Valenzvergleich und „valenzbasierte“ Eigenschaften des Deutschen --im Vergleich mit dem Japanischen-- Susumu ZAIMA 2001/3 in: Linguistik als Kulturwissenschaft(Peter Lang) p297-306 43 Valenzvergleich und „valenzbasierte“ Eigenschaften des Deutschen ―― im Vergleich mit dem Japanischen ―― Susumu ZAIMA 0.Vorwort Die Zielsetzung dieses Aufsatzes liegt darin, einige Überlegungen zum Valenzvergleich Deutsch-Japanisch darzustellen und danach die „valenzbasierten“ Eigenschaften des Deutschen auszuführen, die im Vergleich mit dem Japanischen festgestellt werden können. 1.Valenzvergleich Zuerst wird die Problematik des Valenzvergleichs Deutsch-Japanisch erörtert und danach werden zwei neue Methoden des Valenzvergleichs vorgeschlagen. 1.1. Problematik Beim Valenzvergleich wird vorausgesetzt, dass zwischen den zu vergleichenden Verben irgendeine Gemeinsamkeit vorhanden ist. Wenn die betreffenden Sprachen zur selben Sprachfamilie gehören(z.B. Deutsch und Englisch), dann kann der Valenzvergleich sowohl auf Grund der morphologischen Identität(z.B. geben und give)als auch auf Grund der semantischen Identität(z.B. kaufen und buy)durchgeführt werden. Aber wenn die Sprachen zu verschiedenen Sprachfamilien gehören ( z.B. Deutsch und Japanisch), dann ist der Valenzvergleich nur in Bezug auf semantisch identische Verben durchführbar. Auch in diesem Fall tauchen mehrere Probleme auf(siehe auch Zaima2000), aber hier möchte ich eines davon aufgreifen. Zum Beispiel gilt das deutsche Verb zwingen als Entsprechung des japanischen Verbs kyouseisuru. Aber in Bezug auf die Resultativität gibt es zwischen den beiden Verben einen Unterschied. D.h., im Falle des deutschen Verbs zwingen kann der aber-Satz nicht hinzugefügt werden. Dieser bezeichnet ein Resultat, das im inhaltlichen Gegensatz zu der im zu-Infinitiv bezeichneten Handlung steht. Dem gegenüber kann dem japanischen Verb kyouseisuru ein entsprechender ...ga-Satz ( aber-Satz ) hinzugefügt werden: 44 (1) a. Sie zwingen ihn zum Spenden. b. karera WA sie P Thema kare NI kifu WO er P Spende P Dativ kyouseisuru zwingen Akkusativ P=Partikel (2)a. *Sie haben ihn zum Spenden gezwungen, aber er hat gar nichts gespendet. b. ... kyouseisita ga, kare gezwunden haben aber er WA nanimo kifusinakatta P etwas nicht gestiftet haben Die beiden Verben sind in Bezug auf die Resultativität, nämlich im strukturalen Bedeutungsteil verschieden. Identisch sind sie nur im modifizierenden Bedeutungsteil wie „mit Gewalt o.ä.“. Wenn man also ― ohne Rücksicht auf diesen semantischen Unterschied ― die Valenz des deutschen Verbs zwingen und des japanischen Verbs kyouseisuru vergleicht:„beim deutschen Verb zwingen wird der Partner im Akkusativ ausgedrückt und beim japanischen Verb kyouseisuru mit der Kasuspartikel NI(= Dativ)“, erbringt der Vergleich keine systembezogene Feststellung. Im Deutschen gibt es nicht nur die Verben, die wie zwingen den Partner im Akkusativ bezeichnen, aber auch die Verben, die den Partner im Dativ bezeichnen: (3) a.Sie hat ihn gezwungen, die Wahrheit zu sagen.(=1a) b.Sie haben ihn überredet, die Wahrheit zu sagen. c.Sie haben ihn angestiftet, das Lager in Brand zu stecken. (4) a.Er hat ihnen befohlen, es zu tun. b.Er hat ihnen erlaubt, es zu tun. c.Er hat ihnen aufgetragen, es zu tun. Bei den Verben von(4)― anders als bei den Verben von(3)― kann der oben genannte aber-Satz hinzugefügt werden. Diese Verben implizieren nicht die Durchführung der im zu-Infinitiv bezeichneten Handlung(siehe Horasawa(1986)). Wenn man an diesen Resultativität-bezogenen Punkt und an die semantische Entsprechung des deutschen Dativs und der japanischen Kasuspartikel NI denkt, sollte man annehmen, dass das japanische Verb kyouseisuru nicht den Verben von(3) wie zwingen angehört, sondern eher den Verben von(4). Die oben ausgeführte Problematik verneint aber nicht jeglichen Sinn des Valenzvergleichs der deutschen und japanischen Verben. Sprachdidaktisch kann er ohne Zweifel dazu dienen, Interferenzfehler zu vermeiden. 45 1.2. Neue Versuche des Valenzvergleichs Deutsch-Japanisch Nun zu neuen Versuchen des Valenzvergleichs. Wenn man die Valenz als die Beziehungen zwischen dem Verb und der syntaktischen Struktur auffasst, bildet die „Valenz“ den wesentlichen Teil der Grammatik der jeweiligen Sprachen und die Untersuchung der „Valenz“ ist ein wichtiger Versuch zur Erörterung des Regelsystems der Satzbildung. Der Valenzvergleich Deutsch-Japanisch wird nur dadurch möglich, wenn man von einzelnen Verben unabhängige semantische Einheiten annimmt, sie herausarbeitet und deren morphosyntaktische Realisierungsformen analysiert und vergleicht. Im Folgenden führe ich zwei solcher Methoden aus. Die erste Methode beruht auf der These von Nitta(1993), dass die Valenz weder von einer lexikalischen Einheit Verb noch von der Bedeutung eines Verbs, sondern von einer übergeordneten allgemeinen Categorical Meaning ( kurz CM ) eines Verbs bestimmt wird. Zum Beispiel wird die Valenz der japanischen Verben wie hazusu, toru, tigiru, nuku, hagasu, hagu o.ä. durch ihre CM „WEGNEHMEN“ bestimmt. Die semantische bzw. morphosyntaktische Valenz von WEGNEHMEN wird grob wie folgt dargestellt: (5) CM:WEGNEHMEN a.Semantische Valenz:〔agent,object,source〕 b.Morphosyntaktische Valenz :〔GA,WO,KARA〕 c.Verben:hazusu,hazusu,toru,tigiru,nuku,hagasu,hagu …… d.Satzbeispiel: otoko-ha kabe-kara Mann e-wo von der Wand Bild hazusu wegnehmen Wenn die semantische bzw. morphosyntaktische Valenz eines Verbs durch seine CM bestimmt wird, sollte man zuerst die CMs beider Sprachen ermitteln und danach die semantische bzw. morphosyntaktische Valenz der jeweiligen CMs analysieren und vergleichen. Die zweite Methode beruht auf der Annahme einer sententiellen semantischen Struktur(kurz SSS). Die SSS ist, grob gesagt, die Bedeutungsstruktur eines Satzes (Zaima1998). Zum Beispiel können zwischen den SSSn des Eigenschaftsausdrucks und ihren morphosyntaktischen Formen folgende Entsprechungen festgestellt werden. (6) dt. a.einfach NP+ist+ADJ Der Tisch ist groß. 46 Der Tisch ist rot. b.Objekt NP(Obj)+v(transitiv)+sich+ADJ Das Lied singt sich leicht. Der Koffer trägt sich schwer. c.Adverbiale ADV+v(intransitiv)+es+sich+ADJ In diesem Zimmer arbeitet es sich gut. In diesem Bett schläft es sich schlecht. (7) jp. a.einfach b.Objekt c.Adverbiale NP+ha+ADJ teeburu-ha ookii Tisch groß teeburu-ha akai Tisch rot NP(Obj)+ha+v(transitiv)+i+ADJ kono uta-ha uta-i yasui das Lied singen leicht kono toranku-ha hakob-i nikui das Koffer tragen schwer ADV+ha+v(intransitiv)+i+ADJ kono heya-ha hatar-i yasui das Zimmer arbeiten leicht kono beddo-ha nemur-i das Bett schlafen schlecht nikui Wenn in dieser Weise die morphosyntaktischen Formen je nach der Art der SSS regelhaft bestimmt wird, kann man zuerst die SSS in den beiden Sprachen ermitteln und danach ihre morphosyntaktischen Realisierungsformen analysieren und vergleichen. Bei diesem Versuch steht das Verb nicht immer in der Mitte der Untersuchung, wie es bei b und c der Fall ist. 2.Valenzbasierte Eigenschaften des Deutschen Nun zu valenzbasierten Eigenschaften des Deutschen, die im Vergleich mit dem Japanischen festgestellt werden können. 2.1. Explizitheit der syntaktischen Struktur Zuerst stelle ich dar, dass die Satzstruktur im Deutschen immer explizit bezeichnet 47 wird, im Japanischen hingegen nicht immer explizit. Wie es schon bekannt ist, ist im Deutschen die syntaktische Eigenschaft der Valenz vorhanden, aber im Japanischen nicht(Anm.1). D.h., im Deutschen können bestimmte Satzglieder nicht weggelassen werden, aber im Japanischen gibt es keine solchen nicht-weglassbaren Satzglieder.(8)ist ein deutscher Text aus „Schulz-Griesbach, Grammatik der deutschen Sprache J 082“ und(9)ein Text ohne die Satzglieder, die beim Übersetzen ins Japanische weggenommen werden können(Hamazaki1985): (8)Wenn du mir versprichst, daß du mir das Geld wiedergibst, sobald dir dein Vater den Scheck geschickt hat, kann ich dir die 100 Mark geben, obwohl ich noch mindestens zwei Wochen warten muß, bis ich mein nächstes Gehalt bekomme. (9)Wenn versprichst, daß das Geld wiedergibst, sobald Vater den Scheck geschickt hat, kann die 100 Mark geben, obwohl noch mindestens zwei Wochen warten muß, bis nächstes Gehalt bekomme. Dass die Ergänzungen explizit bezeichnet werden, bedeutet, dass die Satzstruktur explizit bezeichnet wird. Im Deutschen werden wegen der Valenz die Ergänzungen immer explizit bezeichnet und deswegen die Satzstruktur auch immer explizit, im Japanischen dagegen wegen des Fehlens der Valenz die Ergänzungen auch tilgbar und deswegen die Satzstruktur nicht immer explizit bezeichnet. 2.2. Semantische Funktion der syntaktischen Struktur Nun zu der semantischen Funktion der Satzstruktur des Deutschen.(Von nun an aber statt der Satzstruktur den Terminus „syntaktische Struktur“, da ich unten nur die Satzstruktur mit den Ergänzungen behandle.) Die deutschen Verben drücken/klopfen etwa organisieren zwei verschiedene syntaktische Strukturen. Sie werden nicht nur mit einer Richtungsangabe verbunden, sondern auch mit einem Objekt und einer Ausgangsangabe: (10)drücken/klopfen a.NP+V+PP(Richtung) Er drückt auf den Knopf./Er klopft an die Tür. b.NP+V+NP(Objekt)+PP(Ausgangspunkt) Er drückt die Zahnpaste aus der Tube. Er klopft Staub vom Mantel. Dahingegen erscheinen die entsprechenden japanischen Verben nur in ersterer 48 syntaktischer Struktur: (11)osu/tataku a.NP+V+NP(Objekt) kare ha botann wo er Thema Knopf Akk kare ha wo doa osu tataku Tür b.NP+V+NP(Objekt)+PP(Ausgangspunkt) *kare ha nerihamigaki wo chuubu kara Zahnpasta *kare ha hokori wo Staub Tube aus kooto kara osu tataku Mantel Die Satzbedeutung von(10b), wo die Verben drücken/klopfen mit einem Objekt und einer Ausgangsangabe verbunden ist, drückt die komplexe semantische Variante „transitive kausale Fortbewegung“ aus, wo die verbale Bedeutung von ( 10a )als Instrumental fungiert(jeweils(12)und(13)): (12)durch Zusammenpressen bewirken, dass etwas aus etwas herauskommt (13)durch Klopfen bewirken, dass etwas aus etwas herauskommt Wenn diese verbalen Bedeutungen ins Japanische übersetzt werden sollen, müssen die zusammengesetzten Verben wie „osite=dasu“, „tataite=otosu“ verwendet werden, die durch die Hinzufügung der neuen verbalen Elemente wie „dasu“(=herausbekommen), „otosu“(=fallen lassen)gebildet werden(Anm.2): (14)kare ha nerihamigaki wo Zahnpasta (15)kare ha hokori Staub wo chuubu kara Tube aus kooto kara osite-dasu tataite-otosu Mantel Aus weiteren Analysen kann man mit genügenden Argumenten die Schlussfolgerung ziehen, dass im Deutschen die syntaktische Struktur mit einem Objekt und einer Ausgangsangabe die transitive kausale Fortbewegung wie „durch eine betroffene verbale Handlung bewirken, dass etwas herauskommt“ bezeichnet, und dazu noch, dass die syntaktische Struktur in der dem Verb zuvorkommenden Form die Funktion besitzt, die betreffende SSS zu bezeichnen(Zaima1987, Goldberg1995). 49 Diese semantische Funktion der syntaktische Struktur ist möglich, weil im Deutschen die Valenz vorhanden ist und die davon bestimmten Ergänzungen immer die syntaktische Struktur explizit macht. Das Deutsche benützt nämlich die Eigenschaft, dass die syntaktische Struktur wegen der Valenz immer explizit bezeichnet wird, und legt der syntaktischen Struktur die semantische Funktion auf, die strukturale Bedeutung in der dem Verb zuvorkommenden Form zu bezeichnen(Anm.3). Aber da im Japanischen die syntaktische Eigenschaft der Valenz nicht vorhanden ist und die syntaktische Struktur nicht immer bezeichnet wird, ist es nicht möglich, dass die syntaktische Struktur die Funktion übernimmt, die strukturale Bedeutung zu bezeichnen(Anm.4). Die Bezeichnung der strukturalen Bedeutung wird also von entsprechenden morphologischen Satzkonstituenten, nämlich von Verben bzw. zusammengesetzten verbalen Formen übernommen. Im Japanischen wird die Satzbedeutung dadurch gebildet, dass den jeweiligen Bedeutungskonstituenten entsprechende morphologische Satzkonstituenten in einer eins-zu-eins-Beziehung gegenübergestellt werden. Im Allgemeinen wird angenommen, dass die strukturale Bedeutung vom Verb bezeichnet wird. Zwar kann das Verb auch die strukturale Bedeutung bezeichnen. Aber sie muss vom Bedeutungsinhalt des Verbs abgelesen werden, und die strukturale Bedeutung eines Verbs wird vom Bedeutungsinhalt nicht immer eindeutig bestimmt, wie es der absolute Gebrauch des transitiven Verbs zeigt. Dagegen besteht zwischen der syntaktischen Struktur und der strukturalen Bedeutung eine fixierte Parallelität. In der Sprache wie Deutsch, in der die syntaktische Struktur immer explizit bezeichnet wird, ― dass die syntaktische Struktur immer explizit bezeichnet wird, bedeutet, dass die strukturale Bedeutung auch immer bezeichnet wird ― ist es eine sehr rationelle Methode, dass die syntaktische Struktur in der dem Verb zuvorkommenden Form die Funktion der Bezeichnung der strukturalen Bedeutung übernimmt und dadurch das Verb von der Rolle der Bezeichnung der strukturalen Bedeutung befreit(siehe(10b)). 2.3. Erweiterte semantische Funktion der syntaktischen Struktur Im Folgenden führe ich aus, dass im Deutschen die syntaktische Struktur auch die komplexe Bedeutung bezeichnet, die im Japanischen auch mit zusammengesetzten Verben nicht ausdrückt werden kann(Narita2000). Im Deutschen gibt es zum Beispiel viele transitive Ausdruckspaare von Fortbewegung und Zustandsveränderung: (16) a.Er packt die Kleider in den Koffer. 50 b.Er packt den Koffer[mit Kleidern]. (17) a.Er zieht dem Kind ein Hemd an. b.Er zieht das Kind[mit einem Schützanzug]an. Im Fall der transitiven Zustandsveränderung wird zum Teil die trennbare Vorsilbe begebraucht, um die Veränderung der strukturalen Bedeutung morphologisch zu kennzeichnen: (18)a.Er lädt Heu auf den Wagen. b.Er belädt den Wagen mit Heu. Der Unterschied zwischen den a-Sätzen und den b-Sätzen, m.a.W. ob die transitive Fortbewegung oder die Zustandsveränderung, beruht darauf, welches Element in der betreffenden Situation(= „Situationsrolle“ von Storrer1992)fokussiert, also „akkusativiert“ wird. Die a-Sätze werden dadurch gebildet, dass das theme fokussiert wird, also dann als transitive Fortbewegung, und die b-Sätze dadurch, dass das goal fokussiert wird, also dann als transitive Zustandsveränderung. (Der semantische Unterschied zwischen den beiden Sätzen kommt durch die Veränderung der zu fokussierenden Rolle zu Stande, und die Veränderung der Fokussierung durch d i e der syntaktischen Struktur. ) Die a-Sätze der obigen Beispiele(nämlich „transitive Fortbewegung“)können ohne weiteres ins Japanische übersetzt werden, ihre b-Sätze ( nämlich „transitive Zustandsveränderung“)hingegen im Allgemeinen nicht: (19) a.kare ha b.*kare ha (20) a.kare ha b.*kare ha (21) a.kare ha b.*kare ha fuku wo toranku ni tumeru Kleider Akk Koffer in packen toranku wo fuku de tumeru (=16b) Koffer Akk Kleider mit kodomo ni shatu wo kiseru (=17a) Kind in Hemd Akk anziehen kodomo wo shatu de kiseru (=17b) Kind Akk hemd mit hosikusa wo kuruma ni tumu (=18a) Heu Akk Wagen in laden kuruma wo hosikusa de tumu Wagen Akk Heu mit 51 (=16a) (=18b) Diese Behauptung ist mit der in 3.2. dargestellten grundsätzlich gleich, aber ― anders als im Fall von 3.2. ― diese b-Sätze können auch mit zusammengesetzten Verben nicht ins Japanische übersetzt werden. Die betreffende strukturale Bedeutung der b -Sätze und ihre wörtlichen Übersetzungen sehen wie folgt aus. Die a-Notationen sind die zu lexikalisierenden strukturalen Bedeutungen, und die b-Sätze sind die wörtlichen japanischen Übersetzungen: (22) a.etwas mit etwas VERSEHEN, was man GEPACKT hat b.kare ha toranku wo Koffer fuku ga tumatta jouta ni Kleider gepakct Zustand zu suru machen (23) a.jemand mit etwas VERSEHEN, was man ihm ANGEZOGEN hat b.kare ha kodomo wo Kind shatu wo kita Hemd angezogen joutai ni suru (24) a.etwas mit etwas VERSEHEN, was man darauf GELADEN hat b.kare ha kuruma wo Wagen hosikusa ga tumareta Heu jouta ni suru geladen Im Fall von 3.2. handelt es sich um die koordinierenden Zusammensetzungen von zwei zeitlich nacheinander geschehenden Ereignissen, also osite-akeru, tataite-otosu o.ä., in denen aber eines von den Ereignissen als Instrumental aufgefasst wird. In diesem Fall hingegen wird für die Lexikalisierung des Bedeutungsinhalts ein sehr kompliziertes Verfahren nötig, nach dem jeweils ein Verb vom modifizierenden Teil, wie z.B. was man GEPACKT hat, was man ihm ANGEZOGEN hat o.ä., herausgenommen werden müsste. Ein solcher Lexikalisierungstyp ist im Japanischen grundsätzlich nicht gültig (Kageyama1998). Im Deutschen wird die Bezeichnung des betreffenden komplizierten Bedeutungsinhalts durch die Verschiebung des Fokus zwischen theme und goal realisiert. Dies ist deshalb möglich, weil im Deutschen die Funktion der syntaktischen Struktur, die strukturale Bedeutung zu bezeichnen, schon als Sprachgewohnheit fixiert ist. Nur im Deutschen, wo diese Sprachgewohnheit vorhanden ist, ist es möglich, und im Japanischen, wo diese Sprachgewohnheit nicht vorhanden ist, nicht möglich. Im Deutschen gibt es viele transitive Verben, die die Bedeutunsstruktur der „Zustandsveränderung“ mit dem semantischen Merkmal VERSEHEN besitzen: (25) a. ausstatten = mit etwas Notwendigem VERSEHEN Der Raum ist mit einer Klimaanlagen ausgestattet. b. kennzeichnen = mit einem Kennzeichen VERSEHEN 52 Die ausgestellten Waren müssen ausgezeichnet werden. Die Entwicklung dieses Typs ist wohl ein Faktor, der die obigen Ausdrücke im Deutschen möglich macht. Auch in diesem Fall können die Sätze als transitive Fortbewegung ins Japanische übersetzt werden, aber die Sätze als transitive Zustandsveränderung nicht: (26)a. heya NI kuuchou WO Raum Dat Möbel u.a. Akk *heya WO kuuchou DE sonaetukeru NI mejirusi WO tukeru Waren Dat Kennzeichen Akk *shouhin WO mejirusi DE b. shouhin sonaetukeru tukeru 3.Schlusswort Nachdem ich die Überlegungen zum Valenzvergleich Deutsch-Japanisch dargestellt habe, habe ich einige valenzbasierte Eigenschaften des Deutschen genannt, die im Vergleich mit dem Japanischen festgestellt werden können. Das Vorhandensein der Valenz macht einerseits die deutsche Grammatik insofern komplizierter, als die Ergänzungen immer bezeichnet werden müssen, andererseits macht es aber die Ausdrucksfähigkeit des Deutschen insofern kräftiger, als die syntaktische Struktur die Fähigkeit bekommt, die strukturale Bedeutung eines Satzes zu bezeichnen. Abmerkungen 1)Auch im Japanischen gibt es einige Fälle, wo man von der Valenz reden kann. Zum Beispiel kann beim Verb sumu (= wohnen)die lokale Adverbialbestimmung nicht weggelassen werden: kare-ha Tokyo-ni sun-de-iru. → er in Tokyo wohnen *kare-ha Ø sun-de-iru 2)Im Deutschen gibt es auch zusammengesetzte Verben, die den betreffenden japanischen zusammengesetzten Verben entpsrechen, wie z.B. ausdrücken, abklopfen. 3)Die Funktion der syntaktischen Struktur, die strukturale Bedeutung eines Satzes zu bezeichnen, kann bei abgeleiteten Ausdrücken mit intransitiven Verben noch deutlicher festgestellt werden: a.Er tanzt die Partnerin müde. 53 b.Er bettelt seine Familie durchs Leben. 4)Im Japanischen gibt es einige Fälle, wo die syntaktische Struktur die Funktion übernimmt, die strukturale Bedeutung zu bestimmen: a. umebosi WO Salztrockenpflaumen Akk sara NI akeru Teller in leeren = ein Gefäß leeren und die Salztrockenpflaumen darin in den Teller tun b. tamago Eier WO sara NI Akk Teller in waru brechen = Eier aufschlagen und sie in den Teller tun Literatur Goldberg, Adele E. ( 1995 ) : Construction: A construction grammar approach to argument structure,Chicago,University of Chicago Press Hamazaki,chouju(1985):dousi no kaku-sihai to barentu(Kasusrektion des Verbs und Valenz),in: Hamazaki u. a.(Hg.):nitidoku taishou kennkyuu(Kontrastive Untersuchungen Japanisch-Deutsch),Daigaku Shorin Horasawa,Shin(1986):sieki no kouzou gata(Konstruktionspatterns der Kausativität),in:DER KEIM Nr. 10,Tokyo University of Foreign Studies Doitugo Kennkyuukai Kageyama,Taro(1998):dousi imiron(Verbalsemantik),Verlag Kurosio Narita,Takasi(2000):koubunn to varentu(Konstruktion und Valenz)[in Vorbereitung] Nitta,Yoshio(1993) :nihongo no kaku wo motomete(Suche nach japanischen Kasus), Nitta u.a.(Hg.) :nihongo no kaku wo megutte(Über die japanischen Kasus), Verlag Kurosio Storrer,Angelika(1992):Verbvalenz,RGL126,Tübingen Zaima Susumu(1987):Verbbedeutung und syntaktische Struktur,Deutsche Sprache, Heft 1,Erich Schmidt Verlag Zaima Susumu(1998): A Study on "Semantic Sentence Structures" in German, in:The Locus of Meaning; Papers in Honor of Yoshihiko IKEGAMI,Verlag Kurosio Zaima Susumu(2000): Valenzvergleich Deutsch-Japanisch,in: Eroms u.a.(Hg.) Dependenz und Valenz,Verlag Max Niemeyer[in Druck] 54