32 E ELEMENTARSCHÄDEN 4 2012 Schäden durch Elementarereignisse UND DEREN PRÄVENTIONSMÖGLICHKEITEN Als Begleiterscheinungen der klimati- Schadenpotenzial zu wenig Gedanken. Die solchen Fällen erfährt der richtige Versi- schen Veränderungen ereignen sich hohe Bebauungsdichte kann sich für den cherungsschutz eine maßgebende Bedeu- Unwetter mit nahezu unermesslichen Versicherer ganz schnell zur Kumulierung tung. Schadenausmaßen mittlerweile überall. des Risikos entwickeln. Sturm Der Beitrag setzt sich mit Elementarereignissen und daraus resultieren- Grund genug, dass sich die Versicherer den Schadenpotenzialen auseinander. ebenfalls mit den Gedanken zur Elemen- • Allgemeines Zur Prävention sind einfache Verhal- tarschadenprävention machen. Sturm ist im Sinne der üblichen Versiche- tensregeln und technische Möglichkei- Ebenso werden sich der Gesetzgeber und rungsbedingungen definiert als „eine wet- ten angesprochen. die Fachwelt mit dem Thema beschäftigen terbedingte Luftbewegung von mindestens müssen. Aufgrund der aktuellen Beobach- Windstärke 8 nach Beaufort“. Auf der tungen und Prognosen sind nämlich Ge- Beaufort-Skala (Tabelle 1) ist zu sehen, setze, Vorschriften und technische Regel- wo wir uns hierbei im Spektrum der Wind- Elementarereignisse sind beeindruckende werke zu überarbeiten und den neuen stärken bewegen. Naturgewalten. „Naturschauspiele“, die je- Erkenntnissen anzupassen. Einleitung vertraut Deutschland ist in vier Windzonen einge- der mit einer gewissen Faszination betrachten und beobachten kann, solange Neben einem Blick auf Elementarereignis- teilt. Je nach Windzone sind unterschiedli- sich das alles in unbesiedelten Gebieten se sollen im Folgenden die grundlegenden che Windstärken zu berücksichtigen. Wind abspielt. Zur „Naturkatastrophe“ werden Zusammenhänge für das Zustandekom- wirkt auf ein Gebäude in Form von Kräften. sie erst, wenn der Mensch selbst dadurch men von Schadenereignissen aufgezeigt In der statischen Berechnung für ein Bau- in Mitleidenschaft gezogen wird – entwe- werden. Eine Auflistung der häufigsten werk lassen sich diese Kräfte (Windlasten) der in der Gefährdung von Leib und Leben Schäden führt dann zielgerichtet auf mögli- durch einen Geschwindigkeitsdruck simu- oder in seiner wirtschaftlichen Existenz. che Präventionsmaßnahmen und zu den lieren. Aus der Tabelle der Windzonen ist Antworten auf die Frage: „Wie kann ich abzulesen, dass für Windzone 1 beispiels- Im Zuge des Klimawandels werden heftige mich effektiv und kostengünstig gegen weise Elementarschaden-Ereignisse immer häu- Schäden durch Elementarereignisse schüt- 22,5 m / s (81 km / h, also Windstärke 9 figer wahrgenommen und zukünftig auch zen?“ Dabei werden sowohl technische nach Beaufort) zu berücksichtigen ist, was wahrzunehmen sein. Selbst die aufgrund Möglichkeiten dargestellt, als auch einfa- einem Geschwindigkeitsdruck von 0,32 kN / ihrer Lage in der Vergangenheit nicht oder che Verhaltensregeln aufgezeigt. qm entspricht (Bild 1 und Tabelle 2). Ein nicht vernachlässigbarer Teil der Schä- Grundsätzlich gilt, dass alle auf ein Ge- den ist durch relativ einfache Maßnahmen bäude einwirkenden Kräfte sicher über Kleine Bäche werden urplötzlich zu reißen- vermeidbar oder zumindest sind die Scha- alle Zwischenbauteile in die Fundamente den Flussläufen. Starkregen mit lokalen denauswirkungen reduzierbar. Das Unwet- abgeleitet werden müssen. Für ein Gebäu- Überschwemmungen gehören schon fast terwarnsystem WIND bietet eine gute Mög- de in der Windzone 1 bedeutet das, dass zur Tagesordnung, Sommergewitter mit lo- lichkeit, auf nahende Elementarereignisse es die aus Windstärke 9 resultierenden kalem Hagelschlag häufen sich. Heftige früher reagieren zu können. Kräfte problemlos verkraften können muss. eine Windgeschwindigkeit von wenig betroffenen Regionen und Gebäude scheinen nicht mehr sicher zu sein. Schneefälle treten inzwischen auch in Re- Bei Einbeziehung der im Bauwesen übli- gionen auf, in denen damit bisher so gut Aber niemand sollte sich etwas vorma- chen Sicherheitsreserven dürfte ein Ge- wie gar nicht zu rechnen war. chen: Ab einer gewissen Intensität eines bäude bis zu einem Bereich von Wind- Elementarereignisses schützen auch keine stärken 11–12 eigentlich keinen Schaden Hinzu kommt die zunehmende Wertever- Präventionsmaßnahmen erleiden. dichtung und Bebauungsdichte. Ursprüng- seien in diesem Zusammenhang nur einige lich war der Keller schlichtweg Keller. Heu- herausragende Elementarereignisse wie Doch so einfach ist es dann doch nicht! Die te finden sich dort Einliegerwohnungen, die Winterstürme Wibke und Vivian (1990) statische Berücksichtigung der Windkräf- Hobbyräume ausgefeiltere oder Lothar (Dez. 1999). Auch das Über- te auf ein Gebäude ist eine Abstrahierung wertvolle Haustechnik. Häufig machen sich schwemmungsereignis im Killertal oder der der tatsächlich vorhandenen Kräfte. Eine die Besitzer über das dadurch erhöhte Hagelschlag in Ketsch gehören dazu. In Wind-Messstation registriert an ihrem Stand- und www.schadenprisma.de immer mehr. Erwähnt Quelle: www.deutscher-wetterdienst.de/lexikon/index.htm?ID=B&DAT=Beaufort-Skala ELEMENTARSCHÄDEN 4 2012 Beaufortgrad Bezeichnung Mittlere Windgeschwindigkeit in 10 m Höhe über freiem Gelände ( km / h) Beispiele für die Auswirkungen des Windes im Binnenland 0 Windstille <1 Rauch steigt senkrecht auf 1 leiser Zug 1–5 Windrichtung angezeigt durch den Zug des Rauches 2 leichte Brise 6 – 11 Wind im Gesicht spürbar, Blätter und Windfahnen bewegen sich 3 schwache Brise schwacher Wind 12 – 19 Wind bewegt Zweige und streckt Wimpel 4 mäßige Brise frischer Wind 20 – 28 Wind bewegt Zweige und dünnere Äste, hebt Staub und loses Papier 5 frische Brise frischer Wind 29 – 38 kleine Laubbäume beginnen zu schwanken, Schaumkronen bilden sich auf Seen 6 starker Wind 39 – 49 starke Äste schwanken, Regenschirme sind nur schwer zu halten, Telegrafenleitungen pfeifen im Wind 7 steifer Wind 50 – 61 fühlbare Hemmungen beim Gehen gegen den Wind, ganze Bäume bewegen sich 8 stürmischer Wind 62 – 74 Zweige brechen von Bäumen, erschwert erheblich das Gehen im Freien 9 Sturm 75 – 88 Äste brechen von Bäumen, kleinere Schäden an Häusern (Dachziegel oder Rauchhauben abgehoben) Windzone Windgeschwindigkeit vref (m / s) Geschwindigkeitsdruck qref (kN / m2) 10 schwerer Sturm 89 – 102 Wind bricht Bäume, größere Schäden an Häusern 1 22,5 0,32 2 25,0 0,39 11 orkanartiger Sturm 103 – 117 Wind entwurzelt Bäume, verbreitet Sturmschäden 3 27,5 0,47 Orkan ab 118 schwere Verwüstungen 4 30,0 0,56 12 Tabelle 1 Bild 1 Tabelle 2 ort beispielsweise Windstärke 8. Dennoch Befestigung aller Gebäudeteile an den ge- kann es sein, dass örtlich begrenzt Böen fährdeten Stellen abgehoben wird. Aber mit weitaus höheren Windgeschwindigkei- eine Garantie, dass keine Gebäudeschä- ten auftreten (Der Wetterbericht spricht ja den durch externe Windeinwirkung auftre- immer davon: „… in Böen kann es auch zu ten, gibt es nicht. höheren Windgeschwindigkeiten kommen …“). Außerdem wirken neben einem „stati- • Häufige Schäden schen“ Winddruck noch ganz andere Kräf- Welche Schadenbilder sind am häufigsten te auf das Gebäude ein, wie z. B. Sogkräfte anzutreffen? und Verwirbelungen an den Schnittkanten der Gebäudegeometrie. Auf Windhosen Naturgemäß sind es die Außenbauteile, und Tornados soll hier gar nicht weiter ein- die dem Sturm die meisten Angriffsmög- gegangen sein, genauso wenig wie auf dy- lichkeiten bieten (Bild 2). Abgedeckte Dä- namische Belastungen (wenn Windböen in cher, abgerissene Fassadenelemente, aus nem Segelschiff: Je größer die Segelfläche, bestimmten zeitlichen Abständen auftre- der Verankerung gerissene Rollläden, Son- umso größer sind die darauf einwirkenden ten). Sie können ein Gebäude oder Gebäu- nenschutzlamellen und Markisen, Vordä- Kräfte. deteile in Schwingung versetzen, im Ex- cher sowie Schäden durch umstürzende tremfall auch in Eigenschwingung bis hin Bäume oder abgerissene Äste sind die üb- Kleinflächige Bauteile wie Dachziegel stel- zur Resonanzkatastrophe. Die in den USA lichen Schadenbilder. len gleichermaßen ein erhebliches Scha- im Jahr 1940 eingestürzte Tacoma-Narrows-Brücke ist hierzu ein Beispiel. Bild 2 | Orkanschaden denpotenzial dar, wenn sie entgegen der Allgemein gilt der Grundsatz: Je größer die Schwerkraftwirkung durch Sogeinwirkung Windangriffsfläche eines Bauteils ist, umso aus ihrem Verband gelöst werden. Hat sich Sicher wird auch diesen Kräften in den je- mehr muss man sich Gedanken über des- erst einmal ein Ziegel gelöst, hat der Wind weiligen technischen Vorschriften Rech- sen Verankerung / Befestigung machen. Ver- weitere Angriffsmöglichkeiten, und so be- nung getragen, indem auf eine besondere anschaulichen kann sich dies jeder an ei- ginnt eine Kettenreaktion. www.schadenprisma.de 33 34 4 2012 E ELEMENTARSCHÄDEN struktion gerissen; beim Vollwärmeschutz den Kräfte über alle Zwischenbauteile in versagt die Verklebung. Bei genauerem die Fundamente abgeleitet werden. Natür- Hinsehen ist häufig die Ursache in einer lich gilt das für die Windkräfte in gleicher mangelhaften Verankerung zu finden – sei Weise! Bei späteren Erweiterungen oder es aus handwerklichem Fehlverhalten oder Ergänzungen des Gebäudes (z. B. nach- mangelnder Bauunterhaltung. trägliche Errichtung einer Solar-Anlage oder Anbringen eines Vordachs) sind die Bild 3 | Druck- und Sogkräfte am Satteldach • Vordächer, Pergolen Regeln der Technik genauso einzuhalten Diese Bauteile sind besonders gefährdet, wie beim Neubau. Der Verbindung mit der weil sie dem Wind von allen Seiten An- vorhandenen Bausubstanz gebührt beson- griffsmöglichkeiten offenbaren. So addie- deres Augenmerk. • Dächer ren sich die wirkenden Druck- und Sog- Am Dach sind besonders die exponier- kräfte. Eine dynamische Beanspruchung Alle Bauteile unterliegen der Alterung und ten Stellen gefährdet. Neben abgedeckten durch aufeinanderfolgende Windböen tut dem Zerfall. Deshalb ist auch die Bauunter- Grat- und Ortgangziegeln werden Ziegel das ihre, um die Konstruktion zum Versa- haltung ein wichtiger Faktor für Schaden- in der Fläche durch Sogwirkung aus gen zu bringen. freiheit. Regelmäßige Kontrolle der Bausubstanz und rechtzeitige Reparatur sind dem Verband gelöst wie bereits beschrieben (Bild 3). Das Zusammentreffen ver- • Auf Dächern ein „Muss“ für jeden Gebäudeeigentümer. schiedener Bauteile und -flächen wie Alle Dach-Aufbauten wie Antennen, Sat.- Für Dächer gehören z. B. die Überprüfung beispielsweise Verwahrungen an Dach- Schüssel, Solar- und Fotovoltaik-Anlagen der Dacheindeckung und der Befesti- durchdringungen und Gauben mit der sind durch ihre exponierte Lage besonders gungselemente in regelmäßigen Abstän- Dachdeckung /-abdichtung stellen aufgrund gefährdet. Ihrer Befestigung ist deshalb den dazu. der Befestigungs-/Anschluss-Problematik besonderes Augenmerk zu schenken. Zu ein Schadenpotenzial bei Windeinwirkung beobachten sind abgeknickte und abgeris- Vernachlässigte Bauunterhaltung ist eine dar. Großflächige Dachdeckungen (Bleche, sene Antennen und Solarmodule. der Hauptursachen für Windschäden. Fehler in der planerischen oder fachgerechten Wellfaserzementplatten, Trapezbleche) sind aufgrund der auf sie wirkenden Kräfte (sie- • Beschädigungen durch „Fremdkörper“ Ausführung fördern das Zustandekommen he „Segelfläche“) einer besonders starken Durch die Windkräfte werden „nicht ver- von Schäden in erheblichem Maße. Des- Beanspruchung ausgesetzt. Oftmals ver- ankerte“ Gegenstände durch die Gegend halb sollten bei allen Baumaßnahmen im- sagt hier die gesamte Unterkonstruktion, geschleudert und verursachen beim Auf- mer qualifizierte Fachleute mit einbezogen was häufig auch auf fehlerhafte Befesti- treffen auf das Gebäude mitunter große werden. Der „selbst gebastelte“ Carport, gung / Verankerung zurückzuführen ist. Bei Schäden. Gartenmöbel, Mülltonnen und bei dem die Regeln der Technik hinsicht- Flachdächern sind Schäden an der Attika- Sonnenschirme seien beispielhaft genannt. lich der Verankerung aller Bauteile nicht Verkleidung feststellbar – also an Rand- Wenn’s „noch dicker kommt“, tun umstür- eingehalten werden, wird möglicherweise und Eckbereichen, wo die wirkenden Kräf- zende Bäume (Bild 4), Gerüste und Kräne schon bei einer geringen Windbelastung te bekannterweise am größten sind. ein Weiteres. versagen, weil er aufgrund seiner offenen Bauweise den Windkräften besondere An- • Fassade griffsmöglichkeiten bietet, deren sich der Nicht (vollständig) hochgezogene Rolllä- Laie nicht bewusst ist. den oder Sonnenschutzlamellen bieten dem Wind einerseits eine große Angriffsflä- Oftmals sind es Kleinigkeiten, die einen che und andererseits kaum eine mechani- Schaden verhindern oder vermindern. Die sche Verankerung, um den Windkräften Fenster schützen in der Regel besser vor standzuhalten. Sind Türen und Fenster Windkräften als Rollläden. Deshalb sollten nicht geschlossen (z. B. gekipptes Fenster), diese bei nahendem Sturm immer hoch- hat der Wind leichtes Spiel: Sie werden Bild 4 | Durch Sturm entwurzelter Baum gezogen werden. Das gilt auch für die an der Außenseite des Gebäudes angebrach- aufgrund ihrer Beweglichkeit aus den Angeln gerissen. Dadurch hat der Wind die • Präventionsmöglichkeiten ten Sonnenschutzanlagen, Markisen und Möglichkeit, ins Innere des Gebäudes zu An oberster Stelle der Präventionsmaßnah- Sonnenschirme. Im „eingefahrenen“ Zu- gelangen. So ändern sich die Kräfteverhält- men steht die fachgerechte Anwendung stand bieten sie dem Wind kaum Angriffs- nisse von Druck und Sog ins Gegenteil der technischen Regeln. Das gilt sowohl für möglichkeit. Fenster, Türen und Tore sind oder verstärken sich gegenseitig. Außen- die Bauplanung als auch für die Bauaus- zu schließen, damit die Windkräfte nicht ins wandverkleidungen aus Kunststoff, Holz führung. Wie oben bereits ausgeführt Gebäudeinnere gelangen. Alle frei bewegli- und Blechen werden von ihrer Unterkon- müssen alle auf das Gebäude einwirken- chen, außerhalb des Hauses befindlichen www.schadenprisma.de ELEMENTARSCHÄDEN 4 2012 Gegenstände sollten hineingeholt, gesi- Starkregen: Nach einer Richtlinie des nicht unerhebliche Wasseransammlungen chert oder in einen anderen geschützten DWD ist Starkregen im Bundesgebiet wie auf Geländeoberflächen. Je nach den ört- Bereich gebracht werden. Gartenmöbel, folgt beschrieben: lichen Gegebenheiten und der Geländeoberfläche ergeben sie gefährliche Was- Mülltonnen, aufgehängte Vogelhäuschen, seransammlungen. Grills, Blumentöpfe und Ähnliches sollten Niederschlag > 5 mm / 5 min z. B. nicht als Spielball der Windkräfte ge- Niederschlag > 7,1 mm / 10 min schossartig durch die Gegend fliegen. Niederschlag > 10 mm / 20 min Herausragende Ereignisse wie das Oder- Niederschlag > 17,1 mm / 60 min Hochwasser 1997, das Elbe-Hochwasser (2002), das Ausufern der Oos in Baden- Zur Verhinderung von Schäden durch umstürzende Bäume oder abgerissene Äste Beim DWD sind darüber hinaus weitere Baden (1998) oder die Überschwemmung empfehlen sich regelmäßige gärtnerische Unwetterwarnkriterien für „heftigen im Killertal (2008) sind den Lesern heute Vorkehrungen. Auch dem „Gesundheitszu- Starkregen“ festgelegt: noch in Erinnerung. stand“ des Baumes ist Aufmerksamkeit zu Niederschlag > 25 mm / 1 Std. widmen (Bild 5). Ein morscher Baum stürzt Niederschlag > 35 mm / 6 Std. schneller um. Verändert sich im Laufe der (Quelle: Online Wetterlexikon DWD) Zeit das Verhältnis „Baumgröße“ zu „Abstand vom Gebäude“ ungünstig, sollte die- Überschwemmungen sind längst kein Phä- ses wieder korrigiert werden. Im Extremfall nomen mehr, das nur in den bekannten ist eine Fällung ins Auge zu fassen. geografischen Regionen, wie etwa an der Mosel, am Rhein oder an der Donau, auftritt. Starkregen, teilweise mit einer bis vor einigen Jahren kaum vorstellbaren Intensität, treten immer häufiger und an jeder Stelle des Landes in Erscheinung. • Häufige Schäden Der Schwerkraft folgend fließt das Wasser zuerst in Räume unterhalb der Geländeoberfläche. Die gesamte Bausubstanz ist in Mitleidenschaft gezogen: Wände, Böden und Decken saugen sich voll und werden durchfeuchtet. Das Wasser dringt durch die natürlichen Gebäudeöffnungen wie Fenster oder Türen und „sucht“ sich auch andere Wege (Bild 7). In der Regel ist ein Großteil der Haustech- Bild 5 | Foto: Bamberger Vom 16. bis 18. Juli 2002 kam es z. B. im nik im Untergeschoss untergebracht – Harz und im gesamten Harzvorland zu Stromverteiler, Hauptwasseranschluss, Hei- Starkregen mit bis dato nicht beobachte- zung, Öltanks. Durch das eindringende ten Niederschlagsmengen: „Im Harz wurde Wasser kommt es zu Kurzschlüssen. Eine • Allgemeines am Brocken innerhalb von 72 Stunden eine Zerstörung der Heizungssteuerung und der Definitionen im Sinne der üblichen Versi- Niederschlagshöhe von 216 mm gemes- gesamten Heizungsanlage kann die Folge cherungsbedingungen sind folgende: sen. … Ab Mittwoch, dem 17. Juli 2002, sein (Bild 8). Befinden sich im Unterge- war die Stadt Braunschweig über den Zeit- schoss Hobbyräume, Einliegerwohnungen Hochwasser ist eine die normale Höhe raum von einer Woche vom Hochwasser oder gar Arztpraxen schnellt die Schaden- übersteigende Wasserführung eines flie- betroffen. Auslöser war Starkregen mit summe aufgrund der hohen Wertekonzen- ßenden oder stehenden oberirdischen Ge- Niederschlägen von über 100 Litern pro tration rapide in die Höhe. wässers infolge von Niederschlägen oder Quadratmeter innerhalb von 24 Stunden.“ Schneeschmelze. (Quelle: Bericht zum Hochwasser vom 16. bis 24. Juli 2002 in Braunschweig, AG Hochwasser, FB 37, 61, 66 und 68) Starkregen / Hochwasser / Überschwemmung Heizöl-Batterietanks aus Kunststoff bergen das Risiko des Aufschwimmens in sich. Der Kunststofftank stellt kein wirksames Überschwemmung ist die Ansammlung erheblicher Wassermengen auf Gelände- Solche Ereignisse lassen Bäche und Flüs- Gegengewicht zum Auftrieb dar, insbe- oberflächen als unmittelbare Folge von se anschwellen und über die Ufer treten sondere wenn die Tanks nicht mehr ganz Hochwasser, Niederschlägen oder Schnee- (Bild 6). Aber auch fernab von Gewässern gefüllt sind. Der gegen die Kellerdecke schmelze. verursachen solche Niederschlagsmengen gedrückte Öltank erfährt Risse und Un- www.schadenprisma.de 35 36 E ELEMENTARSCHÄDEN 4 2012 dichtigkeiten. Das Öl läuft aus und verteilt tremfall zum Abbruch des Gebäudes. Auch zu rechen ist, sollten gefährdete Gebäude- sich im und mit dem Wasser überall hin. Unterspülungen der Fundamente kann die öffnungen wasserdicht ausgeführt werden. Die daraus resultierenden Schäden sind Kraftwirkung des Wassers hervorrufen. Rohr- und Kabeldurchführungen durch Wände und Decken sind abzuschotten. immens. Denn selbst nachdem das Wasser abgepumpt ist und eine Trocknung statt- Die Sanierungsarbeiten nach Überschwem- gefunden hat, können die Baumaterialien mungsereignissen sind langwierig und be- Haustechnik höher legen immer noch Öl enthalten. Im „günstigsten“ dingen eine völlige Austrocknung der Ge- Heizungs-, Klima-, und Elektrotechnik soll- Fall führt das zu einer dauerhaften Ge- bäudesubstanz. Erst dann ist an weitere ten so hoch wie möglich installiert werden. ruchsbelästigung. Außerdem besteht die Wiederherstellungsarbeiten (Maler, Gipser, Auch gefährdete Hausratgegenstände wie Gefahr der Grundwasserkontamination. Bodenleger etc.) zu denken. Waschmaschinen, Kühltruhen und Ähnliches lassen sich bei drohender Überflutungsgefahr „aufbocken“. Konstruktive und technische Maßnahmen im Untergeschoss • Untergeschoss als weiße oder schwarze Wanne (je nach Ausbaugrad) ausführen • Wasserfeste Baustoffe verwenden • Druckwasserdichte Bauteile einbauen • Wanddurchbrüche für Hausanschlüsse druckwasserdicht abschotten • Bodendurchbrüche (Abläufe) vermeiden, Bild 8 | Überfluteter Keller Bild 9 | Zerstörungen durch Hochwasser Pumpensumpf vorsehen • Auftriebssicherheit von leichten Meist wird mit dem Wasser auch Dreck Neben den reinen Gebäudeschäden ist Baukörpern / Einrichtungen und und ge- auch der Hausrat mit betroffen, einschließ- Hausratgegenständen beachten. schwemmt, was die Sanierungsarbeiten lich der damit einhergehenden immateriel- Insbesondere Öltanks sollten gegen erschwert und verlängert. len Schäden – Fotos, Dokumente, Unterla- Aufschwimmen gesichert werden. Da im Erdreich mit ins Gebäude gen, Erinnerungsstücke sind nicht selten Schadenfall erhebliche Kräfte auftreten Nicht nur Oberflächenwasser macht dem unrettbar verloren und durch keine Versi- können, sollte für solche Maßnahmen Untergeschoss zu schaffen. Wasserablei- cherung ersetzbar. immer ein Statiker zu Rate gezogen tungen wie Duschen, WCs, Ausgussbe- werden. cken, Bodenabläufe können ihr Übriges • Präventionsmöglichkeiten tun. Sofern keine funktionierende Rück- Von übergeordneten Maßnahmen der öf- stausicherung vorhanden ist, wird das fentlichen Hand soll im Folgenden nicht die über Hochwasserspiegel montieren Wasser und was sich sonst noch in der Ka- Rede sein. Dazu zählen z. B. die Auswei- • Haustechnikräume abschotten oder nalisation befindet, auf diesem Wege ins sung von Retentionsbecken, der Bau von Gebäude transportiert. Regenrückhaltebecken, Ertüchtigungen von Deichen und Dämmen, Dimensionierung Neben den Schäden durch eindringendes des Kanalisationsnetzes oder Ausweisung Wasser sind direkte Kraftwirkungen durch von Bebauungsflächen unter Berücksichti- schnell fließende Gewässer gegeben. Die gung der Überschwemmungsgefahr. dadurch auftretenden mechanischen Kräf- • Elektroinstallation mit FehlerstromSchutzschalter absichern, E-Verteiler sicher über möglichen Hochwasserspiegel planen • Lüftungsöffnungen / Lichtschächte verschließbar planen • Ebenerdige Gebäudezugänge vermeiden – Schwelle wenigstens 15 cm hoch – auch auf Balkonen oder Terrassen te werden einerseits durch den reinen Vielmehr soll der individuelle Objektschutz Wasserdruck und die Strömungsgeschwin- im Mittelpunkt stehen, den jeder für sein digkeit hervorgerufen. Andererseits kommt Haus und Anwesen berücksichtigen kann. oder Lichtschächten (Bild 10, 11, 12) die Aufprallwirkung mitgeführten Schwemmguts wie Bäume, Äste, Mülltonnen, Autos Geländegefälle weg vom Gebäude zum Tragen – also alles, was das Wasser Mit dieser Grundregel wird der Wasserzu- auf seinem Weg mitreißen kann. Diese tritt zum Gebäude zumindest erschwert. Kraftwirkungen verursachen Schäden an Wo aufgrund der Geländeformation oder der Gebäudehülle und an tragenden Bau- der Bauweise diese Grundregel nicht um- teilen (Bild 9). Ist zudem die Statik betrof- gesetzt werden kann oder wegen der Lage fen, wird es richtig teuer und führt im Ex- des Gebäudes mit Wasseransammlungen Bild 10 | Schutz von Kellerfenstern durch Ummauerung www.schadenprisma.de ELEMENTARSCHÄDEN 4 2012 Abschottung von gefährdeten Gebäu- stoffrollläden, Kunststoffdachrinnen ge- deöffnungen / Gebäudeteilen nannt. Aber auch massivere Bauteile wie • Stationäre Schutzmaßnahmen (fest Fassadenverkleidungen, Holzrahmen von eingebaute Systeme, die automatisch Fenstern und dergleichen werden mitunter oder manuell geschlossen werden) von den Hagelkörnern geradezu „gesand- • Mobile bzw. transportable Schutzmaß- strahlt“ (Bild 15 bis 17). nahmen, z. B. Balkenschotts (Bild 13) Bild 11 | Bauliche Schutzmaßnahme: Schwelle von 15 cm vor Tür- und Fensteröffnungen • Häufige Schäden Vorhalten von Pumpen, Sandsäcken etc. Neben Schäden durch die mechanische Für den Notfall sind Pumpen oder Sandsä- Einwirkung der Hagelkörner auf die einzel- cke vorzuhalten. nen Bauteile sind auch die mitunter auftretenden Folgeschäden anzuführen. Hagel Bei Schäden an Dachdeckungen und • Allgemeines Dachabdichtungen kommt es in der Folge Nach den üblichen Versicherungsbedin- zu Wassereinbrüchen ins Gebäude mit den gungen ist Hagel ein fester atmosphäri- Schadenbildern, wie sie auch bei Über- scher Niederschlag in Form von Eiskörnern. schwemmungen zu beobachten sind. Bild 14 | Hühnereigroße Hagelkörner Bild 16 | Beschädigte Doppelstegplatten einer Pergola Bild 12 | Bauliche Schutzmaßnahme: Schwelle von 15 cm bei Lichtschächten Spezielle Entwässerungstechnik • Rückstausicherungen einbauen. In den Abwassersatzungen der Kommunen ist in der Regel gefordert: Wasserabläufe unterhalb der Rückstauebene sind durch Rückstausysteme zu schützen. Wie alle technischen Vorrichtungen sind diese regelmäßig, wenigstens einmal im Jahr, zu warten und auf ihre Funktionstüchtigkeit zu prüfen. • Stationäre Pumpen für Untergeschossräume, automatisch gesteuert • Versickerungsmöglichkeit für Oberflächenwasser in Außenanlagen einplanen Schutzmaßnahmen für Außenanlagen Ummauerung des Freigeländes: Ist ein ge- Bild 15 | Beschädigter Rollladen samtes Grundstück überschwemmungsgefährdet, kann eine umlaufende Mauer Hagelereignisse treten für gewöhnlich kurz- mehr Sicherheit geben. Zugangsöffnungen fristig auf, sind örtlich (mitunter scharf) be- sind im Notfall mit mobilen Schotts zu ver- grenzt und meist nur von kurzer Dauer. sehen. Trotzdem bergen sie immer wieder ein großes Schadenpotenzial. Neben der Hagelkorngröße (Bild 14) und der Windstärke Bild 17 | Bitumenwellplatten durchsiebt spielt die Empfindlichkeit der verwendeten Bild 13 | Schutz von tief liegendem Hauseingang (Schienen als Führung und Halterung für mobile Hochwasserbalken). Foto 13 – 17: Bamberger Baumaterialien und Bauteile eine wesentli- Durch Hagelkörner verstopfte Wasserab- che Rolle. Gebäudehüllen mit verputzten läufe auf den Dächern führen dazu, dass Außendämmungen, vorgehängten Fassa- das Wasser bestimmungswidrig über die den sowie Baustoffe aus Kunststoff sind nun Fassade abläuft. Möglicherweise bahnt es einmal empfindlich gegen äußere mechani- sich seinen Weg hinter Fassadenelemente. sche Einwirkungen. Beispielhaft seien hier Bei Flachdächern kann es durch den be- Balkonüberdachungen, Pergolen, Kunst- hinderten Wasserablauf zum Aufstau www.schadenprisma.de 37 E ELEMENTARSCHÄDEN 4 2012 des Wassers kommen. Dadurch kann die Um sich dem Thema zu nähern, muss be- Tragfähigkeit soweit beeinträchtigt wer- kannt sein, dass Schnee nicht gleich Schnee den, dass es zur Überlastung und schließ- ist. Ein Meter „trockener“ Pulverschnee lie- lich zum Einsturz der Dachkonstruktion fert ganz andere Gewichte als ein Meter kommt. (10 cm Wasserhöhe ergibt schon feuchter / nasser Pappschnee. eine B elastung von 1 kN / qm.) Das Gewicht des Schnees ist abhängig von Hagelkörner können auch die Wasserab- seiner Dichte. So wiegen beispielsweise 10 cm läufe der öffentlichen Kanalisation und der Pulverschnee rund 0,1 kN / qm, die gleiche Hausentwässerung verstopfen. Dadurch Schneehöhe Pappschnee bis zu 0,4 kN / qm. sind Überschwemmungen auf dem betrof- Das Gewicht von 10 cm Eisdicke beträgt fenen Grundstück und am / im Gebäude etwa 0,9 kN / qm. Getauter Schnee (also vorzufinden. Die möglichen Folgen sind Wasser) mit einer Wasserhöhe von 10 cm bei den Hochwasser- / Überschwemmungs- schlägt mit 1,0 kN / qm zu Buche. schäden beschrieben. 4,0 • Präventionsmöglichkeiten Präventionsmöglichkeiten sind bei Hagelschäden nur begrenzt vorhanden. Hagelkörner in Tauben- oder Hühnereigröße entfalten eine sehr große mechanische Wirkung. Sogar konventionelle Baumate- 3,5 Schneelast Sk (kN / m2) 38 Zone 3 Zone 2a Zone 2 Zone 1a Zone 1 3,0 2,5 2,0 1,5 1,0 rialien wie Wellfaserzementplatten, Ziegel 0,5 (Bild 18) und Blechdächer können in Mit- 0,0 0 leidenschaft gezogen und 100 200 zerschlagen werden. 300 400 Höhe über Meeresniveau (m) 500 600 700 Grafik 1 | Zu berücksichtigende Schneelast in Abhängigkeit der Höhe ü. NN. Bezüglich der Kunststoffrollläden ist das Gleiche zu Spätestens seit dem Einsturz der Eislauf- Wenn wir wissen wollen, wie hoch die sagen wie bei den Sturmpräventionsmög- halle in Bad Reichenhall 2006 ist diese Art Schneelast auf einem Dach ist, müssen wir lichkeiten: Bei herannahenden Unwettern der Wirkung des Schnees in die Aufmerk- die Schneehöhe und die Dichte des sind die Rollläden nicht herunterzulassen, samkeit der Öffentlichkeit gerückt. Schnees kennen. Oder man nimmt prakti- sondern hochzuziehen. Die Verglasung des scherweise eine Messung vor, indem man Fensters bietet in der Regel einen besseren Bei den Ausführungen zu den Sturmschä- die Schneehöhe misst und den Schnee Widerstand gegen „normalen“ Hagelschlag den war es bereits beschrieben. Auch für wiegt. als das Kunststoffmaterial des Rollladens. die Schneelast gilt: Die auf ein Gebäude einwirkenden Kräfte müssen sicher über Welche Kräfte wirken nun auf ein Aufgrund ihrer Lage am Gebäude gelten alle Zwischenbauteile in die Fundamente Gebäude oder dessen Bauteile? manche Bauteile als besonders exponiert. abgeleitet werden. Schnee erzeugt eben- Auf einem Flachdach wirkt das Gewicht Mit deren Versagen sind große Folgeschä- so Kräfte auf ein Gebäude. Damit der Stati- des Schnees senkrecht zur Dachfläche – den zu erwarten, z. B. durch Wasserein- ker die Kräfte aus Schneeeinwirkung be- ganz normal wie auf dem Gelände auch. bruch (Lichtkuppeln, Lichtbänder etc.). Bei rücksichtigen kann, ist Deutschland in Steigt das Gewicht des Schnees immer derartigen Bauteilen sollte man sich unter Schneelastzonen eingeteilt (Bild 19). Aber weiter an, ist irgendwann einmal die Be- fachmännischer Beratung für Materialien welcher Schneehöhe entspricht der vom messungsschneelast erreicht und bei wei- einer definierten Hagelwiderstandsklasse Statiker angesetzten „Bemessungsschnee- terer Schneeanhäufung überschritten. Sind entscheiden. last“? dann die Sicherheitsreserven der Bauteile Schneedruck • Allgemeines Im Sinne der üblichen Versicherungsbedingungen ist Schneedruck die Wirkung des Gewichts von Schnee oder Eismassen. Grafik 2 | Lastwirkungen auf ein schräges Dach www.schadenprisma.de ELEMENTARSCHÄDEN 4 2012 (Sparren, Binder, Verbindungsmittel etc.) aufgebraucht, kommt es zum Versagen der Konstruktion – also zum Einsturz. Bei einem Dach mit schrägen Dachflächen ist zum Verständnis der wirkenden Kräfte eine andere Betrachtung durchzuführen (Grafik 2). Die durch die Schneelast (Bild 20) entstehenden Kräfte kann man in zwei Komponenten aufteilen: eine Komponente wirkt senkrecht auf die Dachfläche (wie beim Flachdach), die andere Komponente parallel zur Dachfläche. Diese parallele Komponente ist dafür verantwortlich, dass der Schnee „abrutschen“ möchte, wenn die Reibung zwischen Schnee und Dachfläche hinreichend klein wird. Und das wird sie – insbesondere in dem Wechsel von Bild 20 | Schneelast auf einer Gartenhütte. Foto: Kay Tau- und Gefrierphasen. Somit sind bei schrägen Dachflächen zwei mögliche Schadenszenarien festzustellen: Die Konstruktion kann einerseits durch Überlast wie beim Flachdach versagen. Andererseits können Schäden durch den abrutschenden Schnee entstehen, was gewöhnlich als „Dachlawine“ bezeichnet wird. • Häufige Schäden Erreicht die Schneelast durch Schneefall oder Schneeverwehung in Abhängigkeit der Schneedichte einen kritischen Wert, brechen die tragenden Bauteile. Dächer stürzen ganz oder teilweise ein. Das kann eine Kettenreaktion auf andere tragende Bauteile nach sich ziehen. Der Schnee gelangt dadurch ins Gebäude und verursacht dort weitere (Feuchte-)Schäden. Bei ansteigenden Temperaturen kommt es durch den tauenden Schnee dann zu Wasserschäden, die sich möglicherweise durch mehrere Stockwerke ziehen, wie es auch bei Leitungswasserschäden zu beobachten ist. Bild 23 | Schneefangbalken verhindern ein Abrutschen des Schnees („Dachlawinen“). Foto: Bamberger www.schadenprisma.de 39 40 4 2012 E ELEMENTARSCHÄDEN Neben dieser Wirkung des Schnees ist Komponente durch den Aufprall hinzu, wo- bei schrägen Dächern die bereits be- mit sich die Kraftwirkung auf diese Bauteile schriebene vervielfacht. parallele Kraft-Komponente des Schnees zu untersuchen. Im Laufe der Zeit verlagern sich die Schneemassen • Präventionsmöglichkeit langsam Richtung Traufe und häufen sich Die Ursache der Schäden ist in einer zu dort an, möglicherweise noch „gehalten“ großen Menge Schnee zu suchen. Die ein- durch die Dachrinne. Durch Tau- und fachste Präventionsmöglichkeit wäre, grö- Frostphasen bilden sich zusätzlich Eis- ßere Schneeansammlungen zu vermeiden, zapfen (Bild 21, 22) und belasten hier – im also Dächer frühzeitig vom Schnee zu räu- wahrsten Sinne des Wortes – die Dachrin- men. Hierbei muss jeder mit einer gehöri- ne weiter. Sie kann sich verformen oder im gen Portion Vorsicht vorgehen. Denn es schlimmsten Fall auch abreißen. Rutschen wäre nicht das erste Mal, dass der wohlge- größere „Schneebretter“ über die Traufe meinte Versuch Anliegen der Schneeräu- hinweg als Dachlawine auf andere Gebäu- mung vom Dach in einer Tragödie endet. unmittelbar auf den Boden verbracht, son- deteile (z. B. Vordächer, Pergolen), sind die Abgestürzte oder eingebrochene Personen dern auf dem Dach erst mal von einem Be- Schäden dort vorprogrammiert. Neben der hat es immer wieder gegeben. Bei der Art reich in einen anderen „umgeschichtet“, Kraftwirkung aus dem ruhenden Schnee- der Räumung muss jeder ebenfalls Vor- kann es dort zu einer Überlastung kom- gewicht kommt jetzt noch die dynamische sicht walten lassen: Wird der Schnee nicht men. Darüber hinaus ist das Dach jetzt www.schadenprisma.de Bild 25 | WIND-Unwetterwarnung per SMS ELEMENTARSCHÄDEN Warnstufen / 4 2012 Orange Rot Violett Gefahren Gefahr von Sturm Gefahr von Gefahr von Orkan ausgesetzt, sondern einer ungleichmäßi- mit Spitzen schwerem Sturm mit Spitzen gen, was die Tragfähigkeit des Daches größer /gleich mit Spitzen größer / gleich negativ beeinflussen kann. 75 km / h größer / gleich 130 km / h nicht mehr einer gleichmäßigen Belastung Sturm 100 km / h Ein weiterer potenzieller Schadenfaktor Gewitter bei schrägen Dächern ist der abrutschende Schnee. Präventiv bedeutet das, den Gefahr von Gefahr von Gefahr von sehr Gewitter mit schwerem Gewitter schwerem Gewitter Starkregen verbunden mit verbunden mit Starkregen und intensivem Hagel Starkregen und Schnee am Abrutschen zu hindern. Schneefanggitter, Schneefangbohlen, Schneestopper sind hier die Stichworte (Bild 23, 24). schwerem Hagel Der Schnee wird auf dem Dach gehalten, wodurch ein langsames Abtauen möglich Starkregen wird, ohne dass es zu Schäden kommt. Fazit Gefahr von Gefahr von Gefahr von sehr Starkregen intensivem Stark- schwerem Stark- (20 - 50 mm in regen (49 / 80 mm regen (50 / 100 mm 6 / 24 h) in 6 / 24 h) in 6 / 24 h) Gefahren von Gefahr von Gefahr von sehr Der Artikel zeigt beispielhaft, wie Naturer- Neuschnee ergiebigem Neu- ergiebigem Neu- eignisse auf Bauwerke und deren Bauteile (5 / 15 cm in schnee (10 / 25 cm schnee (20 / 35 cm einwirken können sowie die daraus resul- 6 / 24 h) in 6 / 24 h) in 6 / 24 h) Gefahr von Gefahr von Gefahr von starkem leichtem Eisregen Eisregen Eisregen Schnee tierenden möglichen Folgen. Eisregen In der Regel werden die Auswirkungen solcher Naturereignisse auf Bauwerke bei der Bodenfrost* Gefahr von Planung und Errichtung im Rahmen der Bodenfrost technischen Vorschriften berücksichtigt. kleiner / gleich 0° C Insofern ist bei „regelgerechter“ Planung Extremfrost* Gefahr von und Ausführung ein gewisser Schutz vor extremen Frost den Auswirkungen solcher Ereignisse ge- kleiner / gleich geben. Zugrunde gelegt werden dabei –15° C für Ihre Wetterereignisse, die im Bereich der Sta- Umgebung tistik innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens als „wahrscheinlich“ angesehen wer- Tabelle 3 | Erklärung zu den WIND-Warnstufen den. Problematisch wird es allerdings, wenn die Kräfte der Natur wesentlich grö- Aus diesen Überlegungen heraus wurde noch Restrisiken. Immer häufiger hören wir ßer werden als ursprünglich angenommen. das (Un)wetterwarnsystem WIND (Weather von Jahrhundertereignissen bisher nicht Information on Demand) von den öffent- bekannten Ausmaßes, für die die bislang Der Artikel zeigt auch Präventionsmöglich- lich-rechtlichen Versicherern ins Leben getroffenen Überlegungen für Schutzmaß- keiten für gefährdete Gebäude auf. Unab- gerufen (Bild 25 und Tabelle 3). In Zusam- nahmen nicht mehr ausreichen. Die Ex- hängig von den „geplanten“ Maßnahmen menarbeit mit dem Fraunhofer-Institut tremwetterereignisse der letzten Jahre ha- zum Schutz von Gebäuden vor Unwettern (ISST) und der Firma meteomedia wurden ben uns das immer wieder drastisch vor kann man bei nahenden „Unwettern“ auch die technischen Grundlagen entwickelt, mit Augen geführt. kurzfristige temporäre Schutzmaßnahmen deren Hilfe vor herannahenden „(Un-)Wet- ergreifen, sofern man die Zeit hat, sich auf terereignissen“ per E-Mail, Fax oder SMS Mit dieser Erkenntnis ist die Entscheidung das Ereignis einzustellen. Hier sei nur der schon im Vorfeld gewarnt wird. Damit ist für den Abschluss einer Elementarscha- Begriff der „Vorwarnzeit“ genannt. So kann Zeit gewonnen, um Schutz- und Siche- denversicherung, die die jeweils getroffe- man z. B. bei nahendem Starkregen oder rungsmaßnahmen rechtzeitig einzuleiten nen örtlichen Schutzmaßnahmen ergänzt, bei Kenntnis eines nahenden Hochwassers und damit die Gefahr von (Gebäude-)Schä- sicher nicht falsch. Damit lassen sich Schutz- und Sicherungsmaßnahmen für den zu minimieren. wenigstens die finanziellen Folgen eines Schadenereignisses abfedern. Gebäude und Inventar einleiten. Wichtig ist dabei nur, dass man „frühzeitig“ davon Doch machen wir uns nichts vor: Selbst Kenntnis bekommt. wenn man alle (wirtschaftlich) sinnvollen Schutzmaßnahmen ergreift, bleiben immer Wolfgang Kayser SV Sparkassenversicherung www.schadenprisma.de 41