Der Sieg der Juden, ihr jüdisches Geistesgut zu erhalten

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Religion
Foto: Herby Sachs
Der Sieg der Juden, ihr jüdisches Geistesgut zu erhalten
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hanukka sameach! Ich möchte heute einige Worte zu Chanukka im
Allgemeinen und zu unserer Gemeinde im Besonderen sagen.
Was passiert zu Chanukka? Jeder von uns
hat seine eigenen, speziellen Assoziationen
und Erinnerungen, die er mit Chanukka
verbindet. Ob Kind oder Erwachsener, sobald man das Fest erwähnt, fallen uns bestimmte Dinge ein. Der eine denkt sofort
an Lattkes oder Sufganiot, der nächste an
den Sevivon und Chanukkageld, der dritte
an das Kerzenzünden.
Was aber ist die besondere Bedeutung des
Chanukkafestes? Die Griechen zerstörten
nicht nur den Tempel, verboten nicht nur
das Ausüben der jüdischen Religion und
das Lernen der Thora, nein, sie wollten uns
auch das unabhängige Denken nehmen.
Mit anderen Worten, sie wollten nicht nur
unsere Taten kontrollieren, sondern auch
das jüdische Denken unterbinden.
Was bedeutet das nun, „Jüdisches Denken“?
Das Judentum besteht aus zwei Hauptteilen: Auf der einen Seite die Halachot und
die Gesetze, Vorschriften für das alltägliche Leben .
Auf der anderen Seite ist es die jüdische
Weltanschauung, sind es jüdische Visionen, die im Prinzip nicht an Gesetze gebunden sind, sondern die jeder tief in sich
selbst entwickelt. „Wie ist die persönliche
Einstellung eines jeden Juden zu seiner Religion?“ Dieser Denkprozess ist etwas Eigenes und Individuelles.
Für uns Juden ist es die Verbindung zwischen der modernen Welt, den moralischen Problemen der heutigen Zeit und unserer Tradition, unserer Halacha. Das
heißt, auch jemand, der sich nicht zu 100
Prozent an die Mizwot hält, kann sicher als
Jude leben, auch wenn wir danach streben
sollten, die Mizwot zu befolgen!
Selbst diese Möglichkeit wollten die Griechen zerstören und unmöglich machen.
Die Juden sollten nicht nur aufhören als
Juden zu leben, sondern auch aufhören als
Juden zu denken.
Was wir also zu Chanukka feiern, ist nicht
nur der Triumph der Makkabäer über die
Griechen, sondern es war auch gleichzeitig
der Sieg der Juden, ihr jüdisches Geistesgut
zu erhalten, die Möglichkeit, Dinge durch
Gedanken zu entwickeln und zu erhalten.
An dieser Stelle möchte ich den Menschen,
die sich dafür einsetzen und hart daran arbeiten, dass unser Judentum weitergeführt
wird, etwas zurufen:
Es erfordert eine Menge mehr als das bloße
Einhalten von Mizwot, unsere Probleme zu
lösen. Wir alle müssen das jüdische,
eigenständige Denken fördern, nur auf diese Art und Weise werden wir unsere heuti-
gen Aufgaben gemeinsam bewältigen. Sowohl die Halacha, das Einhalten der Mizwot, als auch das jüdische Denken werden
uns helfen, das Judentum mit modernem
Leben zu verbinden und ein zeitgemäßes
Leben auf der Basis von Thorat Mosche zu
führen.
Wir sollen darauf hinarbeiten, dass die
Menschen lernen, ihren eigenen Kopf zu
gebrauchen und sich niemals nur auf andere zu verlassen und ihnen blind zu vertrauen.
Sicher sollen wir auf unsere großen Gelehrten und Rabbiner hören, sie sind uns eine
Hilfe in unserem Entwicklungsgang, sie
sollen uns unterstützen, uns unsere eigene
Meinung zu bilden. Jedoch sollte man niemals seinen eigenen Verstand ausschalten,
sondern wachsam sein und Dinge permanent hinterfragen.
Ich hoffe, dass wir als Gemeinde mit Vorstand und Gemeindevertretung nicht einfach „nur“ einmal im Jahr Chanukka feiern, sondern dass die Idee des Chanukkafestes - nämlich dass niemand das eigenständige jüdische Denken jemals unterbinden wird - unsere Herzen leitet und uns
hilft, die Mizwot einzuhalten, damit jüdisches Leben weiterhin gedeihen wird.
Ich wünsche uns allen ein friedvolles,
glückliches Channukkafest,
Channukka sameach!
Ihr Gemeinderabbiner Netanel Teitelbaum
Synagogen-Gemeinde Köln / Dezember 2005
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