14-17 Baerenklau

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NATUR Garten
Brand
Anfangs waren es nur ganz
wenige Pflanzen des wunderschönen Riesen-Bärenklaus, der aus Südwestasien
nach Mitteleuropa verpflanzt
wurde. Aber heute – hundert
Jahre später – sind sie zu
einer unerwünschten und
aggressiven Plage geworden.
Text: Wohlert Wohlers
A
n Flussufern, Bahndämmen,
Wegrändern sind sie zu sehen
und können zu gefährlichen
Hautreizungen führen. Die feinen Haare auf den Blättern und Stängeln
des Riesen-Bärenklaus oder der Herkulesstaude brechen bei Berührung ab. Wenn
der daraus austretende Pflanzensaft auf
die nackte Haut kommt, wird sie für UVStrahlung sensibilisiert, was zu Verbrennungen dritten Grades führen kann.
Foto: Agentur Blickwinkel
Winterhart und aggressiv
Dabei fing alles ganz wunderschön an. In
den 70er- und noch den 80er-Jahren sah
man die bis zu vier Meter hohe Staude
neben Bungalows in eleganten, kahlen Vorgärten stehen. Die Herkulesstaude, wissenschaftlich Heracleum mantegazzianum,
bildet einen dicken Stängel mit einer grossen Dolde, die einen Durchmesser von bis
zu einem halben Meter hat. Diese Blütenstände bleiben den Winter über stehen und
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gefährlicher Riese
dass die erste Berührung kaum wehtut
und nicht mit der Reizung einer Brennnessel zu vergleichen ist.
Nur jahrelange Geduld hilft
Nach ersten schlimmen Vorfällen verschwanden diese schönen Stauden schnell
aus den Gärten, aber sie hinterliessen eine
Erbschaft, die jeweils mehrere Tausend
Samen umfassen konnte. Eine effektive
Bekämpfung ist innert kurzer Zeit nicht
möglich. Geduld ist gemäss der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forst-
wirtschaft (BBA) im deutschen Braunschweig angebracht. Die BBA führt schon
seit mehr als zwei Jahren Bekämpfungsversuche durch.
Eine optimale Lösung fand sie bisher
nicht. Sobald sich eine starke, lange Wurzel
ausgebildet hat, ist eine Bekämpfung sehr
schwierig. Und: Eine drei Meter hohe
Staude hat eine Pfahlwurzel, die ebenso tief
in den Boden reicht. Eine frühe Bekämpfung ist deshalb angebracht. Im Privatgarten sollte man die kleine Pflanze mit einem Spaten oder einem Messer samt Wurzel entfernen. Hat sich die Pfahlwurzel
Fotos: René Berner
sehen mit Schnee bedeckt wunderschön
aus. Aber sie haben es in sich. Denn jede
Dolde kann mehrere Tausend Samen produzieren und sich so im Garten ausbreiten. Jeder, der beim Rasenmähen mit
nackten Beinen an die Blätter kommt,
kennt nachher die gefährliche Wirkung
des Bärenklaus. Bei den dadurch verursachten Verbrennungen dauert es bis zu
sechs Wochen, bis sie wieder völlig abgeheilt sind. Verstecken sich kleine Kinder
an heissen Sommertagen halbnackt unter
den Blättern, können die Verbrennungen
durchaus lebensgefährlich sein. Fatal ist,
Natürlich | 8-2006 15
Von der Blüte bis zum Samen:
Der Riesenbärenklau
vermehrt sich rasch
schon zu tief in den Boden gegraben, ist ein
Ausstechen nicht mehr möglich, sondern
nur ein Abschneiden. Der verbleibende
Rest der Wurzel kann aber wieder treiben.
Nur mit jahrelanger Geduld kann man die
Pflanze aus dem Garten wieder entfernen.
Acht Jahre währender Kampf
Das Gleiche passiert jetzt auch an Bahndämmen oder Flussufern und in Naturschutzgebieten. Die Pflanze breitet sich
weiter aus, zudem ist sie sehr konkurrenzfähig. Durch die grossen Blätter deckt sie
alles andere ab. Fingerhut, seltene Orchideen und andere lieb gewordene, einheimische Pflanzen wachsen im Schatten des
Bärenklaus nicht mehr.
Die BBA hat bei ihren Versuchen mit
Unkrautbekämpfungsmitteln und mit einem Heissschaumverfahren gearbeitet. Dabei werden Wasser und eine Art Sirup heiss
aufgeschäumt wie die Milch beim Kaffee
und die Pflanze damit eingehüllt. Natürlich
stirbt sie ab, aber häufig nicht vollständig.
Ein Teil der Wurzel überlebt und treibt
wieder aus. Dann muss das Prozedere
nochmals, manchmal sogar mehrmals,
durchgeführt werden. Es gibt Fälle aus
Privatgärten, wo es acht Jahre dauerte, bis
die Pflanze endlich verschwunden war. Mit
Herbiziden übrigens kann die Staude nicht
vollständig abgetötet werden, es sei denn,
sie ist noch klein.
Auch für Tiere gefährlich
Die Biologische Bundesanstalt ist nicht
sehr optimistisch, dieses lästige Kraut
jemals wieder loszuwerden. «Viele Neo-
phyten, pflanzliche Neubürger, haben sich
hier angesiedelt», so Peter Zwerger vom
Institut für Unkrautforschung. «Immerhin haben wir in den letzten 200 Jahren
viele neue Pflanzen in Wald und Flur
bekommen. Aber nicht alle werden zum
Problem.» (Siehe «Natürlich» 5-05.)
Die Diskussion, ob der Begriff Unkraut
zutrifft oder man lieber Wildkraut sagen
möchte, ist in diesem Fall hinfällig. Dazu
ist die Pflanze einfach zu gefährlich.
Es handelt sich übrigens bei der
Körperreaktion nicht um eine Allergie.
Der Fachmann spricht von Phyto-Photodermatitis, die von dem Pflanzeninhaltsstoff Furocumarin ausgelöst wird. Dieser
Inhaltsstoff ist nicht nur für den Menschen gefährlich, sondern kann auch bei
Tieren zu starken Reaktionen führen.
Erkrankungen bei Ziegen im Schnauzenbereich sind bereits bekannt. Kühe und
Schafe reagieren wahrscheinlich ähnlich.
Normaler Bärenklau
ist harmlos
Bei der Bekämpfung sollte auf jeden Fall
darauf geachtet werden, dass die Pflanzen
keine Samen ausbilden. Das heisst, die
Dolden müssen immer abgeschnitten
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und entsorgt werden. Dabei hat die
Pflanze die Fähigkeit, selbst unten direkt
an der Erde kleine Blütenstände zu bilden, die zur Verbreitung der Pflanze
führen, wenn man nicht aufpasst und sie
abreifen lässt.
Eine bei uns vorkommende einheimische Verwandte, der Bärenklau Heracleum
sphondylium, ist wesentlich kleiner als die
Riesen-Herkulesstaude und wird höchstens ein Meter fünfzig hoch. Sie ist ebenfalls stark behaart – aber ungefährlich. ■
Steckbrief
Name: Riesen-Bärenklau
Synonyme: Herkulesstaude, Russenkraut
Herkunft: Kaukasus
Standort: Oft verwildert an Wald- und Wegrändern auf feuchten nährstoffreichen Böden.
Merkmale: Bis über 3,5 Meter hohe Pflanze
mit bis zu 10 Zentimeter dicken rot gesprenkelten Stängeln. Blätter: 3-zählig, zerschnitten; Einzelblätter 5-schnittig, zugespitzt.
Blüten: weiss, bis 50 Zentimeter breite
Dolden. Sie blühen Juli bis September.
Giftigkeit: giftig bis sehr giftig, die ganze
Pflanze und besonders der Saft
Symptome: Zuerst brennende und juckende
Rötung. Nach rund 20 bis 48 Stunden scharf
begrenzte Entzündung der Haut mit Juckreiz,
Rötung, Blasenbildung. Die Wunden heilen
langsam ab und können eine narbenähnliche
Hyperpigmentierung hinterlassen.
Erste Hilfe: Nach Berührung der Pflanzen
unbedingt Sonnenlicht meiden.
Natürlich | 8-2006 17
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