PRAXIS Praxis 2007; 96: 1411–1418 1411 Hypothyreose Leitsymptome: Müdigkeit, Gewichtszunahme, Depression, Myalgien, Ödeme Die Hypothyreose ist eine häufige Erkrankung (Häufigkeitsgipfel zwischen 50. und 70. Lebensjahr, wobei deutlich mehr Frauen betroffen sind). Man unterscheidet die primäre Hypothyreose (Ursache in der Schilddrüse, Thyroxin-Defizit), die sekundäre Hypothyreose (Ursache in der Hypophyse, TSH-Defizit) und die tertiäre Hypothyreose (Ursache im Hypothalamus,TRH-Defizit). Am häufigsten ist die primäre Hypothyreose (95%), die sekundäre und v. a. die tertiäre Hypothyreose sind selten. Häufigste Ursachen einer primären Hypothyreose bei uns sind die Autoimmunthyreoiditis und ein Status nach Strumektomie. Unter Amiodaron-Therapie muss man an eine medikamentös induzierte Hypothyreose denken. Die Klinik jeder Hypothyreoseform ist bis auf «lokale» Symptome vergleichbar, d.h. bis auf die Struma bei der primären Hypothyreose und evtl. zusätzliche Hormonmangelsymptome bei hypophysärer Hypothyreose. Eine Spezialform ist die primäre subklinische Hypothyreose, dabei zeigt sich ein erhöhtes TSH bei (tief-)normalem fT4/fT3 (= Thyroxin/Trijodthyronin). Patienten mit subklinischer Hypothyreose sind häufig asymptomatisch oder oligosymptomatisch, wobei jedoch bei jüngeren Patientinnen speziell eine Infertilität und bei älteren Patienten neurologisch-psychiatrische Symptome erfasst werden müssen, die zu einem Therapieversuch mit Schilddrüsenhormon Anlass geben können. Bei assoziierten Serumlipid-Störungen wird eine Hormonsubstitutionstherapie empfohlen. Ein Teil der Patienten entwickelt im Verlauf eine manifeste Hypothyreose (in den meisten Fällen bei TSH-Werten ⬎ 10–12 mU/l oder bei zusätzlich erhöhten Schilddrüsenautoantikörpern). online-CME der PRAXIS ist gemäss Fortbildungsprogramm der Schweizerischen Gesellschaft für Allgemeinmedizin (SGAM) als strukturierte und nachweisbare Fortbildung anrechenbar. Die Fortbildung entspricht einem geschätzten Arbeitsaufwand von einer Stunde pro Fortbildungsbeitrag und wird somit mit 1 Credit bewertet. SGAM-Mitglieder können online-CME der PRAXIS auf dem Selbstdeklarationsprotokoll notieren. Die Schweizerische Gesellschaft für Innere Medizin (SGIM) vergibt im Rahmen der nachzuweisenden Fortbildung Innere Medizin pro online-CME der PRAXIS 1 Credit. © 2007 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern Abb.: Patientin mit Hypothyreose, vor und nach Behandlung mit Levothyroxin. DOI 10.1024/1661-8157.96.38.1411 PRAXIS Continuous Medical Education Praxis 2007; 96: 1411–1418 1412 Hypothyreose Klinik und Komplikationen Klinik ● Müdigkeit, Adynamie, Schwäche, Verlangsamung, Depression, Konzentrationsstörungen ● Hyporeflexie, Myalgien, Arthralgien ● Gewichtszunahme (v.a. Flüssigkeitsretention) bei Inappetenz, (evtl. Gewichtsverlust) ● Myxödem, Ödeme (v.a. Gesicht, Hände und Beine), Karpaltunnelsyndrom ● Trockene, gelbliche Haut, brüchiges Haar, evtl. Pruritus ● Obstipation ● Amenorrhoe, Menorrhagien, Libidoverlust, Impotenz ● Dyspnoe (nicht durch Struma bedingt) ● Kältegefühl, Hypothermie ● Bradykardie, evtl. arterielle Hypotonie oder arterielle (diastolische) Hypertonie ● Klossige Sprache, dunkle/tiefe Stimme bei Frauen, Heiserkeit ● Stridor, Dyspnoe, evtl. Dysphagie durch grosse Struma (Struma nur bei primärer Hypothyreose) Beachte: Eine Hypothyreose verläuft oft oligosymptomatisch. Bei einer Depression oder Demenz muss eine Hypothyreose ausgeschlossen werden. Bei Muskelschmerzen oder Muskelschwäche (mit/ohne CK-Erhöhung) sollte an eine Hypothyreose gedacht werden. Ein Perikard- oder Pleuraerguss kann durch eine Hypothyreose bedingt sein. Die Autoimmunthyreoiditis tritt gehäuft mit anderen Autoimmunkrankheiten (u. a. Diabetes mellitus Typ 1, perniziöse Anämie) auf. Beim Vorliegen einer sekundären oder tertiären Hypothyreose ist die Klinik häufig weniger ausgeprägt, eine Struma kommt nicht vor (keine TSH-Stimulation). In der Regel sind auch die anderen Hormonachsen von Hypophyse/Hypothalamus gestört (Hormonmangelsymptome), und es bestehen möglicherweise neurologische Symptome. Komplikationen Myxödemkoma (Somnolenz, Koma, Krampfanfälle, Hypoventilation, Hypotonie, Hypothermie, Hyponatriämie, Hypoglykämie) Schwere Myopathie, Rhabdomyolyse (v.a. bei Anstrengung) PRAXIS Continuous Medical Education Praxis 2007; 96: 1411–1418 1413 Hypothyreose Abklärungsstrategie Anamnese und Status v.a. ● Status nach Thyreoidektomie oder nach Radiojodbehandlung ● Status nach Bestrahlung ● Medikamente, die eine Hypothyreose verursachen können ● Struma (schmerzhaft), Strumektomie-Narbe, Visusstörungen Routinelabor und diagnosesichernde Untersuchung Primäre Hypothyreose: TSH im Serum TSH ist hoch Sekundäre/tertiäre Hypothyreose: TSH und fT4 im Serum TSH ist tief oder normal bis leicht erhöht aufgrund Sekretion von messbarem, aber biologisch inaktivem TSH durch die geschädigte Hypophyse. Nur die fT4-Erniedrigung zeigt die Hypothyreose an. Die Unterscheidung sekundäre/tertiäre Hypothyreose ist im Labor (mittels TRH-Test) schwierig und oft klinisch irrelevant. Als Screening kann TSH (ohne fT4) bestimmt werden. Bei verdächtiger Klinik und normalem TSH muss an eine sekundäre (tertiäre) Hypothyreose gedacht werden und fT4 bestimmt werden! Erweitertes Labor Primäre Hypothyreose V.a. die Schilddrüsenautoantikörper Anti-TPO-AK (Anti-Thyroidperoxidase-AK) und evtl. AntiThyreoglobulin-AK. Sie sind erhöht bei Autoimmunthyreoiditis (eine leichte Erhöhung auch bei anderen Schilddrüsenerkrankungen möglich). Die primäre Hypothyreose bei Erwachsenen (ohne spezielle Anamnese) ist meist eine Autoimmunthyreoiditis, die AK-Bestimmung ist deshalb nicht zwingend indiziert. Sekundäre/tertiäre Hypothyreose Abklärung anderer Hormonachsen: Prolaktin, Wachstumshormon/Nebenniere/Gonaden etc. Ferritin bei Verdacht auf Hämochromatose. Mögliche weitere Befunde bei Hypothyreose Blutbild mit leichter normo- bis makrozytärer Anämie, KreatininErhöhung, CK-Erhöhung (Myopathie), Hypercholesterinämie, evtl. Hypertriglyzeridämie, Hyponatriämie (inadäquate ADH-Sekretion). CRP- und BSR-Erhöhung bei De Quervain-Thyreoiditis. Weitere Abklärungen Primäre Hypothyreose Die Schilddrüsenszintigraphie bringt keine Zusatzinformation und ist nicht indiziert. Die Schilddrüsensonographie (mit/ohne Feinnadelpunktion) kann bei Zusatzfragen wie Knoten, Zysten oder Thyreoiditis bezüglich Differentialdiagnose hilfreich sein. Sekundäre/tertiäre Hypothyreose MRI/CT Kopf (Tumor im Bereich Hypophyse/Hypothalamus, Empty Sella etc.) PRAXIS Continuous Medical Education Praxis 2007; 96: 1411–1418 1414 Hypothyreose Diagnosekriterien/Pathophysiologie/Differentialdiagnose Diagnosekriterien Primäre Hypothyreose: TSHo fT4u, (cave: fT3 oft auch im Normalbereich); (die Bestimmung sollte – je nach klinischem Bild – mindestens 2⫻ erfolgen vor Diagnosestellung). Sekundäre/tertiäre Hypothyreose: fT4u, (fT3u) (TSH oft nicht diagnostisch verwertbar, vgl. Abklärung) Ursachen Eine primäre Hypothyreose kann angeboren (Aplasie, Hypoplasie, Ektopie, fetaler Jodmangel, Jodfehlverwertung) oder erworben sein. Weltweit ist die häufigste Ursache einer Hypothyreose immer noch der Jodmangel. Es kann jedoch auch ein Jod-Exzess (hohe Joddosen auch in Amiodaron oder Röntgenkontrastmitteln) (meist) passager zu einer Hypothyreose durch Blockade der Hormonsynthese führen (v.a. bei Patienten mit vorbestehenden Schilddrüsenerkrankungen). Häufigste Ursachen einer primären Hypothyreose in unseren Breitengraden sind die (chronische) Autoimmunthyreoiditis und der Status nach Strumektomie. Die Autoimmunthyreoiditis hat verschiedene Formen: atrophe Thyreoiditis (chronisch, ohne Struma; evtl. Endstadium einer Hashimoto-Thyreoiditis), Hashimoto-Thyreoiditis (chronisch, mit Struma), «silent Thyreoiditis» (schmerzlos, meist nur kleine Struma; subakute lymphozytäre Threoiditis) und die ähnlich verlaufende postpartale Thyreoiditis (oft nur passagere Schilddrüsenfunktionsstörung). Andere Ursachen einer Hypothyreose sind ein Status nach Radiojodtherapie oder perkutaner Bestrahlung. Medikamente, die eine (passagere) Hypothyreose verursachen können, sind v.a. Amiodaron (hoher Jodgehalt), Lithium, Interferon-alpha und Interleukin-2; TSH-Erhöhung durch Dopaminantagonisten. Thyreostatikatherapie bei Hyperthyreose. Seltene Ursachen sind die Hämochromatose, Sarkoidose, HIV/AIDS (Pneumocystis carinii, Toxoplasmose), (schmerzhafte) De Quervain-Thyreoiditis (passagere Hypothyreose oder Hyperthyreose). Häufigste Ursache einer sekundären Hypothyreose Hypophysenadenom. Andere Ursachen wie Traumata, SheehanSyndrom (= postpartale Nekrose), Sarkoidose, Hämochromatose, Tuberkulose oder eine defekte TRH/TSH-Achse (isoliertes TSH-Defizit, TSH-Resistenz etc.) sind selten. Eine tertiäre Hypothyreose (idiopathisch, Neoplasie, nach Hirnoperation) ist eine Rarität. Selten sind auch Kraniopharyngeome. Differentialdiagnose Alle klinischen Leitsymptome der Hypotonie müssen differentialdiagnostisch berücksichtigt werden. Müdigkeit organischer (viral z.B. EBV-Infektion; Anämien; endokrinologisch; kardial; pulmonal) und psychiatrischer Ursachen (z.B. Depression), Myalgien/Muskelschwäche (Myasthenie, Polymyalgie), Hypotonie (Flüssigkeitsmangel, Anämie, M. Addison). PRAXIS Continuous Medical Education Praxis 2007; 96: 1411–1418 1415 Hypothyreose Therapie Jede Hypothyreose wird oral mit Thyroxin (T4; Levothyroxin, synthetisches Schilddrüsenhormon) substituiert. Verursachende Medikamente sollten nach Möglichkeit abgesetzt werden. Generell wird die Behandlung der subklinischen Hypothyreose kontrovers diskutiert. Bei Frauen wird sie bei Infertilität und in der Schwangerschaft empfohlen. Wird auf eine Substitution verzichtet, muss v.a. in der Frühschwangerschaft eine Hypothyroxinämie immer ausgeschlossen werden. Gewisse Autoren substituieren auch bei Dyslipidämie. Bei symptomlosen TSH-Erhöhungen (wiederholt bestätigt, um eine nur passagere Erhöhung nach Thyreoiditis auszuschliessen) von 10–15 mU/l ist eine Behandlung einzuleiten. Bei älteren Patienten sollte mit einer niedrigen Dosierung begonnen werden (25 µg/d = 0.025 mg/d); vorsichtig bei kardialen Begleiterkrankungen (Arrhythmien, kardialer Dekompensation, Angina pectoris). Bei jüngeren Patienten kann die Substitutionsdosis meist schon höher dosiert (100 µg/d = 0.1 mg/d) begonnen werden. Vorsicht ist geboten bei Begleitmedikationen, u.a. sind hypothyreote Patienten opiatempfindlich. Bei Patientinnen in der Schwangerschaft ist die adäquate Schilddrüsenhormonsubstitution essentiell für einen normalen Schwangerschaftsverlauf und die gesunde Entwicklung des Fetus. Bei einer Hypophyseninsuffizienz mit sekundärer Hypothyreose und Nebenniereninsuffizienz, bei einer kombinierten Autoimmunerkrankung (Hypothyreose/M. Addison) oder beim Myxödemkoma, darf vor der Gabe von Levothyroxin die Kortisonsubstitution nicht vergessen werden, sonst kann eine Addison-Krise ausgelöst werden (durch T4 normalisierter Stoffwechsel mit höherem Kortisolbedarf). Die Therapie des Myxödemkomas beinhaltet zusätzlich die Korrektur des Flüssigkeits-/Elektrolythaushaltes und der Hypothermie, die Behandlung der Hypotonie und die Beatmung. Ein Infekt (möglicher Auslöser) sollte empirisch antibiotisch behandelt werden. Unter Substitution sollte man fT4 nach ca. zwei Wochen, TSH (bei primärere Hypothyreose) nach ca. 6–8 Wochen erstmals kontrollieren. Die Medikation kann anfangs in 3- bis 6-wöchigen Abständen angepasst werden. Die Verlaufskontrolle nach Normalisierung der Werte erfolgt klinisch und bei der primären Hypothyreose mittels TSH, bei der sekundären Hypothyreose mittels fT4 alle 6–12 Monate. Medikamente mit vitaler Indikation, die eine Hypothyreose verursachen, können evtl. neben der T4-Substitution weiter gegeben werden. Auf Interaktionen achten! Prognose Die Prognose der Hypothyreose ist bei adäquater Substitution sehr gut. Das Myxödemkoma hat eine hohe Mortalität. Der Übergang einer subklinischen Hypothyreose in eine manifeste Hypothyreose hängt ab v.a. vom Ausgangswert des TSH, vorhandenen Autoantikörpern und zugrundeliegender Erkrankung. Bei Patienten mit subklinischer Hypothyreose und TSH ⬎ 10–15 mU/l entwickelt sich über die Jahre meist eine Hypothyreose. PRAXIS Continuous Medical Education Praxis 2007; 96: 1411–1418 1416 Fallbericht Hypothyreose Anamnese der Patientin Die 35-jährige Patientin meldete sich wegen geschwollener Hände, Füsse und aufgedunsenem Gesicht sowie einer Gewichtszunahme von ca. 5 kg in den letzten Wochen. Sie berichtete zudem über eine ausserordentliche körperliche Müdigkeit, sodass sie nur noch mit Mühe ihren Alltag bewältigen konnte. Die Beschwerden hatten vor ca. 6–8 Wochen begonnen und waren immer schlimmer geworden. In der persönlichen Anamnese hatte die Patientin als Kind eine Operation am Hals, wahrscheinlich an der Schilddrüse (die Operation war in ihrem afrikanischen Heimatland erfolgt), Medikamente musste sie danach nicht einnehmen. Ihre Entwicklung zur Erwachsenen verlief unauffällig. Seit zwei Jahren lebt sie in der Schweiz. Hier wurde vor ca. fünf Monaten eine Zyste am Hals entfernt, Medikamente nahm sie auch damals keine ein. Die Systemanamnese war bis auf das aktuelle Problem unauffällig (u.a. normale Menstruation). Befunde der Patientin Weg zur Diagnose/Kommentar Die Anamnese von Müdigkeit, Gewichtszunahme, von geschwollenen Händen und Füssen liess bei der jungen Patientin differentialdiagnostisch, insbesondere auch wegen der Vorgeschichte von Halsoperationen, an eine Hypothyreose denken. Weg zur Diagnose/Kommentar Status 35-jährige Patientin in leicht reduziertem AZ, gutem EZ. 158 cm, 57 kg. BD 90/60 mmHg, Puls regelmässig 60/Min. Leicht aufgedunsenes Gesicht, teigige Schwellungen an beiden Unterschenkeln, Füssen und Händen. PSR und ASR nur schwer auslösbar. Unauffällige Narben im vorderen Halsbereich, Schilddrüse nicht palpabel, unauffälliger restlicher Status Die meisten Befunde im Status erhärteten die Verdachtsdiagnose, insbesondere die Hyporeflexie und die teigigen Ödeme sprachen für eine Hypothyreose. Es irritierte, dass bei der schlanken Patientin überhaupt kein Schilddrüsengewebe palpierbar war. Routinelabor Hb 12.9 g/dl (12.0–14.7) MCV 84 fl (80–100) BSR 12 mm/h (⬍ 20) CRP ⬍ 3 mg/l (⬍ 10) (Nierenwerte und Elektrolyte im Serum normal) Zur weiteren Abklärung wurde neben der diagnosesichernden Untersuchung ein Routinelabor veranlasst. Im Routinelabor zeigten sich keine Auffälligkeiten. Ein erweitertes Labor wurde nicht veranlasst. PRAXIS Continuous Medical Education Praxis 2007; 96: 1411–1418 1417 Fallbericht Hypothyreose Diagnosesichernde Untersuchung TSH basal 334 mU/l oo (0.10–4.00) (diese Bestimmung wurde wiederholt) fT4 < 2 pmol/l uu (8.5–19.0) Weitere Abklärungen Sonographie der Schilddrüse (wegen Status nach Schilddrüsenoperation): Minimaler Rest von Schilddrüsengewebe paralaryngeal links. Ansonsten unauffällige Ultraschalluntersuchung. Mit der Bestimmung des TSH konnte die Verdachtsdiagnose einer Hypothyreose bestätigt werden. Als Ursache der primären Hypothyreose nahmen wir entsprechend der Vorgeschichte die operative Entfernung von Schilddrüsengewebe an. Es wurde deswegen eine Schilddrüsensonographie veranlasst, welche nur wenig Schilddrüsengewebe zeigte. Bei der Operation in der Kindheit war die Patientin wahrscheinlich wegen einer Struma operiert worden. Da die Patientin sich normal entwickelt hatte und erst jetzt eine manifeste Hypothyreose zeigte, vermuteten wir die entscheidende Ursache der Hypothyreose in der Entfernung von Schilddrüsen-Restgewebe bei der Operation einer Halszyste vor ein paar Monaten. Es wurde die Diagnose einer primären Hypothyreose bei St. n. zweimaliger Strumektomie gestellt. Therapie der Patientin Substitutionstherapie mit T4 (Levothyroxin). Unter der Therapie kam es zu einer raschen Verbesserung der Beschwerden, welche im Verlauf ganz verschwanden. Die Schilddrüsenparameter normalisierten sich. Die Patientin wurde regelmässig weiter kontrolliert. PRAXIS Continuous Medical Education Praxis 2007; 96: 1411–1418 1418 Fragen zur Hypothyreose Frage 1 Wann ist das TSH als Suchtest für eine Hypothyreose ungenügend? (Mehrfachauswahl) Frage 4 Wann wird bei einer subklinischen Hypothyreose die Substitutionstherapie mit Levothyroxin empfohlen? (Mehrfachauswahl) a) b) c) d) e) a) Infertilität bei Frauen b) Hyperlipidämie c) TSH ⬎ 6 mU/l, normale periphere Schilddrüsenwerte, keine Symptome, keine Autoantikörper d) TSH ⬎ 12 mU/l, normale periphere Schilddrüsenwerte, keine Symptome e) Schwangerschaft Primäre Hypothyreose Subklinische primäre Hypothyreose Sekundäre Hypothyreose Tertiäre Hypothyreose Autoimmunthyreoiditis Frage 2 1. Bei primärer Hypothyreose unter Substitutionstherapie mit Levothyroxin wird in den ersten Wochen fT4 im Serum zur Kontrolle der Schilddrüsenfunktion bestimmt, weil 2. TSH erst wieder nach 6–8 Wochen die Schilddrüsenfunktion aussagekräftig widerspiegelt. a) 1. richtig, 2. falsch b) 1. falsch, 2. richtig c) alles richtig d) alles falsch e) 1. richtig, 2. richtig, «weil» falsch Frage 5 Welche der folgenden Medikamente können eine Hypothyreose verursachen? (Mehrfachauswahl) a) Betablocker b) Amiodaron c) Acetylsalicylsäure d) Lithium e) Interferon-alpha Frage 3 Welche der folgenden Untersuchungen müssen bei einer neu entdeckten sekundären Hypothyreose vorgenommen werden? (Mehrfachauswahl) a) Andere Hormonachsen der Hypophyse (Kortisol/ACTH etc.) b) TRH-Test c) Schilddrüsenszintigraphie d) MRI des Kopfes, speziell der Hypophyse e) Schilddrüsensonographie Auflösung der Fragen und Kommentar in PRAXIS Nr. 40 vom 3. Oktober 2007. Sie können die Fragen auch online unter www.praxis.ch lösen. Nach Beantwortung der Fragen sind Auflösung und Kommentar sofort abrufbar. Korrespondenzadresse Bibliographie U. Kolyvanos Naumann Dr. J. Furrer Dr. L. Käser Prof. Dr. W. Vetter Medizinische Poliklinik Universitätsspital Zürich Rämistrasse 100 8091 Zürich Cooper DS: Subclinical Hypothyroidism. NEJM 345:260-265 2001 [email protected] Wiesli P, Schmid Ch: Hyper- und Hypothyreose: Welche Tests sind in der Praxis sinnvoll? Schweizerische Rundschau Medizin, Praxis 2001;90:877-881. PRAXIS Continuous Medical Education Praxis 2007; 96: 1559–1559 1559 Antworten zu den Fragen zur Hypothyreose aus Praxis Nr. 38 Frage 1 Antworten b), c) und d) sind richtig. Frage 3 Antworten a) und d) sind richtig. Bei der primären Hypothyreose ist TSH erhöht. Bei der subklinischen Hypothyreose sind das TSH erhöht und die peripheren Schilddrüsenwerte fT4 und fT3 im Normbereich. Bei der sekundären und der tertiären Hypothyreose kann durch die geschädigte Hypophyse ein biologisch inaktives, aber messbares TSH produziert werden, sodass das TSH (selten) auch leicht erhöht gemessen werden kann. Bei einer sekundären Hypothyreose im Rahmen einer Hypophyseninsuffizienz sind meist auch die anderen Hormonachsen betroffen, u.a. die Achse Hypophyse-Nebenniere, welche für die Produktion von Kortisol zuständig ist. Bei der Abklärung einer sekundären Hypothyreose sollte ein MRI des Kopfes durchgeführt werden. Beachte: wenn eine Nebenniereninsuffizienz vorliegt, muss diese substituiert werden und zwar vor der Substitution der Hypothyreose, damit der unter Schilddrüsenhormonen wieder normalisierte Stoffwechsel auch dem Bedarf entsprechend Kortisol erhält. Frage 2 Antwort c) ist richtig: beide Aussagen sind richtig. Bei primärer Hypothyreose unter Substitutionstherapie mit Levothyroxin wird in den ersten Wochen fT4 im Serum zur Kontrolle der Schilddrüsenfunktion bestimmt, weil TSH erst wieder nach 6–8 Wochen die Schilddrüsenfunktion aussagekräftig widerspiegelt. Frage 4 Antworten a), b), d) und e) sind richtig. Bei der subklinischen Hypothyreose wird die Substitutionstherapie mit Levothyroxin in folgenden Situationen empfohlen: Infertilität bei Frauen, Hyperlipidämie, TSH ⬎ 12 mU/l bei normalen peripheren Schilddrüsenwerten und ohne Symptome, und bei Schwangerschaft. Frage 5 Antworten b), d) und e) sind richtig. Medikamente, die bekannterweise eine Hypothyreose verursachen können, sind Amiodaron, Lithium und Interferon-alpha. © 2007 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern DOI 10.1024/1661-8157.96.40.1559