Welche Gefahr geht vom Sperma aus?

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Gesundheit
PRRS und Circovirus:
Welche Gefahr geht vom Sperma aus?
Dr. Volker Ohlinger, Virologe aus Münster
Welche Bedeutung hat
der Eintrag von PRRSund Circoviren über das
Sperma? Die GFS hat den
Virologen Dr. Volker
Ohlinger aus Münster
befragt.
Auf den Vortragsveranstaltungen haben wir
unsere Kunden informiert, dass es grundsätzlich möglich ist, dass das PRRS-Virus (PRRSV)
und Circovirus (PCV2) über Sperma übertragen werden kann.
Ohlinger: Eine Übertragung ist grundsätzlich
möglich. Doch ob es tatsächlich zu einer
Ansteckung kommt und ob eine Infektion
Auswirkung auf die Gesundheit der Sau und
des Bestandes hat, hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab.
Können Sie diese Faktoren benennen?
Dr. Volker Ohlinger
Ohlinger: Virusmaterial wird meist dann mit
dem Sperma ausgeschieden, wenn eine akute
Erkrankung beim Eber vorliegt. Ob es dann zu
einer Ansteckung kommt, hängt von der
Virusmenge im Sperma ab. Auch die
Immunitätslage der zu belegenden Sau bzw.
der Infektionsstatus des Bestandes spielt eine
Rolle.
Bei den Ebern muss also in der Regel eine
akute Erkrankung vorliegen. In welchem Alter
werden unter hiesigen Produktionsbedingungen die Zuchttiere mit PRRSV und Circoviren
konfrontiert?
Ohlinger: Man muss wissen, dass PRRSV und
Circovirus bei uns weit verbreitet sind. In einigen Regionen, und dazu zählen auch die
schweinedichten Gebiete in Nordwestdeutschland, beträgt der Verbreitungsgrad
nahezu 100 %. In diesen Beständen erfolgt
die Infektion der Tiere zumeist innerhalb der
ersten zehn Lebenswochen. Tiere, die sich zu
diesem Zeitpunkt infiziert haben, werden
unter den Haltungs- und Hygienebedingungen, die in Besamungsstationen vorliegen,
während der Spermaproduktionsphase mit
hoher Wahrscheinlichkeit keine akuten PRRSVoder PCV2- Infektionen mehr aufweisen.
Voraussetzung hierfür ist jedoch ein gut
geführtes Hygiene- und Gesundheitsmanagement mit einer kontinuierlichen Überwachung
des Gesundheitsstatus in der Quarantäne und
in den Produktionsställen.
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Die Erfahrungen zeigen, dass unter den derzeitigen Bedingungen in Besamungsstationen
mit einem derartigen Gesundheitsmanagement keine akuten Infektionen mit PRRSV und
PCV2 ablaufen. Dies wird durch Untersuchungen an Spermaproben bestätigt, bei
denen kein PRRSV und PCV2 aus stabil gesunden Ebern nachweisbar war.
Sollte es dennoch zu einer akuten Erkrankung
eines einzelnen KB-Ebers kommen, ab wann
können PRRSV und PCV2 im Sperma nachgewiesen werden?
Ohlinger: In Versuchen zeigten Tiere nach
künstlicher Infektion eine hohe Virusbelastung, die meist auch im Blut nachweisbar
ist. Im Falle von PRRSV kann eine Virusausscheidung mit dem Sperma bei Einzeltieren ab
dem 2. Tag bis zu vier Monate nach der
Infektion auftreten. Nach Infektion von SPFEbern (spezifisch-pathogen-frei) im Alter von
sieben Monaten mit PCV2 wurde das Virus
mittels molekularbiologischer Untersuchungen (PCR-Methode) ab dem vierten Tag im
Serum und ab dem fünften Tag im Sperma
nachgewiesen. Während das Virus im Serum
durchgängig bis zum 35. Tag, teilweise bis
zum 55. Tag nach Infektion nachweisbar war,
wurde PCV2 im Sperma sporadisch bis 47
Tage nach Infektion nachgewiesen.
Tritt unter praktischen Bedingungen nach der
Besamung mit kontaminiertem Sperma eine
Infektion auf?
Ohlinger: In der Praxis können im Verlauf
normaler Besamungen Infektionen mit PRRSV
oder PCV2 nur sporadisch auftreten. Voraussetzung hierfür ist eine Virusmenge, wie sie
infolge einer akuten PRRSV-Infektion oder
einer persistenten PCV2 -Infektion nachgewiesen wird. Experimentell konnte nach
Verabreichung großer Spermamengen in die
Bauchhöhle von nicht immunen Schweinen
eine Infektion sowohl mit PRRSV als auch mit
PCV2 hervorgerufen werden. Doch die
Kontaminationsmenge war 10 bis 50-fach
höher als bei einer normalen Besamung.
Top-Genetik 04 / 2003
Gesundheit
PRRS und Circovirus:
Welche Gefahr geht vom
Sperma aus?
Wird das Infektionsrisiko durch betriebseigene
KB verringert?
Ohlinger: Die Besamung mit betriebseigenem
Sperma zur Vermeidung der Einschleppung
von Infektionserregern ist dort von Bedeutung, wo ein Erreger in der Besamungsstation
vorhanden ist, jedoch in den Betrieben nicht
oder nur selten vorkommt. Dies ist aber weder
bei PRRSV noch bei PCV2 gegeben. Die
Durchseuchung liegt bei PRRS in Deutschland
bei über 95%, bei PCV2 sind es nahezu
100%.
Das Risiko von Infektionen und Reinfektionen
der bestandseigenen Besamungseber in den
meisten schweineproduzierenden Beständen
ist durch die Art der Jungsaueneingliederung
(mangelnde Quarantäne, unterschiedliche
Herkünfte, teils Eingliederung über die Mast
oder durch Zustallung von Flatdeckferkeln)
sowie die ungenügende Unterbrechung der
Infektketten innerhalb der Bestandspopulation Sauen-Flatdeck-Mast extrem hoch. Die
Eber sind permanent einem sehr viel höheren
Der Infektionsdruck (PRRSV und PCV“) ist in KB-Stationen gering, weil
keine Jungtierkontakte und gute Haltungsbedingungen z.B. geringe
Belegedichte gegeben sind.
Top-Genetik 04 / 2003
Infektionsrisiko als in der Besamungsstation
ausgesetzt. Dies kann dazu führen, dass die
Eber häufiger kontaminiertes Sperma liefern.
Wie hoch ist generell das Infektionsrisiko über
Sperma im Vergleich zu sonstigen Infektionsketten über Tierkontakt?
Ohlinger: Abhängig von vorhandenen
Impfprogrammen ist bei PRRSV der Infektionsdruck im Flatdeck sehr hoch. Dies gilt
grundsätzlich auch bei PCV2. Zudem werden
bei den Sauen, teils auch bei Jungsauen, mehr
oder wenig hohe Anteile an Tieren nachgewiesen, die über Wochen oder gar Monate
PCV2-Virusträger im Blut darstellen. Kommen
empfängliche Tiere mit diesen Virusausscheidern zusammen, kommt es oft zur Infektion.
Ebenso kann die Infektion während der
Trächtigkeit auf die Ferkel übertragen werden.
Bei der vorhandenen Virusdichte im
Sauenbetrieb hat der in seltenen Einzelfällen
vorhandene Eintrag von PRRSV- oder PCV2
über Sperma für die epidemiologischen und
klinischen Abläufe im Bestand keine große
Bedeutung.
Kann es bei der Besamung mit kontaminiertem Sperma zur Erregerausbreitung im Bestand kommen?
Ohlinger: Bei Verabreichung über das Sperma
bei der Besamung müsste eine Infektion über
den Reproduktionstrakt erfolgen. Dies ist nur
bei hohen Virusmengen und in voll empfänglichen Sauen möglich. Bei Sauen, die zuvor
bereits mit PRRSV infiziert waren, ist die
Ausbreitung im Organismus wenig wahrscheinlich und führt deshalb nicht zu einer
Allgemeininfektion mit nachfolgender Virusausscheidung. Eine Virusausscheidung erfolgt
meist über den Respirationstrakt nach
Allgemeininfektion. Die Geburt infizierter
Ferkel oder gar ein Abortgeschehen durch
Applikation kontaminierten Spermas in die
betreffende Sau ist bisher nicht beobachtet
worden. Daraus ergibt sich, dass die potentielle Einschleppung von PRRSV mit Sperma in
einen Bestand mit bereits vorhandener PRRSVInfektion keinen krankmachenden Einfluss auf
das Infektionsgeschehen im Bestand bedingt.
Herr Dr. Ohlinger, wir danken für das Gespräch.
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