Gottes Güte ist ewig - Reformierte Kirche Birmensdorf

Werbung
Seite 1 von 4
Gottes Güte ist ewig
(Predigt zu Psalm 136,1)
Dankt dem Herrn, denn er ist gut,
ja seine Güte währet ewiglich. Amen.
Liebe Gemeinde,
Im zweiten Gebot steht: „Du sollst dir kein Gottesbild machen.“
Gemeint ist natürlich ein Gemälde, eine Statue oder sonst eine
Darstellung. - Ein Gottesbild kann aber ebenso durch Worte und
Begriffe gemacht werden. --- Die biblischen Schriften sind deshalb
sehr zurückhaltend mit Aussagen über Gott. Auf jeden Fall finden wir
in der Bibel keine Theorie über Gott, keine Philosophie über Gott,
keine Spekulationen über Gott. Die Bibel masst sich nicht an, das
Geheimnis Gottes zu lösen.
Umso erstaunlicher ist der Vers aus Psalm 136: „Dankt dem Herrn, denn
er ist gut, ja seine Güte währt in Ewigkeit.“ Hier wird doch eine Aussage
über Gott gemacht: „Er ist gut.“ Weiter heisst es: „ja seine Güte währt in
Ewigkeit.“ Dieser zweite Teil des Psalmverses wird sogar
sechsundzwanzigmal im ganzen Psalm wiederholt wie der Refrain eines
Liedes. Mit Nachdruck wird wiederholt und nochmals wiederholt: „Ja
seine Güte währt in Ewigkeit.“ - Wir Menschen können Dinge
aussprechen, die unser Vorstellungsvermögen gar nicht fassen kann. ----Gottes Güte, die ewig ist, man stelle sich das einmal vor. - Kann man sich
gar nicht vorstellen. - Die ewige Güte Gottes, die muss ja sein wie der
Ozean, oder wie der Sternenhimmel, so unauslotbar, so überwältigend.
Ein französisches Kirchenlied drückt es in poëtischer Sprache aus. Gott
sei „un abîme de bonté“, d.h. ein Abgrund von Güte.
Die antike Philosophie verband ebenfalls das Gute, das Wahre, das
Schöne und das Gerechte mit Gott. Die Vollkommenheit, die
Harmonie und die Ganzheit wurde von den berühmten Denkern des
Abendlandes als das Göttliche angesehen. Unsere Kultur steht auf
diesem Boden, der geprägt ist von humanistisch philosophischen
Strömungen und zugleich vom biblischen Erbe.
Die Rede von Gott ist uns also gedanklich nicht fremd. Theoretisch
können wir diese Gedanken nachvollziehen.
Seite 2 von 4
Ab und zu höre ich: „Ich glaube schon an irgend eine höhere Macht.“
So wird ausgedrückt, dass da irgendetwas Göttliches sein muss, dass
man dazu aber auch eine gewisse Distanz hat. In der Theorie kann
man verstehen, was mit Gott gemeint ist. In den Gedanken kann man
sich das vorstellen. Aber, die ewige Güte Gottes, - das müsste doch
mehr sein als bloss ein verstehbarer Gedanke.
Die Güte Gottes bezeichnet tatsächlich eine andere Qualität als der
abstrakte Begriff „das Gute“. „Das Gute“ kann man intellektuell zur
Kenntnis nehmen. „Die Güte“ aber muss man spüren. Die Güte gibt es
nur in der Begegnung. „Das Gute“ ist abstrakt. „Die Güte“ ist
personhaft.
Ein berühmter Gelehrter, ein Mathematiker und Physiker, hat diesen
Unterschied erfahren. Es ist Blaise Pascal. - Als Wissenschaftler
fragte er unablässig nach dem Geheimnis Gottes und der Welt.
Einmal, an einem Wendepunkt seines Lebens, wurde seine Sehnsucht
erfüllt. --- Von diesem Schlüsselerlebnis hat er niemandem etwas
erzählt. Erst nach seinem Tod fand ein Diener seines Hauses ein
Pergament, welches im Kleid des Verstorbenen eingenäht war. Auf
diesem Pergament hatte Pascal tagebuchartig festgehalten, was ihm
widerfahren war. Hören Sie einige Worte aus diesem Eintrag, welcher
mit einem exakten Datum beginnt:
Jahr der Gnade 1654, den 23. November. Seit ungefähr zehneinhalb
bis ungefähr eine halbe Stunde nach Mitternacht.
FEUER
“Gott Abrahams, Gott Isaaks, Gott Jakobs”,
nicht der Philosophen und Gelehrten.
Gewissheit, Gewissheit, Empfinden: Freude, Friede.
Gott Jesu Christi.
Nur auf den Wegen, die das Evangelium lehrt, ist er zu finden.
Grösse der menschlichen Seele. „Gerechter Vater, die Welt
kennt dich nicht; ich aber kenne dich.“
Freude, Freude, Freude und Tränen der Freude.
„Das aber ist das ewige Leben, dass sie dich, der du allein
wahrer Gott bist, und den du gesandt hast, Jesum Christum,
erkennen.“
Jesus Christus, Jesus Christus.
Seite 3 von 4
Liebe Gemeinde, wir können die Erschütterung von Blaise Pascal
nachempfinden. Seine Worte sind ein stammelndes Zeugnis. Sie sind
fast zu intim, um sie einfach so vorzulesen. Diese Worte sind keine
abstrakte Abhandlung. Nein, als Blaise Pascal dies schrieb, zitterte
seine Seele. Die Fibrationen schwingen noch nach. Die Resonanz
einer überwältigenden Begegnung klingt in den Worten dieses
Gelehrten noch nach.
Eine Erfahrung wie Blaise Pascal macht längst nicht jeder Mensch.
Aber ich bin überzeugt, dass jeder Mensch von der ewigen Güte
Gottes berührt wird, sei es in diesem Leben oder auch erst nach
diesem Leben. - In unserem Alltag ist die Güte Gottes oft wie hinter
einem grauen Schleier, wie die Sonne, die zwar da ist, aber eben nur
über dem Nebel. Dann bleibt nur eines: Wir erinnern uns an die Güte,
an dieses Licht Gottes, auch wenn die Erinnerung blass ist. In akuter
Not, etwa bei einem Schicksalsschlag, kann es sein, dass wir uns in
absoluter Finsternis fühlen. - Doch auch dann wollen wir uns
erinnern, dass der letzte und tiefste Hintergrund trotz aller Not die
Güte Gottes ist. Denn nur diese Güte ist ewig, das sagt uns die
Heilige Schrift überdeutlich.
Es liegt im Wesen der Güte, dass sie wehrlos ist. Eine Güte, die sich
durchsetzen würde, wäre gar keine Güte mehr. Im Leben Jesu Christi
wurde sichtbar, wie sehr Gott darum ringt, dass seine Güte in dieser
Welt einen Platz bekomme. Es wurde auch sichtbar, wie verletzlich
diese Güte ist. Und doch gilt: Die Ewigkeit gehört der Güte Gottes,
alles andere ist vorläufig, alles andere ist nicht ewig.
Der Mensch hat die Bestimmung Gottes Ebenbild zu sein. Darum wird der
Mensch nur wirklich menschlich, wo er etwas von der Güte Gottes
widerspiegelt. Wie wird aber dieser Abglanz, diese Ebenbildlichkeit beim
Menschen erkennbar? Der Psalmvers sagt durch die Dankbarkeit. „Dankt
dem Herrn, denn er ist gut.“ Die Dankbarkeit ist wie ein Reflex, wie ein
Aufleuchten der Güte an uns.
Aus dem jüdischen Gebetbuch spricht ein Geist von tiefer
Dankbarkeit, denn es ist voll von Lobpreisungen über ganz einfache
Genüsse des Lebens. Ich lese einige von diesen Lobpreisungen:
Seite 4 von 4
- Gelobt seist du Ewiger, unser Gott, König der Welt, der du die
Frucht des Baumes erschaffen.
- Gelobt seist du Ewiger, unser Gott, König der Welt, der du die
Gewürzkräuter erschaffen.
- Gelobt seist du Ewiger, unser Gott, König der Welt, der du
wohlriechendes Öl erschaffen.
- Gelobt seist du Ewiger, unser Gott, König der Welt, der du die
Nackten bekleidest.
- Gelobt seist du Ewiger, unser Gott, König der Welt, der du das
grosse Meer erschaffen.
- Gelobt seist du Ewiger, unser Gott, König der Welt, der du von
deiner Weisheit mitgeteilt denen, die dich fürchten.
Wer diese Lobpreisungen mitspricht, wird vom Geist der Güte erfüllt.
Er wird sich freuen. Er wird aufleben und froh werden, dass er von
einem Meer der Güte Gottes umfangen ist. Denn wie könnte jemand
die Güte Gottes preisen und dazu ein düsteres Gesicht machen?
Wer sich so an Gottes Güte erinnert, wird von dieser Güte selbst
erfüllt.
Amen.
Pfr. Carl Schnetzer / Kirchgasse 22 / CH-8903 Birmensdorf / 05.02.2017
Psalm 136,1 / Güte Gottes / 05.02.2017
Fürbitten
Gütiger Gott, du weisst, wie schnell wir auf das schauen, was uns an
uns selber und an anderen als Mangel erscheint. So schnell sind wir
unzufrieden. - Du aber siehst uns mit andern Augen an. Du siehst, dass
unsere Seele fähig ist, deine Güte zu empfangen. Was für eine Grösse!
Komm, mach uns frei von allem, was uns hindert, dich und deine Güte
aufzunehmen. Christ Kyrie.
Deine Güte bewahrt uns davor stehen zu bleiben bei unsern
Versäumnissen. Du sagst zu uns: Komm folge mir nach. Und schon
gehen wir auf dem Weg des Evangeliums. Dir nachfolgen, das ist in
jedem Augenblick möglich. Christ Kyrie.
Wir bitten dich für alle, die innerlich ermüdet sind, für alle, deren
Glaube in eine Krise geraten ist. Stärke sie. - Schenke ihnen die
Begegnung mit Menschen, welche behutsam sprechen und
aufmerksam zuhören. Ein geprüfter Glaube ist ja sehr wertvoll in
deinen Augen. Christ Kyrie.
Wir bitten dich für die vielen Menschen in Not. Besonders bitten wir
dich heute für die Hungernden in Nigeria. Wir bitten dich auch für
jene, welche die Hilfe organisieren und für jene, welche um politische
und finanzielle Unterstützung kämpfen. Christ Kyrie
In der Stille beten wir vor dir:
STILLE
Gott, du allein weisst, was wir wirklich brauchen. Auf dich und deine
Güte vertrauen wir. Amen.
Herunterladen