Eine Definition: »Blinder Fleck« Als »blinder Fleck« wird ursprünglich die Stelle der Netzhaut des Auges bezeichnet, an der der Sehnerv gemeinsam mit den Blutgefäßen in das Auge eintritt. An dieser Stelle befinden sich keine Lichtrezeptoren, der Fleck ist also wirklich blind. Normalerweise wird diese Lücke im Gesichtsfeld nicht wahrgenommen, sondern kann in den bildverarbeitenden Hirnregionen ergänzt werden durch die Farben der umgebenden Bereiche und das Bild des anderen Auges. »Blinder Fleck« bezeichnet in der Sozialpsychologie die Teile des Selbst oder Ichs, die von einer Persönlichkeit nicht wahrgenommen werden, meist, weil es sich um unangenehme und nicht akzeptierte Seiten handelt. Die psychischen Funktionen, die »blinde Flecke« erzeugen, haben durch die Psychoanalyse einen eigenen Namen erhalten: Abwehrmechanismen. In der Soziologie und Kriminologie werden die Abwehrmechanismen »Neutralisationsmechanismen« genannt. Sie dienen dazu, eigene kriminelle Handlungen zu bagatellisieren, zu rationalisieren oder zu leugnen, um die Schuld von sich abzuwälzen. Alle Menschen sind in der Lage, »blinde Flecke« auszubilden. Dies betrifft nicht nur einzelne Individuen, sondern auch Gemeinschaften. Den Fokus auf den »blinden Fleck« zu richten, bedeutet, etwas sichtbar zu machen, was sonst übersehen oder gewollt verborgen wird. Beim Symposium »Blinder Fleck« geht es einerseits um ein Erkennen des partiellen Nicht-sehens, aber auch um ein Vordringen in unsichtbare oder unbeachtete Bereiche.