Alkoholismus als Störung der Affektregulation BUSS: 101. Wiss. Jahrestagung 2015 Dr. Peter Schlebusch ___________________________________________________________________ Dr. phil. Peter Schlebusch Leitung ISTh Stefanie Kiszkenow Stellv. Leitung ISTh Dipl.-Psych. Psychologischer Psychotherapeut Dipl.-Psych. Psychologische Psychotherapeutin Dr. P. Schlebusch Agnes Breitkopf Dipl.-Psych. Psychologische Psychotherapeutin Sachse, R. (2002): Klärungsorientierte Psychotherapie, Hogrefe. Sachse, R. et al. Klärungsorientierte Psychotherapie von Persönlichkeitsstörungen. (Bd.1-4), Hogrefe. Schlebusch, P. & Kiszkenow, S. (2011). Klärungsorientierte Aspekte und spezielle Probleme in der Psychotherapie der Alkoholabhängigkeit. In: R. Sachse, J. Fasbender, J. Breil & M. Sachse (Hrsg.), Perspektiven Klärungsorientierter Psychotherapie II, 345393. Lengerich: Pabst. Schlebusch, P., Kuhl, J., Breil, J. & Püschel, O. (2006). Alkoholismus als Störung der Affektregulation: Ein Störungsmodell auf der Basis der PSI-Theorie. In: R. Sachse & P. Schlebusch (Hrsg.), Perspektiven Klärungsorientierter Psychotherapie, 60-118. Lengerich: Pabst. Sachse, R., Schlebusch, P. & Leisch, M. (2002). Psychologische Psychotherapie des Alkoholismus. Aachen, Shaker Verlag 2003. Dr. Peter Schlebusch, Dipl.-Psych. Ganzheitliche Therapie muss evidenzbasiert sein Ganzheitliche Therapie sollte jedoch nicht ekletisch (JMWEW) sein JWMWE: Jeder macht was er will Eine ganzheitliche Therapie braucht eine INTEGRATIVE THEORIE Dr. P. Schlebusch Was muss eine Störungstheorie integrieren? • Komorbidität • Motivationsproblem und seine Behandlung) • Entwicklungshypothesen, Prozesshypothesen • Insbesondere mangelnde Integration neurobiologischer und psychologischer Störungstheorien (Einschluss anderer psychologischer Grundlagendisziplinen neben Lerntheorie und Neuroscience) • Behandlungsabbrüche und Rückfälle Abb. 1.: Komorbidität insgesamt (klinische Einrichtungen) 100 60 84 77 80 68 63 57 40 20 0 Powell 1982 Hesselbrock 1987 1985 LZP Ross 1988 AP Herz 1990 Angst bei Alkoholabhängigen: - bis zu 75% zeigen Angstsymptome - Angststörungen: insgesamt zwischen 23 und 69%, mittlere LZP 44% (Kushner et al., 1990) Affektive Störungen bei Alkoholabhängigen - Depression:15-38% LZP, 20-42% AP - Dysthymie: 11-17% LZP, 11% AP) 27-69%: erhöhte Skalenwerte Primäre Depressionen: 2-43% Sekundäre Depressionen: 12-51% Persönlichkeitsstörungen: zwischen 57 und 78% (SCID-II oder andere strukturierte Diagnostik) 40 36,4 35 30 25 20 25,7 22,7 19,7 19,3 18 18,2 15,2 15 12,1 10 5 0 15,2 7,6 3 0,3 PN ST 3,7 9,1 9,7 9,1 9,7 6 3,7 11,5 SZ HI NA BL AS SU AB ZW PA M W Schizophrenie: zwischen 2,4 und 4% (Powell et al., 1982; Ross et al., 1988; Tomasson et al., 1995); LZP (Allgemeinbev.): 4% (Regier et al. 1990) 50% aller Schizophrenen haben Sucht/Substanzmissbrauchsprobleme (Andreassen, 1987) Geschilderte Studien zeigen ein hohes Ausmaß von Komorbidität über das gesamte psychiatrische Spektrum • U. E. wird die Zahl der Patienten mit komorbiden Störungen möglicherweise stark unterschätzt: – Übertrinken von Phasen – Naive Kausalitätsannahmen – Repräsentations-Regulations-Problem Repräsentations-Regulations-Problem Regulationsschwelle Belastungsstärke Antizipationszone: Prärepresentativ Repräsentationsschwelle Alkoholabhängige scheinen Belastungen zu regulieren, bevor sie sie repräsentieren! Zwei Arten von Rückfällen • Routine-Rückfälle (Habits, NICHT MOTIVIERTES VERHALTEN) • Motivierte Rückfälle: SCHEMA-getriggert Dr. P. Schlebusch Droge Je höher das Die Droge wird durch Anreizobjekt in der die hohe Anreizobjekt 2 Motivhierarchie Dopaminausschüttung verankert ist, desto „fälschlicherweise“ höher ist seine hoch in der Priorität in der Motivhierarchie Anreizobjekt 3 Exekutive einsortiert und besetzt Anreizobjekt 4 somit die Exekutive vor allen anderen Motiven, sie wird in Anreizobjekt 5 hohem Anreizobjekt 6Maße SELBSTGEWOLLT Anreizobjekt 7 Anreizobjekt 8 Dr. Peter Schlebusch, Dipl.-Psych. Motivhierarchie: Anreizobjekte in der Rangfolge ihres Dopaminreleases Anreizobjekt 1 Undifferenziertes Ausgangsbild: Affektregulationsstör. Funktionales Trinken Kriterienüberlappung Gegenseitige Aufrechterhaltung Depression oder andere SUCHT Soll • Komorbidität erklären • Neurobiologie und Psychologie integrieren • Entwicklungsprozesse erklären • Motivationsprobleme von Alkoholikern klären • Therapeutische Optimierungsressourcen erschließen ObjektErkennungsSystem Intuitive VerhaltensSteuerung Negativen und Persönlichkeitsmodell Verbindungen Regulation der Systeme durch Vier Makrosysteme A-kognitive A+ positiven von Affekt Kuhl, 2002 ExtensionsGedächtnis IntentionsGedächtnis Positiver Affekt: Belohnungssystem, insbes.: Nucleus Accumbens, VTA, Projektionen in den präfrontalen Cortex Wie das Belohnungssystem lernt, dass Alkohol toll ist: Dr. Peter Schlebusch, Dipl.-Psych. Neurobiologische Affektsysteme Negativer Affekt: Bestrafungssystem, insbes.: Septo-Hippocampales System (siehe Gray & McNaughton: Neuropsychology of Anxiety, 2000) Personen regulieren normalerweise sowohl negativen als auch positiven Affekt situationsangemessen herauf und hinab Nicht alle Personen beherrschen die intrapsychische Affektregulation gleichermaßen Negativer Affekt Personen können z. B.: eine eingeschränkte Fähigkeit zur Selbstberuhigung haben durch kritische Lebensereignisse ausgelöste extreme Affektlagen erleben andere Störungen oder Persönlichkeitsdispositionen mit erhöhtem negativen Affekt aufweisen (Angststörungen, Ängstlichkeit, best. PS) Negativer Affekt Der „Normalfall“ ObjektErkennungsSystem Endzustand: Ausgangslage: Negativer Affekt niedrig hoch A- Bahnung des OES EG A(-) ExtensionsGedächtnis Negativer Affekt Die Person muss lernen, dass Alkohol effektiv zu einer MINDERUNG NEGATIVEN AFFEKTES führt Die Person erlebt einen erhöhten negativen Affekt Sie erlebt diesen Affekt als nicht reduzierbar, hält die Reduktion für zu anstrengend etc. Sie reduziert den negativen Affekt durch die Substanz ABER: der Zugang zum Extensionsgedächtnis wird nicht gebahnt Im Niedrigdosierungsbereich wird möglicherweise Selbstzugang tatsächlich gebahnt Negativer Affekt Affektregulation durch Alkohol Phase 1 Endzustand: Ausgangslage: Negativer Affekt niedrig hoch ObjektErkennungsSystem AAlkohol Blockade des OES EG Bahnung des A(-) ExtensionsGedächtnis Mit zunehmendem Konsum nimmt die Fähigkeit der Substanz ab, den negativen Affekt zu reduzieren Die Person erhöht die Dosis schrittweise, um den Effekt wieder zu erleben Die Person erreicht einen Punkt, an dem • Keine Affektregulation mehr eintritt • Körperliche Abhängigkeit besteht D. h.: Die Person „hängt im negativen Affekt fest“ Sie befindet sich in einem Zustand der „chronischen Bahnung des OES“ Der Zugang zum EG ist dauerhaft blockiert Negativer Affekt Affektregulation durch Alkohol Phase 2: Toleranz Endzustand: Ausgangslage: Festhängen im Negativer Affekt Negativen Affekt hoch ObjektErkennungsSystem AAlkohol Festhängen Bahnung desimOES OES ExtensionsGedächtnis Positiver Affekt Die Person kann eine eingeschränkte Fähigkeit zur Hinaufregulation positiven Affektes haben Durch kritische Lebensereignisse eine Handlungshemmung aufweisen (erlernte Hilflosigkeit) Eine genetische Disposition zu niedrigem positiven Affekt aufweisen (reward deficiency syndrome) Eine Persönlichkeitsdisposition (z. B.: Abhängige PS, Selbstunsichere, Depressive PS) oder Störung (Depression) aufweisen, die mit niedrigem positiven Affekt verbunden ist Positiver Affekt Der „Normalfall“ Intuitive VerhaltensSteuerung Endzustand: Ausgangslage: Positiver Affekt hoch niedrig A+ Bahnung des IG IVS A(+) IntentionsGedächtnis Positiver Affekt Die Person muss lernen, dass Alkohol effektiv zu einer ANHEBUNG POSITIVEN AFFEKTES führt Die Person erlebt einen reduzierten positiven Affekt Sie erlebt diesen Affekt als nicht anhebbar, hält die Reduktion für zu anstrengend, verfügt nicht über die notwendigen Kompetenzen etc. Sie reguliert den positiven Affekt durch die Substanz Im Niedrigdosierungsfall: Die IVS wird gebahnt, d. h. z. B.: Die Person traut sich etwas, was sie sonst nicht kann Im Hochdosierungsfall: die Person verschafft sich ein Belohnungsgefühl, ohne die notwendigen belohnenden Verhaltensweisen auszuführen, die Exekutive wird gehemmt Die Person erlebt Verhaltensweisen als belohnend, die ansonsten nicht hinreichend wären Positiver Affekt (Niedrigdosis) Affektregulation durch Alkohol Phase 1 Endzustand: Ausgangslage: Positiver Affekt hoch niedrig Intuitive VerhaltensSteuerung A+ Alkohol Bahnung des IG IVS A(+) IntentionsGedächtnis Positiver Affekt Hochdosis Affektregulation durch Alkohol Phase 1 Alternative Endzustand: Ausgangslage: Positiver Affekt hoch niedrig Keine Ausführung Bahnung des IG von belohnendem Verhalten Intuitive VerhaltensSteuerung Alkohol A+ A(+) IntentionsGedächtnis Mit zunehmendem Konsum nimmt die Fähigkeit der Substanz ab, den positiven Affekt anzuheben Die Person erhöht die Dosis schrittweise, um den Effekt wieder zu erleben Die Person erreicht einen Punkt, an dem • Keine Affektregulation mehr eintritt • Körperliche Abhängigkeit besteht D. h.: Die Person „hängt im niedrigen positiven Affekt fest“ Sie befindet sich in einem Zustand der „chronischen Bahnung des IG“ Es kommt zu einem zunehmenden Kompetenzverlust („use it or loose it“) Positiver Affekt Toleranzentwicklung Endzustand: Ausgangslage: Positiver Affekt Festhängen im niedrig niedrigen positiven Affekt Bahnung des IG Festhängen im IG Intuitive VerhaltensSteuerung Alkohol A(+) A(+) IntentionsGedächtnis ObjektErkennungsSystem Intuitive VerhaltensSteuerung ADas Intentionsgedächtnis wird Systemkonfiguration bei nicht durch das Extensionsgedächtnis geladen Abhängigkeit A(+) ExtensionsGedächtnis IntentionsGedächtnis Reward Es gibt unterschiedliche Einstiegsbedingungen in den Alkoholismus: Erhöhter negativer Affekt Erniedrigter positiver Affekt Oder eine Kombination Die Affektlage allein ist nicht hinreichend, entscheidend ist die mangelnde Fähigkeit, die Affekte zu regulieren Zweck des Suchtmittelkonsums ist die Herabregulation negativen und/oder die Heraufregulation positiven Affektes Lernt die Person, Affektregulation überwiegend über die Substanz zu erzielen, besteht der Einstieg in die psychische Abhängigkeit Die Potenz der Substanz zur Affektregulation nimmt aufgrund von Toleranz ab; die Person reagiert mit Dosissteigerung Die Toleranz entsteht sowohl für positiven als auch für negativen Affekt, da beide Systeme physiologisch auf Alkohol reagieren Im Laufe der Zeit entsteht eine körperliche Abhängigkeit Die Person erlebt nun einen permanent hohen, nicht reduzierbaren negativen Affekt und gleichzeitig einen permanent niedrigen, nicht heraufregulierbaren positiven Affekt Entsprechend ist die Systemkonfiguration durch eine Dominanz der Diskrepanzsensitiven Wahrnehmung und des Intentionsgedächtnisses (nicht umgesetzte Intentionen) gekennzeichnet Das Extensionsgedächtnis bleibt weitestgehend „offline“ Das Intentionsgedächtnis wird somit nicht durch Inhalte des Extensionsgedächtnis geladen, das sind: • Persönlich Motive • Wünsche • Präferenzen Die Person spürt nicht, ob etwas gegen diese Inhalte verstößt Sie setzt in ihrem Leben persönliche Motive nicht in Handlungen um, gerät somit zunehmend in eine Diskrepanz zwischen ihren Wünschen/Bedürfnissen und der Realität/der Umsetzung Das System wird anfällig gegen Infiltrationen fremder Motive und Intentionen Da das Extensionsgedächtnis off-line ist, bemerkt die Person nicht einmal, dass das System infiltriert wird Es entsteht das Alienationsphänomen: Mangelnder Zugang zum Selbst (EG) und Verwechslung fremder Intentionen mit eigenen Neurobiologische Befunde: • Allostase: Downregulation des dopaminergen Systems (Koob & LeMoal, 2006) • Reward Deficiency Syndrome (Blum) • Defizitäres Dopaminsystem belegt (Heinz et al., 2004, 2005) Belege für das Störungsmodell • Hinweise für die mangelnde Affektregulation Lageorientierung prospektiv: Hinweis auf dauerhafte Probleme in der Regulation niedrigen positiven Affektes Lageorientierung nach Misserfolg: Hinweis auf dauerhafte Probleme in der Regulation hohen negativen Affektes PSSI-Mittelwerte Norm- vs. Alkoholikerstichprobe (Männer) 17 16 15 14 13 12 11 Legende Kuhl HPK 10 9 8 AS PN SZ SU ZW ST RH NA NT AB BL HI DP SL Korrelationen Selbstregulation Selbstdisziplin Volitionale Passivität Konzentrationsschwäche Konformität Craving Schwere der Abhängigkeit gesamt Pearson p N Pearson p N Pearson p N Pearson p N Pearson p N Pearson p N Pearson p N GSI prä -.301* .021 46 .264* .038 46 .395** .003 46 .508** .000 46 .416** .002 46 -.158 .137 50 -.115 .213 50 BDI prä -.446** .001 46 .258* .041 46 .412** .002 46 .521** .000 46 .554** .000 46 -.098 .249 50 -.030 .419 50 *. Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,05 (1-seitig) signifikant. **. Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,01 (1-seitig) signifikant. BDI post -.378** .005 46 .191 .102 46 .108 .237 46 .238 .056 46 .167 .134 46 .013 .464 50 -.055 .352 50 GSI post -.399** .003 46 .235 .058 46 .150 .159 46 .309* .018 46 .241 .053 46 .038 .396 50 -.035 .406 50 80 70 73,5 68,1 60 50 40 30 26,5 31,9 Lageor. Handlungsor. 20 10 0 nach Mißerfolg % prospektiv % Chi-SQ HOM: p<.001 Chi-SQ HOP: p<.05 Korrelationen Handlungsorientierung Pearson prospektiv p N Handlungsorientierung Pearson nach Misserfolg p N BDI prä GSI prä BDI post GSI post -.433** -.303* -.197 -.193 .002 .038 .184 .193 47 47 47 47 -.626** -.455** -.332* -.302* .000 .001 .020 .035 49 49 49 49 **. Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,01 (2-seitig) signifikant. *. Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,05 (2-seitig) signifikant. SSI SelbstSelbstregu- Willenshemmung# kontrolle lation Selbsthemmung Selbstbestimm., pos. Selbstmot., Selbstberuhig. Planung, Zielorientierung Grübeln bei Mißerfolg, niedriges Selbstgespür, niedrige Misserfolgsbewältigung A+ A(+) A- A(-) Energiemangel, Mangel an Initiative, Absichten nicht umsetzen Alkoholiker N=115 17,1 24,47* 19,37* 22,57* Nichtklinische Vergleichsgruppe N=140 22,54* 17,07 17,66 18,60 Diese Ergebnisse wurden bestätigt von Laitenberger (2006) und Braun (2010). Braun konnte zeigen, dass Alkoholabhängige eine Besonderheit in der Verteilung impliziter Motive aufweisen Test: OMT (Operanter Multimotiv-Test, Kuhl, 1998) Variante des TAT Die Messung aktueller Motive erlaubt Rückschlüsse auf die Erfahrungen in der Biographie Motive sind Resultat von Erfahrungen bzw. von Verarbeitungen von Erfahrungen Ergebnisse zeigen, dass Alkoholabhängige signifikant häufiger MACHTMOTIVIERT sind Der OMT misst 3 Motive und 5 Ebenen, also 15 Motivvarianten Das Bindungs- und Leistungsmotiv sind selten die dominierenden Motive Innerhalb des Machtmotivs wird zwischen Annäherungs- und Meidungsmotiven unterschieden Alkoholiker zeigen im wesentlichen die Ebenen 4 und (seltener) die Ebene 5 des Machtmotivs. ERFAHRUNGEN IN DER BIOGRAPHIE KÖNNTEN OHNMACHTSERFAHRUNGEN UMFASSEN Sucht wird psychologisch in Familien über die Vermittlung von OHNMACHTSERFAHRUNGEN weitergegeben Die bisherigen Auswertungen zeigen die erwarteten Defizite in der Affektregulation von Alkoholabhängigen. Neben den bekannten Handlungsdefiziten scheinen Probleme des Selbstzugangs eine besondere, wenn nicht dominierende Rolle zu spielen. Demzufolge bedürfen sie einer besonderen Berücksichtigung in der Therapie. Hieraus ergibt sich eine Indikation für klärungsorientierte Therapie bei Alkoholabhängigkeit (Sachse, 2003; Sachse & Schlebusch, 2003). Das Rubikon-Modells als Therapieheuristik KLÄREN VOR LÖSEN!! Intentionsbildung MOTIVATION Intentionsinitiierung VOLITION Intentionsrealisierung VOLITION Intentionsdeaktivierung MOTIVATION RUBIKON Wählen Präaktionale Phase Handeln Dr. Peter Schlebusch, Dipl.-Psych. Bewerten 58 • Zentraler Ansatzpunkt der Therapie ist die mangelnde Bildung selbstkongruenter Intentionen – Das Selbstsystem ist „off-line“ – Aufgrund des resultierenden Alienationseffektes tendieren Patienten dazu, fremde Intentionen zu übernehmen • Die klassische Suchttherapie arbeitet stark direktiv und regelfixiert; sie nutzt somit ausgerechnet das Alienationsphänomen dysfunktional aus. • Die mangelnde Selbststeuerung wird mit einer Willenssubstitution (direktive Therapeuten, SHG) beantwortet. • Dies erklärt, weshalb „Willensstärke“ allein nicht oder nur mit einem massiven System lebenslanger Überwachung zur Abstinenz führt (SHG-Problem). Eine wichtige Konsequenz aus dem Modell des mangelnden Selbstzugangs ist, dass • Regelorientierte und direktive Therapiesysteme inadäquat sind • Die Therapie INDIVIDUALISIERT werden muß, was eine stärkere psychotherapeutische Orientierung einschließt Therapieabbrüche diszipl. Entlassungen Reha Hemer 01.06.04-01.06.05, N=69, LWL-Rehabilitationszentrum Ruhrgebiet Abbruch 6 Diszipl. 2 Legende Abbruch Diszipl. Regulär Regulär 61 LWL-Rehabilitationszentrum Ruhrgebiet