Herr Rauhut: Wer Schwierigkeiten hat zu verstehen, bitte zur Seite der Schriftdolmetscherin setzen, da sie dadurch mitlesen können. Wer Absehen möchte, bitte in der 1. Reihe sitzen. Ursprünglich wollten wir nur Stuhlreihen aber jemand sagte .... na ja, jetzt haben wir den Salat ... ☺ Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Anwesende, wir können jetzt beginnen. Ich begrüße Sie alle herzlich und heiße Sie willkommen. Als Organisatoren freut es uns sehr, dass so viele da sind. Ich vermute, dass viele aus eigener Erfahrung wissen, worum es geht, am stillen Kopfnicken merke ich das. Ich selbst als Hörgeräte-Träger kenne das. Nochmals herzlich willkommen. Wir werden uns an das Thema halten. Erst allgemeine Einführung ... Sie werden dann die genauen Informationen über diese Krankheitsbilder erfahren. Begrüßen möchte ich Herrn Dr. Roland Zeh, Chefarzt der Kaiserberg-Klinik Bad Nauheim, Nähe Frankfurt. Durch glückliche Umstände haben wir es erreicht, durch Birgit Bilchner, dass Herr Dr. Zeh heute hier seinen Vorträg hält. Herzlichen Dank dafür. Es ist bemerkenswert, dass er selbst betroffen ist. Und ich auch als Betroffener und Berater von unserem Schwerhörigenbund, als Betroffener wird man anders wahrgenommen. Bei Herzinfarkt-Patienten ist es nicht so, dass Sie als Arzt gefragt werden, ob Sie auch einen hatten. Aber bei mir sagt man: Aha ich habe auch ein Hörgerät und schon steigt die Glaubwürdigkeit. Ich füge nichts hinzu und bitte um den Vortrag. Herr Dr. Zeh ist so gewandt, auch auf Zwischenfragen einzugehen. Wir lösen das dann technisch, dass die Frage wiederholt wird. Frau Döger wird diesen Abend mitschreiben. Wer etwas nicht verstanden hat, bitte rechts rüberschauen, da können Sie sich vergewissern, ob es wirklich so gesprochen wurde. Bitteschön. Herr Dr. Roland Zeh: Meine Damen und Herren, vielen Dank, dass Sie so zahlreich gekommen sind. Ich möchte mich für die Einladung bedanken und mich kurz vorstellen. Ich darf mich vorstellen, ich bin Dr. Zeh, ich habe 2 CI’s (Cochlea Implantat). Was ist das? Das ist heute nicht Thema, aber wer Fragen dazu hat, kann mich gerne am Ende ansprechen. Ich bin nicht HNO-Arzt (Hals-Nasen-Ohren-Arzt), sondern in der RehabilitationsMedizin. Wenn es um Schwerhörigkeit und ??? geht, ist der HNO-Arzt falsch. Meine Klinik lebt sogar von der Unfähigkeit der HNO-Ärzte sich damit auseinanderzusetzen. Bad Nauheim, eine Rehabilitations-Klinik, eine orthopädische Abteilung (siehe Leinwand) Wir operieren nicht, wir machen Reha, d. h. wir möchten die Leute befähigen, mit den Problemen umzugehen. Tinnitus: Was ist das? Definition: Geräusche, die man real hört, die aber nicht von Außen kommen, ein Pfeifen, Rauschen, ein- oder beidseitig, immer, oder ab- und zu. Unterschied: Akuter Tinnitus = wenn er plötzlich auftritt Chronisch = Wenn es länger ist. Akut: Meistens wird mit Infusionen behandelt. Die Statistik sagt, dass es 80 % der Patienten mit akutem Tinnitus gibt, sagt man, das geht wieder weg. Wenn man überlegt, wie viele es haben, sind die 20 % mit chronischem Tinnitus auch viel. Chronischer Tinnitus hört sich gleich an. Medikamentöse Maßnahmen zeigen bei chronischem Tinnitus keine Wirkung. Komplexer Tinnitus: Es ist nicht der Tinnitus der Probleme macht, sondern die Folgen. Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen, Erschöpfung, Reizbarkeit. Das ist was ??? Statistik. Wie viele es haben. Eine interessante Beobachtung. Es wurden 7.000 Leute telefonisch befragt und die Zahlen hochgerechnet. Über 25 % sagten, sie hatten schon mal Tinnitus, aber nur 3,5 % sagten, sie haben es immer noch. D. h., die meisten sagten, sie hatten es mal, aber jetzt nicht mehr, kann also wieder weg gehen. Normal sagen die Ärzte, da kann man nichts machen. Noch eine wichtige Beobachtung, aktuell. Fast die Hälfte sagten, stört mich nicht, der kompensierte Tinnitus, die andere Hälfte sagt, macht mich wahnsinnig, das sind ca. 2 %. In Nürnberg z. B. sind 10.000 Menschen die wegen Tinnitus behandlungsbedürftig sind. Die HNO-Ärzte sind da überfordert. Bevor ich jetzt zu den Fragen komme, was Tinnitus ist, erkläre ich, wie das Gehör funktioniert. Nur wenn man das versteht, versteht man wie es dazu kommt. Hier allgemein, ich vergleiche das Ohr gerne mit einem Mikro. Wenn ich hier ein Mikro habe, dann frage ich mich, was macht es. Die meisten sagen ???? Ein Mikrofon nimmt meine Sprache, die Schallwellen auf und macht elektrische Signale daraus, die im Verstärker weiterverarbeitet werden. Genau das macht das Ohr auch. Es nimmt die Schallwellen auf, wird aber im Gehirn mit Nervenimpulsen verarbeitet. Die Hirnströme. Das Ohr hat die Aufgabe die Schwingungen in Nervenimpulse umzuwandeln. Vom Aufbau: Einmal das äußere Ohr, das Mittelohr, das Innenohr und der Hörnerv. Der Hörnerv ist ein Kabel, der die Informationen zum Gehirn leitet. Das Ohr ist nicht Teil des Gehirns, es ist ein Sinnesorgan. Im Ohr passiert nichts, da ist nur ein Kabel, die Umwandlung der Schwingung findet im Innenohr statt. Hier im Innenohr, bei der Schnecke, - sie heißt so, weil sie so aussieht - hier ist das Gleichgewichtsorgan, das gehört zusammen. Viele Menschen haben auch Schwindel, weil es zusammengehört. Hier das Ohr und das Gleichgewichtsorgan, das gehört zusammen. Hier der Querschnitt, das Teil hier, die Haarsinneszellen, auf die kommt es an wie wir gleich sehen. Hier zunächst sehen Sie wie der Schall vom Ohr aufgenommen und das Trommelfell in Schwingungen versetzt wird. Im Mittelohr, durch Hammer, Amboss und Steigbügel verstärkt und hier auf das Innenohr übertragen. Was im Mittelohr ist, kann man gut sehen und reparieren/operieren, wenn die Knöchelchen nicht mehr richtig schwingen. Was nicht von außen zugänglich ist, ist das Innenohr. Hier das Innenohr als Schlauch, diese Windungen können ausgerollt werden wie ein Teppich. Da ist Flüssigkeit drin und durch die Bewegungen des Steigbügels werden sie in Schwingungen versetzt. Normal kann man die Bewegung sehen ... funktioniert grad nicht. Diese Bewegung des Steigbügels löst hier eine Welle aus, die an den Haarzellen eine Bewegung macht. Und wenn sich diese Haarzellen bewegen, geben sie einen Nervenimpuls ab, der zum Gehirn geleitet wird in das Gehörzentrum. Dort kommen sie als Ströme, Nervenimpulse an. Wenn eine Schallwelle kommt, macht das Innenohr Strom daraus und das kommt hier oben im Gehirn an und dann hören wir etwas. Das ist der Sinnesvorgang, ähnlich dem Auge. Licht kommt, es ???? Bei der Haut ist es auch so, alles wird ins Gehirn geleitet. Das Wichtige ist, wir brauchen die Haarsinneszellen, ohne diese kann der Schall nicht in Nervenimpulse umgeleitet werden und kommt nicht oben an. Diese Haarsinneszellen können sich nicht vermehren, sie sind so alt wie wir und müssen ein Leben lang funktionieren. Sie werden im Mutterleib angelegt. Eine Besonderheit die sonst im menschlichen Körper nicht ist. Das ist das Problem, wenn die kaputt gehen, gibt es keine Neuen mehr, je mehr kaputt gehen um so schlechter das Ohr. Es wird also schlechter, aber niemals besser. Weil sich diese Sinneszellen nicht vermehren können. Warum die Natur dies machte, fragen Sie mich nicht, wahrscheinlich so hoch spezialisiert ... Hier müsste ich auch auf den Hörsturz eingehen. Er wird als eine Funktionsstörung bezeichnet. Das Gehör stürzt ab. Hörsturz heißt nicht Tinnitus, kann zwar damit einhergehen, er bezieht sich aber aufs Hören. Man kann das nicht untersuchen. Diese Schnecke, da kann man nicht reinschauen. Sie ist so groß wie ein Erbse, sie ist eingebettet ins ????bein. Das ist die Schädelbasis, das ist eine Knochenplatte die ????? vom Gehirn trennt. Man müsste es aufmeißeln, das können Sie sich abschminken. Man kommt nicht ran und kann auch nicht schauen, weil man nur mit Mikroskopen schauen könnte, die es noch nicht gibt. Deshalb wissen wir noch nicht so genau was passiert. Wenn Sie zum Arzt gehen mit einem Hörproblem und er sagt, Sie haben einen Hörsturz, kann er sagen dass Sie ihn haben, aber nicht warum. Deshalb haben wir noch keine gesicherte Therapie dafür gefunden. Man vermutet am ehesten Durchblutungsstörungen. Da werden nicht nur Infusionen, sondern auch Cortison (gegen Entzündungen) gegeben, dann weiß man, man ist sich nicht sicher und will alles abdecken. Zusammenhängend ist das auch mit Stresssituationen, nicht immer, die Behandlung mit der Infusionstherapie ist aber nicht gesichert. Deshalb bezahlen es die Krankenkassen auch nicht. Neue Entwicklung: Patienten sagten, Sie waren beim Arzt mit Hörsturz und wir müssen sagen, wir können keine Infusion geben. Keine schöne Situation, der Patient hat Angst. Aber es ist richtig, wir können nicht sagen, ob die Infusion wirklich hilft. Die Spontanheilung ist groß, 80 % erholen sich wieder. Bei Entwicklungsländern z. B. da gibt es keine Infusionen und auf lange Sicht haben sie die selben Ergebnisse wie wir. Beim Hörsturz hilft es nicht, wenn der Arzt sagt, kann man nichts machen, da bekommt man Angst etc., das verschärft das Problem. Aber da kann ich jetzt nicht weiterhelfen nur die Situation erklären. Für die anderen Sachen, die angeboten werden, gilt dasselbe, auch für die alternativen Heilmethoden. Meine persönliche Theorie dabei: Ich vermute, das Gefäß, das zum Ohr geht, das geht zu, nicht durch Verkalkungen, sondern die Muskulatur verkrampft sich und geht zu. Das passiert wegen der Stresshormone. Dieser Krampf kann relativ schnell wieder aufgehen. Wenn kein Sauerstoff mehr kommt, ist in wenigen Sekunden auch das Gehör weg, aber nicht abgestorben. Etwa 10 Min. können die Haarsinneszellen ohne Sauerstoff aushalten. Danach bleibt ein Dauerschaden zurück. Wenn das Gefäß nach 1 Min. wieder aufgeht, erholt sich das Ganze. Wenn Sie nach 1 - 2 Std. zum Arzt gehen, hat sich das Schicksal schon entschieden. Wirksam zu therapieren wäre, innerhalb von 5 Min. eine Infusion zu bekommen. Ich glaube nicht, an die pharmakologische Wirksamkeit, eher an die psychologische Wirksamkeit der Infusion ☺ Publikum: Ich hatte einen Hörsturz ohne Infusion, nur Tabletten, nur durchblutungsfördernde Tabletten und der Hörsturz verging völlig. Ich hatte es, dass bei Stress das Gehör schlechter wurde, aber wenn der Stress weniger wurde, ging es wieder besser. Dr. Zeh: Soviel zum Hörsturz, die Prognose ist gut, wir können nicht wirklich Medizinisch etwas tun. Leider ist das häufig so, trotz aller Fortschritte.