Ein weiterer Nachteil von Randschnitten ist, daß sie die Tumorarchitektur nicht widergeben. Die Zuverlässigkeit der histopathologischen Beurteilung wird dadurch eingeschränkt. So kann es äußerst schwierig sein, kleine Ausläufer eines Basalzellkarzinoms von anderen basaloiden Zellverbänden zu unterscheiden, zum Beispiel von normalen Haarkeimen im frühen Anagenstadium, von Anschnitten undifferenzierten Talgdrüsenepithels (sog. „Mantelzellen“) oder von gutartigen follikulären Tumoren mit germinativer Differenzierung. Kann man den gesamten Querschnitt eines Tumors beurteilen, ist die korrekte Einordnung solcher Strukturen aufgrund der topographischen Beziehungen sehr viel leichter. Die Beurteilung der gesamten Tumorarchitektur, die durch Querschnitte gewährleistet wird, erleichtert auch das Feststellen von Artefakten. Zum Beispiel geschieht es bei Basalzellkarzinomen nicht selten, daß sich Tumorverbände während der Verarbeitung des Präparates aus dem Gewebeverband lösen und plötzlich an anderer Stelle nachweisbar sind. In Randschnitten, die nur winzige Tumoranteile erfassen, sind solche Artefakte kaum erkennbar. 14 des Gewebes von der falschen Seite wird dann möglicherweise eine Randbildung vorgetäuscht, wo keine ist. Ein weiterer wichtiger Nachteil der Anfertigung von Randschnitten zu allen Seiten ergibt sich bei sehr kleinen Exzidaten: durch die Randschnitte bleibt bei ihnen vom Tumor kaum etwas übrig. Dies verschlechtert nicht nur die histopathologische Beurteilbarkeit, sondern stellt auch eine zusätzliche labortechnische Fehlerquelle dar, denn kleine, kantige Gewebefragmente sind viel schwerer zu verarbeiten als große, flache Scheiben. Aus diesem Grunde kommt es am Mikrotom häufiger zu Schräganschnitten, in denen wichtige Strukturen nicht erfaßt sind. Zudem werden kleine Gewebestükke häufiger mit der Pinzette gequetscht oder nicht richtig gefaßt, so daß sie herunterfallen und so zu liegen kommen, daß man Ober- und Unter-, Außen- und Innenseite nicht mehr zuverlässig unterscheiden kann. Durch Anschnitt Wie kommt es angesichts all dieser Nachteile, daß die Anfertigung von Randschnitten zu allen Seiten und zur Tiefe als die beste und sicherste aller Methoden der histopathologischen Schnittrandkontrolle gepriesen wird? Dafür für gibt es fünf Gründe. Der erste ist, daß die Daten zur Mohs-Chirurgie und „3-D-Histologie“ vielfach aus Studien hervorgingen, deren spätere Publikation von vorneherein vorgesehen war, während andere Formen der Schnittrandkontrolle retrospektiv an Routinefällen überprüft wurden. Im Rahmen von Studien wird in der Regel sorgfältiger gearbeitet, als dies im klinischen Alltag der Fall ist. Der zweite Grund ist, daß die Autoren der Studien die Operationen häufig selbst durchführen, und da sie naturgemäß ein Interesse an einer guten Statistik haben, werden sie im Zweifelsfall ein wenig großzügiger exzidieren als ein Kollege, der seine Ergebnisse nicht statistisch überprüfen möchte und im Interesse kosmetisch günstiger Resultate bei niedrig malignen Tumoren lieber ein etwas höheres Rezidivrisiko in Kauf nimmt. Der dritte Grund besteht darin, daß bei der Anfertigung von Randschnitten die Wahrscheinlichkeit von Fehldiagnosen größer ist. Werden zum Beispiel Follikelanschnitte mit Ausläufern eines Basalzellkarzinoms verwechselt, so wird trotz vollständiger Tumorentfernung nachexzidiert, und viele unnötig große Exzisionen schlagen sich am Ende in einer statistisch geringeren Rezidivhäufigkeit nieder. Dies gilt vor allem für die MohsChirurgie, bei der die Beurteilung durch den Verzicht auf eine ausreichende Gewebefixierung erschwert wird. Der vierte Grund für die angebliche Überlegenheit der „3-D-Histologie“ besteht darin, daß sie in der Regel stationär durchgeführt wird und ein Wundverschluß erst dann erfolgt, wenn das Ergebnis der histopathologischen Untersuchung vorliegt. Bei anderen Formen der Schnittrandkontrolle werden die Kleine Exzision unter dem Verdacht auf ein Basalzellkarzinom mit Fadenmarkierung am kranialen Pol. Nach Randschnitten zu allen Seiten und zur Tiefe bleiben nur winzige Gewebestücke übrig. Die Beurteilbarkeit ist eingeschränkt, und es besteht die Gefahr einer Fehleinbettung.