ DER ROTE LÖWE
25.02.2017, Staatstheater
Nürnberg, Regie: Klaus
Kusenberg
■■ DIE SELBSTMORD-
SCHWESTERN *
23.02.2017, Münchner
Kammerspiele, Regie:
Susanne Kennedy
Neil LaBute
■■ GANZKÖRPEREINSATZ
29.01.2017, Hamburger
Kammerspiele, Regie: Kai
Wessel
Patrick Marber
Patrick Marber
■■ DREI TAGE AUF
DEM LAND
Nach Turgenjew
März 2017, Schauspiel
Frankfurt, Regie: Andreas
Kriegenburg
Bildnachweise:
lsd-berlin.de / Lenore Blievernicht (Cover:
Szenenfoto aus Service / No Service von
René Pollesch, Volksbühne Berlin)
Marc Brenner (S. 1)
Dav Stewart (S. 2 )
Marion Bührle (S. 3 unten)
Nick Leyland (S. 4)
Kevin Cummins (S. 5 oben)
Krafft Angerer (S. 5 unten)
Gautier Deblonde / nb Pictures (S. 6 oben)
Killa Schuetze (S. 6 unten)
Fran Hergessal (S. 7)
Adrian Gatie (S. 8 oben)
Thomas Aurin (S. 8 unten)
Steve Alcemi (S. 10 links)
Julie Perreault (S. 10 rechts)
Karin Rocholl (S. 11 oben)
Thomas Aurin (S. 11 unten)
Katharina Lütscher (S. 12 oben)
Simon Hallström (S. 13 oben)
Karin Rocholl (S. 13 Mitte)
Paula Reissig (S. 14)
Diana Küster (S. 15 oben)
Tobias Bohm (S. 15 unten)
Sarah Horvath (S. 16)
Esra Rotthoff (S. 17 beide Fotos)
Iko Freese / drama-berlin.de. (S. 18 oben)
Tanja Dorendorf / T+T Fotografie
(S. 18 unten)
Katja von Düffel (S. 19 oben)
Conny Mirbach (S. 19 unten)
Claudia Balsters (S. 20 oben)
Birgit Hupfeld (S. 20 unten)
Hans Goedecke (S. 21)
Anne-Marie Sanders (S. 22 links)
Nina Grünberger (S. 22 rechts)
Astrid Knie / Theater in der Josefstadt
(S. 23)
Philipp Ottendörfer (S. 24)
Socalled
Alistair McDowall
■■ POMONA
11.11.2016, Nationaltheater
Mannheim, Regie: Robert
Teufel
■■ THE SEASON
17.12.2016, Theater Junge
Generation, Dresden,
Regie: Moritz Sostmann
Mark St. Germain
Hannah Moscovitch
■■ KLEINES
03.02.2017, Schauspiel Köln,
Regie: Charlotte Sprenger
■■ DIE TANZSTUNDE
04.09.2016, Schlosstheater
Celle, Regie: Petra Jenni
Simon Stephens
Chris Thorpe
■■ BESTÄTIGUNG
23.09.2016, Theater
Erlangen, Regie: Pascal
Wieandt
■■ HEISENBERG
21.10.2016, Düsseldorfer
Schauspielhaus, Regie:
Lore Stefanek
Impressum:
Fernando Perez Re (S. 25 oben)
Falk Wenzel (S. 25 mitte links)
Matthias Horn (S. 25 mitte rechts)
duARTE / Wallgraben Theater
(S. 25 unten)
Falk Wenzel (S. 26 oben)
Nilz Böhme (S. 26 rechts)
Björn Hickmann / stage picture
(S. 26 unten)
Thomas Braun (S. 26 links)
Zuzanna Kaluzna (S. 27 oben)
Sebastian Hoppe (S. 27 unten)
Thomás Wild / Wild-Fotografie
(S. 28 links)
Sebastian Hoppe (S. 28 rechts)
Achim Hehn (S. 29 oben)
Oliver Berg (S. 29 unten)
Peter Schlipf (S. 30)
gezett (S. 31 oben)
Jochen Jezussek (S. 31 unten)
Thomas Braun (S. 32 unten)
Simon Hayter (S. 33)
Olaf Struck (S. 34 oben)
Claudia Kempf (S. 34 unten)
Kat Kaufmann (S. 35)
Gasper Tringale (S. 36 links)
David Finckh (S. 36 rechts)
Heji Shin (S. 37 oben links)
Peter-Andreas Hassiepen (S. 37 oben
rechts)
Krafft Angerer (S. 37 unten)
Peter-Andreas Hassiepen (S. 38 oben)
Volker Beushausen (S. 38 unten)
Ingo Pertramer (S. 39)
Nadja Klier (S. 40)
Peter Jordan (S. 41 oben)
Sebastian Hoppe (S. 41 unten)
Marion Bührle (S. 42 oben)
Olaf Struck (S. 42 unten)
Rowohlt Theater Verlag
Hamburger Straße 17
D-21465 Reinbek bei Hamburg
Tel: 040-7272-270
Fax: 040-7272-276
[email protected]
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Leitung:
Nils Tabert
([email protected])
Lektorat:
Maren Zindel
([email protected])
Bastian Häfner
([email protected])
Aufführungsverträge:
Tanja Müller
([email protected])
Assistenz:
Kathrina Gruyters
([email protected])
Redaktion: Kathrina Gruyters, Bastian Häfner,
Nils Tabert, Maren Zindel
Layout: Das Herstellungsbüro, Hamburg
Druck: Bartels Druck, Lüneburg
Maya Arad Yasur
Thomas Arzt
Alan Ayckbourn
Annie Baker
Sibylle Berg
Renate Bergmann
Michel Marc Bouchard
Reimer Bustorff
Caryl Churchill
Martin Crimp
Michel Decar
John von Düffel
Alexander Eisenach
Nurkan Erpulat
Jeffrey Eugenides
Florian David Fitz
David Gieselmann
Maxim Gorkij
Annika Hartmann
Jens Hillje
Elfriede Jelinek
Ron Jones
Peter Jordan
Daniel Karasek
Daniel Kehlmann
Abbas Khider
Leonhard Koppelmann
Philipp Löhle
Duncan Macmillan
Patrick Marber
Alistair McDowall
Tuğsal Moğul
Laura Naumann
Stefan Otteni
Necati Öziri
Jens Paulsen
petschinka
René Pollesch
Peter Raffalt
Leif Randt
Thilo Reffert
Morton Rhue
Rafael Sanchez
Magdalena Schrefel
Peter Schwarz
Günter Senkel
Semiya Simsek
William Shakespeare
Tim Staffel
Gerhild Steinbuch
Simon Stephens
Kate Tempest
Reinhold Tritt
Ilija Trojanow
Thees Uhlmann
Theresia Walser
Marcus Wiebusch
Philipp Winkler
Marcus Youssef
Feridun Zaimoglu
Juli Zeh
Rowohlt Theater Verlag · Hamburger Straße 17 · D-21465 Reinbek · Tel. 040-72 72 270 · Fax 040-72 72 276
E-Mail: [email protected] · www.rowohlt-theater.de
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