Valenzbasierte Eigenschaften des Deutschen

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Valenzvergleich und „valenzbasierte“ Eigenschaften des
Deutschen
--im Vergleich mit dem Japanischen--
Susumu ZAIMA
2001/3
in: Linguistik als Kulturwissenschaft(Peter Lang)
p297-306
43
Valenzvergleich und „valenzbasierte“ Eigenschaften des
Deutschen
―― im Vergleich mit dem Japanischen ――
Susumu ZAIMA
0.Vorwort
Die Zielsetzung dieses Aufsatzes liegt darin, einige Überlegungen zum Valenzvergleich
Deutsch-Japanisch darzustellen und danach die „valenzbasierten“ Eigenschaften des
Deutschen auszuführen, die im Vergleich mit dem Japanischen festgestellt werden
können.
1.Valenzvergleich
Zuerst wird die Problematik des Valenzvergleichs Deutsch-Japanisch erörtert und
danach werden zwei neue Methoden des Valenzvergleichs vorgeschlagen.
1.1. Problematik
Beim Valenzvergleich wird vorausgesetzt, dass zwischen den zu vergleichenden Verben
irgendeine Gemeinsamkeit vorhanden ist. Wenn die betreffenden Sprachen zur selben
Sprachfamilie gehören(z.B. Deutsch und Englisch), dann kann der Valenzvergleich
sowohl auf Grund der morphologischen Identität(z.B. geben und give)als auch auf
Grund der semantischen Identität(z.B. kaufen und buy)durchgeführt werden. Aber
wenn die Sprachen zu verschiedenen Sprachfamilien gehören ( z.B. Deutsch und
Japanisch), dann ist der Valenzvergleich nur in Bezug auf semantisch identische
Verben durchführbar. Auch in diesem Fall tauchen mehrere Probleme auf(siehe auch
Zaima2000), aber hier möchte ich eines davon aufgreifen.
Zum Beispiel gilt das deutsche Verb zwingen als Entsprechung des japanischen Verbs
kyouseisuru. Aber in Bezug auf die Resultativität gibt es zwischen den beiden Verben
einen Unterschied. D.h., im Falle des deutschen Verbs zwingen kann der aber-Satz
nicht hinzugefügt werden. Dieser bezeichnet ein Resultat, das im inhaltlichen
Gegensatz zu der im zu-Infinitiv bezeichneten Handlung steht. Dem gegenüber kann
dem japanischen Verb kyouseisuru ein entsprechender ...ga-Satz ( aber-Satz )
hinzugefügt werden:
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(1) a. Sie zwingen ihn zum Spenden.
b. karera WA
sie
P
Thema
kare
NI
kifu
WO
er
P
Spende P
Dativ
kyouseisuru
zwingen
Akkusativ
P=Partikel
(2)a. *Sie haben ihn zum Spenden gezwungen, aber er hat gar nichts gespendet.
b. ... kyouseisita
ga,
kare
gezwunden haben aber er
WA
nanimo
kifusinakatta
P
etwas
nicht gestiftet haben
Die beiden Verben sind in Bezug auf die Resultativität, nämlich im strukturalen
Bedeutungsteil verschieden. Identisch sind sie nur im modifizierenden Bedeutungsteil
wie „mit Gewalt o.ä.“. Wenn man also ― ohne Rücksicht auf diesen semantischen
Unterschied ― die Valenz des deutschen Verbs zwingen und des japanischen Verbs
kyouseisuru vergleicht:„beim deutschen Verb zwingen wird der Partner im Akkusativ
ausgedrückt und beim japanischen Verb kyouseisuru mit der Kasuspartikel NI(=
Dativ)“, erbringt der Vergleich keine systembezogene Feststellung.
Im Deutschen gibt es nicht nur die Verben, die wie zwingen den Partner im Akkusativ
bezeichnen, aber auch die Verben, die den Partner im Dativ bezeichnen:
(3) a.Sie hat ihn gezwungen, die Wahrheit zu sagen.(=1a)
b.Sie haben ihn überredet, die Wahrheit zu sagen.
c.Sie haben ihn angestiftet, das Lager in Brand zu stecken.
(4) a.Er hat ihnen befohlen, es zu tun.
b.Er hat ihnen erlaubt, es zu tun.
c.Er hat ihnen aufgetragen, es zu tun.
Bei den Verben von(4)― anders als bei den Verben von(3)― kann der oben genannte
aber-Satz hinzugefügt werden. Diese Verben implizieren nicht die Durchführung der
im zu-Infinitiv bezeichneten Handlung(siehe Horasawa(1986)).
Wenn man an diesen Resultativität-bezogenen Punkt und an die semantische
Entsprechung des deutschen Dativs und der japanischen Kasuspartikel NI denkt,
sollte man annehmen, dass das japanische Verb kyouseisuru nicht den Verben von(3)
wie zwingen angehört, sondern eher den Verben von(4).
Die
oben
ausgeführte
Problematik
verneint
aber
nicht
jeglichen
Sinn
des
Valenzvergleichs der deutschen und japanischen Verben. Sprachdidaktisch kann er
ohne Zweifel dazu dienen, Interferenzfehler zu vermeiden.
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1.2. Neue Versuche des Valenzvergleichs Deutsch-Japanisch
Nun zu neuen Versuchen des Valenzvergleichs. Wenn man die Valenz als die
Beziehungen zwischen dem Verb und der syntaktischen Struktur auffasst, bildet die
„Valenz“ den wesentlichen Teil der Grammatik der jeweiligen Sprachen und die
Untersuchung der „Valenz“ ist ein wichtiger Versuch zur Erörterung des Regelsystems
der Satzbildung.
Der Valenzvergleich Deutsch-Japanisch wird nur dadurch möglich, wenn man von
einzelnen Verben unabhängige semantische Einheiten annimmt, sie herausarbeitet
und deren morphosyntaktische Realisierungsformen analysiert und vergleicht. Im
Folgenden führe ich zwei solcher Methoden aus.
Die erste Methode beruht auf der These von Nitta(1993), dass die Valenz weder von
einer lexikalischen Einheit Verb noch von der Bedeutung eines Verbs, sondern von
einer übergeordneten allgemeinen Categorical Meaning ( kurz CM ) eines Verbs
bestimmt wird.
Zum Beispiel wird die Valenz der japanischen Verben wie hazusu, toru, tigiru, nuku,
hagasu, hagu o.ä. durch ihre CM „WEGNEHMEN“ bestimmt. Die semantische bzw.
morphosyntaktische Valenz von WEGNEHMEN wird grob wie folgt dargestellt:
(5) CM:WEGNEHMEN
a.Semantische Valenz:〔agent,object,source〕
b.Morphosyntaktische Valenz :〔GA,WO,KARA〕
c.Verben:hazusu,hazusu,toru,tigiru,nuku,hagasu,hagu ……
d.Satzbeispiel: otoko-ha kabe-kara
Mann
e-wo
von der Wand Bild
hazusu
wegnehmen
Wenn die semantische bzw. morphosyntaktische Valenz eines Verbs durch seine CM
bestimmt wird, sollte man zuerst die CMs beider Sprachen ermitteln und danach die
semantische bzw. morphosyntaktische Valenz der jeweiligen CMs analysieren und
vergleichen.
Die zweite Methode beruht auf der Annahme einer sententiellen semantischen
Struktur(kurz SSS). Die SSS ist, grob gesagt, die Bedeutungsstruktur eines Satzes
(Zaima1998). Zum Beispiel können zwischen den SSSn des Eigenschaftsausdrucks
und ihren morphosyntaktischen Formen folgende Entsprechungen festgestellt werden.
(6) dt.
a.einfach
NP+ist+ADJ
Der Tisch ist groß.
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Der Tisch ist rot.
b.Objekt
NP(Obj)+v(transitiv)+sich+ADJ
Das Lied singt sich leicht.
Der Koffer trägt sich schwer.
c.Adverbiale
ADV+v(intransitiv)+es+sich+ADJ
In diesem Zimmer arbeitet es sich gut.
In diesem Bett schläft es sich schlecht.
(7) jp.
a.einfach
b.Objekt
c.Adverbiale
NP+ha+ADJ
teeburu-ha
ookii
Tisch
groß
teeburu-ha
akai
Tisch
rot
NP(Obj)+ha+v(transitiv)+i+ADJ
kono
uta-ha
uta-i
yasui
das
Lied
singen leicht
kono
toranku-ha
hakob-i nikui
das
Koffer
tragen schwer
ADV+ha+v(intransitiv)+i+ADJ
kono
heya-ha
hatar-i
yasui
das
Zimmer
arbeiten leicht
kono
beddo-ha
nemur-i
das
Bett
schlafen schlecht
nikui
Wenn in dieser Weise die morphosyntaktischen Formen je nach der Art der SSS
regelhaft bestimmt wird, kann man zuerst die SSS in den beiden Sprachen ermitteln
und
danach
ihre
morphosyntaktischen
Realisierungsformen
analysieren
und
vergleichen. Bei diesem Versuch steht das Verb nicht immer in der Mitte der
Untersuchung, wie es bei b und c der Fall ist.
2.Valenzbasierte Eigenschaften des Deutschen
Nun zu valenzbasierten Eigenschaften des Deutschen, die im Vergleich mit dem
Japanischen festgestellt werden können.
2.1. Explizitheit der syntaktischen Struktur
Zuerst stelle ich dar, dass die Satzstruktur im Deutschen immer explizit bezeichnet
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wird, im Japanischen hingegen nicht immer explizit.
Wie es schon bekannt ist, ist im Deutschen die syntaktische Eigenschaft der Valenz
vorhanden, aber im Japanischen nicht(Anm.1). D.h., im Deutschen können bestimmte
Satzglieder nicht weggelassen werden, aber im Japanischen gibt es keine solchen
nicht-weglassbaren Satzglieder.(8)ist ein deutscher Text aus „Schulz-Griesbach,
Grammatik der deutschen Sprache J 082“ und(9)ein Text ohne die Satzglieder, die
beim Übersetzen ins Japanische weggenommen werden können(Hamazaki1985):
(8)Wenn du mir versprichst, daß du mir das Geld wiedergibst, sobald dir dein Vater
den Scheck geschickt hat, kann ich dir die 100 Mark geben, obwohl ich noch
mindestens zwei Wochen warten muß, bis ich mein nächstes Gehalt bekomme.
(9)Wenn versprichst, daß das Geld wiedergibst, sobald Vater den Scheck geschickt
hat, kann die 100 Mark geben, obwohl noch mindestens zwei Wochen warten muß,
bis nächstes Gehalt bekomme.
Dass die Ergänzungen explizit bezeichnet werden, bedeutet, dass die Satzstruktur
explizit bezeichnet wird. Im Deutschen werden wegen der Valenz die Ergänzungen
immer explizit bezeichnet und deswegen die Satzstruktur auch immer explizit, im
Japanischen dagegen wegen des Fehlens der Valenz die Ergänzungen auch tilgbar und
deswegen die Satzstruktur nicht immer explizit bezeichnet.
2.2. Semantische Funktion der syntaktischen Struktur
Nun zu der semantischen Funktion der Satzstruktur des Deutschen.(Von nun an aber
statt der Satzstruktur den Terminus „syntaktische Struktur“, da ich unten nur die
Satzstruktur mit den Ergänzungen behandle.)
Die
deutschen
Verben
drücken/klopfen etwa organisieren zwei verschiedene
syntaktische Strukturen. Sie werden nicht nur mit einer Richtungsangabe verbunden,
sondern auch mit einem Objekt und einer Ausgangsangabe:
(10)drücken/klopfen
a.NP+V+PP(Richtung)
Er drückt auf den Knopf./Er klopft an die Tür.
b.NP+V+NP(Objekt)+PP(Ausgangspunkt)
Er drückt die Zahnpaste aus der Tube.
Er klopft Staub vom Mantel.
Dahingegen erscheinen die entsprechenden japanischen Verben nur in ersterer
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syntaktischer Struktur:
(11)osu/tataku
a.NP+V+NP(Objekt)
kare
ha
botann wo
er
Thema Knopf
Akk
kare
ha
wo
doa
osu
tataku
Tür
b.NP+V+NP(Objekt)+PP(Ausgangspunkt)
*kare ha nerihamigaki
wo
chuubu kara
Zahnpasta
*kare ha hokori
wo
Staub
Tube
aus
kooto
kara
osu
tataku
Mantel
Die Satzbedeutung von(10b), wo die Verben drücken/klopfen mit einem Objekt und
einer Ausgangsangabe verbunden ist, drückt die komplexe semantische Variante
„transitive kausale Fortbewegung“ aus, wo die verbale Bedeutung von ( 10a )als
Instrumental fungiert(jeweils(12)und(13)):
(12)durch Zusammenpressen bewirken, dass etwas aus etwas herauskommt
(13)durch Klopfen bewirken, dass etwas aus etwas herauskommt
Wenn diese verbalen Bedeutungen ins Japanische übersetzt werden sollen, müssen die
zusammengesetzten Verben wie „osite=dasu“, „tataite=otosu“ verwendet werden, die
durch die Hinzufügung der neuen verbalen Elemente wie „dasu“(=herausbekommen),
„otosu“(=fallen lassen)gebildet werden(Anm.2):
(14)kare ha nerihamigaki
wo
Zahnpasta
(15)kare ha hokori
Staub
wo
chuubu kara
Tube
aus
kooto
kara
osite-dasu
tataite-otosu
Mantel
Aus weiteren Analysen kann man mit genügenden Argumenten die Schlussfolgerung
ziehen, dass im Deutschen die syntaktische Struktur mit einem Objekt und einer
Ausgangsangabe die transitive kausale Fortbewegung wie „durch eine betroffene
verbale Handlung bewirken, dass etwas herauskommt“ bezeichnet, und dazu noch,
dass die syntaktische Struktur in der dem Verb zuvorkommenden Form die Funktion
besitzt, die betreffende SSS zu bezeichnen(Zaima1987, Goldberg1995).
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Diese semantische Funktion der syntaktische Struktur ist möglich, weil im Deutschen
die Valenz vorhanden ist und die davon bestimmten Ergänzungen immer die
syntaktische Struktur explizit macht. Das Deutsche benützt nämlich die Eigenschaft,
dass die syntaktische Struktur wegen der Valenz immer explizit bezeichnet wird, und
legt der syntaktischen Struktur die semantische Funktion auf, die strukturale
Bedeutung in der dem Verb zuvorkommenden Form zu bezeichnen(Anm.3).
Aber da im Japanischen die syntaktische Eigenschaft der Valenz nicht vorhanden ist
und die syntaktische Struktur nicht immer bezeichnet wird, ist es nicht möglich, dass
die syntaktische Struktur die Funktion übernimmt, die strukturale Bedeutung zu
bezeichnen(Anm.4). Die Bezeichnung der strukturalen Bedeutung wird also von
entsprechenden morphologischen Satzkonstituenten, nämlich von Verben bzw.
zusammengesetzten verbalen Formen übernommen. Im Japanischen wird die
Satzbedeutung dadurch gebildet, dass den jeweiligen Bedeutungskonstituenten
entsprechende morphologische Satzkonstituenten in einer eins-zu-eins-Beziehung
gegenübergestellt werden.
Im Allgemeinen wird angenommen, dass die strukturale Bedeutung vom Verb
bezeichnet wird. Zwar kann das Verb auch die strukturale Bedeutung bezeichnen.
Aber sie muss vom Bedeutungsinhalt des Verbs abgelesen werden, und die strukturale
Bedeutung eines Verbs wird vom Bedeutungsinhalt nicht immer eindeutig bestimmt,
wie es der absolute Gebrauch des transitiven Verbs zeigt. Dagegen besteht zwischen
der syntaktischen Struktur und der strukturalen Bedeutung eine fixierte Parallelität.
In der Sprache wie Deutsch, in der die syntaktische Struktur immer explizit bezeichnet
wird, ― dass die syntaktische Struktur immer explizit bezeichnet wird, bedeutet, dass
die strukturale Bedeutung auch immer bezeichnet wird ― ist es eine sehr rationelle
Methode, dass die syntaktische Struktur in der dem Verb zuvorkommenden Form die
Funktion der Bezeichnung der strukturalen Bedeutung übernimmt und dadurch das
Verb von der Rolle der Bezeichnung der strukturalen Bedeutung befreit(siehe(10b)).
2.3. Erweiterte semantische Funktion der syntaktischen Struktur
Im Folgenden führe ich aus, dass im Deutschen die syntaktische Struktur auch die
komplexe Bedeutung bezeichnet, die im Japanischen auch mit zusammengesetzten
Verben nicht ausdrückt werden kann(Narita2000).
Im Deutschen gibt es zum Beispiel viele transitive Ausdruckspaare von Fortbewegung
und Zustandsveränderung:
(16) a.Er packt die Kleider in den Koffer.
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b.Er packt den Koffer[mit Kleidern].
(17) a.Er zieht dem Kind ein Hemd an.
b.Er zieht das Kind[mit einem Schützanzug]an.
Im Fall der transitiven Zustandsveränderung wird zum Teil die trennbare Vorsilbe begebraucht, um die Veränderung der strukturalen Bedeutung morphologisch zu
kennzeichnen:
(18)a.Er lädt Heu auf den Wagen.
b.Er belädt den Wagen mit Heu.
Der Unterschied zwischen den a-Sätzen und den b-Sätzen, m.a.W. ob die transitive
Fortbewegung oder die Zustandsveränderung, beruht darauf, welches Element in der
betreffenden Situation(= „Situationsrolle“ von Storrer1992)fokussiert, also „akkusativiert“ wird. Die a-Sätze werden dadurch gebildet, dass das theme fokussiert wird, also
dann als transitive Fortbewegung, und die b-Sätze dadurch, dass das goal fokussiert
wird, also dann als transitive Zustandsveränderung. (Der semantische Unterschied
zwischen den beiden Sätzen kommt durch die Veränderung der zu fokussierenden
Rolle zu Stande, und die Veränderung der Fokussierung durch d i e der syntaktischen
Struktur. )
Die a-Sätze der obigen Beispiele(nämlich „transitive Fortbewegung“)können ohne
weiteres ins Japanische übersetzt werden, ihre b-Sätze ( nämlich „transitive Zustandsveränderung“)hingegen im Allgemeinen nicht:
(19) a.kare ha
b.*kare ha
(20) a.kare ha
b.*kare ha
(21) a.kare ha
b.*kare ha
fuku
wo
toranku
ni
tumeru
Kleider
Akk
Koffer
in
packen
toranku
wo
fuku
de
tumeru
(=16b)
Koffer
Akk
Kleider
mit
kodomo
ni
shatu
wo
kiseru
(=17a)
Kind
in
Hemd
Akk
anziehen
kodomo
wo
shatu
de
kiseru
(=17b)
Kind
Akk
hemd
mit
hosikusa
wo
kuruma
ni
tumu
(=18a)
Heu
Akk
Wagen
in
laden
kuruma
wo
hosikusa
de
tumu
Wagen
Akk
Heu
mit
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(=16a)
(=18b)
Diese Behauptung ist mit der in 3.2. dargestellten grundsätzlich gleich, aber ― anders
als im Fall von 3.2. ― diese b-Sätze können auch mit zusammengesetzten Verben
nicht ins Japanische übersetzt werden. Die betreffende strukturale Bedeutung der b
-Sätze und ihre wörtlichen Übersetzungen sehen wie folgt aus. Die a-Notationen sind
die zu lexikalisierenden strukturalen Bedeutungen, und die b-Sätze sind die wörtlichen
japanischen Übersetzungen:
(22) a.etwas mit etwas VERSEHEN, was man GEPACKT hat
b.kare ha toranku wo
Koffer
fuku ga
tumatta
jouta
ni
Kleider
gepakct
Zustand zu
suru
machen
(23) a.jemand mit etwas VERSEHEN, was man ihm ANGEZOGEN hat
b.kare ha kodomo wo
Kind
shatu wo
kita
Hemd
angezogen
joutai
ni
suru
(24) a.etwas mit etwas VERSEHEN, was man darauf GELADEN hat
b.kare ha kuruma wo
Wagen
hosikusa ga tumareta
Heu
jouta
ni
suru
geladen
Im Fall von 3.2. handelt es sich um die koordinierenden Zusammensetzungen von zwei
zeitlich nacheinander geschehenden Ereignissen, also osite-akeru, tataite-otosu o.ä., in
denen aber eines von den Ereignissen als Instrumental aufgefasst wird. In diesem Fall
hingegen wird für die Lexikalisierung des Bedeutungsinhalts ein sehr kompliziertes
Verfahren nötig, nach dem jeweils ein Verb vom modifizierenden Teil, wie z.B. was
man GEPACKT hat, was man ihm ANGEZOGEN hat o.ä., herausgenommen werden
müsste. Ein solcher Lexikalisierungstyp ist im Japanischen grundsätzlich nicht gültig
(Kageyama1998).
Im Deutschen wird die Bezeichnung des betreffenden komplizierten Bedeutungsinhalts
durch die Verschiebung des Fokus zwischen theme und goal realisiert. Dies ist deshalb
möglich, weil im Deutschen die Funktion der syntaktischen Struktur, die strukturale
Bedeutung zu bezeichnen, schon als Sprachgewohnheit fixiert ist. Nur im Deutschen,
wo diese Sprachgewohnheit vorhanden ist, ist es möglich, und im Japanischen, wo
diese Sprachgewohnheit nicht vorhanden ist, nicht möglich.
Im Deutschen gibt es viele transitive Verben, die die Bedeutunsstruktur der
„Zustandsveränderung“ mit dem semantischen Merkmal VERSEHEN besitzen:
(25) a. ausstatten
= mit etwas Notwendigem VERSEHEN
Der Raum ist mit einer Klimaanlagen ausgestattet.
b. kennzeichnen = mit einem Kennzeichen VERSEHEN
52
Die ausgestellten Waren müssen ausgezeichnet werden.
Die Entwicklung dieses Typs ist wohl ein Faktor, der die obigen Ausdrücke im
Deutschen möglich macht. Auch in diesem Fall können die Sätze als transitive
Fortbewegung ins Japanische übersetzt werden, aber die Sätze als transitive
Zustandsveränderung nicht:
(26)a. heya
NI
kuuchou
WO
Raum
Dat
Möbel u.a.
Akk
*heya
WO
kuuchou
DE
sonaetukeru
NI
mejirusi
WO
tukeru
Waren
Dat
Kennzeichen
Akk
*shouhin
WO
mejirusi
DE
b. shouhin
sonaetukeru
tukeru
3.Schlusswort
Nachdem ich die Überlegungen zum Valenzvergleich Deutsch-Japanisch dargestellt
habe, habe ich einige valenzbasierte Eigenschaften des Deutschen genannt, die im
Vergleich mit dem Japanischen festgestellt werden können. Das Vorhandensein der
Valenz macht einerseits die deutsche Grammatik insofern komplizierter, als die
Ergänzungen immer bezeichnet werden müssen, andererseits macht es aber die
Ausdrucksfähigkeit des Deutschen insofern kräftiger, als die syntaktische Struktur die
Fähigkeit bekommt, die strukturale Bedeutung eines Satzes zu bezeichnen.
Abmerkungen
1)Auch im Japanischen gibt es einige Fälle, wo man von der Valenz reden kann. Zum
Beispiel kann beim Verb sumu (= wohnen)die lokale Adverbialbestimmung nicht
weggelassen werden:
kare-ha
Tokyo-ni
sun-de-iru. →
er
in Tokyo
wohnen
*kare-ha Ø sun-de-iru
2)Im Deutschen gibt es auch zusammengesetzte Verben, die den betreffenden japanischen zusammengesetzten Verben entpsrechen, wie z.B. ausdrücken, abklopfen.
3)Die Funktion der syntaktischen Struktur, die strukturale Bedeutung eines Satzes
zu bezeichnen, kann bei abgeleiteten Ausdrücken mit intransitiven Verben noch
deutlicher festgestellt werden:
a.Er tanzt die Partnerin müde.
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b.Er bettelt seine Familie durchs Leben.
4)Im Japanischen gibt es einige Fälle, wo die syntaktische Struktur die Funktion
übernimmt, die strukturale Bedeutung zu bestimmen:
a. umebosi
WO
Salztrockenpflaumen Akk
sara
NI
akeru
Teller in
leeren
= ein Gefäß leeren und die Salztrockenpflaumen darin in den Teller tun
b. tamago
Eier
WO
sara
NI
Akk
Teller in
waru
brechen
= Eier aufschlagen und sie in den Teller tun
Literatur
Goldberg, Adele E. ( 1995 ) : Construction: A construction grammar approach to
argument structure,Chicago,University of Chicago Press
Hamazaki,chouju(1985):dousi no kaku-sihai to barentu(Kasusrektion des Verbs
und Valenz),in: Hamazaki u. a.(Hg.):nitidoku taishou kennkyuu(Kontrastive Untersuchungen Japanisch-Deutsch),Daigaku Shorin
Horasawa,Shin(1986):sieki no kouzou gata(Konstruktionspatterns der Kausativität),in:DER KEIM Nr. 10,Tokyo University of Foreign Studies Doitugo
Kennkyuukai
Kageyama,Taro(1998):dousi imiron(Verbalsemantik),Verlag Kurosio
Narita,Takasi(2000):koubunn to varentu(Konstruktion und Valenz)[in Vorbereitung]
Nitta,Yoshio(1993)
:nihongo no kaku wo motomete(Suche nach japanischen Kasus),
Nitta u.a.(Hg.)
:nihongo no kaku wo megutte(Über die japanischen Kasus),
Verlag Kurosio
Storrer,Angelika(1992):Verbvalenz,RGL126,Tübingen
Zaima Susumu(1987):Verbbedeutung und syntaktische Struktur,Deutsche Sprache,
Heft 1,Erich Schmidt Verlag
Zaima Susumu(1998): A Study on "Semantic Sentence Structures" in German,
in:The Locus of Meaning; Papers in Honor of Yoshihiko IKEGAMI,Verlag
Kurosio
Zaima Susumu(2000): Valenzvergleich Deutsch-Japanisch,in: Eroms u.a.(Hg.)
Dependenz und Valenz,Verlag Max Niemeyer[in Druck]
54
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