Die Nibelungen Ein gemeinsames Projekt von ZDF, 3sat und ZDF Theaterkanal 2 Die Sendetermine 3 Ein Theaterereignis ersten Ranges Vorwort von ZDF-Intendant Markus Schächter 5 Stab und Besetzung 6 Der beste Krimi aller Zeiten Die Neufassung der Nibelungen-Sage als Fernsehereignis 7 "Die Nibelungen" im ZDF 8 "Die Nibelungen" in 3sat 10 "Die Nibelungen" im ZDF Theaterkanal 12 Zum Inhalt der Nibelungen-Sage 13 Zur Geschichte der Nibelungen-Festspiele Worms 14 Besetzung und Team der Nibelungen-Festspiele 17 Mario Adorf, Dieter Wedel und Moritz Rinke über die Nibelungen-Festspiele 21 Fotohinweis z.presse Juli 2002 Die Nibelungen Das Open-Air-Theaterereignis Die Sendetermine 3sat Samstag, 3. August 2002, 19.20 Uhr Foyer – Das Theatermagazin mit Esther Schweins Nibelungen-Festspiele Worms Samstag, 17. August 2002, 21.00 Uhr Live aus Worms: Die Nibelungen – Uraufführung der Neufassung von Moritz Rinke ZDF Theaterkanal ab 7. September 2002, 19.40 Uhr Die Nibelungen Aufzeichnung der Uraufführung der Nibelungen-Festspiele Worms ZDF Sonntag, 29. September 2002, 22.00 Uhr Die Nibelungen – Das Open-Air-Theaterereignis aus Worms Sonntag, 29. September 2002, 0.35 Uhr nachtstudio: Volk ohne Traum – die Nibelungensage heute 2 z.presse Juli 2002 Ein Theaterereignis ersten Ranges Das ZDF bringt die Nibelungen-Festspiele ins Fernsehen In der Nachbarschaft des ZDF findet das Theaterereignis des Jahres statt, ein kulturelles Sommerspektakel mit europäischer Ausstrahlung. Ein Stoff wie die Nibelungen, ebenso anspruchsvoll wie umstritten, wird an historischem Ort vor der eindrucksvollen Kulisse des Wormser Domes aufgeführt und bietet damit den Ereignischarakter, den ein besonderes Theaterhighlight im Fernsehen haben muss. Die hochspannende Bearbeitung durch einen ausgezeichneten jungen Dramatiker wie Moritz Rinke, in der Theaterinszenierung eines gerade auch dem ZDF verbundenen und erfolgreichen Fernsehregisseurs wie Dieter Wedel, besetzt mit Mario Adorf, André Eisermann, Maria Schrader und anderen ihrer Güte, verspricht ein Theaterereignis ersten Ranges, das das ZDF mit seinen Partnerprogrammen 3sat und ZDF Theaterkanal auch zu einem Fernseh-Theaterereignis machen wird. Ein Kultur-Event der Extraklasse – wie es die Nibelungen-Festspiele bieten werden – den Fernsehzuschauern nahe zu bringen, entspricht in idealer Weise dem Kulturauftrag des öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Das ZDF bündelt dabei mit 3sat und dem ZDF Theaterkanal eine spezifische Kulturallianz, die sich bereits vielfach bewährt hat. Peter Steins "Faust"-Inszenierung hat zum Beispiel im vergangenen Jahr die Fernsehzuschauer begeistert und eindrucksvoll bestätigt, dass Theater im ZDF auch unter den heutigen Marktbedingungen möglich ist. Das ZDF zeigt am Sonntag, 29. September 2002, zur Hauptsendezeit um 22.00 Uhr das hochdramatische Geschehen um Siegfried, den beinahe Unverwundbaren, und Brünhild, der beinahe Unbesiegbaren, in voller Länge. Und auch schon zur Premiere können die Fernsehzuschauer live dabei sein: 3sat überträgt die Uraufführung am Samstag, 17. August 2002, 21.00 Uhr live und in voller Länge. Im ZDF Theaterkanal können die Zuschauer im September Siegfried, Hagen und Kriemhild ebenfalls hautnah erleben. Die Wormser Nibelungen sind im ZDF, in 3sat und im ZDF Theaterkanal auch in vielen anderen Sendungen präsent, in denen nicht zuletzt auch das vielgestaltige Rahmenprogramm der Festspiele vorgestellt wird. Das ZDF-Kulturmagazin "aspekte" berichtet beispielsweise am Vorabend der Premiere über das Theaterereignis, und im ZDF"nachtstudio" wird "Die Nibelungensage heute" diskutiert. Auch das 3sat-Theatermagazin "Foyer" mit Esther Schweins berichtet direkt vom Ort des Geschehens. 3 z.presse Juli 2002 Die mediale Begleitung der Nibelungen-Festspiele in Worms ergänzt schließlich das Engagement des ZDF für die Restaurierung des Wormser Doms. Dem Wunsch, dieses geschichtsträchtige Monument nicht nur für künftige Generationen zu erhalten, sondern ihm auch heute die gebührende Aufmerksamkeit zuteil werden zu lassen, dienen die Nibelungen-Festspiele mit ihrer Premiere in diesem Sommer auf ganz besondere Weise. So wünsche ich allen Zuschauern auf allen Kanälen ein besonderes kulturelles Vergnügen mit der Neubearbeitung eines Stoffes, dessen Anziehungskraft durch ein innovatives, anderes In-Szene-Setzen für die Gegenwart neu erschlossen wird. Markus Schächter ZDF-Intendant 4 z.presse Juli 2002 Die Nibelungen Uraufführung der Neufassung von Moritz Rinke Eine Aufführung der Nibelungen-Festspiele Worms, 2002 Stab und Besetzung: Inszenierung: Dramaturgie: Bühnenbild: Kostüme: Musik: Länge: Dieter Wedel John von Düffel Gerd Friedrich Nikola Hoeltz Arvild Baud ca. 150' Die Rollen und ihre Darsteller: Hagen Kriemhild Brünhild Giselher Siegfried Gunther Gernot Ute Etzel Dietrich von Bern Mario Adorf Maria Schrader Judith Rosmair André Eisermann Götz Schubert Wolfgang Pregler Josef Ostendorf Susanne Tremper Hans Diehl Uwe Friedrichsen Produktionsstab für die Fernsehaufzeichnung Fernsehregie Kamera Technische Leitung Ton Produktion Redaktion Volker Weickert Michael Donecker Jörg Hildbrand Reinhard Reiser Uta Bellmann Werner von Bergen, Wolfgang Bergmann 5 z.presse Juli 2002 Der beste Krimi aller Zeiten Die Neufassung der Nibelungen-Sage als Fernsehereignis Das Nibelungenlied ist neben Goethes "Faust" eine der bedeutendsten literarischen Schöpfungen deutscher Sprache. Macht, Liebe und Verrat sind die dramatischen Elemente dieses Ursprungsmythos mitteleuropäischer Identität. Und wie "Faust" werden nun auch die Nibelungen als gemeinsames Projekt von ZDF, 3sat und ZDF Theaterkanal zu einem Fernsehereignis. Die Uraufführung von Moritz Rinkes "Nibelungen" in der Inszenierung von Dieter Wedel ist als Theater-Event des Jahres 2002 im ZDF, bei 3sat und im ZDF Theaterkanal jeweils in voller Länge zu sehen. Die Medienpartner der Nibelungen-Festspiele Worms begleiten gemeinsam diese ebenso ambitionierte wie faszinierende Neufassung der Nibelungen-Sage. Im vergangenen Jahr hatten ZDF, 3sat und der ZDF Theaterkanal mit der Ausstrahlung von Peter Steins viel diskutierter "Faust"-Inszenierung das Interesse an außergewöhnlicher Theaterkunst im Fernsehen nachhaltig dokumentiert. Das ZDF und seine Senderfamilie setzen auch in diesem Jahr wieder mit einem herausragenden Kulturhighlight die Theaterkunst im öffentlich-rechtlichen Fernsehen in Szene. Am Samstag, 17. August 2002, überträgt 3sat live ab 21.00 Uhr das hochdramatische Geschehen am Königshof von Worms – in der vollen Länge von fast drei Stunden. Die Fernsehfassung dieses Open-AirTheaterereignisses ist am Sonntag, 29. September 2002, zur besten Sendezeit um 22.00 Uhr im ZDF zu sehen. Und ab September bietet auch der ZDF Theaterkanal seinen Zuschauern ein volles NibelungenProgramm. ZDF, 3sat und der ZDF Theaterkanal begleiten das Theaterereignis in zahlreichen Formaten – vom ZDF-Kulturmagazin "aspekte" über das ZDF-"nachtstudio" und das ZDF-Servicemagazin "Volle Kanne" bis hin zu den aktuellen ZDF-Sendungen vom "Morgenmagazin" bis zum "heute-journal" sowie einer Extra-Ausgabe des Theatermagazins "Foyer" mit Esther Schweins. Auch das vielgestaltige Rahmenprogramm der Nibelungen-Festspiele wird im ZDF, in 3sat und im ZDF Theaterkanal Aufmerksamkeit finden. 6 z.presse Juli 2002 "Die Nibelungen" im ZDF Samstag, 29. September 2002, 22.00 Uhr, ZDF Zur besten Sendezeit steht das ZDF am Sonntag, 29. September 2002, ab 22.00 Uhr ganz im Zeichen der Nibelungen. In 150 Minuten Länge entfaltet sich die dramatische und spektakuläre Aufführung, an die sich eine Diskussion anschließt, die die Hintergründe des legendären Epos erklärt. Das Stück um Blut, Rache, Eifersucht, Liebe, Sex, Betrug und Mord erlebt in Worms in der Theaterregie von Dieter Wedel eine Neuinterpretation. In enger Zusammenarbeit mit dem Erfolgsregisseur ("Der große Bellheim“, "Die Affäre Semmeling“) bereichert die ZDF-Fernsehfassung durch zusätzliche filmische Elemente die aufgezeichnete Theaterpremiere. Die aufwändige Nachbearbeitung der Live-Aufführung macht "Die Nibelungen" für ein großes Fernsehpublikum noch dramatischer und suggestiver und bringt die Schauspielstars Mario Adorf, André Eisermann und Maria Schrader hautnah auf den Bildschirm. Samstag, 29. September 2002, 0.35 Uhr, ZDF Im Anschluss an die Fernsehausstrahlung vertieft das ZDF-"nachtstudio" am 29. September 2002, 0.35 Uhr die Nibelungen-Thematik. "Volk ohne Traum – die Nibelungensage heute" heißt das Thema bei Moderator Volker Panzer, mit dem sich das "nachtstudio“ an der Entstaubung des Gründungsmythos der Deutschen beteiligt. Es geht um nichts weniger als um die Befreiung der alten Sage aus der "Gefangenschaft nationalsozialistischer, wagnerianischer und germanistischer Phrasen" – wie Moritz Rinke es ausdrückt. Als Gäste am virtuellen Kamin sind geplant: der Autor der Neufassung, Moritz Rinke, Nike Wagner, die Enkelin von Richard Wagner, dem Komponisten des "Ringes der Nibelungen“, und der Mittelalterforscher Gerd Althoff. 7 z.presse Juli 2002 "Die Nibelungen" in 3sat Samstag, 3. August 2002, 19.20 Uhr, 3sat Foyer – Das Theatermagazin mit Esther Schweins Rund um die Nibelungen-Festspiele Worms Blut, Rache, Eifersucht – Ingredienzien, aus denen auch heute noch Krimiklassiker gemacht werden, hat das Nibelungenlied zur Genüge. Doch kann man diesen ältesten aller Krimis erzählen, ohne immer wieder Heldenmissbrauch und Deutschtümelei zu zitieren? Esther Schweins geht am Samstag, 3. August 2002, 19.20 Uhr im Theatermagazin "Foyer" dieser Frage nach und stellt die spektakuläre OpenAir-Aufführung in der Nibelungenstadt Worms vor. Wie hält es der Berliner Dramatiker Moritz Rinke, Autor der neuen Textfassung, mit der "Nibelungentreue“? Wird Regisseur Dieter Wedel den Trick mit der Tarnkappe verraten? Und was hält Kriemhild-Darstellerin Maria Schrader vom "Keuschheitsgürtel“? Mario Adorf, der Bösewicht des deutschen Films schlechthin, spielt in Worms den Hagen – aber der ist hier gar nicht so böse, sondern eher ein Mann der Staatsräson. Den erfolgreichen Weltstar Adorf zieht es wieder auf die Bühne zurück. Aus Film und Fernsehen kennt ihn jeder, aber alte Theaterausschnitte mit einem jungen Adorf werden so manchen "Foyer"-Zuschauer überraschen. Esther Schweins präsentiert diese Ausgabe von "Foyer" rund um die Nibelungen-Festspiele in Worms wie immer mit aktuellen Gesprächen, Porträts und vielen Tipps und Informationen, die diesmal nicht nur aus der Theaterwelt stammen: Denn schließlich gibt es Menschen, die fest davon überzeugt sind, dass es den Nibelungenschatz wirklich gegeben hat. "Foyer" geht der heißen Spur nach und begibt sich auf die Suche nach dem Rheingold. 8 z.presse Juli 2002 Samstag, 17. August 2002, 21.00 Uhr, 3sat Live aus Worms: Die Nibelungen Uraufführung der Neufassung von Moritz Rinke Das Nibelungenlied, eine der bedeutendsten literarischen Schöpfungen deutscher Sprache, berichtet von Liebe, Politik und Verrat und bietet ebenso tragische wie komische, reale wie dramatische Menschheitsgeschichten. Von dem jungen Dramatiker Moritz Rinke neu erzählt, aufgeführt am Originalschauplatz Worms, knüpfen "Die Nibelungen" an ihre europäische Geschichte an. 3sat überträgt die Uraufführung der Neufassung live. Moritz Rinke hat sich für seine neue Dramatisierung mit dem Ursprungstext auseinandergesetzt und hält sich im Wesentlichen an die bekannten dramatischen Höhepunkte des im Originaltext recht sperrigen Werkes. Doch Rinkes Nibelungen-Text ist mit feinem Humor durchzogen und spielt mit einer höchst gegenwärtigen Sprache und Zeichenwelt, ohne in plumpen Modernismus zu verfallen. Statt Blut, Boden und Deutschtümelei interessiert sich Rinke für die Rache als Faden einer Geschichte, die sich bis in unsere Gegenwart immer wieder am eigenen Blut besäuft. Politik nicht ohne Vernunft, aber ohne Chance, sie anzunehmen. Die Nibelungensage hat alles, was ein Bühnenspektakel braucht: harte Männer, herrlich giftige Frauen, Liebe, Sex, Politik, Betrug und Mord. Die 39 Aventiuren (= Abschnitte in einem mittelhochdeutschen Epos) mit mehr als 2000 Versen, die von einem unbekannten Dichter im Mittelalter verfasst wurden, begründeten einen einzigartigen Mythos. Allein die beiden Heroen Siegfried und Brünhild entzündeten unter den Geschlechtern und Generationen die Phantasie und die Debatten um Männlichkeit und Weiblichkeit, Nibelungentreue, Korruption und Verrat. Moritz Rinkes Neufassung des Nibelungen-Stoffs fügt dieser Rezeptionsgeschichte ein weiteres Kapitel hinzu. Unweit der legendären Treppe, auf der die beiden ungleichen Königinnen Kriemhild und Brünhild einander zu hassen begannen, entfaltet sich im August 2002 vor der grandiosen Kulisse des Wormser Doms das ganze Drama von Siegfrieds Tod bis Kriemhilds Rache. 9 z.presse Juli 2002 "Die Nibelungen" im ZDF Theaterkanal Auch der Spielplan des ZDF Theaterkanals steht im September ganz im Zeichen der Nibelungen. Neben zahlreichen Dokumentationen zum Thema stehen sowohl die Neuinszenierung in Worms als auch Harald Reinls Spielfilm aus dem Jahr 1966 und Jürgen Flimms Regiearbeit am Hamburger Thalia-Theater aus dem Jahr 1988 auf dem Programm. Außerdem plant der ZDF Theaterkanal die Ausstrahlung einer Inszenierung von Richard Wagners Opernzyklus "Der Ring des Nibelungen". 7., 12., 17., 22., September 2002, 19.40 Uhr, ZDF Theaterkanal Die Nibelungen Neufassung von Moritz Rinke Aufzeichnung der Uraufführung der Nibelungen-Festspiele Worms 7., 12., 17., 22., September 2002, 19.00 Uhr, ZDF Theaterkanal Foyer – Das Theatermagazin mit Esther Schweins Rund um die Nibelungen-Festspiele Worms 6., 11., 16., 28. September 2002, 19.40 Uhr, ZDF Theaterkanal Die Nibelungen Theaterstück von Friedrich Hebbel in zwei Teilen Inszenierung: Jürgen Flimm, Hamburg 1988 1., 13., 18., 23., 29. September 2002, 22.45 Uhr, ZDF Theaterkanal Die Nibelungen: Siegfrieds Tod Deutscher Spielfilm von 1966 Regie: Harald Reinl 2., 14., 19., 24., 30. September 2002, 22.45 Uhr, ZDF Theaterkanal Die Nibelungen: Kriemhilds Rache Deutscher Spielfilm von 1966 Regie: Harald Reinl 10 z.presse Juli 2002 6., 11., 16., 28. Juli 2002, 22.40 Uhr, ZDF Theaterkanal Mythos Nibelungen Film von Dietmar N. Schmidt ZDF 1988 2., 14., 19., 24., 30. September 2002, 22.15 Uhr, ZDF Theaterkanal Im Reich der Nibelungen Film von Susanne Kelm Deutschland 1995 8. und 25. Juli 2002, ZDF Theaterkanal Nibelungen und Servomotoren Film von Herbert Biber über die moderne Bühnentechnik im Festspielhaus Bayreuth 3sat 2002 1., 13., 18., 23., 29. September 2002, 21.55 Uhr, ZDF Theaterkanal Der Ring des Nibelungen im Lichte des deutschen Strafrechts Nach dem gleichnamigen satirischen Werk von Ernst von Pidde Regie: C. Rainer Ecke, Österreich: 1978 5., 10., 15., 27. September 2002, 21.10 Uhr, ZDF Theaterkanal Schuld war nur das Lindenblatt Das alte Lied der Nibelungen Film von Wolfgang Kabisch, Deutschland 1988 1. bis 27. September 2002, jeweils gegen 0.00 Uhr, ZDF Theaterkanal Geschichten aus der Geschichte Nibelungen oder was Wagner nicht wusste 27-teilige Zeichentrickserie von Curt Linda 11 z.presse Juli 2002 Zum Inhalt der Nibelungen-Sage Siegfried aus Xanten, Drachentöter und Besitzer des Schatzes der Nibelungen, kommt an den Königshof von Worms, um Kriemhild zu heiraten, die Schwester des Königs Gunther. Dieser will seine Schwester nur dann Siegfried zur Frau geben, wenn der ihm hilft, Brünhild zu erobern, die Königin von Island. Dreimal müssen sie die übermenschlich starke Brünhild in einem Wettkampf besiegen, damit König Gunther sie als seine Frau nach Worms führen kann. Siegfried bedient sich in diesem Kampf einer Tarnkappe, die später noch einmal zum Einsatz kommt: Brünhild verweigert Gunther ihr Bett, woraufhin Siegfried sie niederringen muss, damit Gunther zu seinem ehelichen Recht gelangt. Dabei entwendet Siegfried der spröden Königin Ring und Gürtel, was wiederum Kriemhild bei einem Streit mit Brünhild kundtut: Auf einem Fest in Worms geraten die beiden Königinnen aneinander, und als Brünhild behauptet, Siegfried stehe im Rang unter ihrem Gunther, kontert Kriemhild, Gunther habe Siegfried beim Beischlaf mit seiner Gattin den Vortritt gelassen. Als Beweis präsentiert sie Ring und Gürtel. Brünhild ist schwer gedemütigt. Brünhilds Vasall Hagen von Tronje will die Schmach der Königin rächen. Unter dem Vorwand, Siegfried schützen zu wollen, entlockt er Kriemhild das Geheimnis von dessen verwundbarer Stelle und tötet ihn. Als Kriemhild zur Stärkung ihrer Macht Helden um sich schart, stiehlt Hagen ihr zudem den Nibelungenschatz und versenkt ihn im Rhein. Nun ist es an Kriemhild, Rache zu üben. Sie heiratet den Hunnenkönig Etzel und lockt ihre Brüder sowie Hagen ins Hunnenland. Dort entfacht sie einen Kampf zwischen Hunnen und Nibelungen, der in einem fürchterlichen Blutbad endet. Das Nibelungenlied, dieses mittelhochdeutsche Heldenepos eines namentlich nicht bekannten Dichters um 1200 im Donaugebiet, besteht aus 39 Aventiuren (Abschnitten), die von Siegfrieds Werbung um Kriemhild, seiner Vermählung mit ihr, seiner Ermordung durch Hagen und von Kriemhilds Rache erzählen. Die Sage hat zahlreiche neuzeitliche literarische Bearbeitungen nach sich gezogen, die Fassung Friedrich Hebbels von 1862 ist die bekannteste. Nun hat Moritz Rinke mit seiner Neufassung die Sage für die Gegenwart erschlossen. 12 z.presse Juli 2002 Zur Geschichte der Nibelungen-Festspiele Worms Der Nibelungenstoff wurde erstmals 1904 im Wormser Festhaus thematisiert, zwei Jahre später erlebte Hebbels Fassung der "Nibelungen" dort ihre Aufführung. Der Erste Weltkrieg vereitelte dann allerdings Pläne für regelmäßige Festspiele. 1928 fand in Worms eine Nibelungenwoche statt, die aber nicht wiederholt wurde. Aus der Idee, im Nibelungenjahr 1936 eine "Weltfeier der Völker germanischen Blutes" zu feiern, wurden die Nibelungenfestspiele 1937 bis 1939. Bei der Premiere spielten Carl Raddatz, Agnes Straub und Maria Koppenhöfer. Parallel dazu hielt Goebbels eine Propagandarede vor 30.000 Menschen im Schweißwerk. Im August 1956 veranstaltete man erstmals nach dem Dritten Reich eine Freilichtinszenierung des Hebbel-Stücks vor dem Dom-Westchor, die aber entgegen aller städtischen Planungen keine Wiederholung fand. Beim Bürgerempfang der Wormser SPD am 1. Dezember 1996 stellte Mario Adorf eine neue Festspielidee vor, die er gemeinsam mit Spiegel-Redakteurin Bettina Musall und Gerd Lauber, dem ehemaligen Bürgermeister von Worms, entwickelt hatte. Sie sah vor, eine Neubearbeitung des mittelalterlichen Stoffes in den Mittelpunkt zu stellen. Im Juli 1998 stimmte der Stadtrat daraufhin einer von Volker Gallé erarbeiteten Festspielkonzeption zu, und im Oktober des gleichen Jahres wurde der junge Berliner Bühnenautor und jetzige Dramatiker des Jahres 2001, Moritz Rinke, mit dem Schreiben des Festspielstücks beauftragt. Der Text wurde Ende 2000 vorgelegt. Anfang 2001 gründete die Stadt eine Festspiel GmbH und betraute Klaus Naseband, vormals künstlerischer Direktor am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg, mit der Intendanz. Die kaufmännische Geschäftsführung übernahm Ulrich Mieland (Kultur- und Schulverwaltungsamt). Als Spielort wurde der Platz vor der Südfassade des Doms ausgewählt. Die Wormser Nibelungen-Festspiele 2002 präsentieren den Theaterfreunden vom 17. August bis zum 1. September 2002 zwölf Aufführungen plus einem Rahmenprogramm. 13 z.presse Juli 2002 Besetzung und Team der Nibelungen-Festspiele Die Schauspieler Mario Adorf (Hagen), geboren in Mayen in der Eifel, gilt als einer der wenigen deutschen Stars im internationalen Film. Nach dem Besuch der Otto-Falkenberg-Schauspielschule in München und Lehrjahren an den Münchner Kammerspielen trat der Sohn einer Deutschen und eines Italieners in Filmen von Regisseuren wie Claude Chabrol, Damiano Damiani, Rainer Werner Fassbinder, Sam Peckinpah, Volker Schlöndorff und Billy Wilder auf. Der mit dem Grimme-Preis ausgezeichnete Fernsehfilm "Der große Bellheim" begründete seine erfolgreiche Zusammenarbeit mit Regisseur Dieter Wedel. André Eisermann (Giselher) wurde in Worms geboren. Als Kind eines Schausteller-Ehepaares zog er allerdings von Rummelplatz zu Rummelplatz. Schon der Urgroßvater trat als "stärkster Mann der Welt" auf, die Großmutter als akrobatisches "Elastikwunder". Mit 19 Jahren nabelte sich André Eisermann von der Familie und dem Schaustellerleben ab und besuchte die Münchner Otto-Falckenberg-Schauspielschule. Danach spielte er unter anderem beim Bayrischen Staatsschauspiel, an den Münchner Kammerspielen und am Theater in der Josephstadt in Wien. Die Rolle des Kaspar Hauser in dem gleichnamigen Film von Peter Sehr machte André Eisermann international bekannt. Er erhielt den Bayerischen Filmpreis, den Deutschen Filmpreis und andere Auszeichnungen. Maria Schrader (Kriemhild) stammt aus Hannover. Von 1983 bis 1986 studierte sie am "Max-Reinhardt-Seminar" in Wien. 1995 erlebt sie ihren schauspielerischen Durchbruch mit den Filmen "Keiner liebt mich", "Burning Life" und "Einer meiner ältesten Freunde". Mit dem Schauspieler und Regisseuer Dani Levy drehte sie insgesamt sechs Filme, darunter "Meschugge" und "Aimée und Jaguar". Sie erhielt den Deutschen und den Bayerischen Filmpreis. Götz Schubert (Siegfried) studierte von 1984 bis 1987 an der renommierten Staatlichen Schauspielhochschule "Ernst Busch" in Berlin. Am Deutschen Theater Berlin und am Maxim-Gorki-Theater spielte er unter namhaften Regisseuren wie Thomas Langhoff, Peter Stein und Alexander Lang. Dem Film und Fernsehpublikum ist er bekannt aus "Polizeiruf 110", "Tatort", "Der Hauptmann von Köpenick", "Der Zimmerspringbrunnen" und vielen anderen. Mit Dieter Wedel arbeitete Götz Schubert in "Die Affäre Semmeling". Er wurde zweimal mit dem 14 z.presse Juli 2002 Kritikerpreis der "Berliner Zeitung" geehrt und 1990 zum Nachwuchsschauspieler des Jahres ernannt. Judith Rosmair (Brünhild) erhielt ihre Ausbildung an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Hamburg. Sie spielte am Schauspielhaus Bochum unter Leander Haussmann, Werner Schroeter, NilsPeter Rudolph, Frank Castorf und Jürgen Kruse. Seit der Spielzeit 2001/02 ist sie im Ensemble des Thalia Theaters in Hamburg. Dort trat sie unter anderem als "Ophelia" im Hamlet und als "Ilse" in Frank Wedekinds Frühlingserwachen auf. Dieter Wedel setzt die mädchenhafte Judith Rosmair als männermordende Island-Königin Brünhild ein – ein ganz bewusst gewählter Klischeebruch. Hans Diehl (Etzel) ist bei den Wormser Nibelungen als König Etzel und als Burgwächter zu sehen, als hunnischer Herrscher und als burgundischer Mann des Volkes – eine geographische Doppelexistenz, die aus dem Leben des hessischen Schauspielers stammen könnte. Seine künstlerische Wahlheimat fand Diehl wiederholt an der Berliner Schaubühne und hat an allen großen deutschsprachigen Theatern mit Regisseuren wie Andrea Breth, Luc Bondy, Peter Stein und Thomas Ostermeier klassische und zeitgenössische Rollen gespielt. Jenseits von Bühne, Film und Fernsehen, wo der weißblonde Mann mit den ostseeblauen Augen seit "Der Schattenmann" in allen Wedel-Projekten dabei war, lebt Diehl außer in Berlin am liebsten in der französischen Auvergne – einige Jahre lang in selbstgewählter Distanz zum Schauspiel "mit Viehzeug, Schafen und Ziegen". Susanne Tremper (Ute) kann als Mutter Ute, die ihre verzogene Tochter Kriemhild endlich verheiraten will, gleich mehrere Register ihres darstellerischen und gesanglichen Temperaments ausspielen: "Sing nicht, wenn ich mit dir rede", herrscht sie die Unbotmäßige an, und träumt sich sogleich in die Erinnerung an den verstorbenen Gatten zurück. Kokett zu Hagen und leicht begriffsstutzig, wenn es um politische Ranküne geht: Moritz Rinkes Ute liegt der Berlinerin mit Herz und Energie im Wesen. Die Absolventin der Berliner Max Reinhardt Schule spielt an den großen Bühnen zwischen Basel und Berlin die Alkmene in "Amphytrion", die Patty in "Die Irre" von Edward Bond, singt in der "Dreigroschenoper", macht Kabarett mit Dieter Hildebrandt, arbeitet mit Claus Peymann, Peter Eschberg und Dieter Wedel – nicht im Fernsehen, sondern am Schauspiel Bonn. Ute Tremper erfüllt die besten Schauspieler-Klischees: Wenn sie zart und bodenständig die Bühne betritt, verwandelt sie sich auf Zuruf von der Hausfrau zum Vamp – und zurück. 15 z.presse Juli 2002 Intendant, Regisseur, Autor Intendant Klaus Naseband ist zusammen mit dem Wormser Kulturamtsleiter Ulrich Mieland Geschäftsführer der neugegründeten Nibelungen-Festspiele GmbH und leitet die Festspiele künstlerisch und organisatorisch. Klaus Naseband arbeitete seit Ende der 70er Jahre als Dramaturg und Betriebsdirektor an den Bühnen in Bonn, Nürnberg und Frankfurt. Zuletzt leitete der promovierte Literaturwissenschaftler gemeinsam mit Frank Baumbauer von 1993 bis 2000 das Deutsche Schauspielhaus in Hamburg als Künstlerischer Direktor. Der gebürtige Westfale will die ersten Nibelungen-Festspiele des 21. Jahrhunderts "im Bewusstsein der Geschichte" angehen, vor allem aber "die zeitlose, an keinen sakralen Bühnenraum gebundene Kraft der einzigartigen Erzählung hervorheben". Regisseur Dieter Wedel inszenierte in den 1980er Jahren am Hamburger Thalia Theater und an den Bühnen der Stadt Bonn. Der promovierte Theaterwissenschaftler wurde mit ZDF-Mehrteilern wie "Der große Bellheim", "Der Schattenmann" und "Die Affäre Semmelung" zum renommierten Fernsehregisseur. Für die Inszenierung der Nibelungen-Uraufführung open air vor dem Wormser Dom arbeitet der gebürtige Frankfurter mit erstrangigen Schauspielern aus Theater, Film und Fernsehen zusammen. Autor Moritz Rinke gewann gleich mit seinem zweiten Theaterstück "Der Mann, der noch keiner Frau Blösse entdeckte" 1997 den Literaturpreis des PEN-Clubs. "Die Nibelungen" faszinierten ihn schon seit dem elften Lebensjahr, aber erst das Wormser Projekt ermutigte den 33-Jährigen, "den Humor, den Zauber und das alte Wissen der Nibelungen" aus der "Gefangenschaft nationalsozialistischer, wagnerianischer und germanistischer Phrasen" zu befreien. Seine erste Hollywood-Premiere hatte Moritz Rinke im September 2001 anlässlich der amerikanischen Erstaufführung seines Stückes "Der Mann, der noch keiner Frau Blösse entdeckte" in Los Angeles. Moritz Rinke wurde 2001 zum Dramatiker des Jahres gewählt. Im Herbst erschien im Rowohlt Verlag sein neuestes Buch "Der Blauwal im Kirschgarten". 16 z.presse Juli 2002 "Es geht darum, zu provozieren" Mario Adorf zu den Nibelungen-Festspielen zu dem Wormser Projekt: "Jeder Ort kann Festspiele machen. Aber hier gibt es einen authentischen Spielort – den Wormser Dom und die legendäre Treppe, auf der sich der Streit zwischen Kriemhild und Brünhild abgespielt haben soll. Und es gibt eine ganz große europäische Geschichte." "Ich bin kein Wagnerianer und auch kein 'Jedermann'. Hier habe ich eine Möglichkeit gesehen, mit einem ebenso bedeutenden wie unterhaltsamen Stoff noch ein ganz anderes Festspielprojekt anzuzünden und voranzutreiben." "Dies soll kein Ritterspiel werden und kein Bad Segeberg. Die Chance für Worms liegt in der Herausforderung. Die Stadt kann dabei mithelfen, dass sie aus ihrer provinziellen Ruhe herauskommt. Das geht nicht mit Ritter- und Indianerspielen. Es geht auch darum, zu provozieren, das allgemeine Publikum ebenso wie die Wormser. Sonst wird alles nur nett und ist gleich vergessen." zu dem Nibelungen-Stück von Moritz Rinke: "Eine solche Provokation kann nicht mit Hebbel gelingen, sondern nur mit einem neuen Stück. Nicht dass wir hier Werkzerstörung betreiben. Die Nibelungen sind und waren immer ein grausames Stück, ein Lehrstück über Gewalt, in der Familie, in der Gesellschaft und in der Politik." "Was für ein Held ist Siegfried denn: ein schlichtes Gemüt, zu schlicht, um ängstlich zu sein. Furchtlosigkeit zeichnet ihn aus. Es fehlt ihm der Überlebensinstinkt, diese lebenserhaltende Eigenschaft. Er lässt sich benutzen und wird zum Mörder – da ist er doch nicht besser als jeder Selbstmordattentäter. Siegfried wäre ein wunderbarer Held für den Nahen Osten. Zumindest für die Palästinenser. Die Israelis würden ihm seinen Mangel an Intelligenz vorhalten." "Und natürlich sind die Nibelungen ein erotisches Stück. Auch da wäre es ganz falsch, die Gewalt aus der Liebe herauszuboxen. Gewalt ist auch ein gewaltiges Triebmoment. Sonst landen wir bei Händchenhalten und 'Hänschen klein'. Liebe ist keine Schnulze, sondern ein Gefühlskampf." 17 z.presse Juli 2002 "Unsere Frauen sind viel schöner" Dieter Wedel im Interview Herr Wedel, Blutrache und Vergeltung, Liebe, Leidenschaft und Verrat, starke Frauen und zweifelhafte Helden – niemand bezweifelt, dass die Nibelungen topaktuell sind. Oder haben Sie auch hoffnungslos veraltete Themen in dem legendären Epos entdeckt? Die Nibelungentreue kann heute doch niemand mehr nachvollziehen. Aber die war mir schon immer schwer glaubhaft. Auch Hebbel schildert ja, welche verheerenden Folgen es hat, wenn jemand einem Führer kritiklos folgt. Mich hat schon immer gewundert, dass die Nazis die Aufführung dieses Stückes überhaupt genehmigt haben. Seit ein paar Jahren fahren Sie regelmäßig nach Bayreuth. Was außer einer heftig abgespeckten Brünhild können Traditionalisten bei den Wormser Nibelungen entdecken? Unsere Frauen sind tatsächlich viel schöner als die meisten WagnerProtagonistinnen. Im Ernst: Die Nibelungen von Moritz Rinke zerschlagen ja nicht die Geschichte, insofern findet sich durchaus eine gewisse Werktreue. Kriemhild und Brünhild haben doch eigentlich schon immer wunderbar zusammen gepasst. Hagen hingegen ist nicht mehr der düstere Wüterich, sondern ein kalt kalkulierender Politiker, von einer Sorte, wie heute Berlusconi sie verkörpert. Ansonsten könnte den Bayreuth-Anhänger das völlig andere verlocken. Wo mein Kollege Jürgen Flimm sich kolossal anstrengen muss, um dem Libretto etwas Zeitgemäßes abzuringen, haben wir ein modernes Stück in moderner Sprache, das zwar nicht heute und auch nicht im Mittelalter, sondern zu allen Zeiten spielt. Als Fernsehregisseur erreichen Sie mit Ihrer Semmeling-Staffel sechs mal fünf Millionen Zuschauer. Was bedeutet Ihnen im Vergleich ein Theaterprojekt wie das in Worms? Ich kann hier mit einem Ensemble arbeiten, wie es auch am Staatstheater selten zusammen kommt. Außerdem haben die Wormser ein neues Stück in Auftrag gegeben, anstatt einfach den alten Hebbel wieder aufzuführen. Und wenn ich am 17. August auf die Zuschauertribüne schaue, sehe ich da Tausende von Menschen und wie sie reagieren. Das hab’ ich im Fernsehen nie. (Das Interview führte Bettina Musall) 18 z.presse Juli 2002 "Wo sind denn bitte die Helden?" Selbstgespräch des Dramatikers Moritz Rinke in "Literaturen" Rinke / Literaturen: Die Nibelungen komplett neu zu schreiben, das klingt ja ein bisschen größenwahnsinnig. Rinke / Dramatiker: So ein Auftrag "Schreiben Sie mal bitte die Nibelungen komplett neu!" hat auch etwas Gewalttätiges. Ich dachte, ich kann jetzt 100 Jahre nichts anderes mehr machen. Nur Nibelungen! (...) Ich glaube, wenn Sie an die Nibelungen gehen und alles vorher lesen, was darüber geschrieben wurde, dann haben Sie wirklich in 100 Jahren noch nicht die erste Szene. Ich habe also versucht, ganz konkret die Höhe inklusive der schwierigen Rezeption herabzusetzen und die Nibelungen wirklich ganz für mich selber zu entdecken, so als hätte ich das auf Pergament geschriebene Lied von 1200 irgendwo zufällig in einer Bibliothek gefunden. Oder eben wie in der Schule, wo ich von den Nibelungen hörte und sofort begeistert war. (...) Als ich damals von den Nibelungen hörte, interessierte mich die Story, nicht die dämliche rassistische und menschenverachtende Vereinnahmung. Rinke / Literaturen: Gut, aber kann man denn die Nibelungen heute neu schreiben und die nationalsozialistische Instrumentalisierung dabei ausklammern? Rinke / Dramatiker: Ja, man muss sich dessen nur bewusst sein. Wenn ich mich jetzt an das Stück gemacht hätte wie Heiner Müller oder wie viele Regisseure der Hebbelschen Fassung, also mit Versatzstücken von der Göring-Stalingrad-Rede bis zur schonungslosen Anklage aller germanischen Geheimbünde, dann hätten es doch die Nazis geschafft! Wieder wäre ein Stück nur ein Reflex gewesen; ich wäre auch instrumentalisiert worden. Ich finde es also viel radikaler, die Nazis links liegen zu lassen, und sie auch einfach mal zu korrigieren, weil sie schlecht gelesen haben. Ich würde sogar sagen: Je mehr man es national verwendet hat, umso dümmer muss man gelesen haben. Rinke / Literaturen: Sie kämpfen ja bei so einer Neufassung nicht nur gegen die Nazis, sondern auch gegen Wagner. Rinke / Dramatiker: Das Problem der Nibelungen ist, dass sie seit Ewigkeiten nicht mehr in Freiheit leben. Sie sind in der Gefangenschaft von Phrasen, erst die Nazi-Phrasen, dann die Wagner-Phrasen und übrigens auch Tausende von germanistischen Phrasen. Diese 19 z.presse Juli 2002 Phrasen liegen wie Grabplatten über den Figuren. Als ich hörte, ich soll die Nibelungen neu schreiben, habe ich mir dann vorgestellt, wie die seit Jahrzehnten unter diesen Grabplatten alleine spielen würden, wie sie bei aller Grausamkeit ihres Endes trotzdem den Humor, ja, ihren Humor und ihren Zauber dort ausspielen würden. Unter den Platten spielten die Nibelungen ein sehr beeindruckendes Theater, das ich nun aber gerne auch bei Tage sehen wollte. Dafür musste ich aber erst Hitler, Wagner und die halbe Germanistik von der Platte stoßen. (...) Leider spricht man heute eher vom "Ring", wenn es um die Nibelungen geht. Man kann eigentlich sagen: Durch Bayreuth sind die Nibelungen total verschütt gegangen. Und mein persönlicher Auftrag lautete: Okay, du bist jetzt also so eine Art Schliemann und nun grabe mal schön mit deinen Geräten Troja wieder aus. Rinke / Literaturen: Wenn man Ihre Nibelungen liest, fragt man sich, wie man überhaupt daraus eine Ideologie schmieden konnte? Rinke / Dramatiker: Ja, weil ich es natürlich im Original ganz anders gelesen habe. Ich habe einfach kein deutsches Heldentum gefunden. Rinke / Literaturen: Aber es gilt doch eben als Heldenepos? Rinke / Dramatiker: Ja, aber wo sind denn bitte die Helden? Rinke / Literaturen: Siegfried! Rinke / Dramatiker: Genau das überlasse ich den Lesern und Zuschauern, ob sie darin einen Helden sehen. Am Anfang vielleicht, da ist er toll, da gewinnt er wie Boris Becker Wimbledon mit 17 und ist plötzlich Kriemhilds und unsere Projektionsfläche. Vielleicht sehen so unsere modernen Helden aus: Sie werden mit einer Tat berühmt, und dann kommt nur noch Autismus. Vielleicht hätten sie das Zeug und die Kraft gehabt, nach ihrer berühmten Tat die Gesellschaft noch in einer anderen Weise zu bewegen, aber in dem Moment, wo sie merken, sie kommen in der Presse gut an, da reicht es schon, und sie werden bequem, wollen nur noch Parties feiern oder in Xanten Hirsche jagen. Wir stilisieren Menschen hoch, nur weil sie eine Filzkugel gut übers Netz kriegen oder effektiv ein Schwert bewegen können. Rinke / Literaturen: Sie schildern die Figuren allesamt viel zärtlicher, Brünhild und Kriemhild haben geradezu poetische Szenen... Rinke / Dramatiker: Ja, tolle Frauen am Anfang, oder? (...) Wenn man die beiden Frauen nicht auseinander dividiert hätte durch männliche 20 z.presse Juli 2002 Lügen, dann hätten sie den Laden geschmissen. Darum sage ich ja auch immer, die Frauen sollen die Theater übernehmen. Rinke / Literaturen: Wie aber sind Sie zu Ihrem auch teils zärtlichen Hagen gekommen? Rinke / Dramatiker: Warum soll der nicht auch zärtlich sein? Rinke / Literaturen: Haben Sie gewusst, dass Hagen von Mario Adorf gespielt werden würde? Rinke / Dramatiker: Ja. (...) Am Ende war für mich der Adorf als Hagen der richtige Typ, einerseits ist er der Schurke der Nation gewesen in den letzten dreißig Jahren Film; andererseits kann er wahnsinnig zart und dabei komisch sein. Rinke / Literaturen: Man meinte, die Nibelungen bräuchten die Stilisierung. Man müsse sie, um sie eindringlich zu machen, über die Köpfe der Vorübergehenden erheben. Rinke:/ Dramatiker: Nee, das mache ich anders. (...) Ich habe die Nibelungen auf den Asphalt gestellt. Bei allem anderen bekäme man ja eine Halsstarre. (Auszug aus dem Rinke-Selbstgespräch im Auftrag von Literaturen. Abdruck des vollständigen Interviews "Wo sind denn bitte die Helden?" in: Literaturen, 5/2002) Fotohinweis Fotos sind erhältlich über den ZDF-Bilderdienst, Telefon: 06131 – 706100, und über http://bereitstellung.zdf.de/versand/nibelungen ZDF Hauptabteilung Kommunikation / Pressestelle Verantwortlich: Philipp Baum Redaktion: Thomas Hagedorn Titelblattgestaltung: Olaf Repovs Mainz, Juli 2002 21