Der Hofkapellmeister aus Blasewitz Johann Gottlieb Naumann 1741 geboren in Blasewitz 1757-63 Reise nach Italien 1764 Kirchen-Compositeur am kursächsischen Hof 1765-68 und 1772-74 weitere Reisen nach Italien 1776 Hofkapellmeister in Dresden 1777/78 und 1782 Reisen nach Stockholm 1785/86 Reise nach Kopenhagen seit 1788 mehrere Reisen nach Berlin 1801 Tod in Dresden Verantwortlich: Agnes Thiel; Gestaltung: Hansruedi Humm Viele Züge der Lebensgeschichte Johann Gottlieb Naumanns lesen sich wie ein Märchen und wurden von seinem ersten Biographen August Gottlieb Meißner auch so beschrieben. 1741 in bescheidenen Verhältnissen in Blasewitz geboren, ging Naumann 1757 mit dem schwedischen Geiger Anders Wesström nach Italien, wo er umfangreichen Unterricht erhielt und 1763 seine erste Oper in Venedig zur Aufführung brachte. Wieder nach Hause zurückgekehrt, fand er eine Anstellung am Dresdner Hof als Kirchen-Compositeur, wurde aber schon im folgenden Jahr gemeinsam mit den sieben Jahre jüngeren Joseph Schuster und Franz Seydelmann zur weiteren Ausbildung nach Italien geschickt. Im Herbst 1768 kehrte Naumann nach Dresden zurück, um für die bevorstehende Hochzeit des jungen Kurfürsten Friedrich August III. eine neue Oper zu komponieren. In der Folgezeit war er neben den anderen Kirchen-Compositeurs sowohl für die Leitung der Kirchenmusik als auch für die Oper zuständig. Mehrfach erhielt er Urlaub, um Opernaufträge aus Italien anzunehmen oder in Stockholm und Kopenhagen die dortigen Hofkapellen zu reorganisieren. Einem „Abwerbungsversuch“ aus Berlin begegnete der Dresdner Hof 1776 mit der Berufung in das schon fast vier Jahre vakante Amt des Hofkapellmeisters. Als Naumann 1786 ein ähnliches Angebot aus Kopenhagen bekam, erhielt er in Dresden einen lebenslangen Vertrag mit einer deutlichen Gehaltserhöhung und war außerdem nur noch an hohen Feiertagen für die Kirchenmusik verantwortlich. Mit der Uraufführung seiner letzten Oper im April 1801 nahm er Abschied von der Bühne und starb im Oktober desselben Jahres nach einem Schlaganfall. Für die Gottesdienste in der Katholischen Hofkirche komponierte Naumann insgesamt 19 Messen, 20 Offertorien, neun Vesperzyklen und weitere Psalmen, zwei Lauretanische Litaneien, 18 marianische Antiphonen, zwei Miserere, drei Te Deum laudamus, zehn italienische Karwochenoratorien sowie weitere Werke geringeren Umfangs. Das Kyrie der heute erklingenden Messe entstand im Mai 1777, die übrigen Teile dagegen erst 1778. Es handelt sich um ein Repertoirestück im typischen Dresdner Hofkirchenstil. Zur knappen Anlage der einzelnen Sätze gehören der Verzicht auf Fugen am Ende von Gloria und Credo und das kurze Benedictus, das ohne Unterbrechung an das Sanctus anschließt. Die heutige Aufführung folgt der ursprünglichen Fassung, in der nur Kyrie und Agnus Dei in der Haupttonart G-Dur stehen, und Trompeten und Pauken lediglich im Gloria und Sanctus, jeweils in C-Dur, Verwendung finden. Prof. Dr. Gerhard Poppe