Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) Die verschiedenen Diagnosen Zum Verfassen von Kommentaren bitte Anmelden [1] oder Registrieren [2]. In diesem Kapitel werden die einzelnen Diagnosen beschrieben, welche seelische Krankheiten betreffen. Die Borderline-Störung - BPS Zum Verfassen von Kommentaren bitte Anmelden [3] oder Registrieren [4]. Was ist BPS? Die Borderline-Störung ist eine Persönlichkeitsstörung, die durch Impulsivität und Instabilität von Emotionen und Stimmung, der Identität sowie zwischenmenschlichen Beziehungen charakterisiert ist. Das schwerwiegende psychiatrische Krankheitsbild wird auch als emotional instabile Persönlichkeitsstörung des Borderline-Typs bezeichnet. Die Betroffenen erleben sich als Opfer ihrer eigenen heftigen Stimmungs- und Gefühlsschwankungen. Dies kann wiederum zu extremer innerlicher Anspannung führen, welche dann als unerträglich und peinigend erlebt wird. Deshalb setzen viele Borderliner selbstschädigende Verhaltensweisen ein, um diese Anspannung zu verringern. Besonders den Schmerz spüren viele während der extremen Spannungsphasen kaum oder nur sehr wenig. Selbstverletzungen, Drogeneinnahmen und hoch riskante Aktivitäten verschaffen der Anspannung eine sofortige Linderung, entwickeln sich dann aber rasch zu einem suchtartigem Problemverhalten. Menschen, die an einer Borderline-Persönlichkeitsstörung leiden, fühlen sich innerlich zerrissen, haben ein gestörtes Selbstbild und eine gestörte Körperwahrnehmung. Worunter sie am meisten leiden ist die Angst vor dem Alleinsein und instabilen Beziehungen. Die Bezeichnung Borderline-Persönlichkeitsstörungen (borderline: "Grenzlinie) kam zustande, weil man die Betroffenen nach psychoanalytischem Verständnis in eine Art Übergangsbereich von neurotischen und psychotischen Störungen ansiedelte, da Symptome aus beiden Bereichen zu Tage treten. Das Klassifikationssystem der Seite 1 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) Weltgesundheitsorganisation (WHO siedelt die BorderlinePersönlichkeitsstörung heute als eine Unterform der emotional instabilen Persönlichkeitsstörung an. Die Störung tritt häufig zusammen mit anderen Persönlichkeitsstörungen auf (Komorbidität). Gerade in den letzten Jahren ist das Wissen über das Erkrankungsbild erheblich gewachsen. So hat man etwa herausgefunden, dass ein Zusammenspiel zwischen genetischen Faktoren und in vielen Fällen frühen traumatischen Erfahrungen für die Entwicklung der Borderline-Störung verantwortlich ist. Mehr als die Hälfte der Betroffenen berichtet von schwerwiegendem Missbrauch, über 60% von emotionaler Vernachlässigung; fast alle hatten ein soziales Umfeld, in welchem sie sich in hohem Maße als fremd, gefährdet und gedemütigt erlebt haben. Etwa 3 % der Bevölkerung leiden an einer Borderline-Störung. Oft zeigen sich schon im Jugendalter die ersten Anzeichen. Es dürften etwa gleich viele Männer wie Frauen betroffen zu sein, auch wenn sich auch deutlich mehr Frauen in eine Therapie begeben. Über 60% der Betroffenen hat mindestens einen Suizidversuch hinter sich, was die Wichtigkeit einer Behandlung verdeutlicht. Ursachen Genetische Faktoren dürften einen erheblichen Anteil an der Entstehung der Borderline-Störung haben. Dazu kommen noch bestimmte Lebenserfahrungen, ungünstige Grundeinstellungen und schädliche Verhaltensmuster die zur Entstehung und Aufrechterhaltung dieser Persönlichkeitsstörung führen. Auffällig oft finden sich in der Biografie der Betroffenen sexuelle Gewalterfahrungen (65% und/oder körperliche Gewalterfahrungen (60%) und/oder schwere Vernachlässigung (40%). Die meisten unter ihnen haben diese Erfahrungen bereits in der (frühen) Kindheit gemacht. Diese Erfahrungen führen zu konkreten Veränderungen im Gehirn. Gehirn von Borderline-Betroffenen zeigt Veränderungen Das Gehirn von Borderline-Patienten arbeitet teilweise anders als das von gesunden Menschen. Die Amygdala (Mandelkern) ist als Teil des limbischen Systems auch zuständig für die Verarbeitung von Stress, Gefahrensignalen und von Ängsten. Diese Gehirnstruktur fällt bei Borderline-Patienten kleiner aus und ist zusätzlich übererregbar. Weitere Auffälligkeiten zeigen sich auch in der vorderen Großhirnrinde, dem Hippocampus, der für das Gedächtnis und die Steuerung von Emotionen wichtig ist. Die Borderline-Patienten haben zudem – ebenso Menschen mit anderen Seite 2 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) Persönlichkeitsstörungen – eine verminderte Aktivität des serotonergen Systems1 und des cholinergen Systems2 sowie eine empfindlicher reagierende hypothalamisch-hypophysiäre Stressachse3 Krankheitsbild der BorderlinePersönlichkeitsstörung Borderline-Patienten haben eine gestörte Affektregulation. Sie sind also nicht dazu in der Lage, ihre inneren gefühlsmäßigen Zustände zu kontrollieren. Dabei dominieren äußerst unangenehme Spannungszustände, die zum Teil als unerträglich empfunden werden. Um diesen für sie schrecklichen Zustand zu verändern, entwickeln Borderline-Patienten bestimmte Strategien, wie etwa Selbstverletzungen. Dabei verletzen sie sich unter anderem dadurch, dass sie sich mit Messern oder Rasierklingen in die Haut schneiden oder sich Verbrennungen zufügen. Doch kommt es auch zum Einsatz anderer Methoden zum Spannnungsabbau - Drogenkonsum oder andere gefährliche Verhaltensweisen wie etwa das Balancieren auf Brückengeländern oder das Rasen auf der Autobahn. Getrieben vom Wunsch nach einem Zustand von Ruhe und Geborgenheit wenden die Betroffenen diese kurzfristig wirksamen Strategien an und rufen in Situationen der Anspannung dieses Muster ab. So kommt es nicht selten zur „negativen Verstärkung“: Weil die Wirkung der Selbstverletzung mit der Zeit nachlässt, muss später häufig nach und nach häufiger und tiefer geschnitten werden, um die gleiche Wirkung zu erzielen. Die einzelnen Formen der Selbstverletzung sind klar von Suizidversuchen zu unterscheiden. Der Suizidversuch zeichnet sich aus durch die gezielte Absicht, dem eigenen Leben ein Ende zu setzen, während die Selbstverletzung der Spannungsminderung und Selbstregulation dient. Die intensive Anspannung führt zu einer stress-abhängigen Reaktion, die wiederum eine verzerrte oder gar aufgelöste Wahrnehmung des eigenen Körpers nach sich ziehen kann. (Dissoziation)4 bezeichnet. Der Körper empfindet keine Schmerzen mehr, manche Betroffene sehen sich wie im Nebel, Geräusche klingen gedämpft und teilweise berichten die Betroffenen, dass sie nicht mehr in der Lage sind, sich zu bewegen oder zu sprechen. Auch optische oder akustische Halluzinationen können sich einstellen. Den Borderline-Patienten selbst ist meistens bewusst, dass diese Stimmen oder Erscheinungen in der Realität nicht existent sind und sie vermeiden es regelmäßig, Außenstehenden von diesen so genannten „Pseudohalluzinationen“ zu erzählen. Zu den Spannungszuständen gesellen sich auch intensive aversive5 Emotionen wie Schuld, Scham, Ohnmacht und Selbstverachtung. Diese Gefühlswelt wirkt auf die zwischenmenschliche Interaktion und beeinträchtigt das Beziehungsleben. Große Schwankungen im Selbstwertgefühl erschweren Seite 3 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) eine zufriedenstellende Beziehung. Die Angst davor, verlassen zu werden, ist ein zentraler Aspekt der Erkrankung und kann ein existentielles Ausmaß annehmen. Oft quält die Betroffenen das Nebeneinander von Sehnsucht nach Geborgenheit und Zuwendung und stark ausgeprägter Angst vor eben dieser sozialen Nähe. Die ständig präsenten scheinbaren Unsicherheiten im zwischenmenschlichen Bereich führen wieder zu Spannungszuständen, was einem Teufelskreis entspricht, aus dem die Betroffenen kaum alleine ausbrechen können. Partnerschaftliche Beziehungen scheitern regelmäßig daran, dass der gesunde Partner mit den Gefühls-, Stimmungs- und Selbstwertschwankungen des Borderline-Patienten nicht zurechtkommt, zudem beeinflussen zwischenmenschliche Probleme am Arbeitsplatz die soziale Funktionsfähigkeit negativ. Diagnostik Bei der Borderline-Störung handelt es sich um ein recht komplexes Krankheitsbild, welches anhand verschiedener Verhaltensweisen und bezeichnender Persönlichkeitszüge diagnostiziert werden kann. Die Diagnose wird dann gestellt, wenn ein stark impulsives Verhalten und ein tiefgreifendes Muster von Instabilität in den Affekten, im Selbstbild und in den zwischenmenschlichen Beziehungen vorliegen. Zumeist zeigen sich die Verhaltensweisen über einen längeren Zeitraum; oft zeichneten sie sich schon in der Pubertät ab. Zusätzlich bedarf es mindestens fünf der folgenden Kriterien, damit eine Borderline-Störung vorliegt (nach DSM-IV): Verzweifeltes Bemühen, reales oder imaginäres Alleinsein zu verhindern. Ein Muster von instabilen und intensiven zwischenmenschlichen Beziehungen. Identitätsstörungen: Eine ausgeprägte Instabilität des Selbstbildes oder des Gefühls für sich selbst. Impulsivität in mindestens zwei potentiell selbstbeschädigenden Bereichen (z.B. Geldausgeben, Sex, Substanzmissbrauch, rücksichtsloses Fahren, Fressanfälle). Wiederkehrende Suiziddrohungen, -andeutungen oder –versuche oder selbstschädigendes Verhalten. Affektive Instabilität, die durch eine ausgeprägte Orientierung an der aktuellen Stimmung gekennzeichnet ist (z.B. starke episodische Niedergeschlagenheit, Reizbarkeit oder Angst). Chronisches Gefühl der Leere. Seite 4 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) Unangemessen starke Wut oder Schwierigkeiten, Wut oder Ärger zu kontrollieren (z.B. häufige Wutausbrüche, andauernder Ärger, wiederholte Prügeleien). Vorübergehende stressabhängige paranoide Vorstellungen oder schwere dissoziative Symptome. Nicht alle Betroffenen fügen sich selbst Verletzungen zu und auch nicht alle sind suchtkrank. Oft tritt die Borderline-Störung zusammen mit anderen Krankheiten und Störungsbildern auf. Die Zusammensetzung der Kriterien und die Schwere im individuellen Fall bestimmt dann die weiteren Schritte und die Art der Therapie. Begleiterkrankungen und Störungen Kaum eine Borderline-Störung tritt einzeln auf, oft wird sie von Depressionen und/oder Angststörungen (v.a. posttraumatische Belastungsstörungen) begleitet. Schlaf- und/oder Ess- und Trinkstörungen (Ess- und Brechattacken sowie Magersucht) sind ebenfalls möglich. Borderline-Persönlichkeiten sind häufig abhängig von Alkohol und Drogen, oder leiden unter Zwangshandlungen, wie etwa zwanghaftem Duschen. In den meisten Fällen treten zusätzlich auch andere Persönlichkeitsstörungen auf. Behandlungsmöglichkeiten Wichtigste Komponente der Behandlung einer Borderline-Störung ist die Psychotherapie. Zusätzlich finden auch bestimmte Medikamente Anwendung. Um eine erfolgreiche Therapie zu ermöglichen, sind zunächst alle Aspekte und Ausprägungen der Erkrankung bei dem Patienten zu erfassten. Die Aspekte, die einer Behandlung bedürfen, werden der Wichtigkeit nach geordnet. Vorrang haben grundsätzlich Suizidgedanken oder -versuche, sowie Gedanken oder Verhaltensmuster, die den Fortgang der Therapie gefährden könnten. Die weitere Anordnung der Punkte ergibt sich aus der individuellen Situation des Patienten. Grundsätzlich treffen Patient und Therapeut gemeinsam bestimmte Therapievereinbarungen. Dazu gehören etwa klare Regeln, die festlegen, wie mit Selbstmordabsichten oder Suizidversuchen, aber auch mit anderen Krisen umgegangen wird. Therapiebausteine Verschiedene Therapiemethoden können kombiniert werden, also Einheiten Seite 5 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) in Einzeltherapie und Gruppentherapie, z.T. auch medikamentöse Therapie und Möglichkeiten der Krisenintervention in Form von telefonischer Beratung. Die verschiedenen Therapieformen haben eine verschiedene Dauer. Ganz abhängig von Art und Schwere der Störung und nach Wahl der Therapiemethode dauert eine Behandlung zwischen mindestens einem und etwa drei Jahren. Normalerweise wird aber bereits zu Beginn der Behandlung ein Zeitplan aufgestellt. Es existieren verschiedene Therapieformen, die auf unterschiedliche Schwerpunkte der Erkrankung abzielen. Dialektisch behaviorale Therapie (DBT) Die DBT integriert Methoden aus verschiedenen Bereichen, wie der Verhaltenstherapie, der kognitiven Therapie, der Gestalt- und Hypnotherapie und aus dem Zen. Es gibt bei dieser Behandlungsform Einzel- und Gruppentherapie sowie Supervision. Je nach Art des Verhaltens oder des Problems wird die adäquate Methode ausgewählt. In drei Therapiephasen werden unterschiedliche Behandlungsziele verfolgt: In der ersten Therapiephase stehen schwerwiegende Störungen der Verhaltenskontrolle im Vordergrund. Hier werden je nach Bedarf auch Fertigkeiten trainiert, die eine Problemlösung für den Patienten ermöglichen, z.B. Fertigkeiten zur Stresstoleranz, zur Gefühlskontrolle, zwischenmenschliche Fertigkeiten, Selbstwertsteigerung und Körperwahrnehmung. In der zweiten Therapiephase werden schwerwiegende Störungen des emotionalen Erlebens bearbeitet und in der dritten Therapiephase Probleme der Lebensführung behandelt. Schematherapie / schemfokussierte Therapie (SFT) Die SFT geht von der Annahme aus, dass auf Grund ungünstiger Kindheitserlebnisse früh entstandene Schemata die Hauptursache für die Entwicklung von Persönlichkeitsstörungen darstellen. Diese Schemata liegen auf einer tiefen, dem Bewusstsein schwer zugänglichen Ebene und sind stark mit negativen Gefühlen verbunden. Man vermutet, dass Borderline-Patienten zwischen fünf unterschiedlichen Schemata wechseln. Das Ziel der Behandlung ist, dass die unbewussten Schemata geändert werden und der Patient wie ein „gesunder“ Erwachsener agieren kann. Mindfulness Based Therapy (MBT) Die MBT basiert, auf der Annahme, dass das Hauptproblem in einer mangelhaften Ausprägung der Subjekt-Objekt-Differenzierung liegt. Die Fähigkeit, eigenes Erleben in einen verstehenden Zusammenhang zu stellen ist gestört. Ebenso mangelt es an der Fähigkeit, innere Vorgänge bei anderen Menschen zu erkennen und zu verstehen. Seite 6 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) Daher zielt die MBT auf eine Verbesserung dieser Fähigkeiten. Dadurch kann die Affekt- und Impulskontrolle gesteigert werden, was sich automatisch positiv auf das Beziehungsleben auswirkt. Transference Focussed Therapy (TFP; übertragungsfokussierte Psychotherapie) Die TFP basiert wie die MBT auf der Annahme, dass das Hauptproblem in einer mangelhaften Ausprägung der Subjekt-Objekt-Differenzierung liegt. Der Begriff „Objekt“ bezieht sich hierbei auf den Partner, der auf die Äußerungen und Handlungen des „Subjekts“ (den BorderlinePatienten) eingeht und reagiert.In der Therapie wird versucht, eine gestörte Objektbeziehung, die oft in der Kindheit entstanden ist (Beziehung zu Eltern, Pflegeeltern, usw.), auf den Therapeuten zu übertragen und dadurch aufzuarbeiten. Medikamentöse Therapie Es existieren keine Medikamente, die eine Borderline-Störung alleine heilen können. In den letzten Jahren wurde aber festgestellt, dass es durchaus Medikamente gibt, welche stabilisierend und unterstützend eingesetzt werden können. Dazu gehören Stimmungsstabilisierer, bestimmte Antipsychotika und – im Zusammenhang mit zusätzlichen Angststörungen oder Depressionen – so genannte SSRIs (SelektiveSerotonin-Aufnahme-Hemmer). Prognose und Verlauf Zwar kann die Borderline-Störung im akuten Zustand auch lebensbedrohlich sein kann und sowohl die Betroffenen wie auch das Umfeld in starke Mitleidenschaft ziehen, doch ist die Prognose auf lange Sicht hin eher günstig. Neuere Studien zeigen, dass nach sechs Jahren etwa 50% und nach 10 Jahren etwa 90% der Betroffenen die notwendigen Kriterien nicht mehr erfüllen. Jedoch bestanden Einschränkungen im privaten und beruflichen Kontext auch nach 10 Jahren noch fort. Voraussetzung für eine gute Prognose ist die frühzeitige Erkennung und fachkundige Behandlung der Störung. Zudem ist es wichtig, dass eine Therapie nicht abgebrochen wird. Quellen Berger M. (Hrsg.). (2012). Psychische Erkrankungen: Klinik und Therapie. München, Jena: Urban & Fischer. Dulz B, Herpertz S, Kernberg O & Sachsse U.(Hrsgs.) (2011). Handbuch der Borderline-Störungen. Stuttgart: Schattauer. Hohagen F und Nesseler T (Hrsg.). (2006). Wenn Geist und Seele streiken. Handbuch Psychische Gesundheit. München: Südwest Verlag Seite 7 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) Zum serotonergen System [5] Mehr zur PBS [6] 1. Unter dem serotonergen Syndrom versteht man eine Kombination von verschiedenen vegetativen und neurologischen Symptomen, die durch einen erhöhten Serotoninspiegel hervorgerufen werden. Das serotonerge System spielt eine zentrale Rolle in der Regulation von kognitiven, emotionalen und neuroendokrinen Prozessen und ist somit an Das serotonerge System spielt eine zentrale Rolle in der Regulation von kognitiven, emotionalen und neuroendokrinen Prozessen und ist somit an einer Vielfalt von verhaltensrelevanten Funktionen beteiligt 2. Physiologisches Funktionssystem, das Acetylcholin als Überträger verwendet. Umfassend die vegetativen Nervenfasern, an deren Endigungen (evtl. auch in deren Verlauf) Acetylcholin gebildet u. von innen als Überträgerstoff (Transmitter) freigesetzt wird (v.a. alle präu. postganglionären Fasern des Parasympathikus u. die präganglionären u. einige postganglionäre [Innervation von Schweißdrüsen u. Uterus] Fasern des Sympathikus), ferner die motorischen Vorderhornzellen nebst Fortsätzen (s.a. Renshaw-Zelle, motor. Endplatte). 3. Der Hypothalamus aktiviert einerseits den Sympathikus, andererseits ist er Ausgangspunkt einer Kaskade von Hormonen, die die Stress-Reaktion verstärken und erweitern: Die vom Hypothalamus ausgeschütteten Hormone werden als releasing hormons (Liberine) bezeichnet, da sie in der nachgeschalteten Hypophyse die Freisetzung entsprechender Hormone, der Tropine, bewirken. Diese Hormone wirken wieder auf weitere Hormondrüsen, die auch wieder Hormone ausschütten, die dann auf ihre Zielorgane einwirken und gleichzeitig Hypophyse und Hypothalamus hemmen. Auf diese Weise ist gewährleistet, dass eine Stress-Reaktion bei fehlenden Stressoren auch wieder abgeschaltet werden kann. 4. Der Begriff Dissoziation beschreibt in der Psychologie die Trennung von Wahrnehmungs- und Gedächtnisinhalten, welche normalerweise assoziiert sind. Dadurch kann die integrative Funktion des Bewusstseins, des Gedächtnisses, der Wahrnehmung und der Identität beeinträchtigt werden. Bei einem Traumaopfer wechselt etwa die Erinnerungsfähigkeit an das traumatische Erlebnis ungewöhnlich stark. Oder ein Mensch hat noch während eines traumatischen Ereignisses das Gefühl, sich in je eine „agierende“ und eine „beobachtende“ Person zu spalten. Der Mechanismus ist auch im gewöhnlichen Alltag präsent. So etwa beim Computerspieler, der während des Spiels so tief versunken ist, dass er zeitweilig das Gefühl Seite 8 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) für die verstrichene Zeit verliert 5. Widerwillen hervorrufend Die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) Zum Verfassen von Kommentaren bitte Anmelden [7] oder Registrieren [8]. Die Posttraumatische Belastungsstörung Was ist eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)? Die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) ist eine zeitlich verzögerte psychische Reaktion auf ein besonders stark belastendes Ereignis, eine Situation außergewöhnlicher Bedrohung oder einen als katastrophal empfundenenen Zustand . Die schrecklichen Erlebnisse (Traumata) können dabei von längerer oder kürzerer Dauer sein. So etwa bei schweren Unfällen, Gewaltverbrechen, Naturkatastrophen oder Kriegshandlunge. Die Betroffenen erleben in dieser Situation Gefühle wie Angst und Schutzlosigkeit erleben und empfinden Hilflosigkeit und Kontrollverlust weil es ihnen an subjektiven Bewältigungsmöglichkeiten mangelt. Die PTBS hat als typisches Charakteristikum die sogenannten Symptome des Wiedererlebens. Der Betroffene hat tagsüber Erinnerungen an das Trauma, Tagträume oder Flashbacks, nachts leiden sie an Angstträumen.Dazu kommen oft die sogenannten Vermeidungssymptome. Diese äußern sich in emotionaler Stumpfheit, Gleichgültigkeit und Teilnahmslosigkeit der Umgebung und anderen Menschen gegenüber, in der aktiven Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, Erinnerungen an das Trauma aktivieren könnten. Teilweise vergessen die Betroffenen wichtige Aspekte des traumatischen Erlebnisses, an das sie sich nicht mehr (vollständig) erinnern können. Oft leidet der Betroffene auch an einer vegetativen Übererregtheit. Diese äußert sich in Schlafstörungen, Reizbarkeit, Konzentrationsschwierigkeiten, erhöhter Wachsamkeit oder ausgeprägter Schreckhaftigkeit. Die Störung stellt eine mögliche Reaktion auf ein traumatisches Ereignis dar. Die auslösenden Erlebnisse können eigentlich jeden Menschen tief Seite 9 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) verzweifeln lassen. Darin unterscheidet sich die PTBS von der Anpassungsstörung, die durch Belastungsfaktoren jeglichen Schweregrades ausgelöst werden kann. Auch eine sekundäre Belastung, die durch traumatische Ereignisse verursacht wurde, die andere (z.B. nahe Angehörige) durchlebt haben, kann Symptome einer Posttraumatischen Belastungsstörung hervorrufen.. Die neurobiologischen Prozesse, die bei einer PTBS im Gehirn ablaufen, sind noch nicht verstanden worden . Jeder zweite Mensch erlebt im Laufe seines Lebens mindestens einmal ein traumatischen Ereignis. Ganz abhängig von der Art des traumatischen Erlebnisses ist die Wahrscheinlichkeit gegeben, an einer PTBS zu erkranken. Sind Menschen die Ursache der jeweiligen Traumatisierung, dann ist das Risiko besonders hoch: So erkrankt jeder dritte Betroffene nach einer Vergewaltigung, anderen Gewaltverbrechen oder einem Kriegstrauma. Deutlich niedriger ist die Wahrscheinlichkeit bei Naturkatastrophen, Bränden, Chemie- oder Verkehrsunfällen oder akuten körperlichen Erkrankungen wie etwa Herzinfarkt oder Krebserkrankung. Beziehen wir alle bekannten TraumaArten ein, dann erkrankt jeder zehnte von einem Trauma Betroffene an einer PTBS. Die Lebenszeitprävalenz einer PTBS, also die Wahrscheinlichkeit, im Laufe des Lebens eine Posttraumatische Belastungsstörung zu entwickeln, liegt weltweit bei etwa 8%. Die Posttraumatische Belastungsstörung wird auch Posttraumatisches Belastungssyndrom, Posttraumatisches Stresssyndrom oder das englische Posttraumatic Stress Disorder (PTSD) genannt. Die psychische Erkrankung wird in der internationalen Klassifikation ICD-10 den Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen zugeordnet. Risikofaktoren Bestimmte genetische Faktoren erhöhen die Wahrscheinlichkeit, an PTBS zu erkranken. Des weiteren beeinflussen Umweltfaktoren und Lernerfahrungen das Risiko. Als Faktoren, die die Entwicklung einer Posttraumatischen Belastungsstörung fördern, gelten: Mangelnde soziale Unterstützung durch Familie, Freunde oder Kollegen nach einem traumatischen Erlebnis Jugendliches oder hohes Lebensalter, weibliches Geschlecht Psychische Erkrankungen oder Traumata in der eigenen Seite 10 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) Vorgeschichte Psychische Erkrankungen oder Traumata in der Familie Lange Dauer und Schweregrad des Traumas Niedriger sozio-ökonomischer Status Symptome und Störungsbild Die Posttraumatische Belastungsstörung sich gleich nach einem Trauma oder zeitlich verzögert einstellen. Bei manchen Menschen treten die Symptome erst Jahrzehnte danach auf. Typische Symptome bei einer Posttraumatischen Belastungsstörung sind: Symptome des Wiedererlebens: sich aufdrängende, belastende Erinnerungen an das Trauma, Flashbacks, Alpträume Vermeidungssymptome: emotionale Stumpfheit, Gleichgültigkeit und Teilnahmslosigkeit der Umgebung und anderen Menschen gegenüber, aktive Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen könnten. Manchmal können wichtige Aspekte des traumatischen Erlebnisses nicht mehr (vollständig) erinnert werden Vegetative Übererregtheit: Schlafstörungen, Reizbarkeit, Konzentrationsschwierigkeiten, erhöhte Wachsamkeit, übermäßige Schreckhaftigkeit Die meisten Betroffenen erleben eine hochgradige Erschütterung ihres Selbst- und Weltbildes. Ihr Vertrauen in andere Menschen ist nachhaltig gestört. Die meisten Betroffenen leiden zusätzlich unter schweren Schuldoder Schamgefühlen oder unter Selbsthass. In wichtigen Lebensbereichen ist ihre Leistungsfähigkeit stark eingeschränkt und die Bewältigung des Alltags wird oft zur Qual. Eine PTBS kann den Verlauf körperlicher Erkrankungen negativ beeinflussen. Es besteht eine große Wahrscheinlichkeit, einer Sucht zu verfallen, einer Depression (Major Depression) zu erliegen oder anderweitig psychisch zu erkranken. Diagnose Wenn die Symptome länger als vier Wochen anhalten und die Leistungsfähigkeit in wichtigen Lebensbereichen eingeschränkt ist, dann stellt der Therapeut die Diagnose Posttraumatische Belastungsstörung. Eine chronische PTBS zeichnet sich dadurch aus, dass die Symptome länger als Seite 11 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) drei Monate fortbestehen. In einem ausführlichen Gespräch werden die Krankengeschichte, das Beschwerdebild und eventuelle Risikofaktoren ermittelt. Diese werden in einen Zusammenhang gestellt zur der Gesamtsituation und der aktuellen Lebenssituation des Patienten. Dazu kommen standardisierte Fragebögen zum Einsatz, die als Grundlage eines strukturierten Interviews dienen und die Selbsteinschätzung des Betroffenen prüfen. Das Gespräch sollte in einer vertrauensvollen Atmosphäre stattfinden, um es dem Betroffene zu ermöglichen, sich zu öffnen und ein etwaiges Misstrauen dem Arzt gegenüber abzulegen. Die Hauptarbeit bei einer diagnostischen Untersuchung besteht im vorsichtigen Herausarbeiten des Traumas, das zu der Störung geführt hat und die Erarbeitung der subjektiven Bedeutung für den Betroffenen. Die einzelnen Symptome der PTBS werden systematisch abgefragt, um ihre Ausprägung abschätzen zu können. Da andere psychische Erkrankungen ebenfalls ihre Ursache in einer extremen Belastungssituation haben können, werden diese mittels Differentialdiagnose ausgeschlossen. Therapie Um von einer PTBS zu genesen, ist eine frühzeitige und umfassende Behandlung durch einen Psychiater notwendig. Die Behandlung kann in den meisten Fällen ambulant erfolgen. Ein Klinikaufenthalt ist angesagt, wenn der Patient zusätzlich zur PTBS etwa unter schweren depressiven Symptomen leidet, einer akute psychotischen Störung oder akute Suizidgefahr besteht. Für die Behandlung kommt in erster Linie eine traumafokussierende Psychotherapie zur Anwendung. Falls erforderlich, kommen zusätzlich Medikamnete zum Einsatz.. Ziel ist es, in einem Gesamtbehandlungsplan dem Betroffenen zu helfen, Kontrolle über seine ungewollt auftretenden Erinnerungen zu erlangen, Begleitsymptome wie Angst und Depressivität, Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme usw. abzubauen, den Betroffenen dabei zu unterstützen, das Trauma als Teil der Lebensgeschichte zu integrieren und neuen Sinn im Leben zu finden, und sein psychosoziales Funktionsniveau zu verbessern und insbesondere die Arbeitsfähigkeit wiederherzustellen. Der erste Schritt besteht in der Regel in der ausführlichen Aufklärung des Betroffenen und wenn möglich auch seiner Familie oder anderer Seite 12 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) Bezugspersonen über die Erkrankung. Dabei wird auch ein geeignetes Therapiekonzept vorgeschlagen. Wenn der Betroffene ausreichend gefestigt ist, dann geht es darum, dass er sich schrittweise mit seinen traumatischen Erlebnissen und den damit verbundenen Erinnerungen auseinandersetzt. Zusammen mit dem Therapeuten bearbeitet er nun das traumatische Erlebnis und ordet er es in seiner Biographie ein, um endlich einen Schlusspunkt setzen zu können. Zusätzlich erlernt er Strategien, um eventuellen Rückfällen vorbeugen zu können. Als besonders wirksam gelten die folgenden Traumabearbeitungsverfahren: kognitive Verhaltenstherapie EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing) Prolonged Exposure Therapy (PE) Cognitive Processing Therapy (CPT) Narrative Exposure Therapy (NET) Brief Eclectic Psychotherapy for PTSD (BEPP) Die Prolonged Exposure Therapy (PE) setzt auf die sogenannte Exposition als Behandlungsart: Dabei versetzt sich der Patient in der Therapiestunde imaginativ in die traumatische Situation zurück und durchlebt das Trauma mit allen dazugehörenden unangenehmen Gefühlen noch einmal. Die ganze Sitzung wird auf Tonband aufgenommen. Der Patienten erhält dann die Aufgabe, sich jeden Tag daheim diese Aufzeichnung anzuhören. Die wiederholte Anwendung dieser Technik bewirkt, dass die anfänglich heftigen emotionalen Reaktionen abklingen und die PTBS-Symptome in den Hintergrund treten. Auch die Cognitive Processing Therapy (CPT) bedient sich der Exposition. Allerdings in Form einer schriftlichen Hausaufgabe. Die CPT hat zum Ziel, sogenannte dysfunktionale Kognitionen zu bearbeiten. Das sind so etwas wie Denkfehler. Methoden der kognitiven Umstrukturierung (z.B. sokratischer Dialog) kommen zum Einsatz. Das Verfahren dient der Modifikation dysfunktionaler Bewertungen kognitiv-affektiver Aspekte des Traumas, also etwa, um Schuld- oder Schamgefühle abzubauen. Während der EMDR-Therapie führt der Patient unter Anleitung des Therapeuten ruckartige horizontale Augenbewegungen durch, während er gleichzeitig die traumatische Erfahrung in Erinnerung ruft, ohne jedoch darüber zu sprechen. EMDR hat dieselbe Wirksamkeit wie andere kognitivverhaltensorientierte Ansätze. Bei EMDR ist jedoch bilsang nicht bekannt, welcher Wirkmechanismus zugrunde liegt. In der Narrative Exposure Therapy (NET) kommen sowohl Anteile der Seite 13 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) Testimony Therapy als auch klassische verhaltenstherapeutische Expositionsmethoden zum Einsatz. Anstatt ein einzelnes Erlebnis zu bearbeiten, erzählt der Patient seine ganze Lebensgeschichte. Dabei konzentriert man sich dann auf eine möglichst detaillierte Schilderung der durchlebten Traumata. Wenn nun unverarbeitete Traumata zu Tage treten, dann werden diese mit Hilfe einer Exposition in sensu bearbeitet. Das Vorgehen hat zum Ziel die Habituation an die Angstreaktionen, die Reduktion der PTSD-Symptomatik sowie die Einordnung der Traumata in eine detaillierte und konsistente Lebensgeschichte. Auch die Brief Eclectic Psychotherapy for PTSD (BEPP) ist ein multimodaler Therapieansatz. Zur Anwendung kommen besonders kognitivverhaltenstherapeutische und psychodynamische Elemente. Die 16 Therapiesitzungen gliedern sich in fünf zentrale Elemente: (1) Psychoedukation, (2) Exposition, (3) Schreibaufgaben und die Arbeit mit Erinnerungsstücken, (4) Bedeutungszuschreibung und Integration, und (5) ein Abschiedsritual. In bestimmten Situationen können die traumabearbeitenden Verfahren nur eingeschränkt eingesetzt werden. Wenn der Patient etwa von einer sehr schlechtem körperlichen oder psychischen Verfassung ist oder das Umfeld kaum Unterstützung leistet. Der Patient muss vor dem Beginn der Therapie eine minimale Stabilität aufweisen. Die Stabiolisierung bedarf dringend einer Lebenssituation, in der sich der Patient vor weiterer Traumatisierung sicher fühlt. Wenn weitere psychische Störungen im Vordergrund stehen, wie etwa eine schwere Depression oder eine Substanzabhängigkeit, dann bedarf es der entsprechenden Behandlung bevor die traumabearbeitende Therapie beginnt. Zum Teil sind Antidepressiva der neuen Generation - sogenannte selektive Serotonin- Wiederaufnahmehemmer (SSRI) - notwendig und hilfreich. Wegen der Gefahr einer Abhängigkeit sollten angstlösende (Anxiolytika) oder beruhigende (sedierende) Pharmaka (Hypnotika) nur für kurze Zeit zum Einsatz kommen. Unterstützende Behandlungsmöglichkeiten Oft kommen im Gesamtbehandlungsplan kreative Ansätze wie Musiktherapie oder Kunsttherapie, sowie Bewegungstherapie und andere Methoden zur Verbesserung von Körperhaltung und Bewegungsabläufen (Feldenkrais, Qi Gong, Ergotherapie) zur Anwendung. Entspannungstechniken (Yoga, autogenes Training) oder Biofeedbackverfahren ermöglichen es, die Symptome besser zu steuern. Seite 14 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) Bei Bedarf erhält der Betroffene im Rahmen der Therapie auch Unterstützung bei einer beruflichen bzw. sozialen Neuorientierung, Trauerverarbeitung oder Problemen in der Partnerschaft. Prognose Die meisten Posttraumatischen Belastungsstörungen haben gute Heilungschancen, wenn rechtzeitig eine geeignete Therapie eingeleitet wird. Jeder zweite Betroffene gesundet sogar ohne Behandlung (Spontanremission). Halten sich die Symptome allerdings hartnäckig über Jahre hinweg, dann verlaufen knapp 30% der Fälle chronisch. Eine Posttraumatische Belastungsstörung hat bei einer passenden Behandlung im Durchschnitt eine Dauer von 3 Jahren. Ohne Therapie verdoppelt sich die Dauer. Informationen für Angehörige Die Angehörigen sollten ihren Betroffenen nach einem traumatischen Erlebnis unbedingt auffangen. Das bedeutet unter anderem, aufmerksam zuzuhören und die Gefühle des anderen ernst zu nehmen. Spätestens dann, wenn Suizidgedanken aufkommen, ist umgehend ein Arzt einzuschalten. Es ist hilfreich, den Betroffenen darin zu bestärken, eine Therapie zu beginnen. Falls der Therapeut es sinnvoll findet, die Angehörigen mit in die Behandlung einzubeziehen, dann sollte man nicht zögern, sich darin einbinden zu lassen. Um besser helfen zu können und selbst gesund zu bleiben, sollten die Angehörigen Unterstützungsangebote wahrnehmen. Dazu kann eine Angehörigengruppe gehören. Links Deutschland Weisser Ring e.V., Hilfe für Opfer von Gewaltverbrechen [9] Das psychosoziale Netzwerk der Bundeswehr [10] Hilfsorganisation für Angehörige von Gewaltopfern [11] International International Society for Traumatic Stress Studes ISTSS [12] National Center for PTSD [13] Seite 15 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) Quellen Posttraumatische Belastungsstörung, Psychische Erkrankungen – Klinik und Therapie, Mathias Berger, Urban & Fischer, 4. Auflage 2012 S3-Leitlinie: Posttraumatische Belastungsstörung ICD10: F43.1, Nr. 051/010, Langfassung und Patientenversion unter http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/051-010.html [14] S2-Leitlinie: Diagnostik und Behandlung von akuten Folgen psychischer Traumatisierung, Nr. 051/027 Langfassung unter http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/051-027.html [15] Friedman MJ, Keane TM, Resick PA: Handbook of PTSD. Science and practice. New York, Guilford, 2007 Foa EB, Keane TM, Friedman MJ, Cohen JA: Effective treatments for PTSD. Practice guidelines from the international society for traumatic stress studies, ed 2. New York, Guilford, 2009 Die Posttraumatische Belastungsstörung [16] Die Angsterkrankung Zum Verfassen von Kommentaren bitte Anmelden [17] oder Registrieren [18]. Kein Mensch kann von sich behaupten, niemals Angst gehabt zu haben. Was ist jedoch Angst ? Der Angstzustand bewegt sich zwischen den Zuständen der Ängstlichkeit und der krankhaften (pathologischen) Angst. Ängstlichkeit ist ein Persönlichkeitsmerkmal, das den betroffenen Menschen in seinem Erleben und Verhalten prägt und sich normalerweise kaum ändert. Ängstliche Menschen leiden öfter und intensiver als Andere an alltäglichen Befürchtungen. Angst ist hingegen ein sehr unangenehmer Gemütszustand, der oft von körperlichen Erscheinungen begleitet wird. Gerade dadurch unterscheidet sie sich von der reinen Befürchtung, die uns untertags umtreibt. Angst entsteht dabei aus einem Gefühl der Bedrohung. Diese Bedrohung kann ganz konkret oder aber nicht nachweisbar sein. Genau so wenig wie jede kleine Stimmungsschwankung eine Depression ist, ist jede Befürchtung schon eine krankhafte Angst. Auch wenn dies oft verwechselt wird und deshalb viele Menschen fälschlicherweise die quälenden Störungen Angst und Depression mit alltäglichen Gefühlsreaktionen gleichsetzen. Deshalb wird eine reale, ernsthafte Erkrankung oft nicht schnell genug erkannt. Zudem ist die krankhafte Angst nicht nur eine äußerst lästige Angelegenheit, sondern beeinträchtigt und behindert den Betroffenen, demütigt und quält ihn. Seite 16 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) Nach Margraf wird Angst zur Krankheit, wenn sie unangemessen stark und anhaltend ist, ohne ausreichendem Grund auftritt, nicht mehr kontrolliert oder ausgehalten wird sowie Leid verursacht oder das Leben einschränkt. Schwerwiegende pathologische Angststörungen bedürfen stets dringend einer eingehenden ärztlichen Behandlung. Häufigkeit Psychische Krankheiten im Allgemeinen und Angst und Depression im Besonderen sind nicht so einfach zu fassen wie andere Leiden. Die Dunkelziffer liegt deshalb recht hoch. Dies liegt vor allem am mangelnden Kenntnisstand bezüglich des Beschwerdebildes und an einer hohen SchamSchwelle. Die in unserer Gesellschaft verankerte Scham vor einem psychischen Leiden ist ohnehin eines der größten Probleme, was Kenntnisstand und damit Diagnose und rechtzeitige Vorbeugung, ja sogar Therapie und Rehabilitation anbelangt. Absolute Gewissheit besteht jedoch darüber, dass die Angststörungen stark zugenommen haben und inzwischen zehn Prozent der Bevölkerung betreffen. Laut Schätzdaten oder Analogieschlüssen nähern sich die Zahlen der Angststörungen langsam den Zahlen der depressiven Zustände. Auch diese gehen einher mit volkswirtschaftlichen Einbußen, die in die Milliarden gehen. Generell sieht es ganz so aus, als ob die wirtschaftliche Zukunft der Industrienationen vor allem davon abhängt, ob man die "psychosoziale Gesundheit" der Bürger in den Griff bekommt oder durch entsprechende Soziallasten für die Behandlung der psychischen Krankheiten langsam erdrückt zu werden droht. Frauen sind in Bezug auf Angststörungen deutlich häufiger betroffen. Doch zieht das männliche Geschlecht gut nach. Dieses ist höchstwahrscheinlich ohnehin stärker beteiligt, auch wenn es bezüglich Gesundheit im Allgemeinen und seelische Störungen im Speziellen arglos bis risikoreich mit sich selbst umgeht. Krankhafte Ängste finden wir verstärkt sowohl unter den älteren, als auch den jungen Menschen. Die Betroffenheit in den sogenannten "besten Jahren" nahm die letzten Jahre auch stark zu. Verheiratete sind (wie in vielen anderen Fällen auch) weniger oft betroffen als die Alleinlebenden. Die Ledigen, Verwitweten oder Geschiedenen sind vergleichsweise schlechter gestellt. Angst und Zwangsstörungen Gerade im Bereich der Angst- und Zwangstörungen änderte sich die bislang vertretene Lehrmeinung in den letzten Jahren enorm. Angst ist nicht gleich Angst. Es ist wichtig, genau zu unterscheiden, um dann auch die richtige Behandlungsmethode anzuwenden. Die Angststörungen gliedern sich dabei drei Kategorien, nämlich in phobische Störungen, Panikstörungen und generalisierte Angststörungen. Die phobischen Störungen beinhalten Ängste, die sich gezielt auf Dinge oder Situationen richten (Furcht). Am bekanntesten ist hier wohl die Platzangst. Seite 17 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) Gemeint ist dabei die Angst vor offenen Plätzen, die Angst, das eigene Haus zu verlassen, Geschäfte zu betreten, sich in eine Menschenmenge oder auf öffentliche Plätze zu begeben oder allein in Zügen, Bussen oder Flugzeugen zu reisen. Während einer solchen Krise gibt der Betroffene dann sofort dem Drang nach, sich umgehend einen möglichen Fluchtweg zu suchen. Auch die allerorts bekannte Angst vor Spinnen oder aber vor Mäusen sind phobische Störungen. Von Panikstörungen sprechen wir, wenn wiederholt schwere impulsive Angstoder Panikzustände aufkommen. Diese lassen sich nicht auf spezielle Situationen beschränken und sind deshalb nicht vorhersehbar. Symptome können auf vielerlei Art und Weise auftreten. Typischerweise werden die Panikattacken genauso wie bei Platzangst (Agoraphobie) begleitet von plötzlichem Herzklopfen, Brustschmerzen, Erstickungsgefühl, Schwindel und dem Gefühl der Entfremdung. Oft ist da auch die unmittelbare Angst, sofort zu sterben, die Kontrolle zu verlieren oder psychotisch zu werden. Die Dauer der Anfälle variiert und geht meist nur über wenige Minuten, teilweise auch etwas länger. Weil die Situationen urplötzlich und unberechenbar entstehen, befällt den Betroffenen oft eine Angst vor der Angst (Erwartungsangst). Auch die generalisierten Angststörungen lassen sich nicht auf bestimmte Situationen beschränken. Es kommt etwa zu Nervosität, Zittern, Muskelspannung, Schwitzen, Benommenheit, Herzklopfen, Schwindelgefühle oder Oberbauchbeschwerden, welche lange anhalten. Soll der Betroffene nun seine Ängste konkretisieren, dann kreisen seine Ausführungen oft um nächste Angehörige, denen etwas zustoßen könnte, oder aber er artikuliert andere dunkle Vorahnungen. Teilweise gehen die generalisierten Angststörungen einher mit weiteren Symptomen (Komorbiditäten), wie etwa Zwangssymptomen oder aber depressiven Verstimmungszuständen. Die Kombination von Angst und Zwangssymptomen wird erst seit einigen Jahren wissenschaftlich genauer beleuchtet. Vorher anscheinend gar nicht existierend avancierte die Krankheit zeitweise zur Modekrankheit, was ihr leider ein schlechtes Image einbrachte. Therapeutische Möglichkeiten Angsstörungen sind inzwischen bezüglich Symptomatik (Beschwerdebild), Ätiologie (Ursache), Pathogenese (Krankheitsverlauf) und psychosozialen Folgen gut untersucht worden. Inzwischen gibt es eine ganze Reihe an konkreten Therapiemöglichkeiten, wie man sich das vor einigen Jahren noch nicht vorzustellen vermochte: Das heutige Angebot reicht von der bislang oft vernachlässigten und für Therapie und Vorbeugung unersetzlichen Aufklärung über Selbsthilfegruppen einschließlich allgemeinverständlicher Schriften bis hin zu den für Angststörungen anerkannten Psychotherapieverfahren (zumeist verhaltenstherapeutische, aber auch tiefenpsychologisch fundierte sowie Gesprächspsychotherapie, ferner Entspannungsverfahren u. a.) sowie soziotherapeutischen Korrekturen und Unterstützungshilfen bezüglich Seite 18 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) Partnerschaft, Familie, Freundeskreis, Nachbarschaft, Beruf usw. Atemberaubend war die Entwicklung in der modernen Pharmakotherapie : Sie produziert inzwischen früher vernachlässigte und oft abgelehnte Angebote. Die Benzodiazepin-Tranquilizer (Beruhigungsmittel) machen inzwischen den geringsten Teil aus. Interessant sind dabei neben den Nicht-BenzodiazepinAnxiolytika (angstlösenden Arzneimitteln, die nicht zu den herkömmlichen Beruhigungsmitteln gehören), den hoch- und niederpotenten Neuroleptika (antipsychotisch wirkende Psychopharmaka) und den psychotropen Phytopharmaka (Pflanzenheilmittel mit Wirkung auf das Seelenleben), wie etwa Kava-Kava/Kavain vor allem die Antidepressiva. Die antidepressiven Psychopharmaka waren ursprünglich den Depressionen vorbehalten und nehmen inzwischen den ersten Platz ein, was die erfolgreiche Behandlung von Angststörungen angeht. Verwendung finden dabei eine breite Palette : Die so genannten tri- und tetrazyklischen Antidepressiva (die älteste Generation) über die modernen SerotoninWiederaufnahme-Hemmer bis zum MAO-A-Hemmer und einigen neuen antidepressiven Substanzen. Die Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer werden dabei als erfolgreichste angstlösende Arzneimittel angesehen. Die Erfolge sind ermutigend. Vor allem wenn man sich eines GesamtBehandlungsplanes bedient, der sich auf Psychotherapie, soziotherapeutische Korrekturen und Unterstützungsmaßnahmen sowie gezielte Pharmakotherapie stützt. Vorsicht ist jedoch geboten vor zu simplen Erklärungsansätzen wie etwa im Buch "Befreite Gefühle" von Colette Dowling. Dowling erweckt dabei den Eindruck, depressive Störungen, Zwangsstörungen, Angststörungen und viele andere psychische Erkrankungen, wie etwa Essstörungen, ließen sich auf ein und dieselbe Transmitterstörung im Gehirn reduzieren. Deshalb sei der ganze Reigen der Beschwerden mit ein und demselben Medikament, nämlich einem neu zu entwickelnden Antidepressivum, behandelbar. Solche Erklärungsansätze werfen uns zurück in die Steinzeit der Psychiatrie, als es noch unmöglich war, einzelne Krankheitsbilder zu unterscheiden. Richtig ist jedoch an Dowlings Ansatz, dass bestimmte Zwangssymptome mit speziellen Antidepressiva relativ erfolgreich therapierbar waren und sich manche Formen von Angststörungen mit Antidepressiva eingrenzen ließen. Schluss Unverzichtbare Grundlage für Diagnose und Therapie ist es, zu erkennen, dass man unter einer Angststörung leidet, sich diese einzugestehen, und sich auch in dieser Sache an einen Arzt zu wenden. Quellen Frau Dr. A. Schaefer, PIA der psychiatrischen Klinik zu Altenburg http://www.psychiatrie.de/fakten/ [19] Seite 19 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) http://www.psychiatrie.de/diagnosen/ [20] http://www.psychosoziale-gesundheit.net/psychiatrie/angst.html [21] Margraf, J. (Hrsg.): Lehrbuch der Verhaltenstherapie, 2000 Die Demenzerkrankung Zum Verfassen von Kommentaren bitte Anmelden [22] oder Registrieren [23]. Demenz Unter dem Oberbegriff Demenz (lateinisch für dementia = ohne Verstand) versammeln (subsummieren) sich verschiedene Erkrankungen, die alle eine Minderung der geistigen Leistungsfähigkeit zeitigen. Die Fähigkeit, Neues aufzunehmen, zu sprechen und wieder zu erinnern, also zu lernen, vermindert sich. Folge ist eine zunehmende Einschränkung der selbständigen Bewältigung der Aktivitäten des täglichen Lebens (ADL's). Es häufen sich die Probleme damit, neue gedankliche Inhalte aufzunehmen und diese dann im Anschluss wiederzugeben. Vergesslichkeit alleine ist jedoch noch lange keine Demenz. Die Orientierung (Einordnung, wo der Betroffene sich gerade aufhält und was um ihn herum gerade geschieht) und die Urteilsfähigkeit nehmen zunächst ab. Danach kommt es zu Schwierigkeiten in Bezug auf Sprech- und Rechenvermögen und die Persönlichkeit verändert sich. Die Ausführung von alltäglichen Angelegenheiten wie Waschen, Kochen oder Einkaufen misslingen zusehends bis sie schließlich ganz zum Erliegen kommen. Für die Betroffenen geht der Kontakt und das Verständnis für ihre Umwelt verloren (Verfremdung). Dies löst Verunsicherung, Angst, zum Teil auch Aggressivität aber auch Enthemmung, Depressivität sowie Sprunghaftigkeit der Gestimmtheit aus. Dies gestaltet den Umgang seitens der Angehörigen oder des Pflegepersonals recht schwierig. Das Risiko, einer Demenz zu erliegen, wächst im Alter stark. Nur zwei Prozent der Menschen im Alter von 65 und 69 Jahren sind an Demenz erkrankt. Demgegenüber sind unter den 80 bis 84-Jährigen zehn bis siebzehn Prozent betroffen und jeder Dritte der Menschen über 90. In Deutschland finden sich etwa eine Million demenzkranke Menschen. Jährlich kommt eine Viertelmillion Menschen hinzu, so dass sich die Zahl der Demenzkranken bis 2050 schätzungsweise verdoppeln wird. Die Demenz ist heute schon der häufigste Grund dafür, einen Betroffenen im Pflegeheim unterzubringen. Zu 90 Prozent werden Demenzkranke gepflegt von den eigenen Angehörigen. Zu 80 Prozent von Frauen. Seite 20 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) Die häufigste Demenzform ist die Alzheimer-Demenz gefolgt von der sogenannten vaskulären Demenz (diese wird durch Durchblutungsstörungen im Gehirn ausgelöst) beziehungsweise einem Gemisch aus beiden Erkrankungen. Seltenere Formen sind die Fronto-Kortikalen (die Hirnrinde betreffenden) Demenzen. Die Pflegereform Das Pflegeleistungs-Ergänzungsgesetz von 2001 verschafft erstmals demenzkranken Menschen, aber auch geistig behinderten und psychisch kranken Pflegebedürftigen mit erheblichem allgemeinem Betreuungsbedarf zusätzliche Leistungen und verbesserte Versorgungsangebote im Rahmen der häuslichen Versorgung. Die so vergebenen Leistungen bewährten sich derart, dass sie 2008 im Pflegeweiterentwicklungsgesetz einflossen. Deutliche Leistungsverbesserungen für die Menschen mit Demenz, mit geistigen Behinderungen oder psychischen Erkrankungen und einer erheblich eingeschränkten Alltagskompetenz, bei denen ein erheblicher Bedarf an allgemeiner Beaufsichtigung und Betreuung gegeben ist, sind das Ergebnis der neuen Reform. Es geht darin in der Hauptsache darum, die Angehörigen zu entlasten, die ansonsten 24 Stunden am Tag in die Pflicht genommen werden, weil sie die kognitiv erkrankten Pflegebedürftigen nicht für sich allein lassen können. Aus dem Leistungsangebot der Pflegeversicherung können Betroffene zusätzliche Betreuung und allgemeine Beaufsichtigung auf zwei Arten in Anspruch nehmen – nämlich entweder durch ehrenamtlich tätige Helfer oder durch zugelassene Pflegedienste. Umgang mit an Demenz erkrankten Menschen Am wichtigsten ist wohl die Geduld. Ungeduld erzeugt nämlich im Betroffenen das Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben. Daraus resultiert dann Unzufriedenheit, Traurigkeit und Unwohlsein. Zudem ist der Betroffene wegen der Störungen des Gedächtnisses nicht mehr lernfähig. Das meiste von dem, was man ihnen mitteilt, ist schon nach wenigen Minuten wieder vergessen. Man kann also mit ihnen nichts mehr zuverlässig vereinbaren. Dennoch kann man ihnen mit viel Geduld noch etwas beibringen. Führt man den Betroffenen nämlich immer wieder an seinen Platz und erklärt man ihm, dies sei sein Platz, dann besteht die große Chance, dass er sich dies auch verinnerlicht und selbständig seinen Platz aufsucht. Würde man ihn dann fragen, wo sein Platz sei, dann würde er wohl nur ausweichend darauf antworten. Auf Fragen sollte man also verzichten. Beim Umgang mit Demenzkranken, sollte man das Demenz-Paradoxon nicht vergessen : Damit ist gemeint, dass der Betroffene krankheitsbedingt nichtmehr dazu in der Lage ist, den Verlust seiner kognitiven Leistungen auch wahrzunehmen und sich mit den Konsequenzen zu beschäftigen. Bei der Verständigung mit einem Demenzkranken sollte man auf einfache Sprache zurückgreifen. Damit trägt man zugleich der Altersschwerhörigkeit Seite 21 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) Rechnung als auch der Tatsache, dass der Betroffene lange Sätze oft gar nicht mehr verstehen kann. Auch wenn er eindeutig im Unrecht ist, sollte man sich auf kein Streitgespräch mit dem Betroffenen einlassen. Zwar kann er sich wohl bald an das Gespräch nicht mehr erinnern, doch bleiben dann eine Verwirrtheitund Unzufriedenheit zurück. Demenzkranke empfinden Streit als bedrohlich, weil sie verlernt haben, zu wissen, dass der Streit wieder vergeht. Die Betroffenen leben nämlich fast nur in der Vergangenheit. Die Zukunft hat für sie keinerlei Bedeutung. Ist keine sprachliche Verständigung mehr möglich, dann ist es umso wichtiger, die übrigen Sinne (Schmecken, Riechen, Hören, Tasten, Bewegung) anzuregen. Die Reize sollten dabei einzeln angeboten werden. Ein Überangebot führt eher zur Verwirrtheit, da dann die verschiedenen Verursacher nicht mehr getrennt und zugeordnet werden können. Erleben demenzkranker Menschen Es fällt umso leichter, mit einem Erkrankten zu kommunizieren, wenn man sich in dessen Gefühlswelt hineinversetzt. Die Welt eines Demenzkranken ist sehr unverständlich strukturiert, weil er die Orientierung verliert. So fällt es ihm schwer, Gegenstände, Situationen oder Personen in einen größeren Zusammenhang (Kontext) einzubauen. Erinnerungsstörungen verwehren den Zugriff auf gespeichertes Wissen (semantisches Gedächtnis) und Erlebnisse (episodisches Gedächtnis). Somit ist es dem Betroffenen unmöglich, sich in der aktuellen Situation zurechtzufinden. Ist der Kranke noch fähig dazu, sein Verhalten als unangemessen einzuordnen, so kann dies zu Unruhe und Resignation führen. Da sie die Entscheidungen der Pflegenden nicht mehr nachvollziehen können, fühlen sich Demenzkranke oft falsch verstanden und bevormundet. Sie sind jedoch oft dazu in der Lage, konkret ihre Wünsche zu äußern. Manche unter ihnen spüren noch, wenn sie Andere langweilen oder durch ihr Verhalten peinlich berühren. Diese Fähigkeit zum emotionalen Kontakt schwindet jedoch im Lauf der Zeit, was für die Pflegenden eine große Belastung darstellt. Wenn der Demenzkranke mit seinen Schwächen konfrontiert wird, kann er recht verärgert reagieren, weil er für Dinge verantwortlich gemacht wird, die er inzwischen längst vergessen hat. Auch die Betroffenen haben Gefühle. Wenn sie ihren geistigen Verfall erkennen, dann kann es zu starken Depressionen kommen. Depressionen und Demenz ähneln sich sehr stark in ihrer Symptomatik und können deshalb leicht verwechselt werden. Mit dem Fortschreiten der Krankheit verflacht das Gefühlsleben und ergreift Interessenlosigkeit und die Unfähigkeit, sich zu freuen oder zu trauern Besitz vom Betroffenen. Zum Verhältnis zu den Pflegenden Neun von zehn Betroffenen werden gepflegt von ihren nächsten Angehörigen, je acht davon von Frauen. Oftmals versiegen deren soziale Seite 22 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) Kontakte und sie leben nur noch für den Dementen, mit dem jedoch so gut wie keine Kommunikation mehr möglich ist. Ihre regelmäßig gegen den Betroffenen gerichteten aggressiven Gefühle produzieren immense Schuldgefühle in ihnen. Dazu kommt noch die große Angst, selbst einmal dement zu werden. Oft führt dies alles direkt in eine depressive Entwicklung oder zu psychosomatischen Beschwerden wie zum Beispiel chronischen Schmerzerkrankungen. Die psychische Erkrankung des Pflegenden tritt meist erst nach dem Ableben des Betroffenen auf, wenn man eigentlich sein Leben wieder in vollen Zügen genießen will. Die Erkrankung der Lebenspartner oder Eltern kränkt auch die anderen Familienmitglieder, weil Angriffe auf den Partner auch Angriffe sind auf die pflegenden Angehörigen. Verhält sich der demente Partner nun unsinnig, wird ihm oft Bösartigkeit und fehlender guter Wille unterstellt. Es empfiehlt sich folglich, eine Angehörigengruppe, einen Psychotherapeuten oder eine Demenzberatungsstelle in der Nähe des eigenen Wohnorts aufzusuchen. Volkswirtschaftliche Auswirkungen Der vierte Altenbericht der deutschen Bundesregierung von 2004 schätzt die Kosten für Behandlung und Pflege der Demenzkranken auf 26 Milliarden Euro. Ein Drittel davon wird dabei in der Pflege kostenneutral durch Angehörige erbracht. 2010 sind 20 Prozent der Bundesbürger über 65 Jahre alt. Die Kosten steigen also auf 36 Milliarden Euro an, wobei der Anteil an Pflegekosten kontinuierlich zunimmt wegen der geänderten Familienstrukturen mit Single-Haushalten und Kleinfamilien. Therapien Ein Mix aus medikamentöser Therapie und Biografiearbeit hat sich als recht wirksam erwiesen. Seit einigen Jahren gibt es Medikamente gegen Demenz, sogenannte Antidementiva. Heilbar ist die Demenz nicht, aber für einen Zeitraum von ein bis zwei Jahren kann das Fortschreiten verzögert werden. Es geht vielmehr darum, die Alltagskompetenz der Betroffenen zu bessern und ihre kognitive Leistung so lange wie nur möglich zu erhalten. Beigaben wie beruhigende Medikamente und Neuroleptika mit anticholinerger (den Neurotransmitter Acetylcholin hemmend) Nebenwirkung können sich verschlechternd auf die kognitiven Fähigkeiten des Erkrankten auswirken. Manche Patienten profitieren dabei ganz wesentlich von den Medikamenten und andere wiederum gar nicht. Bei der Biografiearbeit geht es darum, in Erfahrung zu bringen, warum sich ein Betroffener in einer bestimmten Situation so verhält und nicht anders. Je besser die Biographie eines Erkrankten durchleuchtet wurden und je detaillierter seine Gewohnheiten und Eigenheiten bekannt sind, desto besser ist er für die Pflegenden zu verstehen. Seite 23 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) Das Tau-Protein Das Tau-Protein ist ein Protein, welches in Tierzellen an stützende Zytoskelettproteine (Mikrotubuli) bindet und deren Zusammenbau regelt. Neurodegenerative Erkrankungen mit Ablagerungen von Tau-Protein werden in der Gruppe als Tauopathien bezeichnet. Die bekannteste Tauopathie ist der Morbus Alzheimer. Bei einer Erkrankung funktioniert das Protein nicht mehr so wie früher – es kann nicht mehr mit den Mikrotubuli interagieren. Dies hat zur Folge, dass das geschädigte und nutzlos gewordene Protein im Körper abgelagert wird. Diese Ablagerungen können wir als sogenannte neurofibrilläre Läsionen (Verletzungen) in den Gehirnen der AlzheimerPatienten beobachten. Quellen Frau Dr. A. Schaefer, PIA der psychiatrischen Klinik zu Altenburg http://de.wikipedia.org/wiki/Demenz [24] http://www.netdoktor.de/Krankheiten/Demenz/ [25] Patienten-Information der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (www.patienten-information.de; [26] Abruf: 03.02.2010) Leitlinie der Dt. Ges. f. Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) und der Dt. Ges. f. Neurologie (DGN): Demenzen (Stand: November 2009) Brandt T. et al.: Therapie und Verlauf neurologischer Erkrankungen. Kohlhammer Verlag. 5. Auflage 2007 http://www.schleswig-holstein.de/ [27] ('Demenz' eingeben im Suchkasten) Die depressive Erkrankung (Depression) Zum Verfassen von Kommentaren bitte Anmelden [28] oder Registrieren [29]. Depression Depression ist abgeleitet vom lateinischen Wort „deprimere“, welches mit „niederdrücken“ übersetzt wird. Depression ist also eine Krankheit, die mit psychischer Niedergeschlagenheit zu tun hat. Diese ist zusätzlich mit körperlichen wie seelischen Störungen gekoppelt. Schlafstörungen, Antriebslosigkeit und Verdauungsstörungen gehen oft mit der Erkrankung einher. Es handelt sich um eine affektive Störung und man spricht dabei je Seite 24 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) nach Verlauf von einer depressiven Episode oder einer rezidivierenden (wiederkehrenden) depressiven Störung. Behandelt wird die Krankheit mit Antidepressiva und Psychotherapie. Zahlen Die Schwermut ist so alt wie die Menschheit, so finden sich schon Beschreibungen im Alten Testament und bei den antiken Philosophen. Doch sind Depressionen je nach Zeit und Gesellschaft einem Wandel unterworfen was Beschwerdebild, Ursache, Verlauf und Häufigkeit anbetrifft. Depressionen gehören mit den Angststörungen zu den verbreitesten seelischen Krankheiten (und der Krankheiten überhaupt). Wahrscheinlich leidet jeder zehnte bis vierte Patient, der seinen Hausarzt aufsucht an einer wie auch immer ausgeprägten Schwermut. Etwa fünf Prozent der Bevölkerung leiden an einer Depression, die dringend einer Behandlung bedarf. Das sind umgerechnet vier Millionen Menschen. Viermal so viele Menschen erleiden während ihres Lebens eine Depression. Frauen gegenüber Männern doppelt so häufig betroffen. Problematisch im Umgang mit Depressionen ist der Umstand, dass sie sich gar nicht als Depressionen darstellen - zumindest nicht in der Art, wie es sich die meisten Menschen wohl vorstellen. Zudem kann der Arzt bei einem Leiden ohne organischer Ursache nur dann eine seelische Störung erkennen, wenn der Patient in seinem Verhalten oder aber in seiner persönlichen Klage dies zu erkennen gibt. Bis zur Hälfte der Patienten werden gar nicht erst als depressiv erkannt und von den Patienten mit einschlägiger Diagnose wird wiederum nur die Hälfte antidepressiv versorgt. Dasselbe Problem zeigt sich außerhalb der Praxen. So wissen viele Betroffene, die erst gar nicht den Hausarzt aufsuchen, gar nicht um ihre Krankheit und fühlen sich einfach nur leistungsschwach und elend. Rechnen wir die Dunkelziffern hoch, dann kann man bei der Depression sehr wohl von einer Volkskrankheit sprechen. Formen der Depression Die unipolare („einpolige“) Depression ist die häufigste Form der Erkrankung. Man spricht deswegen von unipolar, weil der Betroffene nur depressive aber keine manischen Phasen hat. Die Krankheit geht einher mit dem Morgentief, einem frühen Aufwachen, Schlafstörungen in der zweiten Nachthälfte und Niedergeschlagenheit. Demgegenüber durchlebt der von der bipolaren affektiven Störung Betroffene sowohl manische als auch depressive Phasen. Der manisch Erkrankte zeigt ein übersteigertes Selbstverständnis und er überschätzt sich und seine Fähigkeiten. Zum Beispiel können sie wochenlang nachts durcharbeiten, ohne Ermüdungserscheinungen wahrzunehmen. Als dritte Variante gibt es die Dysthymie und die Zyklothymie. Dabei treten die depressiven Symptome bei der Dysthymie weniger stark auf als bei der unipolaren Depression. Dafür beginnen sie schon in frühen Jugendjahren und Seite 25 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) nehmen einen chronischen Verlauf – sie dauern also über weite Lebensabschnitte hin. Die Zyklothymie ist das bipolare Gegenstück zur Dysthymie und weist weniger starke manische und depressive Phasen auf. Die saisonal abhängige Depression (SAD, Winterdepression) zeichnet sich dadurch aus, dass die depressiven Symptome in der Regel im Herbst oder Winter beginnen und im Frühjahr oder Frühsommer wieder abklingen. Sie dauern regelmäßig maximal ein halbes Jahr an und gehen eher einher mit Energielosigkeit als mit einer depressiven Verstimmung. Symptome Ursachen und Verlauf Bezüglich Krankheitsursache (Ätiologie) und ihrer Entstehung (Pathogenese) herrschte früher eine recht einseitige Betrachtungsweise vor. Heute spricht man jedoch von einer multifaktoriellen Ätiopathogenese. Gemeint sind also viele sich gegenseitig beeinflussende Ursachen. (siehe auch den Artikel aus der Klinikzeitung vom August 2010) Ursächlich für eine Depression können beispielsweise eine genetische Disposition (erblich bedingte Krankheitsneigung ), frühkindliche Hirntraumen (Hirnschäden) und vor allem belastende psychosoziale Entwicklungen in der Kindheit (durch Erziehung, familiäres Umfeld, später Schule usw.) sowie bestimmte Persönlichkeitseigenschaften sein. In Bezug auf den Verlauf kommt es neben dem plötzlichen Ausbruch der Krankheit auch zu langsam schleichenden Entwicklungen, die sich auf psychosoziale oder organische Belastungen zurückführen lassen und durch ein bestimmtes Ereignis angestoßen (getriggert) werden. Danach ändert sich der Haushalt der Botenstoffe (Neurotransmitter wie etwa Serotonin, Noradrenalin, Dopamin usw.) in bestimmten Hirnregionen, weil der Körper versucht, gegen zu steuern. Das hochkomplizierte Transmittersystem im Gehirn kommt dabei völlig durcheinander, was wiederum andere biochemische Systeme im Körper stört. Die Behandlung mit Antidepressiva versucht dieses gestörte Gleichgewicht dann wieder ins Lot zu bringen. Die Symptome klingen ab und der Patient gesundet wieder. Natürlich ist die Anfälligkeit des Patienten gegen weitere Schübe seitens der Depression dennoch erhöht. Behandlungsmöglichkeiten Der Einsatz von Antidepressiva ist abhängig vom Schweregrad der Depression. Bei einer depressiven Belastung leichten Grades kann unter Umständen darauf verzichtet werden. Bei mittelgradigen oder gar schwer depressiven Zuständen sind die Antidepressiva jedoch unverzichtbar. Vor allem dann, wenn trübe Gedanken aufkommen und ein Selbsttötungsrisiko besteht. Dies gilt auch für psychotische Symptome (zum Beispiel bei Verarmungs-, Versündigungs- oder Krankheitswahn), welche ebenfalls mit Seite 26 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) einer Depression einhergehen können. Bei Suizidgefahr oder aber bei psychotischen Symptomen wird der Hausarzt den Patienten ohnehin an einen Psychiater oder Nervenarzt überweisen. Erweist sich die Depression ambulant nicht als behandelbar, dann sollte man vor einer stationären Aufnahme in einer Fachklinik nicht zurückschrecken. Insbesondere bei Suizidgefahr (Suizidalität) besteht die Gefahr, sich später Vorwürfe machen zu müssen, obwohl noch einmal alles gut gegangen ist. Selbsttötungsrisiken In Deutschland nehmen sich monatlich im Durchschnitt 1.000 Menschen das Leben. Das sind doppelt so viele wie etwa die Zahl der Verkehrstoten im selben Zeitraum. In den Medien nehmen die Verkehrstoten einen breiten Raum ein, während die Suizide tabuisiert werden. Es folgt daraus eine gefährliche Verschiebung des Gefahrenschwerpunkts, der die Wachsamkeit diesbezüglich mindert. Besonders bei depressiven Betroffenen besteht jedoch ein großes Selbsttötungsrisiko (Suizidrisiko). So ist die Suizidrate bei Depressiven dreißigmal höher als in der übrigen Bevölkerung. 40 Prozent der Menschen, die sich das Leben nahmen, besuchten in der Woche vor dem Freitod noch ihren Hausarzt. Fehlannahmen und Mythen Der Großteil der Bevölkerung geht sehr unsensibel, wenn nicht gar grobschlächtig mit der Problematik der Depression um. „Wer Depressionen hat, ist selbst daran schuld“ → An der Depression ist man ebenso wenig schuld wie an einer Grippe. Gewiß begünstigen manche Verhaltensweisen die Entwicklung der Krankheit. Doch sind solche Entwicklungen in keinem Falle allein auf das Verhalten einer Person zurück zu führen, sondern sind das Ergebnis des Zusammenspiels vieler, häufig unbeeinflussbarer Faktoren. „Reiß Dich einfach endlich mal zusammen“ → Ratschläge sind auch Schläge. Der wohlmeinende Spruch des aufmunternden Mitmenschen ist alles andere als hilfreich sondern kontraproduktiv, weil ein depressiver Mensch gar nicht dazu fähig ist, diesen Ratschlag zu befolgen und umzusetzen. Es wird lediglich das Gefühl verstärkt, dass mit einem etwas nicht stimme. „Gegen Depressionen kann man nichts tun, man muss einfach warten, bis sie vorbei gehen.“ → Depressionen sind inzwischen sehr wohl gut behandelbar. Man darf nur nicht zögern, den Arzt aufzusuchen und ihn darauf anzusprechen. Kein Depressiver ist mehr dazu gezwungen, unnötig lange unter den quälenden Beschwerden zu leiden. Quellen Frau Dr. A. Schaefer, PIA der Klinik zu Altenburg Seite 27 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) http://de.wikipedia.org/wiki/Depression [30] http://www.netdoktor.de/Krankheiten/Depression [31] http://www.psychosoziale-gesundheit.net/psychiatrie/depression.html [32] http://www.praxispsychotherapie.de/depressionen.html [33] Die Psychose Zum Verfassen von Kommentaren bitte Anmelden [34] oder Registrieren [35]. Psychische Erkrankungen - Psychose Wer kennt nicht das Gefühl, neben sich selbst zu stehen? Und wer fühlte sich nicht schon einmal wie in einem anderen Film? Was sind Psychosen? Das Wort Psychose stammt aus dem Griechischen und steht für eine ernstzunehmende seelisch-geistige Krankheit. In der Medizin bezeichnet man damit psychische Störungen, bei denen der Betroffene die Realität zeitweilig anders wahrnimmt als sie es ist. Das Wort ist ein Oberbegriff für eine Gruppe von Krankheiten von recht unterschiedlichen Formen. Einige dieser Krankheiten fallen in den schizophrenen Formenkreis und werden als Schizophrenie bezeichnet. So wie es bei einer schweren körperlichen Erkrankung erforderlich ist, so führen die Erscheinungen der Psychose oft dazu, dass der Betroffene eine Zeit lang nicht mehr dazu fähig ist, seiner Arbeit nachzugehen und sein persönliches und häusliches Leben so zu gestalten wie vor der Erkrankung. Oft ist bei einer Psychose die stationäre Behandlung in einer Fachklinik angezeigt. Dauer und Symptome der Psychosen Psychosen bleiben nicht haften und gehen wieder vorüber. Die Krankheit kann tritt beim Einen nur einmal auf und kehrt beim Anderen immer wieder schubweise zurück. Die Psychose verläuft oft günstig Verlauf. Entgegen der öffentlichen Vorstellung gilt dies auch für die schizophrenen Psychosen. Die Krankheit äußert sich sich ganz unterschiedlich. Der Kranke kann Seite 28 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) beispielsweise das Gefühl haben, seine Umgebung würde sich auf merkwürdige Art und Weise derart verändern, dass ihm nichts mehr als vertraut oder selbstverständlich erscheint – er erlebt diese Veränderungen als bedrohlich und angsterregend. In anderen Betroffenen setzt sich die Meinung fest, die Anderen führten gegen sie etwas im Schilde und fühlen sich entsprechend beeinträchtigt und auf vielerlei Art bedroht. Andere wiederum kommen zu dem Schluss, durch Strahlen, Hypnose oder Ausserirdische gegen ihren Willen beeinflusst zu werden. Manch hat ganz das Gefühl, die Anderen tuschelten miteinander und redeten über ihn. Die Mitmenschen könnten ihrer Meinung nach die Gedanken lesen und wüssten voll und ganz über den Erkrankten Bescheid. Es gibt auch Menschen, die zum Beispiel Stimmen hören, obwohl niemand da ist, der spricht. Die meisten der Betroffenen haben große Angst, sind voller innerer Unruhe und haben schwere Schlafstörungen. Einige unter ihnen werden auch gleichgültig und interessieren sich nicht mehr für das, was um sie herum geschieht. Sie verspüren eine große innere Leere und können sich nur unter größter Anstrengung dazu aufraffen, etwas zu tun. Jede noch so kleine Regung fällt ihnen unheimlich schwer. Sie kapseln sich ab und können sich kaum mehr konzentrieren. Beim Sprechen reißt der gedankliche Faden gerne ab. Die Einen sind wiederum zeitweise depressiv, während die Anderen vorübergehend heiter erscheinen. Ursachen Generell kann jeder an einer Psychose erkranken. Frauen erkranken weniger häufig daran als Männer. Mit zunehmendem Alter durchlaufen immer mehr Menschen die sogenannte Alterspsychose, die meistens durch die Demenz verursacht wird. Bemerken die Betroffenen nämlich den schleichenden Verlust der Erinnerung an sich, dann kann diese Bewusstwerdung in einer leidvollen Depressionen enden. Einer aus hundert von der Bevölkerung erlebt an sich die Psychose. Ein Prozent erkrankt also wenigstens einmal im Leben an einer Psychose. Zwar wurden wichtige Bedingungen für das Entstehen dieser Erkrankung inzwischen erforscht, doch gelang es trotz der rasanten Fortschritte in Biochemie, Medizin und Psychologie bis heute nicht, die Ursachen umfassend zu klären. Bis vor kurzem wurde die Bedeutung der Vererbung von Psychosen gänzlich überschätzt. Fest steht jedoch, dass in Familien, in denen eine Psychose auftritt, dieses Krankheitsbild häufiger auftritt. Die Untersuchung des Stoffwechsels im Gehirn und des übrigen Stoffwechsels im Körper zeigte es sich – bislang jedoch ungesichert – dass sich bei den an einer Psychose leidenden Menschen Störungen des Stoffwechsels ausmachen lassen. Dafür spricht übrigens auch, dass Medikamente, die den Stoffwechsel Seite 29 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) von Nervenzellen beeinflussen, sich auf die Erkrankung derart auswirken, dass sie die Psychose beseitigen oder aber deren Verlauf wesentlich bessern. Die Wissenschaft hat auch erkannt, dass das Verhalten der Mitmenschen und belastende Erlebnisse aus der Kindheit die Entstehung einer Psychose wesentlich begünstigen können. Dennoch sind wir nach wie vor weit entfernt von einer umfassenden Erklärung der Mechanismen, welche einen Menschen an einer Psychose erkranken lassen. Stress, Traumate und große Veränderungen im Leben (ein Todesfall, ein Umzug, die Geburt eines Kindes oder das Sich-Verlieben), können Psychosen auslösen. Fest steht jedoch, dass bei der nach wie vor sehr rätselhaften Krankheit stets mehrere der oben genannten Faktoren zusammen wirken. Da spielen die bedingungen der Bereitschaft zu einer Erkrankung eine Rolle, die Anfälligkeit und Verletzbarkeit also. Zum anderen können äußere und innere Einflüsse wie etwa Störungen im Stoffwechsel, andere Erkrankungen und Belastungen wie Streß die Psychose zu ihrem gefürchteten Ausbruch verhelfen. Verlauf Der Psychotiker ist oft ein sensibler, verletzbarer und intelligenter Mensch, der labil und daher wenig belastbar ist und Probleme damit hat, sich abzugrenzen. Die Reaktionen der Umwelt bezieht er oft auf sich, weist jedoch dafür ein enormes Einfühlungsvermögen auf. Er benötigt klare Strukturen im Leben und geordnete Lebensverhältnisse. Chaos und Isolationstendenzen können nämlich wiederum psychotische Schübe auslösen. Manche Psychotiker sind aggressiv und neigen zu emotionalen Ausbrüchen und Übergriffen. In gesünderen Zeiten erscheinen sie dennoch recht umgänglich, so daß man ihr aggressives Potential nicht vermutet, das sie in einer Akutphase unberechenbar machen kann. Die Betroffenen selbst bekommen davon nur wenig mit. In der akuten Phase dringen die ganzen Emotionen und unterdrückten Inhalte des Unterbewußtseins wie Ängste, Komplexe, Aggressionen, Triebe und Urinstinkte usw., mit einem Mal an die Schwelle des Bewußtseins und der Betroffene ist nicht mehr in der Lage dazu, sie mit Vernunft und Verstand zu kontrollieren. Die verschiedenen Inhalte bewirken dann Bilder – Wahn und Halluzinationen. Die Lokalisierung verläuft ähnlich einer Traumdeutung, denn wenn die Psychose auch eine Krankheit ist, so ist sie dennoch der Ausdruck einer überforderten Seele. Der Akutphase einer Psychose folgt oft eine Phase der abgrundtiefen Depression. Viele Betroffene empfinden das Erleben der Depression als belastender als die Psychose selbst. Ist der Betreffende in der Psychose durch seinen eigenen „Wahn“ von sich selbst abgelenkt, so konfrontiert die Depression einen mit sich selbst. Es kommt zu einem lähmenden oder destruktiven Erleben, das einen auf sich selbst zurückwirft Seite 30 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) Rückfälle sind oft vermeidbar Medikamente und psychiatrische Behandlung und Betreuung können die Gefahr eines Rückfalls beträchtlich mildern. Die Sicherheit, keinen Rückfall mehr zu erleiden, kann jedoch nicht gegeben werden. Dann treten wieder psychotische Erscheinungen auf, wobei jedoch Hilfe möglich ist. Am Wichtigsten ist es dabei, schon bei den ersten, noch leichten Anzeichen der Erkrankung aufmerksam zu werden. Wenn der Arzt schon im frühen Stadium die nötigen Maßnahmen einleitet, dann können dadurch zumeist die schweren Störungen vermieden werden. Falls dies gelingt, dann erübrigt sich auch ein stationärer Aufenthalt in der psychiatrischen Klinik oder aber es besteht nur die Notwendigkeit eines kurzen Aufenthalts im Krankenhaus. Oft genügt schon der Besuch einer Tagesklinik, um den Rückfall wieder aufzufangen. Danach ist nur noch eine ambulante Nachbehandlung vonnöten. Einige Symptome Die veränderte Wahrnehmung Gerade bei schizophrenen Psychosen laufen gesunde und krankhafte Anteile des Verhaltens und Erlebens parallel. Gemeinhin spricht man dann in Bezug auf eine Schizophrenie von einer gespaltenen Persönlichkeit, obwohl diese Form der Erkrankung sehr selten ist. Menschen, die einen psychotischen Schub durchlaufen, sind Wahrnehmungsgenies. Jeder Mensch sieht sich ununterbrochen konfrontiert mit Wahrnehmungen, Empfindungen, Eindrücken und Gefühlen. Der gesunde Mensch nimmt davon maximal zehn Prozent wahr. Verdoppelt sich dieser Anteil auf zwanzig Prozent, dann steht der Mensch in der Regel kurz vor einem Nervenzusammenbruch. Steigert sich diese Rate, dann erkrankt der Mensch an Seele und Geist. Er verliert die Fähigkeit, zu unterschieden, was wichtig ist und was nicht. Das Ergebnis ist, dass der Betroffene die Lage, in der er sich befindet, oder auch die Beziehung zu anderen Menschen nicht mehr korrekt einschätzen kann. Im Experiment kann man diesen Zustand bei jedem Menschen durch permanenten Schlafentzug von ein paar Tagen künstlich provozieren. Keiner ist also vor solch einem Zustand geschützt. Jeder kann unter bestimmten Bedingungen davon betroffen werden. Wahn Oft spricht die Allgemeinheit im Zusammenhang mit Psychosen von Wahn. Inhaltliche Denkstörungen werden gemeinhin als Wahn bezeichnet. Die Seite 31 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) Betroffenen entwickeln krankhafte, falsche Wahnvorstellungen, die jedoch von der Wirklichkeit abweichen. Diese wahnhaften Vorstellungen sind für den Kranken derart real, dass er unbeirrt daran festhält und sie nicht mehr anhand der Wirklichkeit überprüfen kann. Wir unterscheiden zwischen Wahnstimmungen (Wahnspannungen, Wahnbedürfnis), in denen die Welt für den Erkrankten verändert, bedrohlich und unheimlich anmutet. Es handelt sich um eine Vorstufe des manifesten Wahns. Wahnwahrnehmungen sind reale Wahrnehmungen, denen der Kranke jedoch eine veränderte, abwegige Bedeutung zuweist. Wahneinfälle sind wahnhafte Meinungen, die sich nur schwer von der Wirklichkeit trennen lassen. So mag der Betroffene der Meinung sein, er sei religiös zu höheren Dingen berufen. Im systematisierten Wahn verknüpft der Kranke verschiedene Wahnerlebnisse zu einem ganzen System. Der Wahn, die Dinge zu erklären, spielt dabei eine große Rolle. Der Betroffene baut alles, was passend erscheint, durch entsprechende Erklärungsbeweise in das bestehende Wahnsystem ein. Wahnthemen sind die Bereiche, die bei inhaltlichen Denkstörungen oft auftreten. So zum Beispiel der Beziehungswahn (alles wird auf die eigene Person bezogen), der Verfolgungswahn, der oft bei Männern auftretende Eifersuchtswahn, der Größenwahn, der Nichtigkeitswahn (das Gefühl der Minderwertigkeit besonders bei Depressionen), der Versündigungs- oder Schuldwahn (Schuld bzw. Sünde gegenüber einer höheren Instanz), Verarmungswahn (die unbegründete Angst, den Lebensunterhalt zu verlieren) oder der hypochondrische Wahn (also die Vorstellung, lebensbedrohlich erkrankt zu sein). Die negative oder positive Symptomatik In den schizophrenen Psychosen vermischen sich sich die Grenzen zwischen eigener Wahrnehmung und Wirklichkeit. Die Erkrankten sind hochsensibel und oft auch sehr kreativ. Durch die Fähigkeit, viel wahrzunehmen, verliert der Betroffene dann die Ordnung und den festen Bezug zur Außenwelt. Denken, Fühlen, Wahrnehmen und handeln haben dann keinen Bezug mehr zur umgebeneden Realität. Die Symptome bei schizophrenen Erkrankungen sind sehr vielfältig. Man unterscheidet jedoch generell zwischen einer Minus- und einer PlusSymptomatik. Die Erstere zeichnet sich dadurch aus, dass zu gesünderen Zeiten vorhandene Persönlichkeitsmerkmale wegfallen. Es entstehen Antriebsverlust, mangelnde Körperpflege, verarmte Sprache, verminderte Leistungsfähigkeit, weniger soziale Kontakte, der Rückzug in die eigene Erlebniswelt, psychomotorische Verlangsamung und zur Verflachung der Seite 32 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) Gefühle. Dahingegen kommt bei der Plus-Symptomatik beim Erkrankten etwas hinzu. Der Betroffene leidet dann unter Halluzinationen, Ich-Störungen und Wahnvorstellungen. Insgesamt betrachtet können bei der jeweiligen Symptomatik die folgenden Bereiche betroffen sein: Ich-Störungen Wahrnehmungsfunktion bei Halluzinatioen formale Denkstörungen inhaltliche Debkstörungen (Wahn) Störungen der Affektivität Störungen des Antriebs und der Psychomotorik Die jeweilige Ausprägung der entsprechenden Symptomatik unterscheidet sich von Patient zu Patient sehr stark. Auch müssen nicht alle Bereiche betroffen sein. Die Betroffenen sind besonders beim Stimmenhören, bei Auswegslosigkeit, bei Angst oder Verfolgungswahn stark von Selbstmord gefährdet. Zwischen fünf und zehn Prozent der Betroffenen legen dann Hand an sich. Zudem kann es bei stark ausgeprägtem Verfolgungswahn zu Übergriffen auf unbeteiligte Dritte kommen, was die Medien dann gerne ausschlachten. In Wirklichkeit ist das Risiko für Gewaltverbrechen und Tötungsdelikte jedoch nicht größer als bei anderen Bevölkerungsgruppen. Affektive Störungen Affektivität meint die meist kurzfristigen starken Gefühlszustände wie Zorn, Wut, Hass oder Freude. Darunter fallen aber auch langfristige bestehende Stimmungen, die eine Gesamtlage über einen längeren Zeitraum beschreiben wie etwa bei einer Depression. Es gibt viel Arten der Affektstörungen: Bei der Affektlabilität (Stimmungslabilität) wechseln Stimmungslage oder Affekte schnell - meistens bei organisch bedingten psychischen Störungen. Bei der Affektarmut sind Gefühlsregungen bzw. Affekte kaum auslösbar. Der Erkrankte wirkt interesselos und emotional zurückhaltend. Das Gefühl der Gefühllosigkeit (Gemütsleere) bezeichnet einen Mangel oder vollständigen Verlust von affektiven Regungen. Der Betroffene erlebt diesen Zustand als leidvoll und quälend. Das Erlebnis des eigenen Leidens ist der Unterschied zur Affektarmut. Fehlt die Beherrschung von Gefühlen, dann spricht man von einer Seite 33 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) Affektinkontinenz: Gefühlsäußerungen sind schon bei geringen Anlässen übertrieben und unkontrolliert. In der Euphorie kommt es zu übersteigertem Wohlbefinden, Heiterkeit, Zuversicht. Diese Stimmung ist oft verbunden mit einem übermäßigen Vitalgefühl. Bei der Depressivität überwiegen eine starke Niedergeschlagenheit, Lustlosigkeit und Hoffnungslosigkeit. Der Kranke leidet unter Gefühlen von Gefühllosigkeit, Freudlosigkeit und vermindertem Antrieb. Aber auch die sogenannte Ambivalenz ist möglich: Dann bestehen z. B. im Hinblick auf eine Person oder eine Handlung gegensätzliche Gefühle nebeneinander. Der Betroffene erlebt diesen angespannten Zustand als quälend. In der Parathymie stimmt der Gefühlsausdruck der Betroffenen nicht mit der Realität überein, z. B. Weinen über einen Witz, Lachen über Trauer. Bei der Affektstörung mit Angst empfindet der Erkrankte unbestimmte oft starke Gefühle der Gefahr oder Bedrohung. Meistens begleiten körperliche Symptome wie Zittern, Schwitzen, Herzklopfen, Atemnot, Mundtrockenheit oder Magendruck diesen Zustand. Stoffwechselstörungen Alle Prozesse im lebendigen Körper unterliegen biochemischen Reaktionen. Stets werden Stoffe neu aufgenommen, abgebaut, umgewandelt oder ausgeschieden. Das Wort Stoffwechsel meint dabei die Gesamtheit dieser Vorgänge. Dabei können dem Organismus jedoch eine ganze Menge Fehler unterlaufen. Das Puzzle Mensch setzt sich dementsprechend immer wieder neu zusammen. Sind einige Teile defekt, verwackelt oder fehlen sie sogar, dann ergibt sich ein anderes Endbild – der Mensch wird krank. Klassifikation und Differenzierung von Psychosen Definitionen Psychosen sind psychische Störungen, bei denen ein struktureller Wandel im Erleben des Betroffenen stattfindet. Je nach Herkunft kann man Psychosen in affektive und schizophrene Psychosen einteilen. Je nach Ursache der Entstehung unterscheiden wir auch zwischen organischen und nichtorganischen Psychosen. Die organischen Psychosen spalten sich auf in reversible und irreversible Formen. Falls die Ursachen einer organischen Psychose nicht (mehr) beseitigt werden können, dann kommt es nämlich zu irreversiblen (nichtumkehrbaren) Formen des Krankheitsbildes. Am häufigsten tritt bei den nichtorganischen Psychosen die Schizophrenie auf. Dabei sprechen wir von schizophrenen Psychosen oder vom Seite 34 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) schizophrenen Formenkreis, der sich in verschiedene Untertypen aufteilt. Kennzeichen der schizophrenen Psychosen ist das parallele Nebeneinander von krankhaftem und gesundem Verhalten und Erleben des an der Psychose Erkrankten. Organische Psychosen Organische (oder exogene oder somatische) Psychosen sind körperlich begründbar, sind also auf eine organische Erkrankung zurückzuführen. Es besteht eine zunächst höchst verwirrende Begriffsvielfalt. Dazu gehören die (reversiblen) akuten organischen Psychosen und die (irreversiblen) chronischen organischen Psychosen (organisches Psychosyndrom). Die akuten organischen Psychosen teilen sich auf in amentielles Syndrom, welches bei vaskulären Hirnerkrankungen (Durchblutungsstörungen der kleinen Blutgefäße im Gehirn) auftritt und bei Schädelhirntraumata (Schädelverletzungen, bei denen das Gehirn betroffen ist). Mögliche Symptome sind Trübung des Bewußtseins, Desorientierung, Denkstörungen, Ratlosigkeit, Ängstlichkeit und motorische Unruhe bis hin zu ausgeprägten Erregungszuständen. Das Delirium kommt wiederum vor bei Vergiftungen und Infektionen. Als Symptome treten auf Störungen des Bewusstseins und der Orientierung, vor allem optische Halluzinationen, vegetative Störungen wie Schwitzen, Herzrasen (Tachykardie), Tremor und innerer Unruhe. Der sogenannte Dämmerzustand kommt bei Epilepsie vor, nach Schädelhirntraumata und bei Vergiftungen. Es kommt zu Störungen der Wahrnehmung und des Bewußtseins, kann mit Desorientierung einhergehen und mit nachfolgender totaler oder partieller Amnesie (Vergessen) Beim Durchgangssyndrom tritt die Psychose auf ohne Störungen von Bewußtsein oder Orientierung. Es gibt mehrere Schweregrade: Störungen der nörmalen Tätigkeit, Störungen des Antriebs, Verarmung der Gefühle, Verlangsamung aller psychischen Funktionen, Störungen von Gedächtnis und Affektivität, Denkstörungen, Halluzinationen und Konfabulationen (Erzählungen, die keinen Bezug mehr haben zu einer gegebenen realen Situation) Seite 35 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) Die chronischen organischen Psychosen gliedern sich in das frühkindliche exogene Psychosesyndrom, bei dem ein frühkindlicher Hirnschaden eine organische Beschädigung des zentralen Nervensystems zwischen dem sechsten Lebensmonat und dem sechsten Lebensjahr aufgetreten ist das hirndiffuse (hirnorganische) Psychosesyndrom das hirnlokale Psychosesyndrom, welches verursacht wurde durch Veränderungen im zentralen Nervensystem, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Diese Veränderungen können verschiedene Ursachen haben: Hirntumor, Schädelhirntrauma, frühkindlicher Hirnschaden, Vergiftungen, Infektionen (wie Menginitis, Enzephalitis oder Infektionspsychose), Epilepsie, vaskuläre Hirnerkrankungen (s.o.), Hirnatropie (Alzheimer usw. ), endokrine Störungen (Hypothyreaose, Hyperthyreose, Addison-Krankheit..) oder als Folge psychotroper (auf das Gehirn einwirkender) Medikamente. Die Symptome sind ebenso vielfältig: Bewusstseinsstörungen, Gedächtnisstörungen, Orientierungsstörungen, IchErlebensstörungen, Wahn und Halluzinationen. Nichtorganische Psychosen Die nicht-organischen Psychosen heißen auch endogen. Sie sind körperlich nicht begründbar und gliedern sich auf in schizophrene Psychosen (Schizophrenie) Die paranoide Schizophrenie kommt am häufigsten vor und tritt meist im Alter von 30 bis 40 Jahren auf. Sie äußert sich in Wahn und akustischen Halluzinationen. Die MinusSymptomatik fällt nur gering aus und Störungen der Psychomotorik fallen weniger ins Gewicht. Die hebephrene Schizophrenie beginnt zumeist im Alter von 15 bis 25 Jahren. Die Minus-Symptomatik ist ausgeprägt ebenso wie Hypochondrie und affektive Störungen. Halluzinationen und Wahn sind dabei seltener und dann nur geringfügig ausgeprägt. Die katatone Schizophrenie ist in den Industrieländern selten geworden. Besonders die psychomotorischen Beschwerden fallen besonders schwer aus. Bei Katatonie mit Stupor, Hyperthermie und Elektrolytentgleisung nimmt die Erkrankung gar lebensbedrohliche Formen an. Das schizoide Residuum ist der chronische Zustand zwischen den akuten Schüben. Es entstehen bleibende Seite 36 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) Beeinträchtigungen wegen des damit verbundenen sozialen Rückzugs, der Passivität, dem Verlust von Antrieb und der emotionalen Abstumpfung. Systematische Wahnvorstellungen werden zum Teil auch in den gesünderen Phasen beibehalten. Die Schizophrenia Simplex hat zu eigen einen langsamen und schleichenden Beginn und nimmt regelmäßig einen chronischen Verlauf. Die Minus-Symptomatik wird voll ausgelebt. Affektive Psychosen wie psychotische Depression, Manie und manischdepressive Erkrankungen. Die manisch-depressive Psychose geht einher mit abrupten Stimmungswechseln ohne äußeren Anlaß und wechselt von extrem niedergeschlagen (depressiv) bis extrem euphorisch (manisch). bei den schizoaffektiven Psychosen vermischen sich die schizophrenen und die affektiven Anteile der Symptome der Schizophrenie. Umfangreiche komplizierte Geflechte von körperlichen, seelischen und sozialen Faktoren sollen die Ursache sein. Zudem werden Störungen des Stoffwechsels im Bereich der Übertragung der Botenstoffe (Neurotransmitter) als weitere Ursachen angenommen. Therapeutische Möglichkeiten Arten der Hilfen Über die Ursachen von Psychosen herrscht noch große Unklarheit, doch hat der Arzt ein großes Instrumentarium zur Hand, um die Krankheit erfolgreich zu behandeln. Auf den ersten Blick mag das überraschen, doch gilt dies ja auch bei organischen Erkrankungen. So ist die Ursache eines Bluthochdrucks oft nicht bekannt und trotzdem kann der Mediziner dem Patienten mit einer langfristigen Behandlung mit Medikamenten gut helfen. Es ist zunächst wichtig, den Betroffenen in einer psychotischen Krise denselben Schutz und dieselbe Hilfe zu gewähren, die auch einem körperlich angeschlagenem Patienten zusteht. Entlastung bringt da schon das Gespräch mit dem Arzt, in dem der Kranke voller Vertrauen alles offenbaren kann, was ihn bedrückt und worunter er leidet. Es hilft auch, zu erfahren, dass man nicht alleine dasteht mit dem Leiden und es viele Andere gibt mit einem ähnlichen Leiden, welchen bereits geholfen werden konnte. Manchmal sieht der psychotische Mensch seine Psychose nicht als krankhaft an und ist deshalb nur schwer dazu zu bewegen, sich helfen und behandeln zu lassen. Besonders in diesem Falle ist es enorm wichtig, dass der Arzt den Angehörigen die krankhafte Natur der Störungen erklärt, damit diese das Verhalten des erkrankten Familienmitglieds nicht als Unarten, Launen oder Versagen des Kranken ansehen. In vielen Fällen ist eine Krankschreibung nötig, auch wenn der Erkrankte Seite 37 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) seine Berufstätigkeit mit großer Anstrengung ausüben könnte. Manchmal kann zum Beispiel eine psychotische Mutter ihren Haushalt nicht mehr versorgen. Dann hilft der sozialpsychiatrische Dienst des Gesundheitsamtes oder ein Sozialdienst aus der Klemme. Orte der Hilfen Heutzutage genügt oft die ambulante Behandlung durch einen Nervenarzt. Es ist längst nicht mehr wie früher, dass alle Menschen, die in einer psychotischen Krise stecken, in eine psychiatrische Klinik eingewiesen werden müssen. Die Behandlungen im Krankenhaus sind inzwischen viel kürzer geworden und den meisten der Patienten genügt schon die Behandlung während eines Aufenthalts in einer Tagesklinik. In den verschiedenen psychiatrischen Einrichtungen finden sich Ärzte und Psychologen, Fachschwestern und Fachpfleger, Sozialarbeiter und teilweise auch Pädagogen und andere Fachkräfte, die zusammen arbeiten. Sie sind speziell für diese Aufgaben ausgebildet und haben eine praktische Schulung durchlaufen. Anderen Therapeuten sollte ein an einer Psychose erkrankter Mensch auch nicht anvertraut werden. Zur Behandlung Für die vielen Arten von Psychosen existieren zahlreiche Möglichkeiten der Therapie. Um Erfolge zu zeitigen muss die jeweilige Therapie unbedingt auf die individuellen Bedürfnisse des Patienten und auf das Zusammenspiel mit dessen Familie abgestimmt sein. Psychosoziale Therapien, Familientherapien, Kunst- und Tanztherapien oder auch medikamentöse Therapien sind nur einige der möglichen Therapiearten für Psychosen. Zu den Medikamenten Neuroleptika heißen die Medikamente, die auf den Geist wirken. Entgegen der weitverbreiteten Volksmeinung handelt es sich dabei nicht um Präparate welche nur beruhigend oder dämpfend wirken und den Patienten über Gebühr ermüden. Neuroleptika wirken sehr spezifisch. Sie können dafür sorgen, dass Angst und Erregung verblassen, dass sich der Patient nicht mehr beeinträchtigt fühlt durch die Umgebung und er sich wieder besser konzentrieren kann. Die Medikamente wirken also direkt auf die Symptome der Krankheit. Zudem wirken sie vorbeugend. Nimmt der Kranke nämlich die Neuroleptika weiter ein, nachdem die Symptome abgeklungen sind, dann verhindern diese oft ein einen Rückfall in Seite 38 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) einem erneuten Schub. So haben Untersuchungen an tausenden von Patienten ergeben, dass Patienten, die nach der psychotischen Krise weiterhin ihre Medikamente regelmäßig einnehmen, viel seltener an einer erneuten Psychose erkranken als Patienten, die keine Medikamente einnehmen. Wie lange der Patient nun zu seinem Schutz vor einem Rückfall die Medikamente einnehmen sollte, ist sehr unterschiedlich und kann nur vom behandelnden Arzt entschieden werden. Selbstmanagement Die meist wirren Bilder und Erlebnisse während der akuten Phase sind sehr verschieden – sie sind eben auch Ausdruck der Persönlichkeit, die sich in einem dramatischen Prozess der Auflösung befindet. Natürlich gibt es immer eine Ursache für die Psychose und die Wurzel hierfür aufzudecken und sie zu lösen – durch Therapie beispielsweise - kann die Schübe der Krankheit zum Stillstand bringen. In diesem Prozess lernt der Betroffene, die für ihn individuell geltenden Zeichen zu deuten, die auf den Beginn einer Psychose hinweisen. Je mehr der Kranke von seiner Erkrankung versteht, aus welchem Grunde er unter bestimmten Bedingungen und in bestimmten Konstellationen dann psychotisch reagiert, löst sich der Betroffene immer mehr aus dem Würgegriff der Krankheit. Die Ursache wurzelt dabei nur allzu oft in der Vergangenheit, in der Biografie des betroffenen Menschen. Sinn von Psychosen Psychosen wirken oft als Schutzmechanismus in Zeiten großer Veränderungen und sie folgen einer eigenen Logik. Vorher Erlebtes wird darin verarbeitet. Es handelt sich laut Professor Thomas Bock um einen sinnvollen psychischen Vorgang, der nicht nur anzeigt, dass die Psyche krank ist. Die Psychose stellt gewissermaßen einen Problemlösungsvorgang dar, um mit den Ursachen der Psychose fertig zu werden. Viele Betroffene erleben ihre Psychose sogar positiv, erhellend, und sehen darin einen Neubeginn. Psychoseseminare Der Diplompsychologe Thomas Bock und die Betroffene Dorothea Buck waren es, die das Psychoseseminar erfunden haben, in dem Betroffene, Angehörige und Profis auf gleicher Augenhöhe über das Phänomen der Psychose reden. „Wir wußten so wenig über Psychosen, daß ich hoffte, wir bekommen neue Erkenntnisse, wenn wir alle drei Gruppen zu Wort kommen lassen.“ Seite 39 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) Der Erfolg war größer, als Bock sich je hätte träumen lassen. Das Seminar zog nach kurzer Zeit wegen des großen Andrangs in den Hörsaal der Hamburger Universität um. Die Fachwelt war zuhöchst erstaunt darüber, dass Betroffene in der Lage sind, über ihre Erkrankung vor einer Gruppe zu reden. Professor Klaus Dörner, ehemals Chef des Westfälischen Krankenhauses in Gütersloh meint dazu: „Bis dahin haben wir geglaubt, schwer psychisch Kranke bekommen so etwas nicht geregelt.“ Laut Dörner dienen die Psychoseseminare der Entabuisierung des „Wahnsinns“. Psychoseseminare tragen also zu einer umfassenderen Sicht der Psychosen bei und sorgen für einen besseren zwischenmenschlichen Umgang der drei beteiligten Gruppen. Jeder Betroffene sollte einmal ein Psychoseseminar besuchen, um mehr über sich selbst in Erfahrung zu bringen. Er könnte Gefallen daran finden und regelmäßiger Teilnehmer werden. Quellen http://www.psychiatrie.de/ [36] http://www.psychiatrie.de/diagnosen/ [20] http://www.psychosoziale-gesundheit.net/psychiatrie [37] Broschüre „Es ist normal, verschieden zu sein! Verständnis und Behandlung von Psychosen“ Pschyrembel http://www.medizinfo.de/kopfundseele/psychose [38] http://www.philognosie.net/ [39] Die Schizophrenie Zum Verfassen von Kommentaren bitte Anmelden [40] oder Registrieren [41]. Schizophrenie Was ist eine Psychose? Die Psychose kennzeichnet einen krankhaften Geisteszustand, der geprägt ist durch ein Wahnerleben und die veränderte Wahrnehmung bzw. Interpretation der Wirklichkeit. Dieser Geisteszustand kommt besonders bei der bipolaren Störung (manische Depression) und bei der Schizophrenie zum Tragen. Der Auslöser ist wahrscheinlich in beiden Fällen eine falsche Reaktion des Gehirns wegen fehlerhafter biochemischer Vorgänge. Dieser Einschätzung liegt die Seite 40 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) Beobachtung zugrunde, dass sich beide Erkrankungen mit Medikamenten gut in den Griff bekommen lassen. Nicht nur die Medikamente spielen dabei eine Rolle. So erkennt der an Psychose erkrankte Mensch im psychotischen Zustand meistens nicht, dass er krank ist. Gerade zur schizophrenen Psychose gesellt sich überdies das Erleben einer Beeinträchtigung und von Verfolgung. Aus diesem Grunde ist es oft nötig, den Schizophrenen in der akuten Phase auch gegen seinen Willen in eine psychiatrische Einrichtung zu bringen, um ihn vor einem Suizid oder seine Umgebung vor eventuellen zerstörerischen Aktivitäten zu schützen. Dort erfolgt dann – wiederum zur Not auch gegen seinen Willen - eine Behandlung mit entsprechenden Psychopharmaka. Problematisch wird das dann nach der Entlassung des Patienten nach seiner Genesung, weil bei ihm die Einsicht für die Medikation vorhanden sein muss. Ohne der Gabe von Psychopharmaka tritt die Krankheit dann oft wieder auf. Es gibt aber auch Betroffene, die auch ohne Medizin wieder gesund wurden. Bei 70 Prozent der Betroffenen gelingt es, die Symptome zum Abklingen zu bringen und Rückfälle zu vermeiden. Ist die Psychose einmal ausgebrochen, dann bedeutet dies für den Erkrankten regelmäßig einen herben Einschnitt in das bisher gewohnte Leben. So behindert oder gar verhindert das Auftreten einer Psychose in jungen Jahren die Ausbildung des jungen Erwachsenen. Da zumeist eine Behinderung bzw. Beeinträchtigung des Leistungsvermögens zurückbleibt, verringern sich die Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Der Erkrankte wird meistens zum Sozialfall. Hat er etwas mehr Glück, dann erhält er Leistungen von der Rentenversicherung. Kümmert sich seine Umgebung nicht mehr um ihn, dann verfällt er in die soziale Isolation. Zudem erweckt das Bild der psychisch Kranken in der Öffentlichkeit kein Vertrauen. So wird der Begriff „verrückt“ oder „schizophren“ meistens abwertend verwendet. Und erfährt man einmal etwas von Schizophrenie, dann meist aus den Nachrichten in Zusammenhang mit Mord und Totschlag. Die bizarren Motive der Täter ziehen die Reporter magisch an. Rein statistisch gesehen die Schizophrenen jedoch im Durchschnitt auch nicht gewalttätiger als der als „normal“ bezeichnete Anteil Bevölkerung. Was ist eine Schizophrenie? Die häufigste Form der endogenen Psychose ist die Schizophrenie. Ein Schweizer Psychiater prägte Anfang des 20. Jahrhunderts den Begriff „Schizophrenie“. Eigentlich handelt es sich um ein wissenschaftliches Konstrukt, weil diese Krankheit kein einheitliches Bild zeigt und sogar bei ein und demselben Patienten zu unterschiedlichen Zeiten einen unterschiedlichen Verlauf nehmen kann. Deshalb spricht man auch von den Psychosen aus dem schizophrenen Formenkreis. Schizophrenie ist griechisch und bedeutet Bewusstseinsspaltung. Damit soll zum Ausdruck gebracht Seite 41 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) werden, dass das Erleben des Erkrankten geteilt ist in die Wahrnehmung der Realität so wie sie ist und in die Wahrnehmung einer "virtuellen" Realität, welche er sich einbildet. Die Krankheit gibt oft Rätsel auf. Manche der Betroffenen hören innere Stimmen, die sie beeinträchtigen, andere haben optische Halluzinationen, wieder andere fühlen sich von Strahlen bedroht und von magnetischen Einflüssen. Die sich bedroht fühlenden Erkrankten erleben ihr Ausgeliefertsein als Gedankenentzug. Nachvollziehbar ist wohl, dass der Betroffene dann versucht, sich diese für ihn oft auch körperlich erfahrbaren Dinge zu erklären und zu deuten. Dies besonders in der akuten Phase der Psychose und ganz besonders bei der Ersterkrankung, wenn man noch nichts von seinem Kranksein weiß. So kommen Konstrukte zusammen, in denen der Betroffene sich überwacht und verfolgt sieht. Je nach Lebensgeschichte und Erfahrungsschatz werden dann CIA, Stasi oder BND verantwortlich gemacht – man hat ja genug Schlimmes darüber gehört. Wegen der akuten durch den Wahrnehmungsstress verursachten Überforderung des Gehirns kommt es zur Fehlinterpretation. Alles, was um einen herum passiert, wird dann auf die eigene Person bezogen. In Folge bildet sich schnell ein Wahn, in dem sich alles um die eigene Person dreht. Charakteristisch ist dabei, dass dem Betroffenen sein Verstand bleibt. Dieser ist sozusagen in eine Gedankenfalle geraten und wandelt nun auf den Spuren des Wahns. Der Kranke befindet sich im desolaten Zustand der Gedankenverwirrung und der Katatonie. Dennoch arbeitet sein Verstand ganz normal - er sieht sich jedoch wegen der Wahneinbildungen zu seinem unnormalen Verhalten gezwungen. Die medikamentöse Behandlung mit speziellen Neuroleptika kann dann die Symptome mildern und oft auch den Wahn beseitigen. In besonders schweren Fällen, insbesondere bei Katatonien, greift man dann als ultima ratio sogar zur Elektroheilkrampfbehandlung. Diese hat ohnehin einen schlechten Ruf als Elektroschocktherapie. Dies liegt daran, dass sie früher ohne Narkose durchgeführt wurde und nicht selten als Disziplinierung störender Patienten Verwendung fand. Die Schizophrenie tritt recht häufig auf. Etwa jeder Hunderste begegnet in seinem Leben mindestens einmal dem Leiden – also sind 800.000 Bundesbürger von dieser Krankheit betroffen. Das bedeutet aber nun nicht, daß jeder Hundertste, dem wir begegnen, vom Wahn befallen ist. Die akute Symptomatik der Krankheit tritt nämlich nur bei einem Drittel der Betroffenen einmal im Leben und dann nach dieser einmaligen Episode nie wieder auf. Ein zweites Drittel hat Rückfälle in größeren Abständen. Zwischen den Schüben sind sie aber völlig gesund in Bezug auf ihren geistigen Zustand. Nach jedem akuten Schub steigen dabei die Beeinträchtigungen weiter an. Erst beim letzte Drittel kommt es zum chronischen Verlauf und es überwiegen die Rückfälle und die Krankheitssymptomatik. Es gilt für die meisten Betroffenen, dass eine bestimmte, regelmäßig eingenommene Erhaltungsdosis von Neuroleptika in der Regel den Rückfall zu vermeiden hilft. Nach den Rückfällen verbleibt oft eine Behinderung in Seite 42 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) Form von verminderter Stressverträglichkeit und Defiziten bei der sozialen Kommunikation. Deshalb ist die Schizophrenie eine der Hauptursachen für die Invalidisierung junger Menschen. Bei Männern tritt die Ersterkrankung zumeist angefangen vom Teenageralter bis in die 20er hinein auf, bei Frauen ein paar Jahre später. Fälschlicherweise nimmt der Volksmund an, die Schizophrenie sei eine Persönlichkeitsspaltung. Diese fällt jedoch unter die Persönlichkeitsstörungen Es handelt sich also bei der gespaltenen Persönlichkeit um eine völlig andere Form psychischer Erkrankung. Die Ursachen? Wir wissen bislang nur wenig über die Ursachen für das Entstehen der Schizophrenie. Vor hundert Jahren ging man von der Vererbung aus, weil sie in der Tat oft familiär gehäuft auftritt. Vor 30 Jahren zählte man die gestörten Familienverhältnisse zur Hauptursache der Erkrankung. Zu den familiären psychologischen Faktoren zählten z.B. das Fortbestehen der Mutter-KindSymbiose, inkonsequente Erziehung und das Herhalten des Kindes als Ersatzpartner. Heutzutage gehen wir von vielen verschiedenen Faktoren aus, die zum Entstehen der Krankheit führen. Da spielen die biologische Veranlagung, die sozialen Umwelteinflüsse im Verlaufe der Entwicklung und gewisse Stressereignisse eine Rolle bei der Ausbildung einer gewissen Verletzlichkeit, auf deren Grundlage die Krankheit ausbrechen kann. Der Kranke ist also zu sensibel für die durch das Leben tobenden Stürme. Auslöser sind dann sehr oft belastende oder entlastende Ereignisse im Leben der Person (Todesfall, Trennung vom Partner, Prüfungen..) Inzwischen geht man sogar davon aus, dass jeder Mensch unter gewissen Umständen eine Psychose bzw. eine Schizophrenie entwickeln kann – weil jeder seine eigene, ganz individuelle Stressgrenze hat. Auch heute noch werden in manchen Regimes „gefährliche Staatsfeinde“ mit psychologischen Methoden gefoltert, bis diese gebrochen und psychisch krank sind. Man geht davon aus, dass eine mit der Erkrankung einhergehende Störung des Gehirnstoffwechsels die Ursache vieler Symptome ist. Das Gehirn verträgt nicht mehr die Flut an Reizen, die von außen eindringt und "schaltet" auf eine andere Stufe der Umweltwahrnehmung. Das überlastete Nervensystem kann dann auch körperlich spürbare Symptome verursachen. Ob sich in dieser Situation dann ein Wahn herausbildet, dürfte dann eine Sache der Erfahrung des Betroffenen sein. So können Patienten, die schon einmal "wahnsinnig" waren, die Gedankenfalle erkennen, in die sie das Gehirn schicken will und entsprechend darauf reagieren, indem sie sich vom Stress zurückziehen und ihre Neuroleptika höher dosieren. Die Medikamente machen den Patienten sozusagen dickfelliger auf biochemischer Grundlage. Seite 43 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) Warum wird einer „verrückt“? Das Gehirn befindet sich also in einer bestimmten Phase der Erkrankung in einer Streßsituation. Die stets eingehenden optischen und akustischen Umweltinformationen nehmen überhand und werden nicht mehr vom Unterbewusstsein gefiltert. Also schaltet das Gehirn einen zusätzlichen Filter ein, der die Bedeutung des Wahrgenommenen verschiebt und die Wahrnehmung des Erkrankten wird „verrückt“. Die Gehirnzonen, die uns unter normalen Umständen von für uns nur zweitrangigen Informationen schützen, so dass wir uns zum Beispiel auf eine Sache konzentrieren können, funktionieren nicht mehr richtig. So kann der Betroffene auf Farben reagieren, deren plötzliche Wahrnehmung er auf die eigene Person bezieht. Der Erkrankte erkennt nun neue Bedeutungsinhalte in den Dingen und fühlt sich deshalb wie ein „Erleuchteter“. Er verfällt also in eine „psychospirituelle Krise“ (Peter R. Breggin). Neben dem Gefühl, etwas Besonderes zu sein, hat der Schizophrene oft körperliche Symptome und Halluzinationen. Auch diese Symptome verlangen nach einer Begründung. So kann der Betroffene eventuelle Beschwerden in der Herzgegend mit einem Strahlengerät begründen, das Fremde auf ihn ausgerichtet haben. Immerhin ist man ja etwas Besonderes und schon deshalb zeigt der Geheimdienst Interesse an einem. Sieht der Betroffene plötzlich Bilder oder Lichterscheinungen, so kann er etwa annehmen, diese seien extra für ihn projiziert worden, damit er ein Rätsel löst, um die Welt zu retten. Ein Wahn kann also auf vielerlei Art entstehen und sich zu einem ganzen Wahngebilde entwickeln, das dann zu einer festen Überzeugung werden kann. Aus diesem Grunde fällt es auch gar so schwer, einem Kranken klarzumachen, daß er der psychiatrischen Behandlung bedarf. Denn der Betroffene kann dann davon überzeugt sein, dass es sich dabei nur um ein Komplott oder eine Finte handelt. Die Anwendung von Gewalt, um den Kranken vor Fremdgefährdung oder Eigengefährdung zu schützen und ihn einer angemessenen Behandlung zuzuführen, verstärkt zweifellos die Überzeugung, Opfer eines Komplotts von unsichtbaren Mächten geworden zu sein. Wie ist die Behandlung? Medikamente Viele der Patienten begeben sich auf Wunsch ihrer Angehörigen, oder von sich aus, aus freien Stücken in eine Behandlung. Doch kommt es auch vor, dass Betroffene gegen ihren Willen eingewiesen werden. Diese Betroffenen fühlen sich oft bedroht und werden manchmal – aus ihrer Todesangst heraus – manchmal gegenüber den Rettungskräften gewalttätig. Sie sind davom Seite 44 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) überzeugt, dass sie dabei nur ihr Recht der Selbstverteidigung ausüben. Solche Patienten erleiden dann oft die recht demütigende Prozedur der Fixierung ans Bett, bis sie durch Medikamente ruhiggestellt werden können. Um die Symptome der Schizophrenie zu reduzieren steht eine breite Palette an Neuroleptika zur Verfügung. Der Arzt legt dann ganz individuell die Art der Medikation und die Dosierung fest. Die antipsychotische Wirkung der Medikamente setzt jedoch erst nach zwei bis drei Wochen ein. Es wird kontrovers diskutiert, ob die Neuroleptika sich direkt auf die Wahngedanken auswirken oder der Patient durch deren generelle Abstumpfung der Gehirnfunktionen das intellektuelle Interesse an seinen Wahnideen verliert. Einige der Medikamente haben starke Nebenwirkungen wie z.B. Muskellähmungen, Muskelkrämpfe oder Muskelzuckungen, Mundtrockenheit oder sie wirken sehr stark sedierend oder sie erzeugen Ängste. Es gehört zu einer ordentlichen Behandlung, diese Nebenwirkungen schon im Vorfeld mit dem Patienten abzuklären, damit er sich keine falschen Erklärungen dazu zurechtlegt. Auch die neueren sogenannten „atypischen“ Neuroleptika - z.B. Risperidon (Risperdal ®), Olanzapin (Zyprexa ®), Quetiapin (Seroquel ®), Amisulprid (Solian ®), Ziprasidon (Zeldox ®), Zotepin (Nipolept ®) oder Aripiprazol (Abilify ®) - bewirken keine Wunder, obwohl die Pharmaindustrie sie gerne als Wundermittel bewirbt. Fast nebenwirkungsfrei und trotzdem gut wirksam erweisen sich erstaunlicherweise die klassischen Medikamente Leponex, Perazin oder Fluanxol. Bei einer schizoaffektiven Erkrankung greift man eventuell zusätzlich noch auf einen Stimmungsstabilisatoren wie etwa Lithium zurück. Ist die akute psychotische Phase überstanden, dann sollte man nur noch die niedrigstmögliche Erhaltungsdosis an Neuroleptika einnehmen, um einen Wiederausbruch der Psychose zu verhindern. Es gibt auch Patienten, die ganz ohne Tabletten oder Depotspritzen auskommen. Bei einem absoluten Absetzen der Medikamente ohne Rücksprache mit dem behandelnden Arzt kann eine Absetzpsychose eintreten. Moderne Verfahren wie Green Horse oder Soteria verzichten ganz auf Zwang und setzen enn überhaupt dann nur auf niedrig dosierte Medikamente. Die nötige Ruhe Der akut psychotische Patient bedarf zusätzlich zu den Medikamenten auch der Ruhe. Eine möglichst gewohnte reizarme Umgebung, viel Schlaf und Vermeidung von unnötigem Informationsstress wirken wahre Wunder. Ein Aufenthalt im Krankenhaus mit der ungewohnten Umgebung, fremden Menschen und neue Prozeduren stellt somit nur die zweite Wahl dar. Besser wäre es, man könnte zu Hause bleiben – darauf setzen Verfahren wie APP (Ambulant Psychiatrische Pflege). Die überforderten Angehörigen und das Unvermögen des Betroffenen, für sich selbst zu sorgen, machen den Seite 45 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) Aufenthalt in der Klinik dann doch nötig. Verweilt der Patient länger in der Klinik, dann kann er an einer Beschäftigungstherapie und anderen Formen sozialen Trainings teilnehmen. Wie geht es weiter nach dem Aufenthalt in der Klinik? Wurde der Patient aus der Klinik entlassen, dann existiert die Möglichkeit des betreuten Wohnens und auf der anderen Seite die Möglichkeit der Tagesstrukturierung und/oder Rehabilitation in Tagesstätten und Zuverdienstfirmen. Die Möglichkeiten variieren von Ort zu Ort. Wie kann das Umfeld in der akuten Phase helfen? Eine Zwangseinweisung veranlassen Verhält sich nun ein Mensch aus Ihrem Umgebung auffällig, und Sie hegen den Verdacht, es könne sich um eine psychische Störung handeln, dann sollten Sie sich verantwortlich fühlen und die Angelegenheit nicht unter den Tisch kehren. Der sich auffällig verhaltende Mensch ist sehr krank und bedarf dringend der professionellen ärztlichen Hilfe. Es geht nun darum, ihn dazu zu überreden, sich in ärztliche Behandlung zu begeben. Im Gespräch ist jedoch zu vermeiden, eventuelle psychische Störung zu benennen, weil der Kranke dies als Angriff oder Komplott gegen ihn missverstehen könnte. Hilfreicher ist es, sich über den oft auftretenden Erschöpfungszustand oder unbestimmte körperliche Beschwerden und Symptome, anzusprechen. Bieten Sie an, den Kranken als Vertrauensperson zum Spezialisten, einem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, zu begleiten. Falls ein Arzttermin zustande kommt, dann schildern Sie dem Arzt ihre Beobachtungen des auffälligen Verhaltens und die Symptome. Auch dabei ist darauf zu achten, kein unnötiges Misstrauen zu schüren. Der Arzt wird dann entscheiden, wie zu verfahren ist. Falls der kranke Mensch schon im Wahn sein sollte und für Argumente nicht mehr zugänglich ist, dann kann eine zwangsweise Einlieferung in eine Klinik unerlässlich sein. Schließlich weiß man ja nicht, was er sich oder anderen antut. In diesem Fall ist entweder ein Krankenwagen oder Notarzt oder die Polizei zu rufen. Auch der Sozialpsychiatrische Dienst kann in dieser Situation vermittelnd eingreifen. Dies ist ein sehr gewichtiger Schritt, den Ihnen niemand abnehmen würde. Seien Sie sich klar darüber, dass der Betroffene Seite 46 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) Ihnen eventuell im Nachhinein deswegen Vorwürfe machen wird, ihn seiner Rechte als freier Bürger dieses Landes beraubt zu haben. Aber es kann auch vorkommen, dass er Ihnen dankbar ist, weil Sie ihn vor Unheil bewahrt haben oder zumindest vor weiteren peinlichen Situationen. Eine Zwangseinweisung kommt selbstredend nur in Frage, wenn der Betroffene Gefahr läuft, sich selbst oder andere zu gefährden. Liegt dafür kein Anhaltspunkt vor, dann besteht auch kein akuter Handlungsbedarf. Es ist anngesagt, geduldig das Vertrauen des Kranken zu gewinnen und dann zu versuchen, ihn davon zu überzeugen, sich in eine Behandlung zu begeben. Hilfe nach der Entlassung Wurde der Kranke wieder aus der Klinik entlassen, dann hilft ihm, am Besten die Hilfe zur Selbsthilfe. Der Betroffene muss wieder lernen, das alltägliche Leben zu meistern. Falls nötig, dann kann ihm geholfenw erden, eine eigene Wohnung zu finden. Dies trägt zur gesundheitlichen Stabilisierung bei und entlastet die eigene finanzielle Situation, falls der erkrankte Sohn oder die Tochter noch zu Hause wohnt. Das soll jedoch nicht heißen, dass Sie Ihren Sohn oder Ihre Tochter mit aller Macht aus dem Haus werfen sollen. Es kommt dabei mal wieder ganz auf die aktuelle Situation an. Dem erkrankten Kind sollte man nicht ständig "auf den Wecker" gehen. Es kann hilfreich sein, eine geeignete Arbeitsstelle oder Lehrstelle oder zumindest eine Tagesstrukturierung zu vermitteln. Gut tut dem Betroffenen ein Gefühl der Wärme sowie der Gelassenheit gegenüber der Situation. Überzogene Ansprüche oder ein gereiztes Klima begünstigen lediglich einen Rückfall. Freunden Sie sich mit dem Gedanken an, dass die Krankheit einen chronischen Verlauf nehmen kann und damit eine bleibende Behinderung fortbesteht. In diesem Falle sollte man sich nicht entmutigen lassen durch die ständige Unsicherheit. Beschaffen Sie sich Hilfe in Selbsthilfegruppen und Beratungsstellen. Beide können davon nur profitieren – sowohl der Patient als auch der Angehörige. Die Prognose Jeder Dritte der von Schizophrenie betroffenen Bevölkerung erkrankt nur einmal im Leben daran und wird dann wieder vollständig gesund. Die Krankheit ist also nicht zwingend unheilbar. Auch für das zweite Drittel der Betroffenen erleidet nur phasenweise Rückfälle (Rezidive). Dies kann alle zwei Jahre vorkommen. Genaue Vorhersagen sind nicht möglich - es können auch größere Zeitabstände bis zum nächsten Rezidiv vergehen. Trotz der Unsicherheit ist die Schizophrenie eine Krankheit, die sich mit entsprechender Medikation und Therapie gut in Seite 47 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) den Griff kriegen lässt. Lediglich beim letzte Drittel der Betroffenen überwiegt der chronische Zustand und die Krankheitssymptome sind mehr oder weniger dauernd präsent. Das Suizidrisiko ist für alle Erkrankten leider erhöht. Das liegt jedoch weniger an der Krankheit selbst als an der als bedrückend empfundenen gesellschaftlichen Isolierung, in der sich viele der Betroffene befinden. Natürlich gibt es neben der Schizophrenie auch noch andere Krankheitsbilder, bei denen die Betroffenen verrückt werden und es zur Ausbildung von Wahnideen kommt. So zum Beispiel bei der chronischen Paranoia. Da fehlen dann die typischer Symptome einer Schizophrenie. Diese Fälle nehmen oft einen recht ungünstigen Verlauf, weil der Betroffene keine Behandlungseinsicht zeigt und der (teilweise nur subtile) Wahn schon Jahre andauert. Noch vor 30 Jahren wurden die meisten schizophrenen Patienten noch in Irrenhäusern weggeschlossen. Dann war da noch die Nazizeit das dunkelste Kapitel deutscher Psychiatrie-Geschichte, als erbideologisch überzeugte Ärzte rechtlos gemachte, als lebensunwert eingestufte Kranke in den Anstalten mittels Giftspritzen oder durch Aushungern ermordeten. Seitdem hat sich Gott sei Dank viel getan. Es sind inzwischen wirksame Medikamente verfügbar, die die Heilung begünstigen und dann hat sich die Psychiatrie der Gesellschaft gegenüber geöffnet. Es gibt Tagesstätten und betreute Wohnformen. Dem Betroffenen ist es heutzutage möglich, ein erfülltes und befriedigendes Leben zu führen. Lediglich bezüglich der finanziellen Situation der Betroffenen sieht es zumeist nicht gerade rosig aus. Ebenso könnte die berufliche Wiedereingliederung besser sein. Wer in unserer Zeit stellt auch gerne jemanden ein, für ein halbes Jahr an paranoider Schizophrenie erkrankt war und gerne einen Job hätte. Es genügt schon, das Wörtchen „ Psychose“ zu erwähnen, um als Bewerber prompt abgelehnt zu werden. In diesem Falle würde nur die Unwahrheit weiterhelfen. Auf der Suche nach einem Lebenspartner sollte man jedoch nicht lügen, da es sehr wichtig ist, einen Partner zu finden, der Verständnis und Einfühlungsvermögen für diese schwierige Problematik zeigt und wirklich bereit ist, sich auf einen samt seiner Erkrankung einzulassen. Ist es schon für gesunde Singles eine Herausforderung, den richtigen Partner zu finden, so fällt dies den psychisch Kranken umso schwerer. Gemeinsame Interessen und ein ähnlicher persönlicher Hintergrund sind auf alle Fälle positiv als Grundstein für eine Beziehung. Schizophrenie in der Öffentlichkeit Es kann teilweise nicht ratsam sein, sich zu seiner Krankheit zu bekennen. So zum Beispiel bei der Nachbarschaft oder bei Suche nach einer Wohnugn oder einem Job. Dies ist ganz individuell zu handhaben. Auf jeden Fall fürchtet die Seite 48 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) breite Öffentlichkeit die Schizophrenie – sie verbreitet Furcht und Schrecken. Das hat zu tun mit dem der Erkrankung anhaftenden Mythos der Unheilbarkeit und der Unberechenbarkeit und zum anderen mit der Darstellung durch die Medien. In vielen Psychothrillern im Fernsehen mutieren Menschen zum mordlüsternen Verrückten. Und oft wird in den Nachrichten im Zusammenhang mit Schizophrenie nur Mord und Totschlag erwähnt. In Wirklichkeit sind das jedoch nur ganz seltene Fälle. Bei unvorhersehbaren Taten sind übrigens oft die nahestehenden Personen die Opfer. Wären überdies alle Schizophrenen Gewalttäter, würden die Sprechstunden der Psychiater nur unter Polizeischutz ablaufen. Die meisten Verbrechen werden auch nicht von schizophrenen Personen begangen. Und die meisten Schizophrenen werden auch nicht gewalttätig. Die Angst gegenüber dieser Krankheit ist also völlig unbegründet. Doch besteht das öffentliche Stigma weiterhin. Schon der abwertende Gebrauch des Wortes „schizophren“ in sogenannten gebildeten Kreisen führt zur Verdammung von unschuldigen Kranken. Auch die medizinische Diagnose „schizophren“ schießt weit über das Ziel hinaus. Wirklich schizophren ist ein Patient nur im akuten Stadium des Wahns. Nach der Genesung ist er ein ganz normaler Mensch mit einer mehr oder weniger beeinträchtigenden Stoffwechselstörung. Es wäre also an der Zeit, ein neues Wort zu überlegen, um den normalen Zustand zu beschreiben. In Amerika nennen sich die Patienten selbst „survivors“ - also „Überlebende“, in Deutschland heissen sie „Psychiatrie-Erfahrene“. Das ständige Verstecken und Verheimlichen der Diagnose kann für den Betroffenen belastender als die eigentliche Krankheit. Auch die Angehörigen leiden unter dieser Situation. Welche Familie gesteht schon gerne ein, einen Schizophrenen in ihrer Mitte zu haben. Die Betroffenen werden also in eine soziale Isolation gezwungen. Hier kann nur permanente und forcierte Aufklärung weiterhelfen. Doch beschäftigt sich kaum jemand freiwillig ernsthaft mit einem solchen oft belächeltem oder abgelehnten Thema wie einer psychischen Krankheit, außer vielleicht im fernsehen in einer abwegigen Darstellung. Dabei kann jeder auf einen Schlag zum Betroffenen werden. Quellen Broschüre „Es ist normal, verschieden zu sein! Verständnis und Behandlung von Psychosen“ Pschyrembel „Tagebuch einer Psychose“ von Bodo Bodenstein http://www.medizinfo.de/kopfundseele/psychose/schsymptome.htm [42] Seite 49 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. (http://einblicke-altenburg.de) Quell-URL (abgerufen am 07.04.2017 - 21:51): http://einblicke-altenburg.de/?q=node/43 Links: [1] http://einblickealtenburg.de/?q=user/login&destination=node/43%23comment-form [2] http://einblickealtenburg.de/?q=user/register&destination=node/43%23comment-form [3] http://einblickealtenburg.de/?q=user/login&destination=node/2833%23comment-form [4] http://einblicke-altenburg.de/?q=user/register&destination=node/28 33%23comment-form [5] http://einblicke-altenburg.de/?q=link.springer.com/content/pdf/10.1007%2 52F3-7985-1537-9_4.pdf%E2%80%8E [6] http://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/psychiatrie-psychosom atik-psychotherapie/stoerungen-erkrankungen/borderline-stoerung/was-isteine-borderline-persoenlichkeitsstoerung-bps/ [7] http://einblickealtenburg.de/?q=user/login&destination=node/2755%23comment-form [8] http://einblicke-altenburg.de/?q=user/register&destination=node/27 55%23comment-form [9] https://www.weisser-ring.de/index.php?id=3 [10] http://einblicke-altenburg.de/?q=ptbs-hilfe.de/startseite.html [11] http://einblicke-altenburg.de/?q=www.anuas.de [12] http://www.istss.org [13] http://einblicke-altenburg.de/?q=www.ptsd.va.gov [14] http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/051-010.html [15] http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/051-027.html [16] http://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/psychiatrie-psychoso matik-psychotherapie/erkrankungen/posttraumatische-belastungsstoerungptbs/was-ist-eine-posttraumatische-belastungsstoerung-ptbs/ [17] http://einblickealtenburg.de/?q=user/login&destination=node/44%23comment-form [18] http://einblickealtenburg.de/?q=user/register&destination=node/44%23comment-form [19] http://www.psychiatrie.de/fakten/ [20] http://www.psychiatrie.de/diagnosen/ [21] http://www.psychosoziale-gesundheit.net/psychiatrie/angst.html [22] http://einblickealtenburg.de/?q=user/login&destination=node/45%23comment-form [23] http://einblickealtenburg.de/?q=user/register&destination=node/45%23comment-form [24] http://de.wikipedia.org/wiki/Demenz [25] http://www.netdoktor.de/Krankheiten/Demenz/ [26] http://www.patienten-information.de; Seite 50 von 51 Veröffentlicht auf Einblicke e.V. 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