Der Vertreiber von Einmal-Beatmungsmasken darf deren

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Der Vertreiber von Einmal-Beatmungsmasken
Wiederverwendung empfehlen
01097 Dresden
Königstraße 4
0351.21 11 760
[email protected]
darf
deren
Aufbereitung
und
Die Werbung eines Vertriebsunternehmens, die von ihm vertriebenen, für den einmaligen
Gebrauch
vorgesehenen
medizinischen
Beatmungsmasken
aufzubereiten
und
wiederzuverwenden, ist nicht irreführend und damit wettbewerbswidrig. Der Wiedereinsatz
von Einmal-Produkten (hier: Medizinprodukten) ist in Deutschland nicht grundsätzlich
verboten.
OLG Koblenz, Urteil vom 30.08.2005, 4 U 244/05
Die Antragstellerin vertreibt Laryngialmasken (auch Larynxmasken genannt). Diese Masken
werden im medizinischen Bereich bei der Beatmung von Patienten während einer Operation
verwendet. Die Antragstellerin vertreibt die Masken in unterschiedlicher Ausführung als
mehrfach zu verwendendes Produkt und als Einmal-Produkt.
Die Antragsgegnerin vertreibt Masken eines anderen Herstellers. Diese Masken sind mit der
Aufschrift "Single-Use" gekennzeichnet. In der Gebrauchsanleitung heißt es: "Diese
Laryngialmaske ist ein Einwegprodukt - und versuchen Sie nicht, es für den Wiedergebrauch
zu reinigen". "Versuchen Sie diese Maske nicht zu reinigen und wieder zu gebrauchen".
Bei Gesprächen mit Kunden äußerten Mitarbeiter der Antragsgegnerin, die von der
Antragsgegnerin vertriebenen "Single-Use"-Masken könnten wieder verwendet werden. Die
Antragsgegnerin bewarb die Masken außerdem mit einem Folder, in dem sie Hinweise zur
Aufbereitung der Masken gab.
Die Antragstellerin beanstandet, dass die Antragsgegnerin mit der Wiederverwendbarkeit
werbe,
obwohl
es
sich
um
ein
Einmal-Produkt
handele.
Die Antragstellerin hat beantragt,
der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung zu untersagen,
sich im Geschäftsverkehr zu Zwecken der Werbung wie nachstehend
wiedergegeben zu äußern und/ oder äußern zu lassen:
- Die von uns vertriebenen "Single-Use" Laryngial-Masken des Herstellers
Marshall können wieder verwendet werden.
- Die von uns vertriebenen "Single-Use"Larynxmasken des Herstellers
Marshall können wieder verwendet werden.
- wie in dem Werbefolder wiedergegeben.
Das Landgericht hat die begehrte einstweilige Verfügung erlassen und sie auf den
Widerspruch der Antragsgegnerin bestätigt.
Einen weitergehenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hatte die
Antragstellerin zurückgenommen.
Gegen das die einstweilige Verfügung bestätigende Urteil hat die Antragsgegnerin Berufung
eingelegt.
Die Antragsgegnerin beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die einstweilige Verfügung
aufzuheben und den Antrag auf ihren Erlass zurückzuweisen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten
gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Urkunden sowie das angefochtene Urteil
verwiesen.
II.
Die Berufung hat Erfolg.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist nicht gerechtfertigt.
Die Antragstellerin hat keinen Anspruch gegen die Antragsgegnerin, dass diese die
beanstandete Werbung unterlässt. Der Anspruch folgt nicht aus den §§ 8, 3 UWG. Die
Werbung der Antragsgegnerin ist nicht unlauter im Sinne des § 3 UWG. Es ist nicht
ersichtlich, dass die Antragsgegnerin im Sinne des § 3 Heilmittelwerbegesetz irreführend
wirbt und damit wegen Zuwiderhandlung gegen eine gesetzliche Vorschrift unlauter handelt
(§ 4 Nr. 11 UWG). Ebenso wenig ist ersichtlich, dass die Antragsgegnerin im Sinne des § 5
UWG irreführend wirbt.
1. Die Werbung der Antragsgegnerin ist möglicherweise irreführend, wenn die empfohlene
Aufbereitung und die Wiederverwendung der von ihr vertriebenen Masken unzulässig sind.
Das ist jedoch nicht erkennbar.
a) Die Aufbereitung und Wiederverwendung verstoßen nicht gegen § 2 Abs. 1 der
Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV). Nach dieser Bestimmung dürfen
Medizinprodukte nur ihrer Zweckbestimmung entsprechend betrieben, angewendet und
instand gehalten werden. Nach der Begriffsbestimmung des § 3 Nr. 10 des
Medizinproduktegesetzes (MPG) ist Zweckbestimmung die Verwendung, für die das
Medizinprodukt in der Kennzeichnung, der Gebrauchsanweisung oder den Werbematerialien
nach den Angaben des Herstellers bestimmt ist. Der Hersteller der von der Antragsgegnerin
vertriebenen Masken kennzeichnet diese zwar als Einmal-Produkt ("Single-Use"). Diese
Kennzeichnung betrifft aber keine Verwendung im Sinne des MPG.
In der Literatur wird allerdings vertreten, dass auch die Angabe des Herstellers, das Produkt
sei nur zur einmaligen Benutzung bestimmt, zur Zweckbestimmung rechne (Haindl/Helle, Die
Unzulässigkeit der Wiederverwendung von Einmal-Medizinpro-dukten, MedR 2001, 411;
Böckmann in Anhalt/Dieners, Handbuch des Medizinprodukte-Rechts, § 9, Rdnr. 53 ff.;
Rehmann/Wagner, MPG, § 4, Rdnr. 32 ff.). Es wird vertreten, dass sich das schon aus dem
Wortsinn der verwendeten Begriffe ergebe.
Der Wortsinn ist jedoch nicht eindeutig. Der im Hinblick auf § 3 Nr. 10 MPG maßgebliche
Begriff der Verwendung kann auch so verstanden werden, dass er den Anwendungsbereich,
nicht aber die Häufigkeit der Anwendung erfasst. Wer Angaben zur Verwendung eines
Produkts macht, beschreibt den Anwendungsbereich. Er erläutert, in welchen Fällen das
Produkt eingesetzt werden kann. Dieser Einsatz bzw. diese Verwendung erfolgt dann
gegebenenfalls einmal oder mehrfach.
Da der Wortsinn nicht eindeutig ist, kommt bei der Auslegung des § 2 Abs. 1 MPBetreibV
und des § 3 Nr. 10 MPG dem Zweck der Vorschrift und dem Willen des Gesetzgebers
Bedeutung zu. Die angegebene Literatur begründet die Einbeziehung der Bezeichnung
Einmal-Produkt in die Zweckbestimmung auch damit, dass eine Ausklammerung dem
System des Medizinprodukterechts widerspräche, das auf umfassende Patientensicherheit
abziele. Dieses allgemeine Ziel kann jedoch zur Begründung einer Unzulässigkeit der
Aufbereitung und Wiederverwendung von Einmal-Produkten, also von Produkten, für die der
Hersteller eine nur einmalige Verwendung vorsieht, nicht herangezogen werden. Denn der
Gesetzgeber sieht die Aufbereitung von Einmal-Produkten offenbar grundsätzlich als
zulässig an. Diese Auffassung des Gesetzgebers kann nicht unbeachtet bleiben.
In der Bundestags-Drucksache 14/7331 vom 7. November 2001 - Beschlussempfehlung und
Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur
Änderung des Medizinproduktegesetzes - ist die Stellungnahme der CDU/CSU-Fraktion
wiedergegeben. Dort heißt es, dass das Gesetz auch der Beseitigung von bestehenden
Rechtsunsicherheiten im Bereich der Wiederaufbereitung von Einmal-Produkten diene. Zum
Schutz der Verbraucher werde das Bundesministerium für Gesundheit aufgefordert,
entsprechende Überwachungen der Aufbereitung von Einmal-Produkten einzuleiten. Diese
Stellungnahme geht offensichtlich von der Zulässigkeit der Aufbereitung von EinmalProdukten aus. Ihr kommt es - lediglich - darauf an, die Wiederaufbereitung zu überwachen.
In der Bundestags-Drucksache 14/8750 vom 9. April 2002 antwortet die Bundesregierung
auf eine Anfrage von Abgeordneten zum Thema Patienten- und Anwenderschutz bei der
Aufbereitung und Wiederverwendung medizinischer Einmal-Produkte. In der Antwort heißt
es, dass der einstimmig verabschiedete Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des
Medizinproduktegesetzes folgende zentrale Prämissen enthalte: Kein ausdrückliches Verbot
der Aufbereitung von Einmal-Produkten; keine Unterscheidung zwischen Einmal- und
Mehrfach-Produkten hinsichtlich der Anforderungen an die Aufbereitung.
Im Sinne dieser Prämisse formuliert § 4 Abs. 2 MPBetreibV allgemein Anforderungen an die
Aufbereitung, ohne für die Aufbereitung von Einmal-Produkten Besonderheiten vorzusehen
oder Einschränkungen vorzunehmen.
Die strikte Aussage des - englischen - Herstellers in der Gebrauchsanleitung (in englischer
Sprache), dass man nicht versuchen solle, die Maske zu reinigen und wieder zu gebrauchen,
erklärt sich möglicherweise daraus, dass in England der Wiedereinsatz von EinmalProdukten verboten ist (vgl. Bundestags-Drucksache 14/8750).
b) Es ist nicht erkennbar, dass die Maßnahmen, die die Antragsgegnerin in ihrem
Werbefolder bezüglich einer Aufbereitung empfiehlt, gegen § 4 Abs. 2 MPBetreibV
verstoßen. Nach dieser Bestimmung ist die Aufbereitung von bestimmungsgemäß keimarm
oder steril zur Anwendung kommenden Medizinprodukten unter Berücksichtigung der
Angaben des Herstellers mit geeigneten validierten Verfahren so durchzuführen, dass der
Erfolg dieser Verfahren nachvollziehbar gewährleistet ist und die Sicherheit und Gesundheit
von Patienten, Anwendern oder Dritten nicht gefährdet wird.
Die Antragstellerin erläutert nicht, aus welchem Grund die von der Antragsgegnerin
beschriebenen Maßnahmen ungeeignet sind. Sie beanstandet lediglich allgemein, dass die
Hinweise der Antragsgegnerin den Kriterien des § 4 Abs. 2 MPBetreibV nicht genügten. An
anderer Stelle erklärt die Antragstellerin, die Antragsgegnerin könne nichts dazu vortragen,
dass die Hinweise den Kriterien genügten. Die Antragsgegnerin ihrerseits stellt in Abrede,
dass ihre Hinweise einen Gesetzesverstoß darstellen.
Die Antragsgegnerin gibt auch - soweit ersichtlich - in ihrer Werbung keine ins Einzelne
gehenden Anweisungen, die den Aufbereitungsprozess vollständig erfassen. Wie die
Aufbereitung im Einzelnen durchgeführt wird, bleibt damit denen überlassen, die die
Aufbereitung vornehmen. Dass sie dabei aufgrund der Angaben der Antragstellerin ein
ungeeignetes Verfahren wählen, ist nicht ersichtlich.
c) Es ist nicht erkennbar, dass die Aufbereitung und Wiederverwendung gegen § 6 Abs. 1
MPG verstoßen. Nach dieser Bestimmung dürfen Medizinprodukte nur in den Verkehr
gebracht oder in Betrieb genommen werden, wenn sie mit einer CE-Kennzeichnung nach
Maßgabe des Abs. 2 S. 1 und des Abs. 3 S. 1 versehen sind. Die von der Antragsgegnerin
vertriebenen Masken sind mit einer solchen Kennzeichnung versehen.
2. Die Werbung der Antragsgegnerin ist nicht deshalb irreführend, weil die CEKennzeichnung - so die Darstellung der Antragstellerin - auf der Basis einer
Einmalverwendung vorgenommen wurde. Die Antragstellerin verweist in diesem
Zusammenhang insbesondere darauf, dass sich das Konformitätsbewertungsverfahren und
die Konformitätserklärung des Herstellers nur auf die von ihm vorgegebene
Verwendungsform, nämlich die Einmalverwendung beziehen.
Die Kunden der Antragsgegnerin wissen, dass sie ein Produkt erwerben, das der Hersteller
als Einmal-Produkt gekennzeichnet hat. Die Masken sind deutlich als Einmal-Produkt
bezeichnet Die Antragsgegnerin verschweigt diese Bezeichnung nicht. Damit entsteht
bezüglich der CE-Kennzeichnung keine Fehlvorstellung, die gegebenenfalls die Annahme
einer Irreführung rechtfertigt. Im Hinblick auf die Kennzeichnung als Einmal-Produkt entsteht
allenfalls die Erwartung, dass die CE-Kennzeichnung auf der Grundlage der vom Hersteller
vorgesehenen Einmal-Verwendung erfolgt ist. Eine Fehlvorstellung, dass die CEKennzeichnung auf der Grundlage einer vorgesehenen Mehrfachverwendung vorgenommen
wurde, entsteht nicht.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 66.000,00 EUR (2/3 des Streitwerts erster
Instanz) festgesetzt.
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