Reportage 1 Auf ganzer Linie überzeugend 24 BAUIDEE 1_2013 Text: Alexandra Wojtanowska Fotos: xs-architekten, Sven Ketz Das einst gewerblich genutzte Gebäude 2 erstrahlt in einem neuen Glanz. Dabei bildet das alte Kellerfundament auf stolzen 36 Metern Länge die Basis für den langgestreckten Baukörper. Und es gilt weitere Highlights zu entdecken D ie Lage am Rande der idyllischen Staufener Altstadt ist einzigartig. Die Baufamilie genießt sie jeden Tag aufs Neue und der Platzmangel in der alten Bleibe ist so gut wie vergessen. Denn das neue, architektonisch ansprechende Haus der Eheleute bietet ausreichend Raum zur freien Entfaltung. Auf dem umlaufenden Holzsteg und den großzügigen Dachterrassen auf beiden Seiten können sie ihren Gedanken freien Lauf lassen. Der weitläufige Blick, der sich auf die Burganlage eröffnet, ist traumhaft. Zu Fuß ist alles bequem erreichbar, seien es die Bahn oder die nächstgelegenen Einkaufsmöglichkeiten. „Die Länge des Gebäudes mit rund 36 Metern ist auf herkömmlichen Baugrundstücken in den meisten Fällen nicht möglich. Hier wurde der Zuschnitt des Grundstücks auf die Grundrissgestaltung des Objektes übertragen. Das Obergeschoss nimmt in seiner Lage und Ausrichtung direkten Bezug auf die gegenüberliegende Zufahrtsstraße und den freien Blick auf die Staufener Burg. Über die Länge des Baukörpers hinweg konnten zwei unabhängig voneinander nutzbare große Dachterrassen realisiert werden, die einen weiteren offenen Wohnraum im Sommer ermöglichen und einen Ort für Festlichkeiten bieten“, erklärt Architekt Sandro Mike Rupp. „Durch die zahlreichen Gespräche mit unseren Architekten und den Handwerkern konnten wir viele interessante und sinnvolle Ideen umsetzen, sodass die Planungs- und Bauphase problemlos abgelaufen ist“, schwärmen die Bauherren noch heute von der Umsetzung ihres Wunschhauses. „Wichtig war uns, dass sich das Haus in Form und Farbgebung gut in seine Umgebung einfügt.“ Dabei dachten sie auch an die Zukunft. Neben einem ins Haus integrierten Büro für die selbständigen Handelsvertreter für Lichttechnik, spielte eine altersgerechte Ausstattung ohne Schwellen und Hindernisse eine zentrale Rolle: „Die Bauherrschaft wünschte sich ein altersgerechtes und barrierefreies Wohnhaus, dass für die aktuelle Nutzung als Wohn- und Bürogebäude ebenso geeignet ist, wie für einen späteren Altersruhesitz, der eine separate Ein­ liegerwohnung für eventuelles Pflegepersonal bietet. Auch hier kam uns die außergewöhnliche Form des Grundstückes zugute, wodurch die Umsetzung des Erdgeschosses mit sämtlichen Wohnräumen der Bauherren überhaupt erst ermöglicht wurde. Im Obergeschoss befinden sich aktuell sämtliche Arbeitsräume, es kann aber jederzeit zu einer unabhängigen Wohneinheit werden“, erklärt Alexander Kirschner, Architekt und Partner Rupps ‰ 1 Das auf der West- und Ostseite hinausragende Obergeschoss bildet eine Zäsur des langgestreckten Baukörpers 2 Der private und der gewerblich genutzte Teil des Hauses verfügen jeweils über separate Eingänge 3 Der Neubau in Holzständerbauweise misst 35,5 Meter 3 1_2013 BAUIDEE 25 Reportage 1 1 Neben Gasbrennwerttherme und Solaranlage wurde eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung installiert 2 Wohnen auf einer Ebene: Das Haus ist schwellenlos und altersgerecht konzipiert 3 An die offene Küche grenzt ein praktischer Hauswirtschaftsraum 4 Das nördliche, größere Flachdach wird über eine Außentreppe erschlossen und dient dem Erdgeschoss als weiterer Außenbereich 5 + 6 Die Küche bildet ge- meinsam mit Wohn- und Esszimmer eine Einheit 7 Vom großen Famili- 2 3 26 BAUIDEE1_2013 enbad gelangt man zur räumlich abgetrennten Dusche und dem WC bei xs-architekten. „Das Bauprojekt wurde durch Empfehlungen an uns herangetragen. Wir freuten uns über das entgegengebrachte Vertrauen der Bauherren in ein junges Büro, das am Anfang seiner Selbständigkeit stand“, erinnern sie sich weiter. Um die Vorstellungen des Ehepaares wunschgemäß umzusetzen, wurden ihre Wohnbedürfnisse genau analysiert und dienten gemeinsam mit dem Grundriss der Immobilie als Basis für ein Raumbuch. Für jeden Raum, der gebaut werden sollte, wurden die spezifischen Anforderungen, die sich aus seiner jeweiligen Funktion ergeben, darin zusammengetragen und visualisiert. Es wurde genau festgelegt, welche Konstruktionsart gewählt, welche Innenausstattungsmaterialien gewünscht und in welcher Qualität sie sein sollen. „Dabei hatten wir als Planer weitgehend freie Hand, um ihre Bedürfnisse zu definieren“, so Rupp. „Die Stadt Staufen sowie die Baurechtsbehörde waren der Planung von Anfang an positiv gesinnt. Im Vorfeld wurde eine Bauvoranfrage zur generellen Bebaubarkeit des Grundstücks zu Wohnzwecken gestellt, da dieses bisher nur gewerblich genutzt wurde. Das Projekt wurde auf einem Grundstück eines ehemaligen kleinen Gewerbebetriebes zur Herstellung von Pelzen im Ortskern von Staufen in der Nähe des Bahnhofes realisiert“, erklärt Kirschner. Das Holzständerbauwerk stand nach nur fünf Tagen. „Die sehr gute Bausubstanz des Kellers vom Altbau ermöglichte seine Integration in den geplanten Neubau. Die notwendigen 4 5 Neben einem hohen Wärmestandard bietet die Holzbauweise auch eine kurze Bauzeit Anpassungs- und Ergänzungsarbeiten verliefen trotz Baubeginn in den Wintermonaten sehr gut. Insgesamt kam man so auf eine Bauzeit von rund sechs Monaten“, resümiert Rupp. Und so haben die Bauherren schon kurz nach Baubeginn ein stimmungsvolles Richtfest gemeinsam mit Freunden, Nachbarn, Handwerkern und Architekten gefeiert. Der Traum vom eigenen Weinkeller rückte näher – und der vom Arbeiten im eigenen Haus. Der private und der gewerblich genutzte Bereich sind dabei klar voneinander abgegrenzt. Die in den Hausentwurf integrierte Einliegerwohnung verfügt über einen eigenen Eingang. Das Konzept einer klaren Gliederung der Räume setzt sich auch im Inneren des Erdgeschosses fort. Der lineare Baukörper ist dabei unterteilt in ein öffentliches, halböffentliches und privates Rückzugsareal. So gelangen die Besucher über einen kleinen Flur, von dem ein Treppenabgang in den Keller führt und einer eigenen WC- und Duschanlage, in den großzügigen Wohn- und Essbereich. In der dort integrierten Küche wird regelmäßig mit Freunden gekocht und bei einem gemütlichen Glas Wein gespeist. Anschließend klingen die Treffen im Sommer auf einer der beiden Terrassen und im Winter vor dem Kamin aus. Die edlen Tropfen für die geselligen Abende werden im hauseigenen Weinkeller gelagert. Angrenzend an die Küche befindet sich der Hauswirtschaftsraum. Der ist auch ohne Hindernisse über den Carport erreichbar, sodass schwere Lasten und Einkäufe problemlos transportiert werden können. ‰ 6 7 1_2013 BAUIDEE 27 Reportage Die rollstuhlgerechte Rampe im Wohnzimmer führt in die ausschließlich privaten Räume der Baufamilie. Dazu gehören zwei Ankleide-, ein Schlafzimmer mit Bad sowie ein hauseigener Saunaraum zur Entspannung. Mit der rundherum angelegten Fensteranlage ergibt sich ein stimmiges Gesamtkonzept. Der Außenbereich nimmt ebenfalls Bezug auf die Barrierefreiheit. So kann das Gebäude an jeder Tür ohne eine hinderliche Schwelle betreten werden. Die klaren Linien des Hauses finden sich auch in den Steingärten und Rasenflächen wieder. Der Garten ist ebenfalls ebenerdig, um die Arbeit zu erleichtern. Die Beleuchtungsanlage kann komplett – die Rollläden inbegriffen – über einen sogenannten Europäischen Installationsbus (EIB), der heute allgemein als KNX bekannt ist, und eine separate Ansteuerung bedient werden. Eine gelungene Umsetzung altersgerechten m Wohnens in allen Bereichen. 8 Anstelle des baufälligen Gebäudes glänzt nun das neue Haus. 75 Prozent des Kellers der ehemaligen Gewerbehalle konnten dabei erhalten bleiben Daten & Fakten EG Aufgabe: Umbau zu einem altersgerechten Wohnhaus mit einem separaten Büro Umbau: 2012 Wohnfläche: 198 m2 (EG und OG zzgl. Terrassen) Nutzfläche: 89 m2 (KG, EG und OG) Anzahl der Bewohner: 2 Bauweise: Holzständerbauweise mit verputzter Fassade Heizung: Fußbodenheizung/Gasbrennwerttherme mit Solaranlage für Brauchwasser Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung, Elektrotechnik mit EIB (KNX) Architekt: xs-architekten Krozinger Straße 24, 79219 Staufen OG 28 BAUIDEE1_2013 Tel. 07633/9238447 www.xs-architekten.de Grundrisse: Manuel Schramm und Heizungsunterstützung Haustechnik: