folie_beispiel_organuntreue

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Beispiel zur „Organuntreue“1:
Die F betreibt ein Einzelhandelsgeschäft. Zu diesem Zweck hatte sie mit
dem Ehemann M eine GmbH mit einem Stammkapital in Höhe von
25.000 EURO gegründet. Der Anteil der F betrug 20.000 EURO, der des
M 5.000 EURO. Die F war alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführerin
der GmbH. Die GmbH geriet in Zahlungsschwierigkeiten; überdies war
ein Bankdarlehen in Höhe von 70.000 EURO zurückzuzahlen. Auf dem
Geschäftskonto befanden sich aber nur noch 10.000 EURO. F überwies
mit Zustimmung des A eine Woche vor dem Fälligkeitstermin des Darlehens diesen Betrag auf ihr Privatkonto, um das Geld für persönliche
Zwecke zu verwenden. Sonstige nennenswerte Vermögenswerte hat die
GmbH nicht. Durch diese Transaktion wurde die GmbH zahlungsunfähig.
Die Bank stellte den Insolvenzantrag. Das Amtsgericht lehnt die Einleitung des Insolvenzverfahrens mangels Masse ab. Die Gläubiger fielen
mit ihren Forderungen aus.
Strafbarkeit der F?
I. § 266 I, 1. Fall (Missbrauch) StGB: (+); hM
- F = vermögensfürsorgepflichtig
- Missbrauch der Befugnis:
- rechtswirksames Handeln im Außenverhältnis. (+)2
- Überschreitung der Vorgaben im Innenverhältnis:
- Einverständnis aller Gesellschafter lag vor; Konsequenz:
- MM: § 266 (-)!
- hM: § 266 (+)3, sofern Einverständnis unwirksam →
(+) jedenfalls bei Beeinträchtigung des Stammkapitals
der Gesellschaft4
- Vermögensnachteil bei anderem: (+) → GmbH (§ 13 GmbHG)
1
Beispiel nach Hellmann/Beckemper, Wirtschaftsstrafrecht, Rn 341 ff. - dort bitte die vorgeschlagene Lösung nacharbeiten!
2
Würde man ein im Außenverhältnis wirksames Rechtsgeschäft (unter Berufung auf § 134
BGB) verneinen, so käme § 266 I, 2. Fall (Treubruch) StGB in Betracht: Problemlage identisch (Treuepflichtverletzung bei Einverständnis der Gesellschafter?).
3
Hintergrund: Gläubigerschutz über § 283 StGB nicht möglich (§ 14 StGB nicht anwendbar).
4
Aber Rechtsgutsvertauschung: Gläubiger-Interessen werden durch § 283 StGB geschützt.
II. § 283 I Nr. 1 StGB: (-); hM
- F ≠ taugliche Täterin5
- § 283 als Sonderdelikt (nur Schuldner = Täter)
- Schuldner = GmbH
- Merkmalszurechnung auf F über § 14 I Nr. 1 StGB:
- F = vertretungsberechtigtes Organ der GmbH (§ 35 GmbHG)
- aber: „als Organ“ = Handeln im Interesse der GmbH: → (-); hM6
III. § 84 I Nr. 2 iVm § 64 I GmbHG: (+)
Die übrigen Voraussetzungen des § 283 StGB (hierzu noch im Modul „Wirtschaftsstrafrecht
- Vertiefung“) lägen vor: Vermögensbestandteile beiseite geschafft / Handeln in der Krise.
6
Nach Gegenauffassung genügt ein Ausnutzen der besonderen Stellung des Täters (also ein
Ausüben in seiner Funktion).
5
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