Hochschule Esslingen Fakultät: Soziale Arbeit, Gesundheit & Pflege Studiengang: Soziale Arbeit Bachelorarbeit Yes they can! Flüchtlinge werden selbst aktiv Empowerment in der Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen am Beispiel des Projektes ARTIF in Plymouth vorgelegt von Judith Nettelroth [Matrikelnummer: 24753] Betreuerin: Prof. Dr. Marion Laging Prüfer: Prof. Dr. Thomas Heidenreich Esslingen Dezember 2008 Inhaltsverzeichnis INHALTSVERZEICHNIS ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ........................................................................................ 3 EINLEITUNG ................................................................................................................... 4 TEIL A: Empowerment – Perspektivenwechsel in der Sozialen Arbeit ................................. 7 1. Empowerment – Ein Begriff und seine geschichtliche Entwicklung ............................. 7 2. Empowerment in der Sozialen Arbeit................................................................................ 9 2.1. Kontextfaktoren............................................................................................................. 9 2.1.1. 2.1.1.1. Ethik, Werte und Definition Sozialer Arbeit ................................................... 10 2.1.1.2. Soziale Arbeit als Menschenrechtsprofession .............................................. 12 2.1.1.3. Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis der Sozialen Arbeit...................... 12 2.1.2. 2.2. Folgen gesellschaftlicher Entwicklung als Kontext ............................................ 13 Theoretische Grundlagen ........................................................................................... 14 2.2.1. Ausgangslage .................................................................................................... 14 2.2.2. Zielstationen des Empowerment-Konzeptes in der Sozialen Arbeit .................. 16 2.2.3. Grundsätze und Werte des Empowerment-Konzeptes ..................................... 17 2.2.4. Veränderte Rolle Sozialer Arbeit........................................................................ 19 2.3. Überlegungen zur Praxis einer „empowernden“ Sozialen Arbeit ............................... 20 2.3.1. Elemente empowernder Sozialer Arbeit ............................................................ 20 2.3.2. Ebenen und Werkzeuge des Empowerments ................................................... 20 2.3.3. Der Empowerment Prozess ............................................................................... 22 2.3.4. Stolpersteine ...................................................................................................... 23 2.4. 3. Profession der Soziale Arbeit als Kontext für Empowerment .............................. 9 Kritik am Empowerment-Konzept ............................................................................... 24 Fazit und eigene Einschätzung........................................................................................ 24 3.1. Warum ist Empowerment wichtig? ............................................................................. 24 3.2. Perspektive: Empowerment als Haltung in der Sozialen Arbeit ................................. 25 3.3. Zusammenfassung: Kriterien für eine „empowernde“ Soziale Arbeit ......................... 26 1 Inhaltsverzeichnis TEIL B: Soziale Arbeit mit Flüchtlingen in Deutschland .................................................... 28 4. Lebenslage von Flüchtlingen in Deutschland ................................................................ 29 4.1. 4.1.1. Asylpolitik und Asylrecht auf internationaler Ebene........................................... 29 4.1.2. Politische und rechtliche Rahmenbedingungen in Deutschland........................ 32 4.2. Dimensionen der Lebenslagen von Flüchtlingen in Deutschland............................... 36 4.2.1. Asylsuchende und De-facto-Flüchtlinge ............................................................ 36 4.2.2. Asylberechtigte und GFK-Flüchtlinge ................................................................ 41 4.3. 5. Politische und rechtliche Rahmenbedingungen ......................................................... 29 Bewertung der Rahmenbedingungen und Lebenslagen ............................................ 42 Theorie und Praxis Sozialer Arbeit mit Flüchtlingen in Deutschland .......................... 45 5.1. Flüchtlinge als NutzerInnen von Mainstream-Angeboten der Sozialen Arbeit ........... 46 5.2. Flüchtlingssozialarbeit ................................................................................................ 47 5.2.1. Zielgruppe .......................................................................................................... 48 5.2.2. Rahmenbedingungen......................................................................................... 49 5.2.3. Erwartungen....................................................................................................... 50 5.2.4. Konfliktpotentiale in der Flüchtlingssozialarbeit ................................................. 50 5.2.5. Orientierung, Ziele und Aufgaben der Flüchtlingssozialarbeit ........................... 51 TEIL C: Empowerment in der Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen ........................................ 54 6. Empowerment mit Flüchtlingen – nötig und möglich? ................................................. 54 7. ARTIF – ein Empowerment-Projekt ................................................................................. 58 7.1. 7.1.1. Entstehung - Aus CDIF wird ARTIF ................................................................... 59 7.1.2. Aufbau, Akteure und Finanzierung .................................................................... 61 7.1.3. Ziele, Annahmen und Aufgaben ........................................................................ 61 7.1.4. AdressatInnen und geförderte Projekte ............................................................. 62 7.1.5. Prozess der Vergabe von Förderungsmitteln .................................................... 62 7.1.6. Rolle der Sozialen Arbeit.................................................................................... 63 7.2. 8. ARTIF – Asylum Seekers and Refugees together Investment Fund.......................... 59 Ist ARTIF ein Empowerment-Projekt? ........................................................................ 63 Fazit – Empowerment mit Flüchtlingen ist nötig und möglich!.................................... 64 RESÜMEE ...................................................................................................................... 66 LITERATURVERZEICHNIS .................................................................................................. 68 ERKLÄRUNG ................................................................................................................. 76 ANHANG ........................................................................................................................ 77 2 Abkürzungsverzeichnis ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS Abs. Art. AsylbLG AsylVfG AufenthG Aufl. AWO BAMF DBSH DSM-VI EKD etc. EU f ff GFK GG ggf. GU Hrsg. IASSW ICD-10 IFSW Kap. PTSD S. u.a. UNHCR UNO vgl. v.a. WHO z.B. Absatz Artikel Asylbewerberleistungsgesetz Asylverfahrensgesetz Aufenthaltsgsetz Auflage Arbeiterwohlfahrt in Deutschland Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Deutscher Berufsverband für Soziale Arbeit e.V. 4. Ausgabe des Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (Diagnostisches und Statistisches Handbuch psychischer Störungen) Evangelische Kirche in Deutschland et cetera Europäische Union folgende fortfolgende Genfer Flüchtlingskonvention Grundgesetz gegebenenfalls Gemeinschaftunterkunft Herausgeber International Association of Schools of Social Work International Classification of Diseases (Internationale Klassifikation der Krankheiten) International Federation of Social Workers Kapitel Post-traumatic Stress Disorder (Posttraumatische Belastungsstörung) Seite und andere United Nations High Commissioner for Refugees (Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen) United Nations Organization (Organisation der Vereinten Nationen) vergleiche vor allem World Health Organisation (Weltgesundheitsorganisation) zum Beispiel Alle in dieser Arbeit verwendeten Abbildungen (Titelblatt, Text), stammen aus den Materialien der Öffentlichkeitsarbeit von ARTIF (siehe Anhang 9-11). 3 Einleitung EINLEITUNG „Man hilft den Menschen nicht, wenn man für sie tut, was sie selbst tun können.“ Abraham Lincoln (Herriger 2002, 7) Oft ist der Ausgangspunkt Sozialer Arbeit dort, wo Menschen die Kontrolle verlieren, sich ohnmächtig fühlen, eine subjektive Niederlage erleben und situative Handlungsanforderungen, mit den ihnen zur Verfügung stehenden sozialen und personalen Ressourcen, nicht bewältigen können. Die Identifizierung der vorhandenen Problemlagen ist die Grundlage der Hilfegewährung im traditionellen Sinne. Ist die zugehörige „Problemkategorie“ gefunden, kann Soziale Arbeit die richtige Interventionsmethode ausfindig machen (vgl. Herriger 2002, 63f). Norbert Herriger entwickelte das Empowerment-Konzept für die Soziale Arbeit1 und setzt damit der historisch gewachsenen und strukturell verankerten Sichtweise einen Gegenpol. In dieser Arbeit soll dargestellt werden, inwiefern sich das Empowerment-Konzept von traditionellen Ansätzen Sozialer Arbeit unterscheidet und warum es in unserer heutigen Gesellschaft ein passender Ansatz ist. Der oben zitierte Ausspruch von Abraham Lincoln kann als Philosophie des Empowerment-Konzeptes bezeichnet werden und ist eins meiner persönlichen Lieblingszitate für die Praxis der Sozialen Arbeit. Nicht nur in der Sozialen Arbeit sondern vor allem auch politisch hat der Empowerment-Begriff eine hohe Brisanz. Weniger präsent in der politischen und sozialarbeiterischen Debatte sind Flüchtlinge. Sie werden häufig nur dann zum Thema gemacht, wenn mit ihrem Auftreten Konflikte verbunden sind. Und dennoch sind Flüchtlinge, behaupte ich, eine Gruppe, mit der so gut wie jede/r SozialarbeiterIn in seiner/ ihrer Berufspraxis in Berührung kommt, da ihre Bedürfnis- und Problemlagen oft vielseitig sind. Sie sind häufig KlientInnen, die nicht in das „normale“ Bild passen oder besondere Herausforderungen mit sich bringen, für die es vor allem in Mainstream-Angeboten2 der Sozialen Arbeit, noch keine geeigneten Umgangsstrategien gibt. Unter Mainstream-Angeboten der Sozialen Arbeit verstehe ich klassische Angebote und Dienstleistungen der Sozialen Arbeit, welche die (kommunale) Grundversorgung der KlientInnen umfassen und die prinzipiell der breiten Masse der Bevölkerung zur Verfügung stehen, wie beispielsweise Jugendhaus, ASD, Psychosoziale 1 Der Begriff Empowerment wird in Kap.1, Soziale Arbeit in Kap.2 definiert, bzw. näher erläutert. Der Begriff Mainstream kommt aus dem Englischen und bedeutet Hauptstrom, bzw. –strömung , sowie vorherrschende Richtung (vgl. Duden 2003, 833) 2 4 Einleitung Beratung und Suchtberatung. „Durchschnittsverbraucher“ Flüchtlinge (mainstream sind, cutomers) so und behaupte das ich, Handlungsfeld keine der Flüchtlingssozialarbeit, kein Mainstream-Angebot der Sozialen Arbeit. Da sie innerhalb der wissenschaftlichen Debatte oft vernachlässigt werden, ist es mir wichtig, einen Überblick über die Lebenslagen dieser Personengruppe und das Arbeitsfeld der Flüchtlingssozialarbeit zu geben. In meinem Praxissemester arbeitete ich für einen gemeinnützigen Verein namens „Students and Refugees Together“ (START) in Plymouth, Großbritannien. Zu meinem Aufgabengebiet gehörten sowohl die soziale Einzelfallhilfe, vorwiegend mit Flüchtlingen, die gerade als Asylberechtigte anerkannt worden waren, als auch Projekt-/ bzw. Gruppenarbeit. STARTs Zielsetzung ist „To work in partnership with families, individuals and organisations to facilitate the transition of refugees from people in need to self-reliant contributors to their local community“ (Butler 2007, 237) START als gesamte Organisation verfolgt damit eine radikale Empowerment- Orientierung. Meine Arbeit bei START und damit auch die Supervision mit Avril Butler von der University Plymouth, regten mich zu einer konsequenten Orientierung an den Ressourcen und Bedürfnissen meiner KlientInnen an, sodass eine der Fragen, die mich während meines Praxissemesters am meisten beschäftigte, war, wie ich diese Perspektive tatsächlich umsetzen kann. Zu Beginn meiner Zeit bei START war es mir ein Rätsel, wie ich meine KlientInnen empowern kann. Am Ende meiner Zeit dort waren zwar noch immer einige Fragen offen, doch vor allem durch die Einzelfallhilfe und die Arbeit in dem Projekt „Asylum Seekers and Refugees Together Investment Fund“ (ARTIF) konnte ich viele Empowerment-Erfahrungen sammeln und der Antwort ein Stück näher kommen. Durch die Brisanz und Aktualität des Themas Empowerment und Ressourcenorientierung gibt es bereits eine Vielzahl an Fachliteratur zu diesem Thema. Der Themenbereich „Flüchtlinge“ wird vor allem im Zusammenhang mit Interkultureller Sozialer Arbeit häufiger erwähnt, bekommt jedoch weiterhin keinen hohen Stellenwert zugemessen. In der wissenschaftlichen Diskussion gibt es ebenfalls noch nicht viele Stellungsnahmen zu der Frage, ob Empowerment ein geeigneter Ansatz für die Soziale Arbeit mit Flüchtlingen ist. Eine Empowerment-Haltung ist meiner Meinung nach ein wichtiger Bestandteil sozialarbeiterischen Handelns und muss, so die These meiner Arbeit, auch Bestandteil der Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen sein. Die Frage, auf die ich versuchen möchte eine Antwort mit dieser wissenschaftlichen Arbeit zu geben, ist, ob Empowerment mit Flüchtlingen nötig und möglich ist und wie dies konkret aussehen kann. Hierzu werde ich das Projekt ARTIF als Beispiel vorstellen. 5 Einleitung Aufbau der Arbeit In Teil A wird zunächst der Begriff Empowerment erklärt und dessen universelle Verwendung von Empowerment innerhalb der Sozialen Arbeit abgegrenzt. Die Profession der Sozialen Arbeit und die aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen sollen hierbei als Kontext, in dem Empowerment stattfindet, dargestellt werden. Anschließend werden die theoretischen Grundlagen, sowie Überlegungen zur praktischen Umsetzung des Konzeptes vorgestellt. Abschließend werde ich eine eigene Einschätzung des Konzeptes geben und Empowerment als Haltung in der Sozialen Arbeit vorschlagen Im zweiten Abschnitt der Arbeit – Teil B – soll ein Überblick über die Thematik der Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen in Deutschland gegeben werden. Da Soziale Arbeit an den Lebenslagen ihrer AdressatInnen ansetzt, nimmt die Beschreibung der Lebenslage von Flüchtlingen, eingebettet in die in Deutschland geltenden politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen, einen großen Stellenwert ein. Folgend wird ein Überblick über die Soziale Arbeit mit Flüchtlingen gegeben, indem Flüchtlinge zunächst als Querschnittsthema innerhalb der Praxis Sozialer Arbeit, bzw. als NutzerInnen von Mainstream-Angeboten Sozialer Arbeit und anschließend als spezielle Zielgruppe des Handlungsfeldes Flüchtlingssozialarbeit dargestellt werden. Abschließend werden in Teil C die Ausführungen zur Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen und der Empowerment-Gedanke miteinander verknüpft. Hierbei soll die zentrale Fragestellung dieser wissenschaftlichen Arbeit beantwortet werden, ob Empowerment mit Flüchtlingen nötig und möglich ist. Anhand des Projektes ARTIF in Plymouth wird exemplarisch dargestellt, wie Soziale Arbeit unter dem Empowerment-Gedanken/ der EmpowermentHaltung in der Praxis aussehen kann. Sowohl die Beschreibung des Empowerment-Konzeptes als auch die Darstellung der Lebenslagen von Flüchtlingen, eingebettet in die geltenden asylrechtlichen und politischen Rahmenbedingungen, nehmen einen großen Stellenwert in dieser Arbeit ein. Meines Erachtens schafft erst die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesen beiden Themen die Grundlage für die Beantwortung der in dieser Arbeit gestellten Fragen. Aus Mangel an wissenschaftlicher Literatur zum Thema Empowerment mit Flüchtlingen, macht die Behandlung dieser Thematik im Verhältnis einen geringen Teil aus. Dennoch kommt den Ausführungen zu diesem Thema in Teil C eine hohe Bedeutung zu, da hier die in Teil A und Teil B gewonnenen Erkenntnisse miteinander zu einer Antwort auf die Fragestellung dieser Arbeit verknüpft werden. 6 Teil A Empowerment – Perspektivenwechsel in der Sozialen Arbeit TEIL A Empowerment – Perspektivenwechsel in der Sozialen Arbeit Der Empowerment-Gedanke fand laut Herriger seine Wurzeln in der afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung in den USA (vgl. Herriger 2002, 20) und ist vor allem seit den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts auch in Deutschland ein vieldiskutierter Ansatz innerhalb der Sozialen Arbeit. Doch auch außerhalb der Profession der Sozialen Arbeit ist Empowerment inzwischen ein bekannter Begriff. So werden beispielsweise Bürgerrechtsbewegungen als Empowerment-Prozesse bezeichnet. Verständlicherweise wird unter Empowerment als ein Konzept der Sozialen Arbeit etwas anderes verstanden, als in anderen Kontexten. Daher wird zunächst der Begriff Empowerment und seine geschichtliche Entwicklung vorgestellt, sowie die universelle Verwendung des Begriffs von der innerhalb der Sozialen Arbeit abgegrenzt. Anschließend wird ein Überblick gegeben, was Empowerment innerhalb der Sozialen Arbeit bedeutet. Die Profession der Sozialen Arbeit und die gesellschaftlichen Veränderungen der letzten Jahrzehnte werden hierzu als Kontext des Empowerment-Konzeptes dargestellt, auf dem es aufbaut und Anwendung findet. Weiterhin werden die Prinzipien und theoretischen Grundzüge des Konzeptes skizziert und dargestellt, wie der Ansatz praktisch in der Sozialen Arbeit umgesetzt werden kann. Abschließend werde ich diskutieren, warum Empowerment in der Sozialen Arbeit nötig ist und werde eine eigene Einschätzung des Konzeptes geben. Ziel des Teil A ist es, einen Überblick zu geben, was Empowerment ist und wie es in der Sozialen Arbeit eingesetzt werden kann. 1. Empowerment – Ein Begriff und seine geschichtliche Entwicklung Empowerment ist, wie bereits erwähnt, ein aktueller und vielseitig genutzter Begriff. Wörtlich übersetzt bedeutet er Selbstbemächtigung, Stärkung von Autonomie und Selbstbestimmung (vgl. Herriger 2002, 11), sowie Gewinnung von Stärke (vgl. Lenz, Stark 2002, 13). Schon in der Vielfalt der Übersetzungen ist ersichtlich, dass es kein passendes Wort in der deutschen Sprache gibt, jedenfalls keins, das flächendeckend anerkannt ist. Dies spiegelt eine gewisse Uneinigkeit darüber wider, was der Begriff wirklich bedeutet. Daher gibt es auch keine einheitlich anerkannte Definition von Empowerment. Um nur einige zu nennen: 7 Teil A Empowerment – Perspektivenwechsel in der Sozialen Arbeit „By definition, empowerment is aimed at the disadvantaged with the aspiration of creating the transition from a state of power-less to a state of power at both the individual and collective level.“ (Al-Haj, Mielke 2007, 2) „Empowerment beschreibt mutmachende Prozesse der Selbstbemächtigung, in denen Menschen in Situationen des Mangels, der Benachteiligung oder der gesellschaftlichen Ausgrenzung beginnen, ihre Angelegenheiten selbst in die Hand zu nehmen, indem sie sich ihrer Fähigkeit bewusst werden, eigene Kräfte entwickeln und ihre individuellen und kollektiven Ressourcen zu einer selbstbestimmten Lebensführung nutzen lernen.“ (Herriger 2002, 18) Letztere Definition umfasst einige Aspekte, die Herriger bei der Entwicklung des Empowerment-Konzeptes in der Sozialen Arbeit wichtig sind. Diese Definition bezeichnet er als seine Arbeitsdefinition (vgl. Herriger 2002, 18). Empowerment, so der kleinste gemeinsame Nenner aller Definitionen, ist ein Prozess, in dem Individuen oder Gruppen aus einer Lage der Entmutigung/ Demoralisierung/ Schwäche entweder durch Eigeninitiative, oder durch Unterstützung herausfinden, indem sie sich Kompetenzen aneignen und Ressourcen erschließen. Dies können bereits vorhandene Ressourcen und Kompetenzen sein die im Moment der Schwäche „verschüttet“ sind. Ziel dieser Prozesse ist, dass Individuen und Gruppen die „Kontrolle“ über ihr Leben wieder selbst in der Hand haben und sich trauen ihr Leben, bis zu einem gewissen Grad, in Eigenregie zu führen, bzw. in einigen Bereichen ihres Lebens wieder handlungsfähiger sind und für ihre Rechte, Wünsche und Bedürfnisse eintreten. Herriger bezeichnet den Prozess des Empowerments als eine „Reise in die Stärke“ (vgl. Herriger 2002, 167). Bei der näheren Betrachtung des Begriffs des Empowerments wird deutlich, dass er das Wort „Power“ beinhaltet. Dies impliziert, dass Empowerment etwas mit Macht bzw. Machtverhältnissen zu tun hat. Genauer gesagt soll durch Empowerment-Prozesse eine Veränderung von ungesunden Machtverhältnissen angestrebt werden und Menschen, die über wenig Macht verfügen, sollen mehr davon erhalten. Seine Wurzeln hat die Empowerment-Bewegung an verschiedenen Stellen. Als Ursprung wird allgemein die Bürgerrechtsbewegung der schwarzen Amerikaner (civil rights movement) gesehen (vgl. Galuske 2007, 261). Andere Wurzeln des Empowerments sind Stark und Herriger zufolge die Erfahrungen des Kommunitarismus und der Selbsthilfebewegung, sowie andere soziale Bewegungen wie beispielsweise der Feminismus und schließlich neuere Forschungen des Sozialwesens (vgl. Herriger 2002, 20-35; Galuske 2007, 261). In all diesen Bewegungen hat eine Befreiung aus einer 8 Teil A Empowerment – Perspektivenwechsel in der Sozialen Arbeit Situation der Unterdrückung und Machtlosigkeit stattgefunden (vgl. Knuf, Seibert 2001, 5f). Es wird deutlich, dass Empowerment nicht nur ein Handlungskonzept Sozialer Arbeit ist, sondern davon losgelöst, einen Prozess der Selbstbemächtigung von Individuen oder Gruppen, sei es auf individueller, struktureller oder politischer Ebene, beschreibt. Im Folgenden wird skizziert, was Empowerment innerhalb der Sozialen Arbeit bedeutet. 2. Empowerment in der Sozialen Arbeit Norbert Herriger gilt als der Begründer des Empowerment-Konzeptes innerhalb der Sozialen Arbeit. In den weiteren Ausführungen dieses Kapitels wird somit vor allem auf Herriger, jedoch auch auf andere TheoretikerInnen, die das Konzept weiterentwickelten, bzw. Herriger zitierten, Bezug genommen. 2.1. Kontextfaktoren 2.1.1. Profession der Soziale Arbeit als Kontext für Empowerment Die Profession der Sozialen Arbeit als solche ist noch relativ jung. Erst 1950 verbanden sich in Deutschland die damalige Sozialarbeit und Sozialpädagogik nach gegenseitiger Annäherung endgültig (vgl. Thiersch 2005, 618ff). Die klassische Sozialarbeit wurde vor allem von Kirchen und Frauen als Armenfürsorge, mit dem Motiv christlicher Nächstenliebe, geleistet. Wolfgang Müller führt hier das Beispiel des Barmherzigen Samariters an und kritisiert an der bisherigen Praxis, dass nicht nur den Armen geholfen werden sollte, sondern auch die Ursachen ihrer Armut bekämpft werden müssen. Mit der Einführung der Lohnarbeit verloren „die Armen“ ihren Stand als festen Teil der Gesellschaft und das Bild, dass jede/r für seinen Lebensunterhalt arbeiten muss, setzte sich mehr und mehr durch (vgl. Müller 2007, 13ff). Die Sozialpädagogik hingegen beschäftigte sich mit Fragen der Bildung, Erziehung und Entwicklung von Menschen und war nicht speziell an sozial benachteiligte Menschen gerichtet, sondern an die gesamte Gesellschaft. Ab 1920 fand allmählich eine Annäherung zwischen den beiden Theorieund Handlungssträngen statt, als sich die Sozialarbeit auch für pädagogische Fragen und die Sozialpädagogik für die Arbeit mit Benachteiligten öffnete. Trotz der noch relativ jungen Profession gibt es bereits eine Vielfalt an Theorien innerhalb der Sozialen Arbeit in Deutschland (vgl. Frey 2007, 35f). Natürlich haben auch Theorieentwicklungen aus anderen Ländern Einfluss auf die Soziale Arbeit in der Deutschland. Da Soziale Arbeit jedoch in einer bestimmten Gesellschaft agiert, müssen diese internationalen Theorien immer auf die jeweiligen, in diesem Fall deutschen, Verhältnisse und die aktuelle gesellschaftliche Situation übertragen werden. Damit ist schon angedeutet, dass sich mit der gesellschaftlichen, politischen und rechtlichen Situation immer auch die theorie- und handlungsbezogene Soziale Arbeit verändert/e. Seit es Soziale Arbeit als Profession in 9 Teil A Empowerment – Perspektivenwechsel in der Sozialen Arbeit Deutschland gibt, besteht wie beschrieben eine Vielfalt an theoretischen Ansätzen. Heute bewegen sich diese, zusammengefasst dargestellt, zwischen dem Systemischen Paradigma, das sich auf Individuen als Teil eines gesellschaftlichen Gefüges bezieht, und einem individualistisch neo-liberalem Paradigma, das sich auf Individuen bezieht, die so frei wie möglich von allen gesellschaftlichen Zwängen sein sollen (vgl. Staub-Bernasconi 2007, 28-50). Bestehende Theorien tendieren meistens stärker zu einem der beiden Paradigmen und siedeln sich sozusagen auf einer Skala an, wenn man diese als Pole auffassen möchte. Staub-Bernasconi plädiert jedoch für ein „Zeitgeist unabhängiges Theorieprogramm Sozialer Arbeit“ indem sie sagt, dass allen Theoriesträngen gemeinsam ist, dass sie sich auf Rechte, wie Sozial-, Freiheits- und Wirtschaftsrechte beziehen und fordert eine Soziale Arbeit, die sich konsequent auf Menschenrechte als oberste Priorität konzentriert. Sie schließt damit nicht aus, dass sich Soziale Arbeit weiterentwickeln kann und soll, regt jedoch dazu an, dass sie sich nicht nach „Lust und Laune“ verändern sollte (vgl. Staub-Bernasconi 2007, 51ff). 2.1.1.1. Ethik, Werte und Definition Sozialer Arbeit Laut Münchmaier ist Ethik bezogen auf die Soziale Arbeit die Grundlage des Handelns, als auch die Grundlage der Reflektion, bzw. Überprüfung des Handelns. In jedem theorieund handlungsbezogenen Ansatz Sozialer Arbeit gibt es zwar durchaus unterschiedliche ethische Überzeugungen und Werte, zusätzlich zu denen, die jede/r SozialarbeiterIn persönlich mitbringt, diese sollten jedoch immer auf den national und international für SozialarbeiterInnen geltenden Ethikkodizes aufbauen (vgl. Münchmaier 2005, 184). Die internationalen ethischen Grundlagen für die Profession der Sozialen Arbeit wurden von der International Federation of Social Workers (IFSW) und der International Association of Schools of Social Work (IASSW) aufgestellt. National gibt es in Deutschland „Berufsethische Prinzipien des DBSH“ (Deutscher Berufsverband für Soziale Arbeit). Beide Papiere werden im Folgenden kurz vorgestellt. Ethics in Social Work, Statement of Principles (IFSW & IASSW) Dieses Papier wurde 2004 verabschiedet und bezeugt, dass ethisches Bewusstsein ein grundlegender Teil beruflicher Praxis von SozialarbeiterInnen ist und diese sich als Professionelle zu ethischem Handeln verpflichten müssen. Das Ziel des Dokumentes ist, ethische Debatten und Überlegungen anzuregen, sowie Konfliktpotentiale ins sozialarbeiterische Bewusstsein zu rufen, damit im beruflichen Alltag reflektiert ethisch gehandelt werden kann (vgl. IFSW, IASSW 2004a+b, 1). Ausgangspunkt der ethischen Überlegungen ist die von IFSW und IASSW 2001 verabschiedete Definition Sozialer Arbeit: 10 Teil A Empowerment – Perspektivenwechsel in der Sozialen Arbeit „The social work profession promotes social change, problem solving in human relationships and the empowerment and liberation of people to enhance well-being. Utilising theories of human behaviour and social systems, social work intervenes at the points where people interact with their environments. Principles of human rights and social justice are 3 fundamental to social work.“ (IFSW, IASSW 2004a, 1) Anschließend wird in den ethischen Erklärungen auf internationale Übereinkommen über Menschenrechte verwiesen, welches ebenfalls als Grundlage sozialarbeiterischen Handelns akzeptiert werden. Nach der näheren Erläuterung der in der Definition bereits aufgezeigten wichtigsten ethischen Werte der Sozialen Arbeit - Menschenrechte, Menschenwürde und Soziale Gerechtigkeit - wird kurz das berufliche Verhalten von SozialarbeiterInnen angesprochen. An dieser Stelle wird jedoch darauf verwiesen, dass alle nationalen Mitglieder des IFSW und IASSW diese Ausführungen zum beruflichen Verhalten erweitern und aktualisieren sollen und die Pflicht haben, SozialarbeiterInnen in ihrem Land über diese zu informieren (IFSW, IASSW 2004a+b, 2ff). Berufsethische Prinzipien des DBSH Gleichwie das „Statement of Principles“ des ISFW und IASSW auf die Pflicht nationaler Abkommen verweist, bezieht sich der DBSH in den Berufsethischen Prinzipien auf das internationale Abkommen als Grundsatzpapier (vgl. DBSH 1997, 1). Ausgangslage berufsethischen Handelns wird wie folgt beschrieben: „In jeder Gesellschaft entstehen Probleme. Diese zu entdecken, sie mit ihren Ursachen und Bedingungen zu veröffentlichen und einer Lösung zuzuführen, ist der gesellschaftlich überverantwortete Auftrag Sozialer Arbeit. Seine Grenzen sind bestimmt durch strukturelle, rechtliche und materielle Vorgaben. Beruflich geleistete Soziale Arbeit gründet jedoch letztlich in universellen Werten, wie sie etwa im Katalog der Menschenrechte oder den Persönlichkeitsrechten und dem Sozialstaatsangebot des Grundgesetzes zum Ausdruck kommen. Diese Werte fordern die Mitglieder des DBSH auf, den gesellschaftlichen Auftrag der Sozialen Arbeit mit seinen Begrenzungen zu bewerten und gegebenenfalls zu optimieren. In der Würde der Person erfährt das Handeln der Mitglieder des DBSH seine unbedingte allgemeine Orientierung. In der Solidarität und der Strukturellen Gerechtigkeit verpflichten sie sich auf Werte, die die Einbindung der Person in die Gesellschaft und ihren Schutz in der Gesellschaft sichern.“ (DBSH 1997, 1) 3 Deutsche Übersetzung: „Soziale Arbeit als Beruf fördert den sozialen Wandel und die Lösung von Problemen in zwischenmenschlichen Beziehungen, und sie befähigt die Menschen, in freier Entscheidung ihr Leben besser zu gestalten. Gestützt auf wissenschaftliche Erkenntnisse über menschliches Verhalten und soziale Systeme greift soziale Arbeit dort ein, wo Menschen mit ihrer Umwelt in Interaktion treten. Grundlagen der Sozialen Arbeit sind die Prinzipien der Menschenrechte und der sozialen Gerechtigkeit.“ (DBSH 2004b, 2) 11 Teil A Empowerment – Perspektivenwechsel in der Sozialen Arbeit Davon ausgehend werden „Allgemeine Grundsätze beruflichen Handelns“, sowie Verhaltensgrundsätze gegenüber Klientel, BerufskollegInnen, Angehörigen anderer Berufe, ArbeitgeberInnen und Organisationen, sowie der Öffentlichkeit festgelegt (vgl. DBSH 1997, 1ff). Der DBSH hat sich dazu verpflichtet die beschriebenen Grundsätze ständig zu aktualisieren (vgl. DBSH 1997,4). Dieser Verpflichtung wird der DBSH meiner Meinung nach mit einem elf Jahre alten Dokument nicht gerecht. Spätestens als die neue internationale Erklärung ethischer Prinzipien des IFSW und IASSW publiziert wurden, hätte sich auch im nationalen Bereich etwas tun müssen. 2.1.1.2. Silvia Soziale Arbeit als Menschenrechtsprofession Staub-Bernasconi fordert eine Soziale Arbeit, die sich konsequent für Menschenrecht einsetzt (vgl. Staub-Bernasconi 1995, 99). Diese Orientierung wird auch vom IFSW und IASSW in der Definition Sozialer Arbeit klar vorgegeben. SozialarbeiterInnen haben die Aufgabe, sich für die Rechte von sozial benachteiligten Menschen einzusetzen und die Ursachen ihrer Armut und Diskriminierung öffentlich zu machen und zu bekämpfen (vgl. DBSH 1997, 1-2). Laut IFSW und IASSW sind Menschenrechte und die Menschenwürde die Handlungsgrundlage Sozialer Arbeit. Wird das Recht der Selbstbestimmung der KlientInnen wahrgenommen, so werden sie von SozialarbeiterInnen in ihren Stärken und Ressourcen gefördert und somit dazu befähigt, ein selbstbestimmtes Leben zu führen, sowie eigene Entscheidungen zu treffen (vgl. IFSW, IASSW 2004a+b, 2f). Auch die Förderung Sozialer Gerechtigkeit ist eine wichtige Aufgabe Sozialer Arbeit. Soziale Inklusion, Gleichverteilung von Gütern und das Beenden von Diskriminierung sind somit wichtige Ziele. Staub-Bernasconi stellt eine Theorie Sozialer Arbeit auf, die „zeitgeistunabhängig“ bestehen kann und sich an den ethischen Werten und Prinzipien Sozialer Arbeit orientiert. 2.1.1.3. Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis der Sozialen Arbeit In den letzten zwei Kapiteln wurde deutlich gemacht, dass Soziale Arbeit nicht nur einfach geleistet wird, sondern durchaus theoretische und ethische Grundlagen hat. BüschgesAbel schreibt in einem Artikel über Menschenrechte und Soziale Arbeit, dass Soziale Arbeit ein Zirkel aus Praxis, Theorie, Ethik und Politik ist, nicht zu vergessen den persönlichen Haltungen, Einstellungen und Erfahrungen, die SozialarbeiterInnen mitbringen (vgl. Büschges-Abel 2001, 25). Deutlich wurde auch, dass es in der Sozialen Arbeit verschiedenste theoretische Ansätze gibt, sowie dass sich Theorie und Praxis analog zur gesellschaftlichen Entwicklung veränderen. Tatsache ist, dass Menschenrechte, die menschliche Würde und soziale Gerechtigkeit, wichtige ethische Grundlagen der Sozialen Arbeit sind und per Definition eine Aufgabe sozialarbeiterischen 12 Teil A Empowerment – Perspektivenwechsel in der Sozialen Arbeit Handelns ist, sich für diese Werte einzusetzen und Menschen zu befähigen, „in freier Entscheidung ihr Leben besser zu gestalten“ (IFSW, IASSW 2004b, 2). Wie sehr diese theoretischen und ethischen Überlegungen jedoch in die Praxis umgesetzt werden ist eine andere Frage. Tatsache ist auch, dass in der heutigen Praxis dort der Ausgangspunkt Sozialer Arbeit ist, wo Menschen hilflos sind und ihnen ihr Lebensmanagement nicht gelingt, bzw. dann, wenn sie auffallen, weil sie nicht den gesellschaftlichen Normen entsprechen. Es gibt anerkannte Problemschubladen deren Identifizierung Legitimation und Ausgangspunkt der sozialarbeiterischen Intervention ist. Auch wenn seit Jahren in der Diskussion der Theorie und Praxis Sozialer Arbeit der Begriff Ressourcenorientierung oft verwendet wird, ist dies oft nur ein Lippenbekenntnis und der Defizitblickwinkel ist hingegen weit verbreitet und sogar tief strukturell verankert (vgl. Herriger 2002, 63-69). Damit verbunden bestehen oft eine Machtasymmetrie und teilweise sogar eine Entwürdigung der KlientInnen Sozialer Arbeit. Weber bezeichnete Macht als „[...] jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen [...]“ (Sambale 2005, 15). Fazit: Theorie, Ethik und Praxis der Sozialen Arbeit stimmen, jedenfalls in Deutschland, nicht miteinander überein. 2.1.2. Folgen gesellschaftlicher Entwicklung als Kontext Durch die Industrialisierung bekam der Mensch die Möglichkeit seine Arbeitskraft frei auf dem Markt anzubieten. Zunächst mussten zur Existenzsicherung Arbeitsbündnisse eingegangen werden, doch als diese Phase abgeschlossen war, bekam der Mensch immer mehr Freiheit, sein Kapital und seine Arbeitskraft dort einzusetzen, wo er wollte bzw. die Gelegenheit dazu geboten bekam. In dieser zweiten Stufe kam es zu einem so genannten Fahrstuhleffekt, der mit zunehmender soziale Ungleichheit verbunden war (vgl. Herriger 2002, 38ff). Mit diesem Prozess kam es auch zu einer Individualisierung und Pluralisierung. Individualisierung ist laut Beck der „Prozess der Herauslösung und der Freisetzung der Menschen aus historisch vorgegebenen Sozialbindungen und Kontrollzusammenhängen“ (Herriger 2002, 38). Dimensionen dieser Individualisierung waren die Auflösung tradierter Sozial- und Kontrollbindungen, Erosion normativer Sinnhorizonte, sowie Entstrukturierung der subjektiven Lebensverläufe (vgl. Herriger 2002, 38). Sie hatte also umfassende Auswirkungen auf jeden elementaren Bereich des Lebens. Bisher feste Familienverbände waren nicht mehr selbstverständliche Quelle von Unterstützung und Ressourcen, sondern Menschen waren verstärkt dazu gezwungen, sich ein „soziales Netzwerk“ aufzubauen (vgl. Keupp 1994, 94; Keupp 1988, 74). Diese gesellschaftliche Veränderung brachte also sowohl Chancen, beispielsweise in Form von Freiheitschancen, als auch Herausforderungen, z.B. in Form von radikaler Verunsicherungen, mit sich. Herriger bezeichnet das Leben von Menschen unter diesem 13 Teil A Empowerment – Perspektivenwechsel in der Sozialen Arbeit Paradigma als „zur Freiheit verurteilt“ (vgl. Herriger 2002, 42), was für Individuen Gewinn und/ oder Verlust bedeuten kann. Als Facetten des Gewinns bezeichnet Herriger beispielsweise die Auflösung von traditionellen und sozialen Verpflichtungen, die sich öffnenden Werthorizonte und damit verbunden die Möglichkeit, sein Leben nach eigenem Sinn und Vorstellungen zu gestalten. Als Schattenseiten benennt er die neue Rollenvielfalt und damit verbundene Komplikationen, Orientierungsverlust durch in sich zusammenfallende Sinnwelten, sowie den Entscheidungszwang und der Zwang sein Leben eigenverantwortlicher zu führen (vgl. Herriger 2002, 42ff). Diese veränderte gesellschaftliche Situation fordert laut Herriger vom Individuum besonders drei Kompetenzen: Multiple • Identität und Kohärenz: Verschiedene Lebensbereiche bringen unterschiedliche Anforderungen und Sinnhorizonte mit sich, was von Individuen die Bildung einer multiplen Identität fordert. Diese kann vom Individuum nur dann gemeistert werden, wenn er/ sie über ein Gefühl der Kohärenz (Lebens-Stimmigkeit) verfügt und die „Splitter“ zu einem Bild zusammenfügen kann. Das Subjekt als Baumeister: Wie bereits erwähnt, kann sich das Individuum nicht • mehr wie früher auf den Familienverband verlassen, sondern muss sich selbst soziale Beziehungen aufbauen und diese auch pflegen. Kommunitarismus: Es wird ein neues Solidaritätsgefühl von Individuen gefordert, • das ihnen Zutritt zu neuen Zusammengehörigkeitsgemeinschaften verschafft (vgl. Herriger 2002, 47ff). 2.2. Theoretische Grundlagen 2.2.1. Ausgangslage Die Ausgangslage, auf der Soziale Arbeit unter dem Empowermentgedanken ansetzt ist vielseitig. Zum einen sind die in Kapitel 2.1. beschriebenen Kontextfaktoren zu nennen: Die Profession der Sozialen Arbeit beruht zwar auf klaren ethischen Grundsätzen, die jedoch oft keine Anwendung in der teilweise entwürdigenden und bevormundenden Praxis Sozialer Arbeit finden. Weiterhin bezieht sich das Empowerment-Konzept auf Individuen, die in unserer heutigen Gesellschaft zwar viele neue Chancen haben, jedoch genauso vor große Herausforderungen gestellt sind. Hinzu kommt das Konzept der erlernten Hilflosigkeit nach Seligman und anderen, das Herriger als Ausgangslage des Empowerments in der Sozialen Arbeit sieht. Er sieht den Ansatzpunkt Sozialer Arbeit dort, wo Menschen sich in einer Lage befinden, in der sie in einem bestimmten, mehreren oder allen Bereichen ihres Lebens unter Autonomieverlust, Fremdbestimmung und Machtlosigkeit leiden. Individuen haben das Gefühl, ihr Handeln habe keinerlei Einfluss 14 Teil A Empowerment – Perspektivenwechsel in der Sozialen Arbeit auf ihre Lebenssituation, ein Gefühl der Ohnmächtigkeit hat sich etabliert. Herriger bezeichnet dies als Nullpunkterfahrung (vgl. Herriger 2002, 52ff). An anderer Stelle wird es als Zustand der Demoralisierung bezeichnet (vgl. Knuf 2001, 32ff).Die Theorie erlernter Hilflosigkeit nach Seligman erklärt, wie Menschen in diesen Zustand „geraten“. Ausgangspunkt für die Entstehung ist eine Lebenskrise, die das Individuum nicht bewältigen konnte und welche die gesamte, oder auch die spezielle Lebenssituation unkontrollierbar erscheinen lässt. Es müssen somit zwei Bedingungen für das Entstehen von Hilflosigkeit erfüllt werden: eine krisenhafte Situation und das subjektive Erleben Dieser als unkontrollierbar (vgl. Seligman 1999, 8-37). Bleiben alle Bemühungen die krisenhafte Situation zu beenden - die so genannten Coping Strategien - welche ein Individuum anwendet, erfolglos (wirkt eine Situation also unkontrollierbar), sinken die Motivation und Erfolgserwartungen, stellt sich Passivität ein, treten Folgen wie sozialer Rückzug, Depression und Hilflosigkeit ein (vgl. Herriger 2002, 52-56). Menschen lernen somit Seligman zufolge, dass sie hilflos sind. Diese Erkenntnisse gewann Seligman zunächst aus Tierversuchen und übertrug die gewonnenen Ergebnisse auf Menschen. Abramson, Seligman und Teasdale fügen in ihrer Neuformulierung der Theorie hinzu, dass die Entstehung von Gefühlen der Unkontrollierbarkeit mit inneren Attributionen (bzw. Attributionsstilen) zusammen hängt. Damit meinen sie die Sinnkonstruktionen und Ursachenerklärungen, in die Individuen die erlebte Situation einbetten. Der jeweilige Attributionsstil beeinflusst die Planung von Bewältigungsstrategien und die Bewertung der Bewältigungsversuche. Sie unterscheiden drei Dimensionen der Attributionsstile: Internal vs. external (Ursachen liegen innerhalb oder außerhalb der Person), universell vs. speziell (Ausweitung der Hilflosigkeit auf die Lebensbereiche), stabil vs. variabel (zeitliche Beständigkeit der Auswirkungen). Aus diesen Dimensionen ergibt sich ein Erklärungsstil für erlebte Situationen im Leben der Individuums. Ein optimistischer Erklärungsstil ist eher external, speziell und variabel geprägt, ein Pessimistischer hingegen internal, universell und stabil. Liegt ein pessimistischer Attributionsstil vor, ist die Wahrscheinlichkeit dass erlernte Hilflosigkeit entsteht laut Seligman, Abramson und Teasdale relativ hoch (vgl. Herriger 2002, 57ff). Haben Individuen den Punkt erlernter Hilflosigkeit erreicht, stellt sich ein kognitives, motivationales und emotionales Defizit ein. Diese Diagnose bezeichnet er als Hilflosigkeitsdepression (vgl. Herriger 2002, 60f). Dieses Konzept nennt als Erklärungskontext allein die Erfahrungen eines Individuums und vernachlässigt Faktoren der ökonomischen, kulturellen und sozialen Lebenslage. Es hat sich allerdings laut Seligman herausgestellt, dass erlernte Hilflosigkeit kongruent zu sozialer Benachteiligung verteilt ist (vgl. Herriger 2002, 62). Seligmans Theorie wurde oftmals reformuliert und erneuert, sowie empirisch untersucht (vgl. Seligman 1999, 210-235). Behandelt werden kann erlernte Hilflosigkeit dadurch, dass die Erwartung der Unkontrollierbarkeit 15 Teil A Empowerment – Perspektivenwechsel in der Sozialen Arbeit aufgehoben wird (vgl. Seligman 1999, 52). Hier kommt Empowerment innerhalb der Sozialen Arbeit zum Tragen. Wie das Empowerment-Konzept auf die beschriebene Ausgangslage reagiert, soll in weiteren Verlauf des Teil A dargestellt werden. 2.2.2. Zielstationen des Empowerment-Konzeptes in der Sozialen Arbeit Laut Herriger ist Empowerment eine Reise in die Stärke, die psychologisches und politisches Empowerment umfasst. Prozesse des psychologischen Empowerments setzten an Hilflosigkeit, Demoralisierung und Problemen der Lebensführung an und wollen eine veränderte psychologische Ausstattung von Individuen und Gruppen von Individuen erreichen. Soziale Arbeit soll an dieser Stelle fragen, welche psychosozialen Schutzfaktoren Menschen über schwierige Lebenssituationen hinweghelfen. Herriger geht davon aus, dass dies sowohl personale als auch soziale Faktoren sein können und dass ein ständiger Balanceakt zwischen der belastenden Situation und den zur Verfügung stehenden Bewältigungsressourcen stattfindet4. Durch psychologisches Empowerment sollen beispielsweise Unkontrollierbarkeitserwartungen durchbrochen und ein Schutzschild gegen erneute Hilflosigkeit aufgebaut werden (vgl. Herriger 2002, 169-182). Politisches Empowerment beabsichtigt die Veränderung der Lebenssituation von Individuen und Gruppen, sowie deren politische Partizipation und Umweltgestaltung. Ziel ist die strukturelle Veränderung der Lebenswelt von KlientInnen und der Ausbau von bürgerschaftlichem Engagement, also mehr Partizipation und Mitentscheidung von BürgerInnen in behördlichen und politischen Strukturen. Außerdem ausgebaut werden sollen partizipatorische Kompetenzen und solidarische Gemeinschaften (vgl. Herriger 2002, 167f; 183-189) Dies zeigt deutlich, dass Empowerment auf mehreren Ebenen ansetzt und Ziele formuliert: Auf der individuellen, der Gruppen- und der strukturellen Ebene. Sambale beschreibt dies folgendermaßen: „Dementsprechend entfaltet Empowerment seine Wirkung erst dann, wenn über die Orientierung auf die synergetischen Potenziale der Gemeinschaft eine verbesserte gemeinsame Kontrolle und Gestaltbarkeit der Umwelt angestrebt wird“. (Sambale 2005, 15) An dieser Stelle soll nochmals die Arbeitsdefinition Herrigers herangezogen werden: „Empowerment beschreibt mutmachende Prozesse der Selbstbemächtigung, in denen Menschen in Situationen des Mangels, der Benachteiligung oder der gesellschaftlichen Ausgrenzung beginnen, ihre Angelegenheiten selbst in die Hand zu nehmen, indem sie sich ihrer Fähigkeit bewusst werden, eigene Kräfte entwickeln und ihre individuellen und 4 Bei der näheren Erläuterung bezieht sich Herriger auf das Konzept der Salutogenese nach Antonovsky und das Konzept der Widerstandsfähigkeit nach Kobasa. Diese können an dieser Stelle aufgrund des begrenzten Rahmens dieser Arbeit nicht ausführlicher erläutert werden. 16 Teil A Empowerment – Perspektivenwechsel in der Sozialen Arbeit kollektiven Ressourcen zu einer selbstbestimmten Lebensführung nutzen lernen.“ (Herriger 2002, 18) Daraus abgeleitete Ziele des Empowerments sind Selbstbemächtigung, die Beendigung einer Mangel- bzw. Benachteiligungssituation oder gesellschaftlicher Ausgrenzung, sowie dass Menschen, die in benannten Situationen leben, aktiv werden, erkennen dass sie etwas tun können um ihre Situation zu ändern und dies auch umsetzen, sowie in diesem Prozess Ressourcen erschließen und Kompetenzen zu einer selbstbestimmten Lebensführung erwerben. 2.2.3. Grundsätze und Werte des Empowerment-Konzeptes „Empowernde“ Soziale Arbeit hat gewisse Grundsätze. In der Literatur werden diese theoretischen Annahmen und Ansatzpunkte beschrieben, welche die Soziale Arbeit unter der Empowerment-Perspektive mit sich bringt. Die wichtigsten dieser Grundlagen und Orientierungspunkte werden nun kurz beschrieben und sind Ressourcenorientierung, Partizipation, Ressourcenaktivierung, Netzwerkförderung und soziale Gerechtigkeit. Verändertes Menschenbild: Ressourcen- statt Defizitorientierung: Herriger zieht als Grundlage des Menschenbildes einer von Empowerment geleiteten Sozialen Arbeit die Philosophie der Menschenstärken nach Ann Weik heran, die sie selbst als Gegenrezept für den allgemein in der sozialarbeiterischen Praxis verbreiteten Defizitblickwinkel bezeichnet (vgl. Herriger 2002, 70). Die AdressatInnen werden hier als kompetente KonstrukteurInnen eines gelingenden Alltags gesehen, die, wenn sie auch verschüttet oder momentan nicht zugänglich sind, über Fähigkeiten, Ressourcen und Stärken verfügen. Weik u.a. kritisieren den traditionellen Defizitblickwinkel und glauben an den Wert und das Potential in jeder Person. Sie formulieren drei Grundannahmen: • Jeder Mensch besitzt eine Lebenskraft, die durch Empowerment stimuliert wird, • Diese Kraft ist die Quelle wertvollen Wissens und bringt jeden Menschen, also auch KlientIn und SozialarbeiterIn auf eine Ebene, • Die Nutzung von Stärken und deren Wachstum kann durch Empowerment gefördert werden. Diese Annnahmen bezeichnet Herriger als einen Baustein für eine veränderte Berufsethik Sozialer Arbeit5(vgl. Herriger 2002, 70f). Allerdings kritisiert Herriger diese Philosophie in zwei Punkten: Zum einen kritisiert er, dass Schwächen nicht zugelassen werden, zum anderen mahnt er den mangelnden Umweltbezug an, der die Ellenbogenmentalität unserer Gesellschaft völlig aus dem Blick verliert (vgl. Herriger 2002, 80ff). 5 Schaut man sich hier jedoch die bestehenden ethischen Grundlagen der Sozialen Arbeit an, die in Kapitel 2.1.1. beschrieben wurden wird deutlich, dass keine berufsethische Veränderung, sondern eine Veränderung der Praxis nötig ist. 17 Teil A Empowerment – Perspektivenwechsel in der Sozialen Arbeit Ressourcen und Stärken von Menschen sind im Empowerment-Konzept zentral. Durch die Orientierung an den Ressourcen der KlientInnen, soll ihnen unter anderem ein positiveres Bild über sich selbst vermittelt werden. Steinforth sagt in diesem Zusammenhang, dass Selbstachtung eine Voraussetzung dafür ist, sein Leben selbstverantwortlich führen zu können. Er sagt, dass Soziale Arbeit Selbstachtung fördern kann, wenn sie sich an den Stärken eines Menschen orientiert und respektvoll mit KlientInnen und ihren Wünschen und Bedürfnissen umgeht. Sie kann Selbstachtung jeoch auch gefährden, wenn sie sich nur an Schwächen orientiert (vgl. Steinforth 2002, 50ff). Dieser veränderte Blickwinkel hat Auswirkungen auf sozialarbeiterisches Handeln: • Beziehung zwischen KlientIn und SozialarbeiterIn: SozialarbeiterInnen müssen sich von ihrem gewohnten Expertentum und fürsorglichem Aktivismus abkehren und sollen die KlientInnen stattdessen als ExpertInnen ihrer Lebenswelt anerkennen. Dies bedeutet auch Vertrauen in die AdressatInnen und ihre Stärken zu setzen sowie sie selbst aktiv werden zu lassen. • Zielsetzung und Wege: Ziele sollten keine angebotenen sozialarbeiterischen „Fertigprodukte“, sondern eine Begleitung der Wege der KlientInnen, von ihren Wünschen, Bedürfnissen und Zielen geleitet sein (vgl. Keupp 1994, 98f). Stark bezeichnet als eine Aufgabe Sozialer Arbeit, offene Prozesse anzustoßen und Entwicklungsraum für KlientInnen zu lassen (vgl. Stark 2002, 70ff). Es soll nicht eine Anpassung an Normalität erreicht werden, sondern die KlientInnen sollen dazu befähigt werden ihr eigenes Lebenskonzept zu verwirklichen (vgl. Kraft/ Mielenz 2005, 234). Dies bedeutet, die Lebensentwürfe und das Selbstbestimmungsrecht der KlientInnen anzuerkennen, sowie Umwege und Irrtümer zuzulassen, da diese nach Knuf wichtige Schritte auf dem Weg zu autonomen Handeln sind (vgl. Knuf 2002, 42f). Grenzen sind jedoch dort, wo das Verhalten von KlientInnen sie selbst oder andere verletzt. Außerdem hängt das Gelingen von Empowerment immer auch von institutionellen Gegebenheiten ab. (vgl. Herriger 2002, 16ff) Partizipation: Partizipation ist eine grundlegende Struktur des Empowerments, die sowohl in der Beziehung zwischen KlientIn und SozialarbeiterIn als auch auf struktureller Ebene in der Kommune/ Stadt/ in Behörden angestrebt werden soll. Trotz Teilnahmestrategien ist die sozialarbeiterische Beziehung oft asymmetrisch. Über die dadurch bestehende Gefahr der Bevormundung und Manipulation sollten sich SozialarbeiterInnen bewusst sein (vgl. Herriger 2002, 19ff). Erfolgreiches Empowerment kann nur eine Koproduktion sein. Knuf und Siebert gehen sogar soweit dass sie sagen: „Professionelle Arbeit kann Empowerment Prozesse nur fördern und unterstützen, sie jedoch nicht primär bewirken.“ (Knuf u. Siebert 2002, 18). 18 Teil A Empowerment – Perspektivenwechsel in der Sozialen Arbeit Ressourcenaktivierung: Ressourcenaktivierung zielt darauf ab den Handlungsspielraum und die –möglichkeiten der KlientInnen zu erweitern. Ressourcen können z.B. physikalischer, biochemischer, materieller, interpersonaler, sozialer, makro- soziokultureller Art sein. Oft sind Ressourcen vorhanden, können aber wegen der aktuellen Lebenssituation nicht genutzt werden. Sie gelten als „verschüttet“ und sollen wieder entdeckt und nutzbar gemacht werden. (vgl. Herriger 2002, 25-30) Netzwerkförderung: Soziale Netzwerke ist ein Schlüsselbegriff des EmpowermentKonzeptes, da sie viele Ressourcen bieten. Herriger geht davon aus, dass sie bei der Bewältigung von Belastungen helfen und sich generell positiv auf das Wohlbefinden von Individuen auswirken. Daher ist ihre Herstellung, Erweiterung und Restaurierung von großer Bedeutung innerhalb des Empowerment Ansatzes. Sie können allerdings ebenso eine Quelle von Belastungen sein. Somit ist die Erforschung und Überprüfung von sozialen Netzwerken nötig. (vgl. Herriger 2002, 31ff) Soziale Gerechtigkeit: Herriger bezeichnet Soziale Gerechtigkeit als wichtigen Wert des Empowerments. Soziale Arbeit muss sich mehr für diesen Wert einsetzen und Betroffene dazu befähigen. Ausdruck findet dies in der Praxis des Empowerments beispielsweise in demokratischer Partizipation, in Form von Bürgerbeteiligung und Mitbestimmung, auf die hingearbeitet werden soll (vgl. Herriger, 2000, 174ff). Mit dem Begriff engagierter Parteilichkeit deutet Herriger an, Soziale Arbeit solle sich wieder aktiver für die Lösung gesellschaftlicher Probleme einsetzen. (vgl. Herriger 2002, 35f) 2.2.4. Veränderte Rolle Sozialer Arbeit Anhand der beschriebenen Zielsetzungen, Werte und Strategien „empowernder“ Sozialer Arbeit ergeben sich neue Rollen für SozialarbeiterInnen: • Lebensweltanalytiker: Aufgabe von SozialarbeiterInnen kann sein, eine sensible Analyse der Lebenswelt mit dem Ziel soziale Ungleichheiten aufzudecken, Kognitionen zu hinterfragen und negative Abhängigkeiten ausfindig zu machen. • Kritischer Lebensinterpret: Retrospektiv sollen bisherige Lebenswege analysiert und prospektiv soll aus den Wünschen der KlientInnen eine Lebensperspektive geformt werden, wobei SozialarbeiterInnen die Rolle haben, Kritik zu üben und gemeinsam mit den KlientInnen Grenzen des Verhaltens zu ziehen. • Netzwerker und Ressourcenmobilisierer: Ressourcen sollen mobilisiert und Kompetenzen aufgefrischt bzw. neu erschlossen werden. • Intermediärer Brückenbauer: Soziale Arbeit kann eine Brückenfunktion haben um die Kluft zwischen Menschen/ Gruppen und Institutionen zu überbrücken. • Normalisierungsarbeiter: KlientInnen werden in ihren Lebenswegen unterstützt. 19 Teil A Empowerment – Perspektivenwechsel in der Sozialen Arbeit Organisations- und Systementwickler: SozialarbeiterInnen setzen sich für die • Öffnung administrativer und politischer Strukturen gegenüber Bürgerbeteiligung ein. (vgl. Herriger 2002, 213ff; Kreft, Mielenz 2005, 179ff) 2.3. Überlegungen zur Praxis einer „empowernden“ Sozialen Arbeit Wie die benannten Ziele und Prinzipien des Empowerments in die Praxis umgesetzt werden können wird im Folgenden dargestellt. Dies ist lediglich ein kleiner Ausschnitt der praktischen Möglichkeiten des Empowerments. Vor allem da Prozesse individuell gestaltet werden sollen wäre es verquer, einen festgelegten Maßnahmekatalog zu haben. 2.3.1. Elemente empowernder Sozialer Arbeit Die im Folgenden dargestellten Elemente empowernder Sozialer Arbeit sollen sicherstellen, dass Ressourcenorientierung und Partizipation ernst genommen und verwirklicht werden. Solche Elemente sind beispielsweise: Informierte Zustimmung: Innerhalb der Beziehung zwischen SozialarbeiterInnen und KlientInnen herrscht stets eine Transparenz bezüglich ablaufender Prozesse und Hintergrundinformationen, damit KlientInnen wirklich partizipieren können. Hierzu gehört, dass die KlientInnen zustimmen müssen bevor ein Prozess gestartet/ ein Schritt getan wird und dass die/ der SozialarbeiterIn sicherstellt, dass alle vermittelten Informationen verstanden und Fragen geklärt wurden (vgl. Lenz, Stark 2002, 20f). Bei der Informationsvermittlung ist außerdem zu beachten, dass sowohl zu wenige Informationen, als auch zuviel Informationen zur falschen Zeit zu Verunsicherungen führen können (vgl. Knuf 2001, 45ff). Systemische Kontraktbildung: Hier treten SozialarbeiterInnen und KlientInnen in einen Dialog über den Kontext des Hilfeersuchens, die Ziele des gemeinsamen Prozesses, sowie Erwartungen, Bedürfnisse und Wünsche aller Beteiligten. Diese Kontraktbildung kommt aus der Systemik und soll sicherstellen, dass alle Beteiligten zu Wort kommen und dass die Bedürfnisse und Ziele der KlientInnen im Vordergrund stehen, nicht die der SozialarbeiterInnen. Hier soll eine Grundlage für Zusammenarbeit geschaffen werden. (vgl. Lenz u. Stark 2002, 22ff) 2.3.2. Ebenen und Werkzeuge des Empowerments Empowerment findet auf verschiedenen Ebenen statt, die jedoch oft miteinander verknüpft sind (vgl. Stark 2002, 61f). Herriger beschrieb zunächst drei Ebenen, die individuelle, Gruppenebene und die institutionelle und fügte später die Gemeindeebene hinzu. Die Methoden und Werkzeuge des Empowerments lassen sich klassischerweise diesen Ebenen zuordnen (vgl. Herriger 2002, 83; Herriger 2000, 176). Es gibt jedoch durchaus praktische Ansätze und Methoden, die empowernde Wirkung auf verschiedenen Ebenen 20 Teil A Empowerment – Perspektivenwechsel in der Sozialen Arbeit haben, bzw. Elemente unterschiedlicher Ebenen miteinander verbinden. Jede Ebene wird hier mit je zuzuordnenden Instrumenten beschrieben. Aufgrund des begrenzten Rahmens dieser Arbeit können die Instrumente jedoch nur kurz beschrieben werden. Individuelle Ebene: Empowerment auf individueller Ebene findet vorwiegend innerhalb der Sozialen Einzelfallhilfe statt. Das Ziel der Intervention ist die Konstruktion lebbarer Zukunftsentwürfe und der Erwerb dazu nötiger Kompetenzen, sowie erschließen von Ressourcen. Laut Mewes ist bei vielen KlientInnen zunächst die Herstellung bzw. Sicherung eines Grundfundamentes von Lebensressourcen wichtig (vgl. Mewes 2006, 130). Auf dieser Ebene gibt es vor allem zwei Werkzeuge. Das Biografische Lernen ist der Grundstein, das Unterstützungsmanagement baut darauf auf (vgl. Herriger 2000, 176f). Innerhalb des Biografischen Lernens gibt es drei verschiedene Ansätze: Durch die Erinnerungsarbeit beispielsweise, soll sich das Individuum darüber bewusst werden, welche Kompetenzen sie/ er in der Vergangenheit erworben hat. Außerdem sollen offene Lebensfragen beantwortet werden. Herriger geht davon aus, dass Erinnerung immer Neuinterpretation des Erlebten ist, so dass die/ der Betroffene das Erlebte aus einem anderen Blickwinkel betrachten kann. Teilziele der Erinnerungsarbeit sind das Entdecken von lebensgeschichtlich verschütteten Stärken, das Herstellen von Zugehörigkeit, die retrospektive Bearbeitung von Lebensmarkierungen und der Zugewinn von Zukunft. Der Kompetenzdialog, ein anderer Ansatz, folgt einer viel radikaleren Zukunftsorientierung. Das Refraiming (Suchen nach Settings des Gelingens in der Vergangenheit und Veränderung der Selbstwahrnehmung und Sicht auf die Lebensgeschichte der KlientInnen), ist im Vergleich zur Erinnerungsarbeit, hier nur eine von drei Prozessphasen (vgl. Herriger 2002. 84-117). Gruppenebene: „Empowerment ist [...] das gemeinschaftliche Produkt von Menschen also, die ihre Kräfte bündeln [...].“ (Herriger 2000, 178f) Auf der Gruppenebene sollen Individuen vernetzt und Selbstorganisation gefördert werden. Prozesse auf dieser Ebene können entweder ganz aus der Gruppe selbst, oder mit sozialarbeiterischer Unterstützung angestoßen werden. So ist es beispielsweise Aufgabe der Sozialen Arbeit, den Aufbau und die Gestaltung von Netzwerken unterstützend zu begleiten. Netzwerkanreicherung und -förderung sind hier wichtige Prinzipien (vgl. Herriger 2000, 178). Instrumente sind beispielsweise Bürgerschaftliches Engagement, Unterstützung Eigeninitiierter Prozesse der Selbstorganisation und Netzwerkarbeit im intermediären Raum. Prozesse der Selbstorganisation entstehen meist aus einer Situation der Ohnmacht heraus und kommen in Schwung, wenn Individuen sich zusammen tun und gemeinsam etwas an ihrer Situation ändern wollen. Soziale Arbeit kann solche Prozesse unterstützen, wenn Gruppen an ihre Grenzen stoßen. Die Netzwerkarbeit im intermediären Raum geht eine Stufe weiter. Sie setzt dort ein, wo Individuen nicht über genügend Ressourcen verfügen 21 Teil A Empowerment – Perspektivenwechsel in der Sozialen Arbeit selbst aktiv zu werden. In solchen Situationen ist die Forderung an die Politik, die benötigten Ressourcen zur Verfügung und die an die Soziale Arbeit, verlässliche Hilfen bereit zu stellen. Dieses Instrument könnte auch als Förderung von Selbsthilfe bezeichnet werden und gliedert sich in fünf Arbeitszweige: Wegweiserfunktion, Vermittlung von Starthilfen, Vernetzung von vorhandenen Netzwerken, Angebot von Weiterbildungsmöglichkeiten und Aufbau und Begleitung von Netzwerken. Die Rolle der SozialarbeiterInnen kann hier laut Herriger als MentorIn bezeichnet werden und bringt ein breit gefächertes Anforderungsprofil mit sich(vgl. Herriger 2002, 118-144). Institutionelle Ebene: Auf dieser Ebene geht es vor allem um den Aufbau von Strukturen, die Bürgerbeteiligung in Dienstleistungsbehörden zulassen und fördern, sowie um die Entwicklung von Verfahren, die dies ermöglichen (vgl. Herriger 2000, 178). Es gibt zwei Instrumente die besonders ausgeprägt sind: Die Förderung von Ehrenamt und die Organisationsentwicklung als innere Reform der Sozialen Arbeit. Für gelingendes Empowerment müssen Strukturen, Konzeptionen, Organisation und Einrichtungen Sozialer Arbeit reformiert werden. Die Organisationsentwicklung findet auf drei Ebenen statt: 1. Der Umbau organisatorischer Strukturen: Strukturen wie Verwaltungsdelegation, Problemfragmentierung und selektiver Umweltbezug müssen auf ihre Wirkung hinterfragt und gegebenenfalls reformiert werden. 2. Teamkultur und Organisationsidentität: Mitspracherechte für Mitarbeiter und ein positives Klima im Team erleichtern Empowerment-Prozesse. 3. Kompetenzerweiterung und Organisationales Lernen: Organisation bleiben in einem Lernprozess und einzelne MitarbeiterInnen bekommen die Möglichkeit sich fortzubilden (vgl. Herriger 2002, 145-166). Gemeindeebene: Innerhalb der Gemeinde soll ein Klima geschaffen werden das Selbstorganisation fördert. Außerdem soll die Lebensqualität der Bürger verbessert werden. (vgl. Herriger 2000, 179) 2.3.3. Der Empowerment Prozess Empowerment ist ein dynamischer Prozess und vollzieht sich in folgenden Phasen, die jedoch nicht immer strikt nacheinander ablaufen: Mobilisierung: Menschen beginnen ihre Möglichkeiten und Fähigkeiten zu erkunden und nehmen wahr, dass sie etwas an ihrer Situation verändern können und ihr nicht völlig machtlos ausgeliefert sind. Ein „Umdenken“ ist hier zentral. Individuen und Gruppen beginnen in dieser Phase aktiv zu werden. Engagement und Förderung: Erste spontane Aktivität entwickelt sich zu stabilem Engagement. In dieser Phase sind MentorInnen wichtig, die ermutigten, unterstützen und verborgene Fähigkeiten identifizieren. Integration und Routine: Menschen sind „soziopolitisch erwachsen geworden“. Sie 22 Teil A Empowerment – Perspektivenwechsel in der Sozialen Arbeit müssen außerdem lernen mit ihrer neuen Rolle umzugehen. Überzeugung und brennende Geduld: Sicherheit im Umgang mit partizipatorischen Kompetenzen hat sich eingestellt. Individuen sind überzeugt, dass Veränderung, auch wenn dazu Geduld nötig ist, möglich ist. Diese Phase ist jedoch nicht unbedingt mit dem Erreichen des (politischen) Ziels verbunden. (vgl. Galuske 2007, 264; Stark 2002, 55-61) 2.3.4. Stolpersteine „Stolpersteine für die Alltagspraxis der Sozialen Arbeit“ beschreibt Herriger auf drei Ebenen: Intrapersonale Widerstände: Empowerment bringt, eine veränderte Rolle der Sozialen Arbeit und Hilfeprozesse mit sich. So wird beispielsweise Erfolg anders definiert und Prozesse brauchen länger und sind oft mit Rückschritten verbunden. Dies erfordert viel Geduld von SozialarbeiterInnen. Weiterhin werden Machtverhältnisse radikal verändert, was anfangs sehr schwierig für SozialarbeiterInnen sein kann (vgl. Herriger 2002, 193ff). Dass das Ziel sozialarbeiterischen Handelns ist, sich überflüssig zu machen, ist oft nicht einfach für SozialarbeiterInnen (vgl. Herriger 2002, 144). Sie haben deshalb die Aufgabe, ihr eigenes Verhalten und Denken stets kritisch zu hinterfragen. Beziehungswiderstände (zwischen KlientIn und SozialarbeiterIn): Eines der wichtigsten Prinzipien des Empowerment-Konzeptes ist die Orientierung an den Wünschen und Zielen der/ des KlientIn. Anfangs überfordert dies KlientInnen jedoch häufig, vor allem wenn sie bereits eine lange „Hilfekarriere“ hinter sich haben. Sie reagieren oft abwehrend und lassen sich nur schwer auf die veränderte Arbeitsweise ein. Soziale Arbeit muss außerdem dem Eigenwillen der KlientInnen dort Grenzen setzen, wo SozialarbeiterInnen an ihre psychischen Grenzen kommen, bzw. wo KlientInnen sich selbst oder andere gefährden oder verletzen (vgl. Herriger 2002, 198ff). Institutionelle Widerstände: Partizipation ist eine wichtige Strategie des Empowerments. KlientIn und SozialarbeiterIn sollen gleichberechtigte Partner sein. Trotzdem stehen SozialarbeiterInnen mit dem ihnen auferlegten doppelten Mandat immer im Zwiespalt zwischen Hilfe und Kontrolle. Dies erzeugt schon fast von Natur aus Asymmetrie (vgl. Quindel 2002, 129ff). Dieses strukturell angelegte Konfliktpotential schränkt den Handlungsspielraum sozialarbeiterischen Agierens ein. Eine weitere Schwierigkeit ist der strukturell verankerte Defizitblickwinkel. Um Finanzierung zu bekommen bzw. Unterstützungsleistungen in Anspruch nehmen zu können, müssen bestimmte „Problemkategorien“ erfüllt sein. Somit fängt die sozialarbeiterische Unterstützung oft mit der Analyse der Problemlage und Schwächen an. Auch hohe Fallzahlen und der SozialarbeiterInnen somit auferlegter Zwang zur Sparsamkeit sind Hindernisse für zeitintensive empowernde Ansätze (vgl. Herriger 2002, 201ff). 23 Teil A 2.4. Empowerment – Perspektivenwechsel in der Sozialen Arbeit Kritik am Empowerment-Konzept Die hauptsächliche wissenschaftliche Kritik an das Empowerment-Konzept ist, dass reale Leidenserfahrungen sowohl vom Konzept, als auch von der Philosophie der Menschenstärken, die diesem zugrunde liegt, nicht anerkannt werden. Herriger selbst hat Kritikpunkte an dieser Philosophie und sieht die Kritik auf der einen Seite als berechtigt. Auf der anderen Seite meint er, dass Leidenserfahrungen nicht verleugnet, sondern aus einem anderen Blickwinkel betrachtet werden. So geht er davon aus, dass auch Leidenserfahrungen wichtige Lernprozesse anstoßen und bewirken können und dass Stärken und Kompetenzen aus diesen Erfahrungen gewonnen werden können. (vgl. Sambale 2005, 56f) 3. Fazit und eigene Einschätzung 3.1. Warum ist Empowerment wichtig? Gebraucht wird ein Konzept der Sozialen Arbeit meiner Meinung nach dann, wenn es auf die vorhandenen Problem- und Bedürfnislagen reagiert. Wirft man einen Blick auf die geschilderte Ausgangslage und die Kontextfaktoren der Sozialen Arbeit und der aktuellen gesellschaftlichen Situation wird ersichtlich, dass Empowerment auf diese reagiert. Zunächst wurde die Diskrepanz zwischen der Theorie, Ethik und Praxis der Sozialen Arbeit festgestellt. Vor allem der Punkt, dass Individuen gefördert werden sollen, ihr Leben eigenverantwortlich zu führen, wird wenig in die Praxis umgesetzt. Empowerment hat hier eine besondere Stärke, da dies seine Zielsetzung ist. In Kap. 2.1.1.3 fasste ich zusammen, dass Menschenrechte, die menschliche Würde und soziale Gerechtigkeit wichtige Werte und damit ethische Grundlage der Sozialen Arbeit sind und dass per Definition eine Aufgabe sozialarbeiterischen Handelns ist, sich für diese Werte einzusetzen und Menschen dazu befähigt werden sollen, „in freier Entscheidung ihr Leben besser zu gestalten“ (IFSW, IASSW 2004b, 2). Vergleicht man dies mit den Werten des Empowerment-Konzeptes (siehe Kap. 2.2.3), wie beispielsweise Soziale Gerechtigkeit, Partizipation und Ressourcenorientierung, ist eine große Übereinstimmung festzustellen. Somit ist Empowerment ethisch gesehen ein passendes Konzept für die Soziale Arbeit. Betrachtet man speziell die theoretischen Überlegungen der Sozialen Arbeit als Menschenrechtsprofession Staub-Bernasconis näher, wird ersichtlich, dass Empowerment ein Konzept ist, was diese Werte konsequent umsetzt. Zum Zweiten habe ich die Folgen der gesellschaftlichen Entwicklungsprozesse der Individualisierung und Pluralisierung aufgezeigt. Menschen die mehr unter den Risiken dieser Entwicklungen leiden als die Chancen wahrnehmen zu können, sind zunehmend verunsichert und haben Schwierigkeiten, ihr Leben selbstbestimmt und frei zu führen. Die 24 Teil A Empowerment – Perspektivenwechsel in der Sozialen Arbeit drei genannten Kompetenzen, die Individuen für diese neue Art der Lebensführung brauchen sind: In den multiplen Anforderungen einen Kohärenzsinn herstellen zu können, erfolgreich ein unterstützendes soziales Netzwerk aufzubauen und sich solidarisch mit anderen zu verbünden. Empowerment fördert Individuen in genau diesen drei Bereichen, indem das Individuum wertgeschätzt und unterstützt wird, seinen einen Lebensentwurf zu gestalten, soziale Netzwerke auf- und ausgebaut werden sollen und auch die solidarische Verknüpfung von Menschen mit dem Ziel der Selbstorganisation eine große Rolle spielt. Schließlich ist die erlernte Hilflosigkeit eine Ausgangslage des Empowerment Konzepts. Hierauf reagiert „empowernde“ Soziale Arbeit, indem sie Menschen in ihren Stärken fördert und dort gemeinsam mit ihnen versucht Kompetenzen zu entwickeln und Ressourcen zu erschließen, wo Defizite liegen. Die Zielsetzung des Psychologischen Empowerments ist es unter anderem, Erwartungen der Unkontrollierbarkeit aufzuheben und Lösungsansätze zu finden. Außerdem wirft Empowerment meiner Meinung nach einen selbstkritischen Blick auf die Praxis Sozialer Arbeit, der dringend nötig ist. Neben dem Anbringen von Kritik bietet das Konzept Handlungsvorschläge und zeigt, wie die Ideen in die Tat umgesetzt werden könnten. Bei einem Blick auf die Ausgangslage der erlernten Hilflosigkeit, kam bei mir zunächst der Gedanke auf, dass auch das Empowerment-Konzept an Defiziten ansetzt. Doch Sieht man es in Verbindung mit dem Konzept der Menschenstärken, so wird deutlich dass unter einem empowernden Blickwinkel Individuen auch in solchen Umständen über (verschüttete) Stärken und Ressourcen verfügen. Das Konzept erkennt somit die schwierigen Lebensumstände der AdressatInnen an und sucht Auswege aus diesen Umständen, indem es Schutzfaktoren aufbaut und an den Stärken der AdressatInnen ansetzt. Hierin liegt ein klarer Unterschied zu traditioneller Sozialer Arbeit. Es wird deutlich, dass das Empowerment-Konzept durchaus auf gegebene Bedürfnislagen reagiert. Das Konzept ist meines Erachtens sehr befruchtend für die Soziale Arbeit und schlägt den Perspektivenwechsel der Sozialen Arbeit vor, der schon lange nötig ist. Auch in der Definition Sozialer Arbeit steht, dass die Soziale Arbeit Menschen dazu befähigen soll, ihr Leben in freier Entscheidung besser zu gestalten. Empowerment wird sozusagen in der Definition gefordert. 3.2. Perspektive: Empowerment als Haltung in der Sozialen Arbeit Trotz vieler guter Aspekte des Konzeptes sehe ich auch Defizite. Ähnlich wie andere AutorInnen, die das Empowerment-Konzept dahingehend kritisieren, dass es wirkliche Leidenserfahrungen ausblendet kritisiere ich, dass es nicht angemessen auf die Bedürfnislage der Menschen reagiert, die (momentan) zu „schwach“ sind, um selbst aktiv zu werden (bzw. dies in der Literatur nicht als Option erwähnt wird). Ich denke, dass mit 25 Teil A Empowerment – Perspektivenwechsel in der Sozialen Arbeit diesen Menschen trotzdem unter einer „empowernden Haltung“ gearbeitet werden sollte und Empowerment ein langfristiges Ziel ist, dass aber auch Zeiten der Schwäche ihren Platz haben sollten. Mein Vorschlag an dieser Stelle ist nicht, das Empowerment-Konzept auszuweiten und an diese Bedürfnislagen anzupassen, sondern dass SozialarbeiterInnen dort wo sie tätig sind, unter einer „Empowerment-Haltung“ arbeiten und ihren Handlungsspielraum auf Empowerment-Möglichkeiten untersuchen. Denn davon dass jeder Mensch Stärken, Kompetenzen und Ressourcen hat, bin ich überzeugt. Wo Empowerment scheinbar nicht möglich ist, ist es meines Erachtens nach Aufgabe der Sozialen Arbeit die Ausgangslage bzw. Bedingungen dahingehend zu verändern, dass Empowerment möglich wird. Anders formuliert muss Empowerment hier auf einer anderen Stufe ansetzen. Ein weiterer Kritikpunkt, der stark mit dem eben genannten zusammenhängt, ist die fehlende Wahrnehmung der anwaltschaftlichen Funktion Sozialer Arbeit. Es gibt zu viel soziale Ungerechtigkeit auf dieser Welt, als dass Soziale Arbeit einfach darüber hinweg sehen könnte. Und auch diese Funktion Sozialer Arbeit ist bereits in der Definition des IFSW festgelegt, indem definiert wird, dass Soziale Arbeit als Beruf den sozialen Wandel fördert (vgl. IFSW, IASSW 2004b, 1). In vielen Fällen erachte ich es für nötig, dass SozialarbeiterInnen den ersten Schritt machen und sich, als Angehörige der Menschenrechtsprofession, für Menschenrechte und soziale Gerechtigkeit einsetzten (auch dies wird in der Definition Sozialer Arbeit festgelegt). Wenn einmal ein Anfang vorhanden ist, fällt es Individuen und Gruppen oft leichter aktiv zu werden, da sie neuen Mut schöpfen können. Soziale Gerechtigkeit wird zwar als wichtiger Wert des Empowerment-Konzeptes bezeichnet, findet aber in den weiteren Ausführungen meiner Ansicht nach nicht genügend Beachtung. 3.3. Zusammenfassung: Kriterien für eine „empowernde“ Soziale Arbeit Ich möchte nun der Übersichtlichkeit halber kurz zusammenfassen, was die wichtigsten Kriterien des Empowerments in der Sozialen Arbeit sind: • Ziele des Empowerments sind Selbstbemächtigung, die Beendigung einer Mangelbzw. Benachteiligungssituation oder gesellschaftlicher Ausgrenzung, dass Menschen die in benannten Situationen leben aktiv werden und erkennen dass sie den Faktoren ihrer Lebenslage nicht machtlos ausgeliefert sind, sondern diese beeinflussen und ändern können, dies auch umsetzen, sowie dass in diesem Prozess Ressourcen erschlossen und Kompetenzen zu einer Selbstbestimmten Lebensführung erworben werden. • Werte der sozialen Gerechtigkeit, Partizipation, Ressourcenorientierung und – aktivierung werden angestrebt und umgesetzt. 26 Teil A Empowerment – Perspektivenwechsel in der Sozialen Arbeit • Veränderter Blickwinkel und Haltung der Sozialen Arbeit bedeutet theoretisch, dass der Prozess eine Koproduktion ist und die KlientInnen ExpertInnen sind und über Entscheidungsmacht innerhalb des Unterstützungsprozesses verfügen. AdressatInnen werden von den handelnden SozialarbeiterInnen nicht vor allem in ihren Defiziten und ihrer Hilfsbedürftigkeit gesehen, sondern in ihren Ressourcen und Stärken als gleichberechtigte Partner. In der praktischen Umsetzung bedeutet dies, dass die Ziele und Wünsche, sowie Wege und Tempi der KlientInnen richtungweisend sind und sie aktiv beteiligt werden bzw. Hauptakteure sind und Soziale Arbeit oft nur als Unterstützung oder Begleitung agiert. Dies bringt eine veränderte Rolle und ein verändertes Selbstverständnis der Sozialen Arbeit mit sich. • Die benannten Werte sind keine Leerformeln sondern werden konsequent in die Praxis umgesetzt. Dies bedeutet beispielsweise konkret, dass Ressourcen erschlossen und Kompetenzen beispielsweise durch Netzwerkarbeit erworben werden, Selbstorganisation gefördert und Einfluss auf politische und kommunale Strukturen genommen wird. • Nach meinen weiteren Überlegungen zu Empowerment aus dem letzten Kapitel muss ein weiterer Punkt hinzugefügt werden: Dort wo Empowerment Prozesse scheinbar nicht möglich sind sollen die fehlenden Grundlagen hierfür geschaffen werden (z.B. Veränderung von Strukturen, politischen Einsatz). Dies bedeutet dass manchmal eine anwaltschaftliche Rolle eingenommen werden muss und sich SozialarbeiterInnen konkret für die Rechte ihrer KlientInnen und die Menschenrechte aller einsetzen. Folgendes Zitat drückt meiner Meinung nach aus, was Empowerment im Kern ist: „Das Empowerment-Konzept richtet den Blick auf die Selbstgestaltungskräfte der Adressaten sozialer Arbeit und auf die Ressourcen, die sie produktiv zur Veränderung von belastenden Lebensumständen einzusetzen vermögen. Empowerment ist so programmatisches Kürzel für eine veränderte helfende Praxis, deren Ziel es ist, der Menschen zur Entdeckung ihrer eigenen (vielfach verschütteten) Stärken zu ermutigen, ihre Fähigkeiten zur Selbstbestimmung und Selbstveränderung zu stärken und sie bei der Suche nach Lebensräumen und Lebenszukünften zu unterstützen, die einen Zugewinn von Autonomie, sozialer Teilhabe und eigenbestimmter Lebensregie versprechen“ (Herriger 2002, 7) Meiner Ansicht nach kann Empowerment als Grundhaltung mit seinen Prinzipien und Anregungen für die Soziale Arbeit der Anfang einer Reform der bisherigen Praxis sein und die Perspektive eines veränderten Selbstverständnisses der Sozialen Arbeit aufzeigen, das den theoretischen und ethischen Grundlagen Sozialer Arbeit entspricht – ein (nötiger) Perspektivenwechsel in der Sozialen Arbeit. 27 Teil B Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen in Deutschland TEIL B Soziale Arbeit mit Flüchtlingen in Deutschland „Sicherlich gibt es in der Sozialen Arbeit „leichtere“ Arbeitsfelder, aber nur wenige die wichtiger sind. Denn Arbeit mit Flüchtlingen ist immer auch ein extremer Kampf mit beschränkenden Rahmenbedingungen, mit entwürdigenden Gesetzen, behördlicher Willkür und täglich erlebter Hilflosigkeit. Sie erfordert daher viel Kraft, Mut und Bereitschaft politisch zu denken und zu handeln. Wer sich darauf einlässt, wird einen unermesslichen Reichtum an Erfahrungsschätzen gewinnen, wird viel über fremde Kulturen, Denkweisen und Verhaltensmuster lernen und damit zugleich über sich selbst im Spiegel des Gegenübers.“ (Fritz, Groner 2004,VI) Die Arbeit mit Flüchtlingen ist kein Handlungsfeld, welchem in der Theorie und Praxis Sozialer Arbeit bisher viel Aufmerksamkeit geschenkt wird. Bereiche wie Behinderten-, Alten- und Jugendhilfe sind im Vergleich klassischere Tätigkeitsfelder. Laut Bernhard Zepf ist die Soziale Arbeit mit Flüchtlingen einerseits ein „normales Handlungsfeld“ Sozialer Arbeit, da der Gegenstand allgemein formuliert die Bearbeitung von sozialen Problemen darstellt. Andererseits ist Flüchtlingssozialarbeit laut Zepf jedoch ein Bereich, der mit seinen spezifischen Anforderungen und Rahmenbedingungen außerhalb des Kernbereichs sozialarbeiterischen Handelns liegt (vgl. Zepf 1999, 104). In diesem Teil der Arbeit wird ein Überblick über die Soziale Arbeit mit Flüchtlingen gegeben. Da Soziale Arbeit an der Lebenslage ihrer KlientInnen ansetzen soll, wird zunächst die Lebenslage von Flüchtlingen beschrieben. Hierzu werden asylrechtliche und –politische Rahmenbedingungen dargestellt und auf deren Auswirkung auf die Lebenslage von Flüchtlingen in Deutschland eingegangen, die zunächst deskriptiv beschrieben und anschließend bewertet werden soll. Anschließend wird ein Überblick über das „Handlungsfeld Flüchtlinge“ der Sozialen Arbeit gegeben, unterteilt in Flüchtlinge als NutzerInnen von Mainstream-Angeboten der Sozialen Arbeit und der spezifischen Flüchtlingssozialarbeit. 28 Teil B Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen in Deutschland 4. Lebenslage von Flüchtlingen in Deutschland Der Begriff der Lebenslage stammt ursprünglich aus der Soziologie und wurde zur Erforschung sozialer Ungleichheit und Armut eingesetzt. Lebenslage ist im Kern ein multidimensionales Konstrukt, mit dessen Hilfe verschiedene Lebensbereiche, Bedingungen und prinzipielle Handlungsspielräume eines Individuums oder einer Gruppe dargestellt werden können. Das Lebenslagenkonzept bezieht sich neben der Berufsposition und dem –Einkommen auch beispielsweise auf die Bildungs- und Wohnsituation von Menschen. Eine vollständige Auflistung der Dimensionen der Lebenslage gibt es nicht (vgl. Fuchs-Heinritz u.a. 2007, 387; Voges u.a. 2003, 25-61). Wendt fasst Lebenslage folgendermaßen zusammen: „... Offenkundig meint die (Lebens-)Lage eine Berücksichtigung aller Umstände, unter denen sich die Person befindet, auf mehreren Ebenen der Betrachtung in Relation zu und mit Rücksicht auf die Fähigkeiten, mit den Verhältnissen zurecht zu kommen und auf die Absicht, die man nach seinem Lebensentwurf verfolgt.“ (Hey 2000, 412) Neben Risiken und Schieflagen innerhalb der Lebensumstände von Individuen und Gruppen, sucht das Lebenslagenkonzept vor allem nach Fähigkeiten, Ressourcen und Handlungsspielräumen (vgl. Voges u.a. 43). Die Lebensumstände von Flüchtlingen, im Kontext des Empowerment-Gedankens der sich durch diese Arbeit zieht, mit Hilfe des Konstruktes der Lebenslage darzustellen, erweist sich somit als sinnvoll. Die Lebenslage soll zunächst in die für Flüchtlinge vorherrschenden rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen eingebettet und beschrieben, sowie anschließend bewertet werden. 4.1. Politische und rechtliche Rahmenbedingungen Im Folgenden werden die Asylpolitik und das Asylrecht auf internationaler und nationaler Ebene vorgestellt. Bei diesen Ausführungen besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit. Es soll lediglich ein Einblick in die in diesem Bereicht wichtigsten Regelungen gegeben werden. Sowohl politische, als auch rechtliche Rahmenbedingungen haben einen erheblichen Einfluss auf die Lebenslage von Flüchtlingen.6 4.1.1. Asylpolitik und Asylrecht auf internationaler Ebene Asyl bedeutet im eigentlichen Sinne Freistätte oder Zufluchtsort (vgl. Wahrig-Burfeind 2004, 89). Asyl soll Menschen Schutz bieten, die ohne diesen ihre Lebensaufgaben nicht mehr bewältigen könnten, da die unter Bedrohung oder Verfolgung leiden (vgl. Pschibul 2006, 6). Wenn über Asyl gesprochen wird, ist jedoch meist politisches Asyl gemeint. 6 Zur Vertiefung: Es gibt einige Werke, die einen guten Überblick über die für Flüchtlinge in Deutschland relevanten rechtlichen Regelungen geben. Hiervon sind einige ins Literaturverzeichnis aufgenommen, wie beispielsweise Marx 2005, Hailbronner 2006, Walhalla Fachverlag 2007, sowie Heinhold 2007b. 29 Teil B Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen in Deutschland Politisches Asyl bietet Schutz für Personen, die wegen ihrer politischen Überzeugung, Zugehörigkeit zu einer Rasse, Nationalität, Geschlecht, oder Religion verfolgt werden. Von ihnen kann z.B. in Deutschland das so genannte politische Asyl beantragen werden, das in Art.16aGG als Grundrecht geregelt ist. In der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der UNO vom 10.12.1948 ist Asyl zudem in Art.14Abs.1 als ein Menschenrecht festgelegt (vgl. Müller 1990, 29). Eine weitere internationale Regelung, die im Bereich des Asyls wichtig wird, ist die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK), die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (vgl. von Loeper 1995, 02.000.001). An dieser Auswahl der rechtlichen Grundlagen wird bereits deutlich, dass es beim Thema Flüchtlinge auch um das Thema Menschenrechte geht. Weil ihnen diese in ihrem Herkunftsland aus verschiedenen Gründen nicht gewährt wurden, suchen sie Asyl in einem anderen Land, um sie dort in Anspruch nehmen zu können und Schutz zu finden. Weiterhin zentral ist die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), das internationale Übereinkommen über die Rechtsstellung von Flüchtlingen vom 28.7.1951. Sie regelt nicht das Recht auf Asyl, sondern das Recht im Asyl (vgl. Nuscheler 1995, 71). Sie regelt erstmals die Rechtsstellung von Flüchtlingen und definiert, wer ein Flüchtling ist. Der Flüchtlingsbegriff, der zunächst eine Sammelkategorie ist (Sie umfasst als solche alle in Kapitel 1.1.2 beschriebenen Statusgruppen), die eine Gruppe von Menschen meint, welche vor allem ein Aspekt verbindet - sie verließen ihre Heimat aus einer Notlage heraus, die sie subjektiv als Bedrohung für ihr Leben empfanden – wird durch die GFK spezifiziert und eingegrenzt und gilt rechtlich gesehen nicht als Sammelbegriff, sondern ausschließlich für Personen, welche die Kriterien dieser Definition erfüllen7. Als Flüchtling gelten laut der GFK Personen, die „aus der begründeten Angst vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihren politischen Überzeugungen sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen will; oder die sich als staatenlos infolge solcher Ereignisse außerhalb des Landes befindet, in welchem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte und nicht dorthin zurückkehren kann oder wegen der erwähnten Befürchtungen nicht dorthin zurückkehren will.“ (UNHCR 1951, Kap.1 Art. 1A). Diese Definition stellt die rechtliche Grundlage der Hilfegewährung des UNHCR dar. Der UNHCR wurde 1951 für den Rechtsschutz von Flüchtlingen und zur Lösung der Flüchtlingsproblematik von der UNO eingesetzt (vgl. von Loeper 1995, L.009.001). Nur 7 In dieser Arbeit wird der Begriff nicht nach seiner rechtlichen Definition, sondern als Sammelkategorie verwendet. Diese Verwendungsweise vereinfacht es über Aspekte zu schreiben, die alle Statusgruppen betreffen. Wird also in dieser Arbeit von Flüchtlingen gesprochen, meint dies keine der in diesem Kapitel beschriebenen spezifischen Gruppen. 30 Teil B Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen in Deutschland Individuen, welche die Kriterien der Definition der GFK erfüllen, kommen in den Genuss der Hilfemaßnahmen des UNHCR, dessen festgelegten Mindestleistungen für Flüchtlinge in den Vertragsstaaten und den Rechtschutz der GFK. Kritik an den Grenzen der GFK hegt zum Beispiel Müller. Er benennt vier Gruppen, die von dem Schutz der GFK ausgeschlossen werden, da sie die Kriterien nicht erfüllen, doch eigentlich einbezogen werden sollten: Binnenflüchtlinge, Opfer militärischer Auseinandersetzungen, sowie Armuts- und Umweltflüchtlinge. Das Kriterium der „begründeten Angst vor Verfolgung“ sieht er zudem als kaum objektivierbar (vgl. Müller 1990, 29). Drei weitere Abkommen sind auf europäischer Ebene (EU, Norwegen und Schweiz) zentral. Zunächst gibt es das Schengener Abkommen, das die verringerte Grenzkontrolle zwischen der EU-Mitgliedsstaaten, jedoch eine verstärkte gemeinsame Kontrolle an den EU-Außengrenzen regelt. Im Dublin II Übereinkommen wird festgelegt, in welchem Mitgliedsstaat eine Person, die Asyl sucht, dieses zu beantragen hat (vgl. Pro Asyl 2008b). Dies kann nämlich seit diesem Übereinkommen nicht mehr frei gewählt werden. Asyl ist in dem Mitgliedsstaat zu beantragen, den die Person auf ihrer Flucht zuerst betrat (vgl. Pro Asyl 2006, 4f). Das Schengener Abkommen ist also ein außenpolitisches, das Dublin II Abkommen ein innenpolitisches Instrument der EUAsylpolitik. Zusätzlich zu Dublin II gibt es innerpolitisch die Eurodac Verordnung. Sie ermöglicht einen europaweiten Fingerabdruckabgleich von „Menschen ohne Aufenthaltsrecht“ über 14 Jahre. Dieses System ist seit 2003 im Einsatz und hat zum Ziel die Zuständigkeit für Flüchtlinge innerhalb der EU noch besser zu regeln (vgl. Pro Asyl 2008b). Diese drei Verordnungen haben stark zur Senkung der Flüchtlingszahlen in der EU beigetragen. Dies liegt jedoch nicht daran, dass weltweit weniger Menschen fliehen, sondern ist vielmehr auf die verstärkte Kontrolle an den EU-Außengrenzen zurückzuführen (vgl. Pro Asyl 2008a, 22ff). So nehmen beispielsweise Flüchtlingszahlen in Schwellen- und Entwicklungsländern wie Pakistan, Tansania und Syrien zu (Syrien nahm allein im Jahr 2006 500.000 iranische Flüchtlinge auf), wohingegen im Jahr 2007 in den 27 Mitgliedsstaaten der EU insgesamt 223.000 Asylanträge gestellt wurden (vgl. Pro Asyl, Medico International 2008, 4). Innerhalb der EU sanken die Asylantragszahlen in den meisten Ländern, lediglich in Ländern an den EU-Außengrenzen, wie z.B. Italien, Malta und Ungarn stiegen sie durch Dublin II in den letzten Jahren (vgl. BAMF 2008b, 8). 31 Teil B Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen in Deutschland 4.1.2. Politische und rechtliche Rahmenbedingungen in Deutschland In Deutschland wird die aufenthaltsrechtliche Situation von verschiedenen Gesetzen geregelt. Als besonders wichtig sind folgende zu nennen: Das Grundgesetz, regelt in Art.16a das Grundrecht auf Asyl für politisch Verfolgte8 (vgl. BAMF 2008a,1), das Aufenthaltsgesetz, das Asylverfahrensgesetz und das Asylbewerberleistungsgesetz (vgl. Walhalla Fachverlag 2007, 12-13). Es gibt fortlaufend Gesetzesänderungen in diesem Bereich. Dies liegt zum Teil daran, dass Rechtssprechung und Politik immer auf gegebene Umstände reagieren. Im Bereich des Asyls sind sie beispielsweise immer abhängig von den aktuellen Flüchtlingszahlen. So führte die stetige Zunahme der Zahl der Asylanträge in den 90er Jahren zu einer Reform des Asylrechts in Deutschland. In diesem Zug wurde das AsylbLG verabschiedet, das die Sozialleistungen für Asylsuchende vor allem über die Vergabe von Sachmitteln wie z.B. Essenspakete regelt (vgl. Heinhold 2007a, 2). Die letzte große Gesetzesänderung in diesem Bereich fand 2005 statt. Hier wurde das AufenthG erlassen und löste das bis dato gültige Ausländergesetz ab. Dies hatte vielseitige Auswirkungen auf die Lebenslage von Flüchtlingen in Deutschland (vgl. Zepf 1999, 107; Pschibul 2006, 12-26). Im Folgenden wird das Asylverfahren in Deutschland dargestellt. In diesem Rahmen werden die verschiedenen Status, die Flüchtlinge in Deutschland haben können, genannt und kurz erläutert. Es werden vor allem rechtliche, aber auch einige oft verwendete, nicht rechtliche Begriffe berücksichtigt. In dieser Arbeit sollen alle Begriffe nach ihrer Definition verwendet werden. Ausnahmen werden an betreffenden Stellen kenntlich gemacht. Zweck des Asylverfahrens ist zu prüfen, ob entweder die Kriterien des Art.16aGG (Recht auf politisches Asyl) oder die Kriterien für das kleine Asyl nach §60Abs.1AufenthG und damit die Kriterien der GFK-Flüchtlingsdefinition erfüllt werden (vgl. Nuscheler 1995, 72). Meldet sich eine Person innerhalb des deutschen Bundesgebietes bei einer Behörde als asylsuchend, wird er/ sie zunächst nach dem Erstverteilungssystem EASY der zuständigen Erstaufnahmeeinrichtung zugewiesen (vgl. Weiß 2007, 31). Während Asylsuchende dort untergebracht sind, beantragen sie Asyl bei der zuständigen Außenstelle des BAMF. Kurze Zeit später findet eine Anhörung statt, in der von dem/ der AntragsstellerIn die Verfolgungsgründe und –Erfahrungen vollständig dargestellt werden müssen. Falls möglich sollten getroffene Aussagen mit Beweismaterial untermauert werden. Hier muss der Flüchtling seine subjektive, begründete Furcht vor Verfolgung darstellen (vgl. Nuscheler 1995, 72). Vielen Flüchtlingen ist die Wichtigkeit dieser Anhörung nicht bewusst. Oft stellen sie aus diesem Grund, sowie weil sie Angst vor deutschen Behörden haben und ihnen nahe stehende Personen, die noch im Heimatland 8 An dieser Stelle wird erneut deutlich, dass das Thema Grund- und Menschenrechte für Flüchtlinge zentral ist. 32 Teil B Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen in Deutschland leben, schützen wollen, nicht alle Tatsachen und Gründe ihrer Flucht vollständig dar (vgl. Brand, Weidenhammer 1995, S.10.009.001). Nach der Antragsstellung erhalten Asylsuchende eine Aufenthaltsgestattung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung über ihren Antrag. Nach der Prüfung der von dem/ der AntragsstellerIn gemachten Angaben und eventueller weiterer Überprüfung der im Herkunftsland herrschenden Bedingungen, wird vom BAMF eine Entscheidung getroffen, die dem/ der Asylsuchenden schriftlich mitgeteilt wird (vgl. BAMF festgeschriebenen 2008a, 1). Zeitrahmen Während gibt) der wird Prüfungszeit der/ die (für die Asylsuchende es in keinen einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylsuchende untergebracht (vgl. Lillig, Strasser 2004, 126). Nach der Entscheidung verändert sich der rechtliche Status der Asylsuchenden Person. Im Folgenden werden die verschiedenen Status und ihre rechtliche Bedeutung dargestellt. Status vor der Entscheidung des BAMF: „AsylbewerberInnen“ sind Personen, die beim BAMF (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) einen Antrag auf Asyl nach Art.16a GG gestellt haben. Dies ist somit der Status, den eine Asyl suchende Person vom Zeitpunkt der Antragsstellung bis zur Entscheidung innehat (vgl. BAMF 2008, 1). Mit diesem rechtlichen Status sind gesetzliche Restriktionen verbunden, die im Rahmen der Lebenslagenschilderung in Kap.4.2.1 näher erläutert werden. Der Begriff „Asylsuchende/r“ wird vor allem in de Schweiz als Synonym bzw. ersatzweise für Asylbewerber gebraucht. Da Asylsuchende/r meiner Meinung nach positiver klingt, verwende ich diesen anstelle von Asylbewerber. Status nach einer „positiven“ Entscheidung des BAMF: Eine „positive“ Entscheidung kann entweder die Gewährung des politischen oder des kleinen Asyls bedeuten. „Asylberechtigte“ sind Personen, denen vom BAMF nach Art.16aGG politisches Asyl gewährt wird (vgl. Mestrovic 2003, 6f; Diakonisches Werk der EKD 1996, 15f). Asylberechtigte erhalten eine Aufenthaltserlaubnis nach §25Abs.1AufenthG, sowie eine Arbeitserlaubnis und unterliegen weniger Restriktionen als bislang (siehe Kap.4.2.2). Unter der Bezeichnung „GFK-Flüchtling“ werden Personen verstanden, die zwar kein politisches Asyl nach Art.16aGG erhalten, jedoch im Rahmen des so genannten „kleinen Asyls“ die Kriterien des §60Abs.1AufenthG erfüllen (vgl. von Loeper 1995, L.006.001) und somit nach §25Abs.1AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erhalten. Sie sind rechtlich Asylberechtigten gleichgestellt. Das wichtigste Kriterium, welches das politische Asyl von dem kleinen Asyl unterscheidet, ist die staatliche bzw. nicht staatliche Verfolgung. Politisches Asyl wird nur bei Verfolgung direkt von Herkunftsstaat, oder von diesem unterstützt, gewährt (vgl. BAMF 2005, 4ff). Die erhaltene Aufenthaltserlaubnis gilt für 3 Jahre. Nach Ablauf der Frist werden Widerrufs- und Rücknahmevoraussetzungen des 33 Teil B Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen in Deutschland Asyls nach §73Abs.2aAsylVG geprüft. Sind die Gründe, die eine Asylgewährung legitimierten nicht mehr gegeben, wird das Asyl widerrufen. Sind die Gründe nach wie vor gegeben, erhalten Flüchtlinge eine unbefristete Niederlassungserlaubnis. Das BAMF hat auch nach Ablauf dieser 3 Jahre jederzeit das Recht, den Sachverhalt neu zu überprüfen und eine Widerrufung auszusprechen (vgl. BAMF 2005, 16). Status nach „negativer“ Entscheidung des BAMF: Entscheidet das BAMF, dass weder die Kriterien des Art.16aGG, noch die Kriterien des §60Abs.1AufenthG erfüllt werden, wird der Antrag auf Asyl entweder als unbegründet oder als offensichtlich unbegründet abgelehnt9. Bei einer solchen Entscheidung wird anschließend zusätzlich geprüft, ob der/ die AntragsstellerIn abgeschoben werden kann oder nicht. Aus bestimmten humanitären oder politischen Gründen (vgl. Blahusch 1992, 150), kann den Flüchtlingen ein Abschiebungsverbot nach §60Abs.2-7AufenthG gewährt werden10. Personen mit einer solchen Entscheidung werden als „De-facto-Flüchtlinge“ bezeichnet. In Behörden lautet die gängige Bezeichnung „ausreisepflichtige Ausländer“ (vgl. Lillig, Strasser 2004, 125). Sie erhalten eine Duldung für jeweils 3-6 Monate (vgl. von Loeper 1995, L.004.001). Alle 3-6 Monate wird neu entschieden, ob weiterhin Bedingungen bestehen, die ein Abschiebeverbot legitimieren. Viele Flüchtlinge leben jahrelang mit diesem Status in Deutschland. Liegen die humanitären bzw. politischen Gründe zum Zeitpunkt einer Prüfung nicht mehr vor, wird eine Abschiebeandrohung ins Heimatland mit einer einwöchigen Frist (bei offensichtlich unbegründetem Antrag) bzw. einer einmonatigen Frist (bei unbegründetem Antrag) ausgehändigt. Gegen eine Abschiebungsandrohung kann innerhalb einer gewissen Frist Klage eingereicht werden. Da im Asylverfahren geprüft wurde, ob die Kriterien der GFK-Definition vorliegen und dies bei De-factoFlüchtligen als negativ entschieden wurde, greift der Rechtsschutz der GFK nicht für Personen mit diesem Aufenthaltsstatus (vgl. Nuscheler 1995, 72). Sie leben weiterhin unter denselben Bedingungen wie Asylsuchende, mit dem Unterschied, dass sie keine Aufenthaltsgestattung, sondern eine Duldung erhalten. Eine weitere mögliche Konsequenz einer negativen Entscheidung kann eine Abschiebungsandrohung in einen sicheren Drittstaat sein. Hier greift die Dublin II Verordnung (vgl. BAMF 2008a, 1). Weitere - nicht rechtliche - Begriffe: Der Begriff des „Flüchtlings“ kann wie in Kapitel 4.1.1 erwähnt ein Sammelbegriff oder ein rechtlicher Begriff nach der GFK sein. Nach Deutschem Recht kommen Asylsuchende dann unter den Rechtsschutz der GFK, wenn 9 Als offensichtlich unbegründet wrden Anträge abgelehnt, wenn dem/ der AntragsstellerIn z.B. Verbrechen im Herkunftsland nachgewiesen werden können, oder er/ sie unehrlich bei Angaben zur Identität oder Staatsangehörigkeit war (vgl. BAMF 2005, 15) 10 Dieses Abschiebungsverbot wird auch als „Subsidiärer Schutz“ bezeichnet (vgl. BAMF 2005, 8). 34 Teil B sie Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen in Deutschland nach Art.16aAbs.1GG als Asylberechtigte politisches Asyl oder nach §60Abs.1AufenthG als GFK-Flüchtlinge das kleine Asyl erhalten (vgl. BAMF 2008a, 1). Weiterhin existiert der Begriff des „Armutsflüchtlings“, der kein rechtlicher in Deutschland ist. Dies ist lediglich eine Bezeichnung für Menschen, die aus einer armutsbedingten Notlage, die durchaus auch in Verbindung mit Verfolgung stehen kann, geflohen sind. Fälschlicherweise werden sie im Laiensprachgebrauch oft als Wirtschaftsflüchtlinge bezeichnet, was auch lediglich eine laienhafte bzw. höchstenfalls politische Bezeichnung ist. Als Wirtschaftsflüchtlinge werden Personen bezeichnet, denen unterstellt wird, dass sie Asyl in einem westlichen Industriestaat suchen, um ihre wirtschaftliche Lage zu verbessern. Dieser Begriff wird oft im Zusammenhang mit Asylmissbrauch verwendet. Ein weiterer Begriff, der häufig in alltäglicher Kommunikation gebraucht wird, ist „AsylantIn“. Dieser Begriff ist jedoch lediglich ein abwertender, umgangssprachlicher Ausdruck für Flüchtlinge (vgl. von Loeper 1995, L.002.001) und wird daher in dieser Arbeit nicht verwendet. Andere Personengruppen sind beispielsweise Binnen-, Bürgerkriegs- und Kontingentflüchtliche. Da diese Personengruppen jedoch in dieser Arbeit keine gesonderte Rolle spielen, werden sie hier nicht näher erläutert. Ein besonderes Verfahren gibt es bei Asylsuchenden die Deutschland per Flugzeug erreichen, das Flughafenverfahren. Diese bleiben auf dem Flughafengelände bis sie einen Antrag gestellt haben und eine erste Prüfung stattgefunden hat. Fällt diese für die Betroffenen negativ aus, werden sie abgeschoben. Ist sie positiv, werden sie als Asylsuchende in einer GU untergebracht und es gelten ab diesem Zeitpunkt dieselben Rechtssprechungen wie im „normalen“ Asylverfahren. (vgl. BMAF 2008a, 1) Da Asylrecht und –Politik unter anderem von Flüchtlingszahlen abhängig sind, sollen die aktuellen Asylantragszahlen und ihre Entwicklung der letzten Jahre nun kurz vorgestellt werden. Anfang der 90er Jahre begann die Anzahl der Asylerstanträge in Deutschland kontinuierlich zu steigen. 1992 war mit 438.191 Erstanträgen der Höchststand erreicht. Ab 1993 fingen die Zahlen wieder an, stark zu sinken (vgl. BAMF 2008b, 27). Im Jahre 2007 erreichte Deutschland mit 19.164 Asylersuchen den historischen Tiefstand seit 1977 (vgl. Pro Asyl 2008a, 22). Insgesamt wurden im Jahr 2007 vom BAMF 28.572 Asylentscheidungen getroffen. Diese Zahl beinhaltet Erst- und Folgeanträge. Die Gesamtschutzquote beträgt 27,5 %, worunter 304 AntragsstellerInnen politisches Asyl nach Art.16aGG (1,1%), 6.893 AntragsstellerInnen das kleine Asyl nach §60Abs.1AufenthG (24,1%) und 673 Personen wurde der so genannte Abschiebeschutz (2,4%) gewährt bzw. eine Duldung ausgesprochen wurde. Durch Dublin II wurden 5.390 Personen an die jeweils zuständigen sicheren Drittstaaten abgeschoben (vgl. Pro Asyl 2008a, 22f). Diese Abschiebung ist ein längerer Prozess der oft mit Inhaftierung von bis 35 Teil B Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen in Deutschland zu 11 Monaten verbunden ist (vgl. Pelzer 2008, 20-21). Im Jahre 2007 wurden in Deutschland außerdem 13.784 Widerrufsverfahren geführt, wobei 6.025 Personen ihr Schutz- bzw. Flüchtlingsstatus entzogen wurde. Im Zeitraum der letzten 5 Jahre hat das BAMF 20.676 Personen Schutzstatus gewährt, sowie 51.250 weiteren Personen ihren Schutzstatus entzogen (vgl. Pro Asyl 2008a, 23f).11 4.2. Dimensionen der Lebenslagen von Flüchtlingen in Deutschland Folgend sollen die Lebenslagen von Flüchtlingen in Deutschland dargestellt werden. Natürlich lebt jeder Flüchtling unter individuellen Umständen. Dennoch geben die rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen einen engen Rahmen für die Lebenslagen von Flüchtlingen in Deutschland vor. Wie sich diese Regelungen konkret auf die Lebenslage bzw. einzelne Dimensionen auswirken soll nun dargestellt werden. Die Lebenslagen von Flüchtlingen werden auch von anderen Faktoren, wie den Erfahrungen und Situationen in den Herkunftsländern bestimmt, sind aber zu einem großen Teil von den geschilderten Rahmenbedingungen abhängig. Bei der Darstellung muss aufgrund unterschiedlicher Statusgruppen zwischen verschiedenen Gruppen innerhalb der Personen, die hier als Flüchtlinge bezeichnet werden, unterschieden werden. Der Fokus liegt hierbei besonders auf der Situation der Gruppe der De-facto-Flüchtlinge und Asylsuchenden, da diese sich als besonders komplex darstellt. 4.2.1. Asylsuchende und De-facto-Flüchtlinge Dimension Wohnen: Die Mehrzahl der Asylsuchenden und De-facto-Flüchtlinge sind in so genannten GUs oder Sammellagern untergebracht. Die Unterbringung ist auf landesgesetzlicher Ebene geregelt (vgl. Kühne 2004, 165)12. In wenigen Kommunen sind Flüchtlinge dezentralisiert untergebracht. Da innerhalb der Unterkünfte selten auf kulturelle Zusammensetzung geachtet wird, leben Asylsuchende und De-facto-Flüchtlinge oft mit einer Vielzahl von verschiedenen Kulturen auf engem Raum zusammen. Auf engem Raum deshalb, weil sie selten über ein eigenes Zimmer verfügen, sondern ihren kompletten Lebensraum (Wohnraum, Koch- und Sanitäranlagen) mit mehreren Personen teilen müssen (vgl. Lillig, Strasser 2004, 127). Rechtlich stehen ihnen 10qm zu, diese haben sie jedoch vielmals in der Realität nicht zur eigenen Verfügung. Teilweise leben vier Personen in einem Mehrbettzimmer mit einer Fläche von 12-16qm (vgl. Weiß 2007, 35). In vielen Unterkünften herrscht zudem striktes Kochverbot. Die BewohnerInnen werden hier fremdversorgt. (vgl. Nuscheler 1995, 174ff). Die GUs befinden sich meist in 11 Ausführlichere Daten zu Herkunftsländern und der Entwicklung der nationalen und internatonalen Antragszahlen gibt es in dem vom BAMF erstellten Dokument „Asyl in Zahlen 2007“ (BAMF 2008b). 12 Die Standards der Unterbringung in den Bundesländern differieren stark (vgl. Kühne2004, 165f). 36 Teil B Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen in Deutschland Stadtteilen mit hohem Migrationsanteil (vgl. Weiß 2007, 40). Asylsuchende und De-factoFlüchtlinge unterliegen außerdem einer Residenzpflicht, was bedeutet, dass sie sich nur im Bezirk der für ihnen zuständigen Ausländerbehörde aufhalten dürfen. Wollen sie diesen Bezirk verlassen, müssen sie eine Genehmigung beantragen (vgl. Lillig, Strasser 2004, 127). Dimension Bildung und Arbeit: In der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10.12.1948 ist Bildung in Art.26Abs.1 - „Jeder Mensch hat das Recht auf Bildung“ - und Arbeit in Art.23 - „Jeder Mensch hat das Recht auf Arbeit, auf freie Berufswahl, auf angemessene und befriedigende Arbeitsbedingungen, sowie auf Schutz gegen Arbeitslosigkeit“ - als Menschenrecht formuliert (vgl. Flüchtlingsrat Niedersachsen 2007a, 3;25). Das Recht auf Arbeit für Asylsuchende wurde laut Franz Nuscheler nur deswegen nicht ins Recht auf Asyl aufgenommen, weil es bereits als Menschen- und Grundrecht gilt (vgl. Nuscheler 1995, 177). Für Kinder dieser Personengruppe besteht in Deutschland keine Schulpflicht (vgl. Geißberg 1990, 100). Diese und andere Zugangsbarrieren sorgen dafür, dass der Zugang von Flüchtlingskindern zu Bildung oft nicht frei ist (vgl. Flüchtlingsrat Niedersachsen 2008, 23). Bildungstitel und –abschlüsse, die Flüchtlinge in ihrem Herkunftsland erworben haben, werden meist in Deutschland nicht anerkannt. Dies führt dazu, dass falls sie die Möglichkeit bekommen einer Erwerbsarbeit nachzugehen, sie zunächst nur die Aussicht auf Tätigkeiten haben, die keine höhere Qualifikation voraussetzen. Für Asylsuchende gilt ein 12-monatiges Arbeitsverbot ab dem Tag der Einreise. Nach Ablauf dieser Frist kann eine eingeschränkte Arbeitserlaubnis beantragt werden13 (vgl. Lillig, Strasser 2004, 125). Auch Kenntnisse der deutschen Sprache und Sprachkurse gehören in die Dimension Bildung. Laut Gülzlaff ist Sprache ein wichtiges Merkmal für Integration (vgl. Gülzaff 2008, 147). Sprachkurse sind jedoch für Asylsuchende nicht verpflichtend und werden auch nicht flächendeckend angeboten (vgl. Lillig, Strasser 2004, 127). Dimension Sozialleistungen und Einkommen: Die Grundleistungen die Asylsuchende bzw. De-facto-Flüchtlinge erhalten, sind in §3Abs.1AsylbLG geregelt: „Der notwendige Bedarf an Ernährung, Unterkunft, Heizung Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts wird durch 13 Diese eingeschränkte Arbeitserlaubnis unterliegt jedoch, falls sie erteilt wird, weiteren Restriktionen. So gilt sie beispielsweise bei De-facto-Flüchtlingen jeweils nur für den Zeitraum der aktuellen Duldung. Wollen Asylsuchende und De-facto-Flüchtlinge eine Arbeitserlaubnis beantragen, müssen sie sich durch eigene Bemühungen eine Stelle suchen. Gefundene Stellen müssen der Agentur für Arbeit gemeldet werden. Diese schreibt sie vier Wochen lang für andere Arbeitssuchende aus. Nur wenn sich in diesem Zeitraum niemand für die Stelle bewirbt, darf der Asylbewerber sie annehmen und bekommt eine Arbeitserlaubnis (vgl. Lillig, Strasser 2004, 125). 37 Teil B Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen in Deutschland Sachleistungen abgedeckt. Kann Kleidung nicht geleistet werden, so kann sie in Form von Wertgutscheinen oder anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen gewährt werden.“ (Walhalla Fachverlag 2007, 402) Der Sozialhilfesatz, der vor allem in Sach- und teilweise in Geldleistungen an Asylsuchende ausbezahlt wird, beträgt für einen Zeitraum von 36 Monate 202 Euro monatlich. Sanktionen bei Regelverstößen können diesen Satz nach dem Ermessen der zuständigen Behörde kürzen. Nach 36 Monaten erhalten Asylsuchende den vollen Sozialhilfesatz, der auch Deutschen zusteht (vgl. Lillig, Strasser 2004, 126). Über ein Erwerbseinkommen verfügt die Mehrzahl der Asylsuchenden aufgrund des Arbeitsverbotes nicht. Der Bedarf der Ernährung wird vielerorts über Essenspakete bzw. Fremdversorgung innerhalb der GU abgedeckt. Zum „Einzug“ erhalten Asylsuchende üblicherweise in vielen Einrichtungen ein Hausratspaket, das sie mit Gegenständen wie Bettwäsche und Handtüchern ausstattet (vgl. Lillig, Strasser 2004, 126). Dimension Beziehungen: Die Dimension Beziehungen hat in der aktuellen Lebenslage von Flüchtlingen einen besonderen Stellenwert. Im Zuge der Flucht haben sie ihren gewohnten Lebensraum und damit alle Beziehungen verlassen. Viele wissen nicht, ob ihre Familie noch lebt, oder wo Familienmitglieder sich aufhalten, andere haben noch Kontakt ins Heimatland. Viele Flüchtlinge kennen zumindest ein paar Landsleute, die auch nach Deutschland flohen, haben aber wegen der Residenzpflicht meist legal gesehen nicht die Möglichkeit diese zu treffen, wenn sie nicht zufällig im selben Bezirk leben. Fliehen Flüchtlinge zusammen, wird deren Familieneinheit im Asylverfahren nur begrenzt beachtet. Kinder unter 16 Jahren müssen, falls ihre Eltern auch einen Asylantrag stellen, in diesen einbezogen werden (vgl. BAMF 2005, 10). Werden von verschiedenen Familienmitgliedern einzelne Asylanträge gestellt, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die AntragsstellerInnen verschiedenen Bezirken zugeteilt werden (vgl. Lillig, Strasser 2004, 127). Der Wunsch von Flüchtlingen in der Nähe von Familie oder Freunden zu sein wird nicht beachtet (vgl. Weiß 2007, 35). Auch innerhalb der GU ist es für Asylsuchende und De-facto-Flüchtlinge oft schwierig Beziehungen aufzubauen, da dort viele verschiedene Kulturen zusammenleben und es meist allein durch die Sprache Kommunikationsbarrieren gibt. Solche und weitere Barrieren bestehen auch zwischen Asylsuchenden und der Aufnahmegesellschaft. Oftmals haben Asylsuchende keinerlei Kontaktmöglichkeiten außerhalb der Einrichtung, da sie keiner Erwerbsarbeit nachgehen und sich die Mitgliedschaft in einem Verein zur Freizeitgestaltung nicht leisten könnten und ihnen dies in vielen Fällen auch kulturell fremd ist. Der fehlende Austausch zwischen Asylsuchenden und Mitgliedern der Aufnahmegesellschaft ist teilweise auf Fremdheitskonstruktionen zurückzuführen, die zwischen beiden Gruppen bestehen. Das Problem ist hier nicht die Andersartigkeit an sich, sondern die vorhandenen Assoziationen 38 Teil B Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen in Deutschland und Gefühle, die mit dieser Fremdheit verbunden sind (vgl. Sprung 2004, 24). Dies können beispielsweise Vorurteile auf beiden Seiten sein. Castro Varela spricht in diesem Zusammenhang von der Angst vor dem Fremden und meint, dass Andersartigkeit einerseits exotisch, andererseits aber auch gefährlich auf uns wirken kann (vgl. Castro Varela 2004, 37). Auch Friedrich Blahusch thematisiert diesen Zwiespalt und formuliert: „Fremdheit als soziologische Kategorie beschreibt jenes labile und prekäre Verhältnis von Nähe und Distanz, von Vereinnahmung und Ausgrenzung, die Abstoßungs- und Anziehungsprozesse als Gewährung von Zugangschancen oder Abwehrreaktionen, die sich zwischen ‚Ingroup-Mitgliedern’ und ‚Neuankömmlingen’ abspielen und den Status von Nichtzugehörigen charakterisieren“ (Blahusch 1991, 42) Dimension Freizeitgestaltung: Aufgrund des Arbeitsverbotes und fehlender finanzieller Mittel sich an Freizeitangeboten der Mehrheitsgesellschaft zu beteiligen, haben viele Asylsuchende und De-facto-Flüchtlinge viel freie Zeit, mit der sie oft nichts anzufangen wissen. Sie verbringen viel Zeit in der GU oder in der Stadt, wo sie in Gruppen Einheimishen wiederum oft als „Herumlungernde“ auffallen. (vgl. Nuscheler 1995, 178) Dimension Gesundheit: Vor allem zu der psychischen Gesundheit von Flüchtlingen und Asylsuchenden gibt es viel Fachliteratur. Dies ist vermutlich die am meisten erforschte Dimension der Lebenslage von Flüchtlingen. Der erste Begriff, der in der Fachliteratur an vielen Stellen in Verbindung mit Flüchtlingen auftaucht, ist Trauma bzw. Traumatisierung. Laut Andreas Knuf bedeutet „Trauma“ Wunde, seelische Erschütterung oder Schock. In einer traumatischen Situation sind Menschen äußerst bedrohlichen Umständen vollkommen ausgeliefert und können weder davor fliehen noch dagegen ankämpfen (vgl. Knuf u. Tilly 2004, 128). Zudem wird das Gehirn mit einer Flut von Reizen überschüttet, die in nicht sofort verarbeitet werden können (vgl. Huber 2005, 39). Es ist jedoch nicht jedes schreckliche Erlebnis sofort ein Trauma. Traumatisierend wird ein Erlebnis erst in Zusammenhang mit der Bedeutungszuschreibung, die Betroffene dieser Situation beimessen (vgl. Weiß 2007, 5). In der Fachliteratur wird zwischen verschiedenen Traumen unterschieden, z.B.schweren (und langen) und nicht schweren (und kurzen), sowie zwischen „man-made“ und zufällig entstehenden Traumen unterschieden (vgl. Weiß 2007,6ff). Nicht jede traumatisierte Person war zwangsläufig Opfer in der erlebten Situation. Traumen können sowohl bei Opfern als auch bei TäterInnen und ZeugInnen hervorgerufen werden (vgl. Huber 2005, 40). So vielfältig wie die möglichen traumatisierenden Umstände14, sind auch deren Folgen bzw. Reaktionen von Individuen. 14 Laut einer Studie hatten 25-30 % aller Flüchtlinge in Mittel- und Nordeuropa Folter zu erleiden. Dies umfasst Folter psychischer und physischer Art. Physische Folgen erhöhen das Risiko einer starken psychischen Reaktion (vgl. Birck 2004, 177ff). 39 Teil B Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen in Deutschland Eine häufige Reaktion ist beispielsweise die Posttraumatische Belastungsstörung (PTSD). Im ICD-10 wird sie folgendermaßen definiert: „...entsteht als verzogene oder protrakierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde“ (WHO 2006, 164) Typische Merkmale dieser Störung sind laut ICD-10 beispielsweise das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen, andauerndes Gefühl des Betäubtseins, emotionale Stumpfheit, Gleichgültigkeit anderen Menschen gegenüber, Freudlosigkeit, Vermeidung von Aktivitäten die Erinnerungen an die traumatische(n) Situation(en) hervorrufen könnten, Schlafstörung, Angst, Depression und Suizidalität (vgl. WHO 2006, 164). Im DSM-IV heißt es außerdem, dass diese Reaktion in der Regel innerhalb der ersten drei Monate nach dem Erlebnis eintreten (vgl. Saß u.a. 1998, 490). Eine weitere Folge traumatischen Erlebens kann eine Akute Belastungsreaktion (ICD10) bzw. Akute Belastungsstörung (DSM-IV) sein. Typische Merkmale sind hier neben den Symptomen der PTSD Dissoziation und die verminderte Wahrnehmung der Umwelt. Diese Reaktion ist, was sich schon aus ihrem Titel erahnen lässt, eher von kurzer Dauer (vgl. Weiß 2007, 16). Es gibt außerdem eine Vielzahl an anderen möglichen Reaktionen, wie beispielsweise Dissoziation, Depression, Hilflosigkeit, und Persönlichkeitsstörung, bzw. –veränderung (vgl. Weiß 2007, 17). Diese hier alle ausführlich zu beschreiben würde allerdings den begrenzten Rahmen dieser Arbeit sprengen. Neben den Reaktionen auf traumatische Erlebnisse sind bei Flüchtlingen oft zusätzlich psychosoziale Folgen der Flucht zu sehen. Durch die Flucht werden die Kontinuität und Stabilität der bisherigen Lebenssituation und –abläufe zerstört. Der Wiederaufbau dieser Komponenten im Exilland braucht Zeit und verläuft oft nicht gerade problemlos. Das Verlassen der Heimat ist bei vielen Flüchtlingen zusätzlich mit einer Entwurzelung verbunden. Flüchtlinge suchen nach Geborgenheit, Annahme und Schutz im Aufnahmeland und stoßen stattdessen oft auf Ablehnung. Han zufolge sind viele Flüchtlinge desorientiert und verunsichert, da sie nicht komplett mit dem Herkunftsland abbrechen und sich oft nicht ganz auf die Aufnahmegesellschaft einlassen können. Im Zusammenhang mit diesem Prozess leiden Flüchtlinge unter Akkulturationsstress15 (vgl. Weiß 2007, 37ff). Das „verschwimmen“ von allgemeingültigen Normen in Deutschland, verursacht durch den Prozess der Individualisierung, erschwert es Flüchtlingen, sich der Aufnahmegesellschaft anzunähern, da zum eine Unterschiede zum Wertesystem des 15 Akkulturation ist laut Han der Prozess der allmählichen Einführung in die Kultur der Aufnahmegesellschaft (vgl. Weiß 2007, 39). 40 Teil B Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen in Deutschland Herkunftslandes größer werden und es zum anderen kein einheitliches Bild der deutschen Kultur bzw. Gesellschaft gibt. Aus einer Kombination der Fluchterfahrungen, den falschen Erwartungen (die vor allem von Schleppern bzw. FluchthelferInnen hervorgerufen werden (vgl.Abdallah-Steinkopf 2008)), die Asylsuchende oft mit sich bringen und den Rahmenbedingungen im Exilland, entsteht bei vielen Flüchtlingen eine „Entwurzelungsdepression“. Zunächst sind viele Flüchtlinge wegen der Erwartungen einer sich bessernden Lebenssituation sehr euphorisch, werden aber deprimiert, wenn sie die Realität der in Deutschland für sie gegebenen Bedingungen begreifen (vgl. Brand u. Weidenhammer 1995, S.10.003.001ff). Eine Untersuchung ergab, dass „Lagersituationen“ wie die unter denen Flüchtlinge leben, Deprivationserscheinungen und Hospitalismusschäden hervorrufen können. Diese Situation und die ständige Angst vor Abschiebung bei Asylsuchenden und De-factoFlüchtlingen rufen Folgen wie den Verlust einer gesicherten Lebensperspektive, verringertes Selbstwertgefühl, Scham, Schuldkomplexe, verminderte Affektregulation, psychosomatische Beschwerden und den Verlust von Eigeninitiative hervor (vgl. Nuscheler 1995, 179f). Dadurch dass vor allem Männer nicht arbeiten und Frauen nicht kochen dürfen, leiden viele Familien darunter, dass sie ihre traditionellen Rollen nicht mehr ausführen können und fühlen sich nutz- und wertlos. Laut Angelika Birk begünstigen die Rahmenbedingungen in Deutschland Angst- und Ohnmachtsgefühle der Flüchtlinge und verschärfen ihre psychische Belastung (vgl. Birck 2004, 178). Die Gesundheitsversorgung von Asylsuchenden und De-facto-Flüchtlingen ist auf ein Mindestmaß reduziert. Es findet lediglich eine Notlinderung statt (vgl. Weiß 2007, 33). 4.2.2. Asylberechtigte und GFK-Flüchtlinge Viele der beschriebenen Aspekte der Lebenslagendimensionen von Asylsuchenden und De-facto-Flüchtlingen treffen durchaus auch auf Asylberechtigte und GFK-Flüchtlinge zu. Die drei stärksten Gemeinsamkeiten sind die psychische Situation, die fehlende Anerkennung der Qualifizierung aus dem Herkunftsland und die Schwierigkeiten in der Beziehungsgestaltung zu Mitgliedern der Aufnahmegesellschaft. Für diese Personengruppe ist der Erwerb der deutschen Sprache sogar noch zentraler als für die in den GUs untergebrachten Flüchtlinge, da sich Asylberechtigte und GFK-Flüchtlinge in ihrem alltäglichen Leben noch stärker mit der deutschen Aufnahmegesellschaft auseinandersetzen müssen und (vgl. Gützlaff 2008, 147). Es gibt jedoch auch einige Unterschiede zwischen den beiden Statusgruppen. So sind Asylberechtigte und GFKFlüchtlinge in der Lage ihren Wohnort frei zu wählen und sind im Sozialhilfegesetz deutschen Bürgern gleichgestellt. Auch unterliegen sie keinem Arbeitsverbot, sondern können sich nach eigenem Belieben auf dem deutschen Arbeitsmarkt einbringen (vgl. 41 Teil B Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen in Deutschland Lillig, Strasser 2004, 124). Zusammenfassend ist also zu sagen, dass diese Statusgruppen zwar Freiheit auf dem Wohn- und Arbeitsmarkt haben und trotzdem weiterhin viele Barrieren, v.a. kommunikationstechnischer und psychischer Art vorliegen. 4.3. Bewertung der Rahmenbedingungen und Lebenslagen „Stellen Sie sich vor, Sie müssen in ein fremdes Land fliehen, weil Krieg herrscht und sämtliche Lebensgrundlagen zerstört sind. Weil Sie wegen Ihrer Hautfarbe, Ihrem Glauben, Ihrer politischen Überzeugung oder Ihrem Geschlecht fürchterliche Repressalien ausgesetzt sind, weil niemand Sie und Ihre Angehörigen vor Übergriffen, Vergewaltigungen, Folter und Mord schützt. Sie erreichen unter großen Anstrengungen ein Land wie z.B. Deutschland und glauben sich endlich in Sicherheit. Aber man begegnet Ihnen mit Misstrauen und Abneigung. Man kennt die Verhältnisse in Ihrer Heimat nicht genau und glaubt Ihnen nicht. Sie sprechen die Sprache nicht. Ihre Versorgung mit Wohnraum, Lebensmitteln und medizinischer Behandlung beschränkt sich auf ein absolutes Minimum. Sie dürfen nicht arbeiten und Ihren zugewiesenen Aufenthaltsort unter Strafandrohung nicht verlassen. In solchen und ähnlichen Situationen befinden sich viele tausend Flüchtlinge in unserem Land.“ (Pro Asyl 2004, 1) Die Asylantragszahlen in Europa sinken seit ein paar Jahren immer mehr. Dies liegt vor allem an der abschottenden Außenpolitik, die seitens der EU betrieben wird. So gibt es immer mehr Flüchtlinge in Schwellen- und Entwicklungsländern (vgl. Pro Asyl, Medico International 2008, 4). In diesen Ländern leben Flüchtlinge in großen Massenlagern unter prekären Umständen. Dadurch dass viele von ihnen nicht unter die GFK-Definition und somit auch nicht unter den GFK-Schutz fallen, erhalten Flüchtlinge hier oft keine bzw. nicht genügend Unterstützung des UNHCR. Es reicht jedoch bereits einen Blick beispielsweise nach Malta, Süditalien oder Griechenland zu werfen. Auch hier leben Flüchtlinge in großen Massenlagern, während Länder wie Deutschland, das Vereinigte Königreich und Frankreich durch Dublin II sinkende Asylantragszahlen verzeichnen und viele AntragsstellerInnen an Drittländer abschieben. Pro Asyl bemängelt, dass Europa somit für Flüchtlinge zu einem „Verschiebebahnhof“ geworden ist (vgl. Pro Asyl 2006, 9ff). Asylpolitik in Deutschland findet natürlich nicht unabhängig von der europäischen Abschottungspolitik statt. An vielen Stellen bezeichnen Autoren die Politik in Deutschland als Abschreckungspolitik mit der Zielsetzung, Deutschland als Aufnahmeland unattraktiv für Flüchtlinge zu machen (vgl. Nuscheler 1995, 79). Eine nähere Betrachtung der Lebenslage lässt diese Aussage auch heute noch nicht unberechtigt erscheinen: Durch die beengte Wohnsituation, haben Asylsuchende oftmals keinerlei Privatsphäre (vgl. Weiß 2007, 36) und sind ständigen Konflikten mit ihren MitbewohnerInnen ausgeliefert. Diese Situation ist ein Nährboden für Frustration und Gewaltausbrüche (vgl. Nuscheler 1995, 42 Teil B Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen in Deutschland 175f). Durch fehlende Möglichkeiten einer sinnvollen Freizeitgestaltung, sowie einer Erwerbsarbeit nachgehen zu können, verbunden mit Niederlagen bei dem Versuch eine Arbeitserlaubnis zu erlangen, haben viele Asylsuchende keine Alternative zum Herumlungern und Nichtstun (vgl. Nuscheler 1995, 178; Lillig, Strasser 2004, 124). Gekoppelt mit ihrer schlechten ökonomischen Lage kommt es bei Asylsuchenden und Defacto-Flüchtlingen oft zu einer von zwei Reaktionen: 1. Frustration und Hilflosigkeit. Je länger die Beschäftigungslosigkeit anhält, desto mehr brechen Zeit- und Lebensstrukturen weg. Vor allem bei Familienvätern, denen ihre oft traditionelle Rolle des Familienernährers genommen wird, kommt es nicht selten zu Selbstwertverlust und Aggression (vgl. Lillig, Strasser 2004, 128). Viele fühlen sich als bloßes Objekt staatlicher Fürsorge (vgl. Weiß 2007, 36). 2. Betroffene nehmen ein illegales Beschäftigungsverhältnis auf. Dies geschieht oft nicht aus reinen Gründen der Langeweile, sondern vor allem, weil viele Asylsuchende und De-facto-Flüchtling um die hohen Kosten für die im Asylverfahren unumgänglichen Rechtsbeistände und Dolmetscher wissen. Lillig zieht aus einer Studie das Fazit, dass Flüchtlinge in Deutschland kriminalisiert werden, sobald sie versuchen ein „normales Leben“ zu führen (vgl. Lillig, Strasser 2004, 128; Nuscheler 1995, 178). Diese Kriminalisierung bezieht sich nicht allein auf die Aufnahme illegaler Beschäftigung, sondern ebenso auf den Versuch, Beziehungen zu leben. Viele Asylsuchende und Defacto-Flüchtlinge setzten sich über die Residenzpflicht hinweg, um Familienangehörige und Freunde in anderen Teilen Deutschlands zu besuchen. Besonders wenn Familienmitglieder für die Betroffenen so nah und doch unerreichbar sind, ist dies für Viele vor dem Hintergrund der mit der Flucht verbundenen Beziehungsabbrüche und dem kulturell hohen Stellenwert der Familie schlimm (vgl. Lillig, Strasser 2004, 127). Auch um überhaupt eine Chance auf Asyl in Deutschland zu haben, machen viele Flüchtlinge falsche Angaben über ihren Weg nach Deutschland. Seit Dublin II ist es für Flüchtlinge, die Deutschland nicht mit dem Flugzeug erreichen, fast unmöglich, nicht durch einen sicheren Drittstaat gekommen zu sein (vgl. Steffen 2004, 44ff). Wegen fehlender Angebote der Krankenversorgung bleiben psychische Belastungen und Störungen oft unbehandelt und werden durch die Lebensumstände in Deutschland sogar noch verschärft (vgl. Birck 2004, 178f; Weiß 2007, 33). Ambivalent ist auch die Umsetzung der GFK-Kriterien in den Asylentscheidungen des BAMF. Das Kriterium ist hier die subjektive begründete Furcht vor Verfolgung, das BAMF gründet seine Entscheidung jedoch eher auf objektive Gegebenheiten (vgl. Flüchtlingsrat Niedersachsen 2007b, 9ff). In der Anhörung fällt es Asylsuchenden wegen ihrer psychischen Belastung zudem schwer, in widerspruchsfreie Aussagen zu machen. Sie empfinden aufgrund der im Heimatland gemachten Erfahrungen Angst und Misstrauen gegenüber deutschen Behörden und können nicht einschätzen, wie mit den Informationen, die sie weitergeben, umgegangen 43 Teil B Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen in Deutschland wird. Diese Ängste und der generelle Misstrauensverdacht, der Flüchtlingen in vielen Behörden entgegengebracht werden sorgen oft für negative Entscheidungen (vgl. Flüchtlingsrat Niedersachsen 2007b, 7; Weiß 2007, 33; Lillig, Strasser 2004, 124). Fasst man all diese vor allem durch Rahmenbedingungen in Deutschland verursachten Lebensumstände zusammen ist es nicht mehr ganz so abwegig, von einer Abschreckungspolitik im Bereich Asyl in Deutschland zu sprechen. Wie bereits beschrieben, ist ebenfalls die Konfrontation mit sehr fremden kulturellen Werten für Flüchtlinge oft zunächst schwierig. Gleichzeitig sind die Möglichkeiten die eigene kulturelle Identität auszuleben beispielsweise dadurch sehr eingeschränkt, dass Asylsuchende durch Essenspakete oder Fremdversorgung Nahrungsmittel erhalten. Dies nimmt zudem Frauen die Möglichkeit eine weitere ihrer gewohnten Rollen auszufüllen (vgl. Weiß 2007, 35). Flüchtlinge bilden somit eine Randgruppe, die von der eigenen Gesellschaft ausgestoßen und von der fremden Gesellschaft nicht aufgenommen wird (vgl. Nuscheler 1995, 182; Weiß 2007, 40f). In einem Zeitungsartikel der ZEIT (siehe Anhang 1) geht es um drei junge Tschetschenen, die im Rahmen einer Fahndung im Fernsehen, Radio und Zeitungen mit Bildern als Terrorverdächtige gesucht wurden. Auslöser der Fahndung war ein Mann, der sie an einer Bushaltestelle sah und zu hören meinte, dass sie auf arabisch über einen geplanten Anschlag sprachen. Nach einer Großrazzia, verbunden mit Untersuchungshaft und einigen Stunden Verhör für die Tschetschenen, stellte sich heraus, dass die drei jungen Männer völlig unschuldig waren, sich auf Russisch unterhalten hatten und der Mann, der die Polizei alarmierte, der arabischen Sprache nicht mächtig war. Die drei Asylsuchenden sind noch heute, drei Jahre nach dem Vorfall, traumatisiert und werden sowohl von eigenen Landsleuten, als auch von Einheimischen teilweise gemieden (vgl. Denso 2008, 12). Was die Polizei in einer solchen Situation tun kann, ist eine schwierige Frage, doch vor allem verdeutlicht mir dieser Artikel, welch gravierende Auswirkungen das Bild haben kann, das viele Deutsche noch immer von Ausländern, vor allem islamischen Hintergrunds, vertreten. Die Ausländerpolitik und Medien sind meines Erachtens nicht unschuldig an dieser Situation. Zieht man eine Bilanz aus den Restriktionen und Umständen, unter denen Asylsuchende in Deutschland leben, wirft dies nicht gerade ein positives Licht auf den Umgang Deutschlands mit Flüchtlingen. Im Grundgesetz heißt es in Art.1: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, Arbeit und Bildung sind Menschenrechte. Flüchtlinge, die aus ihrem Land wegen Menschenrechtsverletzungen fliehen, sind diesen, zwar in milderer Form aber dennoch, auch in Deutschland ausgesetzt. Schulze-Gockel formuliert, dass Asylsuchende durch diese Ungleichbehandlung gegenüber anderen AusländerInnen und Deutschen, zu Menschen dritter Klasse degradiert werden (vgl. Schulze-Gockel 2003, 8f). 44 Teil B Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen in Deutschland Stellungnahme der EKD: „Jeder Flüchtling ist ein Mensch. Unabhängig von den Motiven seiner Flucht, seiner Rechtsstellung und der Dauer seines Aufenthaltes bei uns hat er Anspruch auf menschenwürdige Behandlung“ (Nuscheler 1995) Anstatt Flüchtlinge aus einem Blickwinkel von Vorurteilen, Fremdheit anzusehen, sollten wir anerkennen, welche Stärke sie erweisen mussten, um den Weg nach Deutschland auf sich nehmen zu können (vgl. Weiß 2007, 40). Soziologisch gesehen ist Flucht kein ReizReaktionsmuster, sondern impliziert Individuen, die, wenn auch nicht frei gewählt, aktiv fliehen (vgl. Treibel 2008, 165ff). Avril Butler schreibt, dass Flüchtlinge als Bürde empfunden werden, anstatt als Bereicherung. Sie bezeichnet die Flüchtlinge als eine Personengruppe, die sich in einem Übergang befindet, jedoch bedeutende Ressourcen hat. Sie sieht sie jedoch ebenfalls als eine Gruppe, die von der Befriedigung existenzieller Bedürfnisse wie Nahrung, Beziehungen und Familienleben ausgeschlossen sind (vgl. Butler 2005, 149ff). Flüchtlinge kommen nach Deutschland, um einen Neuanfang zu machen (vgl. Weiß 2007, 41). Die Soziale Arbeit und deutsche Aufnahmegesellschaft sollten dafür sorgen, dass ein Neuanfang mit vereinten Kräften und Ressourcen unter guten Bedingungen möglich ist. 5. Theorie und Praxis Sozialer Arbeit mit Flüchtlingen in Deutschland Deutschland ist eine Einwanderungsgesellschaft. Dies hat inzwischen auch die Politik eingesehen und ist wohl eine der großen, politisch sehr umkämpften, Einsichten der letzten Jahre. 2004 schrieben Treichler und Cyrus, dass noch keine offizielle politischstaatliche Anerkennung der Bundesrepublik Deutschland als Einwanderungsland stattgefunden habe (vgl. Cyrus, Treichler 2004, 11). Da die Soziale Arbeit immer von gesellschaftlichen und politischen Bedingungen abhängig ist und ihr Gegenstand soziale Probleme und individuelle Betroffenheit sind, wird auch die Praxis der Sozialen Arbeit immer interkultureller. „Die Geschichte der Sozialen Arbeit zeigt, dass es immer einen Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen Entwicklungen und den sich daraus erwachsenden Problemlagen, die zu Aufgabenfeldern der Sozialen Arbeit werden können, gibt.“ (Blahusch 1991, 41) Hubertus Schröer meint, „Soziale Arbeit ist heute interkulturell, oder sie ist nicht professionell“ (Schröer 2008, 15). Auch Richmond behauptete bereits 1917, dass Soziale Arbeit scheitere, ignoriert sie ihre kulturelle Vielfalt und ihre damit verbundene ethische Komponente (vgl. Maroon 2007, 371). Diese Interkulturalität stellt die Theorie und Praxis der postmodernen Sozialen Arbeit in Deutschland vor vielerlei Herausforderungen. Zwei dieser Herausforderungen heißen Interkulturelle Öffnung und Kompetenz. Im Folgenden sollen zwei Erscheinungsformen von Interkulturalität bzw. Flüchtlingen in der Sozialen Arbeit dargestellt werden. 45 Teil B Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen in Deutschland 5.1. Flüchtlinge als NutzerInnen von Mainstream-Angeboten der Sozialen Arbeit Da in Deutschland zunehmend Menschen mit verschiedenem kulturellem Hintergrund leben wird auch das Klientel Sozialer Arbeit verstärkt interkulturell. Sei es im Jugendhaus, in der Beratungsstelle des ASD, oder in der Betriebssozialarbeit, Menschen aus anderen Kulturen bringen veränderte Erwartungen, Problemlagen und Anforderungen mit sich. Die Soziale Arbeit kann in vielen Fällen ihr „bewährtes Standardprogramm“ nicht auf diese Klientelgruppe übertragen, sondern ist herausgefordert, Strategien zu entwickeln, welche diesen Anforderungen gerecht werden. Im Zuge dieser Diskussion sind in der Fachliteratur besonders zwei Begriffe wichtig: Interkulturelle Öffnung und Kompetenz. Interkulturelle Öffnung meint den Prozess, in dem Behörden und Einrichtungen Zugangsbarrieren für Menschen mit verschiedenem kulturellen Hintergrund erkennen, abbauen (vgl. Sprung 2004, 22) und lernen, sie in die bestehende Angebotsstruktur effektiv einzubinden. Sie wird als Schlüssel zur Gestaltung der Einwanderungsgesellschaft verstanden und angemahnt (vgl. Simon-Hohm 2004, 231). Manfred Budzinskis versteht Interkulturelle Öffnung als „ ... wesentliche Rahmenbedingung für den Integrationsprozess im Einwanderungsland Deutschland. Sie hat Auswirkungen auf die Mitarbeiter, Strukturen, Prozesse und Ergebnisse des Handelns in öffentlichen Institutionen und Verwaltung. Interkulturelle Öffnung führt zur Veränderung von Aufbau- und Ablauforganisation und zum Abbau von Zugangsbarrieren.“ (Budzinski 2008, 8) Der Begriff der Interkulturellen Öffnung verdeutlicht, dass Multikulturalität und somit die Arbeit mit Flüchtlingen, nicht nur ein spezielles Handlungsfeld Sozialer Arbeit, sondern ein Querschnittsthema ist, dass Flüchtlinge und andere AusländerInnen also in MainstreamAngeboten der Sozialen Arbeit präsent sind. Avril Butler stellt fest, dass die Bedürfnisse von Flüchtlingen oft nicht in die Kriterien der angebotenen Hilfeleistungen passen Sie plädiert für eine kultursensible Arbeitsweise Sozialer Arbeit (vgl. Butler u.a. 2006, 63ff). Dies trifft den Kernbereicht der zweiten Anforderung an die Soziale Arbeit in der Einwanderungsgesellschaft Deutschland, die Interkulturelle Kompetenz, die Schröer als zweite Seite des interkulturellen Veränderungsprozesses sieht (vgl. Schröer 2008, 15). Interkulturelle Kompetenz ist ein Begriff der innerhalb und außerhalb der Sozialen Arbeit viel diskutiert ist, oft ohne genau Bedeutungszuschreibung verwendet wird (vgl. SimonHohm 2002, 39) und eine Schlüsselkompetenz der Sozialen Arbeit mit AusländerInnen darstellt (vg. Freise 2005, 10f). Simon-Hohm definiert Interkulturelle Kompetenz als „ ... ein komplexes Bündel von Kompetenzen, das Reflexionsvermögen und Handlungsfähigkeit in kulturellen Überschneidungssituationen ermöglicht. Interkulturelle Kompetenz umfasst ein Repertoire an kognitivem Wissen und individuellen, persönlichen Fähigkeiten. Interkulturelle Kompetenz bedeutet dieses Bündel von Teilkompetenzen in unterschiedlichem kulturellen Kontext situationsgerecht und professionell einsetzen und mit ethischen Reflexionen verknüpfen zu können.“ (Simon-Hohm 2002, 41) 46 Teil B Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen in Deutschland Anette Sprung spricht im Zusammenhang mit interkultureller Kompetenz von einem veränderten Umgang mit Fremdheit, dem sich unter anderem die Soziale Arbeit stellen muss (vgl. Sprung 2004, 20). Verfügen SozialarbeiterInnen über zu wenig Wissen und Interesse an der Kultur der KlientInnen und zuwenig kulturelle Sensibilität, kommt es laut Maroon zu einer verkürzten Erfassung ihrer Lebenslage, wodurch sie sich missverstanden fühlen. Seiner Meinung nach stellt sich nicht die Frage, ob kultursensible Soziale Arbeit nötig ist, sondern wie sie aussehen kann (vgl. Maroon 2007, 371f). 5.2. Flüchtlingssozialarbeit Interkulturelle Kompetenz wird sowohl in Mainstream-Angeboten Sozialer Arbeit benötigt, die mit Interkulturalität und AusländerInnen als einem Querschnittsthema arbeiten, als auch in der Arbeit mit AusländerInnen, als speziellem Handlungsfeld der Sozialen Arbeit, der Migrationssozialarbeit. Die Soziale Arbeit mit Zuwanderern fing im 19. Jahrhundert mit der Ausländerbeschäftigung an und fand in den 60er und 70er Jahren ihren Höhepunkt in der Betreuung von Gastarbeitern und deren nachgezogenen Familien (vgl. Blahusch 1991, 43). Die Migrationssozialarbeit wird heute vorwiegend von AWO, Caritas und der Diakonie geleistet und folgt in ihrer Tradition eher einer paternalistischen Hilfekultur, in der AusländerInnen vor allem als hilflose, politisch und gesellschaftlich entmündigte „Wesen“ gesehen werden. Ansätze der Selbstorganisation und Selbsthilfe von MirgantInnen sind in diesem Zusammenhang bislang wenig gefördert, jedoch immer mehr am Entstehen (vgl. Woge e.V.; Institut für Soziale Arbeit e.V. 1999, 498ff). Dass diese Selbstorganisation trotz wenig Förderung und Bemühungen seitens der Politik entsteht, zeigt, dass es einen Bedarf gibt. Sprung meint, dass in Deutschland die Soziale Arbeit mit MigrantInnen zu abgeschirmt von Mainstream-Angeboten stattfindet und dass eine stärkere interkulturelle Öffnung angestrebt werden sollte (vgl. Sprung 2004, 22). Meinem Erachten nach ist Flüchtlingssozialarbeit jedoch weiterhin wichtig, besonders solange besagte interkulturelle Öffnung noch nicht ausgeprägt stattgefunden hat. Im Rahmen der interkulturellen Sozialen Arbeit werden auch Flüchtlinge als eine spezifische Gruppe unter den Zuwanderern erfasst. Auch sie tauchen sowohl als KlientInnen in Mainstream-Angeboten auf, sind jedoch auch zunehmend eine spezifische Zielgruppe der Sozialen Arbeit. In der Fachliteratur wird von Flüchtlingssozialarbeit gesprochen. Bis in die 1970er Jahre war sie Teil der Ausländersozialarbeit. Durch beständig steigende Flüchtlingszahlen war die Entwicklung eines eigenständigen Teilbereichs der Sozialen Arbeit nötig. Aus dieser „Not“ steigender Flüchtlingszahlen heraus wurden zum Teil von den Wohlfahrtsverbänden, zum Teil von staatlichen Trägern, Stellen für die Flüchtlingssozialarbeit geschaffen (vgl. Kothen 2000,26). Ein Blick auf die Hochschulen an denen Soziale Arbeit gelehrt wird zeigt, dass dieser Themenbereich noch 47 Teil B Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen in Deutschland nicht ins Gewicht fällt. Inzwischen werden zwar einzelne Lehreinheiten zur interkulturellen Sozialen Arbeit angeboten, die spezielle Arbeit mit Flüchtlingen wird jedoch hier selten thematisiert. Es stellt sich die Frage, ob dies mit einem tatsächlich niedrigen Bedarf begründet werden kann, oder ob es eher die politischen, rechtlichen und strukturellen Bedingungen in Deutschland sind, die einer großflächigen Etablierung dieses Zweiges im Wege stehen. Auch die nun wieder sinkenden Flüchtlingszahlen sprechen nicht gerade für die Ausweitung des Handungsfeldes Trotzdem ist die Soziale Arbeit mit Flüchtlingen meines Erachtens eine wichtige Aufgabe Sozialer Arbeit. Flüchtlingssozialarbeit ist ein Bereich innerhalb des Handlungsfeldes Sozialer Arbeit, das sowohl in Theorie, als auch in Praxis noch nicht sehr professionalisiert und erforscht ist. Albert befürchtet, dass sie durch ihre geringe Eigenthematisierung früher oder später ihre Legitimation, die auch unter gegebenen Umständen nicht sehr hoch ist, völlig verlieren könnte. Ein Grund den Albert dafür sieht, ist die hohe Personalfluktuationsrate, die sich aus den besonderen Schwierigkeiten dieses Arbeitsfeldes ergibt. (vgl. Albert 2001, 60). Es unterliegt besonderen Spannungen und Konfliktpotentialen. In diesem Kapitel wird ein grober Überblick über dieses Handlungsfeld der Sozialen Arbeit gegeben. Dieses „kurz“ vorzustellen ist herausfordernd, da es eine multidimensionale Vielfalt mit sich bringt, so gibt es beispielsweise die Aktionsbereiche Bund, Länder und Kommunen, die Träger staatliche, Adressatengruppen und freie damit Wohlfahrtsverbände verbundene und unterschiedliche private, spezifische Zielsetzungen und Anforderungen (vgl. Blahusch 1991, 45f). 5.2.1. Zielgruppe Die Zielgruppe von Flüchtlingssozialarbeit sind, wie die Bezeichnung bereits impliziert Flüchtlinge. Dieser Begriff umfasst sämtliche in Kap.4.1.2 dargestellten Gruppen. Dieser Personenkreis ist nicht gerade uniform. Angefangen bei verschiedenen Statusgruppen, über verschiedene Altersgruppen, Geschlechter und Herkunftsländer sind Menschen mit sehr unterschiedlichen Bedürfnissen in dieser Zielgruppe erfasst (vgl. Blahusch 1991, 46). Auch in den jeweiligen Lebenslagen dieser AdressatInnen gibt es, vor allem in Bezug auf die Statusgruppen elementare Unterschiede (siehe Kap. 4.2). Daher sind auch verschiedene Aufgaben und Zielsetzungen in Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Personengruppen wichtig. Da sie trotzdem einige Gemeinsamkeiten aufweisen, werden in diesem Arbeitsbereich der Sozialen Arbeit alle als Flüchtlinge bezeichneten Personen zusammengefasst und sollen alle Beachtung finden. 48 Teil B Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen in Deutschland 5.2.2. Rahmenbedingungen Soziale Probleme erhalten ihre Gewichtung aufgrund gesellschaftlicher und politischer Zuschreibungs- und Bewertungsprozesse. Diese beeinflussen die Interventionsstruktur und den Handlungsspielraum, der Sozialer Arbeit zur Bewältigung jenes Problems zugestanden wird (vgl. Blahusch 1991, 41f). Aus der Beschreibung der politischen Rahmenbedingungen in Kap.4.1 wurde deutlich, dass der „Flüchtlingsfrage“ keine hohe Bedeutung in Deutschland zugemessen wird. Stattdessen wird versucht, diesen Bereich politisch so wenig wie möglich zu thematisieren. Geringe politische Wertschätzung und Brisanz ist eine erste Erklärung für die mangelhafte Bereitstellung von Mitteln, von Bund, Ländern und Kommunen, für die Flüchtlingssozialarbeit. Dies hat zudem zur Folge, dass die Soziale Arbeit im Bereich der Flüchtlingsarbeit oft nur eine „Feuerwehrfunktion“ hat, nämlich nur dort intervenieren soll, wo es nicht zu vermeiden ist (vgl. Albert 2001). Auch AWO, Diakonie und Caritas, die größten drei Arbeitsgeber im Bereich der Flüchtlingssozialarbeit wissen zwar um Bedürfnisse und Lebenslagen der Flüchtlinge können jedoch aufgrund geringer Mittel oft nur Missstandsverwaltung betreiben (vgl. Lillig, Strasser 2004, 130). Laut Zepf unterscheidet sich die Soziale Arbeit mit Flüchtlingen als einer Randgruppe in unserer Gesellschaft vor allem dadurch von anderer sozialer Randgruppenarbeit, dass andere Personenkreise in die Gesellschaft integriert, Flüchtlinge jedoch eher marginalisiert bzw. exkludiert werden sollen (vgl. Zepf 1999, 105). Dies mag populistisch und provokativ klingen, bewahrheitet sich jedoch vor dem Hintergrund der politischen Sicht, Flüchtlinge sollten nur für eine kurze Weile in Deutschland bleiben und nur minimal versorgt werden. Kühne schreibt, dass der rechtliche Ausnahmezustand, der Flüchtlingen gegenüber verhängt ist, Prozesse der sozialen Integration erschwert bzw. sogar verhindert (vgl. Kühne 2004, 170). In den institutionellen Rahmenbedingungen herrscht, wie in der Einleitung dieses Kapitels erwähnt eine Vielfalt an Trägerformen auf Bund-, Land- und Kommunen Ebene, als auch Staatlichen Einrichtungen, freier Wohlfahrt und privaten Initiativen. Den Akteuren kommen hierbei unterschiedliche Aufgaben zu. Hauptdienstleister sind AWO, Diakonie und Caritas. Sozialarbeiterische Intervention staatlicher Träger ist überwiegend auf die Betreuung innerhalb der Gemeinschaftsunterkünfte beschränkt. Auch die gesellschaftliche Geringschätzungen von Flüchtlingen ist für die Flüchtlingssozialarbeit nicht ohne Bedeutung, da sie leicht von SozialarbeiterInnen internalisiert werden kann und Einheimische nicht gerade karitativ in diesem Bereich sind, sei es durch Spenden oder Ehrenamt (vgl. Schulze-Gockel 2003, 9). 49 Teil B Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen in Deutschland 5.2.3. Erwartungen An die Flüchtlingssozialarbeit werden unterschiedliche Erwartungen gerichtet. Flüchtlinge möchten Hilfe bei der Sicherung ihres Aufenhaltsstatus, zur Verbesserung ihrer defizitären Lebenslage, dass Sorge für die Achtung ihrer Würde getragen und eine Mittlerfunktion zur Aufnahmegesellschaft erfüllt wird. Aus der Erfahrung meiner eigenen Tätigkeit kann ich bestätigen, dass von Seiten der Flüchtlinge oft enorm hohe Erwartungen an die Soziale Arbeit gestellt werden. Dies hängt meines Erachtens vor allem damit zusammen, dass Soziale Arbeit vielen Flüchtlingen fremd ist und sie nicht wissen, was sie erwarten können. Flüchtlinge erwarten also Hilfe. Im Gegensatz dazu erwarten Politik und Behörden, dass die Soziale Arbeit eine Kontrollfunktion einnimmt und beispielsweise Hilfe zur Orientierung gibt, Fehlverhalten im Rahmen hält und Beratung zur Rückkehr gibt. (vgl. Zepf 1999, 104). Hier lässt sich ein klassisches Konfliktfeld und gleichermaßen Strukturmerkmal Sozialer Arbeit erkennen: Das Doppelte Mandat – die Diskrepanz zwischen Hilfe und Kontrolle. 5.2.4. Konfliktpotentiale in der Flüchtlingssozialarbeit Konfliktpotentiale gibt es in der Flüchtlingssozialarbeit nicht gerade wenige. Diese haben unterschiedlichste Ursachen, Ausmaße und Folgen für die Praxis. Bei den hier beschriebenen Konfliktpotentialen besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit. Ziel ist es lediglich einige Problemfelder exemplarisch aufzugreifen, um die Komplexität des Arbeitsfeldes zu verdeutlichen (siehe Zitat Einleitung Teil B). Aufgrund der mangelhaften zur Verfügung stehenden Finanzierung, beschränkt sich Flüchtlingssozialarbeit vielerorts auf Soziale Einzelfallhilfe in Krisen, die von Lillig und Strasser als Mangelverwaltung der Asylpolitik bezeichnet wird (vgl. Lillig, Strasser 2004, 130). Folgen sind überarbeitete SozialarbeiterInnen, eine hohe Personalfluktuationsrate (was wiederum schwierig für die wichtige Komponente der Beziehungsgestaltung zwischen Professionellen und Flüchtlingen ist) und viele unbefriedigte Unterstützungsbedürfnisse der Flüchtlinge. Ein weiteres Konfliktpotential ist das bereits in Kap.5.2..3 angedeutete Doppelte Mandat bzw. die verschiedenen Aufträge und Erwartungen an die Flüchtlingssozialarbeit. So befinden sich viele SozialarbeiterInnen in ethischen Dilemmata. Ein Dilemma ergibt sich beispielsweise aus der Schweigepflicht einerseits und der Meldepflicht andererseits16. Würden SozialarbeiterInnen ihren gesetzlichen Pflichten jederzeit Rechnung tragen, wäre der Aufbau eines Vertrauensverhältnisses zu den KlientInnen unmöglich. Entscheidet er/ sie sich jedoch 16 Beispielsituation: Der Familienvater einer 6köpfigen Familie erzählt der SozialarbeiterIn im Vertrauen, dass er einer illegalen Beschäftigung nachgeht, um die Anwaltskosten in seinem Asylverfahren decken zu können und somit eine Abschiebung zu vermeiden. 50 Teil B Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen in Deutschland stets dagegen, gesetzlich zu handeln, macht er/ sie sich strafbar (vgl. Schulze-Gockel 2003, 12; Weiß 2007, 60f). Aufgrund des Asylverfahrens müssen SozialarbeiterInnen in manchen Positionen Entscheidungen für ihre KlientInnen treffen. Neben der psychische Verfassung vieler KlientInnen und weitere Faktoren sorgt dies für ein großes Machtgefälle in der Beziehung zwischen SozialarbeiterInnen und Flüchtlingen (vgl. Zepf 1999, 108). Fehlende Kenntnisse der deutschen Sprache der Flüchtlinge und fehlende Kultursensibilität, – Verständnis und –Interesse der SozialarbeiterInnen können Barrieren in der Beziehung zwischen SozialarbeiterInnen und KlientInnen darstellen (vgl. Blahusch 1991, 55f). Zepf sieht die Flüchtlingssozialarbeit als Handlungsfeld mit vielen Restriktionen, in dessen Rahmen momentan eher Einzelfallhilfen im Sinne von Armenfürsorge, als emanzipatorische Soziale Arbeit angeboten werden (vgl. Zepf 1999, 104). 5.2.5. Orientierung, Ziele und Aufgaben der Flüchtlingssozialarbeit All diese Konfliktpotentiale erschweren eine emanzipatorische Praxis der Sozialen Arbeit, doch kann Soziale Arbeit meines Erachtens nach an manchen Stellen durch eine bewusste und reflektierte Praxis zur Vermeidung von Konflikten beitragen. Die Reflektion der eigenen Haltungen und Vorurteile beispielsweise ist neben dem Einsatz von Dolmetschern (vgl. Butler u.a. 2006, 66ff) und Supervision ein wichtiges Element. Konfliktpotentialen, wie beispielsweise die beschriebenen ethischen Dilemmata muss ethisch reflektiert begegnet werden. Soziale Arbeit kann laut Zepf auf gegebene Konfliktpotentiale auf zweierlei Weise reagieren: Sie kann defensiv reagieren und sich hilflos mit der Situation abfinden, sie kann jedoch auch offensiv mit einen zweiphasigen Prozess reagieren: Im ersten Schritt wird das Handlungsfeld der Flüchtlingssozialarbeit professionalisiert und die Grundsätze Advocacy (anwaltschaftliche Funktion), Autonomie (Empowerment) und Akzeptanz (Arbeit mit Einheimischen) auf die Soziale Arbeit mit Flüchtlingen herunter gebrochen. Im zweiten Schritt sollte dann jede/r SozialarbeiterIn ihr eigenes Wirkungsfeld auf Handlungsspielräume untersuchen und eine emanzipatorische Praxis Sozialer Arbeit umsetzen (vgl. Zepf 1999, 108ff). Ein Blick auf die Definition Sozialer Arbeit, die in Teil A angeführt wurde, bestätigt die von Zepf genannten drei Aufgaben Sozialer Arbeit: „Soziale Arbeit als Beruf fördert den sozialen Wandel [Advocacy] und die Lösung von Problemen in zwischenmenschlichen Beziehungen [Akzeptanz], und sie befähigt die Menschen, in freier Entscheidung ihr Leben besser zu gestalten [Autonomie]. Gestützt auf wissenschaftliche Erkenntnisse über menschliches Verhalten und soziale Systeme greift soziale Arbeit dort ein, wo Menschen mit ihrer Umwelt in Interaktion treten. Grundlagen der Sozialen Arbeit sind die Prinzipien der Menschenrechte und der sozialen Gerechtigkeit.“ (IFSW, IASSW 2004b, 2) 51 Teil B Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen in Deutschland Im Folgenden soll dieser erste Schritt einer offensiven Bewältigungsstrategie der Flüchtlingssozialarbeit, das „Herunterbrechen“ dieser Grundsätze auf die Flüchtlingssozialarbeit, vorgenommen werden: Advocacy: Die Profession der Sozialen Arbeit ist von politischen Entscheidungen und Rahmenbedingungen abhängig Rahmenbedingungen mitgestalten und (vgl. sollte Zepf somit 1999, politisch 110). agieren Soziale und Arbeit als Menschenrechtsprofession sollte sich für die Menschenrechte und Würde von Asylsuchenden und De-facto-Flüchtlingen einsetzen, die, wie deutlich wurde, in Deutschland teilweise als Menschen dritter Klasse behandelt werden (vgl. Weiß 2007, 58). Varchmin sagt dazu, dass die Würde des Menschen als Realutopie Grundlage allen sozialarbeiterischen Handelns, sein sollte17 (vgl. Vrachim 1990, 229). Bei allem politischen Engagement sollte Professionellen und Laien, die sich haupt- und ehrenamtlich für Flüchtlinge einsetzen, allerdings bewusst sein, dass sich Szenarien einer staatlichen Abwehr von Flüchtlingen nicht einfach beheben lassen, sondern dass hierzu ein Paradigmenwechsel innerhalb der Politik nötig ist, „der die bisherige Politik der Zurückweisung und Integrationsverweigerung durch eine Politik der Anerkennung und sozialen Integration ersetzt“ (Kühne 2004, 175f) und lediglich angeregt werden kann. Forderungen sollten außerdem realistisch formuliert werden, da die Flüchtlingslobby sonst schnell an Glaubwürdigkeit verliert, was wiederum den Betroffenen schadet (vgl. Nuscheler 1995, 183). In diesem Fordern der Besserung der Lebensumstände von Flüchtlingen (vgl. Lillig, Strasser 2004, 130) sollte sich jede/r SozialarbeiterIn hinterfragen, welche Haltung und Vorurteile er/ sie den KlientInnen gegenüber einnimmt, da beispielsweise Idealisierungen der KlientInnen leicht entstehen können, bzw. die Sicht der Aufnahmegesellschaft übernommen wird (vgl. Vrachim 1990, 229; Sprung 2004, 24f). Sie sollten nicht nur als Opfer sondern auch als Überlebende gesehen werden. Professionelle und ehrenamtliche UnterstützerInnen müssen somit deren Opferrolle würdigen, ihnen aber auch den Blick für ihre Stärken und die Möglichkeit eines Neuanfangs öffnen (vgl. Abdallah-Steinkopff 2008). Akzeptanz: Flüchtlingssozialarbeit soll nicht nur zwischen Individuen und der Gesellschaft vermitteln, sondern auch zwischen Kulturen. Dazu ist interkulturelle Kompetenz, wie bereits beschrieben, eine zentrale Voraussetzung in diesem Handlungsfeld (vgl. Weiß 2007, 59). Die Arbeit mit Einheimischen stellt in der Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen eine zentrale Aufgabe dar. Wichtige Elemente können hier beispielsweise Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, anstreben interkultureller Öffnung, kulturvermittelnde Angebote, sowie die Schulung und Begleitung von Ehrenamtlichen sein 17 Siehe Werte in der Definition Sozialer Arbeit, Kap.2.1.1.1 52 Teil B Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen in Deutschland (vgl. Uhilein 1995, 07.019.001; Thieme 2005, 1ff). Das Abbauen von Vorurteilen und falschen Fremdheitskonstruktionen (siehe Kap.4.2.1) sollten hier Ziele sein. Autonomie: Autonomie, bzw. Menschen zu befähigen, ihr Leben in eigener Entscheidung besser zu gestalten, ist zentrale Aufgabe des Empowerments. In Teil C dieser Arbeit wird diskutiert, ob dies ein geeigneter Ansatz für die Soziale Arbeit mit Flüchtlingen ist. Daher wird dieser Aufgabenbereich der Flüchtlinhssozialarbeit an dieser Stelle nicht näher ausgeführt. Innerhalb der Flüchtlingssozialarbeit gibt es verschiedene wichtige Akteure, die unterschiedliche Aufgaben erfüllen. Staatliche Einrichtungen sorgen meist ausschließlich für die Sicherung der Grundbedürfnisse von Flüchtlingen. Nichtstaatliche Einrichtungen wie freie Wohlfahrtsverbände und Kirchen sehen sich eher verantwortlich für die Befriedigung sozialer, psychischer und kultureller Bedürfnisse, sowie die Aufklärung über Rechte und Unterstützung bei der Inanspruchnahme dieser (vgl. Blahusch 1991, 47; Kühne 2004, 172). Die Evangelische Kirche und Diakonie erklären eine Verantwortung gegenüber Flüchtlingen (vgl. Diakonisches Werk in Kurhessen-Waldeck e.V. 2006, 3f) und beziehen sich hierbei auf mehrere Bibelstellen, beispielsweise als Jesus im Matthäusevangelium sagt „Ich war fremd und ihr habt mich aufgenommen [...] Was ihr einem meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“ (vgl. Müller 1990, 220ff). Dabei sollten die Flüchtlinge, so betont Peter Rottländer, jedoch nicht bevormundet und betreut, sondern solidarisch begleitet werden (vgl. Rottländer 1995). Weiterhin wichtige Akteure sind Ehrenamtliche und Bürgerschaftliche Initiativgruppen, die praktische Hilfen zur alltäglichen Lebensführung, sowie Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit leisten können. Schließlich sind die Flüchtlinge selbst wichtige Akteure (vgl. Kühne 2004, 172ff). Meiner Meinung nach ist Flüchtlingssozialarbeit deswegen ein wichtiges Handlungsfeld Sozialer Arbeit, da es um eine Personengruppe geht, deren Menschenrechte in Deutschland stark eingeschränkt sind. Soziale Arbeit hat hier als Menschenrechtsprofession den Auftrag, sich für die Rechte der Flüchtlinge und eine Verbesserung ihrer Lebenslage einzusetzen. In der Darstellung Lebenslagen und Rahmenbedingungen der Flüchtlingssozialarbeit wurde ebenfalls deutlich, unter welch schwierigen Bedingungen SozialarbeiterInnen in diesem Arbeitsfeld handeln. Ob Empowerment trotzdem möglich ist, soll in Teil C diskutiert werden. 53 Teil C Empowerment in der Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen TEIL C Empowerment in der Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen Die Meinungen darüber, ob Empowerment ein geeigneter Ansatz für die Soziale Arbeit mit Flüchtlingen ist, sind in der Fachliteratur nicht einheitlich. Die VerfasserInnen des ersten Artikels, den ich zum Thema Empowerment mit Flüchtlingen las – der Bericht einer Einrichtung die unter dem Empowerment-Gedanken arbeitet - kamen zu folgendem Fazit: „Solange AsylbewerberInnen durch Strukturen, administrative Vorgaben und Gesetze in ihren Entscheidungsfähigkeiten, Handlungsspielräumen und ihrem Zugang zu Ressourcen so drastisch eingeschränkt bleiben, ist ein nachhaltiges Empowerment der Zielgruppe nicht möglich (...)“ (Österreichische Equal Partnerschaften 2008, 3) In meiner folgenden Argumentation möchte ich zeigen, dass Empowerment mit Flüchtlingen doch möglich ist. Hierzu werden zunächst die Fragen beantwortet, ob Empowerment in der Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen nötig und möglich ist. Anschließend werde ich das bereits in der Einleitung erwähnte Projekt ARTIF vorstellen und exemplarisch verdeutlichen, wie Empowerment in der Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen praktisch umgesetzt werden kann. 6. Empowerment mit Flüchtlingen – nötig und möglich? Abschließend wurden in Kap.5.2.5 die Aufgaben und Ziele der Flüchtlingssozialarbeit dargestellt. Dabei wurden vor allem die drei, in der Definition Sozialer Arbeit, der IFSW und IASSW implizierten Elemente, Advocacy, Akzeptanz und Autonomie fokussiert (vglZepf 1999, 108ff). Der Punkt Autonomie wird nun näher ausgeführt: „Soziale Arbeit in Einwanderungsgesellschaften verbindet Sozialarbeit, Politik, Kultur- und Bildungsarbeit, aber auch Intervention und Prävention. Empowerment-Zugänge machen auf die politische Verantwortung, ein emanzipatorisches Menschenbild sowie die Bedeutung der Stärkung von Selbstorganisation aufmerksam.“ (Sprung 2004, 29) Ein zentrales Ziel sozialarbeiterischer Unterstützung sollte sein, Flüchtlinge in die Lage zu versetzen, in der sie das rechtliche Asylverfahren verstehen und sich in der deutschen Gesellschaft besser zurecht finden und agieren können. Sowohl ihre Selbstständigkeit und Urteilsfähigkeit (vgl. Abdallah-Steinkopff 2008), als auch Eigenkräfte und – Verantwortung sollen somit gestärkt werden. Dies sollte die Zielsetzung jeder sozialarbeiterischen Handlung sein. Uhilein gibt zu, dass dies unter Rahmenbedingungen 54 Teil C Empowerment in der Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen der Mittelknappheit und des Zeitdrucks innerhalb der Flüchtlingssozialarbeit nicht einfach zu realisieren ist, dass an dieser Zielsetzung jedoch festgehalten werden muss. Hilfen sollten außerdem an der individuellen Situation und den Bedürfnissen der AdressatInnen ansetzen. So brauchen Asylberechtigte aufgrund ihrer Lebenslage und ihrem rechtlichen Status andere Hilfestellungen, als Asylsuchende oder De-facto-Flüchtlinge (vgl. Uhilein 1995, 07.016.001ff). Erfahrungen eines Projektes in Ostbrandenburg zeigten, dass viele Asylberechtigte und GFK-Flüchtlinge ihre Selbstständigkeit, nach einem langen Aufenthalt in einer GU, fast vollständig verloren haben. Das selbstständige Leben außerhalb der GU fiel ihnen zunächst schwer und stellt einen wichtigen Ansatzpunkt der Flüchtlingssozialarbeit dar. Als Ziel des Projektes wurde die vorintegrative Förderung von Flüchtlingen formuliert, was die Vermittlung der deutschen Sprache, Rechten und Pflichten beinhaltet (vgl. Thieme 2005, 1ff). Bei Asylsuchenden und De-facto-Flüchtlingen mit unsicherem Aufenthaltsstaus ist dessen Sicherung zunächst zentral (vgl. Birck 2004, 180ff). In der Herstellung der äußeren und inneren Sicherheit für Flüchtlinge sollte die Soziale Arbeit sich ihrer Grenzen bewusst sein und mit VertreterInnen anderer Professionen zusammenarbeiten (vgl. Weiß 2007, 63). Laut Heiner Keupp ist die Förderung von Selbsthilfe und –Organisation ein wichtiger Bestandteil jeder sozialen Unterstützung. Zur praktischen Umsetzung schlägt er z.B. di Etablierung eines Fonds zur Förderung selbstorganisierter Projekte für spezifische Volksgruppen vor, der durch die betreffende Gruppe selbst verwaltet werden soll und deren geförderte Projekte zur verbesserten Lebensbewältigung von Individuen und Systemen innerhalb dieser Gruppe beitragen sollte18 (vgl. Keupp 1988, 41f). Auch Annette Sprung fordert, dass die Migrationssozialarbeit von der Empowerment-Perspektive erfasst wird und sich, damit verbunden, von paternalistischen Konzepten verabschiedet, sowie der Forderung von Chancengleichheit und Ressourcenorientierung zuwendet (vgl. Sprung 2004, 24ff). Es wird deutlich, dass Autonomie, ersatzweise kann meines Erachtens der Begriff Empowerment eingesetzt werden, ein wichtiger Bestandteil der Flüchtlingssozialarbeit als Handlungsfeld der Sozialen Arbeit ist. Die Frage nach der Nötigkeit von Empowerment in der Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen ist damit geklärt. In der wissenschaftlichen Debatte besteht, so scheint es, der Konsens, über dessen hohen Stellenwert. In der Frage, die damit auch noch lange nicht beantwortet ist, nämlich die Frage nach der Möglichkeit, besteht weder ein Konsens noch gibt es viel Fachliteratur. Kommt es in der wissenschaftlichen Debatte zu diesem Thema, dann meist in Verbindung mit Selbstorganisation. Dursun Tan benennt drei Gründe für das bisherige Fehlen, bzw. den Mangel an Selbstorganisation unter Flüchtlingen. Zum ersten ist der Flüchtlingsstatus ein 18 Keupp hatte so gesehen schon 1988 die Idee für Initiativen wie ARTIF (siehe Kap.7). 55 Teil C Empowerment in der Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen Übergangsstatus, der so schnell wie möglich von den Betroffenen als beendet erwünscht wird. Wenn Flüchtlinge sich engagieren, so tun sie dies zweitens meist für ihr Herkunftsland bzw. ihre Familie und drittens erschweren die deutschen asylrechtlichen und -politischen Rahmenbedingungen deren Selbstorganisation (vgl. Tan 1995,07.020.001ff). Angelika Münz betont die politische Verantwortung Deutschlands im Bereich der fehlenden Selbstorganisation von MigrantInnen und Flüchtlingen, indem sie sagt, dass sich Selbstorganisation von MigrantInnen in europäischen Aufnahmegesellschaften immer im Spannungsfeld zwischen den nationalpolitischen Bestrebungen, Zuwanderung zu begrenzen, sowie den sozialpolitischen Bestrebunge,n Zuwanderer zu integrieren, entwickelt (vgl. Münz 2003, 30). In den Niederlanden beispielsweise wird Selbstorganisation von MigrantInnen und Flüchtlingen sozialpolitisch schon lange unterstützt und gefördert. Daher lassen sich dort, im Gegensatz zu Deutschland, bereits mehr und ausdifferenziertere Formen solcher Selbstorganisation finden (vgl. Münz 2003, 32ff). Stefan Gaitandides beschreibt drei Arten, auf die sich Flüchtlinge selbstorganisieren können: Die familiäre und verwandtschaftliche Selbsthilfe, die Partizipation an Freiwilligenorganisationen der Mehrheitsgesellschaft und ethnische Selbstorganisation. In Freiwilligenorganisationen der Mehrheitsgesellschaft sind AusländerInnen zahlenmäßig stark unterrepräsentiert, was laut Gaitandides an den Zugangsbarrieren, die für diese Personengruppe bestehen liegt. Er fordert Freiwilligenorganisationen dazu auf, sich für MigrantInnen und Flüchtlinge zu öffnen und Barrieren abbauen. Formen der ethnischen Selbstorganisation werden von der Mehrheitsgesellschaft eher negativ und als Bildung von Parallelgesellschaften gesehen. Es zeigt sich jedoch, dass solche Zusammenschlüsse zum einen eine Brückenfunktion zwischen der Minderheit und der Mehrheit erfüllen und zum anderen Möglichkeit zur Bewahrung der kulturellen Identität bieten. Laut Gaitandides schließt sich ethnische Selbstorganisation von AusländerInnen und Integration nicht aus. Im Bereich dieser Formen des Aktivwerdens ist ein politisches Umdenken erforderlich, dass die Empowerment-Wirkung solcher Bewegungen wahrnimmt (vgl. Gaitandides 2003, 21ff). Lediglich an zwei Stellen stieß ich in Zusammenhang mit Traumatisierung auf eine konkrete Antwort auf die Frage, ob Empowerment mit Flüchtlingen möglich ist. An beiden Stellen heißt es, dass die Ausgangsbedingungen zwar sehr erschwert sind, dass es jedoch möglich sei (vgl. Knuf u. Tilly 2004, 137; Verwey 2001, 9ff). Was hingegen öfter zu finden ist, sind Erfahrungsberichte, die von Empowerment-Projekten bzw. -Initiativen der Selbstorganisation von Flüchtlingen und MigrantInnen berichteten. Lediglich ein Projekt, dessen Fazit in der Einleitung zu Teil C bereits zitiert wurde, kommt zu dem Schluss, dass Empowerment unter den gegebenen restriktiven Rahmenbedingungen und aufgrund der 56 Teil C Empowerment in der Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen psychischen Verfassung von Flüchtlingen nicht möglich sei19 (vgl. Österreichische Equal Partnerschaften 2008, 1ff). Alle anderen Erfahrungsberichte zeigen zwar Hindernisse auf, kommen jedoch zu dem Schluss, dass Empowerment mit Flüchtlingen möglich ist. Im Folgenden werden exemplarisch drei dieser Erfahrungsberichte vorgestellt20. In den Ausführungen dieses Kapitels ging es sehr stark um Selbstorganisation. Dies ist der Bereich, der wissenschaftlich bisher am meisten thematisiert wird. Vermutlich ist der Grund für diesen Fokus, dass in der Selbstorganisation von Flüchtlingen ein Aktivwerden, also eine klare Zielsetzung von Empowerment besonders sichtbar ist. Doch Selbstorganisation ist nicht das einige Ziel bzw. die einzige Form von Empowerment, sondern es findet wie in Kap.2.3.3 beschrieben auf vier Ebenen statt. Die folgenden Berichte beschreiben verschiedenartige Formen des Empowerments. Erfahrungen aus Deutschland: Im Rahmen des Bielefelder Flüchtlingsrates gibt es eine Initiative, in der sich Flüchtlinge und Deutsche zu einer solidarischen Gemeinschaft zusammen schließen, die Lobbyarbeit betreibt und sich für die Rechte der Flüchtlinge in Deutschland einsetzt. Ein Ziel der Initiative ist, vor allem Flüchtlinge aktiv zu beteiligen und eine Plattform hierfür geschaffen wird. Dies erwies sich aus verschiedenen Gründen als schwierig. Viele Flüchtlinge engagierten sich nur, wenn es um eigene Anliegen ging. Doch wird berücksichtigt, was Flüchtlinge durchgemacht haben, ist es nicht 21 verwunderlich, dass ihre Solidarität den Hinterbliebenen im Heimatland gehört . Auch wenn nicht der gewünschte Grad an Aktivität seitens der Flüchtlinge erreicht wurde, hatte sie durchaus positive Effekte, wo sie vorhanden war (vgl. Jünemann1990, 167-213). Erfahrungen aus der Schweiz: Aus den Erfahrungen eines Projektes in der Schweiz, in dem traumatisierte bosnische Flüchtlinge und Schweizer im Umgang mit Traumata und traumatisierten Menschen als Multiplikatoren geschult wurden, wurde deutlich, dass die teilnehmenden Flüchtlinge über mehr Ressourcen verfügten als anfangs erwartet, sowie dass am Anfang eines Aktivwerdens von den Betroffenen der Umgang mit den eigenen Traumafolgen im Vordergrund stehen muss. Die Autorin kam zu der Schlussfolgerung, dass Empowerment mit Flüchtlingen möglich ist (vgl. Perren-Klingler 2001, 133-138). 19 Diese Aussagen sind zwar auf Österreich bezogen. Die Rahmenbedingungen unter denen Flüchtlinge in Österreich leben, sind jedoch denen in Deutschland sehr ähnlich. 20 Zwei der Erfahrungsbericht stammen aus dem europäischen Ausland. Da in diesen Ländern ähnliche Restriktionen vorliegen wie in Deutschland, ist dies nicht weiter störend. Es zeigt lediglich, dass dieser Bereich in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern noch nicht weit entwickelt ist. 21 Zumal viele Flüchtlinge unter Schuldgefühlen leiden, Hinterbliebene allein gelassen zu haben. 57 Teil C Empowerment in der Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen Erfahrungen aus England: Jane Smith berichtet über ein Gartenprojekt, das von START in Plymouth mit Flüchtlingen durchgeführt wird. Sie beschreibt, wie AsylbewerberInnen durch den Einsatz ihrer Fähigkeiten wieder anfingen, an ihre Stärken zu glauben und den Flüchtlingen durch die praktische Arbeit, Werte und Arbeitsweisen der englischen Aufnahmekultur vermittelt werden konnten. Daraus folgend sieht sie die Entwicklung einer „ ... creativ, emanzipatory practice and radical social work that is geared towards supporting people in their struggle to break free from the disavantage, discrimination and oppression they experience“ (Smith 2007, 2). Innerhalb des Projektes werden die AdressatInnen als gleichberechtigte PartnerInnen mit wertvollen Ressourcen gesehen. Durch eine regelmäßige Teilnahme können die AsylbewerberInnen ihr soziales Netzwerk ausbauen. START erkennt die schwierigen Umstände unter denen die KlientInnen leben an und gibt ihnen innerhalb des Projektes beispielsweise durch Planungstreffen die Möglichkeit, Entscheidungen selbst zu treffen (vgl. Smith 2007, 5f). Aus den Erfahrungen meiner eigenen sozialarbeiterischen Tätigkeit bei START kann ich bestätigen, dass der Empowerment-Gedanke konsequent in die Praxis umgesetzt wird. Sowohl durch Projekte wie das beschriebene Gartenprojekt als auch durch die angebotene Einzelfallhilfe wurden Flüchtlinge aus verschiedenen Statusgruppen dazu angeregt, selbst Entscheidungen zu treffen und aktiv zu werden. Diese Arbeitsweise machte einen deutlichen Unterschied im Leben der AdressatInnen. Im Folgenden möchte ich Anhand des Projektes ARTIF deutlich machen, wie Empowerment in der Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen konkret umgesetzt werden kann. 7. ARTIF – ein Empowerment-Projekt „Can Do Investment Fund“ (CDIF) war der Titel, unter dem ARTIF im Frühjahr 2007 seinen Ursprung fand. Dies war das Angebot einer Organisation privater Trägerschaft namens „The Scarman Trust“, deren Zielsetzung die Formierung und Unterstützung von Selbstorganisation lokaler Gruppen in ganz Großbritannien war. Der „Can Do Investment Fund“ war Teil ihres Arbeitszweiges „Can Do – support for learning communities“22. „Can Do Investment Fund: This small grants scheme provides money for local people and groups to put their ideas into action, prove the value of this to outside agencies and then bring in further funds to increase the impact“ (vgl. The Scarman Trust 2005, 2) 22 Siehe Anhang 2+3. 58 Teil C 7.1. Empowerment in der Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen ARTIF – Asylum Seekers and Refugees together Investment Fund 7.1.1. Entstehung - Aus CDIF wird ARTIF Can Do Investment Fund – Idee und Grundannahmen „Learning communities are groups and networks of people who organise themselves to learn what they want, when they want, how they want“ (The Scarman Trust 2005, 1) Der Can Do Investment Fund des Scarman Trust sollte in so genannten lernenden Gemeinschaften (learning communities) etabliert werden. Zentrale Annahmen und Ziele in Bezug auf solche lernenden Gemeinschaften und Can Do sind: • Lernende Gemeinschaften bemächtigen Individuen eigene Lösungen für Aufgaben des alltäglichen Lebens zu finden. Lernen findet dabei unabhängig von Alter, Geschlecht, Vorlieben, Ort, Räumlichkeit, Medium und Aktivität statt. • Dabei sollen vorhandene Ressourcen entdeckt, erschlossen und genutzt werden. • Eine Lernende Gemeinschaft funktioniert, wenn ein Zweck, ein Ort an dem die AkteurInnen sich treffen können, lokale AkteurInnen die das Lernen organisieren und Beteiligte ermutigen, sowie VertreterInnen lokaler Einrichtungen und Organisationen, die den Prozess unterstützen und ihre Ressourcen der Initiative zur Verfügung stellen, vorhanden sind. • Jede Gemeinschaft verfügt über mehr Ressourcen, als sie wissen und nutzen. • In jeder Gemeinde leben Personen die wissen, was die zugehörigen Individuen wollen, Menschen vernetzen können, sowie die Stärken der Gruppe und das lokale System kennen. (vgl. The Scarman Trust 2005, 1) Ziel des CDIF ist Formen der lokalen Selbstorganisation innerhalb einer spezifischen Bevölkerungsgruppe anzustoßen. Am Ende soll eine Organisation bzw. ein Förderprogramm entstehen, das aus der Gruppe selbst heraus geleitet und zum Nutzen für dieselbe Personengruppe wird23. Die neu zu gründende Organisation hat hierbei die Rolle einer intermediären Instanz, die einen Fond bildet, aus dem kleinere Summen Geld an Individuen und Gruppen gegeben werden, die durch ein Projekt das psychosoziale und/ oder körperliche Wohlbefinden der Zielgruppe fördern wollen. Die Beantragung von Fördermitteln aus diesem Fond ist von den aufgestellten Kriterien der jeweiligen Gruppierung abhängig. Gelder für den Fond kommen zum einen anfangs von Scarman Trust (in Form eines einmaligen Betrages von 2000 – 5000 Britische Pfund), zum anderen können öffentliche Gelder, Spenden etc. Finanzierungsquellen sein. (Siehe Anhang 2+3) 23 Solche Gruppen könnten zum Beispiel Jugendliche, Frauen, Männer, Familien, Iraker, Flüchtlinge, Ältere Menschen, Menschen mit Behinderung, etc sein. 59 Teil C Empowerment in der Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen Can Do Investment Fund in Plymouth Im Mai 2007 kontaktierte ein Mitarbeiter des Scarman Trust START mit dem Anliegen unter den Flüchtlingen in Plymouth den Prozess der Selbstorganisation im Rahmen eines „Can Do Investment Funds“ anzuregen. START sollte hierbei als Mittler eine Brückenfunktion zwischen dem Scarman Trust und der „Asylum seeking and refugee community“ in Plymouth einnehmen, sowie dem neuen Projekt langfristig (so lang wie nötig und von der Gruppe gewollt) Ressourcen und Unterstützung zur Verfügung stellen. Gemeinsam mit einer anderen Studentin übernahm ich im Rahmen meines Praxissemesters diese Aufgabe. Die erste Phase bestand darin, die Idee unter den Flüchtlingen in Plymouth bekannt zu machen, zu erfahren, ob es InteressentInnen gibt und ein solches Vorhaben von der Zielgruppe gewünscht ist. Neben den AdressatInnen selbst informierten wir Organisationen in Plymouth, die mit Flüchtlingen arbeiten und potentielle Kooperationspartner darstellten. Vor allem in der Anfangsphase war ein relativ großes Unterstützungsnetzwerk für die Gruppe wichtig. Nachdem sich Interesse und potentielles Engagement gezeigt hatte, gab es erste Sitzungen der Interessierten – Phase zwei - die dann später den Vorstand bzw. das Leitungskomitee der neu zu gründenden Organisation bilden sollten. Natürlich bestand hierin kein Zwang. Jede/r Beteiligte konnte frei entscheiden wie viel Zeit und Engagement er/ sie investieren wollte. Als nach einiger Zeit eine motivierte Gruppe zusammen war, die das Vorhaben durchführen wollte, wurden in der dritten Phase die teilnehmenden Personen vom Identifizieren der eigenen Stärken bis hin zu Themen wie Organisationsentwicklung und Finanzierung geschult. Laut dem Scarman Trust sollte es innerhalb dieses Projektes drei verschiedene AkteurInnen geben: Der Scarman Trust als „Provider“, der den Prozess in Gang setzt, die Gruppe schult und Materialien, sowie erste finanzielle Mittel zur Verfügung stellt. Die MitarbeiterInnen von START als „Learning Community Organiser“, einem Mittler zwischen dem Provider und der Community, der den Prozess langfristig begleitet und eigene Ressourcen zur Verfügung stellt24 und schließlich die wichtigste Akteursgruppe, die Flüchtlinge, als VertreterInnen der (learning) Community. Einige Personen dieser Gruppe sollen später die Organisation führen, andere bewerben sich für eine Förderung ihres Projektes aus dem Fond (vgl. The Scarman Trust 2005, 1). An dieser Stelle klarzustellen, dass alle Entscheidungsmacht bei den AdressatInnen liegt und die beiden anderen Akteursgruppen lediglich eine unterstützende Rolle einnehmen. Nach dieser Schulungsphase musste das CDIF Konzept, im vierten Schritt, auf die spezielle Bedürfnislage und Möglichkeiten der Flüchtlinge in Plymouth herunter 24 Aus der Erfahrung des Projektes zeigte sich, dass nicht nur eine Person als VertrerterIn einer Organisation unterstützend zur Seite stehen sollte, sondern dass vor allem in der Anfangsphase ein breites Unterstützungsnetzwerk sinnvoll ist. 60 Teil C Empowerment in der Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen gebrochen werden. Die zu diesem Zeitpunkt Beteiligten sollten sich überlegen, mit welcher Rechtsform sie die Organisation gründen wollen, wer sich genau für eine Förderung aus dem Fond bewerben kann, welche Kriterien es für die Vergabe von Geld geben soll etc. In dieser Phase wurde außerdem das Vorhaben unter den Flüchtlingen in Plymouth öffentlich gemacht. Hierbei war es beispielsweise wichtig, dass Informationen in verschiedene Sprachen übersetzt wurden (siehe Anhang 4+5), um Niedrigschwelligkeit zu garantieren. Auch für die bereits aktiven Flüchtlinge mussten viele der Schulungsunterlagen des Scarman Trust übersetzt bzw. näher geklärt werden. Sprache stellte hier eine Barriere da, die jedoch keinesfalls unüberwindbar war, sondern lediglich mehr Zeit in Anspruch nahm. Nachdem diese Überlegungen abgeschlossen waren, konnte das Förderprogramm ARTIF gegründet werden.25 7.1.2. Aufbau, Akteure und Finanzierung Das Leitungskomitee ARTIFs entschied sich zunächst keine rechtliche Organisation zu gründen, sondern zunächst unter der Schirmherrschaft STARTs zu bleiben. Da das Komitee zum damaligen Zeitpunkt aus drei Personen bestand, waren die Voraussetzungen für die Gründung eines gemeinnützigen Vereins (registered charity) nicht gegeben. Viele Geldgeber setzen jedoch als Kriterium der Mittelvergabe einen solchen Status voraus. Die Schirmherrschaft STARTs ermöglicht es ARTIF, Teil eines solchen Vereins zu sein, sowie dessen Räumlichkeiten und Ressourcen nutzen zu können (vgl. ARTIF 2008a, 1). Das Leitungskomitee hat die Befugnis, rechtliche Entscheidungen zu treffen und Handlungen auszuführen, die zur Erreichung der von ARTIF festgelegten Ziele nötig sind (vgl. ARTIF 2008b, 1). Das Komitee verfügt zudem über Entscheidungsmacht, soll jedoch solang dies nötig und sinnvoll ist, von START und anderen lokalen Akteuren ihres Vertrauens unterstützt werden. Anfangs erhielt ARTIF von der Organisation Scarman Trust als Starthilfe 2000 Britische Pfund. (siehe Anhang 6+7) 7.1.3. Ziele, Annahmen und Aufgaben Ziele ARTIFs sind: „1. To raise and destribute funds that support and/ or benefit individuals or communites who wish to support the integration, advancement of education, relief of poverty and improvement of quality of life of refugees and asylum seekers and people in communities where they live. 2. To work in partnership with other agencies to promote the sharing of information that supports the mentioned above. 3. To undertake these activities in the city of Plymouth and the Counties of Devon and Cornwall.“ (ARTIF 2008a, 1). Ziel von ARTIF ist es einen Fond zu bilden und zu verwalten und aus diesem Förderungsmittel zu vergeben um Projektvorhaben zu unterstützen, die das psychische, 25 Dies war ein langer Entstehungsprozess mit Hochs und Tiefs. Aufgrund des begrenzten Rahmens dieser Arbeit kann der Prozess leider nicht ausführlicher beschrieben werden. 61 Teil C Empowerment in der Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen soziale und körperliche Wohlbefinden von Flüchtlingen fördern, sowie Gruppen und Individuen dadurch befähigen selbst aktiv zu werden, Ressourcen und Kompetenzen zu erschließen und dadurch insgesamt die Lebenslage von Flüchtlingen verbessern. ARTIF vertritt die These, dass sich Gemeinschaften nur durch den Ansatz an vorhandenen Potentialen, Kapital und Ressourcen entfalten können. Gemeinschaften sind voll von solchen, bisher oft unentdeckten Ressourcen. (vgl. ARTIF 2008a, 2). (siehe Anhang 6+7) 7.1.4. AdressatInnen und geförderte Projekte Für eine Förderung des ARTIF Fonds kann sich Jede/r26, nicht nur Flüchtlinge, bewerben. Die erworbenen Mittel müssen für Projekte ausgegeben werden, welche die von ARTIF aufgestellten Kriterien erfüllen. Dies sind beispielsweise, dass Projekte nur von Ehrenamtlichen durchgeführt werden dürfen, das Wohlbefinden von Flüchtlingen in Devon und Cornwall gefördert wird, Förderung des Erwerb und der Erweiterung von Kompetenzen der Beteiligten sowie dass es ein neues Projekt ist, oder ein vorhandenes Projekt weiterentwickelt wird. Projekte sollten außerdem beispielsweise mit Familien oder jungen Menschen arbeiten, sowie interkulturelle Integration verbessern. Nicht unterstützt werden religiöse Zwecke, politisch fundamentale Ziele, Ausbesserungen an Gebäuden etc. (vgl. ARTIF 2008a, 2). Die Fördermittel dürfen außerdem nie nur einer Person zugute kommen, sondern sollen jeweils eine Teilgruppe der Zielgruppe Flüchtlinge in Devon und Cornwall unterstützen. Grundsätzlich werden Projekte gefördert, die der Zielsetzung von ARTIF entsprechen. Dies können beispielsweise auch Öffentlichkeitsarbeit und Lobbyarbeit für Flüchtlinge und von Flüchtlingen sein. (siehe Anhang 6-8) 7.1.5. Prozess der Vergabe von Förderungsmitteln Eine Individuum/ eine Gruppe füllt einen Antrag auf einen Förderbetrag aus dem ARTIF Fond aus, worin vor allem das Vorhaben mit jeweiligen Zielen und die Verwendung des Geldes beschrieben werden sollen. Das ARTIF Leitungskomitee - bzw. wächst die Organisation - das zuständige Gremium, entscheidet dann innerhalb einer gesetzten Frist über die Vergabe eines Förderungsbetragen von bis zu 200 Britischen Pfund. Anschließend tritt das Komitee mit den AntragsstellerInnen in Verbindung und arrangiert ggf. ein Treffen, in dem die Bedingungen der Vergabe des Geldes nochmals erklärt werden. Sind alle Unklarheiten beseitigt unterschreiben beide Parteien einen Vertrag. Die Verantwortlichen des geförderten Projektes sollten vor ARTIF Rechenschaft über die Verwendung des Geldes ablegen. Ggf. kann durch das Projekt eingenommenes Geld in den ARTIF Fond einbezahlt werden. 26 Somit können auch Mitglieder der Aufnahmegesellschaft Teil von ARTIF sein, indem sie Projekte für Flüchtlinge durchführen. 62 Teil C Empowerment in der Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen 7.1.6. Rolle der Sozialen Arbeit Die Rolle der Sozialen Arbeit (in diesem Fall des Mitarbeiters des Scarman Trust, meiner Kollegin und mir) war es, das Projekt so lange und intensiv zu unterstützen, wie dies von den beteiligten Flüchtlingen gewünscht ist. Die Rollen, die SozialarbeiterInnen in diesem Prozess innehatten waren, Schulung und Beratung, (kritische) Begleitung des Prozesses, eine Brückenfunktion zwischen verschiedenen AkteurInnen zu erfüllen, eigene Ressourcen soweit möglich und sinnvoll zur Verfügung zu stellen und das ARTIF Leitungskomitee, sowie die AntragsstellerInnen auf Anfrage zu unterstützen. Die Erfahrung zeigte, dass anfangs am meisten Unterstützung nötig war, die Intensität dann jedoch kontinuierlich abnahm. Wichtig ist, dass die beteiligten SozialarbeiterInnen den Flüchtlingen mit einer Empowerment-Haltung gegenüber treten, sie eigene Entscheidungen treffen lassen und ihnen zunehmend Eigenverantwortung zugestehen27. 7.2. Ist ARTIF ein Empowerment-Projekt? In Kap. 3.3 wurde ein Überblick über die wichtigsten Empowerment-Kriterien gegeben. Im Folgenden soll nun geprüft werden, ob diese auf ARTIF zutreffen und es somit als Empowerment-Projekt bezeichnet werden kann. Als erstes Kriterium wurden im genannten Kapitel folgende Ziele genannt: Selbstbemächtigung, Beendigung einer Mangel- bzw. Benachteiligungssituation oder gesellschaftlicher Ausgrenzung, Förderung der Aktivität von Betroffenen und Bewusstmachen ihres potentiellen Einflusses auf ihre Situation, sowie Ressourcenerschließung und Kompetenzgewinn zu einer Selbstbestimmten Lebensführung. Die von ARTIF formulierten Ziele in Kap.7.1.3 zeigen eine deutliche Übereinstimmung. Als zweites Kriterium wurden die Werte soziale Gerechtigkeit, Partizipation, sowie Ressourcenorientierung und –Aktivierung benannt. Auch ARTIF sind diese Werte wichtig, was sich in den Zielen und Annahmen widerspiegelt. Auch der veränderte Blickwinkel und die Haltung der beteiligten SozialarbeiterInnen gegenüber ihren KlientInnen - das dritte Kriterium - war eine zentrale Voraussetzung dafür, dass ARTIF entstehen konnte. Das von mir hinzugefügte vierte Kriterium besagt, dass die Voraussetzungen für Empowerment dort, wo sie scheinbar nicht gegeben sind, hergestellt werden sollen. Vor allem in ARTIFs Anfangsphase waren viele KollegInnen skeptisch, ob ARTIF überhaupt eine Chance zum entstehen hätte. Zudem mussten meine Kollegin und ich zunächst viel Zeit investieren, um Flüchtlinge zu ermutigen und ihnen den Prozess zu erklären. Das schließlich letzte Kriterium, die konsequente praktische Umsetzung der formulierten Ziele und Werte, war im Entstehungsprozess ARTIFs nicht immer einfach und ist es auch heute nicht. Meiner 27 Ebenfalls im Anhang zu finden sind Materialien, wie z.B. Flyer und Plakate aus der Öffentlichkeitsarbeit von ARTIF (siehe Anhang 9-11). 63 Teil C Empowerment in der Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen Ansicht nach wäre die Behauptung, dass diese Werte und Vorsätze jederzeit, bei jeder Entscheidung und Handlung eingehalten wurden falsch. Doch insgesamt können Bemühungen der praktischen Umsetzung der Überzeugungen klar festgestellt und bestätigt werden. Es passt ebenfalls gut in die Beschreibung der Netzwerkarbeit, eines Werkzeugs des Empowerments auf der Gruppenebene (siehe Kap.2.3.3). Fazit: Alle für das Empowerment wichtigen Kriterien, die in dieser Arbeit benannt wurden, werden von ARTIF erfüllt. Somit besteht kein Zweifel daran, dass ARTIF ein Empowerment-Projekt ist. 8. Fazit – Empowerment mit Flüchtlingen ist nötig und möglich! Die Frage nach der Nötigkeit des Empowerments in der Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen, über die in der wissenschaftlichen Debatte ein Konsens besteht, konnte in Kap.7 eindeutig als gegeben beantwortet werden. Eine Antwort auf die Frage der Möglichkeit ist aufgrund fehlender wissenschaftlicher Fundierung schwieriger. Erfahrungsberichte und eigene Erfahrungen in der Praxis verdeutlichten, dass die Frage mit Ja beantwortet werden kann. Alle Projekte zeigten jedoch auf, dass es einige Ausgangsschwierigkeiten bzw. Hindernisse in der empowernden Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen gibt. Das Bielefelder Projekt berichtet z.B. von wenig Engagement, das Gartenprojekt erkennt an, dass die deprivierende Lebenslage von Flüchtlingen viele Hürden zum Aktivwerden in sich birgt. Auch bei ARTIF gab es einige Anlaufschwierigkeiten und immer wieder lies das Interesse und die Zuverlässigkeit einzelner Flüchtlinge nach einiger Zeit nach. Durch das ARTIF Projekt wurde mir unter anderem bewusst, dass in der Frage der Möglichkeit von Empowerment mit Flüchtlingen in einigen Punkten Unterschiede zwischen Personen mit ungesichertem Aufenthaltsstatus und jenen mit gesichertem Aufenthaltsstatus bestehen. Im Punkt Selbstorganisation ist beispielsweise ein langfristiges Engagement von Asylsuchenden und De-facto-Flüchtlingen kaum möglich, da sie jederzeit abgeschoben werden könnten. Und doch ist Empowerment auch mit ihnen auf einer anderen Ebene möglih. Mir ist es daher wichtig nochmals auf die verschiedenen Ebenen des Empowerments, heruntergebrochen auf die Flüchtlingssozialerbeit einzugehen. START ist ein gutes Beispiel dafür, dass Empowerment auf verschiedenen Ebenen mit verschiedenen Statusgruppen möglich ist. STARTs Zielsetzung ist „To work in partnership with families, indivduals and organisations to facilitate the transition of refugees from people in need to self-reliant contributors for their local community“ (Butler 2007, 237). Wichtige Elemente und Werte der Organisation sind, dass AdressatInnen TeilhaberInnen sind, eine ganzheitliche und nicht an Kriterien gebundene Bedürfnisanalyse, ein multiprofessionelles Team, dass die KlientInnen der Fokus aller Planungen sind und Handlungen auf die Stärkung und Freisetzung dieser abzielen (vgl. Butler u.a. 2006, 64). 64 Teil C Empowerment in der Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen „The organisation incorporates further models in which disadvantage and oppression are taken seriously and where assessment of need, resilience and strenghs results in creativ responses, empowerment and respect as well as enhacing or restoring the capacity for social funktioning, coping and developmental capacities.“ (Smith 2007, 3) Auf der individuellen Ebene findet Empowerment bei START innerhalb der Einzelfallhilfe statt. Hier werden Individuen dazu befähigt, ihr Leben innerhalb der englischen Gesellschaft eigenverantwortlich und selbst gestaltend zu führen. Der Prozess fängt bei einer ganzheitlichen Analyse der Lebenslage und Ressourcen an. Sowohl das Gartenprojekt, als auch ARTIF haben meiner Meinung nach Effekte des Empowerments auf individueller Ebene darin, dass Individuen aktiver werden und anfangen wieder an die eigenen Stärken zu glauben. ARTIF hat jedoch ganz klar auch Effekte des Empowerments auf der Gruppenebene, indem Kräfte und Ressourcen gebündelt, sowie Menschen vernetzt werden. Durch die Einstellung von Flüchtlingen als Ehrenamtliche innerhalb der Organisation und Vermittlung von Ehrenamt außerhalb der Organisation empowert START Flüchtlinge auf institutioneller Ebene. Immer wieder hinterfragt START die eigenen Strukturen auf eine empowernde Wirkung und bleibt somit eine lernende Organisation. In Kontakten mit Behörden und Ämtern werden Kooperationen und Veränderungen zugunsten der Lebenslage von Flüchtlingen in Plymouth angestrebt. Auf der Gemeindeebene muss die Kommune selbst die Strukturen zur Förderung der Selbstorganisation von Flüchtlingen schaffen. Trotzdem kann START durch Öffentlichkeitsarbeit und Vertretung der Interessen von Flüchtlingen, sowie durch ARTIF einen Beitrag zum Empowerment von Flüchtlingen auf dieser Ebene leisten. Durch diese Beschreibung am Beispiel der Organisation START wird deutlich, dass sich die Ebenen des Empowerments nicht immer klar trennen lassen, sondern Projekte wie ARTIF beispielsweise, empowernde Effekte auf verschiedenen Ebenen haben. Dass sich der Zugang zu Selbstorganisation von Asylsuchenden als erscherter als für Asylberechtigte darstellt, heißt jedoch nicht, dass Empowerment mit ihnen nicht möglich ist. Hier wird mein Gedanke, den ich in Kap.3.3 formulierte, wichtig: Empowerment muss hier dabei anfangen, die Bedingungen für gelingende Selbstbemächtigung der KlientInnen herzustellen, indem sich SozialarbeiterInnen zum einen politisch für die AdressatInnen einsetzen und zum anderen zur Schaffung innerer und äußerer Sicherheit dieser beitragen. Wäre ich in dieser Arbeit zu einem anderen Schluss gekommen, nämlich dass Empowerment in der Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen aufgrund ihrer prekären Lebenslagen nicht möglich ist, hätte dies die Kritik des Empowerment-Konzeptes an der traditionellen Sicht der Sozialen Arbeit, nämlich dem Defizitblickwinkel, im Kern getroffen. 65 Resümee RESÜMEE Das Empowerment-Konzept schlägt, wie deutlich geworden ist, einen radikalen Perspektivwechsel von einer Defizitorientierung, zu Ressourcenorientierung vor. Es unterscheidet sich somit deutlich von der traditionellen Praxis Sozialer Arbeit und trägt damit zu einer Reu-Orientierung an den berufsethischen Werten Sozialer Arbeit und Anforderungen aktueller gesellschaftlicher Entwicklungen bei. Die Darstellung der prekären Lebenslagen von Flüchtlingen und die damit verbundenen Menschenrechtsverletzungen gegenüber dieser Gruppe stellen die Forderung einer RePolitisierung an die Soziale Arbeit und zeigen wie wichtig die sozialarbeiterische Unterstützung dieser Gruppe ist. Zu unterstützen ist ebenfalls eine interkulturelle Öffnung der Mainstream-Angebote Sozialer Arbeit, um ihnen mehr Teilhabe zu ermöglichen. Mit der Aussage, dass Empowerment in der Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen möglich ist, möchte ich nicht leugnen, dass es einige Barrieren bzw. Hindernisse bei der Realisierung einer empowernden Praxis gibt. Die dargestellten prekären Lebenslagen von Flüchtlingen in Deutschland laden zu einer defizitorientierten Sichtweise auf diesen Personenkreis geradezu ein. Oft sind SozialarbeiterInnen, die in der Flüchtlingssozialarbeit tätig sind frustriert, da sie durch die restriktiven Rahmenbedingungen in vielen Situationen machtlos sind, etwas zu verändern. Schon allein mit einem Blick auf die zeitliche Dimension Empowerments einerseits und Arbeitsauslastung andererseits würde die Aussage, dass eine empowernde Haltung in der Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen unmöglich ist, zunächst nicht als ungerechtfertigt erscheinen lassen. Diese und andere Hindernisse stehen einer empowernden und emanzipatorischen Sozialen Arbeit in diesem Arbeitsfeld im Weg. Gerne wäre ich in meiner arbeit intensiver auf diese Hindernisse und Konfliktpotentiale eingegangen, da deren Identifizierung meiner Meinung nach der erste Schritt zu einer veränderten Praxis ist. Leider ist jedoch der Rahmen dieser Arbeit für eine solche Ausarbeitung der Thematik zu eng gefasst. Außerdem wäre es aufgrund der geringen Auseinandersetzung in der wissenschaftlichen Debatte mit diesem Thema schwer geworden, wissenschaftlich, jedoch nicht forschend an diese Thematik heranzugehen. Sowohl durch die Erfahrungen von ARTIF als auch die Erfahrungen aus den anderen beschrieben Projekten wird jedoch deutlich, dass eine empowernde Praxis der Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen durchaus nötig und möglich ist. Wie bereits im Fazit des Teil C beschrieben, wäre es ganz im Sinne der Kritik des Empowerment-Konzeptes an der traditionellen Sozialen Arbeit, wenn aufgrund der defizitären Lage Empowerment für eine 66 Resümee Illusion gehalten werden würde. Diese Aussage bzw. These müsste meiner Meinung nach jedoch zum einen theoretisch und wissenschaftlich stärker fundiert werden. Zum anderen ist innerhalb der Sozialen Arbeit mit Flüchtlingen ein Umdenken nötig, im Zuge dessen SozialarbeiterInnen, die in diesem Feld tätig sind, ihr Handlungsfeld auf EmpowermentMöglichkeiten untersuchen. Gerne wäre ich in dieser Arbeit außerdem näher darauf eingegangen, was wichtige Elemente und Grundsätze einer empowernden Praxis Sozialer Arbeit mit Flüchtlingen sind und wie sich diese in die Praxis umsetzen lassen bzw. wie eine solche Umsetzung aussehen könnte. Meiner Meinung nach ist dies eine wichtige Fragestellung, die zukünftig in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit diesem Thema gestellt und beantwortet werden sollte. Leider hat der Rahmen der Bachelorarbeit eine solche Beschäftigung mit der Thematik nicht zugelassen. Das ARTIF Projekt in Plymouth ist jedoch meiner Meinung nach ein Zeichen dafür, dass Empowerment mit Flüchtlingen möglich ist und wie die Werte und Ziele des Empowerment-Konzeptes praktisch umgesetzt werden können. Da es jedoch angesichts der asylpolitischen Richtung in Deutschland, so wie es sich darstellt, keinen Wechsel von einer Abschreckungspolitik zu einer Integrationspolitik geben wird und somit kaum zu erwarten ist, dass mehr staatliche Gelder für die Flüchtlingssozialarbeit zur Verfügung gestellt werden, plädiere ich dafür, dass sich SozialarbeiterInnen zunehmend für eine interkulturelle Öffnung von Behörden und Einrichtungen einsetzen und interkulturelle Kompetenz weiter ausgebaut und gefördert wird. Zudem ist es meines Erachtens von Bedeutung, dass sich SozialarbeiterInnen als VertreterInnen der Menschenrechtsprofession für die Rechte von Flüchtlingen, insbesondere von Asylsuchenden und De-facto-Flüchtlingen in Deutschland einsetzen und somit ihre politische Verantwortung wahrnehmen. Angestellte kirchlicher und freier Träger haben hierbei eine besondere Verantwortung, da sie in gewissen Bereichen ein anderes Verhältnis zum Staat haben, als Angestellte staatlicher Träger. „Wieso macht man aus einem Flüchtling vier? Warum wird mit fragwürdigen Statistiken, Behauptungen und Vorurteilen das ‚Asylproblem’ hochgespielt? Die ist uns allen ein Rätsel. Da ich mit meinem Schreiben die Möglichkeit hatte, mein Anliegen in die Öffentlichkeit zu bringen, bin ich zum ersten mal glücklich.“ (Mostafa Nahvi, in Varchmin 1990, 82) Dieses Zitat stammt vom Ende des biographischen Aufsatzes von Mostafa Nahvi, der selbst als Flüchtling nach Deutschland kam. Es verdeutlich meiner Meinung nach, was für einen Unterschied eine ressourcenorientierte und empowernde Haltung und Arbeitsweise im Leben von Flüchtlingen machen können. Vermutlich hat es eine lange Zeit gedauert, bis Mostafa den Artikel verfasst hatte. Vermutlich wäre es schneller gegangen, wenn jemand den Artikel für Mostafa verfasst hätte. Und doch hat das Ergebnis eine ganz besondere Bedeutung für ihn und war die vermutlich aufgewendete Geduld wert 67 Literaturverzeichnis L I T E R A T U R V E R Z E IC H N I S Abdallah-Steinkopf, Barbara. „Hinweise für den Umgang mit traumatisierten Flüchtlingen“. www.asyl.net/Tips/16_Umgang_mit_traumatisierten_Flüchtlingen.htm [Zugriff: 1.11.2008] Al-Haj, Matild; Mielke, Rosemarie. Cultural diversity and the empowerment of minorities: Perspectives from Israel and Germany. Oxford: Berghahn Books, 2007 Albert, Martin. „Sozialarbeit und Flüchtlinge – Nur kurzfristig geduldet? Professionelle Flüchtlingssozialarbeit im Spannungsfeld materieller Restriktionen“. Migration und Soziale Arbeit, 1, 2001 , S.60-64 ARTIF. „Business Plan“. 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Münster: Votum, 1999 Zepf, Bernhard. „Bewältigungsstrategien der Flüchtlingssozialarbeit“. Migration und Soziale Arbeit, 3+4, 1999, S.104-110 75 Erklärung ERKLÄRUNG Hiermit versichere ich gemäß § 28 der Studien- und Prüfungsordnung der Hochschule Esslingen – Fakultät Soziale Arbeit, Gesundheit und Pflege, dass ich diese Bachelorarbeit selbstständig verfasst und keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt habe. Esslingen, Dezember 2008 Judith Nettelroth 76 ANHANG Anhangsverzeichnis Anhang 1: „Drei Männer im Bus“ Zeitungsartikel 78 Anhang 2: What is a Can DO Investment Fund? 80 Anhang 3: Can Do – support for learning communities 81 Anhang 4: Information über CDIF in Arabisch 82 Anhang 5: Information über CDIF in Tigrinya 84 Anhang 6: ARTIF Business Plan 86 Anhang 7: ARTIF Constitution 89 Anhang 8: ARTIF Terms of Reference 92 Anhang 9: ARTIF Flyer 93 Anhang 10: ARTIF Poster1 95 Anhang 11: ARTIF Poster2 96 77 Anhang 1: „Drei Männer im Bus“ Zeitungsartikel Quelle: DIE ZEIT. Vom 30.10.2008, S.12 78 79 Anhang 2: What is a Can Do Investment Fund? Quelle: The Scarman Trust. Unveröffentlichtes Manuskript 80 Anhang 3: Can Do – support for learning communities Quelle: The Scarman Trust. Broschüre: „Can Do – Support for LearningCommunities“. 2005 81 Anhang 4: Information über CDIF in Arabisch Quelle: ARTIF. Unveröffentlichtes Manuskript. 2007 82 83 Anhang 5: Information über CDIF in Tirinya Quelle: ARTIF. Unveröffentlichtes Manuskript. 2007 84 85 Anhang 6: ARTIF Business Plan Quelle: ARTIF. Unveröffentlichtes Manuskript. 2008 86 87 88 Anhang 7: ARTIF Constitution Quelle: ARTIF. Unveröffentlichtes Manuskript. 2008 89 90 91 Anhang 8: ARTIF – Terms of Reference Quelle: ARTIF. Unveröffentlichtes Manuskript. 2008 92 Anhang 9: ARTIF Flyer Quelle: ARTIF. 2008 93 94 Anhang 10: ARTIF Poster 1 Quelle: ARTIF. 2008 95 Anhang 11: ARTIF Poster 2 Quelle: ARTIF. 2008 96