Forum Angehörigendienste 16. März 2005 KPP Herborn Gesprächskreis für Angehörige von Patienten mit einer BorderlinePersönlichkeits-Störung Monika Schmitz Zentrum für Soziale Psychiatrie Ärztlicher Direktor: Dr. J. Becker Das pathogentische Modell, auf das sich Linehan bezieht, postuliert für die Entstehung der Borderline-Störung zwei Faktorengruppen als biosoziale Theorie Dysfunktion des emotionsregulierenden Systems • emotionale Verletzbarkeit mit hoher Sensitivität gegenüber emotionalen • • • • • Reizen, niedriger Schwelle für (heftige) emotionale Reaktionen, verlangsamter Rückgang zur emotionalen Baseline gestörte Steuerung von Emotionen mit Unterdrückung unangenehmer Emotionen wie z. B. Scham oder Schuld Invalidierende Lernerfahrung (/entwertende) Umgebung – ungünstige schlechte Übereinstimmung zwischen Kind und Umwelt schmerzliche Gefühle werden ignoriert Erfahrungen gelten als falsch sexueller Mißbrauch und Misshandlung Dialektische Dilemmas der Borderline-Patientin nach Linehan • Emotionale Vulnerabilität versus SelbstInvalidierung • Aktive Passivität versus scheinbare Kompetenz • Permanente Krise versus gehemmte Trauer Problembereiche der BPSSymptomatik auf klinischer Ebene: •Affektregulation •Selbstbild •Psychosoziale Integration •Kognitive Funktionsfähigkeit (u.a. dissoziative und pseudopsychotische Symptomatik •Verhaltensebene (u.a. Selbstverletzungen, Hochrisikoverhalten, Eßstörungen) Therapie der BPS in Modulen Krise -Risiken minieren -Therapiebereitschaft -Medikamente - Stabilisieren Eingang Therapie Evaluation Entlassung -Diagnostik -Elemente aus DBT in Gruppe -Überprüfung stationäre BB -Loslösung von Station -Psychoedukation -Überprüfung der Therapieziele -Maßnahmen zur Ent-lassung vorbereitet -Überprüfung Psychopathologie -Weiterer Weg geklärt und einge-leitet Elemente der ITPP nach Fiedler -Krankheitsm odell -PE -Therapievertrag -Info über Therapieinhalte -PE -Ziele für stationäre Therapie festlegen -Achtsamkeit -Notfallkoffer -Dairy Card -Verhaltensanalysen -Time – out -Traumath. - Kunst Ambulant: - Ergo DBT – Gruppentherapie - Bewegung Einzeltherapie: Trauma -Spannungsreg nach H.Dörner Persönlichkeitsstile und Persönlichkeitsstörungen im Polaritätenraum Widerständig Dominierend Autonomie schizoid Unabhängig, lenkend einzelgängerisch paranoid misstrauisch Negativistisch Kritisch – zögerlich Konflikt zwanghaft Gewissenhaft Anhängig, anhänglich Abhängig Bindung anhänglich-loyal Unterwürfig Nachgiebig Passiv passiv Mod.n. Fiedler dissozial abenteuerlich aktiv aktiv histrionisch expressiv narzisstisch sich selbst bewusst Borderline spontan - sprunghaft selbstunsicher selbstkritisch-sensibel schizotypisch ahnungsvoll-sensibel Normorientiert Ambivalenz Rigide selbstsicher, wachsam Selbstkontrolle Stimmungsabhängig labil,unkontrolliert erfahrungsoffen, fühlsorientiert Selbstaktualisierung BPS-Angehörigengruppe „offener Gesprächskreis für zentrale Bezugspersonen von Borderline-Patientinnen“ • • Vier aufeinander aufbauende Module im zweiwöchentlichen Abstand 50 % Theorie / 50 % Zeit zum Erfahrungsaustausch über den Alltag als BPS-Angehöriger 1. Beschreibung der Störung 2. Grundprinzipien dialektisch-behavioraler Therapie 3. 4. (DBT) Gruppentherapie im Rahmen der DBT Erfahrungen aus dem Therapiealltag und dem „normalen“ Leben Wünsche von Betroffenen an eine Angehörigengruppe • Akzeptanz der Krankheit • Dysfunktionale Verhaltensmuster sind keine • • • • • • • „böse“ Absicht (z.B. Lügen) Keine übertriebene Rücksichtnahme Ernst genommen werden Nicht zur Schau gestellt werden Geduld auch auf seiten der Angehörigen Wege aus der Hilf- und Sprachlosigkeit Offener Umgang mit Scham- und Schuldgefühlen Akzeptanz möglicher Veränderungen des Patienten durch die Therapie Gruppe für Angehörige von Menschen mit BPS Modul 1: Beschreibung der Störung Allgemeine Kriterien einer Persönlichkeitsstörung Diagosekriterien nach ICD 10 und DSM 4 Klinische Symptomatik: Affektregulation (niedrige Reizschwelle, hohes Erregungsniveau, verzögerte Rückbildung, intensive aversive Spannungszustände, „emotionale Taubheit“), Selbstbild (Unsicherheit bezüglicher eigener Identität und Integrität), psychosoziale Integration (Gefühl, anders zu sein als alle anderen), Schwierigkeiten in der Regulation von Nähe-Distanz), kognitive Funktionsfähigkeit (dissoziative Symptomatik, Intrusionen, pseudopsychotische Symptomatik, keine generelle kognitive Leistungsminderung), Verhaltensebene (Selbstverletzungen, Hochrisikoverhalten, Eßund Trinkstörungen, usw.). Epidemiologie (Prävalenz 1,2%, 80 % aller Personen mit BPS suchen therapeutische Hilfe, ca. 15 % Gesamtbudget psych. Erkrankungen), Verlauf und Prognose (Suizidrate 710%, geringe Spontanremission). Das neurobehaviorale Störungsmodell: Lerntheorie (klassische und instrumentelle Konditionierung), kognitive Theorie (betont die Bedeutung individueller Schemata und Bewertungsprozesse z. B. für die Entwicklung traumaassoziierter Symptome und deren Chronifizierung) und Neurobiologie (genet. Faktoren, somatische Folgen traumatischer Erfahrungen) Psychosoziale Risikofaktoren: weiblich, frühe sexuelle Gewalt, köperliche Vernachlässigung, fehlende zweite Bezugsperson Genetische Komponenten: Zwillingsstudie zeigt auch für BPS genetische Bedeutung. Raum für Erfahrungsberichte der Angehörigen. Ein wesentlicher Punkt ist hierbei das Wiedererkennen des eigenen Erlebens in den theoretischen Schilderungen. Gruppe für Angehörige von Menschen mit BPS Modul 2: Grundprinzip DBT Therapeutische Grundannahmen Zu Therapiebeginn werden die Therapieziele besprochen und ein Therapievertrag mit Aufnahme eben dieser Ziele erstellt. Zudem Non-Suizid-Vertrag und Gegenzeichnen der Stationsregeln. Im Gegenzug bekommt der/die Pat. Die Zusicherung, dass das Team der Station mit am Erreichen der genannten Therapieziele arbeitet. Behandlung setzt sich zusammen aus Einzelgesprächen mit Therapeut und Bezugspflege sowie regelmäßiger Teilnahme an Basis- und Achtsamkeitsgruppe. a. Einzeltherapie (1-2x/Woche) beschäftigt sich mit den Herausarbeiten von biographischen Daten, immer wiederkehrenden Verhaltensmustern und diesen zugrunde liegenden häufig widersprüchlichen Beziehungsmustern. b. Zusammen mit der Bezugspflege erfolgt das Besprechen von Therapiezielen, Wochenprotokoll und persönlichen Skills. Erstellen eines Notfallkoffers. Gruppe für Angehörige von Menschen mit BPS, Modul 3: Gruppentherapie im Rahmen der DBT c. Achtsamkeitsgruppe (2x/Wo): „Leben im Hier und Jetzt“. Lauf nicht der Vergangenheit nach, verliere Dich nicht in der Zukunft. Ziel ist es, mehr Bewusstsein im Alltag und mehr Steuerungsmöglichkeiten über sich zu erlangen. Gefühl und Verstand sollen ins Gleichgewicht gebracht werden. Strategien: sich seiner Selbst gewahr werden, sogenannte „Was-Fertigkeiten“ (Wahrnehmen, Beschreiben, Teilnehmen) und „Wie-Fertigkeiten“ (nicht bewertend, konzentriert, wirkungsvoll). Im Rahmen der Angehörigengruppe einzelne Achtsamkeitsprüfungen ausprobieren. d. Basisgruppe (5x/Woche): Beschäftigt sich mit dem Umgang mit Gefühlen, z. B. Gefühlsmodulation durch „entgegengesetztes Handeln“ usw. Ein weiteres Thema beschäftigt sich mit zwischenmenschlichen Situationen (Ziel, Beziehung, Selbstachtung) oder dem Erkennen von ungünstigen Einstellungen/Mythen („Ich bin es nicht wert zu bekommen, was ich möchte oder brauche.“). Gruppe für Angehörige von Menschen mit BPS, Modul 4: Erfahrungen aus dem Therapiealltag eines Menschen mit BPS Wünschenswert wäre nun, dass eine/ein Betroffene/r über den Alltag in der Therapie berichtet. Hierbei erscheint es sinnvoll, jemanden auszuwählen, der keinen direkten Bezug zu den Angehörigen hat, die an der Angehörigengruppe teilzunehmen. Er/sie sollte bereits relativ weit in der Therapie fortgeschritten sein. Mitarbeiter der Herborner Schwerpunktstation u.a. Dr. Matthias Bender – Oberarzt des Behandlungsschwerpunktes Dipl-Psych. Horst Dörner (Vt, Traumatherapie) – Implementierung des DBT-Konzeptes, Basisgruppe, Modulentwicklung und Arbeitsblätter, Einzeltherapie, QM Monika Schmitz (Stationsärztin) – u.a. Angehörigengruppe, Basisgruppe, Einzeltherapie Anita Klingelhöfer (Fachkrankenschwester) –u.a. skills-Training, Achtsamkeitsgruppe Conny Georg, Annetraut Tielsch – Stationsleitung Martin Schwarz, Fachergotherapeut Karolin Bender, Kunsttherapeutin Barbara Langensteiner, Motologin – Sport- und Bewegungstherapie Dieter Krumm, Sozialpädagoge Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!