Anwalt der Anwälte G 48742 04/16 FORUM Junge Anwaltschaft im DeutschenAnwaltverein Thema: Essen Du bist, was du isst Brainfood für den Anwalt Gerichte bei Gerichten Jura in Tüten Bio-Wasser gibt es doch! FORUM Junge Anwaltschaft w w w . d a v f o r u m . d e Editorial Meine eigene Anwaltskanzlei: ein großer Traum. Meine Software: eine große Hilfe. Nein, sagen Sie jetzt nichts! Die DATEV-Startpakete ab 15 Euro*. Wir sind irgendwo in den 70er Jahren. Hildegard und ihr Verehrer (Loriot) sitzen in einem italienischen Restaurant und essen ein Nudelgericht. Nach dem Essen wischt er sich mit einer Serviette den Mund ab, und eine kleine Nudel bleibt am Mund hängen. Er, etwas steif, will Hildegard nun, wenn auch etwas umständlich, seine Liebe gestehen. Dabei wandert die Nudel über das ganze Gesicht. Hildegard starrt ihn – oder wahrscheinlich eher die Nudel – entsetzt an. Ihre Versuche, ihn diskret auf die Nudel im Gesicht hinzuweisen, scheiternan seinem: „Nein, sagen Sie jetzt nichts!“. Und so wandert die Nudel vom Mundwinkel auf die Nase, auf die Stirn, bis sie schließlich in den Espresso fällt. Herrlich auch Loriots „Kosakenzipel“, der im Desaster endet. Walter, Lieselotte, Erich und Roswitha stoßen nach fünf Jahren Freundschaft in einem Restaurant endlich auf das „Du“ an. Alles ist sehr harmonisch. Bis es an das Dessert geht. Leider ist nur noch ein Kosakenzipfel da. Erich und Walter wollen sich den Kosakenzipfel freundschaftlich teilen, „genau in der Mitte“. Nur leider hat Erich anscheinend das Zitronencremebällchen versehentlich mitgegessen, das Erich so gern gehabt hätte. Dafür hat aber Walter weniger von den Mokkatrüffeln gegessen. Wo ist nun die Hälfte des Kosakenzipfels? Der Abend endet im Desaster, beide Paare verlassen wutentbrannt das Restaurant. Das „Du“ ist vergessen, und man wird sich wohl nie wieder sehen. Peinliche und lustige Essensmomente kennen wir alle. Einer Kollegin ist mal eine Apfelspalte während eines Meetings in den Ausschnitt gerutscht. Meinem Mann ist die Krebsschere durchs ganze Restaurant geflogen. Selbstverständlich kleckert man immer dann, wenn man noch ein wichtiges Die erste eigene Rechtsanwaltskanzlei kostet viel Anstrengung. Schön, wenn man günstige Unterstützung bekommt. Mit den Startpaketen erhalten Sie die professionelle Kanzleisoftware DATEV Anwalt AdVoice Redaktionsteam classic pro bereits ab 15 Euro* monatlich. Darüber hinaus profitieren Sie von zahlreichen Vergünstigungen und Serviceleistungen, die Ihnen den Start in die Selbstständigkeit spürbar erleichtern. Informieren Sie sich auf www.datev.de/kanzleistart oder unter 0800 3283872. * Betrag pro Monat zzgl. USt für einen Arbeitsplatz DATEV Startpaket compact für Rechtsanwälte. Stefanie Salzmann Eschwege Journalistin Zentralredaktion Meeting vor sich hat. Und selbstverständlich dann, wenn man eine weiße Bluse trägt. Heute ist Essen Livestyle und fast zu einer Religion geworden. Wer etwas auf sich hält, hält sich einen Ernährungsberater oder ist selber einer und am besten dazu noch Yogalehrer, Fitnesstrainer oder Personaltrainer. Essen ist viel zu kompliziert geworden. Die Zeiten, in denen nur zwischen Fleischessern und Vegetariern unterschieden wurde, sind längst vorbei. Wir bringen neue Essenstrends von unseren Reisen mit, essen low carb, vegan, Goji-Beeren sind die neue Wunderwaffe – wogegen eigentlich? Wir verzichten auf Zucker, essen Halbfett, bloß keine Fertigprodukte, dafür fünf verschiedene Obst- und Gemüsesorten am Tag und natürlich keine Kohlenhydrate ab 18 Uhr. Mal ein Stückchen Schokolade zwischendurch darf es aber sein. Mit Kindern ist es noch komplizierter. Denn diese sollen ja zu essensbewussten Menschen erzogen werden und ordentliche Tischmanieren haben. Die gute Nachricht ist, der Trend saisonal, bio und lokal beziehungsweise regional bleibt uns auch 2017 erhalten. Das heißt, ich muss mich nicht umstellen und kann so weitermachen wie bisher. Nun ist es an der Zeit für eine Pause. Hör auf deinen Bauch und hol dir schnell einen leckeren Latte macchiato. Am besten mit einem Stück Kuchen dazu und ab aufs Sofa mit der neuen AdVoice. Guten Appetit! Enjoy your meal! Bon appétit! Que aproveche! Buon appetito! Smacznego! Bom apetite! 请享用。und Приятного аппетита! bei unserer Essensausgabe. Eure RAin Nadine Passenheim Tobias Sommer Berlin Rechtsanwalt Chefredakteur Andreas Hansmeier Karlsruhe Rechtsanwalt Redakteur und Autor Nadine Passenheim Hannover Rechtsanwältin Redakteurin und Autorin Lea Hogrefe-Weichhan Mönkeberg Rechtsanwältin Redakteurin und Autorin Jens Jenau Schloß Holte-Stukenbrock Rechtsanwalt Bücherforum Andrea Vollmer Berlin Fotografin und Bildredakteurin AdVoice 04 /16 1 Inhalt Inhalt Thema: Essen 4 Du bist, was du isst Essen ist mehr als nur Nahrungsaufnahme Magazin 20 Veganes Recht Interview mit einem lactovegetarischen Flexiveganer 32 36 6 Lukullische Lügen Etikettenschwindel: Wenn nicht drin ist, was draufsteht 24 Der Griff in die Kiste AdVoice macht für Euch den großen Kochbox-Check 8 Brainfood für den Anwalt Richtig essen: Tipps von Ernährungsberaterin Carmen Brehler 26 Lieblingsrezepte Die AdVoice-Redaktion stellt ihre Leib- und Magen-Klassiker vor Prost Mahlzeit! Definitionen rund ums Essen: Interessant, lustig und ein bisschen eklig 28 37 12 15 Geschichten von Gerichten bei Gerichten Manche Restaurants in, an oder neben Gerichten sind legendär 29 30 16 19 2 Das Haar in der Suppe Rechtliche Grundlagen: Was der Gastwirt wissen muss Showtime für § 103 StGB Die plötzliche Prominenz eines unscheinbaren Paragrafen 50 Dialog mit den Nutzern Die Anwaltauskunft in ihrem dritten Jahr nach dem Relaunch Gedicht des Monats Deutsche Richtergeneration von 1940 von Kurt Tucholsky 52 Streit um Terminsgebühr im Strafrecht Aus der Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft Jura in Tüten Zehn Plagen für den Anwalt – manchmal hilft nur Humor 40 Unser Gericht des Monats Landgericht Bayreuth Bücherforum 60 Arbeitsrecht - Handbuch für die Praxis 63 Autorenverzeichnis Luchterhand Formularbuchbibliothek 64 Das letzte Wort 64 Impressum Arbeitsrecht – Familienrecht – Verkehrsrecht ArbGG 61 Info + Service Handbuch Öffentliches Wirtschaftsrecht Bundle BGB und ZPO GG – Grundgesetz Euer FORUM 62 Vorstandsrecht Gerichtliches Mahnverfahren und Zwangsvollstreckung 42 Zweimal schlecht essen Das schwere Los der Restaurantkritiker 46 Die Würde der Kreatur Schriftstellerin Hilal Sezgin über Tierethik 57 AIJA zu Gast in München Internationaler Kongress in Lederhose und Dirndl Bio-Wasser gibt es doch! BGH: Es muss schadstoffarm und umweltfreundlich sein 58 Arge Agrarrecht Die Arbeitsgemeinschaften des DAV 58 Termine 59 Regionalbeauftragte stellen sich vor LG-Bezirk Freiburg 59 Workshop Kanzleimanagement Angebot für Berufseinsteiger Verschütteter Kaffee Juristische Meldungen zum Thema Essen AdVoice 04 /16 48 Trendsport vs. Vogelschutz Generelles Kite-Surf-Verbot im deutschen Wattenmeer? 38 Sechs Gerichte in Essen Zahlen, Daten, Fakten rund um unsere Ernährung Zue Türen und aufe Fenster Das Rätsel um den Namen der Ruhrmetropole Essen Skurrile Urteile Hauptsache, es schneckt JuraInfos Fotos v. l. n. r.: Barbara Schneider_pixelio.de, Rainer Sturm_pixelio.de, E. Kopp_pixelio.de, Peter Smola_pixelio.de, Melina Frommann, frommann.tv Thomas/Putzo Kommentar ZPO AdVoice 04 /16 3 Thema Thema Du bist, was du isst Essen ist mehr als nur Nahrungsaufnahme Will man eigentlich wissen, was man jeden Tag so zu sich nimmt? Die meisten von uns haben keine Zeit, sich mit einem Garten selbst zu versorgen und Tomaten, Gurken, Erdbeeren oder Kartoffeln anzubauen. Wir haben auch keine Zeit, Joghurt oder unser Müsli selbst herzustellen. Also gehen wir nahezu täglich in den Supermarkt oder in den Bio-Laden um die Ecke und haben zumindest dann ein gutes Gefühl, wenn wir regional, Bio und samstags auf dem Wochenmarkt einkaufen gehen. Essen: Nichts ist umstrittener und nichts ist schwieriger, als alle glücklich zu machen. Der eine mag dieses nicht, der andere jenes. Das geht schon im Kleinkindalter los. „Ich mag keine Gurke. Ich will nur Nudeln mit ohne Soße!“ – wie meine Tochter immer sagte. „Das mag ich nicht.“ „Das esse ich nicht.“ Dabei ist die tägliche Nahrungsaufnahme unsere einzige Energiequelle. Unser Körper und unser Geist zehren von dem, was wir essen. Du bist, was du isst. Einfach nur satt zu werden steht in unserer heutigen Zeit nicht mehr im Vordergrund. Wir wollen uns gesund ernähren. Regional, Bio, vegan, vegetarisch, ab und zu mal Fleisch. Wenn Fleisch, dann natürlich nur Bio. Am besten nur Rindfleisch von Rindern, die auf der Weide frisches saftiges Gras fressen. Eier selbstverständlich nur von glücklichen Hühnern, die ihre Körnchen draußen an der frischen Luft picken. Wir leben in einer Überflussgesellschaft und werfen viel zu viele Lebensmittel weg. Laut Verbraucherzentrale werden in Deutschland jährlich elf Millionen Tonnen Lebensmittel im Wert von 25 Milliarden Euro weggeworfen. CONTAINERN Aus dieser Wegwerfgesellschaft hat sich das Containern entwickelt. Auch bekannt unter „Mülltauchen“. Dahinter verbirgt sich die Mitnahme weggeworfener Lebensmittel aus Abfallcontainern. Unzählige Nahrungsmittel werden weggeworfen, weil das Mindesthaltbarkeitsdatum kurz davor ist ablaufen, oder abgelaufen ist oder Obst und Gemüse Druckstellen aufweisen oder einfach aus Überfluss. Wie oft wird der Inhalt der Schulbrotdose weggeworfen, weil das Brot nicht aufgegessen wurde, obwohl es eigentlich noch zum Abendbrot hätte gegessen werden können. Containern tun nicht nur Menschen, denen es wirklich schlecht geht, sondern auch Menschen, die auf diese Überflussgesellschaft aufmerksam machen wollen. Aber, macht man sich eigentlich strafbar, wenn man weggeworfene Lebensmittel aus einem Con- 4 AdVoice 04 /16 tainer nimmt? Im Raum stehen Hausfriedensbruch nach Paragraf 123 Strafgesetzbuch und Diebstahl nach Paragraf 242 Strafgesetzbuch. Wie immer, kommt es auf die konkreten Umstände des Einzelfalles an. Eine Strafbarkeit wegen Hausfriedensbruchs kommt – unabhängig vom Containern – immer dann in Betracht, wenn ein fremdes Grundstück betreten wird, oder bei der Überwindung eines fremden Hindernisses. Aber begeht man auch einen Diebstahl an den Lebensmitteln, die andere weggeworfen haben? Abfall gehört bis zur Entsorgung dem Grundstückseigentümer. Andererseits erfüllt die Abfallentnahme durch Containern dann keinen Straftatbestand, wenn zu erkennen ist, dass der eigentliche Eigentümer oder auch Abfallerzeuger kein ernsthaftes Interesse mehr an seinem Abfall hat. Paragraf 959 des BGB normiert die Aufgabe des Eigentums, wonach eine bewegliche Sache dann herrenlos wird, wenn der Eigentümer in der Absicht, auf das Eigentum zu verzichten, den Besitz der Sache aufgibt, die sogenannte Dereliktion. Daher könnte man, rein rechtlich gesehen, an beweglichen Sachen, die andere weggeworfen haben, keinen Diebstahl begehen. Kommt es doch zu einer Anzeige, wird das Verfahren wohl nach Paragraf 170 StPO oder wegen Geringfügigkeit nach Paragraf 153 StPO eingestellt werden. Die Politik will das Mindesthaltbarkeitsdatum abschaffen: Um etwas gegen die Wegwerfgesellschaft zu tun soll das Mindesthaltbarkeitsdatum abgeschafft werden. Initiator ist die Europäische Union. Die Europäische Kommission hat sich zum Ziel gesetzt, die Lebensmittelverschwendung in den nächs­ten Jahren zu reduzieren. Ob dies durch eine Änderung des seit mehr als 30 Jahren in Deutschland geltenden Mindesthaltbarkeitsdatums erreicht wird, ist eine andere Frage. Aus dem Mindesthaltbarkeitsdatum soll das Verbrauchsverfalldatum werden. Aus MHD wird also künftig VDD. NICHT JEDER APFEL SCHAFFT ES IN DIE SUPERMARKTREGALE Bei einem Überangebot an Lebensmitteln schafft es nicht jeder Apfel, jede Kartoffel oder Möhre in die Supermarktregale. Kleine und schrumpelige Äpfel findet man nicht im Supermarkt nicht. Die Politik und Wirtschaft geben vor, was uns zu schmecken hat. Alles ist genormt, auch Lebensmittel müssen in ein Schema passen. Natürlich nur zum Schutz des Verbrauchers. Die Krümmung der Banane ist von Seiten der Europäischen Union vorgegeben. Laut der EU-Verordnung (EG) Nr. 2257/94 müssen Bananen, die in die Europäische Union ein- geführt werden, sowie innerhalb der Europäischen Union produzierte Bananen eine Länge von mindestens 14 Zentimeter und eine Dicke von mindestens 27 Millimeter haben. EINFUHRBESTIMMUNGEN Viele Lebensmittel haben einmal den Globus umrundet, bevor sie bei uns auf dem Teller landen. Äpfel haben oft Tausende Kilometer hinter sich gebracht. Sie kommen aus Argentinien, Neuseeland und sonstwoher. Dabei haben wir die besten Apfelsorten aus dem Alten Land bei Hamburg. Und dann müssen sie auch noch schön und knackig sein und gesund aussehen. Druckstellen sind verboten. Unsere Obst- und Gemüsesorten werden kategorisiert nach Handelsklassen oder Güteklassen nach dem Handelsklassengesetz und der dazugehörigen Handelsklassenverordnung. Lebensmittel werden in Extra-Klasse, Klasse I und Klasse II eingeteilt. Wobei Extra-Klasse die höchste Qualität aufweist und Klasse II eine marktfähige Qualität, was bedeutet, dass die Ware Fehler haben darf, aber die Mindesteigenschaften aufweisen muss. Obst und Gemüse muss ganz, gesund, sauber, ausreichend reif, frei von fremdem Geruch und Geschmack und frei von Schädlingen sein. Den Wurm im Apfel findet man also nicht im Supermarktapfel, wohl aber in Opas Garten. TTIP Wird mit TTIP, dem EU-Freihandelsabkommen mit den USA, alles nur noch schlimmer? Glaubt man den TTIP-Gegnern, essen wir dann gentechnisch verändertes Fleisch und Obst und Gemüse. Das Chlorhühnchen hat es mit TTIP zu besonderer Berühmtheit gelangt. Dabei sollen mit TTIP eine Angleichung US-amerikanischer und europäischer Standards erfolgen und einheitliche Vorschriften festgelegt werden, nach den unter anderem Lebensmittel, aber eben auch vieles andere mehr produziert und kontrolliert werden. Das kann Vorteile, aber eben auch Nachteile haben. ZIVILSCHUTZPROGRAMM Jetzt kommt die Bundesregierung aber erst einmal mit einem Zivilschutzkonzept um die Ecke und rät allen Bürgerinnen und Bürgern, sich Nahrungsvorräte für vierzehn Tage anzuschaffen. Ich bekomme schon Probleme, wenn die Gemüsekiste alle vierzehn Tage geliefert wird, und weiß nicht, wohin mit all den Äpfeln, den Salat- und Foto: Andrea Vollmer Kohlköpfen. Lebensmittel für vierzehn Tage horten – ich wüsste nicht, wohin damit. Mal davon abgesehen, dass ich Lebensmittel aus Konserven nicht esse. Große Nahrungsmittelvorräte hat bis auf Oma und Opa, Einkaufssüchtige oder diejenigen, die auf Hamsterkäufe stehen, eigentlich niemand mehr. Ein Keller oder eine Vorratskammer steht den wenigsten zur Verfügung. Die meisten von uns gehen nahezu täglich einkaufen. Wir Konsumverwöhnten würden wahrscheinlich nicht einmal eine Woche überleben, wenn tatsächlich alle Lebensmittelgeschäfte von heute auf morgen geschlossen wären. Bei uns im Dorf gibt es zum Glück einen Bauernhof, der eine Milchtankstelle hat, und einen Automaten, in dem alle Grundnahrungsmittel rund um die Uhr verfügbar sind. Man kann Milch, Kartoffeln, Eier, Wurst und sogar Marmelade kaufen. Essen ist mittlerweile viel zu kompliziert geworden und für viele eher Statussymbol als tägliche Nahrungsaufnahme. Wir definieren uns darüber, was wir essen und wie wir essen. In der Mensa stehen auf dem Essensplan kleine Nummern, die angeben, welche Zusatzstoffe enthalten sind. Dabei soll Essen gerade auch Genuss sein. UND DIE WERBUNG? Und die Werbung? Zeigt uns eine schöne heile Welt von glücklichen Kühen auf der Weide, einem kleinen Bären der durch die Alpen läuft, einer lilafarbenen Kuh, einer Frau, die Erdbeeren in den Joghurt rührt. Nur leider ist das Leben kein Ponyhof, wie es so schön heißt, und da, wo Vanille drauf steht, ist nicht unbedingt eine Vanilleschote verarbeitet. Zuckerarm oder zuckerfrei bedeutet keineswegs, dass auf Zucker verzichtet wurde. Vielmehr sind Grenzwerte einzuhalten, nämlich nicht mehr als 5 Gramm Zucker je 100 Gramm bei der Angabe „zuckerarm“ und nicht mehr als 0,5 Gramm je 100 Gramm bei beispielsweise einem als zuckerfrei deklariertem Kaugummi. Ebenso verhält es sich mit der Angabe „alkoholfrei“. Auch hier ist, obwohl nur minimal, Alkohol enthalten. Zum Glück gibt es die Verbraucherschutzzentralen und foodwatch, die ein Auge darauf werfen, was wir täglich essen und Ungereimtheiten aufdecken – wie Dioxin in Eiern und Acrylamid in Chips. Ohne Frage ist so mancher Skandal, der aufgedeckt wird, wirklich ekelhaft. Allerdings haben wir es tagtäglich auch ein bisschen selbst in der Hand, wie wir uns ernähren. Denn: Du bist, was du isst. RAin Nadine Passenheim, Celle AdVoice 04 /16 5 Thema Thema Lukullische Lügen Etikettenschwindel im Supermarkt: Wenn nicht drin ist, was draufsteht Putencervelatwurst von Gutfried: Im Falle dieser Putencervelatwurst schmückte sich ein Schwein im wahrsten Sinne des Wortes mit fremden Federn: Die Putenwurst bestand etwa zur Hälfte aus Schweinefleisch, was nur im Kleingedruckten ersichtlich war. Nach Verbraucherprotest änderte Gutfried die Rezeptur. „Fremde Federn: Putenwurst besteht zur Hälfte aus Schweinefleisch“ Bebivita Kinder-Früchtetee von Hipp: Claus Hipp vermarktet den Zuckergranulat-Früchtetee leider auch weiterhin als geeignet für Kleinkinder ab dem 12. Monat. Zumindest wurde nach den Verbraucherbeschwerden auf den zahnschädigenden Zusatzstoff Zitronensäure verzichtet. VERBESSERUNG BLOSS VORGETÄUSCHT Active O2 von Adelholzener: An die „15-fachen Menge an Sauerstoff“ habe ich, ehrlich gesagt, nie geglaubt. Oh Wunder: Die Werbung war wissenschaftlich nicht haltbar und ist nun von der Verpackung verschwunden. Umso dreister: Adelholzener wirbt jetzt mit Vitaminzusätzen für die „Muscle Function“. Nicht immer hält der Inhalt, was die Verpackung verspricht. Ein Blick ins Kleingedruckte ist oft sehr hilfreich. In der Lebensmittelindustrie ist die Verbrauchertäuschung gängige Praxis. Von Analogkäse bis zum ominösen Gesundheitswunder. Der Supermarkt ist die perfekte Bühne für Tricksereien, Irreführungen und Werbelügen. Mal im Rahmen von klaren Gesetzesverstößen, mal in der legalen Grauzone. Der gemeinnützige Verein foodwatch kämpft an vorderster Front gegen die verbraucherfeindlichen Praktiken der Lebensmittelindustrie. Unter der Rubrik „Etikettenschwindel“ stellt foodwatch verschiedene Schummelprodukte auf seiner Website vor und zeigt gleichzeitig, was Verbraucherproteste oder gar Klagen gegen solche Werbelügen bewirken können. Während einige Hersteller flink nachbessern, präsentieren andere dreisterweise eine nur vorgetäuschte Verbesserung des Produkts oder verweigern eine Anpassung sogar ganz. Bei vielen der Inhaltslügen vergeht einem echt der Appetit, also schnell noch einmal in die Milchschnitte beißen und auf geht´s. 6 AdVoice 04 /16 JETZT MIT VERBESSERTER REZEPTUR Foto: Kunstart.net_pixelio.de Landliebe frische Landmilch von Campina: Landliebe-Milch kostet deutlich mehr als andere Sorten. Mit Versprechen wie „artgerechter Tierhaltung“ begründet Hersteller Campina den hohen Preis. foodwatch kritisierte, dass Campina diese Versprechen nicht belegen kann. Campina hält die Kritik für unberechtigt, tut sich aber nach wie vor schwer, Mehrpreis und Qualitätsversprechen überzeugend zu erklären. FruchtTiger von Eckes-Granini: Der FruchtTiger wurde hartnäckig als gesunder Durstlöscher für Kinder beworben, obwohl er zahnschädliche Zitronensäure und umstrittene Süßstoffe enthielt. Nach Protest hat Eckes-Granini die Rezeptur grundlegend überarbeitet. Activia von Danone: Ein flacher Bauch dank Activia? Fehlanzeige: Activia ist nicht mehr und nicht weniger als ein ganz normaler Naturjoghurt. Nachdem Werbeversprechen zu Probiotika verboten wurden, hat Danone zwar die Werbekampagne geändert – die Botschaft ist heute jedoch dieselbe wie damals. Saint Albray Klosterkäse von Bongrain: Bongrain verspricht dem Konsumenten eine essbare Rinde. Von wegen! Tatsächlich enthält diese Rinde das Anti-Pilzmittel Natamycin, das keinesfalls mitgegessen werden sollte. Nach Verbraucherprotest rät Bongrain nun vom Verzehr der Rinde ab. Duett Champignon Creme-Suppe von Escoffier: Glaubt man der Dosenaufschrift, wurde die Suppe mit ausgewählten Zutaten und der „Kunstfertigkeit von Spitzenköchen“ verarbeitet – tatsächlich war die Escoffier-Suppe nicht besser als eine normale Tütensuppe mit zahlreichen Zusatzstoffen. Nach Verbraucherbeschwerden hat Escoffier die Rezeptur grundlegend überarbeitet. Yogurette von Ferrero: Models aufgepasst! Yogurette enthält mehr Fett und Kalorien als Vollmilch-Schokolade. Nach Kritik hat Ferrero die Yogurette-Werbekampagne zwar geändert, die Botschaft bleibt jedoch dieselbe: Yogurette soll wirken wie die leichte Alternative zu Schokolade. Activia von Danone: Den neuen Becher aus Maisstärke deklarierte Danone als umweltfreundlicher als der alte. Kompletter Unsinn, wie eine eigens von Danone finanzierte Studie ergab. Nach einer Klage stoppte Danone die Irreführung. kinder Riegel von Ferrero: Wer kenn ihn nicht, den Slogan von der Extra Portion Milch. Perfekt, um Süßes wie dem kinder Riegel einen gesunden Anstrich zu verpassen. Die Extra-Portion Milch ist nach zahlreichen Verbraucherprotesten nun Geschichte. Gourmet-Genießerkuchen von Bahlsen: Laut Verpackung ein Gourmet-Kuchen mit erlesenen Zutaten – in Wahrheit jede Menge E-Nummern, Aromen und bis zuletzt sogar Käfig-Eier. Nach Verbraucherprotest hat Bahlsen nun auf Eier aus Bodenhaltung umgestellt. Fitness Fruits on Nestlé: Die Verpackung verspricht leichten Genuss und „einen wertvollen Beitrag für eine ausgewogene Ernährung“. In Wahrheit ist dieses Müsli eine wahre Zuckerbombe. Nach Protest reduzierte Nestlé den Zuckergehalt nur minimal: Aus ehemals 35 Prozent Zucker sind etwa 30 Prozent geworden. Viva Vital-Hackfleisch von Netto: „30 Prozent weniger Fett im Vergleich zu gemischtem Hackfleisch“ verspricht Netto. Tatsächlich hat das Netto-Produkt in der Regel sogar mehr Fett als Hackfleisch von der Theke – obwohl es mit Wasser und Weizeneiweiß gestreckt ist. Heute verkauft Netto das gleiche Produkt nicht mehr unter der Eigenmarke Viva Vital sondern unter der Herstellermarke hackplus. Der Gelbe Zitrone-Physalis von Pfanner: Eine übergroße Physalis auf der Packung, doch keine Spur Physalis drin. Dafür Aroma und umso mehr Zucker. Nach Verbraucherbeschwerden reagierte Pfanner mit einer Alibi-Änderung: Der Hersteller reduzierte den Zuckergehalt von 47 auf sensationelle 44 Würfelzucker je Zwei-Liter-Pack und fügte eine homöopatische Menge Physalis hinzu. Capri-Sonne von Wild: Die gute alte Capri-Sonne enthält mehr Zucker als Fanta orange. Dennoch wird sie beworben, als wäre sie ein empfehlenswertes Kinder-Sportgetränk. Auch wenn der wahre Zuckergehalt nun im Kleingedruckten steht – die Capri-Sonne ist und bleibt ein Etikettenschwindel. Monte Drink von Zott: Ein waschechter Dickmacher statt einer gesunden Zwischenmahlzeit für Kinder. Der Monte Drink enthielt mehr Zucker als Coca-Cola. Nach Verbraucherprotest hat Zott den Zuckergehalt minimal reduziert und eine neue Werbekampagne gestartet. Allerdings mit ein und derselben Verschleierungstaktik: Monte soll wirken wie ein sportlich-gesundes Produkt. DIESER SCHWINDEL BLEIBT IN DEN REGALEN Schlemmertöpfchen von Kühne: Von wegen Tradition – tatsächlich verstecken sich im Gurkenglas neben den Gürkchen vor allem Farbstoffe und Aromen. Auf dem Schlemmertöpfchen Feine Gürkchen steht das natürlich nur klein gedruckt, dafür in groß „Sorgfalt“, „Hingabe“ und „höchster Genuss“. Clausthaler Classic von Radeberger: Der Klassiker unter den Alkoholfreien enthält in Wirklichkeit 0,45 Volumenprozent Alkohol – trotzdem bewirbt Radeberger es als alkoholfrei. Dabei gibt es das ehrliche Etikett bereits: In Großbritannien wird Clausthaler als alkoholarm mit „weniger als 0,5 Prozent Alkohol“ beworben. Corny Schoko von Corny: Kaum Vollkornflocken, jede Menge Zucker und ein paar Mehlbällchen – von wegen vollwertig. Den daraus gepressten „Müsli“-Riegel versucht Hersteller Schwartau den Verbrauchern als „ausgewogenes Produkt“ mit „Zutaten aus dem vollen Korn“ unterzujubeln. Fruit2Day von Schwartau: „100 Prozent der täglichen Portion Obst“ stecken laut Aufdruck in einem Quelle: http://www.foodwatch.org/de/informieren/werbeluegen/produkte/ Fläschchen. Aber die Rechnung geht nicht ganz auf. 200 Milliliter einer mit Aroma aufgepeppten Mischung aus Fruchtsaftkonzentraten und Püree sind schlicht und einfach nicht dasselbe wie 200 Gramm unverarbeitetes Obst. Mövenpick Gourmet-Frühstück Erdbeere von Schwartau: Das sogenannte Mövenpick Gourmet-­ Frühstück unterscheidet sich nicht wirklich von anderen Konfitüren. Die als „Königin der Erdbeeren“ angepriesene Sorte Senga-Sengana ist nichts Besonderes, sondern Standard in der Marmeladen-Industrie. Ferdi Fuchs von Stockmeyer: Stockmeyer setzt seinen „Ferdi Fuchs Mini Würstchen“ haufenweise Vitamine zu und verspricht, sie seien ein Beitrag für die gesunde Ernährung. Tatsächlich erwartet die kleinen Genießer eine ungesunde Salzattacke: Mit stolzen zwei Gramm pro 100 Gramm sind die „Mini-Würstchen“ alles andere als auf Kinderbedürfnisse zugeschnitten. „Ein Blick auf das Kleingedruckte lohnt sich immer“ Bertolli Pesto Verde von Unilever: „Original italienische Rezeptur“ und „hochwertige Zutaten“? Von wegen! Mit traditionellem Pesto hat dieses Produkt wenig zu tun. Pinienkerne und Olivenöl sind nur in Alibi-Mengen enthalten, Hauptbestandteil ist neben Basilikum ein nicht näher definiertes „pflanzliches Öl“. Cashewnüsse ersetzen die teuren Pinienkerne. Rama Cremefine von Unilever: Eine moderne Alternative für die leichte Küche? Schön wärs! In Wirklichkeit ist das Produkt schlicht ein Sahne-Ersatz aus Pflanzenfett und Milch. Es enthält Zusatzstoffe, hat ein undefiniertes Aroma und viele gesättigte Fettsäuren. Und kostet fast doppelt so viel wie herkömmliche Sahne. RAin Lea Hogrefe-Weichhan, Schönkirchen Der Goldene Windbeutel Mit der Wahl zum Goldenen Windbeutel für die dreisteste Werbelüge des Jahres ruft foodwatch seit 2009 Verbraucher auf, sich aktiv gegen die tagtägliche Täuschung zur Wehr zu setzen und direkt bei der Lebensmittelindustrie gegen Etikettenschwindel zu protestieren. 2015 ging der goldene Windbeutel übrigens an den grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann. AdVoice 04 /16 7 Thema Thema Brainfood für den Anwalt AdVoice-Interview mit Ernährungsberaterin Carmen Brehler Fristendruck, Gerichtstermine, Geschäftsreise, lange Arbeitstage, da bleibt das Essen häufig auf der Strecke und wird zur schnellen Nebensache. Kein Frühstück, dafür vormittags bereits die erste Kanne Kaffee, vor dem Gerichtstermin noch schnell ein Traubenzuckerbonbon für die Konzentration, mittags ein belegtes Brötchen vom Bäcker, nachmittags die zweite Kanne Kaffee und am Abend mit den Kollegen Pizza essen gehen. Für viele Anwälte ist solch eine Ernährung Alltag. Oder jedenfalls nicht unüblich. Wir haben mit der Ernährungsexpertin Carmen Brehler darüber gesprochen, wo die häufigsten Ernährungsfehler liegen und was man besser machen kann. AdVoice: Frau Brehler, Sie sind nicht nur Ernährungsberaterin, sondern auch Ernährungstherapeutin. Wo genau liegt der Unterschied? Carmen Brehler: Wichtig ist zunächst, dass der Begriff Ernährungsberater nicht geschützt ist. Das führt in der Praxis leider dazu, dass sehr viele Personen als Ernährungsberater/-in auf dem Markt auftreten, welche über keine qualifizierte Ausbildung verfügen. Es gibt heute beispielsweise Ernährungsberater in Fitnessstudios, die irgendwelche Drinks oder Eiweißriegel anpreisen und verkaufen, was aber mit seriöser Ernährungsberatung nicht viel zu tun hat. Bei Diätprodukten, insbesondere irgendwelchen Pülverchen oder Pillen, heißt es oft, sie seien von Ernährungsberatern empfohlen oder getestet. Auch das ist dementsprechend mit Vorsicht zu genießen. Als von der „QUETHEB e. V.“ (Deutsche Gesellschaft der qualifizierten Ernährungstherapeuten und Ernährungsberater) zertifizierter Ernährungstherapeut hat man hingegen in der Regel ein abgeschlossenes ernährungswissenschaftliches oder medizinisches Studium oder zumindest eine diätetische Fachausbildung mit mehrjähriger Berufserfahrung. Die Anforderungen sind also wesentlich höher, außerdem bestehen medizinische Fortbildungspflichten, deren Einhaltung auch durch regelmäßige Prüfungen kontrolliert wird. Als zertifizierter Ernährungstherapeut ist man insbesondere zu einer produktunabhängigen Beratung verpflichtet. Steht also bei der Beratung ein Produkt im Vordergrund, kann man im Umkehrschluss davon ausgehen, dass der „Berater“ keine entsprechend fachliche Ausbildung hatte. Wenn man also professionelle Hilfe oder Beratung sucht, sollte man auf eine QUETHEB-Zertifizierung achten. Leistungen von derart qualifizierten Ernährungstherapeuten haben außerdem den Vorteil, dass sie in der Regel mindestens anteilig von der Krankenkasse übernommen werden. A: Fangen wir mal bei den Basics an: bei den Mahlzeiten und wie man sie über den Tag verteilt. Die einen sagen, man sollte drei Hauptmahlzeiten pro Tag zu sich nehmen, wobei im Idealfall das Frühstück am üppigsten ausfällt. In der Praxis haben allerdings direkt nach dem Aufstehen die Wenigsten einen Bärenhunger. Die anderen sagen, man solle über den Tag verteilt möglichst viele kleine Mahlzeiten zu sich nehmen. Was ist richtig? B: Eine allgemein gültige Aussage in Bezug auf gesunde Ernährung ist nicht möglich. Generell kann man sagen, dass es sicherlich der falsche Weg ist, den ganzen Tag lang, also vor und während der Arbeit, nichts zu essen und dann abends eine Riesenportion zu futtern. Das führt dazu, dass man tagsüber unterzuckert ist, also schlapp und müde wird. Wie viele Mahlzeiten nun richtig oder falsch sind, lässt sich nicht allgemeinverbindlich festlegen. Grundsätzlich kann man sagen, dass jemand, der eher schlank ist und bei dem auch keine weiteren Risikofaktoren vorliegen, über den Tag verteilt drei Mahlzeiten zu sich nehmen kann. Idealerweise erfolgt die Hauptmahlzeit mittags. Aber auch in diesem Fall sind mehrere kleine Mahlzeiten der bessere Weg um fit zu bleiben. Anders sieht es aus, wenn jemand übergewichtig ist. Dann ist es besonders sinnvoll, mehrere Mahlzeiten einzunehmen. Denn ab einem Bodymaßindex (BMI) von 27 beginnt bereits eine Vorstufe des Diabetes, die sogenannte Insulinresistenz. Diese Menschen haben oft schon eine Fettleber oder jedenfalls eine Leberzellverfettung. Das bedeutet, dass die Leber die Kohlenhydrate nicht mehr so gut verstoffwechseln kann wie eine gesunde Leber. In diesem Fall ist es sinnvoll, Foto: Dorothea Freiburger / Agentur Einzigartig in Weingarten Zur Person Frau Dipl. oec. troph. Carmen Brehler ist Inhaberin des Ernährungs-Instituts Carmen Brehler in Karls­ ruhe. Sie ist seit über 20 Jahren in der Ernährungs­ beratung und Ernährungstherapie tätig und Mitglied im wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Gesellschaft der qualifizierten Ernährungstherapeuten und Ernährungsberater QUETHEB e. V. Neben individueller Ernährungstherapie hält sie auch Vorträge zum innerbetrieblichen Gesundheitsmanagements. www.ernaehrungsinstitut.de 8 AdVoice 04 /16 etwa fünf Mahlzeiten, dafür natürlich entsprechend kleinere und insbesondere solche mit weniger kleinen Kohlenhydraten, zu sich zu nehmen. A: Mit weniger kleinen Kohlehydraten? Also Low-­ Carb mit wenig Nudeln, Brot, Kartoffeln usw.? B: Nein, Low-Carb bedeutet nicht, dass man keine Kohlenhydrate essen und nicht zu den Nudeln greifen darf, also generell Kohlenhydrate meiden muss. Man darf auch durchaus abends komplexe Kohlehydrate essen. Wir brauchen komplexe Kohlenhydrate für die Energiegewinnung und für das Gehirn. Viel wichtiger ist zunächst einmal, dass Zucker und ein Übermaß an Fruchtzucker vermieden wird, also das süße Getränk zu den Nudeln und der Kuchen zum Nachtisch. Ein Liter Cola entspricht beispielsweise dem Energiegehalt von 600 Gramm Kartoffeln, davon dürfte man satt werden. Man spricht hier von sogenannten kleinen Kohlenhydraten, den Mono- und Disacchariden. Süßigkeiten und Kuchen machen zum Beipiel in Verbindung mit gesättigten Fetten schlapp und belasten den Stoffwechsel. Bei gesättigten Fetten handelt es sich meist um die verstecken Fette in Wurstwaren wie Wienerle, Wurstsalat, Leberkäs oder Lyoner. Sie sind aber auch in sichtbaren tierischen Fetten, wie Speck, fettigem Fleisch, Schmalz, Butter, Sahne, Crème fraîche etc. enthalten. Kokosfett und Palmöl beinhalten ebenfalls gesättigte Fette. Daher sollte man auch einen Bogen um die meisten Fertiggerichte machen und um alles, was aus der Fritteuse kommt. Sogenannte komplexe Kohlenhydrate sind hingegen völlig in Ordnung. Sie finden sich etwa in Vollkornprodukten, Vollkornreis, Hülsenfrüchten, aber auch in Nudeln und Kartoffeln. Für die Mahlzeiten bietet sich daher eine Kombination aus komplexen Kohlenhydraten in Verbindung mit Eiweiß sowie einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren an. Das bedeutet keineswegs, dass man hungern muss. Wer morgens oder zwischendurch ein Brötchen essen will, greift einfach besser zum Vollkornbrötchen mit Schinken und Tomaten oder Gurke darauf – am besten ohne Butter – als zum Fleischkäsebrötchen oder zum Salamibrötchen. Wer mittags mit den Kollegen zum Italiener geht, kann sich zum Beispiel Fisch mit Salat oder Gemüse oder Spaghetti arrabiata – also Kohlenhydrate – und einen Salat mit Olivenöl – ungesättigte Fettsäure – bestellen. Nicht so gut wären hingegen etwa die Spaghetti carbonara, da hier die Kohlenhydrate mit Sahne und fettem Käse, also mit gesättigten Fetten, kombiniert werden. Diese Kombination macht müde und schlapp. „Ein Liter Cola entspricht dem Energiegehalt von 600 g Kartoffeln, davon dürfte man satt werden.“ Foto: Bernd Kasper_pixelio.de A: Also kommt der Auswahl der richtigen Fette eine ganz erhebliche Bedeutung zu? B: Meiner Meinung nach haben die Fette sogar die wichtigste Bedeutung in unserer Ernährung. Sie haben der Menschheit sogar das Überleben gesichert. Das Gehirn des Menschen konnte sich nur durch den Verzehr der richtigen Fettsäuren überhaupt so schnell evolutionsgeschichtlich entwickeln. Die Fette wurden lange verteufelt, Low Fat eben, doch man muss dabei differenzieren. Das richtige Fett ist für uns Menschen lebensnotwendig und essenziell für eine optimale Gehirnleistung. Drei Tage ohne Fett und es können sich bereits Gallengrieß und Gallensteine bilden. Die sogenannten gesättigten Fettsäuren sollten, wie bereits erwähnt, möglichst gemieden werden, denn davon haben wir in unserer westlichen Ernährung sowieso schon genug. Bei den ungesättigten Fettsäuren ist zwischen den mehrfach und einfach ungesättigten Fettsäuren zu differenzieren. Am wichtigsten sind die sogenannten mehrfach gesättigten Fettsäuren, die in den kaltgespressten Ölen vorkommen, insbesondere die Omega-3- und die Omega-6-Fettsäuren. Hier stellt sich allerdings das Probleme, dass gerade diese Fette eher in relativ teuren Ölen vorkommen, die in der Gastronomie nur selten verwendet werden. Es sollte also zuhause vorgesorgt werden. Omega-3-Fettsäuren finden sich zum Beispiel in Nussölen und Weizenkeimöl, Omega-6-Fettsäuren in Distelöl- und Sonnenblumenöl. Fischölkapseln sind übrigens keine Alternative. Den einfach ungesättigten Fettsäuren kommt ebenfalls eine große Bedeutung zu. Diese finden sich etwa in Olivenöl, Sesamöl, Geflügel und Muskelfleisch. Olivenöl wird allerdings völlig überbewertet. Der ganze Hype darum ist nach der wissenschaftlichen Datenlage nicht nachvollziehbar. Ebenso belegen neuere internationale Studien, dass Rapsöl nicht verwendet werden sollte. Die allgemeinen Empfehlungen dahingehend sollten dringend geändert werden. Die einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren machen übrigens wesentlich satter als die gesättigten Fettsäuen in gebackenem Fleischkäse oder Weißwürstchen. Wichtig für das Gehirn ist insbesondere auch eine ausreichende Versorgung mit Spurenelementen wie Jod, Selen, Zink und Chrom. Optimal sind Vollkornprodukte, Nüsse, Fisch und Gemüse. Fisch mit Gemüse oder Salat ist also beispielsweise eine ideale Kombination aus Proteinen und mehrfach ungesättigten Fettsäuren. A: Was bietet sich denn als Zwischenmahlzeit an, wenn mal der kleine Hunger kommt? B: Als Zwischenmahlzeit bietet sich eine Handvoll naturbelassener Nüsse oder Cashewkerne – wegen der mehrfach ungesättigten Fettsäuren und der komplexe Kohlenhydrate – an, natürlich nicht geröstet und gesalzen oder im Schokomantel, besser mit einem ungesüßten Naturjoghurt. Vorsicht bei Studentenfutter, das hat oft wegen der Rosinen einen relativ hohen Fruchtzuckeranteil, ist also wieder eher ungeeignet, insbesondere für übergewichtige Menschen. Generell kann man aber sagen, dass Nüsse und Samen ein richtiges Brainfood sind. Sie halten wach und leistungsstark und belasten den Stoffwechsel nicht. A: Wie sieht es denn mit Zucker aus, um die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit zu steigern? Man denke an das klassische Traubenzuckerbonbon, das gerne während der Fachanwaltsklausur gelutscht wird. B: Das ist der völlig falsche Ansatz. Der Traubenzucker geht zwar sofort ins Blut, was in der Werbung gerne positiv hervorgehoben wird. Das führt dazu, dass von der Bauchspeicheldrüse Insulin ausgeschüttet wird, der Insulinspiegel steigt also. Dadurch kommt es zwar zu einer ganz kurzfristigen Leistungssteigerung. Kurz danach kommt es aber mangels eines Nachschubs an Kohlenhydraten zu einer Unterzuckerung (Hypoglykämie), was zu einem Einbruch der Leistungsfähigkeit führt, eventuell begleitet von Zittern, Nervosität und Schwindelgefühlen; also alles Dinge, die man während der Klausur gar nicht gebrauchen kann. Auch hier hilft die Handvoll Nüsse oder Cashewkerne viel meh. Oder auch die gute alte Banane, die leider bei einigen Kollegen etwas in Verruf geraten ist. Und was noch viel wichtiger ist, aber im Eifer des Gefechts oft vergessen wird: Trinken! Ohne ausreichend Flüssigkeit kann das Gehirn nicht vernünftig arbeiten. Aber keine süßen Getränke. A: Apropos Trinken, wie steht es denn mit unserer Volks- und Anwaltsdroge Nummer Eins, dem Kaffee? Es soll Anwälte geben, die gut zwei Drittel ihres Flüssigkeitshaushalts mit Kaffee regulieren. Ist das empfehlenswert? B: Also zunächst kann man sagen, dass Kaffee durchaus Bestandteil der Flüssigkeitsbedarfdeckung sein kann. Früher wurde zwar teilweise vertreten, dass Kaffee nicht geeignet sei, um den Körper Flüssigkeit zuzuführen oder ihm sogar Flüssigkeit entziehen würde. Heute wissen wir: Das stimmt nicht. Allerdings ist zu viel Koffein nicht wirklich empfehlenswert. Mehr als fünf Tassen Kaffee täglich sollten es daher in der Regel nicht. sein Damit meine ich übrigens ganz normale Tassen und nicht diese riesigen Becher, die man öfter mal auf Schreibtischen sieht. Außerdem kann bei regelmäßigem Kaffeekonsum auch ein Gewöhnungseffekt eintreten. Das Koffein bringt dann nicht mehr den gewünschten Effekt. AdVoice 04 /16 9 die er ll! zt d ue jet abe akt Sie usg n GI /gi n se e A tio .de Le est ma hdi u r . ne i nf o w w ch w Fa Thema B: In der Regel sind sie überflüssig. Etwas anderes kann natürlich gelten, wenn durch entsprechende Blutwerte ein Defizit festgestellt worden ist. Gerade ein Eisenmangel kommt bei Frauen sehr oft vor. Sie haben manchmal das Problem, dass sie Eisen bzw. Ferritin nicht richtig einspeichern können und daher schlapp und müde sind. Haarausfall ist oft ein weiteres Indiz dafür. Ein kleiner Tipp für junge Anwältinnen: Lassen Sie Ihre Schilddrüsenwerte und den Ferritinwert – nicht identisch mit dem Eisenwert – testen. Liegt der Ferritinwert im unten Grenzbereich ,empfehle ich in diesen Fällen die gezielte Einnahme eines Präparats. Liegen aber keine Mangelerscheinungen vor, braucht man auch keine Nahrungsergänzungsmittel. Hier sollte man sich von der Werbung nicht verrückt machen lassen. Derzeit wird beispielsweise viel Werbung für Vitamin-B 12-Aufbaupräparate zur Leistungssteigerung gemacht. Die wenigsten Menschen haben aber einen Vitamin-B 12-Mangel, da der Körper dieses Vitamin über Jahre hinweg – in der Regel sechs bis zehn Jahre – speichern kann. Viel häufiger kommt es zu einem Vitamin-B1-Mangel. Dieses Vitamin kann der Körper nur wenige Tage lang speichern. Für Vitamin-B1 braucht man aber keine Kapsel, Pülverchen oder dergleichen. Einfacher und günstiger kann man es über Vollkornbrot, Haferflocken, Nüsse oder Pinienkerne zu sich nehmen. Pausensnack mit Obst: Gesund kann auch lecker sein. In diesem Fall kann es hilfreich sein, auf schwarzen oder grünen Tee zu wechseln. Trinkt man hingegen viel Tee, liegt also bereits eine Gewöhnung an das Tein vor, ist es genau umgekehrt. Dann kann das Koffein durchaus vorübergehend gegen die Müdigkeit helfen. Vorsicht gilt natürlich auch bei Latte macchiato. Der enthält zwar ebenfalls Koffein, aber auch Zucker und Milch bzw. Milchzucker. Dadurch kann es, gerade bei übergewichtigen Menschen, wieder zur Unterzuckerung kommen, ähnlich wie beim Traubenzucker, worauf der Körper mit Hungerattacken reagiert. Dasselbe Problem stellt sich übrigens auch bei Smoothies, die häufig ebenfalls sehr viel Zucker enthalten. Smoothies sind aufgrund des sehr hohen Fruchtzuckeranteils in größeren Mengen ohnehin nicht gesund. Ein Glas ist genug. Die Leber mag keine Fruchtzuckerduschen. Besser sind Gemüsesäfte ohne Zucker und Honig, mit etwas Öl abgerundet. A: Und wie sieht es mit dem Feierabendbierchen oder dem berühmten Glas Rotwein am Abend aus? B: Auch hier muss man wieder differenzieren. Wer eine Störung im sogenannten Triglyceridstoffwechsel hat, sollte vollständig auf Alkohol verzichten. Das ist oft bei Menschen der Fall, die im Volksmund, 10 AdVoice 04 /16 Foto: Foto: Wolfgang Teuber_pixelio.de erhöhte Cholesterinwerte haben. Man spricht dann von einer Fettstoffwechselstörung. In diesem Fall kann Alkohol letztlich zu einer Arteriosklerose, umgangssprachlich Arterienverkalkung, führen, die wiederum eine koronare Herzerkrankung verursachen kann, die häufigste Todesursache in Deutschland. Hier kann man durch den Verzicht auf Alkohol vorbeugen. Ebenso sollte man bei einer positiven Familienanamnese für Herzinfarkt auf Alkohol verzichten, das heißt, wenn der Vater vor dem 65. Lebensjahr und die Mutter vor dem 70. Lebensjahr einen Herzinfarkt hatten. Ein Wort noch zum Schluss: Superfood, Detox, Lawcarb, Low-fat, vegan, vegetarisch, das ist alles nichts Neues und vor 30 Jahren schon mal dagewesen. Superfood und Clean Eating; sind nichts anderes als die gute alte Vollwerternährung, die aber einen gesamtökologischen Ansatz hatte. Wir diskutieren heute über Klimaerwärmung, CO2-Fingerabdruck und kippen Pulver aus aller Welt in unser Essen. Wir brauchen keine Acai, Algen, Chia, Chlorella, Goji, Maqui, Moringa oder Noni oder wie sie alle heißen. „Das Problem ist unsere abartige Haltung der Tiere. Wir sollten auf die Qualität unserer Lebensmittel, insbesondere der Milch- und Fleischproduktion einen größeren Wert legen.“ Ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass es auf unseren Feldern keine Kühe mehr gibt? Möchten Sie Käse und Joghurt essen von Kühen, die in ihrem Leben niemals im Freien weiden durften oder mal frei springen? Und dies nur, damit wir 20 Cent weniger bezahlen? Fleisch und naturbelassene Milchprodukte sind gesund, wie immer macht die Dosis das Gift. Das Problem ist unsere abartige Haltung der Tiere. Wir sollten auf die Qualität unserer Lebensmittel, insbesondere der Milch- und Fleischproduktion einen größeren Wert legen. Bevorzugen Sie dabei Produkte aus ökologischem Landbau. Sind die Cholesterinwerte bzw. Blutfette hingegen in Ordnung, macht einem das Glas Rotwein am Abend in der Regel nicht viel aus. Ich möchte mit einem alten Satz enden: Prof. Werner Kollath – der mit der Vollwerternährung – sagte bereits vor 50 Jahren: „Lasst eure Ernährung so natürlich wie möglich“. A: Was halten Sie eigentlich von Nahrungsergänzungsmitteln? Das Gespräch führte RA Andreas Hansmeier, Karlsruhe ILFT VERANTWORTUNG ZU TRAGEN. Vermögensschaden-Haftpflicht für Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte. In der Beratung entscheiden oft Details. Doch genau diese Kleinigkeiten haben meist weitreichende Auswirkungen. Deshalb tragen Sie eine große Verantwortung. Daraus entstehen Haftungsrisiken, die Ihre berufliche Existenz gefährden können. Mit der HDI Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung sichern Sie sich einen umfassenden Schutz. www.hdi.de/freieberufe Thema Thema Prost Mahlzeit! Definitionen rund ums Essen: Interessant, lustig und ein bisschen eklig ZWIEBACK INNEREIEN Zwieback ist ein durch zweimaliges Erhitzen meist unter Verwendung von Hefe hergestelltes knuspriges Gebäck. III.7. Leitsätze für Feine Backwaren Innereien für die Herstellung von Fleischerzeugnissen sind Leber, Herz, Zunge ohne Schleimhaut. Nr. 1.51 Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse TOMATENKETCHUP KOTELETT Wo liegt der Unterschied zwischen Marmelade und Konfitüre? Und was genau sind eigentlich Kekse oder Lollis? Für alle, die sich diese oder ähnliche Fragen schon immer gestellt haben, haben wir eine kleine Auswahl der interessantesten und skurrilsten – teilweise auch ekligen – juristischen Definitionen rund um das Thema Essen zusammengestellt. MAHLZEIT Zu den Mahlzeiten gehören alle Speisen und Getränke, die üblicherweise der Ernährung dienen. BFH, Urteil vom 21.3.1975 - VI R 94/72 Konfitüre von Zitrusfrüchten aus der in Streifen oder in Stücke geschnittenen ganzen Frucht hergestellt werden. Nr.2 Anlage 1 zur Verordnung über Konfitüren und einige ähnliche Erzeugnisse SCHOKOLADE Gelee ist streichfähige Zubereitung aus Zuckerarten sowie Saft oder wässrigen Auszügen einer oder mehrerer Fruchtarten. Nr.4 Anlage 1 zur Verordnung über Konfitüren und einige ähnliche Erzeugnisse Schokolade ist ein Erzeugnis aus Kakaoerzeugnissen und Zuckerarten, das – vorbehaltlich der Definitionen von Schokoladenstreuseln oder -flocken, Schokoladenkuvertüre und Schokoladen-Gianduja-Haselnuss- oder einer anderen von „Gianduja“ abgeleiteten Bezeichnung – mindestens 35 Prozent Gesamtkakaotrockenmasse, davon mindestens 18 Prozent Kakaobutter und mindestens 14 Prozent fettfreie Kakaotrockenmasse enthält. Anlage 1 Nr. 3 zur Verordnung über Kakao- und Schokoladenerzeugnisse (Kakaoverordnung) HONIG WEISE SCHOKOLADE Honig ist der natursüße Stoff, der von Honigbienen erzeugt wird, indem die Bienen Nektar von Pflanzen oder Sekrete lebender Pflanzenteile oder sich auf den lebenden Pflanzenteilen befindende Exkrete von an Pflanzen saugenden Insekten aufnehmen, durch Kombination mit eigenen spezifischen Stoffen umwandeln, einlagern, dehydratisieren und in den Waben des Bienenstocks speichern und reifen lassen. Anlage 1 zur Honigverordnung Weiße Schokolade ist ein Erzeugnis aus Kakaobutter, Milch oder Milcherzeugnissen und Zuckerarten, das mindestens 20 Prozent Kakaobutter und mindestens 14 Prozent Milchtrockenmasse aus teilweise oder vollständig dehydratisierter Vollmilch, teil- oder vollentrahmter Milch, teilweise oder vollständig dehydratisiert, Sahne, teilweise oder vollständig dehydratisierter Sahne, Butter oder Milchfett, davon mindestens 3,5 Prozent Milchfett, enthält. Anlage 1 Nr. 6 zur Verordnung über Kakao- und Schokoladenerzeugnisse (Kakaoverordnung) GELEE LEBENSMITTELRECHT Der Ausdruck Lebensmittelrecht bezeichnet die Rechts- und Verwaltungsvorschriften für Lebensmittel im Allgemeinen und die Lebensmittelsicherheit im Besonderen, sei es auf gemeinschaftlicher oder auf einzelstaatlicher Ebene, wobei alle Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen von Lebensmitteln wie auch von Futtermitteln, die für der Lebensmittelgewinnung dienende Tiere hergestellt oder an sie verfüttert werden, einbezogen sind. Art. 3 Nr. 1 Verordnung (EG) Nr. 178/2002 LUTSCHER VOLLEI Ein Lutscher (auch Lolli genannt) zeichnet sich dadurch aus, dass der zu verzehrende bzw. zu lutschende oder schleckende Karamellteil auf einem Stiel angebracht ist. Ohne einen solchen Stiel würde es sich nicht mehr um einen traditionellen Lutscher, sondern vielmehr um ein gewöhnliches Bonbon handeln. OLG Köln, Urteil vom 3.5.2001 - 1 U 4/01 MARMELADE Marmelade ist eine streichfähige Zubereitung, die aus Zuckerarten und Pülpe, Mark, Saft, wässrigen Auszügen oder Schalen von Zitrusfrüchten unter Verwendung von mindestens 200 g Zitrusfrüchten, davon mindestens 75 g Endokarp, pro 1.000 g Erzeugnis hergestellt wird. Nr. 5 Anlage 1 zur Verordnung über Konfitüren und einige ähnliche Erzeugnisse Vollei im Sinne dieser Leitsätze ist die aus dem Inhalt frisch aufgeschlagener Hühnereier mittleren Gewichts gewonnene Eimasse oder handelsüblich pasteurisiertes Vollei mit einem Trockenmassegehalt von mindestens 23 Prozent. Bei Verwendung von Eiern anderer Gewichtsklassen wird ein etwaiger Mangel an Eigelb ausgeglichen. I.6. Leitsätze für Feine Backwaren BIENENSTICH Bienenstich ist ein gefüllter oder ungefüllter Hefe­ kuchen. Er ist zu mindestens 20 Prozent des Teiggewichtes mit einem Belag versehen, der Ölsamen, gebunden in einer karamellartigen Masse aus Zuckerarten, Fett und ggf. Milch, enthält. Der Anteil der Ölsamen in der Masse des Belages beträgt mindestens 30 Prozent. KONFITÜRE Konfitüre ist die streichfähige Zubereitung aus Zuckerarten, Pülpe oder Fruchtmark einer oder mehrerer Fruchtarten und Wasser. Abweichend davon darf 12 AdVoice 04 /16 Die Verarbeitung von anderen Ölsamen, außer Walnüssen, Haselnüssen und Mandeln, wird kenntlich gemacht. II.10. Leitsätze für Feine Backwaren KEKSE Kekse (Keks) sind aus kleinen oder mäßig großen Stücken bestehende, nicht süße oder mehr oder minder süße Gebäcke aus meist fetthaltigem Teig, der ausgewalzt, ausgeformt, gespritzt („Dressiergebäck“) oder geschnitten („Schnittgebäck’’) wird. III.1.a) Leitsätze für Feine Backwaren DOMINOSTEINE Dominosteine sind etwa bissengroße Würfel aus einer oder mehreren Schichten Braunen Lebkuchens und einer Lage oder mehreren Lagen von Zubereitungen, z. B. aus Fruchtmark, Marzipan oder Persipan, nicht aber aus Fondantmasse oder -krem; sie sind mit Schokoladearten überzogen. Feine Dominosteine oder Dessert-Dominosteine enthalten außer einer oder mehreren Schichten Braunen Lebkuchens (Nummer 3 c bb) mindestens eine Lage aus Zubereitungen aus Früchten oder Fruchterzeugnissen und mindestens eine Lage aus Marzipan oder Persipan. Bei Feinsten Dominosteinen bestehen die Lagen ausschließlich aus Zubereitungen aus Früchten oder Fruchterzeugnissen und Marzipan im Sinne der Leitsätze für Ölsamen und daraus hergestellten Massen und Süßwaren. III.3.c)bb) Leitsätze für Feine Backwaren Ein Kotelett ist eine knochenhaltige Scheibe aus der rückenseitigen Stamm-Muskulatur, dem Kotelettstrang (beim Rind aus dem hinteren Brustwirbelbereich, der Hochrippe (6.-10. Rippe), bei Kalb, Schaf und Schwein aus dem Lenden-und dem Brustwirbelbereich, beim Schwein auch aus dem Halsbereich). Nr. 2.504 Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse Tomatenketchup ist eine homogene Würzsoße, die entweder aus einwandfreien, gesunden, reifen Tomaten (Lycopersicum esculentum) ohne Schalen und Kerne oder aus Tomatenerzeugnissen einschließlich Tomatenkonzentrat unter Zusatz von Essig, Zuckern, Salz und würzenden Zutaten oder deren Extrakten wie Zwiebeln, Gewürzen und zulässigen Zusatzstoffen hergestellt wird. Richtlinie zur Beurteilung von Tomatenketchup STEAK MILCH Ein Steak ist eine zum Kurzbraten oder Grillen geeignete (mürbe), nicht zu dünne, in der Regel quer zu den Fasern geschnittene Scheibe aus in natürlichem Zusammenhang belassenem sehnenarmen Fleisch, meist mit anhaftendem Fettgewebe, ohne Knochen, ausgenommen Porterhouse-Steak und T-Bone-Steak, zum Teil auch Club-Steak und Sirloin-Steak. Milch ist das durch ein- oder mehrmaliges Melken gewonnene Erzeugnis der normalen Eutersekretion von zur Milcherzeugung gehaltenen Tieren. § 2 Abs. 1 Nr. 1 Milch- und Margarinegesetz Sofern die Tierart nicht angegeben ist, handelt es sich wie bei Beefsteak, Rinderstück (Rindsstück) und Rindersteak (Rindssteak) um Steak eines Rindes. Nr. 2.506 Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse BROT Brot wird ganz oder teilweise aus Getreide und/ oder Getreideerzeugnissen, meist nach Zugabe von Flüssigkeit, sowie von anderen Lebensmitteln (z. B. Leguminosen-, Kartoffelerzeugnisse) in der Regel durch Kneten, Formen, Lockern, Backen oder Heißextrudieren des Brotteiges hergestellt. BRATEN Braten sind zum Braten geeignete, in natürlichem Zusammenhang belassene, bratfertig zugeschnittene Fleischteile, auch in gebratenem oder gegrilltem Zustand. Die Verwendung von fettgewebereichem Schweinefleisch (1.123) wird entsprechend kenntlich gemacht (z. B. Gebratener Schweinebauch). Nr. 2.510.1 Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse HACKFLEISCH Hackfleisch ist Fleisch, das durch Hacken zerkleinert oder durch den Fleischwolf gedreht wurde. Art. 2 Nr. 2 a) Richtlinie 94/65/EG (außer Kraft) EISBEIN Eisbeine (Schweinshaxen) sind die Teile der Extremitäten des Schweines zwischen Knie- bzw. Ellbogengelenk und den Fußwurzelgelenken. Ihr knochenfreier Teil wird für die Verarbeitung in der Regel entschwartet. Ausgenommen sind Erzeugnisse, bei denen die Verarbeitung von Schwarten üblich ist oder bei denen die Verwendung von nicht entschwartetem Eisbein ausdrücklich vorgesehen ist. Nr. 1.32 Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse Fotos v. l. n. r.: Renée Ries_pixelio.de, Rike_pixelio.de, Manfred Walker_pixelio.de AdVoice 04 /16 13 Thema Thema Geschichten von Gerichten bei Gerichten Brot enthält weniger als zehn Gewichtsteile Fett und/oder Zuckerarten auf 90 Gewichtsteile Getreide und/oder Getreideerzeugnisse. I.1.1 Leitsätze für Brot und Kleingebäck Manche Restaurants in, an oder neben Gerichten sind legendär KNÄCKEBROT Knäckebrot wird als Trockenflachbrot – unter Verwendung von Vollkornschrot, Vollkornmehl oder Mehl aus Roggen, Weizen, anderen Getreidearten oder Mischungen derselben, sowie anderer Lebensmittel – mit Hefelockerung oder Sauerteiggärung oder Lufteinschlag auf physikalische Weise oder mit sonstigen Lockerungsverfahren hergestellt. Kneipen bei Gericht sind ein Phänomen. Sie heißen „Café Meineid“, „Zur letzten Instanz“ oder ganz wortspielgewandt gern auch mal „Gerichtsklause“. Aber auch, wenn die Lokale nicht direkt bei Gericht sind, werden Gourmettempel, und solche, die es werden wollen, gern mit Anspielungen auf das Recht benannt. Knäckebrot wird nicht durch Heißextrusion hergestellt. Der Feuchtigkeitsgehalt des Fertigerzeugnisses beträgt höchstens 10 Prozent. II.14 Leitsätze für Brot und Kleingebäck In Weiden in der Oberpfalz gibt es tatsächlich das Restaurant „Landgericht“. Das Wort „Land“ wird hier sinnigerweise groß geschrieben. Das Weidener LG ist einen knappen Kilometer entfernt. Irritierend ist nur, dass das „Landgericht“ laut eigener Webseite nicht nur „... in ländlicher Atmosphäre bekannte und auch weniger bekannte regionale Produkte aus heimischer Produktion ...“ anbietet und „... als Plattform für die Oberpfälzer Kultur nicht nur kulinarisch verwöhnen, sondern auch an regionales Brauchtum erinnern ...“ will, sondern unter dem Stichpunkt Service u. a.: „Umfangreiche und kompetente Beratung“ anbietet. Das RDG lässt grüßen. SCHINKENBROT TIEFGEFRORENE FISCHE Schinkenbrot ist Roggenvollkornbrot oder Roggenschrotbrot, in halbrunder Form freigeschoben, angeschoben oder im Kasten gebacken. Es weist einen herzhaft-aromatischen Geschmack auf. Ein Zusatz von Schinken ist nicht üblich. Tiefgefrorene Fische sind Süßwasserfische, Seefische und Fischteile, die tiefgefroren sind. Sie können zusätzlich auch mit Wassereis glasiert sein. II.A.1. Leitsätze für Fische, Krebs- und Weichtiere und Erzeugnisse daraus Schinken wird nur in wenigen Gegenden und nur bei Mehlbroten zugesetzt. II.21 Leitsätze für Brot und Kleingebäck GETROCKNETE FISCHE Getrocknete Fische sind Fische, die in freier Luft oder in Anlagen getrocknet und dadurch haltbar gemacht worden sind. II.C.1. Leitsätze für Fische, Krebs- und Weichtiere und Erzeugnisse daraus SPEISEEIS Speiseeis ist eine durch einen Gefrierprozess bei der Herstellung in einen festen oder pastenartigen Zustand, z. B. Softeis, gebrachte Zubereitung, die gefroren in Verkehr gebracht wird und dazu bestimmt ist, in diesem Zustand verzehrt zu werden; im aufgetauten Zustand verliert Speiseeis seine Form und verändert sein bisheriges Gefüge. I.A.1. Leitsätze für Speiseeis und -halberzeugnisse FRUCHTSAFT Fruchtsaft ist das gärfähige, jedoch nicht gegorene, aus dem genießbaren Teil gesunder und reifer Früchte (frisch oder durch Kälte haltbar gemacht) einer oder mehrerer Fruchtarten gewonnene Erzeugnis, das die für den Saft dieser Frucht/Früchte charakteristische Farbe, das dafür charakteristische Aroma und den dafür charakteristischen Geschmack aufweist. Aroma, Fruchtfleisch und Zellen, die mit geeigneten physikalischen Verfahren aus derselben Fruchtart gewonnen wurden, dürfen im Saft wiederhergestellt werden. Das Mischen von Fruchtsaft mit Fruchtmark bei der Herstellung von Fruchtsaft ist zulässig. 14 AdVoice 04 /16 Nr. 1 a) der Anlage 1 zur Verordnung über Fruchtsaft, einige ähnliche Erzeugnisse, Fruchtnektar und koffeinhaltige Erfrischungsgetränke KOFFEINHALTIGE ERFRISCHUNGSGETRÄNKE Koffeinhaltige Erfrischungsgetränke im Sinne dieser Verordnung sind Getränke auf Grundlage von Wasser, die geschmackgebende Zutaten oder Aromen enthalten und denen Koffein oder koffeinhaltige Zutaten zugesetzt worden sind. Sie dürfen zudem weitere Zutaten enthalten. Satz 2 gilt nicht für Alkohol, auch als Zutat oder sonstiger Bestandteil eines alkoholhaltigen Getränkes. Unberührt bleibt ein Alkoholgehalt bis zu einer Menge von zwei Gramm pro Liter, der: 1. auf der Verwendung von Aromen beruht oder 2. auf Grund natürlicher und unvermeidbarer Gä­ rungs­prozesse in anderen verwendeten Zutaten enthalten ist. § 4 Abs. 1 Verordnung über Fruchtsaft, einige ähnliche Erzeugnisse, Fruchtnektar und koffeinhaltige Erfrischungsgetränke Die „Gerichtslaube“ im Berliner Nikolaiviertel ist zwar auch nur drei Steinwürfe weit vom Landgericht an der Littenstraße entfernt, beruft sich aber eher auf historische Traditionen. Auf der Internetseite heißt es: „Die Gerichtslaube hatte im Mittelalter eine öffentliche und fast kultische Funktion. Die hier vollstreckten Strafen waren damals überaus hart und grausam. Auf kleinste Vergehen stand das Abschneiden der Ohren, das Ausbrechen der Zähne oder das Brennen in die Augen mit glühendem Eisen. Frauen wurden wegen Kuppelei verbrannt und Diebe einfach aufgehängt.“ Das wiederum klingt nicht ganz so lecker. Und natürlich gibt es sie auch noch: die gute, alte Gerichtskantine. Mit abgestandenem Kaffee und ranzigem Fettgeruch (oder auch nicht). Am Nachbartisch diskutieren Richter einen Fall, daneben tröstet die Anwältin einen Beklagten, der gerade einen Fall verloren hat, und die Referendare tuscheln über die neue AG-Leitung. hier „Einstweilige Verfügung“, Kalbsleber bestellt man als „Kreuzverhör“ und Kohlrouladen sind „Beweismittel“. Besonders gelungen ist das Berliner Schnitzel vom Kuheuter („Urteilsbegründung“). RA Tobias Sommer, Berlin Eure Meinung Uns interessieren Eure Erfahrungen aus Gerichtskantinen und Restaurants mit Rechtsbezug. Also schreibt uns und sendet uns Fotos! [email protected] Das Restaurant „Zur letzte Instanz“ am Berliner Landgericht hat nicht nur ein nettes Biergärtchen, sondern setzt auf der Speisekarte ganz konsequent die Nähe zur Berliner Justiz um. Grillhaxe heißt Juristischer Bezug bis ins Detail: Reserviert-Schild und Speisekarte im Berliner Restaurant „Zur letzten Instanz“. HEISER PHARISÄER Das Originalrezept (…) geht von einem Getränk aus, das hochprozentig alkoholhaltig ist und deswegen deutlich den Rumzusatz schmecken lässt. Denn das Getränk soll aufgrund des herzhaften und ordentlichen Schusses Rum als köstliches Getränk Leib und Seele erwärmen. Das ist bei einem Rumzusatz von zwei Zentilitern nicht der Fall. AG Flensburg, Urteil vom 9. Oktober 1981 - 63 C 84/81 Zusammengestellt von RA Andreas Hansmeier, Karlsruhe Welche juristischen Speisen-Definitionen kennt Ihr? Schreibt an [email protected] Fotos: Heiko Stuckmann_pixelio.de, Jens Bredehorn_pixelio.de Fotos: Tobias Sommer AdVoice 04 /16 15 Thema Thema Das Haar in der Suppe HACCP Rechtliche Grundlagen: Was der Gastwirt wissen muss Wir alle kennen den Ausbildungsfall mit der salmonellenvergifteteten Hochzeitsgesellschaft. Ein Albtraum für die Braut aber nicht zuletzt auch ein Albtraum für den Gastwirt. Mit guter Küche und einem ansehnlichen Bierchen ist es in der Regel nicht getan. Vor dem Hintergrund des Lebensmittelrechts hat der Gastronom zwei wesentliche Aufgaben: Erstens: den Schutz der Gesundheit des Gastes. Zweitens: Den Schutz des Gastes vor Täuschung und Irreführung. Aufgaben, die ein großes Maß an Verantwortung verlangen und in den allen Bereichen des Lebensmittel- und Gaststättenrecht echtes Expertenwissen fordern. Das Sprichwort „Wer nichts wird, wird Wirt“ dürfte damit längst überholt sein. Denn wer Wirt wird, wird besser auch Rechtsexperte. DAS HOHE GUT DER GASTGESUNDHEIT Meine Empfindungen bei den Recherchen zu diesem Artikel schwankten zwischen Ehrfurcht und Ekel. Ehrfurcht vor den hohen Anforderungen und den recht kompliziert ausgestalteten europarechtlichen Rechtsgrundlagen. Ekel in dem Wissen, was alles schiefgehen kann, und dass die Anforderungen in der Praxis wohl kaum erfüllt werden. Während des Studiums habe ich jahrelang in der Gastronomie gejobbt – Hygieneschulung? Infektionsbelehrung? Fehlanzeige! 16 AdVoice 04 /16 HYGIENE Bereits vor über zehn Jahren, am 1. Januar 2006, trat mit den EU-Verordnungen Nr. 852, 853 und 854/ 2004 das sogenannte Hygienepaket in Kraft und löste das bis dato geltende deutsche Hygienerecht komplett ab. Für den Lebensmittelunternehmer im Gaststättengewerbe ist jedoch die Verordnung (EG) Nr. 178/2002 die wichtigste Hygienevorschrift. Sie wird auch als Basis-Hygieneverordnung bezeichnet, da alle anderen Hygienepakete auf ihr aufbauen: Verordnung (EG) Nr. 178/2002 Verordnung zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts Diese sogenannte Basisverordnung beschreibt allgemeine Grundsätze und erläutert unter anderem die Pflicht zur Rückverfolgbarkeit aller Lebensmittel, d. h. auf allen Stufen der Verarbeitung muss nachvollziehbar sein, woher ein Lebensmittel stammt und an wen es weitergegeben wurde. Verordnung (EG) Nr. 852/2004 Verordnung über Lebensmittelhygiene Die Verordnung beinhaltet die grundlegenden Vorschriften zur Lebensmittelhygiene in gewerblichen Küchen. Themen wie die allgemeine Verpflichtung der Lebensmittelunternehmer zur Einhaltung der Hy- gienevorschriften, die Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit, die Einhaltung der Kühlkette, das betriebliche Eigenkontrollsystem HACCP, Leitlinien für gute Verfahrenspraxis, Temperaturanforderungen und Hygieneschulungen werden hier beschrieben. Verordnung (EG) Nr. 853/2004 Verordnung mit spezifischen Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs Hier werden die spezifischen Hygienevorschriften im Umgang mit Lebensmitteln tierischen Ursprungs aufgeführt. Schulungspflicht Um die komplizierten Hygienevorschriften in der Praxis umsetzten zu können, sind eine enge Einbindung aller Mitarbeiter und eine funktionale Selbstkontrolle unerlässlich. So ist der Gastwirt verpflichtet, alle Personen seines Betriebes, die mit Lebensmitteln umgehen, entsprechend zu schulen. Diese Lebensmittelhygiene-Schulung kann durch den Gastwirt selbst durchgeführt oder durch Dritte vorgenommen werden. Die Schulung hat bei Neueinstellung und sodann regelmäßig mindestens einmal jährlich zu erfolgen. Hinsichtlich der Schulung besteht eine Dokumentationspflicht. Der Gastronom muss die sachgerechte Durchführung der Schulungen im Rahmen der Lebensmittelkontrolle nachweisen können. Das Dach des Hygienemanagements bildet jedoch das individuelle Eigenkontroll- und Dokumentationssystem nach dem HACCP-Konzept. HACCP steht für Hazard Analysis and Critical Control Points (Gefahrenanalyse und kritische Kontrollpunkte). In der Verordnung (EG) Nr.852/2004 Artikel 5 heißt es: „Die Lebensmittelunternehmer haben ein oder mehrere ständige Verfahren, die auf den HACCP-Grundsätzen beruhen, einzurichten, durchzuführen und aufrechtzuerhalten“. Konkret müssen folgende Schritte bei der Beschaffung, Zubereitung und Ausgabe von Lebensmitteln eingehalten werden: 1. Ermittlung von Gefahren: Wo können sich Gesundheitsgefahren im Zusammenhang mit der Bereitstellung der Speisen ergeben? 2. Bestimmung der kritischen Kontrollpunkte: Wo und wie muss kontrolliert werden, um die Gefahren abzuwenden? 3. Festlegung von Grenzwerten: Welche Bedingungen, z. B. Temperaturbereiche, sind für welche Lebensmittel erforderlich? 4. Festlegung und Durchführung wirksamer Verfahren zur Überwachung: Temperaturmessung mit geeichten Thermometern, Einhaltung von Zeiten bei verschiedenen Garverfahren, Bereithaltung von Speisen, Lagerung von Lebensmitteln und verzehrfertigen Speisen 5. Festlegung von Korrekturmaßnahmen: Was ist zu tun, wenn die festgelegten Grenzwerte, wie Tem- Foto: Andrea Vollmer peraturen oder Zeiten nicht stimmen bzw. überschritten wurden? Maßnahmen wie Nacherhitzung oder Entsorgung der Speisen sind festzulegen. 6. Festlegung von Verifizierungsverfahren: Überprüfung der Wirksamkeit, d. h. Kontrolle, ob alle Daten erfasst werden; Anpassung der Checklisten an veränderte Bedingungen, z. B. Einsatz neuer Geräte oder Aufnahme weiterer Gerichte in den Speiseplan 7. Dokumentation: Eintragung aller erhobenen Daten in Checklisten Unbedingt erforderlich sind jeweils klare schriftliche Vorgaben und die Festlegung von Referenzwerten und Zuständigkeiten, damit jeder weiß, was wann von wem zu kontrollieren und zu dokumentieren ist. Infektionsschutz Die dritte Säule der Betriebshygiene bildet die Belehrung und Krankheitsvorbeugung nach dem Infektionsschutzgesetz. Sämtliche Personen, die sich auch nur im Entferntesten mit der Zubereitung von Speisen und Getränken beschäftigen, müssen § gem. 43 IfSG belehrt werden. Die Pflicht besteht unabhängig von der konkreten Tätigkeit. So müssen sich auch Spül- und Reinigungskräfte der Belehrung unterziehen. Weiterhin gilt die Belehrungspflicht für Aushilfen und mithelfende Familienangehörige. Vor Aufnahme der Tätigkeit hat die sogenannte Erstbelehrung durch das Gesundheitsamt oder einen durch dieses beauftragten Arzt zu erfolgen. Die Belehrung erfolgt mündlich und schriftlich und informiert über die kritischen Infektionskrankheiten, ihr Auftreten und ihre Symptome, sodass der Belehrte in der Lage ist, diese zu erkennen oder Verdacht zu schöpfen. Der Belehrte erklärt im Anschluss der Belehrung schriftlich, dass ihm keine Hinderungsgründe für die Aufnahme der Tätigkeit bekannt sind. Die jährlich erforderlichen Folgeschulungen finden sodann in Eigenregie des jeweiligen Lebensmittelunternehmers statt. Er darf seine Mitarbeiter selbst schulen oder die Schulung an Dritte übertragen. BEHANDLUNG LEICHT VERDERBLICHER LEBENSMITTEL Ebenso wie bei der unglücklichen Hochzeitsgesellschaft können nach dem Genuss von leicht verderblichen Lebensmitteln Darmerkrankungen auftreten. Die durch bestimmte Bakterienarten, vor allem durch Salmonellen verursacht werden. Ein Haftungsfall für den Gastwirt, den er mit der sachgerechten Zubereitung und Aufbewahrung solcher Speisen leicht vermeiden kann. Besonders gute Nährböden für die Erreger von Darmerkrankungen bilden tierische Lebensmittel wie Fleisch, Geflügel, Fisch, Wild, Eier und Milch. Im Rahmen der Sorgfaltspflicht ist hier penibel auf eine hygienische und sichere (kühle) Aufbewahrung sowie auf eine sachgerechte Zubereitung (ausreichend erhitzen, durchbraten) zu achten. Checklisten beispielsweise zur Kühlung und Verarbeitung solcher Lebensmittel schaffen Sicherheit. MOGELPACKUNG VERBOTEN Jahrelang soll die Hamburger Kneipenwirtin Uta S. ihren durstigen Gästen unbekanntes Billigbier als „Ratsherren-Pils“ verkauft haben. Lebensmittelkontrolleure kamen der Schummelei schließlich auf die Schliche Der Fall landet nun vor Gericht, da die Wirtin gegen den zunächst erlassenen Strafbefehl Wiederspruch einlegte. Wenn es um Bier, Wein und Lecke- AdVoice 04 /16 17 Thema reien geht, verstehen deutsche Gäste seit jeher keinen Spaß. Eine Fülle an gesetzlichen Vorschriften schützt den Schlemmerfreund gegen Täuschungen und Irreführungen. BIERRECHT Die wohl älteste lebensmittelrechtliche Vorschrift der Welt ist das Reinheitsgebot. Das vom bayrischen Herzog Wilhelm IV. im Jahre 1516 erlassene Braugesetz findet sich bei uns heute im Vorläufigen Biergesetz und seiner Durchführungsverordnung wieder. Es besagt, dass Bier ausschließlich auch Malz, Hopfen, Wasser und Hefe gebraut werden darf. Dies gilt weiterhin für alle deutschen Biere, obwohl am 12. März 1987 der Europäische Gerichtshof entschied, dass das Verbot, ausländische Biere, die nicht nach den deutschen Regeln hergestellt wurden, in Deutschland unter der Bezeichnung „Bier“ zu verkaufen, gegen die Warenverkehrsfreiheit des EWG-Vertrages verstößt (EuGH, Rs. 178/84, Slg. 1987, 1227]). Die Beschränkung der Bezeichnung „Bier“ auf Produkte, die dem deutschen Reinheitsgebot entsprachen, war nach Auffassung des EUGH nicht durch zwingende Erfordernisse des Verbraucherschutzes gerechtfertigt, weil dafür Kennzeichnungsregelungen ausreichend seien. WEINRECHT Zwar eher zum Schutz vor Fälschungen entstanden, aber dafür noch weitaus älter ist das Weinrecht. Eine erste „Ordnung und Satzung über den Wein“ des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation erging auf dem Reichstag von 1498 zu Freiburg im Breisgau. Das bis heute geltende Deutsche Weingesetz von 1994 teilte deutsche Weine zunächst ausschließlich nach dem Zuckergehalt des Mostes (in Grad Oechsle), verbunden mit einer Regionalbezeichnung, aber ohne Ursprungs- oder Lagenklassifizierung, in vier Güteklassen ein: 1. Prädikatswein 2. Qualitätswein 3. Landwein 4. Wein Die Erlangung der oberen zwei Stufen setzt das Bestehen einer Amtlichen Qualitätsweinprüfung, einer im Wesentlichen sensorischen Prüfung, voraus, die primär das Verhindern nicht verkehrsfähiger Weine, d. h. fehlerhafte Weine auszusortieren anstrebt. Das Bestehen der Amtlichen Qualitätsweinprüfung wird obligatorisch auf den Etiketten der Weine mit der Amtlichen Prüfnummer (AP-Nr.) ausgewiesen. Das deutsche Weingesetz verbot zunächst das Inverkehrbringen von Kunstwein, was mit EU-Recht unvereinbar war. Produktion und Verkauf dieser Kunstweine sind in der EU seit dem Inkrafttreten des Weinhandelsabkommens zum 1. Januar 2006 zulässig, zuvor durften diese Weine (meist kalifornische, aus­ tralische und neuseeländische Weine) in der EU nicht gehandelt werden. Durch die neue EU-Weinmarktordnung wurden die Qualitätsstufen ab August 2009 umbenannt, wie in allen anderen Weinanbauländern der EU. In Deutschland und anderen deutschsprachigen Staaten wird beispielsweise der bisherige Landwein zu „Wein mit geschützter geografischer Angabe g.g.A.“ Die bisherigen Einteilungen wichen einem 1. Wein ohne Herkunftsangabe 2. Wein mit geschützter geografischer Angabe (hierunter fällt Landwein) 3. Wein mit geschützter Ursprungsangabe (hierunter fällt Qualitätswein, Prädikatswein mit Amtlicher Prüfung). KENNZEICHNUNG Auch im Gastgewerbe muss der Verbraucher transparent über die Preise und Zusatzstoffe der angebotenen Speisen und Getränke informiert werden. Dies geschieht in der Regel über die Speisekarte oder große Tafeln. Dieses sogenannte Preisverzeichnis muss zudem zusätzlich neben dem Eingang der Gaststätte angebracht werden, damit sich der Gast noch vor deren Betreten entsprechend informieren kann. Bei den ausgewiesenen Preisen muss es sich immer um feste Endpreise handeln. Separate Aufschläge (z. B. Bedienungsentgelt, Mehrwertsteuer etc.) sind Vorsicht Schimmel: Was unter dem Mikroskop wie ein Kunstwerk aussieht, kann dem Menschen schnell gefährlich werden. 18 AdVoice 04 /16 Thema ebenso wie „ab“- oder „ca.“-Preise unzulässig. Ebenso sind bestimmte Zutaten, Zusatzstoffe, Behandlungsverfahren oder Produktinformationen deklarationspflichtig. Seit dem 13. Dezember 2014 müssen nach der europäischen Lebensmittel-Informationsverordnung (Verordnung (EU) Nr. 1169/2011) bestimmte Allergene auch bei Abgabe loser Ware gekennzeichnet werden. Die Kennzeichnungspflicht betrifft dieselben Allergene, die schon seit Langem auf vorverpackter Ware generell angegeben werden müssen, beispielsweise Weizen, Milch- oder Sojabestandteile und jeweils daraus hergestellte Lebensmittel. Außerdem sind bestimmte Klassen von Zusatzstoffen, beispielsweise Farbstoffe oder Konservierungsstoffe, auf der Speisenkarte anzugeben. Verpflichtend ist auch die Kennzeichnung genetisch veränderter und bestrahlter Lebensmittel oder spezieller Zutaten bei Fleischerzeugnissen. Für einige Speisen und Lebensmittel gelten besondere Vorgaben zur Ergänzung ihrer Bezeichnung. Dies sind zum Beispiel Formfleischerzeugnisse, Surimi, Lachsersatz, Speiseeis, Käse und kakaohaltige Fettglasuren bei Backwaren. Entscheidend ist, dass der Verbraucher die Art des Erzeugnisses erkennen kann und nicht etwa aufgrund ihrer Bezeichnung eine höherwertige Beschaffenheit, z. B. gewachsenes Fleisch anstelle eines Formfleischproduktes, erwartet. Für koffeinhaltige Getränke, die in der Gemeinschaftsverpflegung ausgeschenkt werden, und die im verzehrfertigen Zustand mehr als 150 mg Koffein je Liter enthalten, muss auf ihren erhöhten Koffeingehalt und seine tatsächliche Höhe hingewiesen werden. Für Getränke, die erkennbar auf Basis von Kaffee/Tee oder -Extrakt hergestellt sind, kann der Hinweis entfallen. Freiwillige Ergänzungen dürfen in der Regel gemacht werden, sofern sie nicht irreführend sind. Für einige Werbeaussagen gelten allerdings besondere Regelungen: So sind etwa die Begriffe „bio“ und „öko“ gesetzlich geschützt und für die Lebensmittelwerbung nur erlaubt, wenn der Hersteller die Kontrollpflichten und sonstigen Anforderungen nach dem europäischen Bio-Recht erfüllt. RAin Lea Hogrefe-Weichhan, Schönkirchen Verschütteter Kaffee Juristische Meldungen zum Thema Essen Ob Haar oder Salz in der Suppe, ob Goldbär vs. Gold-Teddy – überall haben die Juristen ein Wort mitzureden. Hier einige interessante Meldungen zum Thema Essen. Schwarzwälder Schinken muss im Schwarzwald hergestellt und verpackt sein nald’s. Stella Liebeck, US-Amerikanerin, die inzwischen verstorben ist, bekam in den 90er Jahren von McDonald’s 640.000 US-Dollar Schadenersatz, nachdem sie sich durch verschütteten Kaffee Verbrühungen dritten Grades an ihrem Körper zugezogen hatte. Solche Beträge sind in Deutschland undenkbar. Das Haar in der Suppe Das Bundespatentgericht in München musste sich vor geraumer Zeit mit dem Schwarzwälder Schinken befassen. Schwarzwälder Schinken darf nunmehr nur noch dann Schwarzwälder Schinken heißen, wenn er im Schwarzwald hergestellt und verpackt wurde. Woher die Schweine kommen, ist allerdings egal. Entscheidend ist nur die Rückverfolgbarkeit des Schinkens selbst, so die Richter am Bundespatengericht. Gender hält Einzug in die Kartoffelbranche Endlich soll auch in der Kartoffelbranche gegendert werden. Dank der Petition 66662 – Organisation der Landwirtschaft – Namen von Kartoffelsorten (weiblich/männlich) vom 9. Juli 2016 möge der Deutsche Bundestag beschließen, dass es ab sofort ein ausgewogenes Verhältnis zwischen männlichen und weiblichen Kartoffelnamen bei der Sortenbestimmung geben solle. Konkurrenz also für Linda & Co. Gibt es also bald Hugo, Karl und Moritz? Die Mitzeichnung lief bis 17. August 2016. Das Quorum wäre erreicht gewesen, wenn mindestens 50.000 Mitzeichnungen eingegangen wären. Allerdings wurde die Petition nicht angenommen. Es bleibt also beim Frauenüberhang bei den Kartoffelnamen. Stella Liebeck – Schadenersatz, weil Kaffee verschüttet Jedem ist die Absurdität des amerikanischen Schadenersatzsystems bekannt und viele kennen auch die Geschichte mit dem verschütteten Kaffee bei McDo- Findet man in Restaurants das berühmt-berüchtigte Haar in der Suppe, bekommt man keine utopischen Schadenersatzzahlungen wie in den USA. Bei einem Restaurantbesuch liegt rechtlich gesehen ein sogenannter Bewirtungsvertrag vor. Es kommen Elemente aus Dienstvertrag, Werkvertrag und Kaufvertrag zum Tragen. Ist das Essen zu kalt, sind kaufrechtliche Bestandteile des Vertrages in Betracht zu ziehen, und der Kunde kann Nachlieferung oder Nachbesserung in Form des Erwärmens der Suppe verlangen. Beim Haar in der Suppe sieht das schon anders aus. Hier ist eine Nachbesserung nicht sinnvoll. Eine Nachlieferung könnte durch einen neuen Teller Suppe erfolgen, sofern man dann noch Appetit hat. Hilfreicher ist in einem solchen Falle eher der Rücktritt vom Kaufvertrag. Der Kunde wäre dann zum Schadenersatz für den Teil des bereits verzehrten Teiles des Gerichtes verpflichtet – sofern der Restaurantbetreiber darauf tatsächlich besteht. Essbare Verpackung aus Milchproteinen Essbare Verpackungen aus einer Art Esspapier kennen wir schon länger. Nun haben US-Forscher eine essbare Verpackung, bestehend aus Milchproteinen, erfunden. Diese Verpackung sieht aus wie Plastik, ist aber eben kein Plastik. Sollte sich diese Verpackung durchsetzen, wäre das ein absoluter Erfolg und könnte im Kampf gegen den Plastikmüll antreten. Denn jährlich werden unzählige Tonnen von Lebensmittel mit Plastikfolie verpackt, die dann auf dem Müll landen. Bleibt nur noch die Geschmacksfrage dieser Verpackung zu klären. Konkrete Angaben bei Abnehm-Produkten irreführend Wirbt ein Hersteller eines Abnehm-Produktes mit konkreten Angaben über Dauer und Umfang der Gewichtsreduzierung, ist dieses unzulässig, weil es den Verbraucher in die Irre führt und zudem gesetzeswidrig ist (OLG Celle, Urteil vom 22. Oktober 2015, Az. 13 U 47/15). Der Hersteller hatte auf seiner Homepage Erfahrungsberichte von Produktnutzern eingestellt und damit geworben dass bei Verwendung dieses Produktes innerhalb eines in etwa eingegrenzten Zeitraumes ein bestimmter Abnehmerfolg zu erreichen sei. Damit hat der Hersteller gegen § 21 Abs. 7 DiätV und Art. 12 lit. b) der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 (sog. Health Claims Verordnung) verstoßen, da er Angaben zu Ausmaß und Dauer einer Gewichtsabnahme gemacht habe, so das Urteil des Urteils des OLG Celle. Haribo vs. Lindt Goldbär gegen Gold-Schokoladenbär. Wer gewinnt? Diese Frage hatte der für das Marken- und Wettbewerbsrecht zuständige Senat des Bundesgerichtshofs zu klären. Und der Gewinner ist: Der Gold-Schokoladenbär. In einem Rechtsstreit, der in den vorherigen Instanzen mal so, mal so aus­ging, urteilte der Bundesgerichtshof schließlich, dass der in goldenes Papier eingewickelte Schokoladenbär von Lindt weder die Goldbärenmarke von Haribo verletzt noch eine unlautere Nachahmung der Goldbärenprodukte darstellt. Fakt ist, dass der Goldbär zuerst auf dem Markt war, und der Lindt„Gold-Teddy“ erst später dazukam. Aber eine Verwechselungsgefahr bestehe nicht, weil es an einer Ähnlichkeit der Marken fehle, so der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 23. September 2015 (Az. I ZR 105/2014). Zusammengestellt von RAin Nadine Passenheim, Celle Foto: Heinrich Linse_pixelio.de Fotos v. l. n. r.: Timo Klostermeier_pixelio.de, marika_pixelio.de, Andrea Vollmer AdVoice 04 /16 19 Thema Thema Veganes Recht Interview mit einem lactovegetarischen Flexiveganer Der Berliner Anwalt Ralf Müller-Amenitsch beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit veganem Recht. Er lebt selbst vegan, berät Veganer und vegane Verbände und führt Musterklagen zu veganen Themen, die überraschend vielfältig sind. Übersetzungsfehler bei EU-Richtlinien und das enge verfassungsrechtliche Verständnis des Begriffs „Weltanschauung“ beschäftigen ihn genauso wie Lederstiefel, Zahlungen der Krankenkassen an Kliniken für Verpflegungsaufwendungen oder der Zuschuss fürs Schulessen. AdVoice: Sie befassen sich mit veganem Recht. Darunter können wir uns nur schwer etwas vorstellen. Holen Sie uns doch ab, veganes Recht, was ist das? RA Müller-Amenitsch: Genau genommen beschäf­ tige ich mich mit rechtlichen Fragestellungen, die mit einer pflanzenbasierten Ernährung zusammenhängen. Besonders interessant sind dabei für mich Menschen, die sich aus ethischen Gründen entschlossen haben, keine tierischen Produkte mehr zu konsumieren. Es handelt sich hierbei um eine gesellschaftliche Minderheit, sodass typische Reibungspunkte, wie sie auch andere Minderheiten kennen, einer rechtlichen Klärung bedürfen. Vegane Fragestellungen gibt es in nahezu allen Rechtsgebieten, z. B. im Verbraucherschutz bei Kennzeichnungspflichten. Nahrungsmittelkonzerne sind derzeit trotz einer Richtlinie noch nicht verpflichtet sind, Auskunft über die Inhaltsstoffe ihrer Produkte über die Allergenrichtlinie hinaus zu erteilen. Auch der Zugang zu veganer Ernährung in Gefängnissen, Krankenhäusern, Schulen und Kindergärten sowie in Alters- und Pflegeheimen ist noch deutlich verbesserungsbedürftig. Gerade in diesem Zusammenhang stellen sich sehr viele spannende rechtliche Fragen. Gibt es einen Anspruch auf Bereitstellung von Nahrungsmitteln, die den eigenen religiösen oder säkular-ethischen Vorstellungen entsprechen, oder muss man sich in derartigen Fällen auf das Selbstversorgungsrecht verweisen lassen? Wie kann man gegen die Fälle vorgehen, bei denen demente Vegetarier und Veganer in Altersheimen gegen ihren Wunsch mit Fleisch zwangsernährt werden ? A: Es gibt aber auch familienrechtliche Auseinandersetzungen? M: Im Familienrecht gibt es zwei typische Konstellationen. Wer von den Elternteilen hat das Essensbestimmungsrecht, und kann einem Elternteil, der sein Kind vegan ernährt, das Sorgerecht wegen Kindes- 20 AdVoice 04 /16 wohlgefährdung entzogen werden? Es ist unerfreulich, wenn Ernährungsfragen auf dem Rücken von Kindern ausgefochten werden. Ich empfehle in solchen Fällen erst einmal eine Familientherapie. Die Rechtsprechung der deutschen Familiengerichte ist allerdings erfreulich pragmatisch. Das Essensbestimmungsrecht hat in der Regel der Elternteil, der auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht innehat. Sobald das Kind religionsmündig ist, ist auch die Vorstellung des Kindes von grundlegender rechtlicher Relevanz. Ein Sorgerechtsentzug ist zumindest dann in der Bundesrepublik Deutschland nicht zu erwarten, wenn die veganen Eltern Vitamin B 12 supplementieren und ihre Kinder regelmäßig auf Mangelerscheinungen untersuchen lassen. Mittlerweile hat sogar die als eher vegankritisch geltende Deutsche Gesellschaft für Ernährung eingesehen, dass die vegane Ernährung insbesondere von Erwachsenen große gesundheitliche Vorteile mit sich bringt. So wird von vielen Ernährungswissenschaftlern betont, dass eine pflanzenbasierte Ernährung im Hinblick auf die Vermeidung von Herzkreislauf- und gewissen Krebserkrankungen empfehlenswert ist. Die DGE hat daher Empfehlungen ausgesprochen, die vegane Menschen beachten sollten. Solange Eltern diese Empfehlungen einhalten und im Fall von Mangelerscheinungen therapiebereit sind, ist in Deutschland kein Sorgerechtsentzug zu befürchten. Wenn allerdings die Eltern die Auffassung vertreten, Vitamin B12 müsse nicht zusätzlich genommen werden, drohen den Kindern irreversible Nervenschäden. In derartigen Fällen oder bei sonstigen an der Ernährungswissenschaft vorbeigehenden Eigensinnigkeiten der Eltern kann das Sorgerecht gefährdet sein. In der Praxis ist jedoch festzustellen, dass gerade vegane Eltern ihre Kinder sehr gut ernähren. A: Sie betreten aber auch rechtliches Neuland? M: Ja. Ich vertrete die Auffassung, dass es ein allgemeines Persönlichkeitsrecht gibt, sich seinen ethisch-­religiösen Vorstellungen gemäß ernähren zu können. Diese Frage wird insbesondere dann spannend, wenn wir folgenden Fall untersuchen. Ein Jude, ein Muslim und ein Veganer gehen in ein Restaurant und bestellen ein veganes Essen. Sie erzählen dem Wirt, dass der Jude und der Muslim sicherstellen wollen, kein Schweinefleisch zu konsumieren, während der Veganer gar keine tierischen Produkte zu sich nehmen möchte. Sie erhalten dann ein Spaghetti-Carbonaragericht, das angeblich aus Nudeln und Soja bestehen soll. Nachdem sie gegessen haben eröffnet der Wirt ihnen, dass sie Schweinefleisch zu sich genommen haben und kann sich dabei ein schadensfrohes Lächeln nicht verkneifen. Hier stellt sich die Frage, ob die Betroffenen aufgrund ihrer Ekelempfindungen oder negativen religiösen Jenseitserwartungen einen immateriellen Schadensersatzanspruch gegen den Wirt haben. Interessanterweise hat es in den USA bereits entsprechende Urteile gegeben, bei denen McDonald‘s hohe Schadenssummen im zehnstelligen Millionenbereich zahlen musste, weil Pommes Frites als vegetarisch deklariert wurden, obwohl sie in tierischem Fett gebraten wurden, oder weil Burger fälschlicherweise als Halal bezeichnet wurden. Um einen immateriellen Schadensersatzanspruch zu begründen, benötigen wir nach deutschem Recht eine Rechtsgutsverletzung. Lässt sich diese nicht aus strafrechtlichen Vorschriften ableiten, bietet sich das vorbezeichnete allgemeine Persönlichkeitsrecht an, um diese Regelungslücke zu schließen. Ich meine allerdings, dass es im vorliegenden Fall diese Regelungslücke nicht gibt, da man eine Rechtsgutsverletzung bereits aus der umgesetzten EU Allergenrichtlinie ableiten kann, die auch Ordnungswidrigkeitstatbestände beinhaltet. Hier stellt sich natürlich die spannende Frage, ob es sich um eine Regelung handelt, die auch Schutzwirkung für nicht allergische Veganer entfalten soll. A: Es gibt aber bereits Urteile zu dem Thema? M: Aber nur wenige. Das Sozialgericht Berlin hat, soweit ich recherchieren konnte, als erstes deutsches Gericht die vegane Ernährung als unter das allgemeine Persönlichkeitsrecht fallend bezeichnet. Es hatte zu entscheiden, ob einer Aufstockerin, also einer Hartz IV-Empfängerin, die arbeitete, der Regelsatz im Hinblick auf Ernährung gekürzt werden kann, weil der Arbeitgeber kostenloses fleischhaltiges und fettes Mittagessen zur Verfügung stellt. Das Gericht verneinte dies unter Hinweis auf die allgemeinen Persönlichkeitsrechte. Schmerzensgeld musste ein Hautarzt an eine vegetarische Patientin zahlen, der ihr zur Ermittlung von Allergien als Trägerstoff Hühnerbrühe injizierte. Diese Entscheidung ist allerdings nicht überraschend, da wir durch die Injektion eine eindeutige Körperverletzung haben. A: Und was ist eigentlich „vegan“? M: Eine alltagstaugliche griffige Definition ist aus meiner Sicht der Spruch: Vegetarier essen keine Tiere, Veganer Essen nichts vom Tier. Allerdings gibt es bei Veganern unterschiedlich strenge Ausprägungen. Fast alle Veganer lehnen auch tierische Produkte im Bereich von Kleidung und Kosmetik ab. Foto: Andrea Vollmer AdVoice 04 /16 21 Thema Thema A: Sie leben selbst vegan, wie kam es dazu und was bedeutet das im Alltag? M: Ich lebe schon seit über 35 Jahren lakto-vegetarisch, d. h., dass ich keinen Fisch, kein Fleisch, Geflügel und Ei esse, wohl aber Milchprodukte. Hintergrund hierfür war, dass ich von dem Prinzip Albert Schweitzers, „Achtung vor dem Leben“, überzeugt bin. Ich bin schon mehrfach Referent auf dem internationalen Ärztekongress Veg-Med in Berlin gewesen, der sich mit der wissenschaftlichen Erforschung pflanzenbasierter Ernährung beschäftigt, und habe dort einen Vortrag über die Ethik des Vegetarismus gehalten. Als ich mich in das Thema einarbeitete, wurde mir bewusst, dass ich an der Massentierhaltung beteiligt bin, solange ich Milchprodukte konsumiere. Seitdem versuche ich allmählich sämtliche Milchprodukte auszuschleichen. Gerade im Hinblick auf Käse, insbesondere auf alten Gouda, ist mir dies allerdings sehr schwer gefallen. Streng genommen wäre die korrekte Bezeichnung für meinen Ernährungsstil lactovegetarischer Flexiveganer, womit ich natürlich eine Steilvorlage für humoristische Betrachtungen meines Ernährungsstils gebe. Ich finde im Hinblick auf Ernährung brauchen wir mehr Humor, Lockerheit und Toleranz. Insbesondere Veganer sollten nicht missionieren und dem moralischen Triumphalismus erliegen. A: Haben Sie schon mal in einer Gerichtskantine veganes Essen bekommen und wenn was gab es? M: Salat mit Brötchen, oder Pommes mit Ketchup. Ich bin deshalb kein großer Kantinenesser. Zum Glück lebe ich in Berlin, dem Eldorado veganer Köstlichkeiten. A: Und wie viele Vegetarier und Veganer gibt es in Deutschland und weltweit? M: In Deutschland gibt es etwa zehn Prozent Vegetarier und mit rasch steigender Tendenz etwa 1,2 Prozent Veganer. Weltweit haben wir geschätzte 22 Prozent Vegetarier und 4 Prozent Veganer wobei aber 90 Prozent aber armutsbedingt kein Fleisch konsumieren. A: Schulen, das Land Berlin, Krankenhäuser und Krankenkassen sind Ihre Gegner. Worum geht es? M: Diese Problemfelder haben mit der Bereitstellung von veganem Essen in öffentlichen Einrichtungen zu tun. In einem Fall ging es darum, dass vegane Eltern, die für ihre Kinder an der Schule kein Essen zur Verfügung gestellt bekommen haben, einen Kostenbescheid nach dem Tagesbetreungkostenbeteiligungsgesetz erhielten, nachdem sie das aus ihrer Sicht unethische fleischhaltige Essen der anderen Kinder mit­finanzieren mussten. Der Fall endete damit, dass die Senatsverwaltung den Kostenbescheid ohne Anerkennung einer Rechtspflicht aufhob. Soweit mir bekannt ist, ist dies nunmehr Standard. Zumindest dann, wenn die Eltern vor Gericht ziehen. In einem PKH-Prüfungsverfahren hat das Verwaltungsgericht Berlin die Auffassung vertreten, dass der 22 AdVoice 04 02/10 /16 Foto: Timo Klostermeier_pixelio.de Schulverwaltung im Hinblick auf die Bereitstellung von Ernährungssonderwünschen ein weites schulorganisatorisches Ermessen zustehe. Einen Anspruch auf ein Schulessen, das sämtlichen religiösen und ethischen Aspekten entspricht, gäbe es nicht. Hier wird die Beschwerdeentscheidung des OVG mit einer gewissen Spannung erwartet. Vor allem, da es geeignete Caterer gibt, und da die Verträge mit den Caterern regelmäßig die Verpflichtung vorsehen, Sonderessen für religiöse und ethische Bedürfnisse bereitzustellen. In Krankenhäusern gibt es das Problem, dass Veganer häufig auf ihr Selbstversorgungsrecht verwiesen werden und kein veganes Essen erhalten, während das Krankenhaus den Tagessatz für Ernährung von der Krankenkasse abgreift. Hier ist Musterverfahren auf Auskehrung des Tagessatzes den Patienten im sozialrechtlichen Verwaltungsverfahren anhängig. A: Und weshalb streiten sich in der Schweiz vegane Wehrdientsleistende mit dem Militär? Und was bitte hat das mit Israel zu tun? M: Es ging hier eher um einen potenziellen Berufs­ soldaten, der wohl mit der Begründung abgelehnt wurde, dass er mit seiner veganen Lebenseinstellung, die auch das Tragen von Lederstiefeln verbiete, nicht hinreichend wehrkräftig sei. Wir haben bei unserem ersten internationalen Kongress für das Recht auf eine pflanzenbasierte Ernährung in Berlin festgestellt, dass in Israel viele vegane Soldaten mit veganen Stiefeln in den Einsatz ziehen. Für eine schwache Wehrkraft ist die israelische Armee allerdings nicht bekannt. A: Sie haben sogar schon einen Kongress zu veganem Recht organisiert. Worum ging es und wer war da? Gibt es ein Ergebnis? M: Ja, ich habe zusammen mit dem federführenden Verband (VEBU) in den Gebäuden des Veganz das „first international symposium on the right to a plant based diet“ organisiert. Anwesend waren Anwälte aus 13 Nationen, und wir haben sehr von den Erfahrungen und Vorträgen der Kollegen und Kolleginnen profitieren können. Als Ergebnis haben wir eine gemeinsame Aufforderung an Gesetzgeber, Verwaltungen und Justiz formuliert. Der Kongress war in mancherlei Hinsicht überraschend. Insbesondere was die Versorgung mit veganem Essen an Schulen anbelangt, ist die Situation in der Bundesrepublik Deutschland unterdurchschnittlich. Während in fast allen Teilnehmerstaaten veganes Essen an Schulen problemlos bereitgestellt wird, kann hier in Deutschland noch einiges verbessert werden. Schlechter war die Situation lediglich in Lettland, dort gibt es nach Angaben der Referenten sogar eine staatliche Vorschrift, nach der ein gewisser Prozentsatz an Fleisch in Schulen konsumiert werden muss. A: ... und jetzt planen Sie EU-weite Musterklagen? M: Der Gedanke ist zumindest sehr verlockend, weltweit gleichartige Fälle von den Gerichten überprüfen zu lassen. Für nächstes Jahr ist ein zweiter Kongress geplant und dort wird auch das Thema internationale Musterklagen eine Rolle spielen. Mir persönlich liegt, was eine europaweite Klärung anbelangt, insbesondere folgende Konstellation am Herzen: Stellen Sie sich vor, ein Veganer wird bei seiner Arbeitsplatzbewerbung mit der Begründung abgelehnt, Veganer seien nicht erwünscht, oder ein Veganer, der in einem Lebensmittelmarkt arbeitet, wird von seinem Chef in die Fleischabteilung versetzt. Hier stellt sich die Frage, ob die europäische Antidiskriminierungsrichtlinie, die mittlerweile von allen EU-Mitgliedsstaaten in nationales Gesetz umgewandelt wurde, Schutz bietet. Interessanterweise ist dies in fast allen anderen Mitgliedsstaaten der Fall. Hintergrund hierfür ist, dass in der englischen Sprachfassung der Richtlinie der zu schützende Begriff „belief“ oder auf Französisch „conviction“ genannt wurde, der in der Bundesrepublik Deutschland mit dem Begriff Weltanschauung übersetzt wurde. Während der Begriff „belief“ weit ist und verfestigte Überzeugungen schützt, ist dies bei dem Begriff Weltanschauung nach unserer Rechtstradition nicht der Fall. Die Weltanschauung schützt nur solche Fälle, die in einem Analogon zu einer Religion von einer weltumfassenden religionsähnlichen Lebensweise getragen sind, was nach herrschender Meinung bei Veganern nicht der Fall sein soll. Hier haben wir also die überraschende Konstellation, dass zum Beispiel in England ein entsprechender Veganer von der Richtlinie geschützt wäre, während dies in der Bundesrepublik Deutschland nach herrschender Meinung im Moment noch nicht der Fall ist. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass der ethische Veganismus nach ständiger Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofs als „belief“ im Sinne des Art. 9 der europäischen Menschenrechtskonvention geschützt ist, sollte hier so schnell wie möglich eine Klärung durch den europäischen Gerichtshof erfolgen. Das beste Mittel, um dieses Ziel zu erreichen, wäre ein Vorlagebeschluss durch ein deutsches Arbeitsgericht. Ich möchte an dieser Stelle alle Arbeitsrechtler aufrufen, bei einem derartigen Fall einen Vorlagebeschluss anzuregen und mich darüber zu informieren. Das wäre ein Riesenspaß. Teile des Kongresses wurden übrigens aufgezeichnet und sind über die VEBU-Homepage abrufbar. A: Demnächst wird ein Buch von Ihnen zum Recht für Veganer erscheinen. Was steht drin und wie kam es dazu? M: Das Buch ist ein Pionierwerk zum Thema Recht der pflanzenbasierten Ernährung und richtet sich primär mit Praxistipps an Vegetarier und Veganer mit ihren alltäglichen Problemfeldern, vom Restaurantbesuch bis zu veganen WGs. Es deckt alle mir bekannten Problemfälle von Veganern/Vegetariern ab. Darüber hinaus gibt es auch eine Rechtsprechungsübersicht mit QR-Codes und Anregungen an die Legislative und Judikative. Ich habe das Buch geschrieben, weil der Vegetarierbund mich gebeten hatte, eine Artikelreihe über veganes Recht zu verfassen. Da ich mir ohnehin die Arbeit gemacht hatte dachte ich, dann kann ich ja gleich ein ganzes Buch schreiben. A: Und wie viel Arbeit steckt in dem Buch, würden Sie es wieder schreiben? M: Ich würde es unbedingt wieder schreiben, das nächste Mal bestimmt besser. Das Wort Arbeit ist in diesem Zusammenhang nicht passend. Als Juristen gehören wir ohnehin zur schreibenden Zunft und das Zusammentragen von Herzblutthemen und deren kreative Aufarbeitung war für mich eher eine angenehme Beschäftigung. Allerdings hat die fortschreitende Entwicklung der rechtlichen Betrachtung zu verschiedenen Neubearbeitungen geführt, was ich dann doch als anstrengend empfunden habe. Andererseits hat die Zusammenarbeit mit meinem Verleger viel Freude bereitet und ich erinnere mich gerne an eine Nacht mit dem Verleger und einem anderen veganen Autoren in einer veganen Bar am Prenzlauer Berg. Ich fühlte mich an Bohèmezeiten während des Studiums erinnert … A: Gibt es jetzt mit „veganem Recht“ sogar ein eigenes neues Rechtsgebiet? M: Natürlich nicht, es gibt nur vegane und vegetarische Rechtsprobleme in den bestehenden Rechtsgebieten. Einen Fachanwalt für veganes Recht wird es daher nicht geben. Die Rechtsprobleme des veganen Rechtes sind jedoch höchst interessant. Besonders wichtig scheint mir, dass säkularethische Veganer den gleichen Schutz genießen wie Menschen, die sich aus religiösen Gründen ethisch ernähren. A: Haben Sie noch ein schönes veganes Lieblingsrezept für alle Nichtveganer zum nachkochen? M: Die vegane Küche ist gar nicht so exotisch und aufwändig, wie viele Menschen meinen. Ich bin sicher, dass jeder Leser bereits ein veganes Lieblingsgericht hat. Für den Frühling empfehle ich einen Kartoffelsalat mit Löwenzahn. Im Sommer ist eine mediterrane Gemüsepfanne mit Reis ein schönes Gericht. Den besonderen mediterranen Pfiff bringt eine Biozitrone, die, mit Schale in Stücke geschnitten, in die Gemüsepfanne eingebracht wird. Wer es gerne deftig mag, der kann auf ein riesiges Sortiment von gut schmecken Fleischersatzprodukten zurückgreifen, die es mittlerweile sogar bei den meisten Lebensmitteldiscountern gibt. Die Groß­ händ­ler haben den veganen und vegetarischen Konsumenten entdeckt, was die These der Frankfurter Schule bestätigt, dass man mit mikrorevolutionärem Konsumverhalten die Märkte beeinflussen kann. A: Herr Kollege, wir danken Ihnen sehr für das Gespräch und wünschen Ihnen viel Erfolg bei Ihrem Kampf um vegane Themen. Das Gespräch führte RA Tobias Sommer, Berlin AdVoice 04 /16 23 Thema Thema Der Griff in die Kiste AdVoice macht für euch den großen Kochboxen-Check RAin Lea Hogrefe-Weichhan, Schönkirchen MARLEY SPOON www.marleyspoon.de KOCHZAUBER www.kochzauber.de KOCHHAUS www.kochhaus.de HELLOFRESH www.hellofresh.de Infos — Marley Spoon passt sich ganz dem Geschmack und den Bedürfnissen seiner Kunden an. Diese können selbst entscheiden, was sie wann in der jeweiligen Woche kochen möchten. Im Benutzerkonto werden der wöchentliche Liefertag samt Lieferzeit sowie ein umfangreiches Geschmacks­ profil angelegt. Kontoänderungen, Abbestellen oder Pausieren ist jederzeit möglich. Die Rezepte mit einfachen Schritt-­für-Schritt-Anleitungen stammen von Profiköchen. Infos — Kochzauber hat sich in erster Linie auf Vegetarier, Familien und Kalorienbewusste spezialisiert. Dieser Kundenkreis findet ein breites Angebot. Einzelne Gerichte können nicht ausgewählt werden, aber das Angebot wechselt wöchentlich. Geliefert wird immer mittwochs, donnerstags und freitags, bei Bedarf auch an einen Boten. Eine Kündigungsfrist gibt es bei Kochzauber nicht. Auch Einmalbestellungen sind möglich. Infos — Beim Kochhaus sind sowohl Einzelbestellungen als auch Abos möglich. Woche für Woche können die Kunden unter 18 Rezepten wählen und so ein ganz persönliches Essenspaket zusammenstellen, das einmal die Woche geliefert wird. Hierbei gibt es in den „Kochhaus-Städten“ Berlin, Hamburg, München, Frankfurt, Köln, Münster und Regensburg einen etwas umfangreicheren Service in Bezug auf Stornierungen und Lieferzeiten als im Rest Deutschlands. Infos — HelloFresh liefert deutschlandweit, und zwar sein gesamtes Angebot. Unterschiedlich ist nur, in welche Städten mit welchem Kurierdienst zu welchen Zeiten geliefert wird. Die Rezepte wiederholen sich selten und dann auch nur deklarierte Lieblingsrezepte der Kunden. HelloFresh gibt es auch in Belgien, Frankreich, Großbritannien, Österreich und in den Niederlanden. Die wöchentliche HelloFresh Lieferung ist bis zum Mittwoch um 23.59 Uhr der Vorwoche kündbar. Angebot — Jede Woche stehen sieben verschiedene Rezepte zur Auswahl. Die Zutaten werden direkt von ausgewählten Erzeugern bezogen. Es gibt sowohl exotische Rezepte als auch Klassiker der deutschen Küche. Preise — „Unser Bestseller“ für zwei Erwachsene drei Mahlzeiten pro Woche: 28 Euro / „Familien-Kochbox“ für zwei Erwachsene und zwei kleine Kinder drei Mahlzeiten pro Woche: 40 Euro Angebot — Das „Original“, „Kleine Helden“, „Veggie“ oder „Weight-Watchers-Box“ heißen die Boxen von Kochzauber. Alle Boxen sind für wahlweise zwei oder vier Personen gedacht, nur „Kleine Helden“ ist auf Familien mit Kindern zwischen zwei und acht Jahren zugeschnitten. Alle Boxen enthalten jeweils drei Gerichte. Dazu kommen saisonale Boxen wie etwa die die Grillbox, die Adventsbox, die Festtagsbox oder die Valentintagsbox, – inklusive einer Geschenkkarte. Kochzauber legt Wert auf einen kreativen Kochstil. Preise — „Original“ drei Gerichte für zwei bis vier Personen: ab 4,99 Euro pro Gericht / „Veggie“ drei Gerichte für zwei bis vier Personen: ab 4,99 Euro pro Gericht / „Kleine Helden“ drei Gerichte für drei bis vier Personen: für 4,16 Euro pro Gericht / „weight watchers“ drei Gerichte für zwei Personen: für 6,65 Euro pro Gericht / „Einsteiger-Box“ drei Gerichte für zwei bis vier Personen: ab 3,75 Euro pro Gericht / „Grillbox“ für vier bis sechs Personen: 59,90 Euro Angebot — Die Kochboxen werden nach Rezepten zusammengestellt. Die Rezepte sind gegliedert in Vorspeisen, Suppen & Salate, Pasta & Risotto, Fleisch, Fisch & Vegetarisch, Nachspeisen. Zu den Gerichten gibt es immer auch eine Empfehlung für einen passenden Wein, der mitgeliefert werden kann. Online kaufen kann man zudem Kochutensilien, Gutscheine sowie Plätze in Kochkursen in allen Kochhaus-Städten. Angebot — Dreißig Minuten veranschlagt Hello­ Fresh für seine Rezepte. Besonders die Veggie-Boxen klingen überzeugend nach tollen Gerichten. Aber auch mal was typisch Deutsches, eher Deftiges fehlt da nicht im Angebot: Simple Kartoffeln mit Fleisch kommen hier auch mal in die in die Kochbox-Tüte. Preise — „Classic“ für zwei Erwachsene, drei Mahl­ zeiten pro Woche: 39,99 Euro / „Veggie“ für zwei Er­ wachsene, drei Mahlzeiten pro Woche: 39,99 Euro / Obstboxen ab 14,99 Euro Weitere Anbieter sind: www.kochboxprofis.de www.eating.de Die Anbieter www.schlemmertüte.de und www.kommtessen.de konnten sich leider nicht behaupten. Auch die Konkurrenz unter Start-Ups ist hart. Die Anbieter liefern wöchentlich ein Paket mit leckeren Rezepten und allen frischen Zutaten direkt nach Hause. ANZEIGE Preise — Je nach Abogröße und Postleitzahl / z. B.: zwei Gerichte für zwei Personen pro Woche: 38 Euro / zwei Gerichte für vier Personen pro Woche: 63 Euro / drei Gerichte für zwei Personen pro Woche: 48 Euro / drei Gerichte für vier Personen pro Woche: 83 Euro / vier Gerichte für zwei Personen pro Woche: 58 Euro / vier Gerichte für vier Personen pro Woche: 99 Euro / fünf Gerichte für zwei Personen pro Woche: 68 Euro / fünf Gerichte für vier Personen pro Woche: 117 Euro / Testbox ab 31 Euro Boxen-Stopp Nach einem langen Tag in der Kanzlei ein gesundes Menü zaubern? Nach Feierabend die Robe gegen die Kochschürze tauschen? Klingt utopisch? Nicht mehr! Der Onlineversand von sogenannten Kochboxen macht es möglich. Die Anbieter liefern wöchentlich ein Paket mit leckeren Rezepten und allen frischen Zutaten direkt nach Hause. Wir haben uns die Angebote verschiedener Kochbox-Anbieter einmal näher angeschaut und für euch zusammengestellt. An den Herd, fertig los! 24 AdVoice 04 /16 Foto: Verena N._pixelio.de AdVoice 04 /16 25 Magazin Magazin Lieblingsrezepte Die AdVoice-Redaktion stellt ihre Leib- und Magen-Klassiker vor HEIDELBEER-KUCHEN Zutaten: FRIKADELLEN & SCHNITTLAUCHSOSE NUDELN MIT ZUCCHINI Zutaten: 1 kg 200 g 4 TL 350 g 6 EL 4 EL 2 150 g 1 Pck 1 Msp 50 g 1 Pck Zutaten: Geeignet als: Vorbereitung für den Verhandlungsmarathon, einfach und schnell, überraschend lecker, Würzen nicht notwendig. 500 g Risotto-Reis / Milchreis 1 Bund grüner Spargel 3 Möhren 3 Schalotten 0,5 l trockener Rotwein 1,0 l Fleischbrühe (z. B. Boullion pur) 150 g Parmesan (fein gerieben) Etwas Olivenöl Fleur de Sel Frischer Pfeffer Heidelbeeren Weizenmehl Backpulver Speisequark Milch Speiseöl Eier Zucker Vanillin-Zucker Salz Butter Soßenpulver Vanille-Geschmack Für den Belag 1 kg reife Heidelbeeren verlesen, waschen und gut abtropfen lassen. Für den Teig 200 g Weizenmehl und 4 gestrichene Teelöffel Backpulver mischen und in eine Rührschüssel sieben. 100 g Speisequark, 1 Esslöffel Milch, 4 Esslöffel Speiseöl, 1 Ei, 50 g Zucker, 1 Päckchen Vanillin-Zucker und 1 Messerspitze Salz hinzufügen. Die Zutaten mit einem Handrührgerät oder einer Küchenmaschine mit Knethaken auf höchster Stufe etwa eine Minute zu einem Teig verrühren und auf der Tischplatte zu einer Rolle formen. Dann die Rolle auf dem Boden einer gefetteten Springform (Durchmesser etwa 28 cm) ausrollen und am Rand etwas hochdrücken. Die Heidelbeeren gleichmäßig auf dem Teig verteilen. Für den Guss 50 g Butter geschmeidig rühren und nach und nach 100 g Zucker, 250 g Speisequark, 1 Ei, 1 Päckchen Vanille-Soßenpulver und 5 EL kalte Milch unterrühren. Den Guss über die Heidelbeeren verteilen, auf dem Rost in den vorgeheizten Back­ofen schieben, bei 175 °C (Gas Stufe 2-3) etwa 70 Min. backen und Kuchen in der Form erkalten lassen. 26 AdVoice 04 /16 ROSA SPARGEL-RISOTTO 1 kg Kartoffeln 500 g Thüringer Mett 1 Zwiebel 3 Eier Paniermehl 250 ml Sahne 1 Bund Schnittlauch Salz Pfeffer Essig eventuell Wasser Öl zum Braten Kartoffeln: schälen und kochen Frikadellen: Thüringer Mett mit einer Zwiebel, Eiern und Paniermehl mischen. Dann Frikadellen formen und braten. Der eigentliche Clou ist die Schnittlauchsoße: 2 Eier quirlen und dann 250 ml Sahne dazu. Das Ganze mit Salz und Pfeffer und einem Schuss Essig abschmecken und kleingehackter Schnittlauch dazu. Alles mischen und fertig ist die Soße. Wem die Soße zu sahnig ist, der kann Wasser dazu geben. Für 4-5 Personen Zutaten: 500 g 1 kg 2-3 2 EL 70 g Nudeln Linguine, z. B. De Cecco Nr. 7 kleine Zucchini (oder weniger, je nach Geschmack) mittlere Knoblauchzehen Butter Parmesan, frisch gerieben Nudeln bissfest kochen, abgießen, etwas Olivenöl in einen Topf Nudeln dazugeben und warm stellen (z. B. auf die handwarme Kochplatte), damit das restliche Wasser verdampft. Die Zucchini zu Streifen reiben. Knoblauch schälen und in der Butter kurz anschwitzen, darf nicht braun werden. Zucchini dazugeben und 2-3 Minuten bei mittlerer Hitze kurz andünsten, darf nicht zu weich werden, bei 1 kg Zucchini 2­ Pfannen benutzen, darauf achten, dass nur ein bisschen Wasser austritt. Warme Nudeln auf die Zucchini geben und mit dem Parmesan vermengen. Mit Basilikum garnieren und heiß servieren. Kann mit frisch gemahlenem Pfeffer und noch mehr Parmesan am Tisch individuell abgeschmeckt werden. Dazu passt bei Bedarf gebratener Lachs oder Pute. Reste können auch am nächsten Tag verwendet werden. Fotos: privat, Stupid Cupid_pixelio.de Das Gemüse schälen und fein würfeln, den Spargel in feine Scheiben schneiden. Die holzigen Enden entfernen. Gemüse und Spargel im Olivenöl leicht andünsten, den Reis hinzugeben und ebenfalls kurz andünsten. Mit dem Rotwein ablöschen. Auf kleiner Hitze köcheln lassen. Nach und nach etwas Brühe hinzugießen. Sehr oft umrühren. Nach ca. 15-20 Min. sollte der Reis die Flüssigkeit aufgenommen haben und „al dente“ sein. Nun den Parmesan hinzugeben und mit etwas frischem Pfeffer und Fleur de Sel nachwürzen. Mit einem Glas Rotwein genießen! Lasst es Euch schmecken! AdVoice 04 /16 27 Thema Thema Sechs Gerichte in Essen Essen – die Stadt Zahlen, Daten, Fakten rund um unsere Ernährung Zue Türen und aufe Fenster 0,5 Volumenprozent Alkohol darf in alkoholfreiem Bier enthalten sein I 1,5 Prozent – Anteil der Frauen, die unter Essstörungen wie Binge Eating, Bulimie oder Magersucht leiden, Männer: 0,5 Prozent I 4 bis 8 Grad Celsius – ideale Lagertemperatur für Kartoffeln, mit 54 Prozent die beliebteste Beilage der Deutschen, ab 65-Jährige: 78 Prozent; Nudeln 33 Prozent; Reis 8 Prozent I 5,01 Euro, Ausgaben pro Haushalt im Monat für Lieferservices I 6 – Anzahl der Gerichte in der Stadt Essen, 3 AG, LG, ArbG, LSG NRW I 6,4 Prozent – Bio-Anteil an der gesamten landwirtschaftlichen Fläche in Deutschland, EU: 5,7 Prozent I 10,8 Gramm - Anteil des Zuckers in 100 Milliliter Coca-Cola I 15,2 Kilogramm Fisch isst jeder Deutschen pro Jahr durchschnittlich: 26 Prozent Alaska Seelachs, 18,1 Prozent Hering, 15 Prozent Lachs, 10,9 Prozent Thunfisch I 21 Kilogramm Süßigkeiten konsumiert ein deutsches Kind pro Jahr. I 25 Gramm – empfohlene Dosis Zucker pro Tag (WHO) I 25 Kilogramm Äpfel sowie die gleiche Menge Tomaten verbraucht jeder Deutsche jährlich. Damit sind diese Lebensmittel das beliebteste Obst und Gemüse. I 33 – Zahl der Essen – Ruhrmetropole, Zeche und Zollverein, Krupp mit der Villa Hügel sind die Schlagworte die mir auf Anhieb zur Stadt Essen einfallen. Und natürlich Juristentag 2016 und Anwaltstag 2017. Und dann ist da noch der etwas andere, aber liebenswürdige, Dialekt. Und in einer AdVoice, die sich in ihrem Schwerpunkt mit dem Essen beschäftigt, darf Essen natürlich nicht fehlen. Wobei von Anfang an klar sein muss: Essen hat mit Essen nichts zu tun – auch wenn es in der 580.000 Einwohner zählenden Stadt immerhin sechs Gerichte gibt. Es ist noch nicht einmal klar, warum Essen Essen heißt. Jedenfalls hat es nach Ansicht von Heimatforschern weder etwas mit Esse noch mit Esche zu tun. Toten in Deutschland jährlich, die auf Essstörungen zurückzuführen sind (teils bis zu 100 zwischen 1998 und 2012) I 55,9 Prozent der Berufs- RUHRMETROPOLE tätigen bringen sich ihr Mittagessen von zu Hause mit: 11,1 Prozent essen sogar zu Hause, 19,5 Prozent nutzen die Kantine, 14,4 Prozent Man muss einmal im Pott, Ruhrpott, Kohlegebiet oder wie das Ruhrgebiet sonst liebevoll genannt wird, gewesen sein. Gefühlt fährt man von einer Autobahn auf die nächste und somit auch von einem Stau in den nächsten. Das war zumindest mein Eindruck aus den späten 90er Jahren. Die Sprache – naja. Für jemanden der Hochdeutsch gewöhnt ist, ist es schon etwas gewöhnungsbedürftig. Mit „Hömma“ beginnt so mancher Ruhrpott-Satz. Bedeutet also so viel wie „Weißt du was“. Auf „Wat gibt?“ antwortet man „Nix gibt.“ Mit „Was gibt Neues von?“ geht’s schon ins Detail. Wichtig auch, dass bei „dat“ und „wat“ das s gegen t ausgetauscht werden. Also anstatt „das“ und „was“ heißt es „dat“ und „wat“. Und somit wird aus „Wie geht es?“ „Wie geht et?“. Eigentlich doch ganz einfach. Aus der geschlossenen Tür oder dem geschlossenen Fenster wird dann eben mal die zue Tür oder das zue Fenster. Das Ganze lässt sich natürlich noch mit flotten Redewendungen steigern wie: Könntest du mir bitte die gehen in Restaurants I 60 Prozent der erwachsenen Deutschen gelten als zu dick. Kinder: 15 Prozent I 97,67 Euro – Ausgaben pro Haushalt im Monat für Verzehr von Speisen und Getränken I außer Haus, davon 65,40 in Restaurants, 17,65 für Imbiss und Fastfood I 150 Kilogramm – Nahrungsmittelverluste pro Einwohner pro Jahr I 300 Euro – Ausgaben eines Haushalts pro Monat für Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren I davon in Prozent für Fleisch: 22; Fisch: 2,6; alkoholische Getränke: 9; alkoholfreie Getränke: 11; Gemüse: 9,6; Obst: 8,4, Tabak: 6. I 174 Euro: 1-Personenhaushalt I 169 Euro p. P. im 2-Personenhaushalt I 137 Euro p. P. im 3-Personenhaushalt I 120 Euro p. P. im 4-Personenhaushalt I 111 Euro p. P. im 5-Personenhaushalt I 3.000 – höchste bislang bekannte Zahl von Juristen, die sich gleichzeitig in Essen aufgehalten haben. Zum Juristentag 2016 im September. I Mehr als 3.000 Brotspezialitäten gibt es in Deutschland I 11.491 – Patienten in vollstationärer Behandlung wegen Essstörungen im Jahr 2012 I 24.343 – Zahl der Bio-Höfe in Deutschland 2015 (= knapp 9 Prozent aller Landwirtschaftsbetriebe). I 522.700 – Arbeitskräfte in der Landwirtschaft im Jahr 2013, 1993: 792.000 I 2,4 Millionen Tonnen Käse werden in Deutschland jährlich produziert, damit ist Deutschland der größte Erzeuger in der EU I 3,5 Millionen Rinder werden jährlich in Deutschland geschlachtet I 5,5 Millionen Tonnen Schweinefleisch werden jährlich in Deutschland produziert, etwa 2/3 der Gesamtfleischproduktion I 7 Millionen Vegetarier leben in Deutschland I 18.38 Millionen Tonnen Lebensmittelverluste in Deutschland jährlich, davon vermeidbar: 9,9 Millionen Tonnen I 182 Millionen Tür aufmachen, heißt im Ruhrpott kurz und knapp „Mama auf!“ Besitzansprüche werden mit „Ey, dat ist unsaa!“ ausgedrückt. Was schlichtweg bedeutet, dass einem die Sache gehört. Letztendlich hat jede Region ihre Eigenarten und die Ruhrregion mag es verzeihen. „Auf Kohle geboren mit Stahl in den Adern“ ist auch so ein Spruch, mit dem nur der Ruhrpottler etwas anfangen kann. Alle anderen stehen verdutzt da und fragen sich nur „Häh?“. Die Ruhrpottsprache ist ein Mischmasch der Kulturen, Essen und das Ruhrgebiet war schon sehr früh ein Melting Pot – wie man heute sagen würde. Dazu beigetragen haben vor allem der Bergbau und die Kohle- und Stahlproduktion. ZECHE ZOLLVEREIN Die berühmteste Zeche ist die Zeche Zollverein. Noch bis in die 80er Jahre wurde in der Zeche Zollverein Kohle gefördert. Kurz vor Weihnachten 1983 war dann nach gut 135 Jahren Schluss und die Kohleproduktion wurde eingestellt. Richtig stillgelegt wurde die Zeche Zollverein erst wenige Jahre später. Das Gelände rund um die Zeche Zollverein gilt heute als die „schönste Zeche der Welt“ und gehört seit 2001 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Die Zeche Zollverein ist heute ein Magnet für viele Touristen. Sie ist Ausflugsziel, Kultur- und Veranstaltungszentrum, Museum, Anziehungspunkt für Familien und vieles mehr. Die Zeiten, in denen Rußpartikel und Kohlenstoffdioxid in Rauchschwaden durch den Ruhrpott zogen sind längst vorbei. Damals völlig normal. Heutzutage gibt es in den Städten Umweltzonen und rote, gelbe und grüne Umweltschutzplaketten an den Fahrzeugen sagen einem, ob man in die City Die schönste Zeche der Welt: Die Zeche Zollverein in Essen ist längst Museum und steht als UNESCO-Welterbe unter Schutz. fahren darf oder nicht. Heute schafft es also nicht mehr jedes Dieselfahrzeug in die Innenstadt. ESSEN Essen ist wie Essen. Der eine mag dieses nicht, der andere das nicht. Man kann über Essen denken, was man will. Die Stadt hat mit Sicherheit viel zu bieten. Sie hat sich in den letzten Jahren beziehungsweise Jahrzehnten stark gewandelt und ist allein deswegen schon eine Reise wert. Nun haben auch die Juristen Essen als attraktiven Tagungsort für sich entdeckt. JURISTENTAG 2016 Im Spätsommer 2016 trafen sich hier die Juristen auf dem alle zwei Jahre stattfindenden Juristentag. ANWALTSTAG 2017 Im Mai 2017 findet der Deutsche Anwaltstag in Essen statt. Die Stadt scheint „in“ zu sein. Kein Wunder bei dem Kulturprogramm in Essen und Umgebung. Gegessen wird in Essen auch, und so sollte man sich einige kleine Essensbestellungen schon mal merken: Neben Currywurst mit Pommes rot-weiß ist Himmel und Erde ziemlich bekannt. Hinter Himmel und Erde verbergen sich Kartoffelpüree und Apfelmus, kombiniert mit gebratener Blutwurst und gerösteten Zwiebeln. Ein Gedeck ist eher was für die Männer: Das ist ein Glas Pils und ein klarer, eiskalter Schnaps. Also, nicht vergessen: Anwaltstag vom 24. bis 26. Mai 2017 in Essen. Es lohnt sich bestimmt in vielerlei Hinsicht. In diesem Sinne: Glück Auf! RAin Nadine Passenheim, Celle Foto: Jens Bredehorn_pixelio.de Euro Bundesmittel zur Förderung der Einstellung der I landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit im Jahr 2001, 2013: 2 Millionen I 748 Millionen Euro investiert die deutsche Süßwarenindustrie jährlich in Werbung I 1 Milliarde – Menschen weltweit, die täglich hungern I 8,62 Mrd. Euro – Bio-Umsatz in Deutschland 2015, Steigerung um rund 11 Prozent gegenüber dem Vorjahr, davon 55 Prozent im Lebensmitteleinzelhandel I 12 Milliarden – Menschen, die mit den jährlich produzierten Lebensmitteln versorgt werden könnten I 63 Mrd. Euro geschätzte Folgekosten allein durch Adipositas in Deutschland jährlich I 81,2 Milliarden USD – Markenwert der Fastfoodkette McDonald’s, zum Vergleich: Burger King 3,2 Milliarden USD, Starbucks: 29,3 Milliarden USD 28 AdVoice 04 /16 zusammengestellt von RA Tobias Sommer, Berlin Quellen: Statistisches Bundesamt, DJT, Statista, BZGA, WWF, BMELV, foodwatch, WHO, RKI, GfK, ZDF, Fischinformationszentrum, Vegetarierbund AdVoice 04 /16 29 Thema Restaurantkritiken und strafloser Mundraub Seit 50 Jahren (1966 – 2016) im Dienste der Anwaltschaft In Deutschland müssen Testesser zweimal schlecht essen Vorher zum Anwalt und als Anwalt GESCHMACKLOSES URTEIL Und weiter: „Damit erscheint es geradezu als Verdammnis für Restaurantkritiker, ausgerechnet schlechte Lokale gleich zweimal besuchen zu müssen. Guten Appetit! Das Oberlandesgericht Köln hat hier ein wirklich geschmackloses Urteil gefällt. Dieses Urteil über das Urteil des OLG Köln darf der Unterzeichner fällen, denn er hat das Urteil gleich zweimal durchgelesen und findet es auch nach der zweiten Lektüre enttäuschend – und mit bitterem Nachgeschmack.“ Hinzu kommt: Restaurantkritiker können bei konsequenter Umsetzung dann weniger Lokale besuchen, testen und bewerten. Ein Jahr hat nun mal nur 365 Tage. Empfehlung oder Verriss? So manche Beschreibung liegt einem Restaurantkritiker schwer im Magen. Zitat „Wenn du in den Weinberg eines andern kommst, darfst du so viel Trauben essen, wie du magst, bis du satt bist, nur darfst du nichts in ein Gefäß tun. Wenn du durch das Kornfeld eines andern kommst, darfst du mit der Hand Ähren abreißen, aber die Sichel darfst du auf dem Kornfeld eines andern nicht schwingen.“ (Bibel, 5. Buch Mose, 23,25) Wer Restaurants kritisieren will, muss dort vorher erst zweimal enttäuscht werden. Das jedenfalls ist die Konsequenz, wenn Restaurantkritiker künftig ein Urteil des OLG Köln richtig umsetzen wollen. Die OLG-Richter hatten im Jahr 2011 Anschluss an das BGH-Urteil „Restaurantkritik“ 30 AdVoice 04 /16 aus dem Jahr 1997 (Az. I ZR 36/95), dass eine herbe Kritik an einem Restaurant nicht nur auf einem einzigen Restaurantbesuch beruhen dürfe (Az. 15 U 194/10). Der BGH hatte in seinem Fall, in dem um den „Absteiger des Jahres“ ging, seinerzeit diese Linie vorgegeben - denn die Einordnung als „Absteiger des Jahres” dürfe auch bei zwei Testessern aufgrund der möglichen existenzvernichtenden Auswirkung nicht nur mit einem einzigen Testbesuch begründet werden. In der Vorinstanz waren die Richter des LG Köln (Az. 28 O 652/10) noch entgegengesetzter Meinung: „Mehr als dass ein Testesser das zu bewertende Essen tatsächlich probiert, kann jedoch nicht gefordert werden.“ Im Fall vor dem OLG Köln ging es um Formulierungen wie „ausdruckslos“, „enttäuschend”, „mehlig“, „… nahezu aromafrei …“, „bitterer Nachgeschmack”, die in einem Restaurantführer zusammen mit einer Herabstufung des Sternerestaurants im bucheigenen Ranking veröffentlicht wurde. Das Urteil stieß jedoch auf heftige Kritik. Trotz des teilweisen Lobs Foto: Bernd Kasper_pixelio.de in dem Text – „Einziger Lichtblick: der geschmorte Schenkel vom Milchferkel auf Spitzkohl mit Kreuzkümmeljus.“ – sahen die Richter gemäß der §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB eine Verletzung des Unternehmerpersönlichkeitsrechts bzw. des Anspruchs auf Achtung ihrer Geschäftsehre. Im Freienblog schrieb ein Autor unter dem Kürzel M. H. am 3. Juni 2011 beispielsweise: „Was aber heißt das konkret für freie Restaurantkritiker? Ihr Metier steht bekanntlich unter dem gleichen Kostendruck wie das der übrigen freien Publizistik. Selbstverständlich müssen sie neben der Arbeitszeit im Regelfall auch das Essen selbst bezahlen – der Auftraggeber übernimmt es in der Regel nicht; sich das Essen vom Restaurant bezahlen zu lassen, verbietet sich von selbst. Wenn Kritiker nunmehr jedes Restaurant gleich zweimal aufsuchen müssen, würde die Zeche also eher bei rund 200 Euro liegen. Wenn es sich irgendwie rentieren sollte, müsste der Bericht also mit mindestens 350 Euro vergütet werden. Gibt es aber noch Zeitungen oder Buchverlage, die pro (!) Kritik 350 bis 400 Euro zahlen würden? Unwahrscheinlich, auch nach dem OLG-Urteil.“ Auch ein Blick in die Nachbarländer Italien und Frankreich, die bekanntermaßen mit einer besonderen kulinarischen Tradition aufwarten, ist interessant. In Frankreich kann eine negative Restaurantkritik beispielsweise ca. einen Euro Strafe pro Leser kosten. Im August 2013 hatte die französische Bloggerin und Restaurantkritikerin Caroline Doudet im „Il Giardino“ gespeist. Sie war unzufrieden und verfasste einen negativen Beitrag in ihrem Blog „Cultur'elle“ der schon bald im Suchmaschinenranking einen vorderen Platz belegte. Die Umsätze brachen ein, der Restaurantinhaber klagte nach einem Bericht der FAZ vor einem Gericht in Bordeaux und gewann. MAULKORB FÜR BLOGGERIN Die Bloggerin hatte kritisiert, dass sie nicht gefragt worden sei, ob sie etwas zu trinken wolle, auch seien die Kellner eher unfreundlich gewesen. Die Leser lobten den Beitrag, der auch heute noch bei archive.org nachgelesen werden kann, u. a. mit „superbe critique!“. Der Inhaber gab zwar zu, dass der Service nicht tadellos funktioniert habe – so etwas geschehe eben manchmal im August. Eine Beschimpfung seiner Kellner als Hyäne gehe aber zu weit. Die Richter verurteilte die Kritikerin zu einer Geldstrafe von 2.500 Euro und begründeten die Strafe mit der hohen Zahl Blogleser von etwa 3.000. In Italien wiederum wurde nach einem Bericht der BBC ein Obdachloser Anfang des Jahres 2016 vom Vorwurf des Diebstahls in dritter Instanz freigesprochen, der Käse und Würste in einem Laden im Wert von 4,07 Euro gestohlen hatte. Zunächst war der Ukrainer zu sechs Monaten Haft und einer Strafe von 100 Euro verurteilt worden. Die Instanzrichter stuften jedoch das Recht auf Leben als wichtiger ein als den Eingriff in die Eigentumsrechte. Eine kleine Menge gestohlener Lebensmittel sei für den Obdachlosen „dringend notwendig“ gewesen, um sich ernähren zu können. Überraschend kam das Urteil auch für den Obdachlosen selbst. Er hatte die Instanzen bemüht, da er seine Tat lediglich als „versuchten Diebstahl“ bewer­tet wissen wollte. Die Richter gingen aber über seine Erwartungen hinaus und stuften die Tat als Notfall ein. Aufgrund des körperlichen Zustands des Obdachlosen habe ein Notfall vorgelegen, der den Diebstahl von Lebensmitteln in kleinen Mengen rechtfertige. MUNDRAUB IN ITALIEN & DEUTSCHLAND In Deutschland wurde der Mundraub – im Juristendeutsch auch „Verbrauchsmittelentwendung“, „Notentwendung“ bzw. „Notdiebstahl“ – im Jahr 1975 abgeschafft. Dies führte faktisch zu einer Strafverschärfung, da seitdem nicht mehr zwischen Lebensmitteln und anderen Gütern unterschieden wird. Korrektiv ist jedoch der erforderliche Strafantrag bei geringwertigen Sachen gem. § 248a StGB. Die Grenze zog das OLG Frankfurt auch mit Blick auf die Euroumstellung im Jahr 2008 bei 50 Euro (Az. 1 Ss 67/08). Das OLG Hamm hatte sich im Jahr 2003 für „43 Tafeln Schokolade“ ebenfalls auf diesen Betrag festgelegt (Az: 2 Ss 427/03) Bei Neuwaren gilt der Ladenpreis, bei gebrauchten Waren der Zeitwert. Irrt sich der Dieb über den Wert und geht bei einer von ihm gestohlenen billigen Imitation von einem teuren Original aus, ist das Maß der Geringwertigkeit überschritten. Wer in Geschäften stiehlt, macht sich damit ab der Wertgrenze, die die Gerichte aber immer mal wieder nach oben korrigieren, strafbar, denn die Delikte werden regelmäßig angezeigt. Wer Früchte von Pflanzen mitgehen lässt, sollte sich vorher mit dem Tatbestand des Hausfriedensbruchs befasst haben, wenn er dafür etwa einen Acker oder ein umzäuntes Beet betritt. Clevere nutzen hingegen die Internetseite www. mundraub.org mit einer Karte, an denen frei nutzbares Obst und Gemüse verzeichnet ist. RA Tobias Sommer, Berlin Containern Die moderne Form des Mundraubs ist das sogenannte Containern. Dabei holen Leute Lebensmittel, die von den Supermärkten weggeworfen werden, aus den Abfallbehältern. Die Aktionen dienen auch dazu, darauf aufmerksam zu machen, in welchen großen Mengen Lebensmittel weggeworfen werden. vor Abschluss einer Versicherung bei uns nachfragen. Wir sind eine freie Wirtschaftsvereinigung von Kollegen für Kollegen, hauptsächlich der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, aber auch schon der Rechtsreferendare und Assessoren, auch der Notare und Patentanwälte sowie der Rechtsbeistände, die Mitglieder einer Rechtsanwaltskammer sind. Der Verein besteht seit 50 Jahren und hat derzeit etwa 5.000 Mitglieder bundesweit. Durch Gruppenversicherungsverträge bieten wir unter anderem kostengünstigen Versicherungsschutz für die ● Krankenversicherung ● Krankentagegeldversicherung ● Krankenhaustagegeldversicherung ● Unfallversicherung ● Lebensversicherung ● Altersrentenversicherung ● Sterbegeldversicherung ● Vermögensschadenhaftpflichtversicherung die Pflichtversicherung nach § 51 BRAO ● Kraftfahrzeughaftpflicht- und Kaskoversicherung ● Berufsunfähigkeitsversicherung Unsere Gruppenversicherungspartner sind die Versicherungsunternehmen der ERGO-Gruppe (insbesondere die DKV) sowie die HDI-Versicherung AG und das Rheinische Versicherungskontor. Im Bereich der Vermögensschadenhaftpflichtversicherung arbeiten wir zusammen mit dem Maklerbüro Phillipp & Dr. Kreth. Wir gewähren Hinterbliebenen unserer Mitglieder eine Sterbefallbeihilfe von derzeit Euro 1.500,-- und unterhalten einen eigenen Hilfsfonds. Wir erteilen Ratschläge auch in Fragen der Sozialhilfe und zur Vorsorge für den Todesfall. Der Jahresbeitrag beträgt Euro 60,--. Für das Kalender jahr, in dem der Beitritt erfolgt, besteht Beitragsfreiheit. Selbsthilfe der Rechtsanwälte e.V. Barer Str. 3, 80333 München Telefon: (089) 59 34 37 Telefax: (089) 59 34 38 E-Mail: [email protected] www.selbsthilfe-ra.de ww AdVoice 04 /16 31 ANZEIGE Thema Magazin Skurrile Urteile Magazin Skurrile Urteile: [email protected] Hauptsache, es schneckt Stella Liebeck. Dieser Name wird den wenigsten bekannt sein; der Fall, der hinter diesem Namen steht aber schon. Schnecke im Salat ein solcher Ekel und Widerwille gebildet hat, dass ein Fortsetzen des Essens für den Beklagten und seine Ehefrau unzumutbar wurde. Da bei gehöriger Säuberung des Salats die Schnecke hätte entfernt werden müssen, sei diese Unzumutbarkeit, das Essen fortzusetzen, auch von den Klägern bzw. deren Personal verursacht worden. Wenn aber dem Beklagten und seiner Ehefrau aus Gründen, die die Kläger zu vertreten haben, ein Fortsetzen des Essens nicht zugemutet werden kann, kann auch keine Verpflichtung entstehen, insoweit den vereinbarten Preis zu zahlen. Keine Verpflichtung zur Bezahlung eines Menüs nach Auffinden einer Schnecke im Salat Das Amtsgericht Burgwedel hatte mit Urteil vom 10. April 1986 – 22 C 669/85 – über eine unwillkommene Fleischbeilage zu entscheiden. Die Kläger betrieben ein französisches Restaurant. Der Beklagte hatte für sich und seine Gattin am 4. Oktober 1985 einen Tisch reservieren lassen. Er bestellte Speisen und Getränke im Gesamtwert von 152 DM. Während des Essens wurde in einem Salat, der der Ehefrau des Beklagten gereicht wurde, eine Schnecke entdeckt. Der Beklagte hat daraufhin mit seiner Gattin ohne zu bezahlen das Lokal verlassen. Die Kläger haben den Beklagten darauf auf Zahlung von 142 DM in Anspruch genommen (152 DM Rechnungsbetrag abzüglich eines Abschlags von 10 DM für den Salat). Die Klage war in Höhe von 86 DM erfolgreich. Aus folgenden Gründen: Der Zahlungsanspruch der Kläger gegen den Beklagten ergibt sich aus § 433 Abs. 2 BGB. Nach 32 AdVoice 04 /16 Schadensersatz und Schmerzensgeld bei heißem Kaffee in New Mexico … dieser Vorschrift ist der Käufer verpflichtet, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen. Die Voraussetzungen dieser Vorschriften liegen vor. Bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag handelt es sich um einen im BGB nicht näher geregelten Vertragstypus, in dem Elemente des Dienst-, Werk- sowie des Kaufvertrags vorhanden sind. Schwerpunkt des Vertrags ist jedoch das Kaufvertragselement, nämlich das Bereitstellen von Getränken und Speisen gegen Entgelt, was rechtfertigt, den Zahlungsanspruch aus dem Kaufrecht herzuleiten. Zwischen den Parteien ist ein Kaufvertrag über Speisen in einem Gesamtwert von 152 DM geschlossen worden. Diese Speisen und die Getränke haben die Kläger auch angeliefert. Dennoch ist der Beklagte nicht verpflichtet, den bestellten und gelieferten Kupferkessel zum Preise von 29,50 DM sowie das Kalbsmedaillon zum Preise von 36,50 DM zu bezahlen. Denn es war dem Beklagten und seiner Ehefrau nicht zumutbar, nach Entdecken der Schnecke den Salat einfach fortbringen zu lassen und weiter zu essen. Es ist durchaus verständlich und nachvollziehbar, daß sich bei dem Beklagten und seiner Ehefrau nach dem Auffinden einer Anders wäre die Sachlage dann, wenn die Schnecke erst zu einem Zeitpunkt gefunden und entdeckt worden wäre, als entweder der Beklagte oder seine Ehefrau bereits das für sie Bestellte verzehrt hatten. Dies konnten jedoch die Kläger nicht nachweisen. Die beiden Zeuginnen B und N waren sich bei ihrer Aussage, ob der Beklagte bereits sein Essen verzehrt habe, nicht ganz sicher. Sie meinten zwar, dass der Beklagte im Wesentlichen sein Gericht schon aufgegessen hatte, mit Gewissheit konnten die Zeuginnen dies nicht sagen. Demgegenüber hat die Ehefrau des Beklagten eindeutig erklärt, dass sowohl ihr Mann als auch sie erst 1/3 der gerade servierten Speisen gegessen hätten. Den Kaufpreis wegen der bereits verzehrten Getränke und Speisen in Höhe von 86 DM hat der Beklagte jedoch in voller Höhe zu zahlen. Ein Abschlag wegen entgangenen Genussgewinnes ist nicht gegeben, da bis zum Auftauchen der Schnecke das Essen so verlaufen ist, wie es der Beklagte sich vorgestellt hat. Die nach dem Verzehr der Speisen und Getränke auftretende Unzumutbarkeit des Weiteressens rechtfertigt nicht rückwirkend eine Minderung. Auch aus dem Umstand, dass die Kläger sich nicht beim Beklagten bzw. dessen Ehefrau entschuldigt haben, begründet keinen Minderungsanspruch für den Beklagten. Eine Entschuldigung der Kläger, die vielleicht üblich sein mag, auf die aber kein Anspruch besteht, hätte den Widerwillen des Beklagten und seiner Ehefrau weiter zu essen nicht aufheben können Insgesamt ergibt sich somit, dass der Beklagte den Kaufpreis für die verzehrten Speisen in Höhe von 86 DM zu zahlen hat. Stella Liebeck (*14. Dezember 1912; † 4. August 2004) war eine US-amerikanische Frau aus New Mexico, die durch einen Gerichtsprozess gegen McDonald’s berühmt wurde, bei dem ihr 160.000 US-Dollar Schmerzensgeld und 480.000 US-Dollar Schadensersatz zugesprochen wurden, nachdem sie sich am 27. Februar 1992 an einem verschütteten Kaffee verbrüht hatte. In Deutschland wird der Fall oft als Paradebeispiel für die horrenden Summen angeführt, die von der amerikanischen Justiz in Fällen zugesprochen werden, die nach deutschen Maßstäben „wegen eigener Dummheit“ keinerlei Erfolgsaussichten hätten. Ein genaues Hinsehen zeigt aber, dass der Fall – und auch die Geldsummen – keineswegs ganz so skurril sind, wie sie auf den ersten Blick erscheinen. Als es zu den Verbrühungen kam, befand sich Stella Liebeck als Beifahrerin im geparkten Auto ihres Enkels. Sie hielt den Kaffeebecher (aus Schaumpolystyrol) zwischen ihren Knien und wollte den Deckel entfernen. Dabei verschüttete sie erhebliche Mengen, die von ihrer Jogginghose aufgesaugt wurden und daher für eine längere Zeit mit der Haut in Berührung kamen. Dadurch kam es zu Verbrühungen dritten Grades. Sie verbrachte acht Tage im Krankenhaus, wo sogar eine Hauttransplantation durchgeführt wurde. Sie forderte von McDonald’s zunächst 20.000 US-Dollar als Ersatz der Behandlungskosten und sonstiger Schäden. McDonald’s bot ihr hingegen nur einen Betrag in Höhe von 800 Dollar. Nach zwei gescheiterten außergerichtlichen Einigungsversuchen kam es zur Klage vor dem New Mexico District Court. von Kaffee erzielte (https://de.wikipedia.org/wiki/ Stella_Liebeck). In zweiter Instanz wurde der Strafschadensersatz vom New Mexico Court of Appeals auf 480.000 US-Dollar reduziert. Im Anschluss daran einigten sich beide Parteien auf einen Vergleich, über dessen Höhe nichts bekannt ist. Bekannt ist aber, dass sich seit diesem Fall auf den Deckeln der Hinweis befindet, dass der Kaffee heiß sein könnte … und bei heißer Suppe in Hagen Weniger Erfolg als Frau Liebeck hatte eine Klägerin, die vor dem Amtsgericht Hagen – Urteil vom 9. September 1996, 14 C 149/96 – einen Gastwirt auf Schmerzensgeld wegen einer (zu) heißen Suppe in Anspruch genommen hatte. Die Klägerin suchte am 22. November 1995 den Gasthof des Beklagten auf und bestellte sich ein Wildgericht. Da das Gericht als Menü serviert wurde, wurde als Vorspeise eine Suppe gereicht. Die Klägerin verbrannte sich an der Suppe. Ausweislich eines hautärztlichen Attests erlitt die Klägerin ein ausgeprägtes Ödem der Unterlippe mit Blasenbildung und nässender Erosion. Ausweislich eines weiteren zahnärztlichen Attests waren äußerlich keine krankhaften Anzeichen zu erkennen, in der Mundhöhle jedoch die Schleimhäute an Gaumen, Mundboden und Wangenschleimhaut stark gerötet und schmerzempfindlich, wobei sich das oberflächliche Schleimhautepithel weißlich in größeren Partien ablöste. Die Klägerin verlangte von dem Beklagten ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 1.800 DM. Die Klägerin hat behauptet, den Löffel nur halbvoll mit am Rand befindlicher Suppe gemacht zu haben, die sie sodann vorsichtig in den Mund geflößt habe. Trotz dieser vorsichtigen Verhaltensweise sei es zu ausgedehnten Verbrennungen des zweiten Grades gekommen. Die Kalt–Warmempfindlichkeit der oberen Schneidezähne habe bis Anfang April 1996 angehalten. Die Suppe müsse offensichtlich in der Mikrowelle erhitzt worden sein. Die Klage hatte keinen Erfolg. Aus folgenden Gründen: (…) Da die Suppe sehr heiß serviert worden ist und insoweit die Gefahr barg, zu Verletzungen im Mundbereich zu führen, stellt sie eine Gefahrenquelle dar. Verkehrssicherungspflichten bestehen aber lediglich insoweit, als diese Gefahrenquelle für den Gast nicht zu erkennen war. Jeder, der eine Suppe bestellt, weiß aber, dass er ein sog. Heißgericht serviert bekommt, welches nur mit äußerster Vorsicht zu genießen ist. Dies wurde hier zudem dadurch erkennbar, dass die Suppe noch – wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 9. Septemer 1996 ausgeführt hat – dampfte; insoweit trug die Suppe das Gefahrensignal in sich, so dass von dem Gastwirt keine weiteren Maßnahmen zu treffen waren. Er ist nicht etwa verpflichtet, die Suppe nach dem Erhitzen zunächst einige In dem Prozess konnte Liebeck nachweisen, dass McDonald’s den Kaffee mit einer Temperatur von 85°C verkaufte, und damit offenbar erheblich heißer als andere Fast-Food-Ketten. Es stellte sich heraus, dass zwischen 1982 und 1992 über 700 Ansprüche im Zusammenhang mit Verbrühungen wegen zu heißen Kaffees erhoben worden waren; außerdem war McDonald’s von einer Spezialklinik für Verbrennungen aufgefordert worden, die Temperatur seines Kaffees zu senken. Das Gericht sprach Stella Liebeck in erster Instanz 200.000 US-Dollar Schadensersatz (aufgrund eines zwanzigprozentigen Mitverschuldens auf 160.000 US-Dollar herabgesetzt) sowie 2,7 Millionen US-Dollar „Strafschadenersatz“ (sog. Punitive damages) zu. Die Höhe des Schadensersatzes legte die Jury dabei zunächst auf den Gewinn von zwei Tagen fest, den McDonalds allein mit dem Verkauf Fotos: Silke Kaiser_pixelio.de, Andrea Vollmer AdVoice 04 /16 33 Magazin Zeit abkühlen zu lassen und sodann erst zu servieren. Dies ergibt sich bereits daraus, dass es keine objektiven Maßstäbe dafür gibt, wie heiß eine servierfähige Suppe zu sein hat. Dies richtet sich nach den individuellen, geschmacklich und physiologisch bedingten Eigenheiten eines jeden Gastes. So hat jeder einen anderen Maßstab dafür, wann er eine Suppe als essbar erachtet. Insoweit ist auch jeder gehalten, nach seinem individuellen Zuschnitt die erkennbar dampfende Suppe zunächst abkühlen zu lassen. Der Gastwirt ist auch nicht verpflichtet, den Gast ausdrücklich auf die sehr heiße Suppe hinzuweisen. Angesichts der dampfenden Suppe wäre ein derartiger Hinweis überflüssig, da er die durch die dampfende Suppe bereits zum Ausdruck kommende Information nicht erweitern würde. Etwas anderes gilt für den Fall, dass das Essgeschirr bzw. -porzellan, auf dem die Nahrung serviert wird, ebenfalls erhitzt ist: Mit einer derartigen Gefahr rechnet der Gast nicht unbedingt. Insoweit ist der Gastwirt dann verpflichtet, etwa auf einen heißen Teller hinzuweisen. Dass aber eine Suppe heiß serviert wird, erwartet gerade der Gast, so dass ein entsprechender Hinweis nicht ernsthaft als Gefahrensignal verstanden werden kann. Der Beklagte hat somit keine Verkehrssicherungspflicht verletzt, so dass die auf Schmerzensgeld gerichtete Klage abzuweisen ist. Mars macht gar nicht mobil, und man sollte nicht immer ein Snickers essen, wenn es mal wieder etwas länger dauert Der Kläger, ein Richter, bei dem im Jahre 1998 ein Diabetes mellitus Typ II b, sog. Altersdiabetes, festgestellt wurde, nahm den Süßwarenhersteller Masterfood auf Schadensersatz und Schmerzensgeld in Anspruch. Er hatte geltend gemacht, die Erkrankung sei allein auf den Konsum von Schokoriegeln des Unternehmens Masterfood zurückzuführen, unter Umständen auch noch auf den zusätzlichen Genuss von Coca Cola, deren Herstellerin er in einem Parallelverfahren vor dem Landgericht Essen in Anspruch nahm. 1994 habe er, bedingt durch Zeitdruck und Arbeitsüberlastung, bei Zwischenmahlzeiten pro Arbeitstag wenigstens zwei Riegel der Sorten Mars und/oder Snickers verzehrt und zudem täglich etwa einen Liter Coca Cola getrunken; dies bedeute eine Zuckeraufnahme von etwa 39,5 Kilogramm pro Jahr, die ursächlich für seine Erkrankung geworden sei. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagten sei sowohl ein Konstruktions- als auch ein Instruktionsfehler anzulasten. Die von ihr vertriebenen Schokoladenriegel wiesen einen unvertretbar hohen Zuckergehalt auf, verursachten Stoffwechselstörungen und enthielten zudem sucht­auslösende Komponenten, die einen kontrollierten Verzehr unmöglich machten. Zudem sei die Darreichungsform zu beanstanden, da diese dazu zwinge, die Riegel sogleich Magazin vollständig und nicht portionsweise zu verzehren. Die Beklagte hätte darauf hinweisen müssen, dass der Verzehr ihrer Riegel Diabetes, Karies und Parodontose verursache. In der Bevölkerung seien diese Zusammenhänge nicht bekannt. Eine Warnpflicht bestehe insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Beklagte in der Werbung ihre Riegel als Nahrungsmittelersatz darstelle und zu übermäßigem Verzehr verführe, ferner sie die von dem Verzehr der Produkte ausgehenden Gefahren verharmlose und Forschungen über die Gefahren sowie deren Veröffentlichung verhindere. Der Kläger hat weiter vorgetragen, ihm seien die gesundheitsschädigenden Folgen des Konsums der Produkte der Beklagten nicht bekannt gewesen. Er hätte die Riegel nicht mehr zu sich genommen, wenn er entsprechend informiert und gewarnt worden wäre. Hunger oder Energiebedarf kurzfristig Abhilfe zu schaffen. Über die Tatsache hinaus, dass sie den Verbraucher wie jede werbende Maßnahme zum Erwerb und Verzehr des Produkts veranlassen sollen, hätten die Slogans nicht die Tendenz, speziell das Bewusstsein des Verbrauchers über die Gefahren stark zuckerhaltiger Lebensmittel zu beeinflussen oder eine gesundheitsfördernde Wirkung der Riegel in den Vordergrund zu stellen. Das Oberlandesgericht Düsseldorf (Urteil vom 20. Dezember 2002 – 14 U 99/02) hat sich dieser Ansicht – wie bereits zuvor das Landgericht Mönchengladbach – nicht angeschlossen. Fortsetzung aus AdVoice 3/2016, S. 38 Der Hersteller der Schokoladenriegel handle bei deren Produktion nicht rechtswidrig. Es sei ihm weder ein Konstruktions- noch ein Instruktionsfehler anzulasten. Ein Konstruktionsfehler sei schon deshalb nicht gegeben, weil die Inhaltsstoffe der Schokoladenriegel, insbesondere raffinierter Zucker und Kakao lebensmittelrechtlich nicht zu beanstanden sind. Ein Instruktionsfehler scheide aus, weil der Hersteller seine Riegel nicht mit Warnhinweisen versehen müsse. Eine Gesundheitsgefährdung könne sich allein aus dem übermäßigen Genuss zuckerhaltiger Lebensmittel ergeben. Es liege aber allein in der Selbstverantwortung des Einzelnen, seine Ernährung entsprechend seinen Bedürfnissen und Wünschen zusammenzustellen und zu entscheiden, ob er sich dabei vorwiegend an Gesundheitsbelangen oder am Genuss orientiert. Die Hersteller von Nahrungsmitteln seien nicht gehalten, diese von vorneherein so zu konstruieren, dass sie in möglichst hohem Maße der Gesundheit zugute kommen. Eine Rechtsordnung, die es sich im vermeintlichen Interesse des Einzelnen zur Aufgabe mache, jede – auch freiwillig in Kauf genommene – Gefährdung von vorneherein unmöglich zu machen, schränke die Freiheit und Selbstverantwortlichkeit in unvertretbarer Weise ein. Auch die Produktdarbietung der Beklagten rechtfertige es nicht, ihr eine Warnpflicht über die (möglichen) Folgen des Verzehrs ihrer Riegel aufzuerlegen. Die Anpreisungen der Beklagten („M. macht mobil, bei Arbeit, Sport und Spiel“, „M. bringt verbrauchte Energie sofort zurück“, „M. und das Leben geht weiter“, „S.: Immer wenn der Hunger kommt“) zielten primär darauf ab, die – nicht unzutreffende – Tatsache aufzuzeigen, dass die fraglichen Riegel geeignet sind, bei auftretendem 34 AdVoice 04 /16 Zusammengestellt von Andreas Hansmeier, Karlsruhe Kein Sekt aus Saftgläsern aber Getränke aus Plastikbechern Was auf den Tisch kommt, wird gegessen. Vor allem in der Fremde. Auf Kartoffeln können deutsche Urlauber in Ägypten daher nicht in jedem Fall bestehen. Und aus dem, was auf dem Tisch steht, wird getrunken. Kakerlaken muss man aushalten und ein Affenbiss kommt schon mal vor. Das jedenfalls meinen jedenfalls deutsche Amtsgerichte in Streitigkeiten um Reisemängel. Ägypten ist als Anbauland für Kartoffeln zwar bekannt, kommen bei einer einwöchigen Vier-Sterne-Nilkreuzfahrt zum Preis von knapp 1.000 Euro jedoch weder Kartoffeln noch Pommes aufs Buffet, gibt es dafür jedoch kein Geld, (AG Hamburg, Urteil v. 17.6.2010, Az.: 8B C 419/09), schon gar keine Minderung iHv 30 Prozent. Der Kläger hatte moniert, dass es täglich dieselben Speisen gegeben habe. Ein vegetarisches Gericht, Gemüse, Kartoffeln, Fisch und Desserts seien nie angeboten worden. Vielmehr habe es täglich nur eine Sorte Nudeln und Reis als Beilage gegeben. Das Gericht hat Beweis erhoben und sich über die tatsächlich angebotenen Speisen Klarheit verschafft kam aber zu dem Ergebnis, dass es weder Service- noch Verpflegungsmängel gegeben habe, die nicht hinnehmbar wären. In der Begründung heißt es: „Der Umstand, dass es nach Aussage der Zeugin weder Kartoffeln noch Pommes Frites gab, mag zwar dem Kläger und seiner Mitreisenden nicht gefallen haben; es stellt jedoch allenfalls eine hinzunehmende Unannehmlichkeit dar, insbesondere auch mit Rücksicht darauf, dass diese Beilagen nicht als landesüblich zu bezeichnen sind.“ In einem Drei-Sterne-Mittelklassehotel muss man schon mal aus Plastikbechern trinken, und in einer Almhütte als Ferienwohnung kann man nicht auf Sektgläsern bestehen. Das AG Duisburg (Urteil v. 4.2.2010, Az.: 53 C 4617/09) meint dazu: „Getränke können ohne Weiteres aus Plastikbechern zu sich genommen werden, ohne dass damit eine geschmackliche oder sonstige Beeinträchtigung verbunden wäre. Zudem dient gerade im Außenbe- Fotos: piu700_pixelio.de, E.O._pixelio.de reich die Verwendung von Plastikbechern der Verhinderung von Verletzungen infolge von Glasscherben und damit der Sicherheit der Gäste. Gebucht war auch nur die Unterbringung in einem Mittelklassehotel, das nach spanischer Landeskategorie über drei Sterne verfügen sollte, und kein Luxushotel.“ Auf einer Almhütte wiederum kann man Sekt auch aus Saftgläsern trinken, stellte das Amtsgericht Offenburg fest (AG Offenburg, Urteil v. 23.5.1995, Az.: 1 C 357/94). Na dann, Prost! Auch mit Tieren, die in der Region normal sind, muss man rechnen. Hierbei kommt es auf die Urlaubsregion sowie die Stärke des Befalls an. Nach Einschätzung des AG Bonn müssen Urlauber daher beispielsweise zehn Kakerlaken in einem Hotelzimmer auf Gran Canaria aushalten, ohne den Reispreis mindern zu können (Az.: 4 C 470/95). Auch ein Affenbiss in einem afrikanischen Hotel ist kein Reisemangel, vgl. AG Köln (Az.: 138 C 379/10). Jedenfalls dann, wenn der Reisende trotz eines Warnschildes, dass Obst aggressive Affen anlocke, mit einer Banane in der Hand durch die Anlage läuft und daraufhin gebissen wird. Hingegen hat das LG Köln (Az: Urteil v. 26.10.2009, Az. 23 O 435/08) entschieden: „Ist eine deutlich überdurchschnittliche und gehobene Qualität der Verpflegung und des Service geschuldet, die tatsächliche Qualität der Verpflegung und des Service dann aber insgesamt deutlich unterdurchschnittlich, begründet dieser Reisemangel eine Minderung i. H. von 15 Prozent des Reisepreises.“ Und auch in dem Duisburger Plastikbecher-Fall konnten die Reisenden wegen anderer Mängel mindern, u. a. fehlte der zugesicherte Meerblick (7 Prozent) und die Geräte im Fitnessraum waren defekt (5 Prozent). Ein fehlendes À-la-Carte-Restaurant wurde mit einem Prozent bewertet. Keine Minderung gab es in dem Fall aber für den Transport im Billigflieger ohne Verpflegung und ohne Video- und Audioanschluss, für ein Animationsprogramm, das zu 95 Prozent in eng­ lischer Sprache stattfindet, ein fehlendes Show­ cooking, wenn es nicht zugesichert ist, oder die fehlende Verpflegung im Hotel bei Ankunft nach 23 Uhr. Und schließlich: „Auch auf einen Mangel hinsichtlich eines zu engen Poolbereichs kann sich der Kläger nicht berufen. Ein bestimmter Abstand der Poolliegen zueinander und zum Pool wurde von der Beklagten bereits nicht zugesichert. Ein Abstand von 50 Zentimeter ist nach Auffassung des Gerichts jedenfalls ausreichend, um ein Passieren der Zwischenräume zu ermöglichen.“ Also: Auf den Vertragstext kommt es an. RA Tobias Sommer, Berlin AdVoice 04 /16 35 Magazin Trendsport vs. Vogelschutz Gedicht des Monats Droht ein generelles Kite-Surf-Verbot im deutschen Wattenmeer? y Deutsche Richtergeneration 1940 „Die Fronten zwischen der Verwaltung des Nationalparks Wattenmeer und der Kitesurfgemeinde zeigten sich zunächst sehr verhärtet.“ Kitesurfen ist so populär wie nie. Umweltschützern ist die Sportart ein Dorn im Auge. Das deutsche Wattenmeer und seine Küstenregionen bilden einen riesigen und vielfältigen Lebensraum für tausende seltene Tierarten. Zugleich ist die Region ein beliebtes Urlaubsziel und ein Mekka für Wassersportler. Vor allem für eine boomende Trendsportart bietet die Nordseeküste beste Bedingungen: Das Kitesurfen ist so populär wie nie zuvor. An windreichen Tagen tummeln sich an den begehrten Spots wie St. Peter-Ording unzählige bunter Schirme am Himmel, mehr oder weniger gut beherrscht von adrenalinhungrigen Kitesurfern. Ein Phänomen, das Umweltschützern schon seit Längerem ein Dorn im Auge ist. Vogelschutz lautet ihr Hauptargument. Seit dem vergangen Winter tobt ein Kampf um die Ausgestaltung der neuen Verordnung zum Befahren der Bundeswasserstraßen in Nationalparks. Die Fronten zwischen der Verwaltung des Nationalparks Wattenmeer und der Kitesurfgemeinde zeigten sich zunächst sehr verhärtet. Die Pläne der Nationalparkverwaltung, mit der Novellierung der vorbezeichneten Verordnung ein generelles Kiteverbot für die deutsche Nordseeküste zu erwirken, hatte sowohl bei den Trendsportaktivisten als auch bei Tourismusverbänden und Wirtschaftsvertretern für vehemente Gegenwehr gesorgt. Zwar war es vorgesehen, von dem Verbot auf Antrag Ausnahmegenehmigungen zu erteilen, diese sollten dann jedoch für höchstens drei Jahre gelten. In erster Konsequenz wurde die Austragung der Kitesurfweltmeisterschaften von St. Peter-Ording nach Fehmarn verlegt, weil die Ungewissheit darüber, 36 AdVoice 04 /16 Kurt Tucholsky (1890–1935), veröffentlicht unter dem Pseudonym Theobald Tiger in Die Weltbühne, 5.5.1921 ob auch in Zukunft auf der Nordsee gekitet werden darf und welchen Einfluss der Nuturschutzbund (NABU) auf derlei Veranstaltungen an der deutschen Nordseeküste zukünftig haben wird, für den Veranstalter ein nicht tragbares finanzielles Wagnis darstellt. Um auf die bedrohliche Situation für die Kiter, aber auch die heimische Wirtschaft aufmerksam zu machen, hatte die Global Kitesports Association eine Petition auf ihrer Online-Plattform eingerichtet. Hier wird ein Überblick über die Situation gegeben und bereits über 21.000 Bürger hatten hier ihre Stimme gegen ein generelles Kiteverbot abgegeben. Im Januar 2016 wurde die Petition an die zuständigen politischen Entscheidungsträger übergeben. Als Argumente wurden sowohl die mangelnden wissenschaftlichen Belege – eine Störung der Brut- und Rastvögel konnte nicht nachgewiesen werden – als auch eine Diskriminierung gegenüber anderen Wassersportlern wie Seglern oder Windsurfern angeführt. Einen ersten Erfolg konnten die Aktivisten bereits unmittelbar nach dem Einreichen der Petition verbuchen. Das Bundesverkehrsministerium sicherte nach Übergabe der Unterschriftensammlung zu, dass es keinen Regelungsbedarf sehe. Die Wogen weiter glätten konnte sodann ein Gespräch der Trendsportler mit dem schleswig-holsteinischen Umweltminister Dr. Robert Harbeck. Das Ergebnis dürfte beide Seiten zufriedenstellen: Ein generelles Kiteverbot mit einzelnen, in Zukunft alleinig von der Nationalparkverwaltung nach eige- Foto: Rosel Eckstein nen Vorstellungen aufrecht zu erhaltenden oder zu verändernden Kite-Erlaubniszonen soll es nicht (mehr) geben. Vielmehr einigte man sich darauf, dass Wassersport und Naturschutz gleichberechtigt nebeneinanderstehen sollen. Unbestritten von allen Teilnehmern blieb, dass der Naturschutz dort Vorrang haben muss, wo nachweislich eine Beeinträchtigung durch emissionsfreien Wassersport, wie etwa das Kiten, gegeben ist. Die Kitevertreter erklärten sich ausdrücklich bereit, dass Gespräch mit Habeck und seinem Ministerium konstruktiv und mit dem Ziel weiterzuführen, eine für alle Seiten akzeptable Lösung zu finden. Dabei sollen die Vertreter des Kitesportes bei der Erarbeitung einer etwaigen Vorlage an das Bundesverkehrsministerium zur Novellierung der Befahrensverordnung mitbestimmend eingebunden werden. Bezüglich der bereits heute genutzten relevanten Kitestrände und deren uneingeschränkter Aufrechterhaltung gab es zwischen den Vertretern des Kitesports und Habeck ganz überwiegend Einigkeit. Zum Hakenkreuz erzogen, das damals Mode war, vom Rektor angelogen – So wurdst du Referendar. Du warst im tiefen Flandern Etappenkommandant. Du spucktest auf die andern auch hier, im Vaterland. Ihr spieltet Wilhelms Stützen; das Korps ersetzt das Heer. Gäbs keine ohne Mützen: ihr wäret gar nichts mehr. Nach steifen Amtsvisiten, der Landgerichtsstation kam dann nach alten Riten die Doktorpromotion. Es kam das Staatsexamen. Ihr seid emporgerückt. Ihr setzt nun vor den Namen den Titel, der euch schmückt. Nun, deutsche Jugend, richte! Hier Waage! Da das Schwert! Räch dich für die Geschichte! Zeig dich des Kaisers wert! So vielfältig die Interessen rund um unsere Meere sind, dieses Beispiel zeigt, dass es auch bei verhärteten Fronten möglich ist, im konstruktiven Gespräch und unter Abwägung der beidseitigen Interessen konstruktive und verträgliche Lösungen zu finden. Wie lange die Lösung zum Kiteverbot Bestand haben wird ist allerdings fraglich. Zu bedenken ist nämlich, dass die Länder auch ohne Bundesverordnung entsprechende Verbote erteilen können, so bereits erfolgt in Niedersachsen und an der Ostsee. Würg mit dem Paragraphen! Benutz den Kommentar! Du mußt den Landsmann strafen, der kein Teutone war. Setz auf das Samtbarettchen! Das Volk es glaubt an dich. Justitia, das Kokettchen, schläft gern beim Ludewich. Du gibst dich unparteilich am Strafgesetzbuchband ... Du bist es nicht. Nur freilich: Juristen sind gewandt. Du wirst des Rechtes Künder. Dich kriegt man nicht – für Geld. Gott gnade dem armen Sünder, der dir in die Finger fällt! Ich grüße dich, wunderbare Zukunft der Richterbank! Du nennst das einzig Wahre: Rechtspruch nach Stand und Rang! Ihr wählt euch eure Zeugen! Ihr sichert den Bestand! Wo sich euch Rechte beugen, ist euer Vaterland! RAin Lea Hogrefe-Weichhan, Schönkirchen Foto: Ingo Büsing_pixelio.de. AdVoice 04 /16 37 Magazin Magazin 10 Jura in Tüten Zehn Plagen für den Anwalt – manchmal hilft nur Humor Anwalt ist ein reizvoller Beruf, wenn man ein Man­ dat gut betreut und für dieses das Maximum herausgeholt hat. Aber es gibt auch Plagen, die dem Anwalt zusetzen. Dieser Dekalog zeigt die bemerkenswertesten auf. Manche kann man mit Humor nehmen, andere verkürzen die Lebenserwartung. I. Tacheles: Ich finde unverblümte Mitteilungen an Parteien und Gericht stets angemessen. Hier geht es aber um Folgendes: „Ich brauche endlich einen Anwalt, der Tacheles redet, einen ganz und gar harten Kerl. Das kann man nämlich von den drei Anwälten vor Ihnen nicht sagen, die musste man zum Kämpfen tragen“, sagen manche Rechtssuchende am Beginn der Mandatsanbahnung. Das kann nichts werden, nur der Berufsanfänger tappt in diese Falle, weil er nicht weiß, dass die drei Vorgänger ein untrügliches Zeichen für die Kombination schlechtester Aussichten mit verzwickter Rechtslage, Höchstgewicht des bisher angesammelten Papiers und Knauserigkeit des Mandanten sind. Die Knauserigkeit ist nicht einmal das Schlimmste. Wenn der Fall aussichtsreich ist, kann ein Anwalt durchaus auch einmal auf sein Geld warten. Die Kombination ist die Pein. Der harte Kerl könnte man ja als Jurist auch sein. Präsidenten sind zuweilen Rechtsanwälte gewesen vor dem Amt. Aber niemand gewinnt einen Prozess, weil er ein harter Kerl ist und im Gerichtssaal herumschreit. Vielmehr gewinnt man, wenn man vorher gut und klar schreibt, was aber bei Weitem schwieriger ist. „Ich brauche endlich einen Anwalt, der Tacheles redet, einen ganz und gar harten Kerl.“ II. Die gesetzliche Rechtsschutzversicherung gibt es nicht. Dennoch fordern viele Mandanten: „Sie müssen mir doch aber helfen – und zwar kostenlos. Sie bekommen dann etwas, wenn wir gewinnen.“ Nein, wir müssen nicht jedes Mandat und als Salär am Ende Alkohol oder Pralinen annehmen. Der Anwalt ist ein freier Beruf. Auch das macht seinen Reiz aus. Ein Rechtsanwalt ist kein Kassenarzt. Er kann selbstbestimmt seine Firma führen und auswählen, mit wem er zusammen arbeiten und welchen Fall er vertreten möchte. Wenn die Chemie nicht stimmt oder der Fall hakt, ergibt die Zusammenarbeit keinen Sinn. 38 AdVoice 04 /16 III. Der Blitzanwalt: Hopplahopp geht es nach monatelanger, manchmal jahrelanger Überlegung und Hadern – kurz vor der Verjährung. Jetzt muss alles ganz geschwind gehen: am besten heute noch. Weil es am Jahresende keine Urlaubszeit gibt, jedenfalls nicht für Anwälte. Am Jahresende ist jegliche Erholung fern, warum nur? Die Verjährung könnte ja schon der Nikolaus in Erinnerung bringen, dann wäre noch Zeit. Aber ach: Oft kommen die Leute noch kurz vor Weihnachten. Das ist eine rechte Plage. Nur am Rande sei erwähnt – als obiter dictum sagen die Juristen: Theorie und Praxis sind zwei Paar Stiefel; es sind Welten. Die Verjährung läuft theoretisch am Silvester aus, wenn die Raketen steigen. Rein praktisch endet sie für den Durchschnittsanwalt um 19 Uhr am 31. Dezember, weil dann die Gäste kommen, um das Jahresende und die Bewältigung aller Fristen zu feiern. Nach Ablauf dieser Frist noch am Faxgerät zu hantieren, ist etwas für verdienstoptimierte Rechts­anwälte in Großkanzleien mit Nachtsekretariat und naturgemäß ohne Familie (work-life-disbalance). IV. Die Besserwisserei und der Egozentrismus nehmen Überhand. Es gibt kaum etwas Unnützeres, als potenzielle Mandanten, die mit Zeitungsschnipseln aus der Regenbogenpresse auflaufen und danach ihre Vorstellungen von den Möglichkeiten des Rechts – beispielsweise von der Höhe eines angemessenen Schmerzensgeldes – ausrichten. Was dort abgedruckt wird, ist meist ohne Belang und berücksichtigt nicht, dass jeder Fall einzigartig ist und auch seine ihm eigentümlichen Schwierigkeiten mit sich bringt. Die Menschen sagen dann auch direkt, dass sie eigentlich gar keinen Anwalt benötigen, dass man ja aber leider einen nehmen muss. Gern besitzen sie ein BGB als Taschenbuch von 1979. Jedermann weiß genau, was gerecht und richtig ist und oft auch, dass nur er Recht hat, begründet in dem Mangel an einer Unterscheidung zwischen dem Ich und der äußeren Realität (dem sogenannten Egozentrismus). Das hat so manchen schon in den persönlichen Ruin getrieben, der dann entgegen des Rates seines Anwalts einen Vergleich ausgeschlagen hat. Vergleiche sind dann immer schlecht, auch wenn sie retten, beenden und befrieden würden. Diese Art Menschen wundern sich ungemein, dass nicht jedermann die Lage genau so beurteilt, wie sie. Alle anderen sind juristische Geisterfahrer. „Bevor sie zum Anwalt gehen, ordnen die wenigsten Mandanten ihre Unterlagen.“ V. Chaos und Unordnung: Bevor sie zum Zahnarzt gehen, putzen sich die meisten der Patienten die Zähne, bevor sie zum Anwalt gehen, ordnen die wenigsten ihre Unterlagen. Manchmal sind die Unterlagen in Tüten verpackt. Das mag noch hinnehmbar sein: Juristen sind Leid gewöhnt und können Schmerz ertragen. Bisweilen aber stecken die Unterlagen und Briefe noch in den Briefumschlägen, die in den Tüten ganz ungeordnet herumtollen. Die Sichtung ist dann wie bei einer Tombola. Jura in Tüten ist Glückssache. VI. Die Fristen sind eine der Hauptplagen. Sie verfolgen den Anwalt jeden Tag und werden deshalb auch ganz sauber gestrichen mit dem Lineal, manche Kanzleien erledigen das in Rot. Fristen gehören zum juristischen Beruf wie das Wetter zum Leben, das man ertragen muss, weil es sich nicht abschaffen lässt. Großes Unbehagen bereiten die überobligatorisch knapp festgesetzten Zeitspannen (alles selbst erlebte Beispiele): 83 Seiten Sachverständigengutachten mit einem Anhang in Englisch ohne Summary: Zwei Wochen Frist zur Stellungnahme: Der Frist­verlängerungs­ antrag ist programmiert. Die Auswahl des Sachverständigen in einem Arzthaftungsprozess: Eine Woche zur Stellungnahme. Wie soll in der Zeit der Mandant kontaktiert und die Sache beratschlagt werden? Das wird nur selten gelingen. Die Fristverlängerung ist höchstwahrscheinlich. Eine Klageschrift trifft ein mit 530 Seiten, inklusive der Anlagen, in einem Ordner zusammengeheftet, vermutlich vom Abendsekretariat der aussendenden Großkanzlei. Die Frist: Zwei Wochen, wie immer halt. Dabei steht in Paragraf 276 ZPO, dass eine Frist von mindestens zwei Wochen für die Klageerwiderung zu bestimmen ist. Der Bestimmer der Frist hätte also durchaus großzügiger in der Bestimmung der Frist sein können, aber um es mit Karl Valentin zu sagen: Mögen hätt' er schon wollen, aber dürfen hat er sich nicht getraut. Der Antrag auf Fristverlängerung ist unausweichlich. VII. Die Vergleichspresse meint nicht die gut durchdachten und begründeten Vergleichsvorschläge – die gibt es natürlich auch, die soll man keinesfalls ablehnen. Es gibt aber Richter, die stets versuchen, die Prozessparteien in einen Prozessvergleich zu zwingen, gern auf 50 Prozent. Die Begründung: „Ich habe mir die Akte noch gar nicht gründlich angesehen, wie wäre es denn mit der Hälfte?“ Das ist keine Begründung. Das ist eine Beleidigung der Parteien und ihrer Prozess­bevollmächtigten. Es widerspricht auch dem Menschenverstand, selbst wenn dieser in der Justiz zeitweilig unter den Teppich gekehrt wird, indem Justitia sich tatsächlich blind stellt und vergisst, dass es sich bei der Augenbinde um ein Sinnbild der Unparteilichkeit handelt. Statistisch ist es unwahrscheinlich, dass eine gerechte Lösung einer Streitigkeit so sehr gehäuft im Mittel liegt. Aber Juristen halten nicht viel von Wahrscheinlichkeiten und Mathematik. So heißt es oft scherzhaft: judex non calculat (lat.: Der Richter rechnet nicht.). Damit ist aber zum einen gemeint, dass sich Gerechtigkeit nicht durch Rechnen ermitteln lässt und zum anderen, dass mathematische Berechnungen in einem Urteil nicht in Rechtskraft erwachsen, sondern jederzeit geändert werden können. Paragraf 319 Abs. 1 ZPO stellt Rechnungsfehler auf die gleiche Stufe wie Rechtschreibfehler. Ob das richtig ist, darüber mag man streiten. Einigen wir uns auf 50 Prozent. VIII. Zwei Rituale sind lästig, aber wohl nicht zu tilgen: Die mündliche Verhandlung im Zivilprozess ist gesetzlich angeordnet (Paragraf 279 ZPO). Der Prozess aber – es sei denn, Zeugen und Sachverständige sind zu vernehmen - ist meist schon vorher entschieden (innerlich). Die Erörterungen zur Sachund Rechtslage im Gerichtssaal sollen dann die zuvor anhand der Aktenlage favorisierte Entscheidung legitimieren. Man kommt für wenig zusammen. In den Protokollen steht meist nur: „Die Sachund Rechtslage wurde erörtert.“ Der gute Anwalt muss also im Vorfeld arbeiten, um Erfolg zu haben. Das zweite Ritual ist: Wenn in einem Prozess – insbesondere in Arzthaftpflichtsachen – ein Sachverständigengutachten eingeholt wird, passt es naturgemäß der Partei nicht, für die es schlecht ausgegangen ist. Dann wird unterstellt, der Sachverständige sei mit dem Betreffenden zusammen zur Schule gegangen, er sei unfähig, sämtliche Ausführungen unrichtig, er sei ungebildet – oder Schlimmeres (in Einzelfällen gibt es sogar das, wie exemplarisch der Fall Mollath lehrt). Heraus kommt bei dieser Pöbelei nichts. Dass ein Sachverständiger umfällt, ist nahezu ausgeschlossen. Das ist wie ein Fünfer im Lotto. Was bleibt, wäre ein privates Sachverständigengutachten einzuholen, das Zweifel an der Richtigkeit des gerichtlichen Gutachtens untermauert, sodass das Gericht einen weiteren Sachverständigen beauftragt: Neue (letzte) Chance, neues Glück. Die Justitia ist auch für die zehn Dinge, die den Anwalt plagen, blind. Man kann es nur mit Humor tragen. IX. Hass: Manche Mandanten möchten, dass man die Gegenseite in dem Maße hassen muss, wie sie es selber tun, natürlich zum gesetzlichen Gebührensatz. Sie sagen dann auch beispielsweise: „Sie müssen mir glauben, ansonsten hat doch alles keinen Sinn. Es reicht mir nicht aus, dass Sie meine Interessen und Position vertreten. Sie müssen mir auch glauben.“ Man soll also als Anwalt alles glauben. Das darf man gar nicht. Wenn die Zweifel überhand nehmen, darf man eine Sache nicht weiter vertreten. Der Hauptpunkt ist aber: Das intellektuelle Kidnapping bringt dem Rechtssuchenden rein gar nichts. Ein guter Anwalt ist kein Untergebener, er ist ein Ratgeber, einer der den Weg zu weisen weiß. X. Ist die Ungeduld nicht eigentlich auch eine Todsünde, jedenfalls dann, wenn es um die Juristerei geht? Jeder, der sich mit der Justiz einlässt, muss wissen, dass es eine lange Beziehung werden kann. Wenn man vor Gericht ziehen muss, kann manches Kind zur Schule gehen, das zu Beginn des Prozesses geboren worden ist, können manche Ehen schon geschieden sein, bis Justitia ihr Urteil fällt. Dies wisse, wer aus Prinzip niemals eine außergerichtliche Einigung anstrebt. Wer sie ablehnt, darf dann nicht jede Woche seinen Anwalt anrufen. RA Dr. Lovis Wambach, Bremen Foto: I vista_pixelio.de „Ich habe mir die Akte noch gar nicht gründlich angesehen, wie wäre es denn mit der Hälfte?“ AdVoice 04 /16 39 Magazin Magazin Unser Gericht des Monats Landgericht Bayreuth 40 AdVoice 04 /16 Fotos: Tobias Sommer Das Anfang des 20. Jahrhunderts erbaute LG Bayreuth ist ein barockisierender Bau mit Ju­ gendstilelementen. Schmuckstück des Sand­ steinbaus ist der im zweiten Stock gelegene Schwurgerichtssaal, dessen Decke aufwändig mit Stuck und einem farbigen Glasmosaikfeld verziert ist. Den 2. Weltkrieg hat das LG weit­ gehend unbeschadet überstanden. Die für Hoch- und Landesverrat zuständigen Senate des Volksgerichtshofs sollten nach der Zer­ störung des Gebäudes 1944/1945 in Berlin in die damalige Gauhauptsadt Bayreuth verlegt werden. Zwar hatten die Richter dort bereits getagt, zu Verhandlungen kam es hier aber nicht mehr. Für bundesweite Schlagzeilen sorgte das Gericht durch seine Strafvollstre­ ckungskammer im Fall Gustl Mollath. Die Kammer war aufgrund Mollaths Unterbrin­ gung in ihrem Zuständigkeitsbereich auch in die umstrittenen Verfahren involviert und hatte zunächst die weitere Unterbringung angeordnet. Im Fall Peggy Knobloch wie­ derum hatte das Gericht im Jahr 2013 die Wiederaufnahme des Verfahrens angeordnet. AdVoice 04 /16 41 Magazin Magazin Die Würde der Kreatur Schriftstellerin Hilal Sezgin über Tierschutz und Ethik im Umgang mit Leben AdVoice: Art. 120 Abs. 2 der Bundesverfassung der Schweiz sieht vor, dass der Bund beim Erlass von Vorschriften über den Umgang mit Keimund Erbgut von Tieren, Pflanzen und anderen Organismen u. a. der Würde der Kreatur Rechnung trägt. Im Grundgesetz schützt der der Staat nach Art. 20a GG auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere als Staatsziel. Sind die Schweizer weiter als wir, da sie schon von der Würde der Kreatur sprechen? Hilal Sezgin: Die Schweizer rühmen sich, das beste Tierschutzgesetz der Welt zu haben, aber in Deutschland rühmen wir uns ja auch gegenüber anderen Ländern, dass wir ein sehr gutes Tierschutzgesetz haben. Die Probleme sind vergleichbar: Die Ambitionen sind zunächst gut, aber in der Praxis werden Rechtsgüter immer nebeneinander abgewogen. Erst im Konflikt mit anderen Interessen, zum Beispiel Wirtschaft oder Lebensgewohnheiten, zeigt sich dann, wie weit das Ideal Tierschutz trägt. Und so darf man auch in der Schweiz Tiere essen, einsperren, künstlich vermehren, den Samen abzapfen und sie so züchten, dass die Glied­ maßen den eigenen Körper nicht mehr tragen. Die ihnen gesetzlich garantierte Würde ist also mit der Würde des Menschen, beziehungsweise dem Rechts­ schutz, der sich aus solcher Würde ergeben müsste, nicht annähernd vergleichbar. dem entspricht keine subjektive Innensicht dieser Prozesse. Und wenn Menschen sagen, Pflanzen können auch kommunizieren oder reagieren, dann ist das metaphorisch gemeint, wie im Buch „Das geheime Leben der Bäume“ von Peter Wohlleben. Damit sage ich nicht, dass Pflanzen keine Lebewesen sind, oder dass es nicht auch eine Ethik geben soll, die Pflanzen berücksichtigt. Aber es ist dann eine andere, viel weiter gefasste Ethik. Die Ethik und die Rechte jedoch, die ich für Tiere fordere, sind individuelle Rechte, um das subjektive Wohlbefinden zu schützen und den Vollzug des eigenen Lebens zu ermöglichen. Ich formuliere es deshalb so vorsichtig, weil wir niemandem garantieren können, ein gutes Leben zu haben. Wir sind nicht dafür zuständig, dass alle Tiere in Deutschland glücklich sind. Wir dürfen uns ihnen aber nicht in den Weg stellen. Es sind insofern Freiheitsrechte der Tiere. Das schulden wir tierlichen Individuen, anders als Pflanzen. „Wir sind nicht dafür zuständig, dass alle Tiere in Deutschland glücklich sind. Wir dürfen uns ihnen aber nicht in den Weg stellen.“ A: Wie steht es um die Pflanzen? Welche Rechte haben Menschen, Tiere und Pflanzen? Warum sollte ich beim Essen zwischen Tieren und Pflanzen unterscheiden? Auch Pflanzen sind Lebewesen und haben – wie die Tiere – keine Möglichkeit eines Bewusstseins über ihr Dasein. Warum sollten nicht Pflanzen genauso geschützt werden wie Tiere? A: Schützenfische in den Tropen können nach neuesten Forschungserkenntnissen Gesichter unterscheiden, Hühner haben die emotionale Fähigkeit, sich in andere Hühner hineinzuversetzen, Schimpansen geben technischen Fähigkeiten weiter. Müssen wir die ethischen Maßstäbe den naturwissenschaftlichen Erkenntnissen immer wieder anpassen, bestimmt also die Naturwissenschaft die ethische Reichweite des Tierschutzes? S: Tiere – zu denen streng genommen übrigens auch die Menschen zählen, wir Menschen sind ja auch Tiere – besitzen bewusste Empfindungen. Das heißt nicht unbedingt, dass sie komplizierte Sätze über ihre Gefühle bauen können, sie müssen keine Ich-Sätze bilden können oder Überlegungen über die fernere Zukunft anstellen. Aber sie empfinden Schmerz, Lust, Freude, Angst, Trauer, all diese Dinge. Diese subjektiven Fähigkeiten teilen wir mit den anderen Wirbeltieren, auch mit einigen Weichtieren, möglicherweise sogar mit den Insekten, das wissen wir aber noch nicht so genau. Bei Pflanzen ist das nicht der Fall. Sie registrieren Signale, senden Botenstoffe aus, reagieren – aber S: Das Interessante ist, dass die Naturwissenschaft – auch im Verbund mit der Philosophie, der Theologie und der Rechtswissenschaft – lange Zeit auf geradezu obsessive Weise beobachtet und definiert hat, was uns Menschen angeblich von Tieren unterscheidet. Seit der frühen Neuzeit haben wir sehr viel gedankliche Kraft in den Naturwissenschaften, aber auch in den Geisteswissenschaften darauf verwandt zu zementieren, dass Tiere z. B. Automaten sind, dass sie dies und jenes nicht können, dass sie auf eine bestimmte Weise nicht sprechen oder nicht rechnen können. Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein hat die Verhaltensforschung Tiere an Menschen gemessen. Leider haben wir 42 AdVoice 04 /16 weniger gut untersucht, wie die anderen Spezies selber leben, wie sie mit den Fragestellungen ihrer eigenen Lebensräume und Lebensweisen umgehen. Wenn wir uns jetzt durch die Naturwissenschaften belehren lassen müssen, wie vielfältig das Leben anderer Tiere ist, schwingt das Pendel nun sozusagen zurück. Was aber gut ist. Das gibt uns wieder Raum, Tiere als das zu sehen, was sie sind, was sie können, wie sie leben – und nicht diese künstliche, riesige Grenze zwischen ihnen und uns zu ziehen, wie wir es lange Zeit gemacht haben, vermutlich auch, damit wir sie so missbrauchen können, wie wir sie missbrauchen. A: Eine oft gehörte Meinung ist ja, dass wir Tiere züchten, schlachten und essen dürfen, weil wir Menschen sind. Was sagen Sie dazu, insbesondere aus ethischer Sicht? S: Das Kriterium, dass man ein Mensch ist, also eine spezielle DNS hat, kann alleine noch nicht sehr weit tragen. Dies müsste verbunden sein mit der Referenz auf etwas, was wir können, was wir brauchen, was dazu in einem relevanten Zusammenhang steht. Und natürlich gibt es Unterschiede. Tiere brauchen zum Beispiel keinen Füller und kein Fahrrad, haben daher, anders als Menschenkinder, kein Recht auf Sportunterricht oder überhaupt Bildung. Viele andere Bedürfnisse körperlicher, emotionaler und sozialer Art teilen wir allerdings mit den Tieren, und diese Bedürfnisse und Verletzlichkeiten müssen bei ihnen genauso geschützt werden wir bei uns. Unser aller Körper sind endlich und verwundbar. Wir hängen an unseren Familien, wir wollen unsere Kinder großziehen usw. Zu nennen sind Lebenskomponenten wie etwa Bewegung, Spiel, Neugierde. Das sind Eigenschaften und Fähigkeiten, die wir mit den Tieren gemein haben, und die bei uns allen geschützt werden müssen. Da ist es nicht relevant, welcher Spezies man angehört. Wenn diesbezüglich jemand sagt, er sei ein Mensch und ein anderer „nur ein Tier“, muss man die Frage stellen: „Ja und? Das ist noch keine Begründung!“ Manchmal wird auch behauptet, man dürfe mit Tieren bestimmte Sachen machen, weil es Nutztiere seien. Auch diese Kategorie trägt ethisch nicht, denn wir Menschen sind es ja, die die Tiere überhaupt erst zu Nutztieren erklärt haben. Weder die Biologie noch eine andere Wissenschaft gibt dies vor. Interessanterweise ist es noch nicht einmal so, dass wir andere Tiere nach Spezies einteilen nach dem Motto: Diese Spezies ist nur Nutztier Foto: uschi dreiucker_pixelio.de.jpg AdVoice 04 /16 43 Magazin und die andere ist Kamerad. Ich kenne Menschen, die essen Schweine und haben zugleich Hausschweine. Oder nehmen Sie Kaninchen. Die werden geliebt und gekuschelt, meist gegen ihren Willen übrigens. Zugleich werden sie gemästet und gegessen, als Labortiere genommen. Oft werden dieselben Kaninchen zuerst einige Monate lang gemocht und dann gegessen. Wir Menschen legen einfach den Schalter um, und genau das – das sage ich provokativ – ist typisches Merkmal einer Sklavenhaltergesellschaft. Die Sklavenhalter teilen ein, wozu die anderen da sind. Bei den Menschen wäre es so: „Du gehst aufs Feld ackern, du ziehst meine Kinder groß und mit dir habe ich Sex, wann immer ich will!“ Dieses Verfügen über andere spiegelt sich in Kategorien wie „Nutztier“ dann nur, es wird dadurch nicht gerechtfertigt. A: Erklärt das auch die Differenzierung, die wir vornehmen, wenn etwa die Kuh in Indien heilig ist, bei uns aber als Schlachtvieh benutzt wird? Umgekehrt ist der Aufschrei groß, wenn in China Hunde getötet und gegessen werden, während sich um Schweine oder Kühe in Europa kaum jemand schert. S: Die Kuh in Indien ist so ein ähnlicher Fall wie die Würde des Tieres in der Schweiz. Einige Dinge werden mit den Kühen in Indien nicht gemacht, andere sehr wohl. Auch in Indien gibt es etwa eine wahnsinnige Ausbeutung von Milchkühen, gibt es schreckliche Tiertransporte, wo die Kühe, die im einen Bundesstaat nicht geschlachtet werden dürfen, auf erbärmlichste Weise in einen anderen Bun­ desstaat transportiert werden, wo dies erlaubt ist. Der andere Aspekt, dass wir Menschen sagen, dort regt es mich auf und hier nicht, sind kognitive Dissonanzen. Wir Menschen müssen für uns die Welt ja irgendwie gedanklich sortieren und teilweise auch erst erträglich machen. Aber wir müssen uns immer wieder fragen, wo das Differenzieren, obwohl unbequem, dennoch notwendig ist. Und wenn wir uns über das Essen von Hunden in China aufregen, muss uns auffallen, dass es scheinheilig ist, immer beim anderen besser zu sehen, was falsch läuft, und es bei sich selbst als normal anzusehen. Hier ist Selbstreflektion gefragt. Und es ist ein Kennzeichen von Fortschritt der Moral und des Rechts, dass man das, was bisher selbsterklärend und normal schien, hinterfragt und zu einer politischen und normativen Frage macht: „Ist meine Praxis überhaupt richtig?“ A: Ist das Problem auch, dass wir eine durch das Recht gestützte Ökonomisierung der tierlichen Lebensbereiche vorfinden? Beispiel könnte das Tierseuchengesetz sein. Dies sieht in § 66 Nr. 1 eine Geldentschädigung für Tiere vor, die auf behördliche Anordnung getötet wurden. Nach § 67 Abs. 1 S. 1 Tierseuchengesetz wird der Entschädigung der gemeine Wert des Tieres zugrunde 44 AdVoice 04 /16 gelegt. Das Bundesverwaltungsgericht (NVwZ-RR 2005, 446 f.) stützt sich dabei auf die Legaldefinition in § 9 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes. Danach wird der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Es sind alle Umstände zu berücksichtigen, die den Preis beeinflussen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind allerdings nicht zu berücksichtigen, wie es im Gesetz heißt. S: Ja, man muss aber nicht einmal bis zum Tierseuchengesetz gehen, man kann auch ins Tierschutzgesetz schauen. Darin steht ja, was alles verboten ist. So darf etwa nach § 5 Abs. 1 S. 1 des Tierschutzgesetzes an einem Wirbeltier ohne Betäubung ein mit Schmerzen verbundener Eingriff nicht vorgenommen werden. Und dann werden die Ausnahmen aufgezählt. Diese Ausnahmen beinhalten alles, was in der Landwirtschaft gemacht wird. So ist nach § 5 Abs. 3 eine Betäubung nicht erforderlich für das Kastrieren von unter vier Wochen alten männlichen Rindern, für das Kürzen des Schwanzes von unter vier Tage alten Ferkeln sowie von unter acht Tage alten Lämmern usw. Das widerspricht direkt der Intention, die eigentlich in diesem Paragraphen ausgedrückt werden soll. Hier stellt sich natürlich auch die Frage, wie Gesetze entstehen: nämlich unter dem Druck von Lobbyismus, durch Anpassung an die Gewohnheit und die ökonomischen Zusammenhänge. Man könnte diese Tiere effektiv gar nicht als „Lebensmittel“ herstellen oder sie in solche verwandeln, wenn man nicht über diese Tiere hinweggehen würde. Es gibt keine Wurst, wenn man die Tiere vorher nicht schlachtet, also gewaltsam tötet. Magazin 1997, als Vergewaltigung in der Ehe zum Straftatbestand wurde. Es gab teils erbitterten Widerstand – heute kaum mehr denkbar. A: Melanie Joy spricht von Karnismus, wenn es um die Frage geht, warum wir Fleisch essen. Können Sie erläutern, was unter Karnismus zu verstehen ist? S: Mit Karnismus meint Melanie Joy diesen blinden Flecken, der uns erlaubt, einige Tiere zu essen und andere nicht, und dabei darüber hinwegzugehen, dass wir eigentlich wissen, dass es sich bei ihnen allen um empfindungsfähige Lebewesen handelt, die leben wollen. Das weiß jeder von uns, dennoch ignorieren wir das. Das Interessante ist – ich sage das jetzt etwas verkürzt in meinen eigenen Worten – dass das nicht einfach vom Himmel gefallen oder Dummheit ist, sondern Teil einer Ideologie. Joy zeigt, dass wir uns da einen Erklärungszusammenhang zurechtgebastelt haben, der die Abläufe und Privilegien, die wir beibehalten wollen, erlaubt. Karnismus ist ein Element des Speziesismus, wie wir Tierrechtler meistens sagen, also die Bevorzugung einer Spezies, nämlich die des Menschen, und die Missachtung anderer Spezies. Es geht dabei nicht nur um das Essen. Vielmehr teilen wir die Tiere auch auf in Labortiere, wir sperren sie in Käfige, wir benutzen sie zum Amüsement. All das ist auch eine Unterordnung von Tieren. Karnismus ist nur ein Element, wenn auch ein sehr wichtiges, weil die Zahl der jedes Jahr zum Essen geschlachteten Tiere in Deutschland 800 Millionen beträgt. Darin enthalten sind nicht die, die unterwegs sterben, also bei der Aufzucht, durch Fehlzüchtungen etc. Die Fische und die gejagten Tiere auch nicht. Aber bereits die 800 Millionen sind eine wirklich große Hausnummer. „Das Kriterium, dass man ein Mensch ist, also eine spezielle DNS hat, kann alleine noch nicht sehr weit tragen.“ A: Unsere Gesellschaft macht einen Unterschied zwischen moralisch und kulinarisch wertvollen Tieren. Hunde und Katzen haben bei uns eine andere Stellung als Schweine und Kühe. Ist das rechtlich oder ethisch haltbar? Nun kann man sich natürlich fragen, ob eine Gesetzesänderung da denn helfen würde, ob man sie überhaupt anstreben sollte. Natürlich kann ein Gesetz nicht etwas vorschreiben, was der öffentlichen Meinung völlig zuwiderläuft, wie leben ja in einer Demokratie. Gesetze sind aber auch nicht wirkungslos, sondern es gibt eine Dialektik oder Wechselwirkung zwischen Gesetzen und öffentlicher Meinung sowie Moral. Bestenfalls schieben beide einander gegenseitig vorwärts. Ein Gesetz kann das zementieren und legitimieren, was bereits im Argen liegt. Andererseits kann man durch Gesetzesänderungen auch neue Normen setzen oder Diskussionen in Gang bringen. So erinnere mich mich noch ziemlich gut an die Diskussionen S: Es gäbe einen minimalen ethischen Ansatz in dem Sinne, dass man zu Recht die bevorzugt, die einem ganz nahe sind. Diesen gegenüber hat man mehr Pflichten. Ihr eigenes Kind müssen Sie zum Zahnarzt begleiten, mit dem gehen Sie zum Schwimmen, bei anderen Kindern tun Sie dies nicht, beziehungsweise dürfen Sie dies sogar nicht. Es gibt also so eine gewisse Ethik des Nahbereichs. Die Grenze Haustier/Nutztier lässt sich so aber nicht rechtfertigen, weil ja dieselben Tiere, die im einen Moment gehätschelt werden, kurz darauf entweder an der Autobahntankstelle ausgesetzt, oder eben doch geschlachtet werden, Verwandte dieser Tiere werden in Labors gequält. Ich erinnere an Hausschweine oder eben Kaninchen! Es ist sozusagen reine Willkür. A: Der Hirnforscher und Professor für Zoophysiologie Andreas Kreiter hat in einem ZEIT-Interview wirksame Behandlungen in der Neurologie oder Psychiatrie als nicht denkbar ohne Wissen aus Tierversuchen bezeichnet. Er meint, dass die Arbeit an neuen Therapien ohne die Tierexperimente zum Erliegen kommen würde und es ethisch nicht vertretbar sei, diesen Erkenntnisgewinn zu behindern. Zellkulturen und Computermodelle sind nach Kreiter keine Alternative um herauszufinden, wie unser Denken, wie unser Geist funktioniert. Dazu bräuchten die Wissenschaftler das intakte System. Stoßen die Rechte von Tieren da an eine Grenze? S: Da muss ich die Antwort dreiteilen. Die eine Antwort ist sozusagen die ganz empirische. Wenn man vor paarhundert Jahren gesagt hätte, man möchte zum Mond fliegen, hätte man gesagt, das ist nicht denkbar. Es ist von heute aus schwer zu sagen, was möglich ist und was nicht, wenn man in der Schiene einer bestehenden Wissenschaft ist. Dafür bin ich aber auch nicht die Expertin. Deshalb nehme ich für den zweiten Teil meiner Antwort einfach mal an, dass es einige Erkenntnisse ohne Tierversuche nicht möglich wären. Und in diesem Fall muss ich sagen, dass wir dann leider Pech gehabt haben – was sich drastisch anhört. Es ist auch drastisch, es ist sogar tragisch. Aber wir werden vermutlich den Tod ohnehin nicht abschaffen und auch nicht jede Krankheit besiegen. Wir werden, weil wir als Menschen bedürftige und verletzliche Körper haben, immer auch Dinge erleiden müssen. Das ist aber kein Grund, dieses Leiden, das wir aus der Welt schaffen wollen, anderen zuzufügen. Wenn die Tiere so unterschiedlich sind, also ganz andere Wesen, dass man dies mit ihnen machen darf, dann würde es aus meiner Sicht dennoch nicht helfen. Das System muss ja ähnlich genug sein, damit man es übertragen kann. Vieles kann man ja offensichtlich nicht übertragen. Aber wenn sie uns so ähnlich sind, dass man man an Tieren solche Phänomene wie Schmerzen, Angst, Depressionen erforschen kann, dann ist es falsch, dies zu machen! Gerade weil wir wissen, dass es sich für sie ähnlich anfühlt und dass es schwere Beeinträchtigungen sind. Und jetzt kommt der dritte Teil meiner Antwort: Eine Naturwissenschaft konzeptualisiert ihren Untersuchungsgegenstand gemäß ihrer Weltanschauung und Fragestellung. Daher wissen wir nicht, was für eine Medizin möglich gewesen wäre, wenn wir zum Beispiel nicht auf Descartes Maschinenmodell eingestiegen wären. Ich will nicht leugnen, dass wir damit nicht viel herausgefunden haben, aber ganz sicher bin ich, dass dadurch auch Grenzen auferlegt werden, nämlich die Grenzen des Konzepts, das es uns nicht ermöglicht, andere Wege zu beschreiten. Wir müssen also neue Wege der Forschung und Wissenschaft finden. Andere dabei willentlich zu schädigen, ist jedenfalls nicht in Ordnung. Hier eine Grenze Foto: Ilona Habben zu ziehen, ist der Sinn von Moral. Moral wäre ja witzlos, wenn sie nur das regulieren würde, worin ohnehin niemand einen Konflikt sieht. zusammenleben will, manche näher, manche entfernter, und dass wir tatsächlich in gemischten Gesellschaften leben. A: Welche Frage, die wir zu „Vegetarismus und Recht“ nicht gestellt haben, würden Sie gerne noch beantworten? Hier entsteht übrigens auch eine Aufgabe für unser Recht. Es ist ja nicht so, dass wir nur unter Menschen leben, und ab und zu stolpern wir über ein Tier und fragen uns dann, wie wir zusammenleben können. Vielmehr ist es anders: Sowohl in den Städten als auch auf dem Land leben wir immer mit Tieren. Und wir müssen unser Zusammenleben mit ihnen regulieren, es muss anständiger, friedfertiger werden. Dann bräuchten wir nicht so viel zu verdrängen und diffuse Schuldgefühle herumzutragen, und Tiere, die wir heute bejagen, würden uns wieder in ihre Nähe lassen. Ich glaube, davon würden wir Menschen profitieren. S: Ob man Tiere lieben muss, und ob ich dafür bin, das wir ganz ohne Tiere leben sollen. Ich jedenfalls denke, dass die Menschheit insgesamt sehr interessiert an anderen Tierarten ist, dass aber nicht jeder Einzelne Tiere lieben muss. Das ist so ein bisschen wie mit anderen anthropologischen Aussagen: Kunst und Musik gehören zum Menschen. Das heißt nicht, dass jeder Komponist ist oder gerne ins Museum geht. Aber insgesamt gehört es dazu. Und ich glaube, wir müssen anerkennen, dass auf ähnliche Weise das Gros der Menschheit mit anderen Tieren Das Gespräch führte RA Jochen Link, Überlingen Zur Person Die Philosophin und Tierrechtlerin Hilal Sezgin, am 29. Mai 1970 in Frankfurt am Main geboren, lebt seit 1983 vegetarisch und seit 2008 vegan. Ihr Zuhause teilt sie mit Gänsen, Schafen und Ziegen auf einem Lebenshof in der Lüneburger Heide. Sezgin ist als Schriftstellerin, Journalistin und Publizistin tätig und schreibt u.a. für „DIE ZEIT“, die „Frank­ furter Rundschau“, die „Süddeutsche Zeitung“, die „taz“ und die „Berliner Zeitung“. Der Titel ihres neusten Buchs lautet „Wieso? Weshalb? Vegan! Warum Tiere Rechte haben und Schnitzel schlecht für das Klima sind“. Zuvor hat sie zu Tier­ethik und Tierrechte schon die Bücher „Artgerecht ist nur die Freiheit“ und „Hilal Sezgins Tierleben. Von Schweinen und anderen Zeitgenossen“ publiziert. Sezgin hat in Frankfurt am Main Philosophie, Soziologie und Germanistik studiert. Neben zwei Romanen hat sie unter anderem auch die Bücher „Typisch Türkin?“ sowie zusammen mit Nasr Hamid Abu Zaid „Mohammed und die Zeichen Gottes“ geschrieben. Gegen Sarrazin und Islamophobie gerichtet war der von ihr herausgegebene Sammelband „Manifest der Vielen. Deutschland erfindet sich neu“. Sezgin ist Mitglied des Liberal-Islamischen Bundes. 2010 wurde sie von der zivilgesellschaftlichen Intitiative CEDAR (Connecting European Dynamic Achievers & Role-Models) als „European Muslim Women of Influence“ geehrt. 2016 zeichnete Edition F sie aus als eine der „25 Frauen, die unsere Welt besser machen“. www.hilalsezgin.de AdVoice 04 /16 45 Magazin Magazin Bio-Wasser gibt es doch! BGH-Urteil: Es muss schadstoffarm und umweltfreundlich hergestellt sein Verbraucherverwirrung um die Bezeichnung Biowasser entstanden. Damit will die Brauerei aufräumen, welche über das Verfahren und die Urteile, die angesichts der drei Instanzen erstaunlich schnell ergingen, auf ihrer Internetseite informiert. Susanne Horn, Generalbevollmächtigte der Neumarkter Lammsbräu äußerte sich wie folgt zur Urteilsbegründung: „Was Bio-Branchen-Kenner schon lange wussten, bestätigt jetzt der BGH: Verbraucher verbinden mit ‚Bio‘ nicht nur weniger Schadstoffe, sondern auch eine umweltfreundliche Gewinnung – Bio-Siegel müssen dies gewährleisten können. Dass der BGH das Konzept der Qualitätsgemeinschaft Biomineralwasser e. V. im Bereich Mineralwasser hierfür zum Standard erklärt, unterstreicht die Ernsthaftigkeit der präzise definierten Richtlinien noch einmal und minimiert das Risiko von ‚Bio-Mineralwasser-Light‘-Nachahmern.“ Weiter heißt es: „Rückstände sind inzwischen allgegenwärtig. Verlässliche Verbands-Zertifizierungen wie das Bio-Mineralwasser-Siegel helfen Verbrauchern, mündige Einkaufsentscheidungen zu treffen.“ Aber auch die Eigenwerbung kommt nicht zu kurz, wenn sie zur Bedeutung für das Produkt ‚BioKristall‘ ausführt: „Die gewonnene Rechtssicherheit erleichtert uns den Vertrieb; jetzt gibt es im Handel keine Argumente mehr, das erste „Werbung mit Selbstverständlichkeiten“ Bio-Mineralwasser Deutschlands, unser ‚BioKristall‘, nicht zu listen.“ Nur etwa ein Drittel der deutschen Brunnen und Abfüllbetriebe würde die strengen Kriterien für Bio-Mineralwasser erfüllen heißt es auf der Internetseite des Produkts, das etwa einen Euro pro Flasche kostet. Bio hin oder her: Wer beim Wassertrinken seine Ökobilanz im Blick behalten will, dreht einfach den Hahn auf. Der Energieverbrauch bei Flaschenmineralwasser soll nach einer Studie der Schweizer Firma ESU-Services aus dem Jahr 2006 etwa 100 mal höher als bei Leitungswasser liegen. Ob das auch für Biowasser gilt, ist nicht bekannt. Jedoch sollte das Wasser aus dem Hahn vorher untersucht werden. Hierzu informiert Lammsbräu wie folgt: Leitungswasser sei zwar billiger als Mineralwasser und enthalte manchmal auch Mineralstoffe. Aber da es meistens aus oberflächennahen Quellen gewonnen wird, enthalte es oft auch viele Substanzen, die eigentlich nichts darin verloren haben. RA Tobias Sommer, Berlin Foto: knipseline_pixelio.de ANZEIGE Alles Bio, oder was? Man könnte meinen, dass jedes Wasser bio ist. Richter sehen das anders. Biowasser? Wie bitte, was soll das denn sein? Wasser ist doch immer Bio! So hat es auch das Landgericht Nürnberg im Jahr 2011 gesehen (AZ 3 O 819/10), wurde aber noch im gleichen Jahr vom OLG Nürnberg aufgehoben (Az 3 U 354/11). Der Streit zwischen der Neumarkter Lammsbräu und der Wettbewerbszentrale um das als Biomineralwasser beworbene „Bio-Kristall“ ging aber auch noch bis zum BGH. Die Robenträger aus Karlsruhe (Az: I ZR 230/11) bescheinigten der Brauerei im Jahr 2012, dass es Biowasser geben könne, jedoch müsse es folgende drei Kriterien erfüllen: Erstens müsse Bio-Mineralwasser weitestgehend frei von Rückständen und Schadstoffen sein und damit deutlich reiner als herkömmliches Mineralwasser. Zweitens müsse Bio-Mineralwasser umweltfreundlich hergestellt und abgefüllt werden. Die Zertifizierung wiederum muss durch einen Verband nach sinnvollen und angemessenen Kriterien erfolgen. Die OLG-Richter hatten eine ähnliche Richtung vorgegeben: „Die Bezeichnung Bio-Mineralwasser sei jedenfalls dann zulässig, wenn sich das so bezeichnete Mineralwasser im Hinblick auf einen festgelegten Kriterienkatalog für Gewinnung und Schadstoffgehalt von anderen Mineralwassern ab- 46 AdVoice 04 /16 hebt und die gesetzlichen Grenzwerte deutlich unterschreitet.“ Viel interessanter war aber, was sie grundsätzlich und aus eigener Anschauung zu dem Begriff Bio zu sagen hatten. In Leitsatz 2 heißt es: „Eine Verbrauchererwartung, dass die Bezeichnung Bio eine staatliche Lizenzierung und Überwachung voraussetzt, besteht nicht.“ „Eine Verbrauchererwartung, dass die Bezeichnung Bio eine staatliche Lizenzierung und Überwachung voraussetzt, besteht nicht.“ Die Beklagte Brauerei hatte u. a. mit einer Untersuchung Verbrauchervorstellung bei „Bio-Mineralwasser“ argumentiert, wonach 48,9 Prozent der Befragten von einem „Bio-Mineralwasser“ erwarten, dass es unbehandelt, besonders rein und ohne Zusatzstoffe sei. 22 Prozent der befragten Verbraucher erwarten wiederum, dass ein Bio-Mineralwasser natürlich und naturbelassen ist. In dem Streit ging es vor allem um eine wettbewerbswidrige Irreführung sowie die Kennzeichnungsvorgaben von §§ 3, 4 LMKV i. V. m. § 2 der Foto: 0stefan_pixelio.de Mineral- und Tafelwasserverordnung, um Nitratund Nitrit-Werte und das Ökokennzeichnungsgesetz. Grundsätzlich sei das Lebensmittelkennzeichnungsrecht offen für zusätzliche Angaben zur Beschaffenheit, wenn damit keine Fehlvorstellungen über das Lebensmittels erzeugt werden. Das hatte das Landgericht noch anders gesehen: Der Verbraucher verbinde mit „Bio“ die Erwartung, dass gesetzliche oder sonstige hoheitliche Vorgaben für den Herstellungsprozess gegeben seien, und dass dies auch für das Mineralwasser des Beklagten zutreffe. Dies sei jedoch nicht der Fall. „Darüber hinaus sei die streitgegenständliche Bezeichnung auch irreführend im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 LFBG. Die Bezeichnung Bio-Mineralwasser sei eine irreführende Werbung mit Selbstverständlichkeiten, da es sich dabei um Merkmale handele, die für alle natürlichen Mineralwässer vorgeschrieben seien. Schließlich verstoße die Bezeichnung Bio-Mineralwasser gegen §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 4 Abs. 1 LMKV, §§ 2, 8 Abs. 1 Min/TafelWV. Der Verbraucher sehe in der auf dem Etikett angebrachten Bezeichnung „Bio-­ Mineralwasser“ eine Verkehrsbezeichnung. Diese Verkehrsbezeichnung sei jedoch unzulässig.“ Allein durch die verschiedenen Urteile, über die ausführlich berichtet wurde, ist nun eine gehörige Aus Kontakten Mandanten machen. Die Neuerscheinung Die Themen vermittelt dem Rechtsanwalt, wie er Netzwerke systematisch aufbaut und pflegt, sein eigenes Profil schärft und sinnvoll Akquise sowie Business Development betreibt. Übersichten zu den ver­ schiedenen rhetorischen Stra­ tegien und gezielte Praxistipps veranschaulichen die Darstellung. ■■ Networking mit System ■■ Rhetorische Strategien und Kommunikationsbausteine ■■ Adressaten-Profiling ■■ Varianten der Mandanten­ akquisition ■■ Strategische Kooperationen ■■ Entwicklung des eigenen Business­Case ■■ Impulse für Business Development Von Constanze Eich 2016. XI, 231 Seiten. Kartoniert € 38,90 ISBN 978-3-406-68761-7 Erhältlich im Buchhandel oder bei: beck-shop.de | Verlag C.H.BECK oHG · 80791 München | [email protected] | Preise inkl. MwSt. | 165715 AdVoice 04 /16 47 JuraInfos JuraInfos Showtime für § 103 StGB Die plötzliche Prominenz eines unscheinbaren Paragrafen Nachdem er sich 145 Jahre lang vernachlässigt, unbeachtet und ausgeschlossen gefühlt haben muss, in Lehrbüchern kaum Erwähnung fand und unzählige Juristen jahrzehntelang ihre Staatsexamina absolvierten, ohne sich überhaupt seiner Existenz bewusst gewesen zu sein, ist im April 2016 endlich, unverhofft aber dafür umso eindrucksvoller, der lang ersehnte Moment gekommen, in dem alle einmal auf ihn schauten: auf § 103 StGB. Dem lag zugrunde, dass der Moderator der ZDF-Sendung Neo Magazin Royale, Jan Böhmermann, (B), ein Gedicht mit dem Titel „Schmähkritik“ vortrug, welches den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan (E) zum Gegenstand hatte. Auf den Abdruck des Textes wird vorsichtshalber verzichtet. Jedoch sei angemerkt, dass der Inhalt dieses Gedichts nicht nur – wie einhellig in der Presse zu lesen war – als niveaulos und pervers einzustufen ist, sondern auch – was weniger Erwähnung fand – in bedenklicher Weise an in rechts-extremen Kreisen, aber inzwischen auch landläufig vorhandene, mit dem türkisch- und arabischsprachigen Raum in Verbindung gebrachte Vorurteile anknüpft. „Darauf kommt es aber vorliegend nicht an“, um den Lieblingssatz eines jeden Richters zu zitieren und sich von politischen Diskussionen in den Medien abzuwenden. Während sich die Gemüter der Journalisten, Politologen & Co. an Themen wie Flüchtlingspolitik, Türkei-Deal, innenpolitische Praxis bis hin zur Menschenwürde entzünden, zeigt sich der typische Jurist hierdurch weitestgehend unbeeindruckt. Emotionen regen sich höchstens bei Prüfungskandidaten in der Vorbereitungsphase, die nach panischem Blättern im Schönfelder spätestens beim Griff zum Fischer entspannt feststellen: Das Maß der Kommentierung verhält sich wohl proportional zur praktischen Bedeutung des § 103 StGB. Also viel Lärm um nichts? Im Folgenden soll die Causa Böhmermann für einen Moment entpolitisiert und als Standardfall einer strafrechtlichen Bewertung zugeführt werden: Strafbarkeit des B zu Lasten des E (Staatsoberhaupt des Staates T) 1. § 103 STGB Im objektiven Tatbestand wird zwischen verschiedenen Tatobjekten differenziert, für die ein unterschiedlicher Schutzumfang gilt. Während für Regie- 48 AdVoice 04 /16 rungsmitglieder ein Inlandsaufenthalt in amtlicher Eigenschaft Voraussetzung ist, werden Staatsoberhäupter örtlich und sachlich umfassend geschützt. E muss sich zum Tatzeitpunkt somit nicht in der BRD aufgehalten haben. Hinsichtlich der Tathandlung wird schnell deutlich, dass es sich bei § 103 StGB seiner Deliktsnatur nach um eine Qualifikation der Beleidigungstatbestände handelt. Zu prüfen ist hier also der „ganz normale“ Grundtatbestand des § 185 StGB. So manch einer fragt sich vielleicht an dieser Stelle: Wozu dann noch der § 103 StGB? Ist es also wahr, dass es sich hierbei um einen völlig überflüssigen, antiquierten Paragrafen (Stichwort „Majestätsbeleidigung“) handelt, der schon längst hätte abgeschafft werden müssen? Mit Relikten aus dem Zeitalter der Monarchie hat die in §§ 102 ff. StGB geregelte Materie jedoch weniger zu tun. Vielmehr sind die historischen Wurzeln im klassischen Völkergewohnheitsrecht zu finden, wonach einem Staat die völkerrechtliche Haftung drohte (17. Jh., Hugo Grotius), wenn er seiner Pflicht, eine Privatperson, die auf seinem Gebiet einen Angriff auf Repräsentanten eines ausländischen Staates verübt hatte, nicht entweder bestraft oder ausliefert (aut dedere aut judicare). Die völkerrechtliche Pflicht zum Schutz vor Ehrangriffen iSd § 103 StGB findet auch im Völkervertragsrecht, Art. 29 WÜD (Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen) sowie in Art. 2 Abs. 2 Diplomatenschutzübereinkommen seinen Niederschlag. Eine Verpflichtung der Staaten, Sonderstrafnormen wie den § 103 StGB aufzustellen, ergibt sich hieraus jedoch nicht. a. § 185 STGB Beleidigung iSd § 185 StGB ist die Kundgabe von Missachtung oder Nichtachtung. Der objektive Tatbestand dürfte nach Abgleich mit dem Inhalt der Äußerungen zu bejahen sein. In subjektiver Hinsicht ist eine besondere Beleidigungsabsicht seitens des B nicht erforderlich, ausreichend ist das Bewusstsein, dass seine Kundgabe sich als Mittel der Ehrenkränkung eignet und durch andere wahrgenommen wird (Eventualvorsatz). Dass B mit seiner Äußerung daneben womöglich andere Zwecke verfolgen wollte, schließt einen Eventualvorsatz somit nicht aus. Qualifizierend müsste B sich auch hinsichtlich der Stellung des E als Staatsoberhaupt bewusst gewesen sein. Der Tatbestand dürfte durch das Verhalten des B mithin erfüllt sein. b. § 193 STGB Die schwerpunktmäßige Prüfung liegt jedoch auf der Frage, ob B auch rechtswidrig handelte. Die Rechtswidrigkeit könnte aufgrund des Vorliegens eines Rechtfertigungsgrundes, hier der Wahrnehmung berechtigter Interessen gemäß § 193 StGB ausgeschlossen sein, welcher auch auf § 103 StGB anwendbar ist. Als berechtigtes Interesse (1) kommt jedes öffentliche oder private Interesse in Frage, das von der Rechtsordnung als schutzwürdig anerkannt ist. Am Vortrag eines solchen Gedichts an sich besteht wohl kaum ein schutzwürdiges Interesse. Da der Gesamtbeitrag aber im Zusammenhang mit tagespolitischen Ereignissen stand, ist zugunsten des B von einem berechtigten Interesse an einer öffentlichen, politischen Auseinandersetzung auszugehen. Weitere Voraussetzungen des §193 StGB sind, dass die Ehrverletzung zur Wahrnehmung dieses Interesses geeignet und erforderlich war (2), sich im Rahmen einer Interessenabwägung als angemessenes Mittel erweist (3) sowie ein subjektives Rechtfertigungselement (4). In der Grundkonstellation sind somit das berechtigte Interesse des Täters und der Anspruch des Opfers auf Achtung seiner Ehre abzuwägen. Da wir uns aber in der Sonderkonstellation des § 103 StGB befinden, müsste konsequenterweise zusätzlich auch das Rechtsgut des § 103 StGB in die Abwägung gestellt werden. Hinsichtlich des Schutzzweckes dieser Norm herrscht jedoch wie so oft unter Juristen Uneinigkeit. Überlagerung durch Art. 5 GG hinzu, sodass im Rahmen des § 193 StGB auch etwaige Kollisionen mit der im Einzelfall voneinander abzugrenzenden Meinungs- oder Kunstfreiheit1 aufzulösen sind. Dabei spricht die Vermutung aufgrund ihrer bekanntlich „schlechthin konstituierenden“ Bedeutung zugunsten der Meinungsfreiheit. Dies gilt jedoch nicht, sobald die berüchtigte „Schmäh­ kritik“ vorliegt. Gemeint sind Äußerungen, bei denen nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern Beschimpfungen, Schmähungen und Diffamierungen der Person im Vordergrund stehen. Ein sehr veranschaulichendes Beispiel hierfür hat B mit seinem gleichnamig betitelten Gedicht bereits geliefert. Die Frage, die sich hier stellt, ist daher gerade nicht die, ob es sich bei dem Gedicht des B um „Schmähkritik“ handelt. Die Besonderheit des Falles liegt darin, dass eine Schmähkritik in einen erzieherischen Kontext eingebettet wurde, indem es als Beispiel zur Veranschaulichung der Grenzen zwischen zulässiger Meinungsäußerung und unzulässiger Schmähkritik verwendet wurde. Dass der Inhalt durch den genannten Kontext relativiert wird, ist nicht von der Hand zu weisen, fraglich ist nur, ob und welche Auswirkung dies bei der juristischen Bewertung hat. Kann die Einbettung in einen erzieherischen Kontext zur Folge haben, dass eine an sich die Kriterien der Schmähkritik erfüllende Äußerung ihre Eigenschaft als Schmähkritik verliert? Nach der „These vom Auslandsschutz“ sind ausschließlich ausländische Rechtsgüter wie die Integrität und Würde der ausländischen Organe geschützt. Die Frage der Strafbarkeit des B steht und fällt jedenfalls mit der Beantwortung dieser Kernfrage, deren Bejahung viele Folgefragen aufwirft. Nach der „These vom Inlandsschutz“ ist Rechtsgut der §§ 102 ff. StGB jedoch primär das Interesse der BRD an einem Mindestbestand funktionierender, diplomatischer Beziehungen. Dass dies auch den Interessen ausländischer Staaten und ihrer Repräsentanten zugute käme, sei „ein bloßer Reflex des Schutzes der Interessen Deutschlands (NK-Wohlers, Vorbem. §§ 102 ff. Rn 2)“. Wie wäre eine solche Wirkung rechtsdogmatisch zu erklären, als Rück-Ausnahme von der Ausnahme oder gar als tatbestandsausschließendes Element? Und würde die Möglichkeit einer sozusagen „neutralisierenden Verpackung“ von Schmähkritik in der Praxis nicht dazu führen, dass das Kriterium der Schmähkritik – als letzte Bastion des Ehrenschutzes in einem ohnehin schon (und natürlich auch zu Recht) stark zugunsten der Meinungsfreiheit geprägtem Spielfeld – zu einer leeren Worthülse verkommt? Wie immer geht auch dieser juristische Meinungsstreit mit der aus der Verbindung beider Thesen resultierenden Geburt einer vermittelnden Ansicht einher, der sogenannten dualistischen These, die für eine doppelte Schutzrichtung plädiert. In der Fallgruppe „Äußerung im Rahmen öffentlicher politischer Meinungsbildung“ tritt außerdem die Fotos: ©Jonas Rogowski_wikimedia, Rainer Sturm_pixelio.de Aus general-präventiven und rechtsdogmatischen Gründen spricht jedenfalls viel dafür, dass der Umstand des erzieherischen Kontextes keinen zwingenden Anlass für Rechtsfortbildung bietet und in ausreichender Weise auf der Ebene der Strafzumessung seine angemessene Berücksichtigung finden kann. 2. § 104 A STGB In prozessualer Hinsicht interessant und gewissermaßen für einen Präzedenzfall sorgend ist die Bestimmung des § 104 a StGB, deren vier Voraussetzungen gegeben sein müssten: Das Bestehen diplomatischer Beziehungen (1) zum Staat S und die Verbürgung der Gegenseitigkeit (2), wonach im jeweiligen ausländischen Recht den §§ 102 ff. StGB vergleichbare Sonder-/Qualifikationstatbestände erforderlich sind, unser Staatsoberhaupt im Staate S somit den gleichen strafrechtlichen Schutz genießen müsste wie E hierzulande, sind erfüllt (das türkische Strafgesetzbuch enthält eine korrespondierende Bestimmung). Das Strafverlangen der ausländischen Regierung (3) müsste durch ein Organ, das den Auslandsstaat völkerrechtlich gegenüber der BRD vertritt (Botschafter oder Außenminister) zum Ausdruck gebracht werden und lag hier in Form einer Verbalnote des Botschafters des Staates S vor. Mit Spannung erwartet wurde insbesondere die Verfolgungsermächtigung der Bundesregierung (4). Zuständig hierfür ist kraft seiner Ressortzuständigkeit der Bundesminister des Auswärtigen, es sei denn, die Bundesregierung hat die Kompetenz im Einzelfall an sich gezogen. Funktion dieser im Hinblick auf das Gewaltenteilungsprinzip ungewöhnlichen Voraussetzung ist es, Strafverfahren zu verhindern, die den außenpolitischen Interessen Deutschlands zuwiderlaufen, vor allem bei einem Ehrangriff auf diktatorisch regierte Staaten (MK-Kreß § 104 a Rn 4). Die Ermächtigung zur Strafverfolgung wurde am 15. April 2016 durch die Bundeskanzlerin bekannt gegeben, zugleich wurde auch die Abschaffung des § 103 StGB bis 2018 angekündigt. Letzteres dürfte – sofern es zu einer Anklage durch die zuständige StA Mainz und einer Hauptverhandlung gegen B kommen sollte – ggf. als weiterer strafmildernder Umstand Berücksichtigung finden. Abschließend bleibt zum Schicksal des § 103 StGB zu sagen, dass es sich angesichts seiner kurzlebigen Blütephase wohl um ein „One-Hit-Wonder“ handelt, welches lange auf sich warten ließ und schon bald wieder der Rechtsgeschichte angehören wird – Ruhm ist eben doch vergänglich. (Stand: Mai 2016) RAin Shinta Zafiraki Sanyoto, Wiesbaden Hier wird Art. 5 I GG als einschlägig unterstellt, da der „satirische Kunst-Bezug“ nur Rahmen und somit Beiwerk der Meinungs­ äußerung ist mit der Folge, dass Art. 5 III GG dahinter zurücktritt. 1 AdVoice 04 /16 49 JuraInfos JuraInfos Dialog mit den Nutzern Die Anwaltauskunft in ihrem dritten Jahr nach dem Relaunch s schichte glaubwürdig und authentisch schien, verbreitete sie sich viral in ganze Deutschland und auf der ganzen Welt. In 151 Ländern wurde sie zur Topmeldung in den Nachrichten. Allein das Video erzielte in wenigen Tagen über sieben Millionen Klicks auf YouTube – komplett ohne Mediabudget. User diskutierten das Thema in den sozialen Netzwerken – und das sogar auf den Facebookseiten von Ashton Kutcher und Lil’Wayne, die zusammen mehr als 70 Millionen Facebook-Nutzer erreichen. Menschen auf allen Kontinenten sprachen nicht nur über den verrückten Trennungsexperten „Martin G.“, sondern auch über Trennungen, Eheverträge und unser konkretes Anliegen: Wer heiratet, sollte vorher zum Anwalt gehen. DAS PORTAL: ANWALTAUSKUNFT.DE Die Website der Deutschen Anwaltsauskunft ist im dritten Jahr online. Sie wurde bereits mehrfach ausgezeichnet. Seit knapp drei Jahren präsentiert sich die Deutsche Anwaltauskunft in neuem Gewand und mit neuem Konzept. Sie wurde mehrfach ausgezeichnet. Welchen Nutzen bringt sie den Anwältinnen und Anwälten im DAV? Die Anwaltauskunft ist mehr als eine Website – sie ist die Plattform für das Marketing des Deutschen Anwaltvereins. Im Zentrum der Anwaltauskunft steht das Webportal mit Magazin und Anwaltssuche. Getragen wird sie durch eine Zubringerkampagne aus Social-Media-Kommunikation, Performance-Marketing und begleitenden PR-Maßnahmen, mit denen wir Monat für Monat Millionen Menschen erreichen und für Rechtsthemen interessieren. Mit diesem Konzept hat der Deutsche Anwaltverein eine Vorreiterrolle in der Verbandskommunikation eingenommen SOCIAL MEDIA 2015 wurde der Social-Media-Auftritt der Anwaltauskunft mit dem Deutschen Preis für Online-Kommunikation ausgezeichnet. Mit ihren unterhaltsam und informativ aufbereiteten Rechtsthemen hat die Plattform mittlerweile rund 80.000 Fans auf Face- 50 AdVoice 04 /16 book gefunden. Auf Twitter, Google+, YouTube und vor allem Facebook bieten wir unseren Fans und Followern umfassende, social-media-gerechte Inhalte. Die Mischung aus lehrreichem, amüsantem und interaktivem Content macht deutlich, dass rechtliche Themen keineswegs langweilig sein müssen, sondern im beruflichen wie privaten Alltag eine große Rolle spielen. Darüber hinaus treten wir über das Social Web mit unseren Lesern in den Dialog – etwa mit dem Format „Wie hätten Sie entschieden?“. Es lädt die Nutzer dazu ein, auf anwaltauskunft.de über ein aktuelles Urteil auf zu diskutieren. So entstehen rege Debatten, die verdeutlichen, dass sich Rechtsprechung und subjektives Rechtsempfinden erheblich unterscheiden können. Inspiriert durch die zahlreichen Beiträge und Fragen der Leser haben wir zudem das Format „Echt Recht?!“ entwickelt. Hier können die User selbst rechtliche Themen vorschlagen. Beispiel: Kann ich einen bereits unterschriebenen Mietvertrag noch vor Beginn der Laufzeit kündigen? Mit solchen und ähnlichen Vorschlägen bestimmen die Nutzer selbst, was sie in ihren Timelines im Social Web lesen. Gelegentlich kommt es weniger aufs Lesen als auf den rechten Blick an – zum Beispiel beim regelmäßigen „Rechtsrätsel“. Hier versteckt die Redaktion rechtliche Begriffe in kniffligen Bilderrätseln. Ein Beweis, dass Rechtsthemen und Rechtskompetenz sich auch humorvoll präsentieren lassen. PR-MASSNAHMEN Ein weiteres Standbein unserer Kommunikation sind begleitende PR-Maßnahmen. Wir greifen relevante gesellschaftliche Debatten auf und stellen sie in einen rechtlichen Kontext. So geschehen mit einer Forsa-Umfrage zum Thema „Beleidigungen im Netz und deren rechtliche Konsequenzen“: Eine Vielzahl von Medien griff sie auf, z. B. BILD.de, FOCUS-Online und die Süddeutschen Zeitung. Ein Highlight war die virale Kampagne, die wir im letzten Jahr erfanden, um Aufmerksamkeit für das wichtige Thema Eheverträge zu erzeugen: Die Geschichte des fiktiven Ehemanns „Martin G.“, der seine „Trennung“ wörtlich nahm. Er zersägt nach der Scheidung den gemeinsamen Haushalt und verkauft seine Hälften auf eBay – vom Teddybären bis zum Auto. Als Retourkutsche stellt er zusätzlich ein Video auf YouTube, in dem er die Sägerei dokumentiert und seiner (ebenfalls fiktiven) Ex-Frau sarkastisch für „zwölf schöne Jahre“ dankt. Weil die Ge- Ein gemeinsames Redaktionsteam aus DAV und Agentur reagiert auf tagesaktuelle Ereignisse und liefert verständliche Antworten auf zeitlose Rechts­ fragen aus allen Rechtsgebieten. Das Know-how hierzu liefern die 66.000 Anwältinnen und Anwälte des Deutschen Anwaltvereins. Ein breiter Medienmix aus Videos (darunter viele TV-Beiträge), Podcasts und Rechtstipps rundet das ebenso umfangreiche wie nutzerorientierte Angebot der Anwaltauskunft ab. Lebensnahe Rubriken wie Beruf, Gesellschaft und Geld zeigen, dass juristische Fragen für jeden relevant sind. Neben der neuesten Rechtsprechung greift das Magazin die wichtigsten Themen des Tages auf – und betrachtet sie aus rechtlicher Perspektive. MARKETING IM INTERNET Das Internet ist Fluch und Segen für Unternehmen, die Produkte und Dienstleistungen verkaufen. In der Theorie ermöglicht es Zugang zu fast allen potenziellen Kunden. In der Praxis ist dieser Zugang jedoch sehr umkämpft und deshalb – ebenso wie in der klassischen Werbung – meist mit hohen Kosten verbunden. Die Anwaltauskunft hingegen soll möglichst viele Menschen kostengünstig im Internet erreichen. Der Zweck der Anwaltauskunft ist dabei zweierlei. Erstens: Nachfrage nach anwaltlicher Dienstleistung auslösen. Zweitens: Die Nachfrage nach anwaltlicher Dienstleistung zu den Anwältinnen und Anwälten des DAV führen. Je nach Zweck haben wir unterschiedliche Nutzertypen im Visier. NACHFRAGE NACH ANWALTLICHER DIENSTLEISTUNG Nachfrage nach anwaltlicher Dienstleistung generieren wir, indem wir Menschen erreichen, die rechtlichen Beistand benötigen, sich aber dessen nicht bewusst sind. Diese Menschen weisen wir auf die Vorteile anwaltlicher Rechtsberatung hin. Dies geschieht z. B. über begleitende PR-Maßnahmen wie Pressearbeit, Umfragen oder die Ehevertrag-Aktion des vergangenen Jahres, mit der wir Millionen Menschen erreicht haben. In erster Linie jedoch funktioniert es durch informative und relevante Texte und deren Verbreitung im Social Web. Ein typisches Beispiel: Mit einem Text über die Rechte der Bürger bei Polizeikontrollen haben wir im vergangenen Jahr 200.000 Menschen von Facebook auf unser Magazin „gelockt“. Gut 1.000 davon haben nach dem Lesen des Textes spontan die Anwaltssuche genutzt. Zweitens möchten wir Menschen ansprechen, die eine konkrete rechtliche Frage haben, aber noch keinen Anwalt suchen. Diese besonders relevante Zielgruppe möchten wir dazu bewegen, Rechtsrat in Anspruch zu nehmen – und zwar von Anwältinnen und Anwälten, und nicht etwa von Versicherungen, Sozialverbänden oder anderer Konkurrenz. Ein Beispiel: Viele Menschen nutzen die Google-Suche, um zu erfahren, was eigentlich passiert, wenn sie keine Rundfunkgebühren bezahlen. 120.000 davon gelangten auf diesem Weg zu einem Text von uns, der sich mit diesem Thema beschäftigt. Gut 1.400 haben schließlich unsere Anwaltssuche genutzt. NACHFRAGE ZUR DAV-ANWALTSCHAFT FÜHREN Die so entstehende Nachfrage führen wir zur DAV-­ Anwaltschaft. Aber auch den bereits bestehenden Bedarf wollen wir zum DAV führen. Wenn Menschen einen Anwalt suchen, nutzen sie dafür meistens das Internet – und in den häufigsten Fällen Google. Alternativ steuern sie direkt Websites an, die ihnen aufgrund vorangegangener Erfahrungen im Bewusstsein sind. Diese Menschen erreichen wir entweder über AdWords, also über Anzeigen auf Google, oder „kostenlos“ durch die für Suchmaschinen optimierten Inhalte unserer Website. Das bedeutet konkret, dass Google die relevanteste Antwort auf die Frage/Suche eines Nutzers ermittelt. Oft findet Google dabei die Inhalte der Anwaltauskunft. Das Ergebnis: Es kommen fast doppelt so viele Menschen (kostenlos) über Google zur Anwaltssuche wie über (bezahlte) AdWords. FAZIT Mit der Anwaltauskunft bringen wir Tag für Tag rechtliche Themen in den Alltag der Menschen: über die Medien, über die Timelines in den sozialen Medien und über die Geschichten, die wir erzählen. Unsere Webplattform ist dadurch zu einem Anlaufpunkt für Menschen geworden, die sich über rechtliche Themen informieren wollen. Ein großer Teil davon kommt nicht über bezahlte Anzeigen zu uns und in die Anwaltssuche, sondern über die Qualität der Inhalte. Diese Verlässlichkeit belohnt nicht nur der Google-Algorithmus, sondern auch der ganz normale Bürger, der als Käufer, Mieter, Arbeitgeber, Angestellter, Nachbar, Erbe, Hausbauer oder Autofahrer ständig auf der Suche nach relevanten Informationen ist. Die Besucherzahlen der Anwaltauskunft wachsen kontinuierlich. Währenddessen arbeitet der DAV beständig daran, die User-Experience zu optimieren und an den rasanten Wandel der Nutzergewohnheiten im Internet anzupassen. Die Präsenz in der Anwaltssuche ist für die Mitglieder des Deutschen Anwaltvereins kostenlos. Auf anderen Plattformen kosten Anwaltsprofile ca. 30 Euro. Dennoch bedarf es Ihrer Unterstützung. WAS SIE TUN KÖNNEN Die Anwaltssuche der Anwaltauskunft gehört zu den umfangreichsten am Markt. Kaum eine andere Plattform bietet derart umfangreiche Informationen zum Profil der vertretenen Anwältinnen und Anwälte. Es ist deshalb besonders wichtig, dass Sie diese Inhalte regelmäßig pflegen. Einerseits, um die Nutzung der Suche für unsere Besucher zu einem befriedigenden Erlebnis zu machen. Anderseits, um die Sichtbarkeit bei Google weiter zu erhöhen, denn die Suchmaschine bewertet Detailfülle und Relevanz der Informationen. Eine besondere Rolle spielt dabei Ihr Profilfoto. Es gibt anwaltlicher Dienstleistung nicht nur ein Gesicht, es erhöht auch Ihre Chance, über die Anwaltauskunft ein Mandat zu erhalten. Anwaltsprofile mit Foto sind in unseren Suchergebnissen sichtbarer als andere. Und auch für Google sind sie relevant. Wenn man dem Website-Monitoring Google Analytics Glauben schenken darf, gibt es tatsächlich Menschen, die ihre Anwältin bzw. ihren Anwalt über die Google Bildersuche finden. RA Sven Walentowski, Berlin AdVoice 04 /16 51 JuraInfos JuraNews Streit um Terminsgebühr im Strafrecht JuraNews Aus der Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft zusammengestellt von RA Andreas Hansmeier, Karlsruhe 1) Der Antragsgegner ändert seine Kostenrechnung vom 16.4.2015 dahingehend ab, dass eine Termingebühr mit einem Wert von 70,00 Euro statt 230,00 Euro abgerechnet wird (Summe: 671,34 Euro) 2) Der Antragsgegner zahlt an die Antragstellerin einen Betrag in Höhe von 190,40 Euro zurück. 3) Mit der Zahlung sind sämtliche gebührenrecht­ liche Ansprüche erledigt. Begründung HINWEISE DER SCHLICHTUNGSSTELLE 1. Die Grundgebühr entsteht neben der Verfahrensgebühr für die erstmalige Einarbeitung in den Rechtsfall nur einmal, unabhängig davon, in welchem Verfahrensabschnitt sie erfolgt. 2. Die Terminsgebühr entsteht für jeden Hauptverhandlungstag gesondert. 3. Die Höhe der Terminsgebühr richtet sich nach der Ordnung des Gerichts, vor welchem die Hauptverhandlung stattfindet (Amtsgericht, Landgericht, Oberlandesgericht), und dem entsprechenden Gebührenrahmen. Der Antragsgegner hat die Antragstellerin in einem strafrechtlichen Verfahren als Wahlverteidiger vertreten. Es fanden drei Hauptverhandlungstermine statt. In einem Termin wurde nur der Bundeszentralregisterauszug eines Mitangeklagten verlesen. Die Antragstellerin kündigte das Mandat. Der Antragsgegner rechnete eine Grundgebühr, eine Verfahrensgebühr für den ersten Rechtszug vor dem Amtsgericht und drei Terminsgebühren ab. Die von der Antragstellerin geleistete Vorschusszahlung von 386,75 Euro brachte der Antragsgegner in Abzug, so dass sich ein Rechnungsbetrag von 861,74 Euro ergab. Diesen hat die Antragstellerin bezahlt. Die Antragstellerin ist der Meinung, dass nur zwei und nicht drei Termine stattgefunden haben. Am 3.4.2013 sei lediglich die Verlesung des Bundeszentralregisterauszuges eines weiteren Angeklagten erfolgt und ein weiterer Termin zur Fortsetzung der Hauptverhandlung bestimmt worden. Daher fordert sie eine Reduzierung der Kostenrechnung um 230,00 Euro netto und eine entsprechende Rückzahlung. In der AdVoice 2/2014 haben wir über die Arbeit der Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft berichtet. Aber auch die inhaltliche Arbeit ist für Kolleginnen und Kollegen, die sich mit Haftungsfragen und Gebührenstreitigkeiten befassen, interessant und lehrreich. In loser Folge berichten wir daher aus der Arbeit der Schlichtungsstelle. Der Antragsgegner trägt vor, dass drei Termine angesetzt und auch durchgeführt worden seien. Er sei daher berechtigt, drei Terminsgebühren abzurechnen. Bei dem nachfolgend anonymisiert abgedruckten Schlichtungsvorschlag handelt es sich um einen Streit über die Frage, ob und in welcher Höhe eine Terminsgebühr in einer strafrechtlichen Angelegenheit angefallen ist. Der Schlichtungsvorschlag, der von beiden Beteiligten angenommen worden ist, lautete wie folgt: Das Gericht hat den Termin am 3.4.2013 anberaumt. Die Hauptverhandlung wurde an diesem Tag fortgeführt. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus dem Protokoll vom 3.4.2013, in dem es unter anderem heißt: „Fortsetzung der Hauptverhandlung vom 13.3.2013“. Da der Termin lediglich fünf Minuten dauerte (8.538.58 Uhr) und nur der Bundeszentralregisterauszug 52 AdVoice 04 /16 Es fanden tatsächlich drei Termine statt, sodass auch drei Terminsgebühren gem. Nr. 4108 VV RVG abgerechnet werden können. Die Dauer des Termins sollte jedoch bei der Höhe der Gebühr berücksichtigt werden. eines Mitangeklagten verlesen worden ist, sollte der Antragsgegner jedoch keine Mittelgebühr für den Termin ansetzen, sondern die niedrigste Gebühr in Höhe von 70,00 Euro. Zur Haftung eines Anwalts für Vermögensschäden, die ein Vertreter des Mandanten erleidet Ich schlage vor, dass der Antragsgegner seine Kostenrechnung wie folgt abändert: Der unter anderem für die Anwaltshaftung zuständige IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat sich mit Urteil vom 21. Juli 2016 – IX ZR 252/15 – mit der Frage befasst, unter welchen Voraussetzungen ein Dritter in den Schutzbereich eines Anwaltsvertrags einbezogen worden ist. Der Kläger, Stefan Mappus, war von Februar 2010 bis Mai 2011 Ministerpräsident des Landes Baden-­ Württem­berg. Das Land Baden-Württemberg beauftragte die beklagte Anwaltskanzlei (Gleiss Lutz) Ende November 2010 mit der anwaltlichen Beratung im Zusammenhang mit dem geplanten Erwerb der Aktien der börsennotierten Energie Baden-Württemberg AG von der Electricité de France S.A. In der Folgezeit hat das Land Baden-Württemberg die Aktien für 4,7 Milliarden Euro zurückgekauft, ohne zuvor das Parlament zu befragen. Kritiker warfen der Landesregierung vor, zu viel bezahlt zu haben, zumal die Bundesregierung wenige Monate später den Atomausstieg verkündet hatte. Nachdem der Kauf ohne Beteiligung des Parlaments vom baden-württembergischen Staatsgerichtshof Ende 2011 für verfassungswidrig erklärt worden war, wurde darüber spekuliert, ob der Kläger dem Land gegenüber auch persönlich in die Haftung genommen werden könne. Zeitweise hatte sogar die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Untreue gegen Mappus ermittelt, das Verfahren wurde aber eingestellt. Mappus macht geltend, dass ihm dadurch ein erheblicher Schaden, Grundgebühr für Verteidiger § 14 RVG, Nr. 4100 VV RV 165,00 Euro Verfahrensgebühr für ersten Rechtszug vor dem Amtsgericht § 14 RVG, Nr. 4106 VV RVG 140,00 Euro Terminsgebühr für Hauptver­- handlung vor dem Amtsgericht § 14, Nr. 4108 VV RVG 230,00 Euro Terminsgebühr für Hauptver- handlung vor dem Amtsgericht § 14, Nr. 4108 VV RVG 70,00 Euro Terminsgebühr für Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht § 14, Nr. 4108 VV RVG 230,00 Euro Zwischensumme der Gebührenpositionen 835,00 Euro Pauschale für Post und Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro Dokumentenpauschale für Kopien / Fax Nr. 7000 Nr. 1 VV RVG insbesondere durch Anwaltskosten, entstanden sei. Er hat der Beklagten vorgeworfen, ihre Pflichten aus dem Anwaltsvertrag verletzt zu haben. Der Anwaltsvertrag habe auch seinem Schutz gedient. Durch die Pflichtwidrigkeit der Beklagten habe er einen Schaden erlitten. Dieser bestehe insbesondere in den Kosten, die ihm für seine Verteidigung in einem gegen ihn geführten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren entstanden seien, sowie in Vermögenseinbußen aufgrund der Beendigung eines von ihm nach der Niederlegung seines Landtagsmandats aufgenommenen Dienstverhältnisses. Der Kläger hat deshalb eine Feststellungsklage erhoben. Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts stehen dem Kläger aus dem Anwaltsvertrag zwischen dem Land und der beklagten Anwaltskanzlei keine Ansprüche gegen die Beklagten zu. Der Anwaltsvertrag enthalte keine ausdrücklichen Vereinbarungen über eine Einbeziehung des Klägers. Eine Schutzwirkung des Anwaltsvertrags zugunsten des Klägers ergebe sich auch nicht aus einer ergänzenden Vertragsauslegung, weil es an einem ausreichenden Näheverhältnis des Klägers zu der dem Land geschuldeten Beratungsleistung der Beklagten fehle. Die hiergegen gerichtete, vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers hatte keinen Erfolg. Der Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass ein Anwaltsvertrag im Allgemeinen keine Schutzwirkungen zugunsten eines Vertreters des Mandanten hat, soweit der Gegenstand des Anwaltsvertrags die Beratung für Entscheidungen des Mandanten ist, und die Vermögenseinbußen des Vertreters darauf zurückzu- führen sind, dass der Vertreter möglicherweise auf der Grundlage der anwaltlichen Beratung seinerseits seine gegenüber dem Mandanten bestehenden Pflichten verletzt hat. Ein Anwaltsvertrag könne zwar drittschützende Wirkung haben, sofern der Dritte mit der Leistung des Anwalts bestimmungsgemäß in Berührung kommt, der Mandant ein Interesse an der Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich des Anwaltsvertrags hat, dies für den Anwalt erkennbar und der Dritte schutzbedürftig ist. Diese Voraussetzungen erfülle der vom Land Baden-Württemberg mit der beklagten Anwaltskanzlei abgeschlossene Vertrag nicht. Die bisherigen Entscheidungen, in denen bei Anwaltsverträgen eine Schutzwirkung zugunsten eines Dritten anerkannt worden ist, beruhten in einer Fallgruppe darauf, dass die anwaltliche Beratung dem Dritten als Grundlage für Dispositionen über sein eigenes Vermögen dienen oder auf ihrer Grundlage dem Dritten ein Vermögensvorteil zugewendet werden sollte. In anderen Fällen ginge es darum, dass die Leistung des Anwalts auch dazu bestimmt war, dass der Dritte konkret feststehende Handlungsgebote, die ihn persönlich trafen, einhalten und so eine persönliche Haftung gegenüber Außenstehenden vermeiden konnte. Damit sei der Beratungsvertrag des Landes mit der beklagten Anwaltskanzlei nicht vergleichbar. Gegenstand des Anwaltsvertrags sei die Beratung des Landes zu einer vom Land zu treffenden Entscheidung gewesen. Die Beratung eines Anwalts für Entscheidungen des Mandanten begründe regelmäßig kein Näheverhältnis für den Vertreter des Mandanten. Außerdem habe der Mandant in solchen Fällen im Allgemeinen kein Interesse an einer Einbeziehung sei- 34,15 Euro -Kopien / Fax aus Behörden- und Gerichtsakten Nr. 7000 Nr. 1 a VV RVG (s/w: 111 Seiten) Zwischensumme netto 889,15 Euro 19 % Mwst., Nr. 7008 VV RVG 168,94 Euro Zwischensumme brutto abzüglich Vorschusszahlung zu zahlender Betrag 1.058,09 Euro - 386,75 Euro 671,34 Euro Da die Antragstellerin auf die Kostenrechnung bereits 861,74 Euro gezahlt hat, sollte der Antragsgegner 190,40 Euro (861,74 Euro – 671,34 Euro) an die Antragstellerin zurückzahlen. Monika Nöhre, Schlichterin RAin Dr. Sylvia Ruge, Geschäftsführerin Foto: Lupo_pixelio.de ANZEIGE Das Wichtigste zuerst: juris Starter Sie sind neu im Anwaltsberuf und möchten sich mit der eigenen Kanzlei selbstständig machen? 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Insoweit erhalte der Vertreter des Mandanten aber schon dadurch ausreichenden Schutz, dass bereits der dem Mandanten erteilte Rechtsrat zu einer Verbesserung der Position des Vertreters führe. Befolgt der Vertreter den dem Mandanten erteilten Rat, mindere dies das Haftungsrisiko des Vertreters bis hin zu einem möglichen Ausschluss eines Verschuldens des Vertreters. Regelmäßig bestünden daher keine Schutzpflichten des Mandanten zugunsten seines Vertreters für dessen rechtsgeschäftliches Handeln. Vielmehr habe in Vertretungsfällen typischerweise der Vertreter die Aufgabe, die Vermögensinteressen des von ihm vertretenen Mandanten zu schützen. Deshalb habe das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise eine Schutzwirkung des Anwaltsvertrags zugunsten des Klägers verneinen können. Anforderungen an wissenschaftliche Publikationen Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 der FAO muss ein Anwalt, der eine Fachanwaltsbezeichnung führt, kalenderjährlich auf diesem Gebiet wissenschaftlich publizieren oder an fachspezifischen der Aus- oder Fortbildung dienenden Veranstaltungen hörend oder dozierend teilnehmen. Mit Urteil vom 20. Juni 2016 – AnwZ (Brfg) 10/15 – hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass ein nur auf der Kanzleihomepage veröffentlichter Fachbeitrag keine wissenschaftliche Publikation ist, mit der ein Fachanwalt seine Fortbildungspflicht erfüllen kann. Der Kläger ist im Bezirk der Beklagten zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit Bescheid vom 17. Februar 2011 wurde ihm die Befugnis verliehen, die Bezeichnung „Fachanwalt für Informations­tech­ nologie­recht“ zu führen. Im Jahre 2011 wies er zwei in der Zeitschrift „c’t magazin für computertechnik“ veröffentlichte Aufsätze nach und verwies auf zwei weitere Beiträge, die auf seiner Homepage einzusehen waren. Die Beklagte erkannte dies als Fortbil- 54 AdVoice 04 /16 dung an. Im Zeitraum Oktober 2012 bis Januar 2013 stellte der Kläger drei weitere Beiträge auf seiner Homepage ein und zeigte dies der Beklagten an. Eigenen Angaben zufolge hat er auf den ersten Beitrag 5,75 Stunden verwandt, auf den zweiten Beitrag 10,5 Stunden. Der dritte Beitrag sei mit einem Aufwand von zwei Stunden am 31. Dezember 2012 begonnen und im Januar 2013 abgeschlossen worden. Die Beklagte meint, der Kläger sei seiner Fortbildungspflicht im Jahre 2012 nicht nachgekommen und widerrief deshalb die dem Kläger zuvor erteilte Erlaubnis, die Bezeichnung „Fachanwalt für Informationstechnologierecht“ zu führen. Der Kläger hat die Aufhebung des Widerrufsbescheids beantragt. Der Anwaltsgerichtshof Frankfurt – Urteil vom 8. Dezember 2014, Az.: 1 AGH 7/14 – hatte den Widerrufsbescheid der Beklagten aufgehoben und entschieden, dass eine wissenschaftliche Veröffentlichung auf der Homepage eines Anwalts als Fortbildungsmaßnahme im Sinne des § 15 FAO anzuerkennen ist, da weder der Wortlaut noch der Sinn und Zweck des § 15 FAO es rechtfertigen würden, eine Publikation im Internet als generell ungeeignet einzustufen. Der Bundesgerichtshof hat die Entscheidung aufgehoben und die Klage auf Aufhebung des Widerrufsbescheids abgewiesen. Nachdem der Bundesgerichtshof sich zunächst mit der Verfassungsmäßigkeit der Fortbildungspflichten der FAO auseinandergesetzt und diese bejaht hat, definiert er in der Entscheidung den Begriff der Publikation im Sinne des § 15 FAO näher, wobei er ausdrücklich klarstellt, dass auch Publikationen in elektronischen Medien möglich seien, dies jedoch nur mit Einschränkungen. Eine „Publikation“ sei stets Veröffentlichung. Sie sie für die Öffentlichkeit bestimmt und an ein bestimmtes Träger- oder Übertragungsmedium gebunden. Eine wissenschaftliche Publikation sei nach herkömmlichem Verständnis eine schriftliche wissenschaftliche Arbeit, die von einem wissenschaftlichen Verlag zur Veröffentlichung angenommen und veröffentlicht worden ist. Mögliche Formen der wissenschaftlichen Veröffentlichung seien danach insbesondere die in einem Fachverlag veröffentlichte Monografie, der Beitrag in einem Kommentar oder Lehrbuch und der in einer wissenschaftlichen Zeitung, einem Tagungs- oder Sammelband oder einer Festschrift veröffentlichte Artikel. Veröffentlichungen in elektronischen Medien könnten jedoch nicht von vornherein aus dem Kreis der wissen- schaftlichen Publikationen ausgeschlossen werden. Viele Fachzeitschriften erscheinen in elektronischer Form. Es gibt Online-Ausgaben juristischer Kommentare, die auch in gedruckter Form vorliegen, sowie Aufsätze und Kommentare, die ausschließlich über Datenbanken abrufbar sind. Sinn einer wissenschaftlichen Publikation sei die dauerhafte Sicherung und Verbreitung einmal gewonnener Erkenntnisse, die so von beliebigen Dritten zur Kenntnis genommen und fortentwickelt werden können. Wissenschaftliche Erkenntnisse, die sich in - sei es auch öffentlichen - Gesprächen und Diskussionen ergeben haben, würden diese Anforderungen nicht erfüllen, weil das gesprochene Wort flüchtig ist und abwesende Dritte keinen Zugang zu ihm haben. Gleiches gelte für Erkenntnisse, die in Briefen, etwa Mandantenrundschreiben, oder Gutachten niedergelegt sind. Sie seien zwar dauerhaft verkörpert, aber nur für die jeweiligen Empfänger und nicht für die (Fach-)Öffentlichkeit bestimmt. Die (möglicherweise) hohe Qualität und der (möglicherweise) hohe Erkenntniswert etwa eines wissenschaftlichen Gutachtens ändere nichts daran, dass es sich dabei nicht um eine wissenschaftliche Publikation handelt, solange keine Veröffentlichung erfolgt. Das Einstellen eines Artikels auf der eigenen Homepage stelle keine wissenschaftliche Publikation in diesem Sinne dar. Der Artikel auf der Homepage sei zwar für die Öffentlichkeit zugänglich. Er sei jedoch nicht nachhaltig verfügbar. Denn es stehe im freien Belieben des Inhabers der Homepage, ihn zu verändern, ohne dies zu dokumentieren, oder ganz zu entfernen. Dies habe zur Folge, dass er nicht wissenschaftlich verwertet werden könne. Ein Autor, der einen solchen Beitrag zitiert, könne das Zitat zwar absichern, indem er der Internetanschrift, unter welcher er ihn gefunden hat, den Tag seiner Recherche beifügt. Ein Dritter könne das Zitat später jedoch nicht mehr nachvollziehen, wenn der Artikel entfernt worden ist. Ist der Artikel in der Zwischenzeit verändert worden, ohne dass dieser Vorgang dokumentiert worden ist, würde das Zitat fälschlich als Fehlzitat bezeichnet werden. In diesem für die wissenschaftliche Diskussion und den wissenschaftlichen Fortschritt wesentlichen Punkt unterscheide sich die Eigenveröffentlichung auf der eigenen Homepage von einer Veröffentlichung, die ein Verlag verantwortet, oder der Veröffentlichung auf dem von einer Universität oder einem Institut nach feststehenden Regeln betriebenen Dokumenten- und Publikationsserver. Hinzu komme, dass eine Veröffentlichung, die von einem Fachverlag oder einer Universität verantwortet wird, typischer- weise mindestens dem äußeren Anschein nach das für eine wissenschaftliche Publikation erforderliche Niveau aufweist, weil sie überhaupt zur Veröffentlichung angenommen worden ist. Dadurch, dass der Verfasser sich der Fachöffentlichkeit stellt, sei auch ein gewisses inhaltliches Niveau gewährleistet. Beides fehle bei Veröffentlichungen auf der eigenen Homepage, die eher von Mandanten als von Fachkollegen zur Kenntnis genommen werden und die jederzeit zurückgezogen oder verändert werden können, ohne dass dies von Dritten nachvollzogen werden könnte. Deshalb werden durch diese die Mindestanforderungen, die an eine wissenschaftliche Publikation zu stellen sind, nicht erfüllt. VG Augsburg erklärt Kopftuchverbot für Jurareferendarinnen für unzulässig Das Verwaltungsgericht Augsburg hat mit Urteil vom 30. Juni 2016 – Az. Au 2 K 15.457 – das in Bayern seit acht Jahren praktizierte Kopftuchverbot für Rechtsreferendarinnen für unzulässig erklärt. Die Klägerin ist Rechtsreferendarin und leistete von Oktober 2014 bis Ende Mai 2015 einen Teil ihres juristischen Vorbereitungsdienstes am Amtsgericht Augsburg ab. Bei der Einstellung im September 2014 hat ihr das Oberlandesgericht München das Tragen des Kopftuches unter anderem bei der Wahrnehmung des staatsanwaltschaftlichen Sitzungsdienstes sowie bei der Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen in der Zivilstation untersagt. Gegen diese Auflage hat die Klägerin Anfang April 2015 Klage erhoben. Nach Ableistung der Zivil- und Strafrechtsstation hob das Oberlandesgericht München am 15. Juni 2015 die beanstandete Auflage auf. Daraufhin stellte die Rechtsreferendarin ihre Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der dienstlichen Auflage um. Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Klage sei zulässig. Die Klägerin habe ein besonderes Feststellungsinteresse. Aufgrund der besonderen Umstände des Falles könne sie ein Rehabilitationsinteresse geltend machen und die Auflage auch noch nach ihrer Aufhebung angreifen. Die Klage sei auch begründet. Die Verfügung habe sich bereits mangels ausreichender Rechtsgrundlage als nicht rechtmäßig erwiesen. Im Freistaat Bayern existiere kein formelles Gesetz, das Rechtsreferendare zu einer weltanschaulich-religiösen Neutralität verpflichte. Insbesondere bei Grundrechten wie der Religionsfreiheit sei aber nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts ein for- melles Parlamentsgesetz erforderlich, um einen sol­ chen Eingriff rechtfertigen zu können. Das Verwaltungsgericht Augsburg hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Bayerns Justizminister Winfried Bausback kündigte an, von dem Rechtsmittel Gebrauch machen zu wollen. „Wir können das Ergebnis so nicht stehen lassen“, sagte Bausback. „Jede Partei, jeder Angeklagte und jeder sonstige Verfahrensbeteiligte, der der Dritten Gewalt im Gerichtssaal gegenübersteht, muss auf die Unabhängigkeit, die Neutralität und erkennbare Distanz der Richter und Staatsanwälte vertrauen können.“ Für Referendare dürfe im Gerichtssaal nichts anderes gelten. Die Referendarin hat mittlerweile auch eine Klage auf 2.000 Euro Schmerzensgeld gegen den Freistaat eingereicht, da sie sich als diskriminiert und stigmatisiert sieht (Angaben aus: becklink 200372). Bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe lagen uns keine näheren Informationen über den Stand des Berufungsverfahrens und der Schmerzensgeldklage vor. Fiktion des § 333 ZPO gilt auch im Rahmen des § 337 ZPO Gemäß § 333 ZPO gilt als nicht erschienen im Sinne der §§ 330 und 331 ZPO auch eine Partei, die in dem Termin zwar erscheint, aber nicht verhandelt. Nach § 337 ZPO vertagt das Gericht die Verhandlung über den Antrag auf Erlass des Versäumnisurteils oder einer Entscheidung nach Lage der Akten, wenn es dafür hält, dass die von dem Vorsitzenden bestimmte Einlassungs- oder Ladungsfrist zu kurz bemessen, oder dass die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist. In der Instanzenrechtsprechung und im Schrifttum war bislang umstritten, ob § 337 ZPO auch dann Anwendung findet, wenn eine Partei zwar im Termin erscheint aber nicht verhandlungsbereit bzw. im Sinne des § 333 ZPO säumig ist. Teilweise wurde die Ansicht vertreten, die Fiktion des § 333 ZPO komme im Rahmen des § 337 ZPO von vornherein nicht zum Tragen, weil § 337 ZPO einen Anwendungsfall des Schutzes der unverschuldet nicht erschienen Partei in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör darstelle und deshalb nur auf die Partei, die tatsächlich nicht erscheint, anwendbar sei. Der Bundesgerichtshof hat diese Ansicht mit Beschluss vom 12. Juli 2016 – VIII ZB 25/15 – abgelehnt und entschieden, dass die Fiktion des § 333 ZPO auch im Rahmen des § 337 ZPO zum Tragen kommt, sodass der Erlass eines Versäumnisurteils unzulässig ist, wenn eine erschienene Partei nicht verhandelt und deshalb gemäß § 333 ZPO als nicht erschienen gilt, sofern die darin liegende Säumnis als im Sinne des § 337 Satz 1 Alternative 2 ZPO entschuldigt gilt. Bereits seinem Wortlaut nach bestimme § 333 ZPO ganz allgemein im Wege einer gesetzlichen Fiktion, dass ein (vollständiges) Nichtverhandeln einer erschienen Partei ihrem Nichterscheinen gleich steht. Anders als etwa § 332 ZPO, der für den Begriff des Verhandlungstermins einschränkend auf die „vorstehenden Paragraphen“ verweist, oder § 334 ZPO, der auf ein unvollständiges Verhandeln die Vorschrift des das Versäumnisurteil betreffenden Titels nicht angewandt wissen will, finde sich in § 333 ZPO kein geltungsbeschränkender Hinweis. Ebenso wenig biete der Wortlaut des § 337 ZPO einen Anhalt dafür, dass die Fiktion des § 333 ZPO unberücksichtigt bleiben solle. Diese in Wortlaut und Systematik des Titels zum Versäumnisurteil (§§ 320 ff. ZPO) zum Ausdruck kommende Verständnis des Nichtverhandelns als kennzeichnendes Merkmal eines zur Säumnis führenden Nichterscheinens finde darüber hinaus eine Entsprechung in §220 Abs. 2 ZPO. Danach ist der Termin von einer Partei versäumt, wenn sie bis zum Schluss des Termins nicht verhandelt. Die zum Erlass eines Versäumnisurteils berechtigende Säumnis trete nach dieser Bestimmung also gleichermaßen sowohl durch Nichtauftreten als auch Nichtverhandeln ein, es sei denn, die hiernach säumige Partei mache bis zum Schluss des Termins von der Möglichkeit des Verhandelns Gebrauch, um dadurch die Säumnis zu beenden und den Erlass eines Versäumnisurteils abzuwenden. Für die auf Antrag zum Versäumnisurteil führende Säumnis komme es also nicht entscheidend auf die An- oder Abwesenheit der Partei im Termin, sondern auf ihr Verhandeln an. Nicht anderes könne für die nachgelagerte Frage gelten, ob die im Nichterscheinen oder Nichtverhandeln bestehende Säumnis entschuldigt ist und deshalb dem Erlass eines beantragten Versäumnisurteils gemäß § 337 ZPO entgegensteht; gegenteiliges ergebe sich auch nicht aus den Gesetzgebungsmaterialen. Mit demselben Beschluss hat der BGH entschieden, dass ein hinreichender Entschuldigungsgrund für das Nichtverhandeln nicht bereits darin liegt, dass der betroffenen Partei keine angemessene Überlegungsfrist nach Ablehnung ihres Prozesskostenhilfegesuchs zur Einschätzung des weiteren Kostenrisikos eingeräumt wird; eine bedürftige Partei könne bei einem noch nicht abgeschlossenen Prozesskos- AdVoice 04 /16 55 JuraNews Euer FORUM JuraNews AIJA zu Gast in München Fortsetzung Internationaler Kongress in Lederhose und Dirndl tenhilfeprüfungsverfahren ein Zuwarten mit dem Fortgang des Hauptsacheverfahrens vielmehr nur dann beanspruchen, wenn gerade die Mittellosigkeit ihr die Vornahme der zur Wahrung ihrer Rechtsposition erforderlichen Prozesshandlungen, wie sie einer bemittelten Partei in der jeweiligen Prozesssituation zu Gebote stünden, verwehren oder unverhältnismäßig erschweren würde. Im Schrifttum und in der Instanzenrechtsprechung wurde relativ verbreitet die Ansicht vertreten, dass zwecks Gewährleistung des rechtlichen Gehörs, zumindest aber aus Gründen der prozessualen Fairness, jedenfalls eine angemessene Überlegungsfrist eingeräumt und vertagt werden müsse, beziehungsweise es in der Regel sogar geboten sei, mit der Hauptsache bis zur Entscheidung über eine eingelegte Beschwerde innezuhalten. Dieser Ansicht hat sich der BGH nicht angeschlossen. Zwar gebiete Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes, weshalb Unbemittelten die Rechtsverfolgung und -verteidigung im Vergleich zu Bemittelten nicht unverhältnismäßig erschwert werden dürfe. Der Unbemittelte müsse daher grundsätzlich ebenso wirksamen Rechtsschutz in Anspruch nehmen können wie ein Bemittelter, der seine Aussichten vernünftig abwägt und dabei auch sein Kostenrisiko berücksichtigt. Die dafür vom Gesetzgeber mit dem Institut der Prozesskostenhilfe gemäß §§ 114 ff. ZPO getroffenen Vorkehrungen würden jedoch zum einen keinen generellen Ablaufvorrang des Prozesskostenhilfeprüfungsverfahrens vor dem Hauptsacheverfahren begründen, denn das Prozesskostenhilfeverfahren sei ein selbständiges Verfahren, welches das bereits rechtshängige Verfahren in der Hauptsache nicht unterbricht, und dessen Erledigung daher grundsätzlich auch nicht zu einer Verzögerung des Hauptsacheprozesses führen darf, sodass ein schwebendes Beschwerdeverfahren über die Prozesskostenhilfeentscheidung den Fortgang in der Hauptsache nicht ohne Weiteres hindere. Zum anderen stehe Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip auch einer Besserstellung desjenigen entgegen, der seine Prozessführung nicht aus eigenen Mitteln bestreiten muss und daher von vorneherein kein Kostenrisiko trägt, gegenüber dem Bemittelten, der sein Kostenrisiko wägen und darauf seine Prozessführung einrichten muss. 56 AdVoice 04 /16 Zustellung an Prozessbevollmächtigen maßgeblich Gemäß § 172 Absatz 1 ZPO hat in einem anhängigen Verfahren die Zustellung an den für den Rechtszug bestellten Prozessbevollmächtigten zu erfolgen. Bereits mit Beschluss vom 8. Dezember 2010 – XII ZB 38/09 – hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entschieden, dass § 172 Absatz 1 ZPO auch im Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren gilt, jedenfalls dann, wenn der Prozessbevollmächtigte die Partei im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren vertreten hat. Die Anwendbarkeit des § 172 ZPO auf das PKH-Überprüfungsverfahren war zuvor unter den Oberlandesgerichten umstritten. Aus diesem Grund wurden Beschlüsse und Hinweise häufig „sicherheitshalber“ auch an die vertretene Partei selbst zugestellt, dies entspricht auch heute noch der Praxis einiger Gerichte. Dadurch wurde die Frage aufgeworfen, welche Zustellung für den Fristbeginn maßgeblich ist. Einige Oberlandesgerichte haben unter Hinweis auf den Grundsatz der Meistbegünstigung die Ansicht vertreten, dass es auf beide Zustellungen beziehungsweise die jeweils spätere Zustellung ankäme (vgl. Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen, Beschluss vom 20. Dezember 2007 – 5 WF 45/07 und Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 26. November 2008 – 15 WF 191/08). Eine derartige „doppelte“ Zustellung im Rahmen eines Verfahrens zur Überprüfung der Verfahrenskostenhilfe war nunmehr Gegenstand des Beschlusses des XII. Zivilsenats vom 11. Mai 2016 – XII ZB 582/15. Der Senat hat seine Rechtsprechung aus 2010 konsequent fortgeführt und entschieden, dass eine zusätzliche Zustellung an den anwaltlich vertretenen Beteiligten regelmäßig lediglich seiner Unterrichtung dient und daher auf die Maßgeblichkeit der Zustellung an seinen Bevollmächtigten für den Fristbeginn keinen Einfluss hat. Das Amtsgericht hatte zulasten der Antragstellerin gemäß § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO eine Einmalzahlung angeordnet. Der Beschluss ist am 9. September 2015 der Antragstellerin persönlich und bereits am 8. September 2015 ihrer Bevollmächtigten aus dem Ausgangsverfahren zugestellt worden. Das Oberlandesgericht hat die nach einem Anwaltswechsel am 9. Oktober 2015 eingegangene sofortige Beschwerde der Antragstellerin verworfen und ihren hilfsweise gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen. Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde zurückgewiesen. Die Antragstellerin habe mit ihrer am 9. Oktober 2015 eingegangenen sofortigen Beschwerde die in dem Fall einschlägige Monatsfrist nicht eingehalten; diese endete mit Ablauf des 8. Oktober 2015. Dem stehe auch der Grundsatz der Meistbegünstigung nicht entgegen. Dieser greife nur ein, wenn eine gerichtliche Entscheidung in einer fehlerhaften Form ergangen ist und sich infolgedessen Zweifel an der Statthaftigkeit eines Rechtsmittels ergeben; die Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde stand in dem Fall außer Frage. Auch lägen die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht vor. Insbesondere greife die Vermutung nach § 233 Satz 2 ZPO (Vermutung des Unverschuldens bei fehlerhafter Rechtsmittelbelehrung) nicht ein, da das Amtsgericht in der Rechtsbehelfsbelehrung keinen Hinweis auf möglicherweise unterschiedliche Zustelldaten bei der Antragstellerin und ihrer Bevollmächtigten geben müsse. Die von einigen Landesarbeitsgerichten vertretene Ansicht, dass schon ein fehlender Hinweis zur Missverständlichkeit und somit Fehlerhaftigkeit der Belehrung führe, hat der Senat ausdrücklich abgelehnt. Fotos: Melina Frommann, frommann.tv Gute Arbeit und gute Stimmung beim AIJA-Kongress in München Vom 23. bis 27. August fand unter dem Motto „Grüß Gott and a Warm Welcome to Munich!“ der 54. International Young Lawyers’ Congress 2016 in München statt. Mehr als 600 Teilnehmer aus aller Welt reisten für den Kongress nach München. So konnte man sich bei strahlend schönem Wetter und Superstimmung mit Anwälten aus den europäischen Nachbarländern, aber auch mit Kollegen aus Russland, den USA und Brasilien austauschen. Die Veranstalter des Kongresses haben ein vielfältiges Fachprogramm und ein sehr unterhaltsames Rahmenprogramm in repräsentativer Umgebung organisiert. Das erste große Highlight bot bereits die Opening Ceremony, die am Abend des 24. Augusts in der BMW-Welt stattfand. Nach einer beeindruckenden Eröffnungsrede der AIJA-Präsidentin Orsolya Görgényi aus Budapest konnten Drinks und Essen auf der Dachterrasse der BMW Welt bei Sonnenuntergang genossen werden, sodass am nächsten Tag mit bester Laune in das Fachprogramm gestartet werden konnte. Auch das fachliche Programm hatte viel zu bieten. So gab es für die verschiedensten Fachrichtungen Vorträge und Seminare, bei denen ein intensiver und sehr interessanter Austausch unter den internationalen Kollegen über deren Erfahrungen in ihrem jeweiligen Land stattfand. Auch das FORUM Junge Anwaltschaft, der DAV und der Münchener Anwaltsverein waren während des gesamten Kongresses mit einem Stand vertreten, der von Kollegen aus dem FORUM Junge Anwaltschaft Catharina Menzel, Markus Groll, Ulrike Osterloh, Maria Derra, Pia Löffler, Lina Goldbach, Jennifer Joachim und Eva Brehm betreut wurde. Dieser Stand bot den internationalen Kollegen des Kongresses eine gute Möglichkeit, sich über die Arbeit des FORUMs Junge Anwaltschaft, des DAVs und des Münchener Anwaltsvereins zu informieren und auch mit Münchener Kollegen in Kontakt zu treten. Ein weiteres Highlight bei den Social Events war für Donnerstag anberaumt, das „Home Hospitality Dinner“. Hier luden Münchener Anwältinnen und Anwälte die Teilnehmer in Gruppen von drei bis 15 Personen zu sich zum Abendessen nach Hause ein. Am Freitagnachmittag war dann „Day out“ angesagt. Für die Teilnehmer hieß es: „Dirndl for the Ladies and Lederhosen for the Boys“. Die Organisatoren hatten für diesen Tag extra Dirndl und Lederhosen organisiert, um so jedem Teilnehmer ein Bayern-Feeling zu geben mit original bayrischem Abend im Hofbräuhaus. Zuvor aber machten sich die Teilnehmer in Gruppen in Tracht auf eine organisierte Erkundungstour durch München. Am Samstagabend dann ging die Tagung beim Galadinner im Löwenbräukeller zu Ende. Nächstes Jahr im Sommer geht die Reise für die Teilnehmer des AIJA-Kongresses dann nach Tokyo. Welche Tracht uns dort erwartet, bleibt abzuwarten. Nach den Erfahrungen in München darf man in jedem Fall sicher sein, dass auch dort wieder ein spannendes und abwechslungsreiches Programm geboten wird, das in jedem Fall die Reise wert ist. RAin Eva Brehm, München AIJA im Netz Ist Eure Neugier auf AIJA geweckt? Weitere Informationen findet Ihr unter aija.org AdVoice 04 /16 57 Euer FORUM Euer FORUM Arge Agrarrecht Regionalbeauftragte Vorteile für FORUMs-Mitglieder: Die Arbeitsgemeinschaften des DAV stellen sich vor http://anwaltverein.de/de/mitgliedschaft/­ arbeitsgemeinschaften ARBEITSGEMEINSCHAFT AGRARRECHT Gegründet: 23.5.2009 im Rahmen des Deutschen Anwaltstages in Braunschweig Zielgruppe: Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, die sich beruflich mit dem Agrarrecht auseinandersetzen. Was bietet die Arbeitsgemeinschaft? Jedes Jahr im Spätsommer organisiert die Arbeitsgemeinschaft eine Jahrestagung zusammen mit der Mitgliederversammlung. Die Referenten und Themen werden danach ausgewählt, dass insbesondere Agrarrechtler in kleinen und mittleren Kanzleien für ihre tägliche Arbeit profitieren. Daneben werden anwaltliche Schwerpunkte wie Akquise, Gebühren und Vertragsrecht, aber auch ein Vortrag zu einem Nischengebiet angeboten. Ganz besonderen Wert legt die Arbeitsgemeinschaft auf die Auswahl eines attraktiven Tagungshotels in einer ländlichen Umgebung in jährlich wechselnden Ge- RA Robert Podgajny – LG-Bezirk Freiburg genden Deutschlands. Bei der Auswahl des Tagungsortes steht nicht die optimale Erreichbarkeit, sondern die besondere land(wirt)schaftliche Prägung im Vordergrund. Ein attraktives (fakultatives) Rahmenprogramm, in dem Besichtigungen und/ oder gemeinsame Grillabende angeboten werden, rundet die Fortbildungsveranstaltung ab. Vorteile: Die Arbeitsgemeinschaft führt auf ihrer Internetseite ein Mitgliederverzeichnis, das die Suche nach Kolleginnen und Kollegen erleichtert. Eine eigene Suchmaschine auf der Homepage soll Rechtssuchenden einen kompetenten Ansprechpartner unter den Mitgliedern vermitteln. Jahresbeitrag: 70 Euro jährlich. Die Mitgliedschaft in der Arbeitsgemeinschaft setzt die Mitgliedschaft in einem dem DeutschenAnwaltVerein angeschlossenen örtlichen Anwaltverein voraus. www.arge-agrarrecht.de Liebe Kolleginnen und Kollegen, Fotos: Katharina Wieland Müller_pixelio.de / privat Die Mitgliedschaft im FORUM junge Anwaltschaft im DAV bringt viele Vorteile. Günstige Haftpflichtversicherung oder ein bundesweites und internationales Netzwerk, einschließlich des fachlichen Austauschs mit Kolleginnen und Kollegen, sind nur zwei Beispiele. Wer sich spezialisieren will, kann die Chance nutzen und über das FORUM in die meisten Arbeitsgemeinschaften des DAV hineinschnuppern. Viele Arbeitsgemeinschaften bieten günstige Juniormitgliedschaften an. Veranstaltungen und Sonderkonditionen der Arbeitsgemeinschaften können besucht und genutzt werden. Mit einer Serie wollen wir die Arbeitsgemeinschaften im DAV nach und nach vorstellen. Eine Übersicht zu allen Arbeitsgemeinschaften gibt es hier: u Ich möchte mich als Regionalbeauftragter für den Landgerichtsbezirk Freiburg vorstellen. Ich bin 1983 in Freiburg geboren, habe nach meinem Abitur und meinem Studium in Freiburg 2008 mein Erstes Staatsexamen absolviert. Nach meinem Referendariat am Landgericht Freiburg und bestehen des Zweiten Staatsexamens 2010 erhielt ich in Freiburg meine Zulassung als Rechtsanwalt. 2011 gründete ich mit einem Kollegen die Kanzlei jugitatio Rechtsanwälte. Neben der Kanzleigründung absolvierte ich darüber hinaus meinen Masterstudiengang an der Universität in Hagen. 2013 nahm ich sowohl am Fachanwaltslehrgang Strafrecht als auch Verkehrsrecht teil. Während der Schulzeit und auch während des Studiums und des Referendariats verbrachte ich viel Zeit in den USA. Dazu gehörten auch mehrere Praktika in einer Rechtsanwaltskanzlei in Colorado. Ich freue mich, zukünftig das FORUM Junge Anwaltschaft als Regionalbeauftragter im Landgerichtsbezirk Freiburg zu repräsentieren. anderen, erfahrenen und beruflich erfolgreichen Kolleginnen und Kollegen profitieren. Neben dem überregionalen Seminar „Einstieg in den Anwaltsberuf“ des DAV (https://anwaltverein.de/de/berufsstart/berufseinstieg) macht der Berliner Anwaltsverein nun vor Ort kontinuierliche Angebote für Berufseinsteiger zum Kanzleimanagement. Die Veranstaltungsreihe Workshop Kanzleimarketing dient der Information und dem Austausch zu Themen wie Selbständigkeit, Marketing, Kanzleiorganisation, Buchführung und Steuern in der Kanzlei, Controlling und anderen erfolgsrelevanten Qualifikationen des Anwaltsberufs. Termine findet Ihr unter www.berliner-anwaltsverein.de und im Berliner Anwaltsblatt. Die Teilnahme ist kostenlos für Mitglieder des Berliner Anwaltsvereins und des FORUMs Junge Anwaltschaft während der ersten zwei Jahre nach der Zulassung; auch die einmalige Teilnahme für Nichtmitglieder in den ersten zwei Jahren nach der Anwaltszulassung ist kostenfrei. Teilnehmern des Workshops Kanzleimanagement bietet der Berliner Anwaltsverein außerdem eine/n ehrenamtlich tätige/n erfahrene/n Kollegin/Kollegen als AnwaltsMentor an. Die Mentorin oder der Mentor bespricht und berät das Kanzleikonzept, übt konstruktive Kritik, und bringt eigene Erfahrungen als Anwaltsunternehmerin oder Anwaltsunternehmer ein, von denen Ihr profitieren könnt. Eine Auswahl aus den Terminen: [email protected] s Regionalbeauftragte gesucht. Das FORUM lebt von der Vernetzung aller Mitglieder, und der Regionalbeauftragte ist ein wichtiges Bindeglied vor Ort. Der Job macht Spaß und bringt viele Kontakte mit sich. Änderungen vorbehalten! Termine Angebot für Berufseinsteiger WORKSHOP KANZLEIMANAGEMENT UND ANWALTS-MENTORING IM BERLINER ANWALTSVEREIN * 21.-22.10.2016 / Hannover 24.-26.5.2017 / Essen Forum – Start in den Anwaltsberuf Einsteigerforum: Schwerpunktthema elektronischer Rechtsverkehr Deutscher Anwalwaltstag – DAT www.davforum.de (siehe Seite 63 in diesem Heft) Ein neues Angebot hat der Berliner Anwaltsverein für Berufseinsteiger parat: Die Veranstaltungsreihe „Workshop Kanzleimanagement“ informiert über viele Themen rund um Selbstständigkeit, Marketing, Kanzleiführung, Kanzleiorganisation, Controlling – kostenlos für Berufseinsteiger. Diese bekommen – ebenfalls kostenlos – zusätzlich die Möglichkeit, sich von einer erfahrenen Kollegin/einem erfahrenen Kollegen als Mentor bei ihrer Kanzleigründung „begleiten“ zu lassen. Die Termine für die regionalen Stammtische findet Ihr unter: www.davforum.de/events 30.3.-2.4.2017 / Thessaloniki Für den Erfolg im Anwaltsberuf ist nicht allein die juristische Expertise spielentscheidend. Bestens ausgebildete Juristen, aber keine Erfahrung bei der Kanzleigründung – das ist die Situation vieler Berufseinsteiger. Sicherlich, viele Erfahrungen muss man selbst machen und sie lassen sich nicht durch Theorie ersetzen. Dennoch lässt sich von den Erfahrungen, der Kritik, den Tips und dem Austausch mit EYBA - Spring Conference www.eyba.org 58 AdVoice 04 /16 Foto: Birgit Winter_pixelio.de *Autor: RA Christian Christiani, Berlin Workshop Kanzleimanagement: Preisgestaltung und Umsatzmaximierung für Anwälte Dienstag, 22.11.2016, 18.00-20.00 Uhr Dipl. Kauffrau Jasmin Isphording, Hamburg Workshop Kanzleimanagement: „Legal Tech brauche ich nicht“ - Anwälte zwischen künstlicher Intelligenz und beA Mittwoch, 11.1.2017, 18.00-20.00 Uhr Rechtsanwalt Markus Hartung, Berlin, Direktor des Bucerius Center on the Legal Profession, Hamburg Inhaus GmbH, Klosterstraße 64, 10179 Berlin Teilnahmebeitrag Mitglieder: je Termin 30,00 EUR; Nichtmitglieder: je Termin 60,00 EUR NEU: Eintritt frei + Mentoring-Angebot für Mitglieder BAV / FORUM Junge Anwaltschaft in den ersten zwei Jahren nach der Zulassung AdVoice 04 /16 59 Bücher-FORUM Arbeitsrecht - Handbuch für die Praxis Kittner/Zwanziger/Deinert (Hrsg.), 8. Auflage 2015, 3.002 Seiten, mit Online-Ausgabe,168 Euro, Bund-Verlag Die Neuauflage des Arbeitsrecht – Handbuch für die Praxis berücksichtigt mit Rechts- und Gesetzesstand 1.1.2015 die maßgeblichen Neuerungen in Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur. Erneut gelingt es den 13 Autoren – erfahrene Anwälte, Richter und Professoren – das fundierte Werk auf alle aktuellen arbeitsrechtlichen Streitfragen zu fokussieren, die dem Arbeitnehmerberater begegnen können, samt der Schnittstellen zum Sozial- und Steuerrecht. „Der Kittner“ glänzt mit seiner Schwerpunktsetzung. Eingearbeitet sind das Tarifautonomiestärkungsgesetz oder das Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf. Intensiv beleuchten die Autoren neue Entwicklungen in der Rechtsprechung sowie deren Konsequenzen, etwa die Konkretisierung des Weisungsrechts bei gesundheitlichen Einschränkungen oder urlaubsrechtliche Fragen. Ferner erörtern sie neben den Rechtsfolgen der nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung den Widerspruch bei mehreren Betriebsübergängen. Das siebenteilige Handbuch widmet sich zu Beginn den Grundlagen des Arbeitsrechts. Teil 2 konzentriert sich auf die Begründung und den Inhalt des Arbeitsverhältnisses mit Ausführungen zur Anbahnung, Arbeitszeit oder zur betrieblichen Altersversorgung. Teil 3 beleuchtet das wichtigste Thema, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Kündigung, Auflösungsvertrag und seinen sozial- und steuerrechtlichen Folgen. Aufschlussreich und mit dem Auge für die Praxis analysieren Appel und Becker die Kernfragen der betriebs-, personen- und verhaltensbedingten, Änderungs- und außerordentlichen Kündigung sowie die Besonderheiten im Kündigungsschutzprozess. Teil 4 geht übergreifenden Fragen zu Arbeits- und Datenschutz, Betriebsübergang oder Insolvenz nach. Teil 5 widmet sich besonderen Arbeits- und Beschäftigungsverhältnissen oder Branchen und dem Arbeitskampf. Das überstaatliche Arbeitsrecht ist Teil 6 vorbehalten, bevor Zwanziger in Teil 7 das Arbeitsgerichtsverfahren mit den Grundlagen der Rechtsdurchsetzung, den Zugang zur Arbeitsgerichtsbarkeit, den Schwerpunkten des Verfahrens erster Instanz, den Prozessvergleich und den Kosten bis hin zum einstweiligen Rechtsschutz aufarbeitet. Die Auflage umfasst die Online-Nutzung sämtlicher Inhalte. Über den Online-Zugang und die optimal gestalteten Suchfunktionen gelangt man auf Gesetzestexte, Rechtsprechung, Musterverträge, Formulare, Schriftsätze und nützliche Checklisten. Fazit: Nach wie vor ist „Der Kittner“ für den Arbeitnehmerberater ein starkes Handbuch! RA Jens Jenau, Schloß Holte-Stukenbrock Luchterhand Formularbuchbibliothek Arbeitsrecht – Familienrecht – Verkehrsrecht Bücher-FORUM ArbGG Handbuch Öffentliches Wirtschaftsrecht Bundle BGB und ZPO GG - Grundgesetz Schwab/Weth (Hrsg.), 4. Auflage 2015, 1.936 Seiten, 159 Euro, Verlag Dr. Otto Schmidt Schulte/Kloos (Hrsg.), 1. Auflage 2016, 729 Seiten, 99 Euro, Verlag C.H. Beck Prütting/Wegen/Weinreich/Gehrlein (Hrsg.), 2016, ca. 6.700 Seiten, inkl. Online-Ausgabe, 219 Euro, Luchterhand Verlag Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke (Hrsg.), 13. Auflage 2014, 3.188 Seiten, 179 Euro, Carl Heymanns Verlag Die Formularbuchbibliothek umfasst die drei Formularbücher des Fachanwalts für Arbeits-, Familien- und Verkehrsrecht. Alle Bücher sind ähnlich aufgebaut: Das jeweilige Rechtsgebiet ist in Themenschwerpunkte unterteilt, innerhalb dieser Kapitel erfolgt eine übersichtliche Darstellung von Einzelfällen in Mustervorlagen. Hinter der Vorlage folgen kurze Erläuterungen und Hinweise, die im Muster als Fußnote gekennzeichnet sind. Wesentliches wird durch Fundstellen ergänzt. Zudem sind nützliche Arbeitshilfen (Fragebögen und Checklisten) enthalten. Alle Vorlagen können als Download über einen Code aus dem Internet heruntergeladen und als Textdatei genutzt werden. Zudem kann die Onlineausgabe des gesamten Buchs gegen Aufpreis erworben werden. Den zahlreichen Aktivitäten des Gesetzgebers und der Rechtsprechung seit der Vorauflage trägt die vorliegende umfassende Überarbeitung des Schwab/Weth mit Rechtsstand 1.7.2014 Rechnung. Wirtschaftsverwaltungsrecht gewinnt in der Beratungspraxis zunehmend an Bedeutung, sodass eine Veröffentlichung als Handbuch ein naheliegender Schritt ist. Die Herausgeber wollen es in erster Linie dem Praktiker leichter machen, dieses komplexe Rechtsgebiet zu erfassen, um in der täglichen Arbeit erfolgreich zu sein. Den zwanzig Autoren aus Wissenschaft, Wirtschaft und Rechtsberatung gelingt dies einerseits durch einen nachvollziehbaren Aufbau der Kapital und verständlichen Formulierungen. Mit dem Bundle erhält man zwei Großkommentare zum BGB und zur ZPO und damit eine solide Grundausstattung für den Bereich Zivilrecht. Der ZPO-Kommentar erläutert die gesamte ZPO samt EGZPO, GVG und EGGVG, UKlaG, GerPräsWO, UNÜ, AVAG sowie allen wichtigen EG-Verordnungen zur internationalen Zuständigkeit (Brüssel-IIa-VO, EuBVO, EuGFVO, EuGVO, EuMVVO, EuVTVO, EuZVO). Das Standardwerk mit Rechtsstand März 2014 ist weitgehend neu bearbeitet. Die 25 Autoren aus Wissenschaft, Rechtsprechung und Staatspraxis sind Kenner des Verfassungsrechts. Unverändert fokussieren sie das Werk darauf, der staatlichen und administrativen Praxis, Wissenschaft, Rechtsprechung sowie dem Studierenden eine topaktuelle Arbeits- und Lösungshilfe für Auslegungsfragen des GG zu geben. Dazu berücksichtigen sie nicht nur die verfassungsrechtliche, sondern auch die höchstrichterliche Rechtsprechung und vermitteln neben der Meinung des BVerfG die herrschende Meinung, ohne Mindermeinungen zu vernachlässigen oder teils kritische Reflexionen auszusparen. Das Formularbuch Verkehrsrecht umfasst 538 Seiten. Die Autoren sind Rechtsanwälte, was sich durch eine praxisorientierte Auswahl bemerkbar macht. Das Buch bietet einen guten Querschnitt durch das gesamte Rechtsgebiet (Verkehrszivilrecht, unterteilt in Haftungs- und Vertragsrecht, sowie Verkehrsstrafund Ordnungswidrigkeitenrecht, Verkehrsverwaltungsrecht und verkehrsrechtliche Bezüge zum Arbeitsrecht). Die Kommentierungen der Vorschriften sind einheitlichen aufgebaut. Dem Wortlaut der jeweiligen Norm folgen die meist ausführliche Gliederung, ein weiterführendes Schrifttumsverzeichnis und die Ausführungen. Anhand der im Fließtext eingefügten, optisch hervorgehobenen Schlagworte, sind die gesuchten Erläuterungen auszumachen. Der übersichtliche Fußnotenapparat zitiert neue Rechtsprechung und Kommentarliteratur. Im Formularbuch Familienrecht werden auf 1.360 Seiten in 16 Kapiteln die Ehescheidung, der Unterhalt, das Güter-, Sorgesowie Umgangsrecht, Ehewohnungs- und Haushaltssachen, Gewaltschutz, Versorgungsausgleich, Wirkungen der Ehe im Allgemeinen, Partnerschaften außerhalb der Ehe, Mediation und Schiedsgerichtsbarkeit, Eheverträge, Abstammungs-, Adoptionsund Internationales Privatrecht behandelt. Daneben gibt es zu wesentlichen Fragen allgemeine fachliche und praktische Hinweise sowie einen groben Überblick über die jeweilige Materie. Das Werk integriert die neuesten Gesetzesänderungen, etwa die durch das Tarifautonomiegesetz eingeführte Eingangszuständigkeit des LAG bei Entscheidung über die Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit einer Vereinigung (§§ 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG, 97 Abs. 2 ArbGG) oder die ausschließliche Zuständigkeit der Arbeitsgerichte für die Überprüfung einer Allgemeinverbindlichkeit eines Tarifvertrags nach dem TVG und einer RVO nach den §§ 7, 7a AEntG oder § 3a AÜG (§ 2a Abs. 1 Nr. 5 ArbGG). Daneben sind das Mediationsgesetz mit der Installierung der außergerichtlichen Mediation in § 54a ArbGG und des erweiterten Güterichtermodells in § 54a Abs. 6 ArbGG sowie die Gesetze zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs, das 2. KostRMoG und die Änderungen des Prozesskosten- und Beratungshilfegesetzes eingearbeitet. Der unverbindliche Streitwertkatalog ist im Streitwert-ABC mit Fallgruppen (§ 12 ArbGG) berücksichtigt. Dronkovic/Jüdt/Kleffmann/Liebers/Weinreich (Hrsg.), 2015, 3.976 Seiten, 289 Euro, Luchterhand Verlag Das Formularbuch Arbeitsrecht hat 1.922 Seiten und ist in fünf Teile (Individualarbeitsrecht, Dienstverträge, Kollektives Arbeitsrecht, Unternehmensbezogene Fallgestaltungen und Gerichtsverfahren/Mediationsverfahren) unterteilt. Auch hier erfolgt die Gewichtung praxisorientiert (Schwerpunkt: Individualarbeitsrecht). Fazit: Durch ihre Darstellungsweise bieten die Formularbücher einen schnellen Überblick über wichtige, praxisrelevante Fragen zu Formulierungen und Aufbau. Die Bücher richten sich hierbei nicht nur an Fachanwälte, sondern auch an jeden Rechtsanwalt, der sich mit dieser Materie befasst. Wer in allen drei Rechtsgebieten arbeitet, ist mit der Formularbuchbibliothek gut aufgestellt und sollte den Kostenvorteil, den die Box gegenüber den Einzelwerken bietet, nutzen. RA Arnd-Martin Alpers, Bielefeld Aus der Sicht von Wissenschaft und Praxis erläutern 15 Autoren – als Richter, Anwälte und Wissenschaftler erfahrene Kenner des arbeitsgerichtlichen Verfahrens – auf rund 1.700 Seiten das ArbGG. Darüber hinaus verschafft Kerwer einen umfassenden Überblick über die Besonderheiten des arbeitsrechtlichen Verfahrens vor dem BVerfG und dem EuGH. Kliemts aktuelle Erläuterungen zum Einigungsstellenverfahren nützen allen in Einigungsstellen tätigen Anwälten, sonstigen Besitzern oder Arbeitgerichten. Anhand der optisch gelungenen Aufmachung mit klarer Darstellung der Erläuterungen sowie des umfangreichen Stichwortverzeichnisses findet der Praktiker zügig die gesuchte Antwort auf prozessrechtliche Fragen. Fazit: Der Schwab/Weth ist - aus eigener Erfahrung - ein ebenso brandaktuelles wie zuverlässiges Nachschlagewerk. Er offeriert die fundiert systematische Kommentierung des ArbGG für die Praxis, um verschiedenste prozessrechtliche Fragen auch außerhalb des Instanzenzugs zu klären. RA Jens Jenau, Schloß Holte-Stukenbrock Andererseits finden sich im Buch Praxistipps, die bei der Umsetzung helfen. Auch sind die Grundlagen des Wirtschaftsverwaltungsrechts mit europarechtlichen Bezügen, das Beihilferecht und das Recht der öffentlichen Unternehmen auf rund 220 Seiten so detailliert dargestellt, dass es auch zur Examensvorbereitung verwendet werden kann. Die Neuauflage hat den Stand 1.4.2016 und berücksichtigt alle Gesetzesänderungen des Jahres 2015, u. a. die Änderungen beim Unterhaltsrecht und Unterhaltsverfahrensrecht sowie bei Lebenspartnern. Außerdem sind die Regelungen zum elektronischen Rechtsverkehr mit den Gerichten (Stichwort „beA“), die in den nächsten Monaten zunehmend zu beachten sein werden, enthalten. Im Anschluss gehen die Autoren in 13 Kapiteln auf Einzelbereiche des Rechtsgebiets ein. Hervorzuheben sind die Ausführungen zum Postrecht, Energiewirtschaftsrecht, Eisenbahn- und Luftverkehrsrecht sowie Medienwirtschaftsrecht und Glücksspielrecht. Sie eröffnen mit überschaubarem Aufwand einen Zugang zu diesen außergewöhnlichen Teilgebieten und dienen so als Sprungbrett zur Vertiefung und weiteren Recherche. Darin liegt ein wesentlicher Unterschied zur gängigen Fachanwaltsliteratur: Es geht nicht (nur) um den Mainstream des Verwaltungsrechts, sondern um einen weitestgehend eigenständigen Teilbereich. Der BGB-Kommentar erläutert neben den Vorschriften des BGB auch das AGG, GewSchG, VersAusglG, LPartG, ProdHaftG, WEG, VBVG (Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz) sowie das EGBGB einschließlich der Verordnungen ROM I, ROM II und ROM III. In der Neuauflage mit Stand 1.3.2016 sind bereits die Änderungen beim internationalen Erbrecht mit der 2015 in Kraft getretenen EuErbVO und die Änderungen beim Erbschein, die Mietpreisbremse und das Bestellerprinzip bei der Einschaltung eines Maklers sowie die neuen Regelungen zum Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr enthalten. Es finden sich auch nähere Informationen zu Randproblemen. Exemplarisch sei dazu das Kapitel zu Fernwärme- und Fernkältenetzen genannt. Aufgrund der Sektorenuntersuchung Fernwärme des Bundeskartellamtes kommt seit Kurzem Bewegung in den Markt. Eine besondere Rolle spielt der Zugang zur bestehenden Netzinfrastruktur, dessen Probleme die Autoren im gebotenen Umfang darstellen. Die Erläuterungen sind in zahlreiche, oft recht kurze Abschnitte mit entsprechender Überschrift unterteilt und dadurch gut lesbar. Auf unnötige Abkürzungen, die den Lesefluss stören würden, wird verzichtet. Schlüsselwörter sind mit Fettdruck hervorgehoben. Beide Kommentare sind konsequent auf die Praxis ausgerichtet. Die Ausführungen sind kurz und prägnant und beschränken sich auf das für die Praxis Relevante. An vielen Stellen wird auf in der Praxis typische Konstellationen und Vorgehensweisen eingegangen. Teilweise werden die Ausführungen auch mit kleinen Beispielsfällen veranschaulicht, etwa im Bereich Erbrecht beim Ausgleichsanspruch. Die Fundstellen beschränken sich meist auf einige wenige Urteile, abweichende Meinungen werden mit Fundstelle genannt, aber meist nicht näher ausgeführt. Ein Schwerpunkt ist die Modernisierung der Finanzverfassung (Föderalismusreform II) mit den gemeinsamen Schuldenregeln für Bund und Länder ab 2016 sowie die grundgesetzliche Verankerung der Mischverwaltung zwischen Bund und Ländern bei der Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB-II-Reform). Intensiv geht man auf die Euro-Rettungsmaßnahmen, das ESM/ Fiskalpaket und die Finanzmarktregulierung ein. Wichtige Themen wie der Atomausstieg, NSA-Überwachungsprogramm, die Antiterrordatei, strafrechtliche Deals, Tarifeinheit oder Rechte des biologischen Vaters sind bearbeitet. Mit der Entscheidung des BVerfG zur Drei-Prozent-Sperrklausel bei den Wahlen zum Europäischen Parlament in 2014 setzt sich Sannwald kritisch auseinander, indem er diese beim Wahlrecht nicht als verbotene Differenzierung sondern als ergänzende Regelung zum Verhältniswahlrecht deutet, anders als das BVerfG, das auch die DreiProzent-Hürde bei den Wahlen zum EP als verfassungswidrig einstufte (Art. 21, Rn. 65). Andere aktuelle Entscheidungen, etwa zu Fiskalpaket und europäischem Stabilitätsmechanismus ESM oder zum Anleihenankaufprogramm (OMT) der EZB finden Beachtung. Neben den präzisen Erläuterungen der Art. 3, 5 und 12 GG sind Hopfaufs Ausführungen zur Zuständigkeit des BVerfG in Art. 93 GG nützlich. Bezieht man beide Kommentare zusammen, zahlt man anstelle von 269 Euro nur den Set-Preis von 219 Euro und damit immerhin 50 Euro weniger. Über den im Einband mitgelieferten Freischaltcode kann zudem ein vergünstigter Zugriff auf die Onlineausgabe erhalten werden. Fazit: Mit der Aktualität des Schmidt-Bleibtreu, der klaren Sprache der Autoren und deren teils kritischer Betrachtung der Verfassungsrechtsprechung können Anwälte wie Studenten die Systematik der Grundgesetzauslegung durchdringen und abstrakte Verfassungsfragen praxisnah lösen. Fazit: Die beiden Kommentare aus dem Luchterhand-Verlag stellen eine echte Alternative zu den Standardwerken Palandt und Zöller dar. RA Jens Jenau, Schloß Holte-Stukenbrock Fazit: Als Einstiegslektüre ist dieses Handbuch sehr gut geeignet. Mit den ausgewählten Einzelbereichen ermöglichen die Herausgeber einen Blick über den Tellerrand und schaffen so Verständnis für größere Zusammenhänge, wobei die gelungene Darstellung der Grundlage des Rechtsgebiets hilfreich ist. Für tiefergehende Fragestellungen muss der interessierte Leser jedoch spezifische Literatur heranziehen. RA Markus Sawade, Kiel Klassisch sind die Kommentierungen aufgebaut. Dem Abdruck der GG-Norm folgt eine Gliederung mit der Entstehungsgeschichte und Veränderungen der Vorschrift, Allgemeinen Grundlagen, Einzelfragen und dem Verhältnis zu sonstigen Grundrechten. Den Ausführungen geht ein Literaturverzeichnis voraus. RAin Tanja Fuß, MPA, Stuttgart 60 AdVoice 04 /16 AdVoice 04 /16 61 Bücher-FORUM Autorenverzeichnis , Monika Nöhre ist Schlichterin der Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft, Lehrbeauftragte an der HU Berlin sowie Vorstandsvorsitzende des Vereins „Forum Recht und Kultur im Kammergericht“ und Vorstandsmitglied der Juristischen Gesellschaft zu Berlin. Zuvor war sie u. a. Präsidentin des KG Berlin, Richterin am LG und OLG Hamburg (Vizepräsidentin), Präsidentin des JPA Hamburg und hat fünf Jahre als Anwältin praktiziert. [email protected] Dr. Sylvia Ruge Vorstandsrecht Georg Seyfarth, 1. Auflage 2016, 1.104 Seiten, 149 Euro, Carl Heymanns Verlag Das Handbuch von Seyfarth behandelt nicht nur die §§ 76 bis 94 AktienG, also den Abschnitt „Vorstand“ im Gesetz, sondern auch andere Teile des Aktienrechts und weitere Vorschriften des Wirtschaftsrechts, etwa das WpHG, WpÜG, HGB und das StGB. Das Buch ist, angelehnt an den zeitlichen Ablauf einer Vorstandstätigkeit, untergliedert in die sieben Teile Vorstand als Organ der AG, Bestellung und Anstellung, Rechtsstellung während der Vorstandstätigkeit, Vorstandsmitglied in Sondersituationen (Gründung, Kapitalmaßnahmen, Börsengang, Übernahme, Umstrukturierung, Insolvenz), Beendigung der Vorstandstätigkeit, Haftung und Strafrecht sowie Europäische Aktiengesellschaft. Im Anschluss daran finden sich Vertragsmuster zum Dienstvertrag, zum Aufhebungsvertrag und zur Geschäftsordnung des Vorstands. Der Autor stellt die rechtlichen Grundlagen der Vorstandstätigkeit dar und erläutert die wesentlichen Fragen rund um die Rechte und Pflichten von Vorstandsmitgliedern. Dabei berücksichtigt er auch in der Praxis übliche Vorgehensweisen und Regelungen. Theoretische Ausführungen und die Darstellung unterschiedlicher Meinungen werden auf das Notwendige beschränkt. Der Fokus liegt auf dem Aufzeigen von Lösungen für praxisrelevante Fallgestaltungen und Fragen. Dabei scheut sich der Autor nicht, klar Position zugunsten der einen oder anderen Meinung zu beziehen. An vielen Stellen wird ein Vergleich mit den Geschäftsführern einer GmbH angestellt. Die Ausführungen sind praxisorientiert und prägnant, die Sätze angenehm kurz. Schlüsselbegriffe im Text sind mit Fettdruck hervorgehoben. Die Fußnoten sind separat unterhalb des Textes angeordnet und stören daher nicht den Lesefluss. Bei dem Werk handelt es sich um eine Neuerscheinung mit Stand Frühsommer 2015, sodass Aufbau, Inhalt und Fundstellen aktuell sind. Der Autor Dr. Georg Seyfarth ist Rechtsanwalt und Partner der Sozietät Hengeler Mueller. Aufgrund seiner jahrzehntelangen Tätigkeit in der Beratung von Aktiengesellschaften und deren Organen ist er ein ausgewiesener Kenner dieses Rechtsgebiets und verfügt über die für ein Praxishandbuch notwendige Erfahrung. Fazit: Bei Seyfarths Handbuch handelt es sich um eine interessante Neuerscheinung. Sie verschafft im Bereich des Vorstandsrechts einerseits einen guten und umfassenden Überblick, beantwortet aber gleichzeitig auch viele in der Praxis relevante Detailfragen. Angesichts des Umfangs von über 1.000 Seiten ist auch der Preis von knapp 150 Euro absolut gerechtfertigt. RAin Tanja Fuß, MPA, Stuttgart Gerichtliches Mahnverfahren und Zwangsvollstreckung Salten/Gräve, 6. Auflage 2016, 443 Seiten, 54,80 Euro, Verlag Dr. Otto Schmidt Bei dem vorliegenden Buch handelt es sich um ein Standardwerk zur Praxis des gesamten gerichtlichen Mahnverfahrens, welches für die neueste Auflage komplett aktualisiert und auf den derzeitigen Stand von Rechtsprechung und Technik gebracht wurde. Beim Lesen des Werkes erfährt man einerseits, wie die Abläufe des gerichtlichen Forderungseinzugs fehlerfrei bewältigt werden können, und andererseits, wie vom Ausfüllen des Mahnbescheidsantrages bis zum Vollstreckungstitel mit möglichst wenig Aufwand erfolgreich die Zwangsvollstreckung betrieben werden kann. Das Buch beginnt mit ausführlichen Erläuterungen zum automatisierten gerichtlichen Mahnverfahren. Der Online-Mahnantrag wird detailliert mit Mustern und Beispielen dargestellt. Daran anschließend werden die Besonderheiten des Auslandsmahnverfahrens nach deutschem Recht und das europäische Mahnverfahren abgehandelt. Es erfolgt eine kurze Übersicht über das aktuelle Thema „elektronischer Rechtsverkehr“, hier selbstverständlich in Bezug auf das Mahnverfahren, bevor dann das Zwangsvollstreckungsverfahren in seinen komplexen Ausprägungen behandelt wird. Das Werk schließt mit einem Anhang, der Muster, Gebührentabellen und Formulare enthält. Insgesamt lässt das Werk kaum Fragen offen. Von grundlegenden Themen, wie anfallende Verfahrenskosten über vielfältige praktische Tipps und Tricks bis hin zum Auslandsmahnverfahren bleibt hier kein Themenbereich unbehandelt. Ebenfalls eingeflossen sind Erläuterungen zur Verwendung der nunmehr verbindlich eingeführten Vordrucke. Hervorzuheben sind insbesondere die zahlreichen Ausfüllmuster und -hinweise sowie hilfreichen Praxistipps. Positiv sind auch die Darstellungen zu den – brandaktuellen – Problemen des elektronischen Rechtsverkehrs zu werten. Fazit: Eine kompakte Darstellung der weitgreifenden Thematik „Mahnverfahren und Zwangsvollstreckung“ und insgesamt ein gelungenes Werk für den Praktiker, insbesondere für den Anfänger, da keine grundlegende Frage unbeantwortet bleibt. Für tiefgehende Fragen lässt sich der Blick in weiterführende Literatur und die aktuelle Rechtsprechung vermutlich dennoch nicht vollständig vermeiden. Ein umfangreicheres und praxisnäheres Werk wird sich auf dem Markt jedoch momentan nicht finden lassen, weshalb die Anschaffung – auch aufgrund des Preises – uneingeschränkt zu empfehlen ist! RAin Jennifer Pia Gehrke, Frankfurt am Main Thomas/Putzo Kommentar ZPO Reichold/Hüßtege/Seiler (Hrsg.), 37. Auflage 2016, 2.368 Seiten, 63 Euro, Verlag C.H. Beck Der Kurzkommentar beantwortet nahezu alle zivilprozessualen und verfahrensrechtlichen Fragen. Neben den Vorschriften der ZPO werden auch das FamFG, das EGZPO, das GVG, das EGGVG und zahlreiche europäische Verordnungen und Richtlinien sowie internationale Abkommen erläutert. Neu aufgenommen wurde das Mitte 2015 in Kraft getretene Internationale Erbrechtsverfahrensgesetz. Das Werk ist kompakt und praxisorientiert, zugleich aber auch vollständig und genau. Zwar kann der Thomas/Putzo aufgrund des begrenzten Umfangs nicht auf jedes Detail eingehen, dies hat aber auch den Vorteil, dass man sich beim Lesen nicht in Detailfragen verliert, sondern einen hervorragenden Überblick über die wesentlichen Aspekte der jeweiligen Norm erhält. Lediglich die häufigen Verweise auf andere Stellen im Kommentar sind beim Lesen etwas hinderlich. Dies lässt sich bei einem Kurzkommentar aber kaum vermeiden. Die Fundstellen befinden sich zwar direkt im Text, stören den Lesefluss aber kaum, da sie sich größtenteils auf wenige wichtige zumeist aktuelle BGH-Urteile und andere Kommentarstellen beschränken. Neben der Kommentierung der einzelnen Vorschriften gibt es allgemeine Ausführungen in zahlreichen Vorbemerkungen zu den entsprechenden Vorschriften sowie eine Einleitung zu prozessualen Grundbegriffen. Sehr hilfreich sind die zahlreichen Tenorierungsvorschläge und die – aufgrund der regelmäßigen Neuauflagen – aktuellen Rechtsprechungs- und Literaturnachweise. Gleiches gilt für den Abdruck der Schutzschriftenregisterverordnung in einem Anhang zu § 945b ZPO. Eine Inhaltsübersicht im vorderen Einband und eine alphabetische Schnellübersicht im hinteren Einband ermöglichen einen schnellen Zugriff auf das gesuchte Gesetz, ohne lange im ausführlichen Inhaltsverzeichnis suchen zu müssen. In der Neuauflage bereits enthalten sind beispielsweise die Änderungen im internationalen Erbrecht und beim Erbschein sowie die neue Prozesskostenhilfebekanntmachung 2016. AdVoice 04 /16 „FORUM – Start in den Anwaltsberuf“ Dr. Lovis Wambach Dr. Lovis Wambach ist Rechtsanwalt seit 1999 und Fachanwalt für Medizinrecht, spezialisiert auf Arzthaftungsrecht. Seine wichtigsten Veröffentlichungen sind: Die Dichterjuristen des Expressionismus, Grenzgänger zwischen Jurisprudenz und Literatur, Verbraucherrecht in Fällen, Ahasver und Kafka. Neben seiner juristischen Tätigkeit fotografiert und schreibt er. www.wambach.de Fazit: Der Thomas/Putzo ist ein seit mehr als 50 Jahren etab­ lierter Kommentar, der sich zu Recht zu einem anerkannten Standardwerk entwickelt hat. Mit ihm erhält man für etwas mehr als 60 Euro ein handliches und kompaktes Nachschlage­ werk für die Praxis. Wann? Am 21. und 22. Oktober in Hannover Was? Jochen Link arbeitet als Rechtsanwalt am Bodensee und im Schwarzwald-Baar-Kreis. Er ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Mediator. Weitere Schwerpunkte sind das Schwerbehinderten- und Seniorenrecht. [email protected] Antworten auf alle relevanten Fragen rund um den Einstieg in den Anwaltsberuf, z. B. Ablauf eines Mandats, Öffentlichkeitsarbeit, Kanzleimanagement, Berufsrecht und vieles mehr. Schwerpunktthema: „Elektronischer Rechtsverkehr“ Warum? Hier kannst Du viele junge (angehende) Kolleginnen und Kollegen aus dem ganzen Bundesgebiet kennenlernen, Erfahrungen austauschen und Netzwerke knüpfen. Eva Brehm Eva Brehm ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht in der Kanzlei Rössner Rechtsanwälte in München. Die Kanzlei ist auf das Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisiert und ausschließlich auf Seiten der Verbraucher tätig. Wer? Junganwälte, Assessoren und Referendare Veranstalter: Verein DAA in Kooperation mit dem FORUM Junge Anwaltschaft Kosten? Shinta Zafiraki Sanyoto Rechtsanwältin aus Wiesbaden mit Interessenschwerpunkt im Europarecht und Strafrecht. 2008 erwarb sie in Frankreich (Université Toulouse 1) ein Diplom in EU-Studien. Im Rahmen des Referendariats verbrachte sie einige Monate an der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der EU in Brüssel. Seit dem Tod der Begründer Thomas und Putzo wird der Kommentar von drei anderen, ebenfalls in Bayern tätigen Richtern fortgeführt. RAin Tanja Fuß, MPA, Stuttgart 62 ist seit 2003 als Rechtsanwältin tätig. Seit August 2011 arbeitet sie zusätzlich für die Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft und ist seit Januar 2014 deren Geschäftsführerin. [email protected] Das Seminar für Einsteiger Der Teilnahmebeitrag für die Veranstaltung beträgt beträgt 40 Euro für die Teilnahme am Freitag, 30 Euro für die Teilnahme am Samstag, 55 Euro für beide Tage. Es wird eine Teilnahmebescheinigung zur Erlangung der DAV-Fortbildungsbescheinigung ausgegeben. Weitere Infos und Anmeldung? Das genaue Programm: www.anwaltverein.de/berufsstart/berufseinstieg – dort könnt Ihr Euch auch anmelden. Tobias Sommer Tobias Sommer ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht sowie Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz in der Kanzlei 24 IP Law Group. Er war als freier Journalist tätig und ist seit 2006 Chefredakteur der AdVoice. [email protected] Mitmachen! Wer einen Artikel über die Veranstaltung schreiben möchte und sich zuerst bei uns meldet, muss keinen Teilnahmebeitrag zahlen. Interesse? Melde Dich unter: [email protected]. AdVoice 04 /16 63 Das letzte Wort Gründerpreis nach Nordhessen Fotos Titelseite: 1 Andrea Vollmer 2 Andrea Vollmer Eschweger Kanzlei bekommt Soldan-Auszeichnung Die Eschweger Rechtsanwaltskanzlei Dreber und Faber wurde mit dem renommierten Soldan-Kanzlei-Gründerpreis ausgezeichnet. Das Unternehmen vergibt die Auszeichnung alle zwei Jahre gemeinsam mit dem Deutschen Anwaltverein (DAV), der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ). „Die Frage lautet: Wie können sich Kanzleien im großen Markt behaupten?“, erklärt Faber das Vorgehen bei der Findung des Siegers. Dabei suchen viele Rechtsanwälte Nischen. Die Botschaft, so Faber, laute: „Leute, spezialisiert euch, der Markt ist dicht.“ In den vergangenen Jahren hätten ausschließlich Spezialkanzleien die Auszeichnung gewonnen, berichten die aktuellen Preisträger. „Wir hatten auf eine Platzierung unter den ersten zehn gehofft“, sagt Ann-Kathrin Dreber. Dass jetzt der erste Preis herausgekommen sei, bewerten die Juristin und ihr Kanzlei-Partner Dr. Kevin Faber als Riesenerfolg, mit dem so nicht gerechnet werden konnte. Die Eschweger Kanzlei Dreber und Faber will nach eigenen Angaben den Vergrößerungskurs fortsetzen. Einen Anwalt wollen die Gründer noch einstellen. „Es ist schwierig, jemanden zu finden, der unsere Philosophie mitträgt“, sagt Dreber. Und Dr. Faber ergänzt: „Wir würden gern weiter wachsen, aber nicht um jeden Preis.“ Vom Preisgeld wollen die Gewinner der Kreisstadt Eschwege 1.000 Euro für ein Projekt spenden und mit allen Mitarbeitern eine Reise unternehmen. Neben der Rechtsanwältin Ann-Kathrin Dreber sowie Rechtsanwalt und Notar Dr. Kevin Faber sind in der Kanzlei weiter zwölf Mitarbeiter beschäftigt, darunter auch zwei Auszubildende. Die Verleihung des Preises findet am 9. Dezember in Köln statt. Mit freundlicher Genehmigung der Werra-Rundschau/Eschwege Um die Auszeichnung konnten sich Rechtsanwälte bewerben, die ihre Kanzlei in den Jahren zwischen 2012 und 2014 gegründet haben. Auftritt, Marketing und Mandatsentwicklung wurden bewertet. 3 Heinrich Linse_pixelio.de.jpg Lehnen Sie sich zurück! Die NZFam nimmt Ihnen Arbeit ab. Impressum: Redaktion: Stefanie Salzmann, Nadine Passenheim, Lea HogrefeWeichhan, Andreas Hansmeier / Bildredaktion: Andrea Vollmer / Bücherforum: RA Jens Jenau / V.i.S.d.P.: RA Tobias Sommer (Chefredakteur) / Anschrift wie Herausgeber Jetzt 3 Monate kostenlos testen und Geschenk sichern! Fotos S. 1: Stephan Eichler, Stefan Höderath Herausgeber: Geschäftsführender Ausschuss des FORUMs Junge Anwaltschaft im DAV, Berlin Littenstraße 11, 10179 Berlin Tel. 030/7261520 Erscheinungsweise: vierteljährlich (1./2./3./4. Quartal) Es gilt die Anzeigenpreisliste 1/2016 Anzeigen: sales friendly Verlagsdienstleistungen, Bettina Roos Siegburger Str. 123, 53229 Bonn Tel. 0228/97898-10, Fax: 0228/97898-20 E-Mail: [email protected] Topaktuell und praxisorientiert Bezugspreis: 48,00 Euro (inkl. MwSt.) zzgl. Versandkosten für 4 Ausgaben / Einzelheft: 14,50 Euro / Für Mitglieder des FORUMs Junge Anwaltschaft im Deutschen Anwaltverein ist der Bezug der Zeitschrift im Mitgliedsbeitrag enthalten. ISSN 1437-3084 ■ Zweimal im Monat auf 48 Seiten aktuell informiert im Familienrecht – ideal auch für Berufseinsteiger. ■ »Aus der Praxis – Für die Praxis«: Perfekt für Anwälte – mit Mustern und Checklisten. In jedem Heft. ■ »Verfahrenspraxis«: Alles Wichtige für Ihren Prozesserfolg. ■ Aufsätze zu zentralen Themen: Aktuell und anschaulich mit den damit verbundenen Neuerungen. ■ Das Plus an Rechtsprechung: 2-3 grundlegende Entscheidungen im Volltext und alle weiteren wichtigen Entscheidungen kurz und bündig auf jeweils einer Seite – alle mit Praxisanmerkungen. ■ Themenschwerpunkthefte: 4-mal jährlich, interdisziplinär mit dazu passender Rechtsprechung. Layout / Satz: gudman design weimar, www.gudman.de Lektorat: Nora Döring, BILDART Druck: Buch- & Kunstdruckerei Keßler GmbH, Weimar Artikel und Beiträge sind Meinungsäußerungen der Autoren und geben nicht immer die Meinung der Redaktion bzw. des Deutschen Anwaltvereins und seiner Gremien wider. Redaktionsschluss Heft 4/2016: 2. September 2016 Mit dem Soldan-Kanzlei-Gründerpreis ausgezeichnet: Die Anwälte Ann-Kathrin Dreber und Dr. Kevin Faber mit ihrer Crew. Foto: Kanzlei Dreber Faber NZFam – Neue Zeitschrift für Familienrecht 4. Jahrgang 2017 Erscheint zweimal im Monat. Zeitschrift + E-Letter + Datenbank Im Jahresabonnement € 215,– Vorzugspreis für NJW-Bezieher € 185,– Vorzugspreis für Studenten und Referendare € 155,– Preise jew. inkl. MwSt. zzgl. Vertriebs-/ Direktbeorderungsgebühren jährlich (€ 21,85/€ 3,35) € 25,20. Die Zeitschrift kann bis 6 Wochen vor Jahresende abbestellt werden. Mehr Informationen: www.beck-shop.de/go/NZFam NZFam Online – noch mehr Service ■ Online-Archiv der NZFam mit allen Verlinkungen. ■ Datenbank in beck-online mit allen relevanten familienrechtlichen Entscheidungen im Volltext seit 1981. Jedes Jahr ca. 1000 neue Entscheidungen! ■ Zusätzlich Fundstellen-Recherche in der gesamten Datenbank beck-online. Jetzt 3 Monate kostenlos testen! Bestellen Sie jetzt Ihr Probe-Abo und Sie erhalten zusätzlich als Geschenk die 48-seitige »Sonderausgabe Verfahrensrecht« mit Aufsätzen von Norbert Schneider. 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