Empfehlungen zu Schutzmaßnahmen bei Tunnelvortrieben in asbestbelastetem Gestein ____________________________________________________________________________________________ Seite 1 von 20 Empfehlungen zu Schutzmaßnahmen bei Tunnelvortrieben in asbestbelastetem Gestein Empfehlungen der Arbeitsgruppe „Schutzmaßnahmen bei Tunnelvortrieben in asbestbelastetem Gestein“ des Deutscher Ausschusses für unterirdisches Bauen e.V. (DAUB). Mitglieder der Arbeitsgruppe: MR Dipl.-Ing. Naumann (Leiter), OAR Dipl.-Ing. Friebel, Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Bonn; Dipl.-Ing. Bayer, Dipl.-Ing. Jacob, Max Bögl Bauunternehmung GmbH & Co. KG, München; Dr.-Ing. Brem, Hochtief Construction AG, Niederlassung Tiefbau, Frankfurt, Dipl.-Ing. Chromy,Tiefbau-Berufsgenossenschaft, München; Dr.-Ing. Schreyer, Studiengesellschaft für unterirdische Verkehrsanlagen e.V. STUVAtec GmbH, Köln; Dr. Seeger, Hessisches Landesamt für Straßen- und Verkehrswesen, Wiebaden; Dipl.-Ing. Stephan, Ing.-Büro Dipl.-Ing. H. Vössing GmbH, Düsseldorf. Dok.-Nr.: 5339-MOAP-006 Empfehlungen zu Schutzmaßnahmen bei Tunnelvortrieben in asbestbelastetem Gestein ____________________________________________________________________________________________ Seite 2 von 20 Inhalt Seite 1 Vorbemerkungen 3 2 Gesetzliche Grundlagen 4 3 Verantwortlichkeiten 4 3.1 Maßnahmen in der Planungsphase 4 3.2 Maßnahmen in der Ausschreibungsphase 4 3.3 Maßnahmen bei der Ausführung und Umsetzung 4 4 Empfehlungen zu geologischen Untersuchungen 5 5 Empfehlungen zur Wahl des Vortriebsverfahrens 5 6 Auslösewerte für Schutzmaßnahmen 6 7 Empfehlungen zu technischen Schutzmaßnahmen 7 8 Empfehlungen zur Asbestprobenahme und -auswertung 10 9 Empfehlungen für die persönliche Schutzausrüstung 11 10 Empfehlungen zur Arbeitsorganisation auf der Baustelle 12 11 Schlussbemerkung 13 12 Literatur 14 13 Anhang Übersichtskarten 16 Dok.-Nr.: 5339-MOAP-006 Empfehlungen zu Schutzmaßnahmen bei Tunnelvortrieben in asbestbelastetem Gestein ____________________________________________________________________________________________ Seite 3 von 20 1 Vorbemerkungen Beim Vortrieb von Tunneln ist es möglich, dass asbestführendes Gestein angetroffen wird. Freie Asbestfasern in der Atemluft verursachen Gesundheitsgefahren (Asbestose, Lungentumore), wenn sie aus den Mineralen Aktinolith, Amosit, Anthophyllit, Chrysotil, Krokydolith oder Tremolit bestehen. Insbesondere die lungengängigen faserigen Partikel mit einer Länge > 5 µm, einem Durchmesser < 3 µm und einem LängenDurchmesser-Verhältnis > 3:1 tragen zu dieser Gefährdung bei. Für den Vortrieb sind daher spezielle Schutzmaßnahmen erforderlich, die die Tunnelarbeiten erheblich beeinflussen. Um rechtzeitig die notwendigen Maßnahmen planen und umsetzen zu können, ist es notwendig, bereits in der frühen Planungsphase das mögliche Vorhandensein von asbestführendem Gestein abzuklären und entsprechende Anforderungen an die Durchführung von Schutzmaßnahmen in die Ausschreibung aufzunehmen [1]. Von einer Arbeitsgruppe des DAUB wurden die vorliegenden Empfehlungen ausgearbeitet, in denen ein schrittweises Vorgehen zur Ermittlung der Gefährdung vorgeschlagen wird. Diese Empfehlungen sind in asbestführenden Gebirgsabschnitten zu berücksichtigen, an die jeweilige Gefährdungsstufe anzupassen und umzusetzen. Dok.-Nr.: 5339-MOAP-006 Empfehlungen zu Schutzmaßnahmen bei Tunnelvortrieben in asbestbelastetem Gestein ____________________________________________________________________________________________ Seite 4 von 20 2 Gesetzliche Grundlagen Es gilt die Gefahrstoffverordnung vom 1. Januar 2005 [2]. Da es bisher keine spezifischen Regelungen für den Tunnelbau gab, wurden ersatzweise die Technische Regeln für Gefahrstoffe „ Asbest-, Abbruch-, Sanierungs- und Instandsetzungsarbeiten“ (TRGS 519) [3] und TRGS 954 „Asbest in Steinbrüchen“ [4] herangezogen. Derzeit befinden sich die TRGS 954 in Überarbeitung und werden als „Technische Regeln für Gefahrstoffe 517 „Tätigkeiten mit potenziell asbestführenden mineralischen Rohstoffen und daraus hergestellte Zubereitungen und Erzeugnisse“ herausgegeben. In diese TRGS sind die nachfolgenden Empfehlungen eingeflossen, sie enthalten nunmehr auch spezielle Regelungen für den Tunnelbau [5]. 3 Verantwortlichkeiten 3.1 Maßnahmen in der Planungsphase Der Auftraggeber hat durch geologische Untersuchungen das Gestein einzustufen, die Gefährdungen zu analysieren und daraus ein Sicherheits- und Gesundheitsschutzkonzept zu erarbeiten. Auf dieser Basis ist ein geeignetes Vortriebsverfahren auszuwählen. 3.2 Maßnahmen in der Ausschreibungsphase Der Auftraggeber hat die erforderlichen Maßnahmen in der Ausschreibung im Einzelnen zu beschreiben. 3.3 Maßnahmen bei der Ausführung und Umsetzung Der Auftragnehmer hat die vorgesehenen Schutzmaßnahmen entsprechend seinem tatsächlichen Bauablauf detailliert zu planen und umzusetzen. Dabei ist von ihm zu prüfen, ob diese Schutzmaßnahmen ausreichend sind. Dok.-Nr.: 5339-MOAP-006 Empfehlungen zu Schutzmaßnahmen bei Tunnelvortrieben in asbestbelastetem Gestein ____________________________________________________________________________________________ Seite 5 von 20 4 (1) Empfehlungen zu geologischen Untersuchungen Voreinschätzung mit geologischen Karten Es soll im Vorfeld eine Beurteilung des anstehenden Gesteins im Hinblick auf Asbest vorgenommen werden. Hierfür sind die geologischen Übersichtskarten (Bilder 1 bis 5) und gegebenenfalls detailliertere geologische Karten heranzuziehen. (2) Geologisches Gutachten Bei Verdacht auf Asbest muss eine spezielle geologische Erkundung durchgeführt werden. Im geologischen Gutachten muss das mögliche Asbest-Gefährdungspotential beschrieben werden. Das geologische Gutachten muss den Tunnelvortrieb soweit möglich in asbestfreie und asbestführende Bereiche unterteilen. Nur in den asbestführenden Abschnitten sind Schutzmaßnahmen und Konzentrationsmessungen erforderlich (Bild 6). (3) Trasse Falls die geologische Voruntersuchung ergibt, dass asbestführende Gesteine im Vortrieb angetroffen werden können, so ist zunächst zu prüfen, ob durch die Wahl einer anderen Trassenführung das Auffahren von asbestführendem Gestein verringert bzw. vermieden werden kann, soweit dies aufgrund der planerischen, technischen und wirtschaftlichen Randbedingungen sinnvoll möglich ist. (4) Geologische Überwachung des Vortriebs Das durchörterte Gebirge muss nach jedem Abschlag durch eine sachkundige Person (z.B. Kristallingeologe) auf Asbest hin überwacht werden. Die Ortsbrust und die Laibung sind im Hinblick auf die angetroffene Geologie zu dokumentieren. 5 Empfehlungen zur Wahl des Vortriebsverfahrens Beim Tunnelvortrieb in asbestführendem Gestein sollten möglichst Vortriebsverfahren gewählt werden, die nur eine geringe Staubentwicklung beim Bodenabbau erzeugen. Vortriebe mit vergleichsweise hoher Staubentwicklung wie z.B. TeilschnittMaschinenvortriebe sollten nicht gestattet werden. Dok.-Nr.: 5339-MOAP-006 Empfehlungen zu Schutzmaßnahmen bei Tunnelvortrieben in asbestbelastetem Gestein ____________________________________________________________________________________________ Seite 6 von 20 6 Auslösewerte für Schutzmaßnahmen Falls die Möglichkeit besteht, dass asbestführendes Gestein beim Auffahren des Tunnels angetroffen wird, muss eine Gefährdungsanalyse im Hinblick auf Asbestgefährdung erstellt werden. Auf der Basis dieser Analyse muss dann im Zuge der weiteren Planung ein Sicherheits- und Gesundheitsschutzkonzept unter Berücksichtigung geeigneter Schutzmaßnahmen erarbeitet und der zuständigen Aufsichtsbehörde angezeigt werden. Es wird vorgeschlagen, folgende Auslösewerte für Schutzmaßnahmen bei Tunnelbauarbeiten zu vereinbaren: (1) Einstufung des Gesteins Wenn der Gehalt an faserförmigen Asbestmineralien im anstehenden Gestein größer als 0,008 Massen-% ist oder eine Konzentration von 15.000 Fasern/m³ oder mehr beim Abbau des Gesteins zu erwarten ist, sind Schutzmaßnahmen erforderlich. Dabei sind die technischen Schutzmaßnahmen (Kapitel 7) und die Maßnahmen für die persönlichen Schutzausrüstungen (Kapitel 9) anzuwenden. (2) Atemschutz a) Wird eine Exposition von 15.000 Asbestfasern/m³ Luft oder mehr (Anlage 3 zum Entwurf der TRGS 517, Stand 2006, [5]) festgestellt, so sind Schutzmaßnahmen zu ergreifen. b) Bis zu einer Faserkonzentration von 150.000 Fasern/m³ sollten für den Atemschutz Halbmasken mit P2-Filtern verwendet werden. c) Bei einer Faserkonzentration größer als 150.000 Fasern/m³ werden Masken mit P3-Filter erforderlich. Es sollte in diesem Fall angestrebt werden durch geeignete technische Maßnahmen diese Faserkonzentration bei Arbeiten mit Asbest zu unterschreiten, um das Tragen von P3-Filter-Masken zu vermeiden, da solche Masken die vor Ort Tätigen so beeinträchtigen, dass aus arbeitsphysiologischen Gründen keine kontinuierlichen Arbeiten mehr möglich sind. (3) Die Schutzmaßnahmen gegen Asbest können aufgehoben werden, wenn für die Baustelle die Unterschreitung der Nachweisgrenze nach Anlage 3 zum Entwurf der TRGS 517 (Stand 2006, [5]) festgestellt wurde und die geologischen Untersuchungen zeigen, dass kein asbestführendes Gestein mehr angetroffen wird. Dok.-Nr.: 5339-MOAP-006 Empfehlungen zu Schutzmaßnahmen bei Tunnelvortrieben in asbestbelastetem Gestein ____________________________________________________________________________________________ Seite 7 von 20 7 Empfehlungen zu technischen Schutzmaßnahmen Wenn beim Tunnelvortrieb asbestführende Stäube entstehen, dann sind folgende technische Schutzmaßnahmen vorzusehen: (1) Schwarz- und Weißbereich Die Trennung des Schwarzbereiches vom Weißbereich sollte am Portal vorgenommen werden. Der kontaminierte Bereich (Schwarzbereich) sollte gegenüber dem Weißbereich durch geeignete Maßnahmen sicher abgegrenzt werden. Dies kann im Freien z.B. durch Zäune und im Tunnel z.B. durch Schotts erreicht werden. (2) Personenschleusen und Fahrzeugreinigungsanlage Am Übergang zwischen dem Schwarz- und Weißbereich sind folgende Maßnahmen erforderlich: a) Es ist eine Personenschleuse als Drei-Kammer-Schleuse zu errichten, die von einem Schleusenwärter beaufsichtigt wird. b) Es ist eine Fahrzeugreinigungsanlage zu installieren. Fahrzeuge dürfen nur im Weißbereich nach dem Durchfahren der Fahrzeugreinigungsanlage betreten und verlassen werden. (3) Material- und Fahrzeugschleuse Auch im Durchfahrtsbereich der Fahrzeuge muss der Schwarz- und Weißbereich z.B. durch Folienschotts oder Wassernebelanlagen getrennt werden. Eine spezielle Material- und Fahrzeugschleuse ist auf Tunnelbaustellen nicht erforderlich. (4) Fahrer- und Bedienungskabinen a) Fahrer- und Bedienungskabinen von Dumper, Radlader und die Betontransportmischer von externen Betonlieferanten, müssen für die Arbeit im Schwarzbereich mit einer Druckluftanlage zur Atemluftversorgung ausgestattet sein (BGI 581, [6]). Diese Druckluftanlage muss in der Kabine einen Überdruck von mindestens 100 Pa und maximal 300 Pa sicherstellen. Für den Einbau und Betrieb sind die Bestimmungen der Druckbehälterverordnung [7] zu beachten. Ferner sind geeignete Filteranlagen für Stäube erforderlich. Die Filter müssen für den Betrieb bei hoher Luftfeuchtigkeit geeignet sein. b) Eine unmissverständliche Verständigung nach außen ist sicherzustellen (z.B. Festlegung von Zeichen und Signalen). Dok.-Nr.: 5339-MOAP-006 Empfehlungen zu Schutzmaßnahmen bei Tunnelvortrieben in asbestbelastetem Gestein ____________________________________________________________________________________________ Seite 8 von 20 c) Das Öffnen der Türen und Fenster im Schwarzbereich ist nur in Notfällen gestattet. Für solch einen Notfall muss eine persönliche Schutzausrüstung mitgeführt werden, damit das Fahrzeug verlassen werden kann. Der Innenraum ist dann vor Wiederverwendung zu dekontaminieren. (5) Lüftung Es ist ein auf die jeweiligen Bauzustände abzustimmendes Lüftungskonzept zu erstellen. Dabei ist im Ortsbrustbereich die Luft abzusaugen und anschließend zu entstauben. Frischluft ist so zuzuführen, dass Staubaufwirbelungen weitestgehend vermieden werden. Eine Rückführung abgesaugter Luft, die Asbestfasern enthält, in den Arbeitsraum ist nur zulässig, wenn sie unter Anwendung behördlicher oder berufsgenossenschaftlich anerkannter Verfahren ausreichend gereinigt wurde. (6) Minimierung von asbestführendem Staub Asbestführender Staub ist durch geeignete Maßnahmen zu binden oder niederzuschlagen und hierdurch zu minimieren. Beispielsweise können folgende Maßnahmen zur Verminderung von Staub ergriffen werden: a) Benetzen der Ausbruchsflächen mit Wasser b) Das Ausbruchmaterial und der Fahrweg im Schwarzbereich sollten feucht gehalten werden c) Bohren im Nass- oder Bedüsungsverfahren d) Bedüsung oder Wasserberieselung bzw. Entstaubung von Förderbandübergabestellen und Kapselung von Förderbandeinrichtungen e) Entstaubung, Wasserbedüsung oder Wasserberieselung von LKWVerladeeinrichtungen h) Im Tunnel keine Zwischenlagerung von Ausbruchsmaterial. (7) Reinigung von Fahrzeugen und Geräten Die Fahrzeuge und Geräte sind nass zu reinigen (z.B. Hochdruckwasserstrahlreiniger). Zur Reinigung der Bedienungskabinen sind spezielle Industriesauger der Kategorie H zu verwenden. Dok.-Nr.: 5339-MOAP-006 Empfehlungen zu Schutzmaßnahmen bei Tunnelvortrieben in asbestbelastetem Gestein ____________________________________________________________________________________________ Seite 9 von 20 (8) Persönliche Schutzausrüstung Eine geeignete persönliche Schutzausrüstung (Atemschutzgerät, Schutzanzug) ist für jeden Arbeitnehmer, der im Schwarzbereich arbeitet, zur Verfügung zu stellen. Wenn mit gebläseunterstützten Atemgeräten gearbeitet wird, so ist jeder Person, die den Schwarzbereich betritt, ein ihr zugewiesenes „eigenes“ Gerät zur Verfügung zu stellen. (9) Deponien Wird Ausbruchsmaterial auf Halden außerhalb des Tunnels abgelegt, so ist dieses so zu lagern, dass möglichst kein Staub freigesetzt wird. Soweit erforderlich sind die Oberflächen der Halden durch Beregnungsanlagen feucht zu halten oder abzudecken. (10) Wartungsarbeiten Beim Ausbau der z.B. Luftfilter von Bohrmaschinen und der Reinigung bzw. Wartung von Entstaubungsanlagen sind besondere Schutzmaßnahmen wie z.B. Absaugeinrichtungen an den Arbeitsorten erforderlich. (11) Sonstiges Weitere Maßnahmen zur Verminderung der Asbestexposition sind z.B. ein Verbot der Reinigung von Oberflächen durch Abblasen mit Druckluft sowie ein Ess-, Rauch- und Trinkverbot für den Schwarzbereich. (12) Reinigung Nach der Durchörterung der asbestführenden Gesteinsschichten ist eine Tunnelreinigung, eine Reinigung der kontaminierten Arbeitsmittel und der sonstigen kontaminierten Baustelleneinrichtung vorzunehmen. Die Reinigungsmaßnahmen sind messtechnisch zu begleiten. Es ist sicherzustellen, dass nach der Reinigung die Nachweisgrenze von 15000 Fasern/m³ Luft für Asbestfasern nach Anlage 3 zum Entwurf der TRGS 517 (Stand 2006, [5]) unterschritten wird. (13) Sicherheitskennzeichnungen Es sind Sicherheitskennzeichnungen zur Abgrenzung des Gefahrenbereiches anzubringen. Dok.-Nr.: 5339-MOAP-006 Empfehlungen zu Schutzmaßnahmen bei Tunnelvortrieben in asbestbelastetem Gestein ____________________________________________________________________________________________ Seite 10 von 20 8 Empfehlungen zur Asbestprobenahme und -auswertung Es werden folgende Empfehlungen zur Erfassung der Asbestexposition gegeben: (1) Messprogramm Abgestimmt auf die geologischen Gegebenheiten sind ein die Baumaßnahme begleitendes Messprogramm und begleitende Messungen sonstiger mineralischer Fasern festzulegen (Kapitel 4 und 6). (2) Messort Es ist zunächst ein Messort zu wählen, an dem sehr hohe Asbestkonzentrationen erwartet werden, um festzustellen, ob überhaupt Asbestfasern in der Atemluft vorliegen (z.B. Schutterbereich). (3) Messdauer a) Mit der Messung von Asbestfaser-Konzentrationen in der Atemluft soll erst begonnen werden, wenn im Vortrieb asbestführende Gesteine erwartet werden. b) Die Messungen sind nach vorgegebenen Zeitabständen zu wiederholen. c) Die Messungen können eingestellt werden, wenn kein asbestführendes Gestein mehr zu erwarten und der Tunnel gereinigt ist. (4) Probenahmegerät Die Messungen sollten mit stationären Probenahmegeräten getrennt für die verschiedenen Arbeitsschritte durchgeführt werden, um gezielt technische Verbesserungsmaßnahmen einsetzen zu können. Personenbezogene Probenahmesysteme werden dann eingesetzt, wenn die Asbestbelastung der Beschäftigten individuell ermittelt werden soll. (5) Probenahmendauer Probenahmendauer und Luftdurchsatz der Messgeräte vor Ort sind so zu wählen, dass die Asbestfaser-Konzentration auch in Gegenwart des beim Tunnelbau in der Regel unvermeidlichen mineralischen Staubes in der Atemluft bestimmt werden kann. Dok.-Nr.: 5339-MOAP-006 Empfehlungen zu Schutzmaßnahmen bei Tunnelvortrieben in asbestbelastetem Gestein ____________________________________________________________________________________________ Seite 11 von 20 (6) Auswertung der Messungen a) Die Konzentrationsmessungen sind so schnell wie möglich auszuwerten, um kurzfristig die erforderlichen Schutzmaßnahmen überprüfen und anpassen zu können. b) Die Auswertung der Asbest-Messungen sollte mit dem Rasterelektronenmikroskop-Verfahren erfolgen. Hierfür müssen gemäß den Angaben des BGIA goldbedampfte Filter mit einem Porendurchmesser von 0,8 µm eingesetzt werden. 9 Empfehlungen für die persönliche Schutzausrüstung Wenn beim Tunnelvortrieb asbestführendes Gestein angetroffen wird, müssen die im Tunnel Beschäftigten mit einer vor Asbest schützenden persönlichen Schutzausrüstung ausgestattet werden. Hierzu gehören u.a.: (1) Atemschutzmasken a) für Faserkonzentrationen bis 150.000 F/m³ Filtergeräte mit Gebläseunterstützung im Helm sowie filtrierende Halbmasken FFP2 S (gemäß EN 149 (2001) [8]) bzw. FFP2 NR (gemäß EN 149 "neu" (ab 2007)) mit Ausatemventil b) bei mehr als 150.000 F/m³ Filtrierende Masken des Typs FFP3 S bzw. NR (2) Einweg-Schutzanzüge a) für Faserkonzentrationen bis 150.000 F/m³ Kategorie III Typ 5 partikeldicht sowie möglichst atmungsaktiv und bei Feuchtigkeitszutritt Typ 6 b) bei mehr als 150.000 F/m³: Typ 4. (3) Die sonstige Schutzausrüstung wie Schutzhandschuhe, Helm und Schutzstiefel ist auch bei Asbestexposition ausreichend. (4) Die Partikelfilter und die Schutzanzüge sind bei jedem Verlassen des Schwarzbe- reiches zu wechseln. Dok.-Nr.: 5339-MOAP-006 Empfehlungen zu Schutzmaßnahmen bei Tunnelvortrieben in asbestbelastetem Gestein ____________________________________________________________________________________________ Seite 12 von 20 10 Empfehlungen zur Arbeitsorganisation auf der Baustelle Die Schutzmaßnahmen sind an die konkrete Tunnelbaumaßnahme anzupassen und detailliert zu planen. Es ist zu prüfen, ob die Maßnahmen ausreichend sind, um das Schutzziel einer möglichst geringen Asbestbelastung für die vor Ort Tätigen zu erreichen. Es werden folgende Empfehlungen zur Arbeitsorganisation gegeben: (1) Betriebsanweisung In Abstimmung mit der Bau-Berufsgenossenschaft ist eine Betriebsanweisung für die jeweilige Tunnelbaustelle zu erstellen, in der die zum Schutz vor einer Asbestexposition zu ergreifenden Maßnahmen dokumentiert sind. (2) Minimierungsgebot Mit dem Auftreten von Asbest müssen entsprechend der erarbeiteten Betriebsanweisung die Arbeitsabläufe auf der Tunnelbaustelle so umgestellt werden, dass die Asbestexposition für die Beschäftigten möglichst gering gehalten wird (Minimierungsgebot). (3) Arbeitsmedizinische Maßnahmen a) Asbest-exponierte Beschäftigte müssen der Zentralen Erfassungsstelle asbeststaubgefährdeter Arbeitnehmer (ZAs) gemeldet werden. b) Die im Schwarzbereich beschäftigten Personen müssen arbeitsmedizinisch untersucht werden. (4) Personal Auf der Baustelle müssen im Umgang mit Asbest fachkundige Personen vorhanden sein. Die Anzahl der im Schwarzbereich eingesetzten Personen soll auf ein Minimum begrenzt werden. (5) Unterweisung Die Arbeitnehmer sind z.B. im Tragen von Arbeitsschutz und den gemäß der Betriebsanweisung anzuwendenden Arbeitsverfahren zu unterweisen. Dok.-Nr.: 5339-MOAP-006 Empfehlungen zu Schutzmaßnahmen bei Tunnelvortrieben in asbestbelastetem Gestein ____________________________________________________________________________________________ Seite 13 von 20 (6) Arbeitszeit Die maximale Arbeitszeit im Schwarzbereich beträgt 8 Stunden pro Tag und maximal 40 Stunden pro Woche. Ferner ist die zulässige Tragezeit von Atemschutzmasken zu beachten. 11 Schlussbemerkung In der Anlage 1, Punkt 2 zum Entwurf der TRGS 517 [5] werden basische Effusiva (z.B. Basalt, Spilit, Basanit, Tephrit, Phonolit) als potentiell asbestführende Gesteine genannt. Es handelt sich hierbei im Wesentlichen um tertiäre und quartäre Vulkangebiete, wie z.B. Eifel, Rhön, Westerwald und Vogelsberg. Alle diesbezüglichen Gebiete sind in den geologischen Karten (Anlagen) nicht gesondert ausgewiesen und wurden in dieser Empfehlung nicht weiter berücksichtigt, da nach dem bisherigen Stand der wissenschaftlichen Untersuchungen in diesen Gesteinen keines der in der Gefahrstoffverordnung [2] genannten sechs Asbestminerale nachgewiesen werden konnte. Die jeweils gültigen Vorschriften sind bei Vortrieben in asbestführenden Gesteinen zu beachten. Dok.-Nr.: 5339-MOAP-006 Empfehlungen zu Schutzmaßnahmen bei Tunnelvortrieben in asbestbelastetem Gestein ____________________________________________________________________________________________ Seite 14 von 20 12 Literatur [1] Erarbeitung von technischen und organisatorischen Maßnahmen bei asbestbelasteten Tunnelbauwerken; Schlussbericht der STUVAtec GmbH zum Forschungsvorhaben FE 15.423/2005/ER des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Bonn, Januar 2007 (veröffentlicht in der Heftenreihe des BMVBS „Forschung Straßenbau und Straßenverkehrstechnik“, Heft 970, Hrsg. Wirtschaftsverlag NW Verlag für neue Wissenschaft GmbH, ISBN 978-3-86509710-1) [2] Gefahrstoffverordnung, Stand 23. Dezember 2004; Bundesgesetzblatt – Teil I, Nr. 74, Seite 3758 ff [3] TRGS 519: Technische Regeln für Gefahrstoffe „Asbest, Abbruch-, Sanierungsoder Instandhaltungsarbeiten“; Herausgeber: Ausschuss für Gefahrstoffe, Stand September 2003 (derzeit nicht mehr gültig) [4] TRGS 954: Technische Regeln für Gefahrstoffe: Empfehlungen zur Erteilung von Ausnahmegenehmigungen zum § 15a Abs. 1 GefStoffV für den Umgang mit asbestführenden mineralischen Rohstoffen und Erzeugnissen in Steinbrüchen, Ausgabe 2001 (derzeit nicht mehr gültig) [5] TRGS 517 „Tätigkeiten mit potentiell asbestführenden mineralischen Rohstoffen und daraus hergestellte Zubereitungen und Erzeugnissen“, Entwurf Stand November 2006 [6] BGI 581: Merkblatt für Fahrerkabinen mit Anlagen zur Atemluftversorgung auf Erdbaumaschinen und Spezialmaschinen des Tiefbaus, Stand Januar 1996 [7] Verordnung über Druckbehälter, Druckgasbehälter oder Füllanlagen (Behälterverordnung – DruckBehV, Stand Juni 1999 [8] DIN EN 149: Atemschutzgeräte – Filtrierende Halbmasken zum Schutz gegen Partikel; Anforderungen, Prüfung, Kennzeichnung; Oktober 2001 Dok.-Nr.: 5339-MOAP-006 Empfehlungen zu Schutzmaßnahmen bei Tunnelvortrieben in asbestbelastetem Gestein ____________________________________________________________________________________________ Seite 15 von 20 Bild 1: Gebiete mit Asbestminerale führenden Gesteinen in Deutschland und angrenzenden Ländern [1] 13 Anhang Übersichtskarten Dok.-Nr.: 5339-MOAP-006 Empfehlungen zu Schutzmaßnahmen bei Tunnelvortrieben in asbestbelastetem Gestein ____________________________________________________________________________________________ Seite 16 von 20 Übersichtskarte Nordwest [1] Dok.-Nr.: 5339-MOAP-006 Empfehlungen zu Schutzmaßnahmen bei Tunnelvortrieben in asbestbelastetem Gestein ____________________________________________________________________________________________ Seite 17 von 20 Übersichtskarte Nordost [1] Dok.-Nr.: 5339-MOAP-006 Empfehlungen zu Schutzmaßnahmen bei Tunnelvortrieben in asbestbelastetem Gestein ____________________________________________________________________________________________ Seite 18 von 20 Übersichtskarte Südwest [1] Dok.-Nr.: 5339-MOAP-006 Empfehlungen zu Schutzmaßnahmen bei Tunnelvortrieben in asbestbelastetem Gestein ____________________________________________________________________________________________ Seite 19 von 20 Übersichtskarte Südost [1] Dok.-Nr.: 5339-MOAP-006 Empfehlungen zu Schutzmaßnahmen bei Tunnelvortrieben in asbestbelastetem Gestein ____________________________________________________________________________________________ Seite 20 von 20 Voreinschätzung durch spezielle geologische Karten (Bilder 1 bis 5) ergibt Verdacht auf Gesteine mit Asbestfasern ja nein Geologisches Gutachten Bild 6: Asbestführendes Gestein Berücksichtigung nein der Asbestgefährdung bei Tunnel- ja kein Handlungsbedarf im Rahmen dieser Arbeit baumaßnahmen [1] Festlegung asbestgefährdeter Tunnelabschnitte Organisatorische und persönliche Schutzmaßnahmen sowie begleitendes Messprogramm Aufhebung der Maßnahmen nach Durchfahren des asbestführenden Gesteins mit Asbestfasern, wenn Nachweis erbracht Asbestführende Gesteine in weiteren Tunnelabschnitten vorhanden ja Dok.-Nr.: 5339-MOAP-006 nein kein Handlungsbedarf im Rahmen dieser Arbeit