Vom Ideal zur Zahl Betriebswirtschaftliche Aspekte der

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Klaus Schellberg
Vom Ideal zur Zahl
Betriebswirtschaftliche Aspekte der Organisationen der
Sozialen Arbeit
Soziale Organisationen werden Unternehmen immer ähnlicher: Die Geschäftsführer/innen lesen Bilanzen, Vorstände befürchten die Überschuldung, Controller/-innen
basteln an Kennzahlen, Verwaltungsleiter/-innen verlangen Einsparungen,
Kostenträger/-innen drängen auf Kürzungen. Betriebswirtschaftliches Denken und
betriebswirtschaftliche Instrumente werden eingeführt und von Unternehmen anderer
Branchen übernommen. Angesichts dieser schnellen Verbreitung stellt sich die
Frage, ob das gängige Instrumentenrepertoire der Betriebswirtschaft für soziale
Organisationen geeignet ist.
Im folgenden Beitrag soll an einem Beispiel dargestellt werden, inwieweit
betriebswirtschaftliche Instrumentarien auf soziale Organisationen übertragbar sind
und welche Anpassungen vorzunehmen sind. Abschließend sollen dann
Überlegungen zu integrierten Steuerungssystemen in der Sozialwirtschaft abgeleitet
werden.
Die Überlebensfrage sozialer Organisationen - ein Beispiel
Sehen wir uns zunächst ein Beispiel an: Der Zukunft e.V. ist eine
Jugendhilfeeinrichtung, die neben ambulanten Hilfen eine Jugendwerkstatt betreibt
und über eine kleine Wohngruppe verfügt. Der Verein gehört einem kirchlichen
Wohlfahrtsverband an. Die Lage ist in einer mittleren Industriestadt mit einem hohen
Bedarf an Jugendhilfe. Kostenträger sind das Jugendamt, die Arbeitsagenturen (für
die Werkstatt) sowie aufgrund eines Modellprojekts im ambulanten Bereich das Land.
Die evangelische Kirche bezuschusst die Einrichtung regelmäßig aus einem
speziellen Spendenprogramm für die Jugendberufshilfe.
Die Einrichtung wird von einer Sozialarbeiterin geleitet. Die Arbeitsbereiche
„Werkstatt“, „ambulante Hilfen“ und „Wohngruppe“ werden von eigenen
Leitungskräften geleitet. Insgesamt arbeiten in der Einrichtung ca. 20 Mitarbeiter/innen sowie die geförderten Mitarbeiter/-innen im Werkstattbereich.
In den vergangenen Jahren arbeitete die Einrichtung regelmäßig kostendeckend.
Jetzt jedoch geben vier Entwicklungen Anlass zur Sorge: Zum einen läuft das
Modellprojekt des Landes aus, wodurch vier Stellen nicht mehr refinanziert sind. Für
die bisher von der Einrichtung kostenlos genutzten Gebäude werden in Zukunft vom
Eigentümer Kirche Mietzahlungen erwartet. Drittens werden die Arbeitsagenturen die
Kurse im Werkstattbereich neu ausschreiben und nicht zwingend an lokale
Einrichtungen vergeben. Letztlich hat das Jugendamt als zentraler
Sozialleistungsträger angekündigt, in den kommenden Jahren keinesfalls
Erhöhungen der Maßnahmekosten zuzulassen. Eher ist mit einer Kürzung der
Tagessätze bzw. Sätze der Fachleistungsstunden zu rechnen.
Mit dem Modellprojekt wurden bisher vier Stellen abgesichert, die in Zukunft
anderweitig finanziert werden müssen. Durch die Mieterhöhung entsteht eine
zusätzliche Kostenbelastung, die so in den Fachleistungsstunden, Zuschüssen,
Tagessätzen nicht einkalkuliert ist. Im Hinblick auf die Ausschreibungen der
Arbeitsagenturen muss nun das eigene Profil in Konkurrenz mit anderen Anbietern
dargestellt werden. Letztlich hat die Einrichtung schlichtweg Einsparungen bei
gleichen Leistungen vorzunehmen, um so der geringeren Zahlungsbereitschaft des
Sozialleistungsträgers entgegen zu kommen.
Insgesamt könnten die drei Entwicklungen interpretiert werden als „Ökonomisierung
sozialer Organisationen“ oder als Auswirkungen einer allgemeinen Finanzknappheit,
die zu einem Abbau von Sozialstaat führt. Bei genauerem Hinsehen sind hier jedoch
unterschiedliche Kräfte am Wirken:
a) Soziale Einrichtungen haben in der Vergangenheit manchmal nur
unzureichend finanziell geplant. Vielfältige verschiedene Zuschüsse oder die
kostenlose Bereitstellung von Ressourcen führte dazu, dass nicht ausreichend
Rückstellungen oder Abschreibungen gebildet wurden. Nur so ist erklärbar,
dass die geforderte Mietzahlung für das bisher kostenlos genutzte Gebäude
zu einem finanziellen Problem wird.
b) In anderen Fällen wurden soziale Einrichtungen aufgebaut, Mitarbeiter/-innen
langfristig für bestimmte Angebote und Dienste eingestellt und haben sich
damit langfristig an einzelne Arbeitsfelder gebunden, etwa wie in unserem
Beispiel beim Auslaufen des Modellprojekts. Auf Umstrukturierungen, etwa
aufgrund neuer politischer Prioritäten, sind die Einrichtungen oft nicht
vorbereitet.
c) Das Handeln unter Wettbewerbsbedingungen – der Sozialleistungsträger oder
gar der einzelne Leistungsempfänger wählt zwischen den Angeboten aus – ist
für viele soziale Organisationen ungewohnt. Angebote leben unter
Wettbewerbsbedingungen weniger aus dem Selbstbild (etwa dem Leitbild, der
pädagogischen Fachlichkeit oder einer politischen Akzeptanz), sondern aus
der Bereitschaft von Sozialleistungsträgern, hierfür zu zahlen.
d) Die Kürzung von Kostensätzen kann Ausdruck veränderter politischer
Präferenzen oder einer generellen Einnahmeschwäche der öffentlichen Hand
sein. Mit solchen Phasen ist angesichts wirtschaftlicher Schwankungen immer
wieder und angesichts der hohen Schuldenlast der öffentlichen Haushalte
wohl auch dauerhaft zu rechnen. Organisationen stehen daher vor der
Entscheidung, ob sie auf diesen wenig attraktiven Märkten überhaupt noch
tätig sein wollen.
Die für die soziale Organisation anstehende Bedrohung ist die finanzielle
Überlebensbedingung. Jede Organisation muss das finanzwirtschaftliche
Gleichgewicht beachten, d.h. der Zufluss an Finanzmitteln muss dem Abfluss an
Finanzmitteln entsprechen. Wird dies nicht erfüllt, ist keine Organisation – sei sie
gewinnorientiert oder nicht – überlebensfähig. Diese Nebenbedingung des sozialen
Handelns geriet in finanziell besseren Zeiten allzu leicht aus dem Blickfeld, sie war
jedoch stets existent.
Das Systemmodell einer sozialen Organisation
Eine soziale Organisation ist aus ökonomischer Sicht ein „Betrieb“, d.h. ein System
mit eigenen Zielen, eigener Systemsteuerung und abgegrenztem wirtschaftlichen
Bereich („Autonomie“ 1). Sie sind „Regelsysteme (Ordnungen) und
Handlungssysteme (Organisationen)“2. Sie produzieren Dienstleistungen nicht für
eigenen Bedarf, sondern für Dritte (Leistungsempfänger, den Staat) und erhalten
hierfür eine Vergütung. Der Betrieb ist auf Ressourcen angewiesen, die in den von
Geld geprägten Wirtschaften mit Geld bezahlt werden (natürlich ist auch
Naturaltausch oder zentrale Planzuweisung denkbar).
Die Betriebe sind von einem Leistungsprozess gekennzeichnet, in dem „Werte“
geschaffen werden, d.h. aus den Ressourcen, die von der Umwelt zur Verfügung
gestellt werden, werden Leistungen erzeugt, die der Umwelt Nutzen stiften.
Umwelt
Betrieb
Ressourcenausstattung
Vergütung
der Ressourcen
Leistungswirtschaftliche
Ebene
Wertschöpfung
Finanzwirtschaftliche
Ebene
finanzwirtschaftliches
Gleichgewicht
Umwelt
Leistungen
Vergütung
der Leistungen
Abb.: Systemmodell des Betriebs
Im Betrieb kann man unterscheiden zwischen der leistungswirtschaftlichen Ebene,
den Leistungen, die im Betrieb erbracht werden, und der finanzwirtschaftlichen
Ebene, in dem es um die Finanzmittel geht. In der sozialen Organisation heißt dies:
Zum Betrieb gehört die Soziale Arbeit als eigentlicher „wertschöpfender Prozess“ und
die finanziellen Aspekte, die überhaupt erst ermöglichen, dass Ressourcen
eingekauft werden können.
Beide Aspekte können nicht voneinander entkoppelt werden – weder im
gewinnorientierten noch im Non-Profit-Unternehmen: Ohne Leistungen keine
Vergütung der Leistungen und damit kein Gewinn oder ohne Vergütung keine
Ressourcen, mit denen die Leistung erstellt werden kann.
Auch hier findet sich wieder die Überlebensbedingung, das finanzwirtschaftliche
Gleichgewicht, das zum ersten Mal aufgetreten ist, an dem Ressourcen, Human
Ressourcen oder Sachmittel, bezahlt werden mussten. Kritisch wurde die
Überlebensbedingung, da soziale Organisationen sich auf ihre Leistungen eingestellt
haben und nun diese Leistungen entweder von der Umwelt nicht mehr ausreichend
nachgefragt werden oder nicht mehr entsprechend vergütet werden.
Der Umgang mit dieser Überlebensbedingung erfordert neue zwei neue
Steuerungsbereiche, nämlich
1
2
Wöhe, Günter, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, München 1993, S. 6
Schneider, Dieter, Stichwort Betriebswirtschaftslehre, in: Gabler Wirtschaftslexikon, S. 467 ff.
(1) die unternehmenspolitische Entscheidung, welche Ziele die Organisation
verfolgen will. Diese Entscheidung bedarf eben stärker der besonderen
Abstimmung zwischen den wirtschaftlichen Zielen und dem sozialen Auftrag;
(2) ein geeignetes Instrumentenset des Managements, das auch den Umgang mit
den wirtschaftlichen Fragestellungen erlaubt.
Unternehmenspolitische Entscheidungen
Am Anfang des betriebswirtschaftlichen Handelns steht stets die Frage nach den
grundsätzlichen Zielsetzungen einer Organisation: Welche grundlegenden Ziele
verfolgt eine Organisation? Mit welchen grundsätzlichen Mitteln sollen diese Ziele
erreicht werden?
Gewinnorientiert arbeitende Unternehmen haben auf den ersten Blick ein einfaches
Zielsystem: Das unternehmerische Handeln ist auf das Erwirtschaften von Gewinnen
gerichtet, dem sich alles andere unterordnet. Die Unternehmenspolitik scheint klar.
Auf den zweiten Blick wird jedoch auch dieses Zielsystem komplex: Gewinne
entstehen nur durch ausreichend Umsätze. Umsätze entstehen durch gute
Leistungen, für die der Kunde bereit ist zu zahlen, durch Effizienz und Qualität der
internen Prozesse, und durch die Weiterentwicklung der eigenen Organisation. Die
reine Gewinnerzielungsperspektive ist also ein unzureichendes Steuerungskriterium
für gewinnorientierte Unternehmen. In der heißen Phase des Shareholder Value
sorgte die kurzfristige Orientierung an Gewinnen regelmäßig für Unterinvestitionen in
Kunden/-innen- und Mitarbeiter/-innenzufriedenheit und in zukünftige Entwicklungen.
Eine solche Mehrdimensionalität der Ziele gilt umso mehr für soziale Organisationen.
Bei ihnen stehen meist nicht die Gewinnerwartungen, sondern der soziale Auftrag im
Mittelpunkt. Dieser kann jedoch nur mit den zur Verfügung stehenden Mitteln erfüllt
werden. Meist gibt auch der Träger eine Höchstgrenze für das Defizit vor, das er
bereit ist mit diesem Dienst zu tragen. In manchen Fällen haben sich Unternehmen
auch noch einen besonderen Anspruch an die Mitarbeiter/-innenführung – besondere
Fürsorgepflichten, die Idee der „Dienstgemeinschaft“ - gegeben. In anderen Fällen
wiederum findet man eine besondere gesellschaftliche Verantwortung.
Insgesamt bedarf es daher Instrumente, die diese mehrdimensionalen Ziele
analysieren und in Beziehung zueinander setzen können. Hierfür hat das
betriebswirtschaftliche Management insbesondere die Stakeholder-Analyse, die
Portfolio-Analyse und die Balanced Scorecard entwickelt.
Die Stakeholder Analyse
Bei der Stakeholder Aanlyse werden die Interessen und Einflusspotenziale der
verschiedenen Interessentengruppen („Stakeholder“) einer Organisation analysiert.
Ein Stakeholder ist dabei gekennzeichnet von
- Ansprüchen in Form von Nutzenvorstellungen; und
- Machtkompetenz (Machtexistenz und Wille zur Machtausübung)3.
Der Stakeholder kann durch seine Macht Einfluss auf die Organisation nehmen und
sie in seiner Existenz bedrohen. Er ist andererseits derjenige, der auch Erwartungen
an die Organisation hat und an seiner Existenz Interesse hat.
Stakeholder sind z.B.
3
Tiebel, Christoph, Strategisches Controlling in Non Profit Organisationen, München 1998, S. 88
- Öffentliche Zuschussgeber, die bestimmte politische Ziele verwirklicht sehen
wollen
- Private Spender, die konkrete soziale Hilfe leisten wollen
- Leistungsempfänger, die konkrete Dienstleistungen erwarten
- Träger der Einrichtungen, die bestimmte soziale Ziele verwirklichen wollen
- Aufsichtsbehörden, die gesetzliche Standards verwirklicht sehen wollen
- (Ehrenamtliche) Gremien, die persönliche oder soziale Motive der
Gremienmitglieder verfolgen.
Für jeden Stakeholder stellt sich die Frage, welche Nutzenerwartung er hat, welche
Machtkompetenz und welchen Willen zur Durchsetzung seiner Macht. Insbesondere
die Frage nach der Machtkompetenz ist entscheidend: Ein Stakeholder ohne Macht
bleibt ein „zahnloser Tiger“. So hat der Leistungsempfänger nur dann wirklich
Einfluss, wenn er sich gegen die Einrichtung entscheiden kann und die geringe
Inanspruchnahme der Einrichtung auch Konsequenzen hat.
Angewendet auf unser Eingangsbeispiel wird die Jugendhilfeeinrichtung „Zukunft
e.V.“ etwa folgende Stakeholder Analyse vornehmen:
Wer hat
Ansprüche an die
Arbeit der
Organisation?
Welche
Nutzenerwartungen
haben
Anspruchsgruppen?
Welche
Machtkompetenz
haben
Anspruchsgruppen?
Welchen Willen zur
Machtdurchsetzung haben die
Anspruchsgruppen?
Jugendliche
Auskommen mit
Familie,
Schulfortschritt,
Freunde
Einfluss über
Äußerung der
Wünsche bei
Hilfeplanung. Eher
gering.
Gering, da
Gestaltungsmöglichkeit oft
noch nicht erkannt wird
Familien
Entwicklung des
Kindes, Vorbereitung
auf Schule,
Unterbringung,
Beibehalten
Kindergeld, keine
Eigenbeiträge,
Verwirklichung
eigener
Freizeitinteressen
Einfluss über
Äußerung der
Wünsche bei
Hilfeplanung sowie
bei Kooperation mit
ambulanten Hilfen.
Mittel
Bei ambulanten Hilfen hoch,
da Eingriff in den häuslichen
Bereich. Bei stationären Hilfen
eher gering.
Kommune
Erfüllung der
Jugendhilfeleistung
Hoch über Zuschüsse Hoch, da kostenträchtige
und Leistungsentgelt, Pflichtaufgabe
niedrig in
pädagogischem
Konzept Arbeit
Vermeiden künftiger
Probleme (Deliquenz,
Sozialhilfebezug)
Träger der
Einrichtung
(Kirche)
Erfüllung des eigenen
humanitären
Auftrages,
Missionsauftrag
(Kirchen),
„Aushängeschild“ und
Profilierungsmöglichke
it in der Kommune,
niedriger
Zuschussbedarf
Hoch durch
institutionalisierte,
organisatorische
Einflussnahme
Gering, da
Jugendhilfeeinrichtungen im
Vergleich zu „echten“
kirchlichen Einrichtungen nur
wenig wahrgenommen wird
Abb.: Stakeholder-Analyse am Beispiel eines Kindergartens
Die beispielhaften Ergebnisse erlauben nun präziser ein Zielsystem zu entwickeln.
Man wird sich demnach stark an den Erwartungen der Kommune orientieren, da die
übrigen Anspruchsgruppen zwar schon Erwartungen formulieren, jedoch nicht den
Willen zur Machtausübung haben.
Die Grenze des Stakeholder Ansatzes ist damit ebenfalls beschrieben: Er basiert
darauf, dass die Stakeholder „bedient“ werden, die ihre Erwartungen äußern, Macht
haben und diese durchsetzen wollen. Die übrigen Interessengruppen werden
vernachlässigt – Anspruchsgruppen ohne Macht werden nicht bedient. Der Ansatz ist
somit ein Ansatz, der zwar zutiefst pluralistisch ist, jedoch im Hinblick auf Fachlichkeit
oder eine transzendent bestimmte Ethik problematisch sein kann. Andererseits
verhindert die Stakeholder Analyse eben auch, dass Eigeninteressen der
Organisation oder ihrer Mitarbeiter/-innen unantastbar werden.
Portfolio Analyse
In Portfolio-Analysen werden die einzelnen Leistungen (Leistungsgruppen,
Geschäftsfelder) eines Unternehmens dargestellt. Die Portfolioanalyse ist in der
Regel eine zweidimensionale Darstellung, bei der verschiedene Einflussfaktoren
angetragen werden. Bei der klassischen Portfolio-Analyse werden die
Geschäftsfelder in einer Matrix dargestellt, bei der an einer Koordinate der
Marktanteil, an der anderen das Marktwachstum angetragen wird. In dieses Portfolio
werden dann die einzelnen Geschäftsfelder angezeichnet. Aus der Positionierung
der Geschäftsfelder würden dann Norm-Strategien abgeleitet.
Für den nicht gewinnorientiert arbeitenden sozialen Dienstleister stellt sich jedoch
weniger die Frage nach der strategischen Positionierung im Wettbewerb, sondern
eher nach dem Verhältnis von „sozialem Auftrag“ und Refinanzierbarkeit der sozialen
Leistung. So könnte ein angepasstes Portfolio für einen sozialen Dienstleister
beispielsweise wie folgt aussehen:
Sozialer
Auftrag
hoch
„Nirwana„Prüfsteine“
-> Engagieren, Geschäftsfelder“
-> Engagieren
quersubErträge
ventionieren
abschöpfen
„Kröpfe“
-> Aussondern
niedrig
niedrig
„Cash Cows“
-> Beibehalten,
Erträge
abschöpfen
hoch
Refinanzierbarkeit
Abb.: Portfolio eines nicht gewinnorientierten sozialen Dienstleisters
Demnach wären die Kategorien „sozialer Auftrag“ und „Refinanzierbarkeit“ die zwei
Charakteristika des Geschäftsfelds eines sozialen Dienstleisters. Geschäftsfelder mit
hoher Kostendeckung, gleichzeitig hohem ethischen Auftrag sind Idealsituationen.
Geschäftsfelder mit niedrigem sozialem Auftrag, jedoch hohem Kostendeckungsgrad
sind die Bereiche, die sich ein Sozialunternehmen aufbauen sollte, um Überschüsse
für andere zu erwirtschaften (eine „Cash-Kuh“, die man „melken“ kann). Bereiche mit
niedriger Kostendeckung und niedrigem sozialen Auftrag sollte ein
Sozialunternehmen gar nicht erst beginnen und – falls sie schon existieren –
aussortieren. Letztlich gibt es die Felder, in denen die Kostendeckung niedrig, der
ethische Auftrag aber hoch ist. Hier ist das Unternehmen wirklich „Non-ProfitUnternehmen“; dies sind die Prüfsteine, an denen man sehen kann, ob es mit der
Wahrnehmung des sozialen Auftrags auch bei schlechten finanziellen Bedingungen
besonders ernst ist.
In unserem Beispiel könnte sich z.B. der Träger von Zukunft e.V. sehr wohl
überlegen, ob der Betrieb von Jugendhilfeeinrichtungen angesichts schwieriger
Finanzierungsbedingungen eine kirchliche Aufgabe ist, man also dies als Prüfstein
nimmt – oder nicht eher andere Aufgabenfelder vorrangig abdecken will. Auf Ebene
von Zukunft e.V. könnte die Portfolio-Analyse Antworten auf die Frage geben, ob die
einzelnen Arbeitsbereiche zueinander richtig gewichtet sind.
Der große Vorteil einer Portfolio-Analyse ist die Zusammenschau von verschiedenen
Arbeitsbereichen und die Möglichkeit, mehrere Zieldimensionen zu kombinieren
(wobei es bei mehr als drei Dimensionen auch wieder schwierig wird). Die
Einfachheit und Klarheit der Portfolio-Analyse verleitet dazu, auch die Normstrategien
ungefragt zu übernehmen und nicht konkrete Alternativen zu überlegen.
Die Balanced Scorecard
Die Balanced Scorecard wurde als Antwort auf Controllingansätze, die rein mit
finanzwirtschaftlichen Kennziffern steuern, gebildet. Die Balanced Scorecard, die
„ausbalancierte Kennzahlenkarte“, bildet mehrdimensionale Zielsysteme in
verschiedenen Kategorien ab und will sie miteinander in Beziehung setzen, sie
„ausbalancieren“ 4.
Die Kernmerkmale der Balanced Scorecard sind:
- Die Strategie („Vision“, „Mission“) eines Unternehmens wird in Zielperspektiven
übersetzt;
- Die Zielperspektiven werden in ein „ausbalanciertes“ System eingebracht, das ein
mehrdimensionales Management-Informationssystem ermöglicht;
- Die Steuerungsgrößen werden als „Leistungstreiber“ verstanden – sie sind also
die für den Erfolg des Unternehmens bestimmenden Größen (analog den
Kostentreibern)
- Die einzelnen Perspektiven werden messbar gemacht –
finanzwirtschaftlichen Kennziffern, jedoch mit klaren Kenngrößen;
nicht
mit
- Für jede Zielperspektive werden Ziele, Kenngrößen, Vorgaben und Maßnahmen
formuliert;
4
entwickelt wurde die Balanced Scorecard von Kaplan, R.S./Norton, D.P.: Balanced Scorecard, Stuttgart 1997
- Die Zielperspektiven werden miteinander verknüpft und diese Beziehungen
beschrieben.
Die klassische Balanced Scorecard formuliert die vier Zielperspektiven
„Finanzwirtschaftliche
Perspektive“,
„Kundenperspektive“,
„Interne
Geschäftsprozessperspektive“ und „Lern- und Entwicklungsperspektive“.
h me n
Maßna
zahle
n
Vo rg
Ziele
Kenn
„Wie sollen wir
gegenüber Teilhabern auftreten,
um finanziellen
Erfolg zu haben?“
aben
Finanziell
h me n
Maßna
ahlen
Vo rg
„In welchen Geschäftsprozessen müssen
wir die besten sein,
um unsere Teilhaber
und Kunden zu befriedigen?“
Ziele
Vision
und
Strategie
aben
Interne Geschäftsprozesse
Kennz
h me n
Maßna
zahle
n
Vo rg
Ziele
Kenn
„Wie sollen wir gegenüber unseren Kunden
auftreten, um unsere
Vision zu verwirklichen?“
aben
Kunde
h m en
Maßna
aben
Vo rg
Ziele
Kenn
„Wie können wir
unsere Veränderungsund Wachstumspotentiale fördern, um
unsere Vision zu
verwirklichen?“
zahle
n
Lernen und Entwicklung
Abb.: Balanced Scorecard nach Kaplan/Norton5
In der finanzwirtschaftlichen Perspektive werden auf der Grundlage des traditionellen
Rechnungswesens die finanzwirtschaftlichen Erfolgsindikatoren zusammengefasst.
Dazu gehören Kennzahlen zu Rentabilität, Eigenkapitalrendite, Cash Flow etc.
Die Kundenperspektive betrachtet das Unternehmen aus der Sicht des/ der
Kunden/-in. Hier stehen Kennzahlen zu Kundenzufriedenheit, Marktanteilen,
Wiederkäufe, Wartezeiten etc. im Mittelpunkt.
Aus dem Blickwinkel der internen Prozesse werden die Kernprozesse analysiert, die
den größten Einfluss auf die Unternehmensziele haben. Hierzu können z.B. die
Durchlauf- und Bearbeitungszeiten, die Mitarbeiterzufriedenheit und die
Prozesskosten gehören.
Die Innovations- und Lernperspektive sucht nach den Schlüsselgrößen für den
zukünftigen Geschäftserfolg, um ihre Entwicklung und Verbesserung nachhaltig zu
fördern und zu entwickeln. Typische Indikatoren sind z.B. die vorhandenen
Qualifikationen der Mitarbeiter/-innen, die Fortbildungsbereitschaft, die Zahl der
Innovationen im Unternehmen.
5
Quelle: Robert S. Kaplan und David P. Norton, „Using the Balanced Scorecard as a Strategic Management System“,
Harvard Business Review (January-February 1996), S. 76.
Grundsätzlich sollte eine Balanced Scorecard stets individuell auf ein Unternehmen
abgestimmt werden; die Kategorien also unternehmensindividuell formuliert werden.
Für Sozialunternehmen haben sich Balanced-Scorecards als praktikabel erwiesen,
die folgende Struktur aufweisen:
Balanced-Scorecards für Sozialunternehmen
1. Die
Finanzperspektive
wird
sowohl
Finanzierungsfragen
(durch
Sozialleistungsträger, Spender) als auch die Rentabilitätsfragen (Interessen des
Eigentümers, Trägers) einbeziehen.
2. Die Kundenperspektive bezieht in der Regel die Fachlichkeit der Leistung mit ein.
Häufig wird die Kundenperspektive jedoch auch geteilt werden, etwa in eine
Kundengruppe „Klient, Patient“, eine Kundengruppe „Sozialleistungsträger“, eine
Kundengruppe „Angehörige“.
3. Die interne Prozessperspektive wird sehr stark auf die interne Organisation
eingehen, z.B. auch die Verfügbarkeit von Ressourcen u.a. Sie nimmt generell die
Hintergrundaktivitäten auf, die nicht direkt am Kunden stattfinden.
4. Die vierte Perspektive wird häufig sinnvoll als „Mitarbeiter und Entwicklung“
bezeichnet, um die für Dienstleistungen spezifische Bedeutung der Mitarbeiter als
Leistungs- und Know-How-Träger herauszustellen.
5. Letztlich kann es für einzelne Sozialunternehmen sinnvoll sein, eigene,
zusätzliche Perspektiven zu entwickeln. So könnten z.B. „Werte und Leitbild“ eine
eigene Perspektive bilden (sofern sie nicht als Querschnitt in alle anderen
Perspektiven einfließen).
Die Kategorien werden anschließend mit Kennziffern („Leistungstreiber“) gefüllt und
hierfür Zielwerte und Verantwortliche benannt. Entscheidend für die Praktikabilität der
Balanced Scorecard ist allerdings, dass die Beziehungen von Kategorien und
Kennziffern untereinander definiert werden. Begünstigen sich Ziele untereinander
oder schließen sie sich aus? Wie werden Prioritäten gesetzt? Ist das Zielsystem
insgesamt stimmig?
Die entscheidenden Wirkungen der Balanced Scorecard in Sozialunternehmen sind
- Die Schaffung eines in sich konsistenten und kohärenten Zielsystems;
- Erzeugen eines Kommunikations- und Abstimmungsprozess über Ziele:
- Zielorientierung durch Festlegung messbarer Größen;
- Ausrichtung des Managements an das Zielsystem; Umsetzung in
Einzelmaßnahmen (z.B. Personalgespräche entlang der BSC, Herunterbrechen
von Abteilungszielen anhand der BSC)
- Möglichkeit der Schaffung von Management-Informationssystemen.
Betriebswirtschaftliche Instrumente
Nun gilt es zu überlegen, welche Ansatzpunkte betriebswirtschaftliche Instrumente in
sozialen Organisationen finden. Hierzu wollen wir zunächst einmal eine
Klassifizierung versuchen.
Kehren wir noch mal zu unserem Beispiel zurück: Ein erstes Problem war die
unzureichende finanzielle Planung, z.B. die fehlende Bildung von Rückstellung, die
fehlende Planung für das Auslaufen von Zuschüssen. Hier setzt die erste Gruppe
von betriebswirtschaftlichen Instrumenten an. Diese Gruppe hat unmittelbar mit der
Frage der Finanzierung oder der Liquidität zu tun. Dazu gehört z.B. die Einführung
einer Finanz- und Liquiditätsplanung, Vergütungsverhandlungen, der Umgang mit
Banken, die Einführung des kaufmännischen Rechnungswesens.
Ein zweites Problem war das „Verkaufen von Leistungen“ unter
Wettbewerbsbedingungen oder die geringere Zahlungsbereitschaft der Kostenträger.
Hier setzt eine zweite Gruppe von Instrumenten an. Sie setzen an der Steuerung und
Verknüpfung von leistungs- und finanzwirtschaftlicher Seite an. Dazu gehören z.B.
Controlling oder Marketing. Woran erkennt die soziale Organisation z.B. frühzeitig,
dass bestimmte Leistungen nicht mehr nachgefragt oder zu teuer „produziert“
werden?
Ein drittes Problem war die Ausrichtung der Einrichtung auf bestimmte Angebote,
Leistungen und womöglich Arbeitsformen. Mitarbeiter/-innen haben ihre
Arbeitsformen nicht angepasst, um z.B. andere Modellprojekte zu ermöglichen. Diese
dritte Gruppe von Instrumenten setzt am leistungswirtschaftlichen Aspekt, dem
sozialarbeiterischen Aspekt an. Bei dieser Gruppe geht es um die Frage der
Steuerung der sozialen Arbeit auch unter dem Aspekt der finanziellen
Überlebensbedingung.
Öffnen wir die „Black Box“ unseres Systems Betrieb finden wir folgendes Bild:
Vorbereitende
Prozesse
Ressourcenausstattung
Aufnahme
Hilfeplanung
Einsatzplanung
Fallbesprechung
Sozialarbeiterischer
Kernprozess
Nachbereitende
Prozesse
Beratung
Gruppenarbeit
Kurs …
Dokumentation
Entlassung
Abrechnung
Leistungsabgabe an
Umwelt
Organisatorische Unterstützungsprozesse
Infrastrukturmanagement, Organisation
Personalmangement
Finanzmanagement
Vergütung
der Ressourcen
Führungsprozesse
Unternehmensführung, Personalführung
Arbeits-, Dienst-, Einsatzplanung
Controlling
Marketing
Vergütung
der Leistungen
Betrieb
Abb.: Aufgabengruppen in sozialen Organisationen.
Die Gruppe der rein finanzwirtschaftlich ausgerichteten Instrumente bezieht sich in
erster Linie auf organisatorische Unterstützungsprozesse, etwa das
Finanzmanagement oder die Buchhaltung.
Die Gruppe der leistungs- und finanzwirtschaftliche Fragen verknüpfende
Instrumente fließen in die Unternehmensführung ein. Die dritte Gruppe setzt dagegen
an den sozialarbeiterischen Prozessen an.
Im nun folgenden sollen kurz einzelne, keineswegs Vollständigkeit beanspruchende
Beispiele für Instrumente der jeweiligen Gruppen angeführt werden.
Finanzwirtschaftliche Instrumente – Das Rechnungswesen
Das Rechnungswesen ist die zentrale Informationsbasis der Betriebswirtschaft. In
ihm bilden sich alle finanziellen Vorgänge ab. Es soll über die „Lage des
Unternehmens“6 informieren. Das Rechnungswesen kann in folgende Stufen
unterschieden werden:
(1) Ausgangspunkt der systematischen Erfassung ist die Buchhaltung. Die
Buchhaltung erfasst die Vorgänge des realen Geschäftsbetriebs systematisch,
allerdings in monetären Größen und insoweit sie für die Buchhaltung relevant
sind. So wird z.B. von der Buchhaltung nicht der tägliche Personaleinsatz erfasst,
jedoch die monatliche Personalabrechnung und natürlich die Abrechnung der
Leistungen. Die Buchhaltung als erste systematische Erfassungsquelle ist für die
Genauigkeit der späteren Auswertungen von hoher Bedeutung. Zentrales
Hilfsmittel hierfür ist der Kontenplan, in dem die einzelnen Konten
(„Haushaltsstellen“, Rechnungsbereiche, Untergliederungen) verzeichnet sind.
(2) Im zweiten Schritt werden die Daten der Buchhaltung zu einem jährlichen
Rechnungsabschluss (Jahresabschluss) verdichtet. Bei kaufmännischen
Unternehmen sind dies die Bilanz, die Gewinn- und Verlustrechnung sowie der
Lagebericht. Vereine unterliegen gesetzlich einer vereinfachten
Buchführungspflicht. Öffentliche Einrichtungen wenden bislang die öffentliche
Buchhaltung, die „Kameralistik“ an. Kommunen führen derzeit ein stark an das
kaufmännische Rechnungswesen angelehnte neues kommunales
Haushaltswesen ein. In manchen Fällen werden hieraus auch die Grundlagen für
Vergütungsverhandlungen abgeleitet.
(3) Aus den Buchhaltungsdaten werden im dritten Schritt Informationen für das
Management abgeleitet. Dies geschieht im Rahmen der Kostenrechnung
(manchmal wird Controlling mit Kostenrechnung verwechselt). Hier sollen die
Daten als Informationsgrundlage für Managemententscheidungen aufbereitet
werden.
An unserem Beispiel des Zukunft e.V. lassen sich die Veränderungen in der Arbeit
einer sozialen Organisation infolge des Rechnungswesens darstellen:
- Die Buchhaltung wird genauer und umfassender; es werden Kostenarten genauer
erfasst oder die Kosten einzelnen Kostenstellen genauer zugerechnet. Hierdurch
soll z.B. dokumentiert werden können, welchen Finanzbedarf das Projekt hat und
welchen Finanzbedarf andere Arbeitsbereiche
- In der Buchhaltung werden künftig Kosten dann erfasst, wenn der
Ressourcenverbrauch stattgefunden hat, nicht zum Zeitpunkt der Anschaffung. Es
werden dann z.B. neue PCs leichter kalkulierbar: Wie viel wird investiert, wie viel
entstehen dadurch Be- oder Entlastungen für die Nutzungsdauer?
- Es wird möglich, Kostendaten täglich abzurufen und praktisch täglich
festzustellen, welche Erträge und Kosten einzelne Arbeitsbereiche hatten.
6
§ 238 HGB
- An kaufmännischen Jahresabschlüssen orientieren sich zunehmend Träger und
Banken. Die Beschäftigung mit Jahresabschlüssen nimmt daher immer mehr
Raum ein.
Kennziffern als Controllinginstrument
Das Denkschema des Controlling kann mit dem Regelkreis-Modell beschrieben
werden. Das Management hat die Aufgabe, die Unternehmensprozesse zu steuern.
Hierzu bedarf es regelmäßiger Informationen über die Ergebnisse, die Prozesse und
die Inputs. Entsprechend dieser Informationen trifft das Management seine
Entscheidungen.
Die Aufgabe des Controlling ist es,
(1) Ziele eindeutig und messbar zu formulieren,
(2) Unterstützung bei der Planung und Auswahl der Handlungsalternativen zu
geben,
(3) die laufende Informationsversorgung über mögliche Abweichungen von
Planungen sicherzustellen und
(4) sicherzustellen, dass bei Abweichungen gegensteuernde Maßnahmen
ergriffen werden. Aufgabe des Controlling ist nicht, Ziele vorzugeben, zu
planen, zu entscheiden oder Maßnahmen zu ergreifen; dies bleibt Aufgabe
der Fachverantwortlichen. Controlling versteht seine Funktion in der
Bereitstellung eines methodischen Werkzeugs und der erforderlichen
Informationen.
Insgesamt geht Controlling über die reine Informationsversorgung hinaus. In vielen
Unternehmen liegen die Kernprobleme weniger in der „Versorgung“ mit
Informationen, sondern in der zu großen, unkoordinierten Verfügbarkeit und in der
fehlenden Verwendung. Das Controlling sieht dann seine Aufgabe in der
Informationsverdichtung und der Koordination der Planungs-, Informations- und
Entscheidungssysteme.
Für das Controlling von Sozialunternehmen entscheidend ist die Schaffung von
integrierten Steuerungssystemen, die sowohl eine fachliche als auch
betriebswirtschaftliche Steuerung ermöglichen. Controlling findet zwar schnell einen
Ansatzpunkt im betriebswirtschaftlichen Bereich – dies ist ja seine Domäne – aber es
würde dann seiner Planungs- und Koordinationsfunktion nicht gerecht werden.
Einer der Ansatzpunkte ist die Schaffung von Kennzahlensystemen, die sowohl
finanz- als auch leistungswirtschaftliche Daten kombinieren. Kennzahlen setzen
betriebliche Größen – nicht nur ökonomische Größen – in ein sinnvolles Verhältnis
zueinander. Kennzahlensysteme können sich auf verschiedene betriebliche
Funktionen beziehen, so z.B.
- Rentabilitätskennzahlen
- Kostenkennzahlen
- Personalkennzahlen
- Zufriedenheitskennzahlen
- Leistungskennzahlen
- Wirkungs-, Outcome-Kennzahlen.
Der Vorteil von Kennzahlen besteht stets darin, dass Ziele eindeutig festgelegt
werden und damit überprüfbar werden. Die in Sozialunternehmen häufig
anzutreffende „Sowohl-als-auch-Mentalität“ (Wir erfüllen unseren sozialen Auftrag
wirtschaftlich unter Berücksichtigung der Mitarbeiter/-inneninteressen) wird zu
größerer Schärfe, Klarheit und Transparenz der Ziele (Wirtschaftlichkeit heißt
Kostendeckung, sozialer Auftrag heißt ein bestimmter Leistungsumfang) gezwungen.
Erst hierdurch kann das Management überhaupt erst Steuerungssignale bekommen
und verarbeiten.
Kennzahlen ermöglichen – bei geeigneter Beschaffenheit – auch den Aufbau von
Frühwarnsystemen (wenn sie wirklich frühzeitig warnen und auch früh verfügbar
sind) und den Vergleich mit früheren Perioden oder anderen Unternehmen
(Benchmarking). Kennzahlen verdichten und reduzieren die System- und
Umweltkomplexität und ermöglichen so erst Orientierung. In diesem Vorteil setzt die
zentrale Kritik an Kennzahlen an: Sie sind eben eine Reduktion und Vereinfachung
und implizieren häufig vereinfachte lineare Zusammenhänge. Kennzahlen wollen
aber auch nicht mehr sein: Sie wollen schnell und klar Orientierung ermöglichen und
Anhaltspunkte für weitergehende – auch systemische – Analysen sein.
Hierin bestehen nun aber auch die Schwierigkeit oder die Grenzen von Kennzahlen.
So stellen sich Fragen wie
- Messen die Kennzahlen das Richtige, treffen sie tatsächlich eine Aussage über
die Realität?
- Insbesondere bei Wirkungs- oder Outcome-Kennzahlen ist die spannende Frage,
ob es überhaupt allgemein gültige Kennzahlen gibt.
- Messen die Kennzahlen richtig oder werden Zahlen falsch erhoben?
- Sind die Informationen überhaupt steuerungsrelevant; kann man überhaupt
anhand der Daten Managemententscheidungen treffen?
- Hat die Messung von Kennzahlen Rückwirkungen auf das Verhalten von
Mitarbeiter/-innen? (Beobachtungs-, Erhebungseffekte).
Dienstleistungsproduktion
In die dritte Gruppe fallen Managementinstrumente, die sich auf den
sozialarbeiterischen Prozess beziehen – nicht auf die Organisation oder die
Verknüpfung mit finanzwirtschaftlichen Zielen. Hier findet sich die derzeit größte
Diskrepanz zwischen Sozialer Arbeit und betriebswirtschaftlichem Instrumentarium.
Zum einen sieht die Soziale Arbeit einen Zugriff auf ihre Prozesse als
„Fremdbestimmung“, „Abkehr von Fachlichkeit“ und lässt diese Zugriffe aus anderen
als sozialarbeiterischen Erwägungen nicht zu. Weiterhin bedarf es auch tatsächlich
besonders scharfer und ausgefeilter Instrumente, um die individuelle Arbeit mit dem
Menschen erfassbar oder für das Management steuerbar zu machen. Und drittens,
und dies mag der gewichtigste Grund sein, die Betriebswirtschaft hat diese
Instrumentarien schlichtweg nicht.
Die Folge ist, dass Sozialarbeiter/-innen ihre Prozesse möglichst lange unabhängig
steuern, bis ein finanzielles Diktat zu Veränderungen zwingt. Das Gefühl der
„Fremdsteuerung“ ist so auch nicht unbegründet. Der Druck auf ein Überdenken von
sozialarbeiterischen Prozessen unter Managementaspekten wird auch nicht
nachlassen, solange das finanzwirtschaftliche Gleichgewicht überlebenskritisch ist.
Entwicklung sozialarbeiterischer Managementinstrumente
Um sozialen Organisationen ihren Charakter zu erhalten, bedarf es daher der
Entwicklung von Managementinstrumenten zur Steuerung dieser sozialarbeiterischen
Kernprozesse. Welche Arbeitsorganisation ist sinnvoll? Welche Prozessschritte sind
Engpässe? Welche Standardisierung ist möglich? Welche informationstechnische
Unterstützung ist sinnvoll? Welche Kompetenzen, welcher Personalbedarf ist
notwendig? Die Antworten auf diese Fragen benötigt das Management und wird
Antworten finden müssen. Dem besonderen Charakter sozialer Organisationen
einträglicher wäre, die Antworten fänden Sozialarbeiter/-innen.
Andererseits können andere, betriebswirtschaftliche Managementinstrumente auch
vorurteils- und vielleicht angstfreier eingesetzt werden. Sie müssen nicht für die
soziale Organisation neu erfunden werden, nur an die jeweiligen Spezifika angepasst
werden. Dies wiederum ist die bislang vernachlässigte Entwicklungsaufgabe der
Betriebswirtschaft als Wissenschaft, der Berater/-innen und der
Managementpraktiker/-innen in sozialen Organisationen.
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