Spezifische Faktoren und Einkommensverteilung

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Regionalökonomik (BA)
Spezifische Faktoren und Einkommensverteilung
Prof. Dr. Falko Jüßen
30. Oktober 2014
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Einleitung
Rückblick Ricardo-Modell
• Das Ricardo-Modell hat die potentiellen Handelsgewinne
verdeutlicht.
• Diese entstehen durch Spezialisierung.
• Im Ricardo-Modell erhöht der Außenhandel nicht nur die
Wohlfahrt der Nation, sondern auch die aller Individuen (keine
Verteilungswirkungen).
• Grund: Nur ein Produktionsfaktor, perfekte Faktormobilität.
• In der Realität hat Handel nicht nur Auswirkungen auf die
Nation als Ganzes, sondern auch auf die
Einkommensverteilung → ungleiche Verteilung der
Außenhandelsgewinne.
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Einleitung
Warum wirkt sich der Außenhandel auf die Einkommensverteilung aus?
1. Kurzfristige Folge: Ressourcen können nicht unmittelbar und
kostenfrei von einer Branche in die andere verlagert werden.
2. Langfristige Folge: Branchen unterscheiden sich hinsichtlich
ihrer Produktionsfaktoren.
• Konsequenz: Vorteile des Außenhandels sind nicht so
eindeutig wie durch das Ricardo-Modell nahegelegt.
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Einleitung
Vorgehen
• Zunächst untersuchen wir die kurzfristigen Auswirkungen des
Außenhandels auf die Einkommensverteilung.
• Extreme Annahme: Einige Produktionsfaktoren können
überhaupt nicht zwischen Sektoren wandern → Spezifische
Faktoren.
• Spezifische Faktoren kommen nur bei der Produktion eines
Gutes zum Einsatz.
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Annahmen
Produktionstechnologie
• 2 Güter: Industrieprodukte (M) und Lebensmittel (F )
• Mehr als ein Produktionsfaktor:
• Arbeit L: mobil
• Kapital K : immobil; spezifisch für Industrieprodukte
• Boden T : immobil; spezifisch für Lebensmittel
• Produktionsfunktionen:
QM = QM (K , LM )
(1)
QF = QF (T , LF )
(2)
• Insgesamt wird der gesamte Arbeitsbestand eingesetzt:
LM + LF = L
(3)
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Produktionsmöglichkeiten
Produktionsfunktion für Industrieprodukte (Lebensmittel analog)
• Für einen konstanten Kapitalstock K .
• Die Steigung entspricht dem Grenzprodukt der Arbeit.
• Zu beachten: Sinkende Grenzerträge auf einen Faktor können
mit konstanten Skalenerträgen auf alle Faktoren einhergehen.
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Produktionsmöglichkeiten
Transformationskurve
• Die spezifischen Faktoren können jeweils nur in einem Sektor
eingesetzt werden.
• Wie ändert sich die Zusammensetzung der Gesamtproduktion,
wenn der mobile Faktor Arbeit von einem in den anderen
Sektor wandert?
• Die Transformationskurve beschreibt die
Produktionsmöglichkeiten der Volkswirtschaft.
• Hier: Wie viele Lebensmittel F können bei einer gegebenen
Produktionsmenge an Industriegütern M hergestellt werden?
(und umgekehrt)
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Produktionsmöglichkeiten
Transformationskurve
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Produktionsmöglichkeiten
Transformationskurve
• Beachte: Die Transformationskurve zeigt die
Produktionsmöglichkeiten für eine gegebene Ausstattung an
Produktionsfaktoren.
• Die Transformationskurve misst die Opportunitätskosten der
Industrieproduktion, ausgedrückt in Einheiten des
Lebensmittelsektors.
• Also: Wieviele Einheiten Lebensmittel müssen für eine
zusätzliche Einheit Industriegüter geopfert werden?
• Die Opportunitätskosten sind nicht konstant aufgrund der
sinkenden Grenzerträge der Arbeit in jedem Sektor.
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Produktionsmöglichkeiten
Transformationskurve: Steigung
• Angenommen, eine Einheit Arbeit wandert von F nach M.
• Die Industrieproduktion steigt um das Grenzprodukt MPLM .
• Um die Industrieproduktion um eine Einheit zu erhöhen, muss
der Arbeitseinsatz um 1/MPLM steigen.
• Im Lebensmittelsektor sinkt die Produktion dann um
MPLF /MPLM .
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Produktionsmöglichkeiten
Transformationskurve: Steigung
• Die Steigung der Transformationskurve ist deshalb:
Steigung der Transformationskurve: − MPLF /MPLM .
(4)
• Man beachte, dass MPLM mit steigendem LM sinkt;
entsprechend steigt MPLF mit sinkendem LF .
• Daher nimmt die Steigung von PP zu, je weiter man sich auf
ihr nach rechts bewegt.
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Arbeitsmarkt
Arbeitsnachfrage
• Die Transformationskurve zeigt die Produktion für jede
Arbeitsallokation zwischen den beiden Sektoren.
• Nun: Wieviel Arbeit wird in jedem Sektor eingesetzt?
• Hierfür: Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt.
• Die Arbeitsnachfrage in jedem Sektor hängt vom jeweiligen
Preis der Güter und vom Lohnsatz ab.
• Annahme: Gewinnmaximierende Unternehmen in beiden
Sektoren, so dass die Arbeitsnachfragefunktionen sind:
MPLM · PM = wM ,
(5)
MPLF · PF = wF .
(6)
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Arbeitsmarkt
Arbeitsnachfrage
• Da Arbeit annahmegemäß vollständig mobil zwischen den
Sektoren ist, gilt
wM = wF .
(7)
• Der Lohnsatz w wird durch die Bedingung
Gesamtbeschäftigung=Gesamtangebot an Arbeit bestimmt,
LM + LF = L (Gleichgewichtsbedingung).
• Die Abbildung zeigt, wie sich die Allokation der Arbeit
bestimmt.
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Arbeitsmarkt
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Zurück zur Transformationskurve
• Es ergibt sich folgende Beziehung zwischen relativen Preisen
und Produktionsmengen:
MPLM · PM = MPLF · PF = w ⇔
−MPLF /MPLM = −PM /PF .
(8)
(9)
• Die linke Seite von (9) ist die Steigung der
Transformationskurve im Punkt der tatsächlichen Produktion.
• Also muss im Produktionspunkt der Transformationskurve
eine Tangente anliegen, deren Steigung dem negativen Wert
des Preisverhältnisses von Industriegütern und Lebensmitteln
entspricht (siehe Abbildung).
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Zurück zur Transformationskurve
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Effekte von Güterpreisänderungen
• Wie verändern sich Arbeitsallokation und
Einkommensverteilung, wenn sich die Preise PM und PF
ändern?
• Zwei Fälle:
1. Gleiche proportionale Preisveränderung
2. Änderung der relativen Preise
• Hinweis: Wenn PM und PF z.B. um 10% steigen, werden die
beiden Kurven der Arbeitsnachfragen ebenfalls um 10% nach
oben verschoben.
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Gleicher proportionaler Anstieg der Güterpreise
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Änderung der relativen Preise
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Änderung der relativen Preise
• Der Anstieg des Lohnsatzes ist kleiner als der Anstieg von PM .
• Im Gegensatz zum Fall des gleichzeitigen Anstiegs von PM
und PF wandert Arbeit vom Lebensmittelsektor in den
Industriegütersektor.
• Dies ist der Grund, weshalb w weniger stark als PM steigt:
Durch den Beschäftigungsanstieg im M Sektor sinkt das
Grenzprodukt der Arbeit in diesem Sektor.
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Änderung der relativen Preise
Darstellung anhand der Transformationskurve
• Die Auswirkungen der relativen Preisänderung kann man auch
anhand der Transformationskurve darstellen.
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Relative Angebots- und Nachfragekurve
• Man kann die relative Angebotskurve QM /QF als Funktion
des relativen Preises PM /PF darstellen.
• Zusammen mit der relativen Nachfragefunktion ergibt sich das
Gleichgewicht (ohne Außenhandel).
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Relative Preise und Einkommensverteilung
• Wie zuvor betrachten wir einen Anstieg des relativen Preises
PM /PF .
1. Arbeiter: Der Lohnsatz w steigt, aber um weniger als der
Anstieg von PM : (w /PM ) ↓ und (w /PF ) ↑. Unklarer
Gesamteffekt auf den Reallohn.
2. Kapitalbesitzer: Verbessern sich. (w /PM ) ↓, so dass die Erträge
der Kapitalbesitzer im Verhältnis zu ihren Produkten steigen.
3. Grundbesitzer: Stehen schlechter da. Die Reallöhne steigen im
Verhältnis zu den Lebensmittelpreisen, was ihr Einkommen
mindert, und der Anstieg von PM reduziert die Kaufkraft aller
gegebenen Einkünfte.
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Relative Preise und Einkommensverteilung
• Zusammenfassung der Auswirkungen einer Veränderung des
relativen Preises auf die Einkommensverteilung:
1. Das Einkommen des Faktors, der für den von einer relativen
Preiserhöhung betroffenen Sektor spezifisch ist, nimmt zu.
2. Das Einkommen des Faktors, der für den von einer relativen
Preissenkung betroffenen Faktor spezifisch ist, nimmt ab.
3. Die Auswirkungen auf das Einkommen des mobilen Faktos sind
nicht eindeutig.
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Außenhandel im Modell spezifischer Faktoren
• Der Außenhandel beeinflusst die relativen Preise.
• Außenhandel kommt dann zu Stande, wenn der relative
Weltmarktpreis von dem Preis abweicht, der in einem Land
ohne Außenhandel entstehen würde.
• Die Abbildung zeigt eine nationale relative Angebotskurve
(RS) und eine für den Weltmarkt (RS Welt ).
• Es wird unterstellt, dass sich die Länder hinsichtlich ihrer
Präferenzen nicht unterschieden, so dass die relativen
Nachfragekurven identisch sind (RD = RD Welt ).
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Außenhandel im Modell spezifischer Faktoren
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Außenhandel im Modell spezifischer Faktoren
• Der Anstieg des relativen Preises wirkt als Anreiz, den Anteil
der Industrieprodukte an der Produktion zu erhöhen.
• Gleichzeitig reagieren die Verbraucher auf den relativen
Preisanstieg mit einer gesteigerten Nachfrage nach
Lebensmitteln.
• Bei dem höheren Preis (PM /PF )2 exportiert die
Volkswirtschaft Industrieprodukte und importiert
Lebensmittel.
• Fazit: Eine Volkswirtschaft exportiert das Produkt, dessen
relativer Preis gestiegen ist, und importiert das Gut, dessen
relativer Preis gesunken ist.
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Einkommensverteilung und Außenhandelsgewinne
Gewinner und Verlierer des Außenhandels
• Die Öffnung für den Außenhandel führt zu einer Erhöhung des
relativen Preises des Guts im neuen Exportsektor.
• In Verbindung mit den Erkenntnissen von oben (siehe Folie
24) ergibt sich:
• Außenhandel nutzt dem Faktor, der für den Exportsektor jedes
Landes spezifisch ist.
• Er schadet dem spezifischen Faktor desjenigen Sektors, mit
dem der Import konkurriert.
• Die Auswirkugen auf mobile Faktor sind nicht eindeutig.
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Außenhandel im Modell spezifischer Faktoren
Beurteilung der aggregierten Außenhandelsgewinne
• Perpektive: Könnten die Gewinner die Verlierer entschädigen
und dennoch selbst besser dastehen als zuvor?
• In einer geschlossenen Volkswirtschaft muss der Konsum D
der eigenen Produktion Q entsprechen, also: DM = QM und
DF = QF .
• Der Außenhandel ermöglicht, dass die Güter in einem anderen
Verhältnis konsumiert werden können, als sie produziert
werden.
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Außenhandel im Modell spezifischer Faktoren
Beurteilung der aggregierten Außenhandelsgewinne
• Allerdings kann ein Land nicht mehr ausgeben, als es
einnimmt. Es gilt also die Budgetbeschränkung
PM · DM + PF · DF = PM · QM + PF · QF .
(10)
• Die Budgetbeschränkung kann umgeschrieben werden als
DF − QF = (PM /PF ) · (QM − DM ).
(11)
• (DF − QF ): Lebensmittelimporte.
• (QM − DM ): Industriegüterexporte.
• (PM /PF ): Relativer Preis der Industriegüter.
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Außenhandel im Modell spezifischer Faktoren
Beurteilung der aggregierten Außenhandelsgewinne
• Der Lebensmittelimport entspricht also dem Produkt aus
Industriegüterexport und relativem Preis der Industriegüter.
• Die Importmenge wird also durch die Exportmenge beschränkt
(in Abwesenheit von Verschuldungsmöglichkeiten).
• Wichtige Eigenschaften der Budgetbeschränkung:
1. Die Steigung ist −PM /PF : Der Verzicht auf den Konsum einer
Einheit M Güter spart PM . Damit können PM /PF zusätzliche
Einheiten F Güter erworben werden.
2. Die Budgetbeschränkung tangiert die Transformationskurve an
dem Punkt, an dem die Volkswirtschaft bei einem gegebenen
relativen Preis für Industriegüterprodukte produziert (siehe
Punkt 1 in der Abbildung).
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Außenhandel im Modell spezifischer Faktoren
Beurteilung der aggregierten Außenhandelsgewinne
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Außenhandel im Modell spezifischer Faktoren
Beurteilung der aggregierten Außenhandelsgewinne
• Die Abbildung illustriert, dass Handel eine potentielle Quelle
des Gewinns für alle ist.
• Autarkie: Punkt 2 auf der Transformationskurve.
• Der eingefärbte Teilbereich der Budgetbeschränkung unter
Außenhandel (Gleichgewicht Punkt 1) gibt Situationen wieder,
in denen sowohl mehr Lebensmittel als auch Industriegüter
konsumiert werden können als ohne Außenhandel.
• Fazit: Handel ist also eine potentielle Quelle des Gewinns für
alle. Die Tatsache, dass Handel Gewinne für alle erzeugen
könnte, bedeutet aber nicht, dass dies auch der Fall ist.
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