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Beschluss Az. 15 Verg 3/13∗
OLG Karlsruhe
27. September 2013
Tenor
1
1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der Vergabekammer Baden-Württemberg vom 10. Mai 2013 - 1 VK 10/13 - in Ziff. 1
und 2 geändert:
2
Die Entscheidung der Antragsgegnerin vom 11.3.2013, die Ausschreibung G.-K.
S., Erweiterung und Sanierung B., Gewerk Sanitär, aufzuheben, wird aufgehoben.
3
2. Die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.
4
3. Die Antragsgegnerin hat die bei der Vergabekammer angefallenen Verfahrenskosten zu tragen sowie der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstanden notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch die Antragstellerin war erforderlich.
5
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragsgegnerin ebenfalls zu tragen.
6
4. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 128.746,51 festgesetzt.
Gründe
7
I.
8
Zwischen den Beteiligten besteht Streit, ob die Antragsgegnerin eine Ausschreibung hat aufheben dürfen.
9
Die Antragsgegnerin schrieb im Rahmen der Sanierung und Erweiterung einer
∗ http://openjur.de/u/657424.html
(= openJur 2013, 43367)
1
ihrer Kliniken im offenen Verfahren Sanitärarbeiten aus. Die Antragstellerin bewarb sich um den Auftrag. Der Angebotspreis betrug 2.574.930,10 (einschließlich
Umsatzsteuer wie auch alle im folgenden angegebenen Preise). Das Gebot der
Antragstellerin war das einzige zum Zeitpunkt der Submission am 28.2.2013.
Im September 2012 waren für das Gewerk Haushaltsmittel von 1.965.045,00 bewilligt worden. Nach Aufnahme weiterer Leistungen wurden Anfang Dezember
2012 nach DIN 276 Kosten von 2.158.401,45 berechnet.
10
Mit Schreiben vom 11.3.2013 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit,
dass das Ausschreibungsverfahren aus preislichen Gründen und deshalb aufgehoben werde, weil die Vergabeunterlagen grundlegend geändert werden müssten.
Es sei beabsichtigt, ein neues Vergabeverfahren (beschränkte Ausschreibung)
durchzuführen.
11
Die Antragstellerin rügte diese Entscheidung und leitete in der Folge das Nachprüfungsverfahren mit dem Ziel der Aufhebung der Ausschreibungsaufhebung
ein.
12
Die Antragstellerin hat geltend gemacht, die Voraussetzungen einer Ausschreibungsaufhebung nach §17 Abs. 1 VOB/A-EG lägen nicht vor. Eine signifikante Diskrepanz zwischen Angeboten und Kostenschätzung könne nicht bestehen.
Oder die Kostenschätzung der Antragsgegnerin sei fehlerhaft. Zur Kostenberechnung von Dezember 2012 gebe es große Differenzen bei den Positionen Wartung,
Dichtigkeitsprüfung, Edelstahlrohre und Konstruktions-/Installationsschienen.
Die Differenzen beruhten darauf, dass sie, die Antragstellerin, im Unterschied
zur Antragsgegnerin die Wartung und Prüfung entsprechend den technischen
Richtlinien in vollem Umfang angeboten habe, weil die Ausschreibung dies vorgesehen habe. Hinsichtlich der Rohre und der Schienen könne die Antragsgegnerin nur die Materialpreise berechnet und nicht die erforderliche Verarbeitung
berücksichtigt haben. Auch könne die Antragsgegnerin nicht die vertraglich vorgesehene Preisbindung bis 2016 bewertet haben. Die Antragsgegnerin müsse
auch nicht die Vergabeunterlagen grundlegend ändern. Die Entscheidung der
Antragsgegnerin sei indifferent; sie sei ermessensfehlerhaft.
13
Die Antragsgegnerin hat eingewandt, der Antrag der Antragstellerin, die Ausschreibungsaufhebung aufzuheben, sei unzulässig; eine solche Entscheidung würde sie zwingen, mit der Antragstellerin zu kontrahieren, was unzulässig sei. Das
Angebot der Antragstellerin sei auszuschließen, da es einen unangemessenen hohen (Gesamt-)Preis enthalte. Im März 2012 seien die Kosten der ausgeschriebenen Maßnahme auf 1.589.799,00 geschätzt worden. Eine erste Kostenberechnung
von Juni 2012 habe einen Preis von 2.283.149,39 ergeben. Im September 2012 seien die Kosten aufgrund von Kosten einsparenden Änderungen mit 1.965.045,00
berechnet worden. Die letzte Berechnung sei Grundlage für die Bewilligung der
Haushaltsmittel geworden. Das Gebot der Antragstellerin liege mehr als 30 %
darüber. Durch eine Erweiterung der Leistungen sei die endgültige Kostenberechnung auf einen Endpreis von 2.158.401,45 gestiegen. Das Angebot der An2
tragstellerin übersteige die letzte Berechnung um fast 20 %. Die von den von
ihr beauftragten Ingenieuren eingesetzten Preise seien Vergleichsobjekten der
letzten 24 Monate entnommen bzw. aktuell bei der Industrie angefragt worden.
Die unangemessene Höhe des Preises der Antragstellerin sei auch aus einem weiteren Angebot von 1.974.703,85 zu ersehen, das nicht abgegeben, im Rahmen
einer nachträglichen Recherche aber überlassen worden sei.
14
Hilfsweise werde die Aufhebung darauf gestützt, dass die Vergabeunterlagen
grundlegend geändert werden müssten, wenn der von der Antragstellerin angebotene Preis nicht die Rechtmäßigkeit der Aufhebung begründe könne. Die
der Antragsgegnerin zur Verfügung stehenden Mittel reichten nicht aus, um den
Preisunterschied von rund 415.000 anderweitig aufzufangen.
15
Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag zurückgewiesen. Die Ausschreibungsaufhebung sei nach §17 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 3 EG VOB/A-EG
gerechtfertigt. Das Angebot der Antragstellerin weiche um 19,3 % von der letzten Kostenrechnung der Antragsgegnerin vom 3.12.2012, die zur Grundlage die
konkrete Ausschreibung gehabt habe, ab. Unter Würdigung der Gesamtumstände sei die Abweichung so erheblich, dass sie eine Aufhebung der Ausschreibung
rechtfertige. Zwar habe die Antragsgegnerin nicht dargelegt, dass durch das Angebot der Antragstellerin die Kosten der gesamten Baumaßnahme an fehlenden
Haushaltsmitteln scheitere. Aufgrund der Darlegung der Antragsgegnerin bestünden jedoch keine Zweifel, dass die bei der Kostenberechnung angesetzten
Preise nicht erheblich zu niedrig angesetzt oder nicht marktüblich sein könnten.
Dafür spreche auch das nicht rechtzeitig eingereichte weitere Angebot der H.
GmbH. Dieses sei verwertbar. Es gebe keine Anhaltspunkte, dass es nachträglich
manipuliert worden sein könnte. Dieses Angebot in Höhe von 1.974.703,85 liege
unter der Kostenberechnung der Antragsgegnerin. Bei den Preisen der Edelstahlrohre liege das Vergleichsangebot nahezu in der Mitte zwischen den Preisen der
Antragstellerin und denen der Antragsgegnerin. Bei den übrigen Positionen liege
es ebenfalls zwischen den Preisen der Antragstellerin und denen der Antragsgegnerin, allerdings näher bei denen der Antragsgegnerin. Die Kostenberechnung
der Antragsgegnerin sei daher sachlich nicht zu beanstanden. Die Aufhebung sei
nachvollziehbar und ermessensfehlerfrei.
16
Gegen diese Entscheidung hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde eingelegt. Die Antragsgegnerin hat sich der sofortigen Beschwerde mit der Begründung angeschlossen, dass die Vergabekammer zu Unrecht davon abgesehen habe,
die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragsgegnerin
für notwendig zu erklären.
17
Die Antragstellerin begründet ihre sofortige Beschwerde damit, dass es für die
Entscheidung der Vergabekammer, dass die Kostenberechnung der Antragsgegnerin nicht zu beanstanden sei, keine belastbare Grundlage gebe. Der Vergabekammer fehle die Sachkunde, um die Preise aus eigener Kenntnis beurteilen zu
können. Die Einholung eines Sachverständigengutachtes wäre erforderlich ge3
wesen. Die Vergabekammer hätte auch das nicht abgegebene Angebot der H.
GmbH nicht zum Vergleich heranziehen dürfen, so dass ein ausreichender Vergleichsmaßstab gefehlt habe. Das Angebot hätte, wenn es abgegeben worden
wäre, ausgeschlossen werden müssen. Die H. GmbH wäre nicht leistungsfähig.
Es handele sich um einen zu kleinen Betrieb, der die ausgeschriebene Leistung
nicht hätte durchführen können. Sie, die Antrag stellende Bietergemeinschaft,
habe zwei Mitglieder, die beide jeweils deutlich größer seien als die H. GmbH.
Sie hätten sich sogar zur Bietergemeinschaft zusammenschließen müssen, weil
sie jeweils allein die ausgeschriebenen Leistungen nicht hätten erbringen können.
Die Vergabekammer sei auch ihren Rügen zu Kalkulationsfehlern der Antragsgegnerin bezüglich der Wartungspreise, der Edelstahlrohre, der Installationsund Konstruktionsschienen usw. nicht nachgegangen. Vergleichspreise hätten
zudem nicht bei der Industrie nachgefragt werden dürfen. Deren Angaben seien unrealistisch, da die Unternehmer ihr Material beim Großhandel bezögen.
Rabatte von 50 %, von deren Möglichkeit die Antragsgegnerin ausgehe, seien
realitätsfremd. Ein Angebot zur Wasserenthärtungsanlage, dass die Antragsgegnern eingeholt habe, weise auch aus, dass kein Rabatt gewährt würde. Der
beratende Ingenieur der Antragsgegnerin habe in der mündlichen Verhandlung
der Vergabekammer eingeräumt, dass die Preise für die Wartung teilweise falsch
berechnet worden seien. Ausgeschrieben worden sei zwar die Wartung - unstreitig aufgrund der Angaben in der mündlichen Verhandlung - nach der technischen
Richtlinie A./V. Wartungsleistungen habe der beratende Ingenieur jedoch nur
teilweise erwartet und daher niedrigere Preise angesetzt. Bei den Edelstahlrohren habe die Antragsgegnerin nur die Materialpreise angesetzt und nicht die
Kosten der Installation bzw. Montage berücksichtigt. Das gleiche gelte für die
Wasserenthärtungsanlage. Zu beachten sei auch, dass die Materialpreise volatil seien und sehr viele umfangreiche Positionen ausgeschrieben worden seien.
Dadurch sei das Fehlerrisiko bei der Kalkulation hoch, das sich erheblich auswirken könne. Die angeblichen Preise aus Aufträgen der letzten 24 Monate könnten
nicht zum Vergleich herangezogen werden, da die Antragsgegnerin die Kalkulationsgrundlage nicht offen gelegt habe. Diese Ausschreibungen, die aus den zwei
Jahren vor der Kostenschätzungen resultierten, seien nicht marktrealistisch, da
die Kosten, insbesondere die Stahlpreise, erheblich gestiegen seien.
18
Die Antragstellerin beantragt,
19
den Beschluss der Vergabekammer aufzuheben und
20
die Aufhebung der Ausschreibung “Gewerk Sanitär“ zum Vergabeverfahren der
G.-K. S., Erweiterung und Sanierung B., vom 11.3.2013 aufzuheben,
21
hilfsweise,
22
die Antragsgegnerin zu verpflichten, das Vergabeverfahren zu G.-K. S., Erweiterung und Sanierung B., zur Ausschreibung “Gewerk Sanitär“ fortzusetzen.
4
23
Hilfsweise beantragt die Antragstellerin,
24
festzustellen, dass die Aufhebung der Ausschreibung “Gewerk Sanitär“ vom
11.3.2013 durch die Antragsgegner rechtswidrig war.
25
Die Antragsgegnerin beantragt,
26
die Beschwerde zurückzuweisen und
27
die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragsgegnerin
für notwendig zu erklären.
28
Sie wiederholt und vertieft ihren Vortrag zum Verfahren vor der Vergabekammer. Der Antrag der Antragstellerin sei unzulässig, da die Aufhebung der Ausschreibungsaufhebung zu einem faktischen Kontrahierungszwang führe. Die Antragsgegnerin sei jedoch gehalten, wirtschaftlich mit Steuergeldern umzugehen.
Deswegen sei auch der absolute Betrag des Angebots bedeutsam. Ihre Kostenberechnung sei ordnungsgemäß. Die Preise größerer Anlageteile seien bei der
Industrie abgefragt worden. Für die übrigen Preise der Kostenberechnung seien
Mittelwerte aus vergleichbaren submittierten Angeboten der letzten 24 Monate
gebildet worden. Bei anderen Gewerken der Baumaßnahme, die von den gleichen
beratenden Ingenieuren betreut würden, seien die Kostenberechnungen um bis
zu 20 % unterschritten worden. Dies zeige, dass die beratende Ingenieure die
Kosten vorsichtig angesetzt hätten. Die Vorsicht bei der Kostenberechnung werde durch das zweite, nicht abgegebene Angebot bestätigt, das ungefähr 10 %
unter der letzten Kostenberechnung liege. Die gewählte Methode der Kostenberechnung habe ein wirklichkeitsnahes Ergebnis erwarten lassen. In 999 Positionen liege demgemäß die Antragstellerin über dem Preis der Antragsgegnerin, bei
629 Positionen sei allerdings der von ihr, der Antragsgegnerin, angesetzte Preis
höher als der der Antragstellerin. Der Vergleich der Antragstellerin bezüglich
des Preises der Systemrohre sei unzutreffend. Diese habe sich auf Empfehlungen
des Sanitärfachverbandes und eines Großhändlers für die Abrechnung gegenüber
Kunden bezogen. Ein Unternehmer könne jedoch Rabatte von bis zu 50 % gegenüber diesen Preisen erhalten. Die von ihr, der Antragsgegnerin, kalkulierten
Preise lägen auch sehr viel näher an der Liste des Sanitärfachverbandes als die
der Antragstellerin. Das gleiche gelte für die Installationsschienen. Hinsichtlich
der Wartungsarbeiten habe sie auf der Grundlage der technischen Richtlinie A.
den erwartenden Zeitaufwand geschätzt. Den von der Antragstellerin gebotenen
Preis zugrunde gelegt, wäre ein Monteur allein mit der Wartung drei Monate
beschäftigt. Dies könne nicht sein. Das gleiche gelte für die Druck- und Dichtigkeitsprüfung.
29
Bezüglich der Anschlussbeschwerde vertritt die Antragsgegnerin die Ansicht,
dass die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten notwendig war. Es seien
schwierige Fragen zur Passivlegitimation, zu einem eventuellen Kontrahierungszwang, zur Rechtswidrigkeit der Aufhebungsnachricht, zum beschränkten Aus5
schreibungsverfahren, zur Angemessenheit der Preise und zu den Folgen der
Mittelknappheit zu beantworten gewesen.
30
Hinsichtlich der Einzelheiten des Vortrags der Beteiligten wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
31
II.
32
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig und hat Erfolg. Jedenfalls derzeit liegen entgegen der Ansicht der Vergabekammer die Voraussetzungen für eine wirksame Aufhebung des Vergabeverfahrens nicht vor.
33
1. Der Antrag, die Aufhebung der Ausschreibung aufzuheben, sowie der inhaltsgleiche Hilfsantrag, das Vergabeverfahren fortzusetzen, sind zulässig.
34
a) Auch nach Aufhebung eines Ausschreibungsverfahrens ist ein Nachprüfungsantrag statthaft, der sich gegen die Aufhebung richtet und auf die Fortsetzung
des Vergabeverfahrens abzielt (vgl. BGH, Beschluss vom 18.2.2003 - X ZB 43/02
- juris Rn. 15; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.11.2003 - VII-Verg 59/03 - juris Rn. 24; OLG Frankfurt, Beschluss vom 28.6.2005 - 11 Verg 21/04 - juris Rn.
37; EuGH, Urteil vom 18.6.2002 - C-92/00 - juris Rn. 55). Eine effektive Nachprüfungsmöglichkeit von Vergabeentscheidungen verlangt grundsätzlich einen
Primärrechtsschutz. Die Verweisung auf Schadensersatzansprüche muss auf Ausnahmefälle beschränkt bleiben. Einem Antrag auf Nachprüfung der Aufhebung
einer Ausschreibung durch die Vergabekammer bzw. den Vergabesenat fehlt allerdings insbesondere dann ein Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Auftraggeber
sein Beschaffungsvorhaben endgültig aufgibt (OLG Düsseldorf, a.a.O.; Summa
in jurisPK-VergR, 4. Aufl., §104 GWB Rn. 42). Dass ein Ausnahmefall vorliegt,
lässt sich jedoch nicht feststellen. Die Antragsgegnerin hatte zwar vorgetragen,
dass sie ein verändertes Leistungsverzeichnis mit geringeren Leistungen errichten und einen entsprechenden Auftrag neu ausschreiben muss, um haushaltsrechtliche Vorgaben einzuhalten. Sie hat auch die Leistung - verändert - neu
ausgeschrieben. Die Leistung wurde jedoch nur geringfügig geändert. Teilweise
wurden Leistungen gemindert, andere wurden zusätzlich einbezogen. Daher ist
nicht feststellbar, dass die vorgenommene Änderung eine endgültigen Aufgabe
des (ursprünglich) Beschaffungsvorhaben beinhaltet.
35
b) Dem Antrag fehlt auch nicht deswegen die Statthaftigkeit, weil die Fortsetzung des Vergabeverfahrens angeblich mit einer Verpflichtung der Antragsgegnerin, der Antragstellerin den Zuschlag zu erteilen, verbunden ist. Dies ist nicht
der Fall. Mit der Aufhebungsentscheidung ist nicht vornherein die Zuschlagsentscheidung vorgegeben (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 19; OLG Frankfurt, a.a.O., Rn.
38, OLG München, Beschluss vom 4.4.2013 - Verg 4/13 - juris Rn. 51 f.). Die
Antragstellerin beantragt dementsprechend in erster Linie nur die Aufhebung
der Entscheidung der Antragsgegnerin vom 11.3.2013, die Ausschreibung aufzuheben.
6
36
c) Die weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen sind ebenfalls erfüllt.
37
2. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist entgegen der Ansicht der
Vergabekammer auch begründet. Die Entscheidung der Antragstellerin, die Ausschreibung aufzuheben, war fehlerhaft. Die Antragstellerin hat daher das Vergabeverfahren wiederaufzunehmen und über die Fortsetzung bzw. Aufhebung
der Ausschreibung neu zu entscheiden.
38
a) Eine Ausschreibung kann gemäß §17 Abs. 1 VOB/A-EG aufgehoben werden,
wenn gemäß §16 Abs. 6 Nr. 1 VOB/A-EG keinem Angebot wegen unangemessen hohen Preises der Zuschlag erteilt werden kann. Ob dieser Tatbestand unter
§17 Abs. 1 Nr. 1 VOB/A-EG - kein zuschlagsfähiges Angebot - oder unter §17
Abs. 1 Nr. 3 VOB/A-EG - anderer schwerwiegender Grund - zu subsumieren ist,
kann offen bleiben. Denn wenn nur Angebote mit unangemessen hohen Preisen
vorliegen, kann jedenfalls nach einer der beiden Tatbestände die Ausschreibung
aufgehoben werden (vgl. Senat, Beschluss vom 27.7.2009 - 15 Verg 3/09 - juris
Rn. 18 f.).
39
Die Frage, ob ein unangemessen hohes Angebot vorliegt, unterliegt grundsätzlich
in vollem Umfang der Nachprüfung. In Betracht kommt allenfalls die Einräumung eines Beurteilungsspielraumes bei der Beurteilung der Angemessenheit
(Senat, a.a.O., Rn. 20; OLG München, Beschluss vom 2.6.2006 - Verg 12/06 juris Rn. 120).
40
aa) Die Angemessenheit des Angebotspreises ist anhand feststehender, gesicherter Tatsachengrundlage durch eine Betrachtung des Preis-Leistungs-Verhältnisses
innerhalb des vom Ausschluss bedrohten Angebots zu ermitteln (vgl. Dicks in
Kulartz/ Marx/Portz/Prieß, VOB/A, §16 Rn. 243 i.V.m. Rn. 242). Die Unangemessenheit ist nicht mittels eines festen Prozentsatzes der Abweichung des
Angebots von einem Markt- oder Durchschnittspreis zu bestimmen, sondern
aufgrund einer Bewertung aller Umstände des Einzelfalls (Senat, a.a.O., Rn. 21;
vgl. auch BGH, Urteil vom 20.11.2012 - X ZR 108/10 - Rn 21 zum Vorliegen
eines schwerwiegenden Grundes). Ein unangemessen hoher Preis ist jedenfalls
nicht schon dann gegeben, wenn die Hoffnung des Auftraggebers, den Auftrag zu
einem deutlich unter der eigenen Schätzung liegenden Preis vergeben zu können,
sich nicht erfüllt (Senat, a.a.O., Rn. 23; OLG Koblenz, Beschluss vom 23.12.2003
- 1 Verg 8/03 - juris Rn. 37).
41
Maßstab für die Ermittlung eines angemessenen Preises und damit für die Beurteilung, ob ein Preis unangemessen hoch im Sinne des §16 Abs. 6 Nr. 1
VOB/A-EG ist, können Angebote anderer Anbieter, Daten aus anderen Ausschreibungen, für vergleichbare Leistungen vom Auftraggeber gezahlte oder ihm
angebotene Preise, eigene Kostenschätzungen und Kalkulationen beratender Ingenieurbüros sein (Senat, a.a.O., Rn. 26). Allerdings müssen für einen zulässigen
Vergleich zwischen der Schätzung bzw. Berechnung des Auftraggebers und dem
7
gebotenen Preis das der Kostenschätzung zugrunde liegende Leistungsverzeichnis sowie das Leistungsverzeichnis der Ausschreibung übereinstimmen und die
bei der Kostenschätzung bzw. Kostenberechnung gewonnenen Ergebnisse müssen als vertretbar erscheinen (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 18 ff.).
42
Maßgebende Bezugsgröße ist regelmäßig der Gesamtpreis (Senat, a.a.O., Rn. 25
m.w.N.). Abzustellen ist auf den Zeitpunkt des Ablaufs der Angebotsfrist.
43
bb) Ob die dargelegten Voraussetzungen eingehalten sind, ob die Angemessenheitsprüfung der Antragsgegnerin auf tragfähiger Grundlage erfolgt ist, kann
der Senat nicht ohne weiteres feststellen.
44
Die Antragsgegnerin hat in der Vergabeakte nur die von den beratenden Ingenieuren ermittelten Einheitspreise und Gesamtpreise sowie den Vergleich mit
den von der Antragstellerin angebotenen Preisen festgehalten. Sie hat im Nachprüfungsverfahren weiterhin ausgeführt, wie die beratenden Ingenieure die Preise ermittelt haben. Diese haben Mittelwerte aus submittierten Angeboten gebildet bzw. bei größeren Anlageteilen Industriepreise abgefragt und Rabatte
berücksichtigt. Aufgrund dieses Vortrags lässt sich jedoch nicht auf die Unangemessenheit des Preises der Antragstellerin schließen. Die Antragstellerin bestreitet nämlich, dass die für die Kostenberechnung herangezogenen submittierten
Angebote vergleichbare Leistungen enthielten. Rabatte, die in die Kostenberechnung einflossen und die die Antragsgegnerin im Nachprüfungsverfahren teilweise angeführt hat, hat die Antragstellerin als realitätsfern bezeichnet. Eventuelle
Preisspannen, die für die Beurteilung der Angemessenheit von Bedeutung sein
könnten, werden nicht genannt. Darüber, in welchem Umfang Wartungsarbeiten
ausgeschrieben worden sind, besteht Streit. Der Senat kann daher nicht aus eigener Sachkunde beurteilen, ob die Antragsgegnerin die voraussichtlichen Kosten
mit der erforderlichen Sorgfalt berechnete.
45
cc) Das nicht abgegebene Angebot der H. GmbH bietet auch keinen ausreichenden Anhaltspunkt für eine Unangemessenheit des von der Antragstellerin
gebotenen Preises. Das Angebot wurde von der H. GmbH nicht zur Submission eingereicht. Es wurde vielmehr nachträglich auf Anforderung bzw. Anfrage
der Antragsgegnerin zum Vergleich mit dem Angebot der Antragstellerin übergeben. Manipulationen können daher nicht ausgeschlossen werden. Abgesehen
davon, dass die Aussagekraft des Angebots somit eingeschränkt ist, lässt sich
allein aufgrund des Preises eines “Konkurrenzangebots“, dessen Angemessenheit
nicht feststeht, eine Beurteilung nicht vornehmen.
46
dd) Letztlich kann aber die Frage einer eventuellen Unangemessenheit offen
bleiben. Denn die Entscheidung der Antragstellerin ist jedenfalls deshalb aufzuheben, weil sie ermessensfehlerhaft ist (s.u. unter c).
47
b) Ob ein die Aufhebung der Ausschreibung rechtfertigender schwer wiegender
Grund gemäß §17 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A-EG vorliegt, kann ebenfalls offen bleiben.
8
48
aa) Ein schwerwiegender Grund im Sinn dieser Vorschrift liegt vor, wenn die
vor der Ausschreibung vorgenommene Kostenschätzung der Vergabestelle aufgrund bei ihrer Aufstellung vorliegenden erkennbaren Daten als vertretbar erscheint und die im Vergabeverfahren abgegebenen Gebote deutlich darüber liegen (BGH, Urteil vom 8.9.1998 - X ZR 99/96 - juris Rn. 17 f.; BGH, Urteil vom
20.11.2012 - X ZR 108/10 - juris Rn. 18). Die Vergabestelle oder der von ihr
beauftragte Fachmann muss für die Schätzung Methoden gewählt haben, die
ein wirklichkeitsnahes Schätzungsergebnis ernsthaft erwarten lassen, und die
Gegenstände der Schätzung und der ausgeschriebenen Maßnahme müssen deckungsgleich sein bzw. der Schätzung zugrunde gelegte Preise oder Bemessungsfaktoren müssen auf dem Zeitpunkt der Bekanntmachung des Vergabeverfahrens
aktualisiert worden sein (vgl. BGH, Urteil vom 20.11.2012 - X ZR 108/10 - juris
Rn. 19 f.).
49
Um die Aufhebung gemäß §17 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A-EG zu rechtfertigen, muss
das Ausschreibungsergebnis in der Regel ganz beträchtlich über dem Schätzungsergebnis liegen. Die Höhe der Überschreitung lässt sich nicht durch allgemein verbindliche Werte nach Höhe oder Prozentsätzen festlegen. Vielmehr
ist für die Beurteilung eine alle Umstände des Einzelfalls einbeziehende Interessenabwägung vorzunehmen. Einerseits darf dem öffentlichen Auftraggeber nicht
das Risiko einer deutlich überhöhten Preisbildung weit jenseits einer vertretbaren Schätzung der Auftragswerte zugewiesen werden. Vielmehr muss er in
solchen Fällen zur sanktionsfreien Aufhebung des Vergabeverfahrens berechtigt
sein. Andererseits darf die rechtlich der Vergabestelle eingeräumte Möglichkeit,
ein Vergabeverfahren aufzuheben, nicht zu einem für die Vergabestellen latent
verfügbaren Instrument zur Korrektur der in öffentlichen Ausschreibungen bzw.
offenen Verfahren erzielten Submissionsergebnisse geraten. Ebenfalls zu berücksichtigen ist, dass auch mit angemessener Sorgfalt durchgeführte Schätzungen
nur Prognoseentscheidungen sind, von denen die nachfolgenden Ausschreibungsergebnisse erfahrungsgemäß mitunter nicht unerheblich abweichen (BGH, Urteil
vom 12.7.2001 - X ZR 150/99 - juris Rn. 30; BGH, Urteil vom 20.11.2012 - X
ZR 108/10 - juris Rn. 21).
50
bb) Unter Beachtung dieser Grundsätze könnte der von der Antragstellerin gebotene Preis so beträchtlich über dem Haushaltsansatz der Antragsgegnerin
liegen, dass ein schwerwiegender Grund im Sinn von §17 Abs. 1 Nr. 3 VOB/AEG vorliegt. Zutreffend ist die Vergabekammer davon ausgegangen, dass nicht
die der Bewilligung der Haushaltsmittel vorangegangene Kostenberechnung der
Entscheidung zugrunde zu legen ist, sondern die letzte Kostenberechnung vom
3.12.2012. Die Kostenberechnung, die der Bewilligung der Haushaltsmittel zugrunde lag, entsprach nicht der ausgeschriebenen Leistung. Vielmehr sind weitere Aufgaben hinzugekommen. Diese zusätzlichen Positionen sind bei der letzten
Berechnung von Kosten von 2.158.401,45 berücksichtigt. Ebenfalls zu beachten
ist, dass die Kosten des ausgeschriebenen Gewerks nicht grob geschätzt wurden,
dass vielmehr der Bewilligung der Haushaltsmittel eine Kostenberechnung nach
9
DIN 276 zugrunde lag. Deswegen war zu erwarten, dass das Ausschreibungsergebnis nicht so wesentlich über den angebotenen Preis liegen würde wie bei
einer Kostenschätzung.
51
Andererseits spricht das Ergebnis der zweiten Ausschreibung dafür, dass die
Kalkulation der ausgeschriebenen Leistung offenbar schwierig ist, was bei der
Beurteilung der Angemessenheit ebenfalls zu berücksichtigen wäre. Denn die
Berechnung der Kosten für die teilweise veränderten Leistungen durch die Antragsgegnerin bzw. durch die diese beratenden Ingenieure endete mit Mehrkosten von rund 83.000 (insgesamt rund 2,24 Mio. ). Die H. GmbH, deren nicht
abgegebenes und deshalb mit Vorbehalt zu beurteilendes erstes Gebot noch rund
183.000 unter der Kostenberechnung vom Dezember 2012 lag, bietet nun einen
Preis, der nur noch rund 57.000 unter der (geänderten) Kostenberechnung liegt
(rund 2,18 Mio. ). Möglicherweise hat die H. GmbH ihre erste Kalkulation also
nach oben korrigiert. Demgegenüber hat die Antragstellerin ein Gebot abgegeben, das rund 121.000 unter ihrem ersten liegt.
52
cc) Ob die Überschreitung der Kostenberechnung von 2.158.401,45 durch das
Ausschreibungsergebnis mit 2.574.930,00 , mithin um 19,3 %, die Aufhebung
der Ausschreibung rechtfertigen kann (vgl. dazu OLG München, Beschluss vom
7.3.2013 - Verg 36/12 - juris Rn. 76), braucht aber, wie schon angedeutet, nicht
entschieden zu werden.
53
c) Denn die Aufhebung der Ausschreibung durch die Antragsgegnerin ist jedenfalls deshalb vergaberechtswidrig, weil die Antragsgegnerin das ihr durch §17
Abs. 1 VOB/A-EG eingeräumte Ermessen nicht fehlerfrei ausgeübt hat.
54
aa) §17 Abs. 1 VOB/A-EG räumt der Vergabestelle ein Ermessen ein. Die Entscheidung der Antragsgegnerin kann dementsprechend nur eingeschränkt auf
Ermessensfehler überprüft werden.
55
Von dem ihr eingeräumten Ermessen hatte die Antragsgegnerin Gebrauch zu
machen. Sie hatte sämtliche für und gegen eine Aufhebung der Ausschreibung
sprechenden Belange ihrer selbst und der Antragstellerin gegeneinander abzuwägen. Falls ein eine Aufhebung rechtfertigender Grund vorliegen sollte, würde
dies nicht zwangsweise zur Aufhebung der Ausschreibung führen, sondern hätte
der Antragstellerin erst die Möglichkeit eröffnet, zu überlegen und abzuwägen,
ob sie die Ausschreibung aufhebt (vgl. BGH, Beschluss vom 10.11.2009 - X
ZB 8/09 - juris Rn. 56; Senat, Beschluss vom 27.7.2009 - 15 Verg 3/09 - juris
Rn. 18 f.; BayObLG, Beschluss vom 17.2.2005 - Verg 27/04 - juris Rn. 38).
Zu prüfen hatte sie in diesem Zusammenhang auch, ob weniger einschneidende Alternativen zur Aufhebung in Betracht kommen und ob der zu beachtende
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht weniger einschneidende Maßnahmen
als die Aufhebung des Verfahrens insgesamt rechtfertigt oder fordert (vgl. OLG
Düsseldorf, Beschluss vom 14.1.2009 - Verg 49/08 - juris Rn. 42; Portz in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOB/A, §17 Rn. 20).
10
56
bb) Eine ordnungsgemäße Ermessenausübung lässt sich nicht feststellen.
57
Der Vergabevermerk vom 8.3.2013, durch den gemäß §20 Abs. 1 Satz 1 und 2
Nr. 10 VOB/A-EG die Entscheidung einschließlich ihrer Begründung zeitnah zu
dokumentieren gewesen wäre, beschränkt sich auf die Aussage, dass das Ausschreibungsergebnis 30 % über dem Kostenrahmen liegt, die erhebliche Überschreitung der Kosten zwangsläufig zu einer Änderung der Vergabeunterlagen
führt, um das vorhandene Finanzbudget einzuhalten, und dass vor diesem Hintergrund die Ausschreibung aufgehoben und eine beschränkte Ausschreibung
durchgeführt wird. Dem Vergabevermerk ist somit nicht zu entnehmen, dass die
Antragsgegnerin die für die Entscheidung maßgeblichen Umstände gesehen und
erwogen hat. Sie hat allein darauf abgestellt, dass das Ausschreibungsergebnis
etwa 30 % über den bewilligten Mitteln liegt und dass deswegen die Ausschreibung aufgehoben werden kann bzw. aufgehoben wird, um die Vergabeunterlagen
grundlegend zu ändern. Dies war zumindest deshalb fehlerhaft, weil sie nicht von
einer Überschreitung der geschätzten Kosten von 30 %, sondern “nur“ von 19,3
% hätte ausgehen dürfen, wie oben dargelegt worden ist.
58
Auch im Nachprüfungsverfahren stellt die Antragstellerin allein darauf ab, dass
das Ausschreibungsergebnis - diesmal korrekt - 19,3 % über der letzten Kostenberechnung (vom Dezember 2012) liegt, sie mit Steuermitteln sparsam und
wirtschaftlich umzugehen hat und dass die Einteilung der Haushaltsmittel eine Überschreitung der berechneten Kosten nicht zulässt. Sie geht somit davon
aus, dass sie nur ein im Rahmen der Kostenberechnung sich haltendes Angebot
annehmen darf. Mit ihrer Begründung der Aufhebung der Ausschreibung hat
die Antragstellerin somit nicht alle für die Entscheidung relevanten Umstände
in ihre Erwägungen einbezogen. Sie geht nicht auf die gegen eine Aufhebung
sprechenden Interessen der Antragstellerin ein. Sie erwägt nicht, ob nicht andere Maßnahmen ohne Aufhebung des Verfahrens insgesamt den Interessen aller
Beteiligter besser gerecht werden könnte. Dies hätte aber eine fehlerfreie Ermessensentscheidung erfordert.
59
Für die Abwägung hätte die Antragsgegnerin eventuell auch auf Unklarheiten
im Zusammenhang mit der Kalkulation eingehen können. Sie hätte die Umstände, die die Antragstellerin bei der Kalkulation und Abgabe des Angebots zur
Preisbildung bewogen, aufklären können. Eine Pflicht zur Aufklärung sieht zwar
nur §16 Abs. 6 Nr. 2 VOB/A-EG bei der Prüfung von Angebotspreisen vor, die
unangemessen niedrig erscheinen. Da jedoch bei der Beurteilung, ob ein Angebotspreis unangemessen hoch ist, auch Umstände eine Rolle spielen können, die
nicht aus einem aufgrund anderer Angebote ermittelten Durchschnittspreis zu
ersehen sind, sondern allein durch die ausgeschriebene Leistung bedingt sind,
kann es nahe liegen, sich über die Angemessenheit des Preises nach §15 Abs. 1
Nr.1 VOB/A-EG zu unterrichten. Die Erläuterung mit der Antragstellerin hätte
beispielsweise Aufklärung über den Umfang der ausgeschriebenen Wartungsarbeiten bringen können. Dieser ist in Streit. Der eklatante Unterschied des dies11
bezüglich angebotenen Preises von 112.291,38 zu dem in der Kostenschätzung
angesetzten Preis von 7.556,50 spricht eher für eine Unklarheit des ausgeschriebenen Umfangs als für eine überteuerte Leistung. Sollten Missverständnisse über
den Leistungsumfang vorgelegen haben, hätte sich die Antragsgegnerin die Möglichkeit überlegen können, Änderungen im durchgeführten Ausschreibungsverfahren vorzunehmen.
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Ob die Antragsgegnerin die Ermessensausübung im Nachprüfungsverfahren noch
hätte nachholen können, kann nach alledem offen bleiben.
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cc) Das Ermessen der Antragsgegnerin war nicht auf Null reduziert, so dass
sich auch aus diesem Grund die Entscheidung nicht als ermessensfehlerfrei herausstellen könnte. Eine Ermessenreduzierung kommt in Betracht, wenn die erforderlichen Haushaltsmittel fehlen. Die Antragstellerin hat auch vorgetragen,
dass sie den Haushaltsplan einhalten müsse. Jedoch hat sie nicht ausreichend
dargelegt, dass in jedem Fall die Mittel zur Fertigstellung des Projekts fehlen würden, wenn sie den für die Sanitärarbeiten vorgesehenen Kostenrahmen
überschritte. Die vorgesehenen Baumaßnahmen kosten über 28 Mio. . Dass die
Überschreitung der vorgesehenen Rohbaukosten den Handlungsrahmen so weit
einschränkt, dass für die Sanitärarbeiten nicht zusätzlich rund 415.000 zur Verfügung stehen können, und dass zusätzliche Mittel nicht bewilligt werden können, hat die Antragsgegnerin nicht vorgetragen. Dies wäre zudem deswegen in
Zweifel zu ziehen, da sie nachträglich, bei der zweiten Ausschreibung, Leistungsänderungen im Gewerk vorgesehen hat, die zu einer Kostenerhöhung führen.
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d) Durch die vergaberechtswidrige Aufhebung der Ausschreibung wurde die Antragstellerin in ihren Rechten gemäß §97 Abs. 7 GWB verletzt (vgl. BGH, Beschluss vom 18.2.2003 - X ZB 43/02 - juris Rn. ).
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3. Die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig, hat jedoch keinen
Erfolg. Zutreffend hat die Vergabekammer entschieden, dass die Hinzuziehung
eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragsgegnerin nicht notwendig
gewesen ist. Vorliegend stellen sich neben den technischen Fragen vergaberechtliche Probleme, die zu den - allerdings teilweise schwierigen - Grundlagen des
Vergaberechts gehören und von jeder Vergabestelle ständig zu prüfen und zu beantworten sind. Kann die Vergabestelle juristische Hilfe aus dem eigenen Haus
erwarten, bedarf sie keines externen Rechtsberaters. Die Antragsgegnerin hat
vergaberechtliche Hilfestellung aus dem “eigenen Haus“ zu erwarten gehabt. Die
Ausschreibung wurde vom Landkreis betreut. Ein Landkreis verfügt über den
notwendigen juristischen Sachverstand, um sich mit den vorliegend gestellten
Problemen in ausreichendem Maß zu beschäftigen. Die Waffengleichheit hat
ebenfalls nicht geboten, dass die Antragsgegnerin einen Bevollmächtigten hinzugezogen hat. Auf die zutreffenden Ausführungen der Vergabekammer wird
verwiesen.
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III.
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Da die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin keinen Erfolg hat und die
sofortige Beschwerde der Antragstellerin zum Erfolg des Nachprüfungsantrags
führt, hat die Antragsgegnerin gemäß §§128 Abs. 3 S. 1, Abs. 4 S. 1, 120 Abs.
2, 78 GWB die Kosten des Nachprüfungsverfahrens sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin zu
tragen.
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Die Antragstellerin hat einen Bevollmächtigten hinzuziehen dürfen. Es stellten
und stellen sich für einen Auftragnehmer ohne Rechtsabteilung einen juristischen Beistand fordernde Fragen des Vergaberechts
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Die Streitwertfestsetzung erfolgt entsprechend §50 Abs. 2 GKG.
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