Marc Aurel – Denker und Lenker

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Institut für Klassische Archäologie
Marc Aurel – Denker und Lenker
Um 175 n. Chr.
Berlin, Staatliche Museen, Antikensammlung,
Inv. SR 373
Nase und Teile des Oberlippenbartes ergänzt.
Marc Aurel wird heute gerne als Philosoph auf
dem Kaiserthron bezeichnet. Sowohl seine
tungen“ sind außerdem Informationen über
seine Erzieher zu entnehmen. Seine Schrift
literarischen Werke als auch die zahlreichen
Herausforderungen, die er in seiner Regie-
zählt bis heute zur Weltliteratur und gibt einen
tiefen Einblick in das Leben des Kaisers.
rungszeit zu bewältigen hatte, bestimmen das
gegenwärtige Bild des Herrschers.
Marc Aurel wurde im Laufe seiner Regierungszeit in vier verschiedenen Porträttypen
Marc Aurel wurde 121 n. Chr. in Rom
dargestellt. Der erste, knabenhafte Porträtkopf
geboren und starb während des Krieges gegen
die Markomannen 180 im heutigen Wien. Er
entstand während seiner gemeinschaftlichen
Herrschaft mit seinem Adoptivvater Antoninus
war der letzte der so genannten Adoptivkaiser
und herrschte von 161 bis 180. Seine
Pius im Alter von 17 Jahren. Im Jahr 144
entstand dann der nächste Typus, der den
Ernennung ging auf Hadrian zurück, der seinem
Thronfolgekandidaten Antoninus Pius die
späteren Herrscher als jungen Mann darstellt
mit beginnendem Bartwuchs an Kinn und
Adoption Marc Aurels als Bedingung für seinen
Wangen. Dieses Porträt blieb bestehen, bis
Machtantritt stellte. Nach dessen Tod herrschte
Marc Aurel zusammen mit Lucius Verus. Diese
Marc Aurel 40 Jahre alt war.
gemeinschaftliche Herrschaft währte jedoch nur
einige Jahre, da Lucius kurz nach der
Übernahme 169 n. Chr. verstarb. Während
seiner Regierungszeit unternahm Marc Aurel
verschiedene Reformen in der Rechtsprechung
und Verwaltung, musste sich aber auch mit
außerpolitischen und natürlichen Problemen
auseinandersetzen, wie Kriegen an den
Grenzen des Reiches und Missernten, Erdbeben und Pestepedemien. Große Beliebtheit
erlangte er im Volk durch die Gründung von
Schulen, Waisen- und Krankenhäusern.
Als Anhänger der Stoa lehnte Marc Aurel das
Christentum ab und ließ die blutige Christenverfolgung im römischen Reich im Jahre 177
zu. In seinem Kompendium „Selbstbetrachtungen“ vertritt er in zwölf Büchern die
Überzeugung, dass nur ein moralisches Leben
zur
inneren
Ruhe
führe.
Sein
letztes
Lebensjahrzehnt verbrachte er hauptsächlich in
Feldlagern. Dort schrieb er an seinem Werk,
welches seine Gedanken über Menschenliebe,
das Weltgeschehen und die Unbeständigkeit
des Daseins festhielt. Den „Selbstbetrach-
Marc Aurel, 2. Bildnistypus. Florenz, Uffizien
Im Jahr 161, nach dem Tod des Antoninus
Pius und dem Regierungsantritt des Marc
Aurel, entstand der dritte Porträttypus. Der
Kaiser ist hier mit vollem, lockigem Haar
dargestellt, das weniger üppig ins Gesicht fällt
und streng in drei Strähnen zur Seite gestrichen
ist. Die Augen sind leicht geschlossen, was
Marc Aurel den so genannten „Schlafzim-
merblick“ verleiht. Die Nase ist schmal und von
verzeichnen, die als absichtsvolle Maßnahme
der Mundpartie ist wegen des Oberlippenbarts
zur
nur die Unterlippe zu erkennen. Die Haare über
der Lippe gehen in einen lockigen Vollbart über,
gewertet werden kann. So ist innerhalb der
Bildnisse Marc Aurels ein Erwachsenwerden zu
der Kinn und Wangen bedeckt. Zusammen mit
dem Kopfhaar rahmt der Bart das gesamte
verfolgen, vom 17-jährigen Nachfolger, der
gemeinsam mit Antoninus Pius seine ersten
Verdeutlichung
des
Reifungsprozesses
Gesicht ein. Das Porträt weist keine Falten auf,
die für einen 40-Jährigen nicht ungewöhnlich
wären; einzig um die Augen und den Mund sind
kleine schlaffe Hautpartien vorhanden. Der
Kopf ist nur soweit zur Seite gedreht, dass eine
direkte Frontalität vermieden wird. Marc Aurel
wird in diesem Bildnistyp als würdiger, reifer
Mann dargestellt. Die bewegten, durch tiefe
Bohrrillen getrennten Strähnen des Haares
kontrastieren mit dem mimisch kaum bewegten
Gesicht, das auf den Betrachter ruhig und
abgeklärt wirkt. Der üppig in Locken
dargestellte Bart erinnert an ein Bildnis eines
griechischen Philosophen. Diese Beobachtungen legen die Vermutung nahe, dass Marc
Aurel in erster Linie als eben dieser dargestellt
werden wollte und nicht als Kaiser, der er war.
Im vierten und letzten Typus wurden lediglich
kleine Veränderungen vorgenommen und die
Erscheinung des reifen Mannes ein wenig
variiert. Neben diversen Porträts Marc Aurels ist
Reiterstatue, Rom, Kapitolinische Museen
auch eine Säule vorhanden, die ihm zu Ehren
der Senat in Rom errichten ließ (heute auf der
Regierungserfahrungen machte, bis zum
gestandenen Herrscher, der aufgrund seiner
Piazza
bekannteste
politischen Taten und philosophischen Werke,
Darstellung ist allerdings die Reiterstatue, die
(im 16. Jahrhundert) auf dem Kapitolsplatz
bei seinen Zeitgenossen und in der Nachwelt
Bewunderung und Respekt genossen hatte.
aufgestellt wurde. Hier ist der Kaiser in einen
Soldatenmantel gekleidet, blickt nach rechts
Für Marc Aurel ergab sich ein Gegensatz
zwischen den Pflichten, die ein Kaiser zu erfül-
und erhebt seinen rechten Arm wie zu einem
Zeigegestus nach vorne. Mittelalterlichen
len hat, und dem Ideal des „Philosophenkaisers“, das sich in seinen Porträts wider-
Quellen
spiegelt. Um mit einem Zitat aus seinen
Colonna).
zufolge,
Die
befand
wohl
sich
unter
dem
erhobenen Huf des Pferdes eine kleine kniende
Figur, welche für die Barbarenstämme stand.
Da Reiterstatuen zur Hervorhebung militärischer Leistungen aufgestellt wurden, datiert
man sie nach den Siegen über die Markomannen und die Sarmaten im Jahr 176. Dieses
Standbild ist seit der Einführung des Euro auf
die italienischen 50-Cent-Münze geprägt. Insgesamt existieren ungefähr 110 rundplastische
Porträts von Marc Aurel. In der Abfolge der vier
Typen ist eine Zunahme des Bartes zu
"Selbstbetrachtungen" zu sprechen:
„Der Tod lächelt uns alle an, das einzige was
man machen kann, ist zurücklächeln!“
LITERATUR: M. Bergmann, Marc Aurel (1978 ) 2233; M. Wegner, Die Herrscherbildnisse in antoninischer Zeit (1939) 33-47; E. Knauer, Das Reiterstandbild des Kaisers Marc Aurel (1968).
LISA W EBER
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