Inhibition und affektbezogene Informationsverarbeitung bei

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Arbeitsgruppe
Neurokognition
Inhibition und affektbezogene
Informationsverarbeitung bei Patienten mit
Borderline-Persönlichkeitsstörungen (BPD)
B. Ruppel1, K. Fast1, T. Zetzsche1, B. Winter2, S.C. Herpertz3
1
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Ludwig-Maximilians-Universität, München
2
Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie, RWTH Aachen
3
Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie, Universität Rostock
HINTERGRUND UND ZIEL
NEUROPSYCHOLOGISCHE TESTBATTERIE
Bei der Borderline-Persönlichkeitsstörung BPS (DSM-IV: 301.83) zeigen sich
Störungen der Affektivität, der Impulskontrolle, der Kognition, des Selbstbildes
und der zwischenmenschlichen Beziehungen. Es kommt bei den Betroffenen
häufig zu impulshaften suizidalen oder parasuizidalen Handlungen und/oder
selbstverletzendem Verhalten.
Es wird davon ausgegangen, dass BPS-Patienten bei affektbezogenen
Teststimuli Defizite in der Inhibition zeigen. Dies wird zurückgeführt auf ein
gestörtes Zusammenspiel hirnorganischer Netzwerke, die der affektbezogenen
Verarbeitung und den Aufmerksamkeitsfunktionen zugrunde liegen. Deshalb
werden neben der Erfassung der neutralen kognitiven Leistungen auch
experimentelle Verfahren zur Erfassung affektbezogener Bewertungs-,
Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsleistung durchgeführt. Es werden
ausschließlich behaviorale Daten erhoben.
Parameter
Meßinstrument
Wortflüssigkeit
Visuomotorik/
Informationsverarbeitung/
Kategorienwechsel
RWT
Signifikanz
BPS/Gesund
n.s.
TMT A
TMT B
n.s.
0.034*
Rey Abzeichnen
Rey Abruf direkt
Rey Abruf 30 min.
WMS-R
Logisches Gedächtnis I + II
WMS-R Zahlennachsprechen
Vorwärts
Rückwärts
n.s.
0.002**
0.008**
Regelerkennen
/kognitive Flexibilität
mWCST
n.s.
Aufmerksamkeit
TAP
Alterness
Geteilte Aufmerksamkeit
Go/NoGo
Visuokonstruktion/
figurales Gedächtnis
Verbales Gedächtnis
Aufmerksamkeitsspanne
Aufmerksamkeitsbias für emotional negative Stimuli:
Herpertz et al. (1997) zeigten in einem „directed forgetting“-Paradigma für Patientinnen mit BPS einen Gedächtnisbias für „borderlinerelevante“ Wörter. Ferner fanden Arntz et al. (2000) einen „Aufmerksamkeitsbias“ für negative emotionale Stimuli in einem „Stroop“Paradigma, der nicht nur für „borderline-spezifische“ Wörter, sondern auch für allgemein negative Stimuli bestand. Bislang liegen
allerdings nur wenige, inkonsistente Ergebnisse aus experimentellen Untersuchungen zur affektiven Hyperreagibilität bei BPSPatienten vor.
Inteferenzkontrolle:
Für die Interferenzkontrolle wurde bislang bei der BPS nur der Stroop-Test (Stroop 1935) angewendet, die Ergebnisse waren
inkonsistent (Swirsky-Sacchetti et al. 1993, Sprock et al. 2000).
Inhibition:
Für die Untersuchung der automatischen kognitiven Inhibition eignet sich das „Negative-Priming“-Paradigma (Tipper 1985), das
bislang aber nicht bei der BPS für Untersuchungen eingesetzt wurde. Die meisten Ergebnisse zu negativem Priming liegen für die
Aufmerksamkeit-Defizit/Hyperaktivitäts-Störung ADHS vor und erweisen sich als inkonsistent.
n.s.
n.s.
0.019*
n.s.
EXPERIMENTELLE PARADIGMEN
Differenzierung von emotionalen Gesichtsausdrücken:
Sato et al. (2002) fanden bei Patienten mit Amygdalaläsionen Schwierigkeiten in der Unterscheidung von negativen und positiven
Gesichtsausdrücken. Es wird angenommen, dass BPS-Patienten aufgrund einer erhöhten Amygdalaaktivität Probleme in der
Differenzierung von verschiedenen negativen Gesichtsausdrücken haben.
BEURTEILUNG VON EMOTIONALEN GESICHTSAUSDRÜCKEN
t-Test: Affekt
M
Sig.
Neun Durchgänge:
"
"
"
"
"
"
"
"
"
Emotionales Gedä
Gedächtnis:
Herpertz et al. (1998) stellten anhand des „directed forgetting“-Paradigma zum affektbezogenen Gedächtnis fest, dass Personen mit
einer BPS Schwierigkeiten haben, negative – vor allem „borderline-spezifische“ – verbale Stimuli aus dem Arbeitsgedächtnis zu
eliminieren. Ergebnisse einer Studie von Korfine und Hooley (2000) bestätigen diese Befunde.
FRAGESTELLUNG
af
fs
(hs) happy / sad
(ah) angry / happy
(fh) fear / happy
(af) angry / fear
(as) angry / sad
(ad) angry / disgust
(fs) fear / sad
(fd) fear / disgust
(ds) disgust/ sad
BPS / Ges 2,78 / 2,62
2,47 / 2,51
.017 *
.088 n.s.
ad
t-Test: Geschlecht
.028 *
af_f BPS / Ges 2,69 / 2,77
.028 *
ANOVA: Haupteffekte für Affekt, Geschlecht und Ladung
Ínteraktionseffekte für: Affekt*Geschlecht, Affekt*Ladung,
Affekt*Geschlecht*Ladung
EMOTIONALER STROOP-TEST
Für diese Studie wird davon ausgegangen, dass Patienten mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung BPS
Grimmig (1)
(1) eine größere Aufmerksamkeitsausrichtung und somit schnellere Aufmerksamkeitszuwendung für
emotional negativ geladene Stimuli zeigen.
(2) eine Verlängerung im Abwenden der Aufmerksamkeitsfokussierung von diesen negativen Stimuli
zeigen.
(3) eine Verschiebung in Richtung negativer Bias mit Schwierigkeiten in der Differenzierung von negativen
Gesichtsausdrücken in der Bewertung und Detektion sowie im Memorieren von emotionalen Stimuli
zeigen.
(4) negative bewertete Stimuli besser erinnern als positive Stimuli.
Rot
t-Test:
ANOVA:
Labil (2)
Gelb
keine signifikanten Unterschiede
Haupteffekt für Stroop,
Interaktionseffekt für stroop*affekt
EMOTIONALES NEGATIVE PRIMING
Rational
Frustriert
(1)
frustriert
rational
(2)
methodisch
skandalös
(3)
graphisch
abweisend
(4)
t-Test:
ANOVA:
PATIENTEN UND GESUNDE KONTROLLEN
EMOTIONALES DIRECTED FORGETTING
t-Test:
Liste
1
(1) Verlesen der Liste 1
Alter M (Range)
BPS
(N = 11w)
Gesund
(N = 11w)
25,28 (18-35)
25,82 (20-37)
Kein Abschluss/
Hauptschule
4
4
(Fach-)Abitur
3
4
1
6
2
0
2
0
4
6
3
5
107,89 (8,24)
107,91 (14,27)
Schulbildung Realschule
Schüler
Untere Angestellte
Berufliche
Mittlere Angestellte
Qualifikation
Höhere Angestellte/
Studenten
Verbaler IQ M (SD)
BPS
Einschluss ! Weiblich
! 18-55 Jahre
! Rechtshändig
! deutsch fließend
! BPS (301.83) nach DSM-IV bzw. emotional
instabile Persönlichkeitsstörung (F60.3) nach
ICD-10
Ausschluss ! Andere Persönlichkeitsstörungen
! Substanzabhängigkeit
! Bipolare Störung
! ADHS
! Schizophrenie
! IQ < 85
keine signifikanten
Unterschiede
Haupteffekt für Prime,
keine Interaktionseffekte
(2) Anweisung, die Liste 1 zu
vergessen
(3) Verlesen der Liste 2
2
(4) Freie Abfrage der Liste 1
und 2
Emotionale
Ladung
bps-spezifisch
.065 n.s.
Sig.
negativ
.019 *
bps-spezifisch
.036 *
ANOVA: Haupeffekte für liste, affekt
Interaktionseffekte für liste*gruppe, affekt*gruppe
AFFEKTIVER WORTINTERFERENZimpliziter emotionaler
WORTINTERFERENZ-TEST AWITAWIT-K (impliziter
Gedä
Gedächtnistest)
(1) Liste A: Bewertung Emotion
Bewertung Vertrautheit
Liste B: Bewertung Emotion
(2) Freie Abfrage Liste A
(3) Rekognition Liste A
t-Test:
Vertrautheit Liste A
neutral
negativ
BPS / Ges
positiv
M
Sig.
2,27 / 3,02
.034 *
3,13 / 2,60
.019 *
2,44 / 3,25
.000 *
ANOVA: Hauptaffekte für prozess und affekt;
Interaktioneffekt für prozess*affekt
Gesund
! Weiblich
! 18-55 Jahre
! Rechtshändig
! deutsch fließend
! Psychiatrische
Erkrankungen
in der Anamnese
! IQ < 85
Die Kontrollstichprobe wurde bezüglich Alter und Schulbildung mit der Patientenstichprobe
vergleichbar ausgewählt.
DISKUSSION UND AUSBLICK
In der neuropsychologischen Testbatterie zeigten sich, wie in früheren Studien, Defizite der BPS-Gruppe in
der flexiblen Informationsverarbeitung, im figuralen Gedächtnis und im Arbeitsgedächtnis. Es fanden sich bei
den Patientinnen gegenüber der gesunden Kontrollgruppe signifikante Unterschiede in der Bewertung von
verbalen und nonverbalen emotionalen Stimuli und es bestätigte sich ein negativer Bias für das emotionale
Gedächtnis. Keine Gruppenunterschiede konnten für die Interferenzkontrolle oder die Inhibition festgestellt
werden. Für beide Gruppen war ein Interaktionseffekt für die Prime- und die Stroop-Bedingungen sowie den
Affekt zu verzeichnen.Für das weiterer Vorgehen in dieser Studie ist eine Vergrößerung der Stichprobe
geplant. Ferner wird eine vertiefte Analyse der Komorbiditäten vorgenommen, um die Hypothese von
Subtypen der BPS (vgl. Leihener et al. 2003) zu überprüfen.
LITERATUR
1.
2.
3.
4.
5.
6.
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8.
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10.
Arntz et al. (2000): J Personality Disorder 14(4):366-37
Herpertz et al. (1997): J Affective Disorders 44:31-37
Herpertz et al. (1998): Nervenarzt 69:410-18
Korfine & Hooley (2000): J Abnormal Psychology
Leihener et al. (2003): J Nervous and Mental Disease 191(4):248-54
Sato et al. (2002): Cortex 28(5):727-42
Sprock et al. (2000): J Clinical Psychology 56(12):1587-1600
Stroop (1935): J Experimental Psychology 18:643-662
Swirsky-Sacchetti et al. (1993): J Clinical Psychology 49(3):358-96
Tipper (1985): Quart J of Exp Psychol: Human Exp Psychol 37:571-590
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